Bundesarbeitsgericht
Annahmeverzug: Vergütungscharakter einer tariflichen Auslandszulage?

BAG, Urteil vom 30. 5. 2001 – 4 AZR 249/00 (lexetius.com/2001,1723)

[1] 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 1999 – 2 Sa 157/99 – wird zurückgewiesen.
[2] 2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin für Zeiten des Arbeitgeberannahmeverzugs Anspruch auf die nach dem einschlägigen Haustarifvertrag der Beklagten für den Auslandseinsatz zu zahlende Einsatzzulage hat.
[4] Die am 3. März 1953 in Thann/Frankreich geborene Klägerin ist Dipl. -Ingenieurin für Ressourcenmanagement. Sie trat am 1. Oktober 1992 in die Dienste der Beklagten, die als Bundesunternehmen Projekte und Programme der technischen Zusammenarbeit in Entwicklungs- und Reformländern plant und durchführt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst der schriftliche "Auslandsarbeitsvertrag" vom 16. September 1992 zugrunde. Nach diesem bis zum 31. Dezember 1995 befristeten Vertrag wurde die Klägerin als Fachkraft für Landwirtschaft in einem Projekt in der Côte d'Ivoire beschäftigt. Durch "Auslandsarbeitsvertrag" vom 19. Dezember 1995 vereinbarten die Parteien die befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1996. Im Jahre 1996 war die Klägerin in Guinea eingesetzt. Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien richtet sich ihr Arbeitsverhältnis nach den für die Auslandsmitarbeiter der Beklagten geltenden Regelungen in ihrer jeweils gültigen Fassung, und zwar nach dem Manteltarifvertrag für die Auslandsmitarbeiter der Beklagten (MTV-GTZ-A – gemeint: MTV-GTZ-A Nr. 2 -), dem Vergütungstarifvertrag (VTV-A), dem Tarifvertrag über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Vers TV-A) und den Richtlinien zum MTV-GTZ-A.
[5] Mit Schreiben vom 18. Juli 1996 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre endgültige Heimreise anzutreten. Ab 1. August 1996 wurde die Klägerin von der Beklagten von der Arbeit freigestellt und aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen. Die Klägerin, die nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz in der Bundesrepublik Deutschland keine Wohnung unterhielt, lebte weiter im Ausland.
[6] Durch Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juli 1997 – 18 Ca 9316/96 – wurde festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 1996 hinaus fortbesteht, und die Beklagte verurteilt, die Klägerin als Auslandsmitarbeiterin im Projekteinsatz in französisch-sprachigen Ländern tatsächlich weiterzubeschäftigen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 30. September 1998 – 2 Sa 1843/97 – die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
[7] Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von monatlich je 11.260,70 DM brutto – darin enthalten die tarifliche Einsatzzulage bei dem letzten Auslandseinsatz der Klägerin von 3.758,00 DM netto und ein Kaufkraftausgleich von 511,70 DM (jeweils monatlich) – in Anspruch.
[8] Hinsichtlich des für das Revisionsverfahren allein noch interessierenden Anspruchs auf die tarifliche Einsatzzulage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, diese sei Teil der tariflichen Vergütung und daher ihr auch für Zeiten des Arbeitgeberannahmeverzugs zu gewähren.
[9] Die Klägerin hat diesbezüglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate Januar 1997 bis Oktober 1998 je 11.260,70 DM brutto, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 17. März 1997 bis 27. August 1997 in Höhe von 10.938,90 DM netto, sowie abzüglich 17.355,80 DM an brutto erhaltenen Übergangsgeld nebst 4 % Zinsen seit dem jeweils 1. des Folgemonats aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
[10] Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Einsatzzulage habe keinen Entgeltcharakter, sondern sei einzig und allein Aufwendungsersatz.
