Bundesgerichtshof
AktG 1965 § 88 Abs. 1, 2; BGB § 667
a) Regelungsgegenstand und -zweck des § 88 AktG sind der Schutz der Gesellschaft vor Wettbewerbshandlungen und vor anderweitigem Einsatz der Arbeitskraft ihrer Vorstandsmitglieder (Bestätigung des Senatsurteils v. 17. Februar 1997 – II ZR 278/95, ZIP 1997, 1063, 1064).
b) Beim "Geschäftemachen" dient das Verbot des § 88 Abs. 1 AktG wegen seiner Beschränkung auf den Geschäftszweig der Gesellschaft der Konkurrenzverhütung.
c) Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 667 BGB auf Herausgabe der dem Beauftragten nachträglich von dritter Seite gemachten Geldzuwendungen (sog. Schmiergelder) im Falle eines für den Auftraggeber lukrativen Geschäfts.
d) Der Anspruch aus § 667 BGB setzt grundsätzlich das Vorhandensein des Erlangten beim Beauftragten voraus; er scheidet jedenfalls dann aus, wenn dieser einen ihm zunächst zugewendeten Sondervorteil wieder an den "Geber" zurückgegeben hat.

BGH, Urteil vom 2. 4. 2001 – II ZR 217/99; OLG Köln; LG Köln (lexetius.com/2001,595)

[1] Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h. c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer für Recht erkannt:
[2] Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Juni 1999 aufgehoben.
[3] Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[4] Tatbestand: Der Kläger ist Konkursverwalter in dem am 6. April 1995 eröffneten Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen der I. AG (nachfolgend: Gemeinschuldnerin), die sich gemäß § 2 ihrer Satzung mit dem Erwerb, der Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken, Gebäuden und Beteiligungen aller Art, nicht jedoch mit Geschäften im Sinne des § 34 c GewO befaßte. Der Beklagte war vom 21. Februar bis 18. Dezember 1991 alleiniger Vorstand, danach bis Ende August 1993 Mitglied des mehrgliedrigen Vorstandes der Gemeinschuldnerin. Der Zeuge S. war – mit wirtschaftlicher Mehrheitsbeteiligung – einer der Hauptaktionäre der Gemeinschuldnerin und vom 1. Juni 1991 bis 15. Juli 1992 zugleich Mitglied ihres Aufsichtsrats. S. war auch Konzernherr der niederländischen T. -Gruppe, von der die Gemeinschuldnerin aufgrund zahlreicher Verwaltungs- und Developmentverträge wirtschaftlich abhängig war. Innerhalb der T. -Gruppe hielt die T. In. B. V. sämtliche Geschäftsanteile an der BRD T. In. B. V., deren Vermögen nur aus dem Grundstück D. in K. bestand. Am 7. Oktober 1991 unterbreitete der Beklagte dem Aufsichtsrat der Gemeinschuldnerin ein Schreiben des Erzbistums K. vom selben Tage, in dem dieses die unbedingte Kaufabsicht für das Objekt D. zum Preise von 78 bis max. 79 Mio. DM erklärte. Der Zeuge S. sah in der Veräußerung des für 58 Mio. DM erstandenen Objekts die Möglichkeit einer lukrativen Gewinnrealisierung, durch die er sowohl seinen Anteil an der von den Hauptaktionären der Gemeinschuldnerin beabsichtigten Kapitalerhöhung aufbringen als auch der Gemeinschuldnerin selbst im Wege eines Zwischenerwerbs einen angemessenen Anteil am Gewinn zufließen lassen konnte. Dementsprechend ermächtigte der Aufsichtsrat den Vorstand der Gemeinschuldnerin, die BRD T. In. B. V. zum Preis von 75 Mio. DM zu kaufen und mit einem Profit von 3 Mio. DM an das Erzbistum K. weiter zu veräußern. Auf Veranlassung des Zeugen S. veräußerte die T. In. B. V. am 31. Oktober 1991 sämtliche Geschäftsanteile an der BRD T. In. B. V. an die Gemeinschuldnerin zu einem Kaufpreis von 73, 6 Mio. DM. Am 5. November 1991 veräußerte die Gemeinschuldnerin die Geschäftsanteile der nunmehr in BRD D. C. umfirmierten Gesellschaft an das Erzbistum K. und die Hohe Domkirche K. zum Preise von 79 Mio. DM weiter. Am 5. Juni 1992 ließ S. durch seinen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt B., dem Beklagten einen Geldbetrag von 300. 