Bundesarbeitsgericht
Haftungsausschluss bei Streit unter Arbeitskollegen
Das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII greift ein, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeitsleistung seines Arbeitskollegen beanstandet und ihm dabei einen Schubser mit der Hand vor die Brust gibt. Eine betriebliche Tätigkeit liegt nämlich vor, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handeln durfte, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch ist und keinen Exzess darstellt.
BAG, Urteil vom 22. 4. 2004 – 8 AZR 159/03 (lexetius.com/2004,1546)
[1] Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 2. Oktober 2002 – 13 Sa 45/02 – wird zurückgewiesen.
[2] Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld.
[4] Der Kläger und der Beklagte sind als Lkw-Fahrer tätig; sie sind Arbeitskollegen. Am Nachmittag des 20. Februar 2001 versetzte der Beklagte dem Kläger während der Arbeit einen Stoß vor die Brust, worauf dieser einen Schritt rückwärts machte und über die Handgriffe eines dort stehenden Schubkarrens fiel. Beim Aufprall auf den Boden stieß der Kläger mit dem Rücken auf eine Stahlschiene und verletzte sich schwer. Vorangegangen war die Frage des Beklagten an den Kläger, warum er "jetzt erst vom Tanken" gekommen sei. Es waren Lastwagen zu be- und entladen.
[5] Infolge des Unfalls erlitt der Kläger eine Rückenverletzung, die zur Lähmung beider Beine führte. Seit dem Unfall ist der Kläger arbeitsunfähig krank. Seine Nebentätigkeit als Hausmeister wurde inzwischen 2001 krankheitsbedingt beendet. Ab dem 4. April 2001 zahlte die zuständige Berufsgenossenschaft dem Kläger Verletztengeld.
[6] Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schmerzensgeld, Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Nettoarbeitsentgelt und dem Verletztengeld, den Ersatz weiterer Schäden und die Feststellung, dass der Beklagte zukünftige, aus dem Vorfall vom 20. Februar 2001 herrührende Schäden ersetzen muss. Er ist der Ansicht, das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII gelte nicht, da keine betriebliche Tätigkeit vorgelegen habe. Dem tätlichen Angriff des Beklagten sei kein längerer Wortwechsel vorausgegangen. Der Beklagte habe den Kläger vielmehr unvermittelt mit beiden Händen vor die Brust gestoßen; dieser Stoß sei so stark gewesen, dass er das Gleichgewicht verloren habe und um einen Sturz zu verhindern, einen Schritt zurückgegangen sei. Der Beklagte habe mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Er habe es für möglich gehalten, dass der Kläger durch den Stoß ins Stolpern gerate, über die Schubkarre falle und sich dabei verletze. Auch wenn es dem Beklagten nicht auf den Verletzungserfolg angekommen sei, habe er ihn doch billigend in Kauf genommen. Zumindest sei das Verhalten des Beklagten als fahrlässig zu bewerten. Bei Anstrengung der gehörigen Sorgfalt hätte dieser die Gefahr erkennen können und müssen.
[7] Die Haftung des Beklagten sei nicht nach § 105 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen, da sich der Vorfall am 20. Februar 2001 nicht im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit ereignet habe. Die Tätigkeit des Beklagten sei weder betrieblich angeordnet gewesen noch habe sie dem betrieblichen Interesse gedient. Bei dem Verhalten des Beklagten habe sich um eine reine Unmutsbekundung gehandelt. Eine solche sei dem persönlichen Bereich zuzurechnen. Allein die Umstände, dass sich der Vorfall während der Arbeitszeit und am Arbeitsplatz ereignet habe und eine angebliche Arbeitsunwilligkeit der Anlass hierfür gewesen sei, reiche nicht aus, eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen. Die Bewertung des Vorfalls als Arbeitsunfall durch die Berufsgenossenschaft sage nichts darüber aus, ob es sich um einen durch eine betriebliche Tätigkeit verursachten Arbeitsunfall gehandelt habe oder nicht.