[11] Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich des Kaufkraftausgleichs abgewiesen und ihr im übrigen stattgegeben. In der Summe hat es der Klägerin 236.478,00 DM "brutto" (11.260,70 DM abzüglich 511,70 DM = 10.749,00 DM im Monat, multipliziert mit 22, darin enthalten 82.676,00 DM "netto" an Einsatzzulage [3.758,00 DM multipliziert mit 22]) abzüglich der Klägerin an Arbeitslosengeld und Übergangsgeld gewährter Zahlungen zuerkannt. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung hat die Beklagte an die Klägerin auch die dieser zuerkannte Zulage in Höhe von 82.676,00 DM brutto = netto ausgezahlt. Beide Parteien haben das Urteil des Arbeitsgerichts mit der Berufung angegriffen. Über die Berufung der Klägerin ist rechtskräftig entschieden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich des Vergütungsanspruchs antragsgemäß teilweise abgeändert. Es hat den Anspruch der Klägerin auf Einsatzzulage abgelehnt und die ihr für den streitigen Anspruchszeitraum zustehende Vergütung mit 154.066,00 DM ermittelt (7.003,00 DM monatlich, multipliziert mit 22). Auf dieser Grundlage hat es die weitergehende Zahlungsklage abgewiesen, die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten zur Zahlung von 82.676,00 DM nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen verurteilt und die Revision zugunsten der Klägerin zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin hinsichtlich des Zahlungsanspruchs die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Widerklage. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[12] Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
[13] I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Zahlungsklage der Klägerin auf Arbeitsvergütung für Zeiten des Arbeitgeberannahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich des 154.066,00 DM brutto übersteigenden Betrages abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
[14] 1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch nach § 615 BGB auf die Einsatzzulage nach §§ 4, 5 VTV-A für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Oktober 1998 in Höhe von insgesamt 82.676,00 DM.
[15] a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien davon aus, daß sich die Beklagte in dem vorgenannten Zeitraum mit der Annahme der Dienste der Klägerin in Verzug befunden hat. Die Klägerin kann somit gemäß § 615 Satz 1 BGB für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen.
[16] b) Die Parteien stimmen zutreffend darin überein, daß nach dem bei § 615 BGB geltenden Lohnausfallprinzip für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers alle Entgeltbestandteile mit Lohn- bzw. Gehaltscharakter zu berücksichtigen sind, hingegen nicht Aufwendungsersatz.
[17] c) Bei der von der Klägerin für die Zeiten der Nichtbeschäftigung geforderten Einsatzzulage nach §§ 4, 5 VTV-A handelt es sich entgegen ihrer Auffassung um pauschalierten Aufwendungsersatz, der nicht zur vereinbarten Vergütung im Sinne von § 615 Satz 1 BGB gehört. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.
[18] d) Die für die Entscheidung des Rechtsstreits vorrangig bedeutsamen Bestimmungen des MTV-GTZ-A Nr. 2 und des VTV-A Nr. 17 vom 20. Juni 1995 (VTV-A), die kraft Vereinbarung der Parteien auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, lauten:
[19] MTV-GTZ-A Nr. 2: § 20 – Vergütung. (1) Die Vergütung berechnet sich nach dem Vergütungstarifvertrag für Auslandsmitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH (VTV-A) in seiner jeweiligen Fassung unter Zugrundelegung der im Arbeitsvertrag angegebenen Vergütungsgruppe. …
[20] VTV-A: Zwischen & wird zu § 20 MTV-GTZ-A Nr. 2 folgendes vereinbart: § 2 – Zusammensetzung der Vergütung. Die Vergütung besteht aus der Grundvergütung, dem funktionsbedingten Führungszuschlag und etwaigen freiwilligen Zulagen (Gehalt) sowie der Auslandsvergütung. …
[21] § 4 – Auslandsvergütung. (1) Die Auslandsvergütung dient zur Abgeltung der mit dem Auslandseinsatz verbundenen besonderen Aufwendungen. Sie wird neben dem Gehalt vom Tage nach dem Eintreffen des Mitarbeiters am Einsatzort anläßlich der Ausreise bis zum Tage vor Antritt der Heimreise oder der Ausreise nach einem anderen Einsatzort gewährt. (2) Die Auslandsvergütung besteht aus 1. Einsatzzulage (§ 5), 2. Mietzuschuß (§ 6). (3) Ein Unterschied zwischen der Kaufkraft der Währung des Einsatzlandes und der Kaufkraft der Deutschen Mark wird durch Zu- oder Abschläge ausgeglichen (Kaufkraftausgleich, § 9).
