Bundesverwaltungsgericht
Einigungsvertrag; Beamtenrecht
Entlassung eines Beamten auf Probe wegen Tätigkeit für das MfS, Befristung der rahmenrechtlichen Ermächtigung zur Regelung der –; Beamter auf Probe, Entlassung wegen Tätigkeit für das MfS, rahmenrechtliche Befristung landesrechtlicher Entlassungsregelungen, Rechtsgrundlage für die Entlassung eines –; Bewährung in der Probezeit, mangelnde – wegen arglistiger Täuschung über Tätigkeit für das MfS; Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn, Reduzierung "auf Null" bei arglistiger Täuschung über Tätigkeit für das MfS; Auslegung, bundesrechtskonforme – von Landesrecht
EV Anlage I, Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5, Nr. 2 Buchst. b und c und Nr. 3 Buchst. d; BRRG 9, 23, 59; Drittes Gesetz über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts Art. I § 2 Anlage 2 Abschnitt VI Nr. 10 Buchst. c
Die landesrechtlichen Bestimmungen über die Entlassung eines Beamten auf Probe wegen Tätigkeit für das frühere MfS sind zum 1. Januar 1997 außer Kraft getreten.
Hat ein Beamter, der bereits seine Ernennung zum Probebeamten durch arglistige Täuschung herbeigeführt hatte, seinen Dienstherrn während der Probezeit erneut arglistig über eine Tätigkeit für das frühere MfS getäuscht, ist er wegen mangelnder Bewährung zu entlassen.
BVerwG, Urteil vom 25. 1. 2001 – 2 C 43.99; VG Berlin (lexetius.com/2001,278)
[1] In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer für Recht erkannt:
[2] Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. November 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Satz 1 des Tenors dieses Urteils neu gefasst wird wie folgt:
[3] Der Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 30. Mai 1997 und der Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Inneres vom 16. März 1998 werden aufgehoben, soweit darin die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe früher als zum 30. September 1997 ausgesprochen worden ist.
[4] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
[5] Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
[6] Gründe: I. Der im Jahr 1965 geborene Kläger leistete von November 1984 bis April 1988 freiwillig verlängerten Wehrdienst in der kasernierten Volkspolizei der ehemaligen DDR. Zum 1. Mai 1988 wurde er als Hauptwachtmeister bei einer Volkspolizeidienststelle in Berlin eingestellt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands verblieb er im Berliner Polizeidienst. Mit Wirkung vom 1. März 1992 wurde er zum Beamten auf Probe, vom 1. Januar 1995 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt und vom 1. September 1995 zum Polizeiobermeister befördert.
[7] In schriftlichen Erklärungen vom 13. Februar 1991 und 23. Juni 1994 verneinte der Kläger Fragen des Beklagten, ob er für das frühere Ministerium für Staatssicherheit – MfS – tätig gewesen sei, ob er eine Erklärung über eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit unterschrieben oder ob das MfS Kontakt zu ihm aufgenommen habe. Im Februar 1997 erhielt der Beklagte eine Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Danach hatte sich der Kläger am 6. August 1987 gegenüber dem MfS zur inoffiziellen Mitarbeit verpflichtet, in der Folgezeit bis zu seinem Wechsel nach Berlin, wo das MfS seine Dienste nicht mehr benötigte, mehrere schriftliche Berichte geliefert, sich mehrmals mit seinem Führungsoffizier getroffen und dabei mündliche Informationen erteilt.
[8] Mit Bescheid vom 30. Mai 1997 nahm der Beklagte die Ernennung des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit zurück und entließ ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.
[9] Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rücknahme der Ernennung des Klägers zum Lebenszeitbeamten sei rechtmäßig, denn der Kläger habe diese Ernennung durch arglistige Täuschung herbeigeführt. Rechtsgrundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei die mit der Sonderregelung nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Absatz 5 Ziffer 2 zum Einigungsvertrag übereinstimmende Vorschrift des Berliner Landesrechts über die Entlassung von Probebeamten, die für das MfS tätig gewesen seien und deren Weiterbeschäftigung unzumutbar erscheine. Diese landesrechtliche Bestimmung sei über den 31. Dezember 1996 hinaus gültig geblieben. Die Befristung, die der Einigungsvertrag rahmenrechtlich für die landesrechtlichen Regelungen vorgeschrieben habe, beziehe sich nur auf Regelungen über die – erleichterte – Ernennung von Probebeamten. Der Kläger habe den Sonderentlassungstatbestand verwirklicht. Er sei durch mündliche und schriftliche Berichte über Vorgesetzte und Kameraden seiner Volkspolizeieinheit für das MfS tätig gewesen. Wegen seiner damaligen Bereitschaft, die Wünsche des MfS zu erfüllen, seines Engagements bei der Sammlung von Informationen und der Anforderungen, die an die Vertrauenswürdigkeit eines Polizeibeamten in einem Rechtsstaat zu stellen seien, erscheine ein Festhalten am Dienstverhältnis nicht zumutbar.