[8] Er – der Kläger – werde derzeit und künftig noch weitere materielle und immaterielle Schäden erleiden. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich sein Gesundheitszustand nicht bessere, sondern vielmehr auf Grund der Veränderungen im Bewegungsapparat mit weiteren Beschwerden zu rechnen sei.
[9] Der Kläger hat beantragt, 1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.649,05 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 3.903,87 Euro ab Klagezustellung und weiteren 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 4.745,19 Euro ab Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes zu zahlen; 2. den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 20. Februar 2001 bis 6. Juni 2001 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden – letztere, soweit sie nach dem 7. Juni 2001 entstehen – aus dem Vorfall vom 20. Februar 2001 auf dem Gelände der Firma A, K, zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf die Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
[10] Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, bei dem Vorfall habe es sich um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt. Da er nicht vorsätzlich gehandelt habe, sei er zum Ersatz des Personenschadens nicht verpflichtet.
[11] Vor dem Unfall habe er den Kläger angesprochen und gefragt, wo dieser denn gewesen sei und warum er den Kollegen nicht beim Abladen geholfen habe. Der Kläger habe entgegnet, dass er den Lkw betankt habe. Daraufhin habe er zu ihm gesagt, das habe aber lange gedauert und er hätte besser mit Abladen sollen. Er habe dem Kläger sodann mit der linken Hand einen Schubs gegen die rechte Schulter gegeben und sich entfernen wollen. Mit der Berührung habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass er die Handlungsweise des Klägers nicht richtig gefunden habe. Der Schubs sei nicht so stark gewesen, dass der Kläger gefallen wäre, wenn die Schubkarre nicht im Wege gestanden hätte. Er habe den Kläger weder gestoßen noch sei der Schubs so heftig gewesen, dass der Kläger einen Schritt rückwärts habe machen müssen. Der Kläger selbst habe durch seinen Schritt nach hinten erst die Kausalkette in Gang gesetzt.
[12] Ein schuldhaftes Fehlverhalten könne ihm nicht vorgeworfen werden. Insbesondere habe er nicht vorsätzlich gehandelt, weder habe er dem Kläger die Verletzungen zufügen wollen noch habe er diese billigend in Kauf genommen. Dies ergebe sich bereits aus dem Ablauf des Unfallereignisses. Zudem sei das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt worden.
[13] Die Haftung sei nach § 105 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. Der Vorfall vom 20. Februar 2001 habe sich im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit der Parteien abgespielt. Als betriebliche Tätigkeit sei jede betriebsbezogene Tätigkeit zu verstehen, die dem Schädiger von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen worden und die im Betriebsinteresse ausgeführt worden sei. Aus dem Zusammenwirken der Betriebsangehörigen in einem Betrieb ergebe sich das Vorliegen typischer Situationen und dadurch hervorgerufener Gefahrenlagen. Die Handlung des Beklagten habe in einem engen Zusammenhang zur Arbeitsleistung gestanden, der Unfall habe sich zudem im Betrieb der Arbeitgeberin und während der Arbeitszeit ereignet. Der enge sachliche Zusammenhang zur Arbeitsleistung ergebe sich aus dem Gespräch der Parteien, das dem Vorfall vorausgegangen sei. Der Schubs habe demnach einen betrieblichen Hintergrund gehabt. Die von ihm gewollte Aufmunterung und Maßregelung sei betriebsnützlich gewesen, denn als Kollege müsse man sich gegenseitig beim Abladen der Lkw's helfen.
[14] Das Arbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.860,96 Euro verurteilt sowie im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
[15] Entscheidungsgründe: Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche wegen der durch den Unfall vom 20. Februar 2001 erlittenen Personenschäden abgewiesen. Den Klageansprüchen steht der Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 SGB VII entgegen.