[22] § 5 – Einsatzzulage. (1) Ab 1. Juli 1995 wird die Einsatzzulage gemäß Anlage B den verheirateten Mitarbeitern nach Tabelle 1 und den übrigen Mitarbeitern nach Tabelle 2 gewährt. … (3) Die für den jeweiligen Einsatzort geltende Stufe der Einsatzzulage entspricht der Stufe des Auslandszuschlages für den Dienstort der deutschen Auslandsvertretung, in deren konsularischem Amtsbezirk der Einsatzort liegt. Die Zuteilung der Dienstorte zu den Stufen des Auslandszuschlages ergibt sich aus der auch für die Gesellschaft maßgeblichen Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministers. In einem Einsatzland, das von einer deutschen Auslandsvertretung nicht erfaßt wird, richtet sich die Einsatzzulage nach der Stufe des Auslandszuschlages für einen vergleichbaren konsularischen Amtsbezirk in einem Nachbarland. …
[23] § 7 – Anrechnung aufwendungsverringernder Leistungen. (1) Verringern sich die Aufwendungen des Mitarbeiters durch Leistungen des Einsatzlandes oder der Gesellschaft, so wird die Gesamtvergütung um den nach dem der Gesellschaft vorliegenden Kurs der Bundesbank oder anderer amtlicher Stellen in Deutsche Mark umgerechneten Wert dieser Leistungen gekürzt. (2) Besteht die Leistung in der unentgeltlichen Bereitstellung einer Wohnung, so wird die Einsatzzulage um einen Betrag in Höhe von 20 % des Gehaltes gekürzt. Wird die Wohnung nicht leer bereitgestellt oder sind mit ihrer unentgeltlichen Bereitstellung zusätzliche Leistungen verbunden, so erhöht sich der Kürzungsbetrag durch Zuschläge nach den entsprechend anzuwendenden Vomhundertsätzen in § 6 Abs. 3 (berechnet vom Kürzungsbetrag). Wird nur Vollmöblierung unentgeltlich zur Verfügung gestellt, beträgt der Kürzungsbetrag 2 % des Gehalts; bei Teilmöblierung erfolgt eine Reduzierung von mindestens 1 % bis höchstens 2 %. Wird die Wohnung zwei miteinander verheirateten Mitarbeitern zur gemeinsamen Nutzung bereitgestellt, so vermindert sich die Einsatzzulage beider Mitarbeiter um den Kürzungsbetrag. Die Gesellschaft kann der Sachleistungsbewertung einen niedrigeren als den in Satz 1 genannten Vomhundertsatz zugrunde legen, wenn nachgewiesene schwerwiegende Mängel der unentgeltlich bereitgestellten Wohnung dies rechtfertigen. (3) Besteht die Leistung in der unentgeltlichen Bereitstellung von voller Verpflegung, so wird die Einsatzzulage um einen Betrag in Höhe von 20 % des Gehalts gekürzt; bei unentgeltlicher Gewährung von Teilverpflegung ermäßigt sich dieser Betrag anteilig.
[24] Die zitierten Regelungen des VTV-A sind von geringen, hier nicht interessierenden Abweichungen abgesehen auch in den nachfolgenden Vergütungstarifverträgen Nr. 18 vom 2. August 1996 und Nr. 19 vom 8. September 1997 enthalten.