[10] Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
[11] das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. November 1999, soweit die Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe abgewiesen worden ist, sowie den Bescheid des Polizeipräsidenten vom 30. Mai 1997, soweit darin die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ausgesprochen worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1998 aufzuheben.
[12] Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[13] Er verteidigt das angefochtene Urteil.
[14] Der Oberbundesanwalt hält die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
[15] II. Die zulässige Sprungrevision hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar verletzt die das angefochtene Urteil tragende Auffassung revisibles Recht. Die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
[16] Das Verwaltungsgericht hat in der Bestimmung des Art. I § 2 Anlage 2 Abschnitt VI Nr. 10 Buchst. c Satz 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28./29. September 1990 (GVBl S. 2119) in der Fassung des Dritten Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 19. Dezember 1991 (GVBl S. 294) die Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid gesehen. Das ist unzutreffend. Die Vorschrift ist mit dem 31. Dezember 1996 außer Kraft getreten.
[17] Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 3 (im Weiteren Nr. 3 EV) Buchst. d in Verbindung mit Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 zum Einigungsvertrag (Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990, BGBl II S. 885) galt für die Länder gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2 (fortan Nr. 2 EV) Buchst. b und c EV als Rahmenrecht (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GG). Es ergänzte § 23 BRRG. Die rahmenrechtlichen Bestimmungen erlaubten den Landesgesetzgebern nur bis zum 31. Dezember 1996 befristete Sonderregelungen (vgl. Urteile vom 3. Dezember 1998 – BVerwG 2 C 26.97 – BVerwGE 108, 64 [65 f.], vom 11. März 1999 – BVerwG 2 C 13.98 – Buchholz 237. 51 § 37 MVLBG Nr. 1 S. 2 und vom 27. April 1999 – BVerwG 2 C 26.98 – BVerwGE 109, 59 [61] sowie – BVerwG 2 C 34.98 – BVerwGE 109, 68 [71]). Das folgt bereits aus dem eindeutigen, einer einschränkenden Auslegung nicht zugänglichen Gesetzeswortlaut. Es entspricht zudem der speziellen Systematik und Zielsetzung der Vorschriften des Einigungsvertrages zum Recht der im öffentlichen Dienst stehenden Personen sowie der allgemeinen Systematik des Beamtenrechts. Auch aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich nichts anderes.
[18] Gemäß Nr. 2 Buchst. b EV konnten die bezeichneten Länder durch Gesetz von den Bestimmungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes abweichende Regelungen nach Maßgabe der Nr. 2 Buchst. c EV treffen. Diese Regelungen waren nach dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl der Nr. 2 Buchst. b letzter Halbsatz "bis zum 31. Dezember 1996 zu befristen". Das rahmenrechtliche Befristungsgebot bezieht sich auf sämtliche nach dem Einigungsvertrag zulässigen, vom Beamtenrechtsrahmengesetz abweichenden Bestimmungen in den Ländern. Dies bringt es mit seiner Anknüpfung "diese" an die ihm unmittelbar vorausgehende doppelte Verweisung der Nr. 2 Buchst. b über Nr. 2 Buchst. c auf Nr. 3 Buchst. b bis d EV unmissverständlich zum Ausdruck.
[19] Nr. 3 EV sieht als ergänzende "Maßgaben" zum Bundesbeamtengesetz nichts anderes vor. Gemäß Nr. 3 Buchst. a gilt "bis zum 31. Dezember 1996" – also demselben Stichtag wie nach Nr. 2 Buchst. b EV – das Bundesbeamtengesetz "mit folgenden Abweichungen". Dazu zählt die Nr. 3 Buchst. d EV. Die dort getroffene Sonderbestimmung über die Entlassung der Beamten auf Probe steht in einem unlösbaren Regelungszusammenhang mit der Ernennung. Nr. 3 Buchst. d in Verbindung mit Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 EV enthält nicht nur einen Sonderentlassungstatbestand, sondern zugleich auch ein Einstellungshindernis. Liegt der die Entlassung rechtfertigende Grund vor, ist der Bewerber abzulehnen und muss nicht ernannt werden, um sodann entlassen zu werden (vgl. Urteile vom 27. April 1999, a. a. O. S. 63 und S. 72). Ein gespaltener zeitlicher Geltungsbereich ein und derselben Vorschrift in Gestalt eines befristeten Ernennungshindernisses und einer an denselben Tatbestand anknüpfenden unbefristeten Entlassungsmöglichkeit ist aus Gründen der Rechtslogik ausgeschlossen.