000, – DM aushändigen. Nach dem Wortlaut der hierüber ausgestellten Quittung erhielt der Beklagte den Betrag "für die erfolgreichen Verkaufsbemühungen hinsichtlich des Objekts, K., D., …". Er führte das Geld nicht an die Gemeinschuldnerin ab. Ausweislich eines handschriftlichen Schreibens vom 6. Juni 1992, dessen Urheber nach der Behauptung des Beklagten der Zeuge S. ist, handelt es sich bei der Geldsumme um ein Darlehen, dessen Rückzahlung im Falle weiterer erfolgreicher Vorstandstätigkeit des Beklagten entfallen sollte. Wie der Beklagte weiter behauptet, hat er S. auf dessen Verlangen am 13. Mai 1995 in L. die 300. 000, – wie von diesem quittiert und zeugenschaftlich bestätigt – zurückgezahlt. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung der auf § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG gestützten Klage auf Zahlung von 300. 000, – DM stattgegeben; das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
[5] Entscheidungsgründe: Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[6] I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, der Kläger sei nach § 88 Abs. 1, 2 Satz 2 AktG berechtigt, vom Beklagten die Herausgabe der von S. bezogenen Vergütung von 300. 000, – DM für die Vermittlung und Abwicklung des Geschäfts hinsichtlich des Objekts D. in K. zu verlangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei als bewiesen anzusehen, daß der Beklagte das Geld als Vermittlungsprovision und nicht als Darlehen erhalten habe; dabei sei unerheblich, ob die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Rückzahlungsquittung, inhaltlich richtig seien oder nicht. Die Vermittlung des An- und Weiterverkaufs des Objekts D. sei als unerlaubtes Geschäftemachen im Geschäftszweig der Gemeinschuldnerin für eigene Rechnung des Beklagten anzusehen. Da der Zwischenerwerb des Objekts durch die Gemeinschuldnerin wirtschaftlich einer Vermittlung gleichkomme, stehe einer verbotenen Konkurrenztätigkeit des Beklagten nicht entgegen, daß die Gemeinschuldnerin an dem Geschäft selbst beteiligt und ihr eine Maklertätigkeit – auch nach ihrer Satzung – nicht erlaubt gewesen sei. Selbst wenn der Beklagte die 300. 000, – DM nur als Belohnung erhalten habe, sei er nach § 667 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[7] II. 1. Auf das sog. Eintrittsrecht nach § 88 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 AktG kann die Klage auf Herausgabe des dem Beklagten durch S. zugewendeten Geldbetrages nicht gestützt werden. Regelungsgegenstand und -zweck des § 88 AktG sind der Schutz der Gesellschaft vor Wettbewerbshandlungen und vor anderweitigem Einsatz der Arbeitskraft ihrer Vorstandsmitglieder (Sen. Urt. v. 17. Februar 1997 – II ZR 278/95, ZIP 1997, 1063, 1064 m. w. N.). Bei dem hier allenfalls in Betracht