[16] I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei dem Vorfall habe es sich um einen Arbeitsunfall und damit einen Versicherungsfall gemäß § 7 SGB VII gehandelt; die Verletzungsfolgen seien bei einer betrieblichen Tätigkeit iSd. § 105 SGB VII entstanden. Der Unfall habe sich während der Arbeitszeit beider Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände der Arbeitgeberin ereignet. Der Vorhalt des Beklagten gegenüber dem Kläger hinsichtlich der Verspätung habe ersichtlich einen betrieblichen Bezug aufgewiesen und mit der Arbeitsleistung in enger Berührung gestanden. Die Betriebsnützlichkeit der wechselseitigen Kommunikation zwecks Abstimmung des Arbeitsverhaltens entfalle nicht deshalb, weil der Vorhalt mit einem Schubs des Beklagten verbunden gewesen sei, der zu den Verletzungsfolgen geführt habe. Der Schubs stelle eine Verhaltensweise dar, die unter Arbeitnehmern vergleichbarer gesellschaftlicher Stellung nicht unüblich sei. Der Beklagte habe seinen Worten lediglich Nachdruck verleihen wollen. Der Beklagte habe auch nicht vorsätzlich gehandelt, so dass dessen Haftung auf den Ersatz der Sachschäden begrenzt sei.
[17] II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Den Klageansprüchen auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie der Feststellung einer Haftungsverpflichtung für künftige materielle und immaterielle Schäden steht der Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 SGB VII entgegen.
[18] 1. Nach § 105 Abs. 1 SGB VII sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Das Haftungsprivileg des Unternehmers nach § 104 SGB VII gilt damit auch im Verhältnis der Mitarbeiter untereinander.
[19] Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Haftungsausschlusses der §§ 104 ff. SGB VII ist es zum einen den Arbeitgeber von einer Einstandspflicht nach privatrechtlichen Maßstäben zu befreien und zum anderen den Betriebsfrieden zu sichern (MünchArbR/Blomeyer Bd. 1 § 61 Rn. 2). Die Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung obliegt dem Arbeitgeber als einziger Zweig der Sozialversicherung allein. Die gesetzliche Unfallversicherung erfüllt für die sie finanzierenden Unternehmer damit die Funktion einer Haftpflichtversicherung; an die Stelle der privatrechtlichen Haftpflicht des Unternehmers wurde die Gesamthaftung der in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer gesetzt (Prinzip der Haftungsersetzung, vgl. Senat 30. Oktober 2003 – 8 AZR 548/02 – AP SGB VII § 104 Nr. 2; MünchArbR/Blomeyer aaO). Die Regelung des § 105 Abs. 1 SGB VII schließt die privatrechtliche Haftung bei durch Arbeitskollegen verursachten Versicherungsfällen für Personenschäden aus, wenn der Unfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt worden ist. Die von der gesetzlichen Unfallversicherung bezweckte Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz liefe ohne einen privatrechtlichen Haftungsausschluss bei durch Arbeitskollegen verursachten Versicherungsfällen leer (ErfK/Rolfs § 105 SGB VII Rn. 1 mwN). Der Arbeitnehmer, der einem anderen Arbeitnehmer durch eine betriebliche Tätigkeit einen Schaden zufügt, ist diesem zwar privatrechtlich grundsätzlich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, kann aber gegenüber dem Arbeitgeber nach Maßgabe des innerbetrieblichen Schadensausgleichs Freistellung wegen dieser Ansprüche verlangen. Im Ergebnis müsste der Arbeitgeber nicht nur die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung tragen, sondern auch für den Schadensersatzanspruch einstehen (ErfK/Rolfs § 105 SGB VII Rn. 1 mwN). Durch den gesetzlichen Haftungsausschluss nach §§ 104 ff. SGB VII sollte daher das Risiko von Arbeitsunfällen für den Arbeitgeber kalkulierbar und die Anlässe zu Konflikten im Betrieb zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie den Arbeitnehmern untereinander eingeschränkt werden (Senat 30. Oktober 2003 – 8 AZR 548/02 – aaO; 10. Oktober 2002 – 8 AZR 103/02 – AP SGB VII § 104 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 14. Dezember 2000 – 8 AZR 92/00 – AP SGB VII § 105 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 1 mwN). Die Kollision von Zivil- und Sozialrecht wird in verfassungskonformer Weise durch den Wegfall der zivilrechtlichen Ansprüche gelöst (BVerfG 7. November 1972 – 1 BvL 17/71 und 10/72; 1 BvR 355/71 – BVerfGE 34, 118; 8. Februar 1995 – 1 BvR 753/94 – AP RVO § 636 Nr. 21 = EzA RVO § 636 Nr. 13).