[20] Das Befristungsgebot trägt der Grundsatznorm des Art. 20 Abs. 1 EV Rechnung. Danach gelten für die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zum Zeitpunkt des Beitritts die in Anlage I vereinbarten "Übergangsregelungen". Sonderrecht sollte im Beitrittsgebiet zeitlich nur beschränkt gelten, um alsbald die Rechtseinheit herzustellen.
[21] Bei der Aufnahme des Befristungsgebots in den Einigungsvertrag haben sich die Vertragsparteien von der Erwartung leiten lassen, spätestens mit Ablauf der Frist würde der Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung im Beitrittsgebiet und die Überprüfung der in den öffentlichen Dienst Übernommenen darauf abgeschlossen sein, ob sie gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben oder ob sie für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig waren. Gemäß Art. 20 Abs. 2 EV war es erklärtes Ziel des Einigungsvertrages, die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sobald wie möglich Beamten zu übertragen, um dem Gebot des Art. 33 Abs. 4 GG gerecht zu werden. Da bei der Berufung in ein Beamtenverhältnis während des Neuaufbaus der Verwaltung in den neuen Bundesländern die Eignung des übernommenen Bediensteten im Hinblick auf eine vorherige Betätigung nach Nr. 1 Abs. 5 EV noch nicht umfassend geprüft werden konnte, wurde die befristete Entlassungsmöglichkeit vorgesehen (vgl. Urteil vom 3. Dezember 1998, a. a. O. [S. 67]). Ihrer bedurfte es, weil die Entlassung eines Beamten grundsätzlich nur an Umstände anknüpft, die bei oder nach der Ernennung eingetreten sind (vgl. §§ 22, 23 BRRG). Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1996 konnten die Vertragsparteien davon ausgehen, dass die Unzumutbarkeit im Sinne der Nr. 1 Abs. 5 EV bei allen Beamten auf Probe, die zur Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit anstanden (vgl. § 10 Abs. 2 LBG – Dauer der Probezeit längstens fünf Jahre), festgestellt war und bei späteren Einstellungen bereits vor der Begründung des Beamtenverhältnisses umfassend geprüft sein würde.
[22] Die nachträglich in Art. 10 ReformG mit Wirkung vom 1. März 1997 "anstelle der in Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 3 Buchst. b Satz 6 des Einigungsvertrages" getroffene Regelung besagt über die Befristung landesrechtlicher Regelungen nach Nr. 2 EV schon deshalb nichts, weil sie diese Bestimmung nicht betrifft.
[23] Der Berliner Landesgesetzgeber hat seiner rahmenrechtlichen Pflicht zur Befristung der vom Beamtenrechtsrahmengesetz abweichenden Bestimmungen genügt. Art. V § 3 Satz 2 des Dritten Vereinheitlichungsgesetzes ordnet das Außerkrafttreten des Art. II dieses Gesetzes am 31. Dezember 1996 an. Das entspricht der rahmenrechtlichen Befristungsvorgabe. Zwar bezieht die Außerkrafttretensanordnung die Entlassungsvorschrift in Art. I § 2 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes nicht ausdrücklich ein. Dies beruht jedoch offenbar auf einem Redaktionsversehen. Für die Annahme, der Berliner Landesgesetzgeber habe die Vorschrift über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit – anders als die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen (vgl. § 37 Abs. 6 LBG M-V vom 28. Juni 1993 [GVBl S. 577]; § 125 Abs. 1 BG LSA vom 14. Mai 1991 [GVBl S. 61]; § 141 Abs. 3 ThürBG vom 10. Juni 1994 [GVBl S. 589]) – entgegen dem eindeutigen bundesrahmenrechtlichen Befristungsgebot bewusst und gewollt zeitlich unbegrenzt in Kraft setzen wollen, fehlt jeglicher Anhalt. Dies kann dem Landesgesetzgeber auch nicht unterstellt werden. Es liegt schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen fern. Das Gesetz bietet im Gegenteil Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber die Fristbindung nicht auf die Vorschriften hat beschränken wollen, die er mit der Verweisung auf Art. II des Gesetzes ausdrücklich bezeichnet hat. Wortlaut und Sinnzusammenhang der in wörtlicher Übereinstimmung mit der Maßgabe des Einigungsvertrages geschaffenen Sonderentlassungsvorschrift sowie