kommenden "Geschäftemachen", d. h. einer auf Gewinnerzielung gerichteten Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, dient das Verbot des § 88 Abs. 1 AktG wegen seiner Beschränkung auf den Geschäftszweig der Gesellschaft der Konkurrenzverhütung. Dieser wettbewerbliche Schutzbereich der Norm ist im vorliegenden Fall durch das Verhalten des Beklagten nicht zum Nachteil der Gemeinschuldnerin tangiert. Der Beklagte hat vielmehr in Ausübung seines Vorstandsamtes der Gemeinschuldnerin eine Erwerbschance dadurch zugeführt, daß er dem Aufsichtsrat in der Sitzung vom 7. Oktober 1991 die unbedingte Kaufabsicht des Erzbistums K. für das Objekt D. mitgeteilt und dadurch dessen Beschluß zur Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb der Anteile an der BRD T. In. B. V. sowie der anschließenden Weiterveräußerung an das Erzbistum K. herbeigeführt hat. Im Einklang mit seinen gesetzlichen Aufgaben als Vorstand (§§ 77, 78 AktG) hat er sodann die ihm aufgetragenen Geschäfte vollzogen und dabei die vom Aufsichtsrat vorgegebene Gewinnmarge von 3 Mio. DM nicht nur eingehalten, sondern sogar zum Vorteil der Gemeinschuldnerin auf den Betrag von 5, 4 Mio. DM erhöht. Soweit der Beklagte für diese in jeder Hinsicht – sowohl zugunsten der Gemeinschuldnerin als auch für S. – erfolgreiche Abwicklung des Geschäfts nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine "Provision" des Zeugen S. als beherrschendem Gesellschafter des Veräußerers erhalten hat, kann darin keine Vergütung für eine unter Wettbewerbsaspekten gegenüber der Gesellschaft verbotene Konkurrenztätigkeit gesehen werden. Da die Gemeinschuldnerin – entsprechend ihrem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand – selbst Erwerber und Veräußerer der Geschäftsanteile war, konnte sie nicht zugleich selbst in zulässiger Weise Maklerin sein, der der Beklagte etwa in dieser Eigenschaft unter Verstoß gegen § 88 Abs. 1 AktG (weitergehende) "Provision" zum eigenen Vorteil entzogen hätte; denn eine – provisionspflichtige – Maklertätigkeit im Sinne des § 652 BGB setzt voraus, daß der vom Auftraggeber des Maklers angestrebte Vertragsschluß zwischen dem Auftraggeber und einem Dritten, nicht aber zwischen Auftraggeber und Makler zustande gekommen ist. Schon deshalb liefe die Gewährung eines Eintrittsrechts der Gemeinschuldnerin nach § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG hier auf ein unzulässiges Eigengeschäft des Maklers hinaus. Für die vom Berufungsgericht angenommene wirtschaftliche Gleichsetzung des "Zwischenerwerbs" mit einer Maklertätigkeit ist angesichts der dem Beklagten vom Aufsichtsrat – nach den verbindlichen Vorgaben S. s – ausdrücklich festgelegten Ausgestaltung des Geschäfts als Ankauf und Weiterverkauf kein Raum; dies gilt um so mehr, als die Gemeinschuldnerin sich ersichtlich bewußt daran gehalten hat, daß ihr eine Maklertätigkeit wegen Fehlens der Erlaubnis nach § 34 c GewO nicht gestattet war.
[8] 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
[9] a) Soweit das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung § 667 BGB als Grundlage für einen Anspruch des Klägers auf Herausgabe der vom Beklagten erlangten 300. 000, – DM heranzieht, fehlt es – wie die Revision mit Recht rügt – an tragfähigen Feststellungen.