[20] 2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die von dem Kläger mit der Klage zuletzt noch verfolgten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche – soweit nicht bereits durch das Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen oder durch den Beklagten in der Berufungsinstanz anerkannt – aus dem Unfallereignis vom 20. Februar 2001 Personenschäden iSd. § 105 Abs. 1 SGB VII sind, für die der Haftungsausschluss gilt.
[21] Ein Personenschaden ist der Schaden, den der Verletzte in seiner körperlichen oder seelischen Unversehrtheit erleidet und der zu einer zivilrechtlichen Entschädigungspflicht führt; gleichzeitig muss ein Gesundheitsschaden als ein den Versicherungsfall konstituierendes Merkmal eingetreten sein (MünchArbR/Blomeyer Bd. 1 § 61 Rn. 4). Da der Haftungsausschluss bezweckt, den Arbeitgeber und den Arbeitskollegen von der Haftung wegen Personenschäden insgesamt freizustellen, fallen unter die Personenschäden nicht nur immaterielle Schäden (Schmerzensgeld), sondern auch Vermögensschäden wegen der Verletzung oder Tötung des Versicherten (Senat 10. Oktober 2002 – 8 AZR 103/02 – AP SGB VII § 104 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 24. Mai 1989 – 8 AZR 240/87 – AP RVO § 636 Nr. 16 = EzA RVO § 636 Nr. 10). Diese Kosten werden durch die Unfallversicherung nach dem Haftungsersetzungsprinzip abgedeckt (Senat 24. Mai 1989 – 8 AZR 240/87 – aaO). Der Ansicht des Klägers, insbesondere bei den von ihm geltend gemachten Benzin- und Unterhaltungskosten seines Privat-Pkw in Höhe von 700,00 DM für die Wahrnehmung von Arzt- und Krankengymnastikterminen handele es sich um durch den Beklagten unabhängig von dem Haftungssauschluss nach § 105 Abs. 1 SGB VII zu erstattende Sachschäden, kann daher nicht gefolgt werden. Bei den verlangten Aufwendungen für Benzin und Unterhalt des Pkw für Behandlungstermine handelt es sich gerade nicht um Sach-, sondern vielmehr um Personenschäden, da diese erst und nur durch die Verletzung des Klägers verursacht worden sind. Auch bei den übrigen von dem Kläger noch weiter verfolgten Schadensersatzansprüchen (Sportschuhe, Sporthosen, T-Shirts, Schuhe für Stützleisten, entgangener Urlaub einschl. Urlaubsgeld, entgangene vermögenswirksame Leistungen sowie erlittener Verdienstausfall) und Schmerzensgeld handelt es sich auf Grund deren Verursachung durch die Verletzung des Klägers ausschließlich um Personenschäden im vorgenannten Sinne.
[22] 3. Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses für diese Personenschäden nach § 105 Abs. 1 SGB VII liegen vor. Der Beklagte hat einen Versicherungsfall bei einem Versicherten desselben Betriebs durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht. Der Versicherungsfall wurde vom Beklagten nicht vorsätzlich herbeigeführt.
[23] a) Der Kläger und der Beklagte gehörten im Unfallzeitpunkt am 20. Februar 2001 als Arbeitskollegen demselben Betrieb an. Der Kläger ist Versicherter in der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei dem Schadensereignis vom 20. Februar 2001 handelt es sich auch um einen Versicherungsfall für den Kläger iSd. § 105 Abs. 1 SGB VII. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erhielt der Kläger ab dem 4. April 2001 Verletztengeld in Höhe von 97,47 DM täglich. Bei dem Verletztengeld handelt es sich um eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung iSd. §§ 45 ff. SGB VII, die den Arbeitsentgeltausfall infolge einer durch einen Versicherungsfall bestehenden Arbeitsunfähigkeit ersetzt. Voraussetzung für den Bezug von Verletztengeld ist das Vorliegen eines Versicherungsfalles gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII. Danach sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Da der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bezog, steht gleichzeitig fest, dass die zuständige Berufsgenossenschaft das Schadensereignis für den Kläger als Versicherungsfall (Arbeitsunfall) iSd. SGB VII angesehen hat. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 108 Abs. 1 SGB VII an die Feststellung der Berufsgenossenschaft hinsichtlich des Vorliegens eines Versicherungsfalles gebunden.