die Übernahme der im Einigungsvertrag auch für deren zeitliche Geltung vorgegebenen Frist verdeutlichen, dass der Landesgesetzgeber eine völlig rahmenrechtskonforme Regelung treffen und dabei insbesondere das Befristungsgebot des Einigungsvertrages beachten wollte. Die Gesetz gewordene Fristbindung ist gemessen an dieser Absicht unvollständig. Aus Sinn und Zweck der Anordnung des Außerkrafttretens zum 31. Dezember 1996 ergibt sich, dass ihre Verweisung auf Art. II des Gesetzes keinen abschließenden Charakter hat. Die dem Einigungsvertrag nachgebildete Sonderentlassungsvorschrift ist vielmehr offenbar fehlerhaft nicht einbezogen worden. Das technische Versehen bedarf der berichtigenden Auslegung (vgl. BVerfGE 11, 139 [149]). Dazu zwingt auch das Bundesrecht. Für die gebotene rahmenrechtskonforme Auslegung des Berliner Landesrechts gilt nichts anderes als für eine verfassungskonforme Auslegung des einfachen Rechts (vgl. dazu BVerfGE 90, 263 [274]). Ihre Grenze findet sie erst dort, wo sie zu dem eindeutigen Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 90, 263 [275] m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall. Eine bundesrechtskonforme Auslegung, die den zeitlichen Anwendungsbereich der landesrechtlichen Sonderentlassungsvorschrift auf den rahmenrechtlich zwingend vorgegebenen Zeitraum beschränkt, überschreitet nicht die ihr wie jeder Auslegung gezogenen Grenzen. Sie trägt vielmehr dem im Gesetz selbst zum Ausdruck gekommenen Willen des Landesgesetzgebers Rechnung, eine den Maßgaben des Einigungsvertrages insgesamt entsprechende Regelung zu treffen.
[24] Die angefochtene Entlassungsverfügung vom 30. Mai 1997 erweist sich gleichwohl als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Berliner Landesbeamtengesetzes (LBG).
[25] Dass der Beklagte seine Entscheidung nicht ausdrücklich auf diese Vorschrift gestützt hat, ist unerheblich. Die Verwaltungsgerichte haben umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt. Diese Prüfung ist Rechtsanwendung und deshalb auch in der Revisionsinstanz zulässig und geboten. Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes auf einer anderen Rechtsgrundlage ist, dass der Verfügungssatz des Verwaltungsaktes von dieser Rechtsgrundlage gedeckt ist, ohne dass an ihm etwas Wesentliches geändert zu werden braucht (stRspr; vgl. u. a. Urteile vom 30. Juni 1989 – BVerwG 4 C 40.88 – BVerwGE 82, 185 [188 f.] m. w. N. und vom 23. Mai 1995 – BVerwG 1 C 3.94 – BVerwGE 98, 298 [304]). Eine Wesensveränderung der Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis bedeutet es nicht, dass diese Entlassung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG nur unter Einhaltung einer Frist und nicht als fristlose wie nach Art. I § 2 Anlage 2 Nr. 10 Buchst. c S. 1 Drittes Vereinheitlichungsgesetz ergehen kann. Die Maßnahme bleibt auch als Entscheidung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG eine Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis; ihre Fristgebundenheit oder Fristlosigkeit gehört nicht zu ihrem Wesen (vgl. Urteil vom 24. September 1992 – BVerwG 2 C 6.92 – BVerwGE 91, 73 [74 ff.]).
[26] Der Kläger erfüllt nach den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG. Der angefochtene Entlassungsbescheid ist in tatsächlicher Hinsicht auf den gesamten, im Bescheid wiedergegebenen Sachverhalt einschließlich der dem Kläger zur Last gelegten beiden Täuschungshandlungen gestützt (vgl. Seite 2 des Bescheides vom 30. Mai 1997). Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass sich der Sachverhalt so, wie er im Bescheid angegeben ist, zugetragen hat, insbesondere, dass der Kläger seinen Dienstherrn wiederholt arglistig getäuscht hat. Die zweite arglistige Täuschung fällt in die Probezeit und hat zur rechtskräftig bestätigten Rücknahme der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit geführt. Aufgrund dieser Täuschung fehlt es an einer Bewährung des Klägers in der Probezeit im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG.