[10] Allerdings geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, daß der Beklagte gemäß § 667 BGB grundsätzlich zur Herausgabe der 300. 000, – DM auch dann verpflichtet sein kann, wenn sie ihm ohne vorherige Vereinbarung von S. im nachhinein als Belohnung – wie der Kläger selbst mehrfach behauptet hat ("Schenkung") – überlassen worden sind. Da der Beklagte beim Ankauf und Weiterverkauf der Geschäftsanteile in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Gemeinschuldnerin deren Geschäfte führte, ist er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den sog. Schmiergeldern grundsätzlich gemäß § 667 BGB verpflichtet, alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat; dazu gehören auch "Provisionen", Geschenke und andere Sondervorteile, die dem Beauftragten von dritter Seite zugewandt worden sind und die eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen; daß sie nach dem Willen des Dritten gerade nicht für den Auftraggeber bestimmt waren, bleibt dabei unbeachtlich (st. Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1990 – XI ZR 176/89, BGHR BGB § 667 – Schmiergelder 2 m. w. N.; vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 667 BGB insbesondere: Prot. II, 360 und RGZ 99, 31, 32 ff.). Ob der dafür erforderliche unmittelbare innere Zusammenhang der Zahlung mit der Geschäftsbesorgung gegeben ist, versteht sich – wegen der im Hinblick auf "Schmiergeldzahlungen" eher atypischen Konstellation des vorliegenden Falles – allerdings nicht von selbst. Angesichts der Tatsache, daß der Beklagte die vom Aufsichtsrat vorgegebene Gewinnmarge von 3 Mio. DM nahezu verdoppelt hat und im übrigen der Zeuge S. die Gesamtkonditionen des Geschäfts "diktierte", hätte das Berufungsgericht in Betracht ziehen müssen, daß die Zuwendung an den Beklagten – zumal wenn sie, wie hier, geraume Zeit nach Abschluß des Geschäfts erfolgte – nur "anläßlich" der Geschäftsbesorgung für den Beklagten persönlich gemacht worden sein kann und dann nicht "aus" der Geschäftsführung erlangt wäre. In diese Richtung weist der Vortrag des Klägers, wonach es naheliegend gewesen wäre, wenn der Zeuge S. angesichts seines Einflusses als Mehrheitsgesellschafter und Mitglied des Aufsichtsrates eine Erhöhung der Tantieme des Beklagten für das Geschäftsjahr 1991 um 300. 000, – DM vorgeschlagen hätte, anstatt sie selbst aus seinem Privatvermögen an den Beklagten zu zahlen. Dieses Vorbringen läßt es sogar als wahrscheinlich erscheinen, daß der Aufsichtsrat eine von S. beabsichtigte Belohnung in Höhe des gezahlten Betrages bei Mitteilung am 7. Oktober 1991 von vornherein gebilligt hätte, zumal unstreitig S. die Konditionen des Geschäfts bestimmte und die Gemeinschuldnerin überhaupt keinen Rechtsanspruch auf eine Beteiligung daran hatte. Andererseits behauptet der Kläger, daß der Beklagte die Geschäftsanteile für die Gemeinschuldnerin bei der gebotenen Wahrnehmung ihrer Interessen um jene 300. 000, – DM günstiger hätte ankaufen können, die er "in seine eigene Tasche gewirtschaftet" habe. Eindeutige Feststellungen zu diesen für die Beurteilung eines Anspruchs wegen sog. Schmiergeldzahlungen nach § 667 BGB wesentlichen Umständen fehlen.
[11] Einer Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des Erlangten nach § 667 BGB steht zudem entgegen, daß das Berufungsgericht es rechtsfehlerhaft hat dahinstehen lassen, ob die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen zu der behaupteten Rückzahlung der 300. 000, – DM an S., insbesondere die Quittung, und dessen diesbezügliche Bekundungen bei der Vernehmung vor dem ersuchten Richter zutreffend sind. Hat der Beklagte aber – was aufgrund der Rüge des Beklagten für die Revisionsinstanz zu unterstellen ist – dem Zeugen S. auf dessen Verlangen die Zuwendung wieder zurückgegeben, so fehlte es bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung an dem – begrifflich in § 667 BGB vorausgesetzten – Vorhandensein des Erlangten. Zumindest in einem solchen Fall der Rückgabe des gewährten Vorteils an den "Geber" erscheint es mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar, den Geschäftsführer der Belastung einer "Doppelzahlung" auszusetzen, da § 667 BGB nur der Abschöpfung des vorhandenen Vorteils dient, nicht aber einen eigenen Vermögensausfall des Geschäftsherrn schadensersatzrechtlich sanktioniert (vgl. insoweit BGHZ 39, 1, 4 f. zur Konstellation der Verfallanordnung).
[12] III. Die damit erforderliche Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die fehlenden Tatsachenfeststellungen und die gebotene fehlerfreie Gesamtwürdigung nachzuholen sowie erforderlichenfalls das Klagebegehren auch unter dem Blickwinkel eines etwaigen – vom Kläger hilfsweise geltend gemachten – Schadensersatzanspruchs zu würdigen.