[24] b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Schadensereignis vom 20. Februar 2001 durch eine betriebliche Tätigkeit iSd. § 105 Abs. 1 SGB VII verursacht worden.
[25] aa) Der Begriff der "betrieblichen Tätigkeit" ist ein objektiver Begriff (BAG 9. August 1966 – 1 AZR 426/65 – BAGE 19, 41 = AP RVO § 637 Nr. 1; BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – NZA-RR 1998, 454 jeweils zu § 637 Abs. 1 RVO; MünchArbR/Blomeyer Bd. 1 § 61 Rn. 17). Die betriebliche Tätigkeit ist grundsätzlich mit der versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII gleichzusetzen (Senat 14. Dezember 2000 – 8 AZR 92/00 – AP SGB VII § 105 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 1). Aus der Zugehörigkeit des Schädigers zum Betrieb und einem Handeln im Betrieb des Arbeitgebers allein kann aber noch nicht auf eine Schadensverursachung durch eine betriebliche Tätigkeit geschlossen werden, denn nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers muss zwingend eine betriebsbezogene sein (BAG 9. August 1966 – 1 AZR 426/65 – aaO; Senat 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70). Ebenso wenig führt bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit (Senat 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – aaO; BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – aaO mwN). Entscheidend für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit und das Eingreifen des Haftungsausschlusses iSd. § 105 Abs. 1 SGB VII ist die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse ausgeführt wurde (BAG 9. August 1966 – 1 AZR 426/65 – aaO; Senat 14. Dezember 2000 – 8 AZR 92/00 – aaO; 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – aaO; BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – aaO mwN).
[26] Eine betriebliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt jedoch nicht nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer eine Aufgabe verrichtet, die in den engeren Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenkreises fällt. Denn der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist nicht eng auszulegen (BAG 14. März 1974 – 2 AZR 155/73 – AP RVO § 637 Nr. 8). Er umfasst auch die Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen (BAG 14. März 1974 – 2 AZR 155/73 – aaO). Die Tätigkeit des Schädigers muss im vorgenannten Sinne betriebsbezogen sein. Die Art, wie die Tätigkeit ausgeführt wird (sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig), entscheidet nicht darüber, ob es sich um eine betriebliche Tätigkeit handelt oder nicht (BAG 9. August 1966 – 1 AZR 426/65 – BAGE 19, 41 = AP RVO § 637 Nr. 1). Der betriebliche Charakter der Tätigkeit geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei der Ausführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt; derartige Verhaltensverstöße liegen zwar nicht im Interesse des Arbeitgebers, dem wird aber durch eine entsprechende Haftung des Arbeitnehmers Rechnung getragen (BAG 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70).
[27] Für die Haftungsfreistellung ist danach maßgeblich, ob der Schaden in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit im dargestellten Sinne oder aber bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb durch den Schädiger verursacht wurde und folglich nur dem persönlich-privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen ist. Um einen solchen Fall handelt es sich insbesondere, wenn der Schaden infolge einer neben der betrieblichen Arbeit verübten, gefahrenträchtigen Spielerei, Neckerei oder Schlägerei eintritt (BAG 9. August 1966 – 1 AZR 426/65 – BAGE 19, 41 = AP RVO § 637 Nr. 1; BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – NZA-RR 1998, 454). Die Betriebsbezogenheit einer Tätigkeit entfällt daher immer, wenn die schädigende Handlung nach ihrer Anlage und der Intention des Schädigers erst gar nicht auf die Förderung der Betriebsinteressen ausgerichtet ist oder ihnen gar zuwiderläuft (BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – aaO mwN). Es kommt mithin darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war (Senat 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70). Eine betriebliche Tätigkeit liegt vor, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handeln durfte, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch ist und keinen Exzess darstellt.