[25] e) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, nach diesen Normen sei die Einsatzzulage für den Auslandseinsatz eines Auslandsmitarbeiters der Beklagten pauschalierter Aufwendungsersatz, ist zutreffend (vgl. auch Senat 3. Februar 1988 – 4 AZR 516/87 – nv. zu der von unerheblichen Abweichungen abgesehen gleichlautenden Regelung im VTV-A Nr. 6 vom 24. Juni 1983; vgl. auch Sechster Senat 19. November 1981 – 6 AZR 180/79 – nv. zu einer inhaltlich ähnlichen Regelung in einer früheren einseitigen Vergütungsordnung der Beklagten).
[26] aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zur erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zB Senat 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92BAGE 73, 364).
[27] bb) Bereits nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 VTV-A handelt es sich bei der Einsatzzulage nicht um Arbeitsentgelt, sondern um Aufwendungsersatz. Dies folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages.
[28] (1) Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigt die Bezeichnung der Einsatzzulage für den Auslandseinsatz des Auslandsmitarbeiters der Beklagten als Bestandteil der "Vergütung" nach § 20 MTV-GTZ-A Nr. 2 und der "Auslandsvergütung" nach § 4 VTV-A nicht ihre Bewertung als Arbeitsentgelt im engeren Sinne. Denn auf diese Bedeutung ist der Begriff "Vergütung" nicht beschränkt. In seiner verbalen Form "vergüten" bedeutet er zB auch: "jemandem für einen finanziellen Nachteil oä. einen entsprechenden Ausgleich zukommen lassen: jemandes Unkosten, jemandem seine Auslagen vergüten" (Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache Band 8 Stichwort "vergüten"; ebenso Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch Sechster Band Stichwort "vergüten"). In diesem Sinne wird er auch vielfach in der Rechtssprache verwandt. So werden zB im Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesreisekostengesetz – BRKG) "Auslagen für Dienstreisen und Dienstgänge" nach der Klammerdefinition in § 1 Abs. 1 als "Reisekostenvergütung" bezeichnet. Ebenso verhält es sich beim Gesetz über die Umzugskostenvergütung für denselben Personenkreis (Bundesumzugskostengesetz – BUKG), das nach seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 "Art und Umfang der Erstattung von Auslagen" aus Anlaß von Umzügen usw. regelt. Vergütung in diesem Sinne gehört auch aus der Sicht der Klägerin nicht zu der nach § 615 BGB fortzuzahlenden vereinbarten Vergütung.
[29] (2) Die Tarifvertragsparteien des VTV-A haben es nicht dabei bewenden lassen, den mehrdeutigen Begriff der Einsatzzulage als Bestandteil der Auslandsvergütung und damit der Vergütung des Auslandsmitarbeiters ohne Erläuterung zu verwenden. Eine solche geben sie vielmehr mit den Bestimmungen der §§ 2, 4 Abs. 1 VTV-A. Darin haben sie deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei der Einsatzzulage für den Auslandseinsatz von Auslandsmitarbeitern der Beklagten um pauschalierten Aufwendungsersatz handelt. Denn sie haben in § 2 VTV-A unter der Überschrift "Zusammensetzung der Vergütung" bestimmt, daß diese aus dem Gehalt und der Auslandsvergütung besteht. Zum Gehalt rechnen nach § 2 VTV-A die Grundvergütung, der funktionsbedingte Führungszuschlag und etwaige freiwillige Zulagen. Die Auslandsvergütung gehört im Unterschied zu den