[27] Zwar hat der Dienstherr bei der Beurteilung, ob der Beamte auf Probe sich bewährt hat, eine Einschätzungsprärogative (stRspr; vgl. Urteil vom 19. März 1998 – BVerwG 2 C 5.97 – BVerwGE 106, 263 [267 f. m. w. N.]). Maßstab für die Bewährung sind dabei die Anforderungen des auf Lebenszeit zu übertragenden Amtes (Urteil vom 19. März 1998, a. a. O.). Der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn kann sich aber reduzieren, so dass nur eine Entscheidung in der Sache rechtmäßig ist. Bezüglich der von einem Beamten zu fordernden Loyalität und Aufrichtigkeit (charakterliche Eignung) hat sich, bezogen auf den Kläger, die Einschätzungsprärogative des Beklagten infolge gesetzlicher Vorgaben auf das allein rechtmäßige Urteil reduziert, dass es dem Kläger an der erforderlichen Eignung in dieser Hinsicht und damit an seiner Bewährung fehlt.
[28] Die Ernennung des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit ist wegen arglistiger Täuschung seines Dienstherrn während der Probezeit bestandskräftig zurückgenommen worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat er auch seine Ernennung zum Beamten auf Probe durch arglistige Täuschung herbeigeführt. war deshalb auch diese Ernennung zurückzunehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 LBG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 BRRG). Die Rücknahme der Ernennung bezweckt nicht nur die Wiederherstellung der Entschließungsfreiheit des Dienstherrn. Sie dient vielmehr auch der Reinhaltung des öffentlichen Dienstes von Personen, die diese Entschließungsfreiheit durch unlauteres Verhalten beeinträchtigt haben (stRspr; vgl. u. a. Urteil vom 31. Januar 1980 – BVerwG 2 C 50.78 – BVerwGE 59, 366 [369] m. w. N.). Gerade dieser Makel, die Ernennung zum Beamten erschlichen zu haben, hat es dem Gesetzgeber geboten erscheinen lassen, die Rücknahme der Ernennung zwingend vorzuschreiben (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1965 – BVerwG 6 C 63.64 – BVerwGE 22, 248 [251]).
[29] Zudem ist die während der Probezeit begangene arglistige Täuschung des Dienstherrn über eine frühere Tätigkeit für das MfS ein schweres Dienstvergehen, das im Disziplinarverfahren grundsätzlich zur Entlassung aus dem Dienst führt (vgl. Urteile vom 3. September 1997 – BVerwG 2 WD 54.96 – Buchholz 236. 1 § 7 SG Nr. 14 S. 57 ff. und vom 16. März 1999 – BVerwG 2 WD 31.98 – Buchholz 236. 1 § 7 SG Nr. 26 S. 5 ff.). Die Übernahme des Probebeamten in ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit ist bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entlassung wegen eines Dienstvergehens nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers regelmäßig nicht vertretbar (Urteil vom 24. September 1992 – BVerwG 2 C 6.92 – BVerwGE 91, 73 [77]). Das muss erst recht gelten, wenn außerdem die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen die Ernennung zum Beamten auf Probe zurückzunehmen "ist". Wegen dieser gesetzlich vorgegebenen Wertungen des Verhaltens des Klägers kommt die Einschätzung, Fähigkeit und Bereitschaft zu Loyalität und Aufrichtigkeit gegenüber seinem Dienstherrn seien zweifelsfrei vorhanden, nicht in Betracht. Dass der Dienstherr den Kläger als charakterlich nicht geeignet ansieht, macht die Äußerung des Polizeipräsidenten im angefochtenen Bescheid deutlich, er sei einem Irrtum über die persönliche Eignung des Klägers für eine Verwendung im Beamtenverhältnis unterlegen.
[30] Dem Erfordernis der Zustimmung des Personalrats ist genügt. Der Personalvertretung ist der gesamte Sachverhalt einschließlich der beiden vom Kläger begangenen arglistigen Täuschungen, den der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zur Begründung der Entlassung geschildert hat, mitgeteilt worden. Gegenstand der Zustimmung des Personalrats ist nicht die verwaltungstechnische Entlassungsverfügung, sondern die Entlassung und der ihr zugrunde liegende Lebenssachverhalt (Beschluss vom 10. Juni 1988 – BVerwG 2 B 84.88 – Buchholz 251. 6 § 78 NdsPersVG Nr. 6).