[28] bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze wurde der Versicherungsfall vom 20. Februar 2001 durch eine betriebliche Tätigkeit des Beklagten verursacht. Der Beklagte hat nach dem unstreitigen Tathergang das schädigende Ereignis in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit und nicht lediglich anlässlich seiner Arbeit im Betrieb im Rahmen einer dem persönlichen Bereich zuzurechnenden Tätigkeit verursacht. Zwar enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts keine Feststellungen im Einzelnen zum (teilweise streitigen) Tathergang am 20. Februar 2001; dies hindert den Senat jedoch nicht, eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Zwischen den Parteien ist zwar der Ablauf am 20. Februar 2001 in den Einzelheiten streitig, insbesondere ob dem Stoß des Beklagten ein längerer Wortwechsel zwischen den Parteien vorausgegangen ist und welche Stärke der Stoß des Beklagten hatte, jedoch bedarf es einer Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht nicht. Die für den Tathergang maßgeblichen Tatsachen sind auf Grund des beiderseitigen Parteivorbringens unstreitig und durch das Landesarbeitsgericht im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger am 20. Februar 2001 nachmittags gegen 15. 55 Uhr einen Stoß vor die Brust versetzt hat, nachdem er den Kläger zuvor gefragt hatte, warum dieser erst jetzt gekommen sei. Der Senat kann auf der Grundlage dieser – unstreitigen – Tatsachen den Rechtsstreit abschließend entscheiden, auf die Dauer des Wortwechsels und die Stärke des Stoßes kommt es nicht entscheidungserheblich an.
[29] cc) Das Schadensereignis ereignete sich im Betrieb der Arbeitgeberin, in deren Werkshalle, während der betriebsüblichen Arbeitszeit beider Parteien. Diese Umstände alleine rechtfertigen noch nicht die Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Die schädigende Handlung des Beklagten (Stoß) war aber entgegen der Auffassung der Revision im Wesentlichen auf die Förderung der Betriebsinteressen ausgerichtet und damit betriebsbezogen im vorangestellten Sinne. Die Zweckbestimmung beurteilt sich aus der Sicht der Person des Schädigers, nicht aber aus der Person des Geschädigten (BGH 30. Juni 1998 – VI ZR 286/97 – NZA-RR 1998, 454; OLG Frankfurt 12. März 2003 – 23 U 133/02 – NJW-RR 2003, 1025). Es genügt, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handelte. Zwar sind Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen nicht zu billigen und grundsätzlich betrieblich nicht veranlasst. Im Streitfall waren die Grenzen der betrieblichen Tätigkeit jedoch noch nicht überschritten.
[30] dd) Eine ausschließlich gegen die Person des Klägers gerichtete Tätlichkeit anlässlich der Arbeit im Betrieb kann in der schadensstiftenden Handlung des Beklagten nicht gesehen werden. Die schädigende Handlung (Stoß des Beklagten) und die vorausgegangene Frage des Beklagten nach dem Grund des verspäteten Erscheinens des Klägers können nicht isoliert voneinander betrachtet werden, da sie in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang miteinander stehen und damit einen einheitlichen Lebenssachverhalt bilden. Der Beklagte hat dem Kläger nicht erst nach der Beendigung des Gesprächs und auf Grund eines zeitlich später gefassten Entschlusses nachträglich einen Stoß versetzt, sondern die Frage an den Kläger nach dem Grund seines Zuspätkommens mit dem Stoß gegen den Brust- bzw. Schulterbereich begleitet. Eine zeitliche Zäsur zwischen den Handlungen des Beklagten liegt nicht vor, hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Damit kommt aber gleichzeitig zum Ausdruck, dass der Beklagte gerade nicht nur eine ausschließlich gegen die Person des Klägers gerichtete Unmutsbekundung oder gar Tätlichkeit begehen wollte – wie die Revision meint –, sondern den Kläger vielmehr mit Nachdruck darauf hinweisen wollte, dass dieser zu spät erschienen und nicht bei den Abladevorgängen behilflich gewesen ist. Der Revision ist zuzugeben, dass es sich nicht um eine ausschließlich betriebsbezogene Tätigkeit des Beklagten gehandelt hat, sondern letztlich um eine gemischte Tätigkeit (privat-persönlich und betriebsbezogen). Denn die Handlung des Beklagten enthielt zum einen die Aufforderung an den Kläger zu einem vertragsgemäßen Verhalten und war zum anderen Ausdruck seines persönlichen Unmutes über das Verhalten des Klägers.