vorgenannten Leistungen der Beklagten nicht zum Gehalt, also zum Arbeitsentgelt im engeren Sinne. Der Grund für diese Unterscheidung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 VTV-A. Nach dessen Satz 1 dient die Auslandsvergütung, die nach § 4 Abs. 2 aus der Einsatzzulage und dem Mietzuschuß besteht, zur Abgeltung der mit dem Auslandseinsatz verbundenen Aufwendungen. Der Begriff der Aufwendung im Plural gebraucht (Aufwendungen) meint "Ausgabe [n], Kosten; für etwas Bestimmtes aufzuwendender Betrag" (Duden aaO Band 1 Stichwort "Aufwendung"). Es bedurfte also nicht eines klarstellenden Attributes in diesem Sinne ("finanzielle", "wirtschaftliche" oä. Aufwendungen) in § 4 Abs. 1 Satz 1 VTV-A. Schon vom Wortsinn des Begriffs Aufwendungen für sich betrachtet lassen sich mit dem Auslandseinsatz verbundene psychische und körperliche Anforderungen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darunter einordnen. Gleiches gilt für bestimmte äußere Bedingungen bei Auslandseinsätzen für die Beklagte, von denen die Klägerin Temperatur, Gesundheitsgefährdung, sprachliche und kulturelle Belastung, politische Gefährdung und Gefährdung durch Naturereignisse und Naturkatastrophen nennt. Dabei handelt es sich ebenfalls schon vom allgemeinen Wortsinn her nicht um "mit dem Auslandseinsatz verbundene besondere Aufwendungen" des Auslandsmitarbeiters, sondern um Erschwernisse. Unter diesem Obergriff faßt die Klägerin selbst diese Arbeitsbedingungen zusammen.
[30] (3) Die Regelung des § 7 VTV-A, der die "Anrechnung aufwendungsverringernder Leistungen" zum Inhalt hat, bestätigt, daß die Einsatzzulage des Auslandsmitarbeiters zur Abgeltung der mit dem Auslandseinsatz verbundenen besonderen wirtschaftlichen Aufwendungen dient. Nach § 7 Abs. 1 VTV-A wird, wenn sich die Aufwendungen des Mitarbeiters durch Leistungen des Einsatzlandes oder der Gesellschaft verringern, die Gesamtvergütung um den nach dem der Gesellschaft vorliegenden Kurs der Bundesbank oder anderer amtlicher Stellen in Deutsche Mark umgerechneten Wert dieser Leistungen gekürzt. In Deutsche Mark umzurechnende Leistungen des Einsatzlandes oder der Beklagten, um die die Gesamtvergütung des Außendienstmitarbeiters gekürzt wird, können bei natürlicher Betrachtung nur solche wirtschaftlicher Art sein. Die Sonderbestimmungen in § 7 Abs. 2 VTV-A betreffend die Kürzung der Einsatzzulage bei der unentgeltlichen Bereitstellung einer Wohnung und in § 7 Abs. 3 VTV-A bei der unentgeltlichen Bereitstellung der vollen Verpflegung belegen dies. Danach dient die Einsatzzulage ganz wesentlich zur Abgeltung von Mehraufwendungen für Wohnung und Verpflegung. Im Falle der Klägerin würde ihre Einsatzzulage bei der jeweils unentgeltlichen Bereitstellung einer Wohnung und von voller Verpflegung um 69 % gekürzt (je 20 % des Gehaltes in Höhe von 6.476,00 DM = 2.590,40 DM bei einer monatlichen Einsatzzulage von 3.758,00 DM). Darauf hat das Landesarbeitsgericht mit Recht hingewiesen.
[31] Die Klägerin hat auch nicht aufgezeigt, wie die Regelung des § 7 Abs. 1 VTV-A mit ihrer Auslegung des Begriffs der "Aufwendungen" im Sinne von besonderen psychischen und körperlichen Anforderungen an den Auslandsmitarbeiter im Auslandseinsatz oder von Erschwernissen, unter denen er bei diesem zu arbeiten hat, sinnvoll in Einklang zu bringen ist.
[32] (4) Aus der Vorschußregelung in § 22 MTV-GTZ-A Nr. 2 lassen sich entgegen der Auffassung der Klägerin keine Erkenntnisse dafür gewinnen, ob es sich bei der Einsatzzulage um Arbeitsentgelt oder pauschalierten Ersatz wirtschaftlicher Aufwendungen des Auslandsmitarbeiters handelt. Die Zahlung eines Vorschusses ändert nichts an dem Inhalt des Anspruchs, auf den der Vorschuß gewährt wird. Im übrigen bestimmt § 22 VTV-GTZ-A Nr. 2 nicht, daß ein Vorschuß auf die Auslandsvergütung nur dann gezahlt wird, "wenn tatsächliche Aufwendungen nachgewiesen werden und bestehen", worauf die Klägerin bei ihrer Argumentation abstellt.
[33] (5) Die Pauschalierung der Aufwendungsentschädigung ändert nichts am Charakter dieser Leistung, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer nicht gezwungen ist, alles, was ihm insoweit gewährt wird, zu verbrauchen, sondern einen Teil dieser Vergütung sparen oder anderweitig verwenden kann (BAG 19. November 1981 – 6 AZR 180/79 – nv.). Die Regelung der Einsatzzulage im VTV-A enthält zwar eine Pauschalierung des Aufwendungsersatzes des Auslandsmitarbeiters, ist aber sehr differenziert. Denn sie sieht in Tabellenform eine Vielzahl von Pauschalsätzen unterschiedlicher Höhe vor, die sich aus der Kombination von neun Länderstufen und 17 Gehaltsstufen ergeben. Für verheiratete und nicht verheiratete Auslandsmitarbeiter haben die Tarifvertragsparteien zudem verschiedene Tabellen vereinbart. Außerdem haben sie die bereits behandelte Kürzung der pauschalierten Einsatzzulage durch Anrechnung aufwendungsverringernder Leistungen des Einsatzlandes oder der Beklagten vorgesehen. Damit sind die tariflichen Differenzierungen der Höhe der Einsatzzulage im VTV-A nicht einmal abschließend aufgezählt.
[34] (6) Bestätigt wird diese Tarifauslegung durch die steuerrechtliche Behandlung der Einsatzzulage. Sie unterliegt als Aufwendungsersatz nicht der Lohnsteuer, wie die Beklagte von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat. Dementsprechend hat die Beklagte den der Klägerin erstinstanzlich zuerkannten Betrag an Einsatzzulage an diese ungekürzt durch die Lohnsteuer ausbezahlt.
[35] f) Der von den Parteien im Revisionsverfahren übereinstimmend vorgetragene Umstand, daß die Klägerin sich nach dem 31. Dezember 1996 weiter "im Ausland" aufgehalten hat, weil sie – seinerzeit – keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten hat, ist unerheblich. Der Anspruch auf die Einsatzzulage besteht nicht bei jedwedem Aufenthalt des Auslandsmitarbeiters im Ausland, sondern bei seinem – tätigkeitsbedingten – Einsatz in seinem Land, in dem die Beklagte ihre Entwicklungsarbeit ausübt. Der Aufenthalt der Klägerin in einem solchen Land – insbesondere in Guinea oder einem anderen Land derselben Länderstufe – ist weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch übereinstimmend von den Parteien in der Revisionsinstanz vorgetragen worden.
[36] g) Auf § 11 KSchG, der lediglich die Anrechnung von Leistungen auf das dem Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs zustehende Arbeitsentgelt regelt, kommt es für den Klaganspruch nicht an.
[37] 2. Die Klägerin hat demzufolge, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nach § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO den der Beklagten durch die zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstandenen Schaden zu ersetzen, indem sie den ihr an Einsatzzulage erstinstanzlich zuerkannten und von der Beklagten geleisteten Betrag an diese zurückzahlt.
[38] 3. Ihre Verurteilung zur Verzinsung des Widerklageanspruchs hat die Klägerin nicht angegriffen.
[39] II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.