[31] ee) Bei derartigen Mischhandlungen kann es für die Annahme einer betrieblichen Tätigkeit entscheidend darauf ankommen, zu welchem Zweck die Handlung aus Sicht des Beklagten überwiegend zu dienen bestimmt war. Nach dem unstreitigen Vorbringen beider Parteien war es die Arbeitsaufgabe der Parteien an dem Tag des Unfallereignisses, die von ihnen geführten Lkw´s zu betanken sowie Ladevorgänge durchzuführen; denn der Kläger hatte sich nach der Betankung seines Lkw´s in die Werkshalle begeben, um gegebenenfalls die Beladung des Lkw für den Folgetag vorzunehmen. Der Beklagte und weitere Kollegen waren diesen Tätigkeiten bereits zuvor nachgekommen. Die Kommunikation der Parteien und die schadensstiftende Handlung des Beklagten standen somit in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der von den Parteien zu erbringenden Arbeitsleistung. Das Be- und Entladen der Lkw´s hätte zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehört. Der Hinweis eines Arbeitskollegen – hier des Beklagten – auf die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten kann nur als betriebsnützlich und im Interesse des Arbeitgebers angesehen werden. Die Gemeinschaft der Arbeitnehmer bildet eine Arbeitsgemeinschaft, deren Aufgabe es ist, ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erzielen. Insoweit findet nicht nur eine ergebnisorientierte Arbeits- und Sozialkontrolle der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber, sondern auch unter den Arbeitnehmern selbst statt. Der Stoß des Beklagten sollte den Kläger im Wesentlichen mit Nachdruck auf die Einhaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten hinweisen und weder eine Körperverletzung darstellen noch eine Rauferei der Parteien einleiten. Dabei kommt es weder auf die Stärke des Stoßes an noch auf die Dauer des vorausgegangenen Wortwechsels. Das Verhalten der Parteien stellt sich unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit in dem von ihnen – als Lkw-Fahrer – ausgeübten Berufszweig auch nicht als völlig untypischer Umgang miteinander dar. Bei der vorliegenden Situation handelt es sich um eine nicht untypische Situation zwischen Arbeitnehmern vergleichbarer beruflicher Stellung bei ihrem Zusammenwirken im Betrieb und eine dadurch hervorgerufene Gefahrenlage. Die schädigende Handlung war mithin sowohl in ihrer Anlage und nach ihrer Intention im Wesentlichen auf die Förderung der Betriebsinteressen ausgerichtet.
[33] Für die Verursachung des Versicherungsfalles durch eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB VII ist ein doppelter Kausalzusammenhang erforderlich (MünchArbR/Blomeyer Bd. 1 § 61 Rn. 11). Das Unfallereignis muss durch das Verhalten des Arbeitnehmers verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität), das heißt, nach der im Sozialrecht anzuwendenden "Theorie der wesentlichen Bedingung" ist nicht jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ursächlich für das Unfallereignis (Adäquanztheorie), sondern nur die Bedingung, die im Verhältnis zu anderen, einzelnen Bedingungen nach der Auffassung des praktischen Lebens wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (MünchenArbR/Blomeyer aaO). Durch das Unfallereignis muss sodann ein Gesundheitsschaden bei dem Geschädigten eingetreten sein (haftungsausfüllende Kausalität). Diese ist gegeben, wenn das Unfallereignis die wesentliche mitwirkende Ursache im Sinne der "Theorie der wesentlichen Bedingung" gewesen ist (MünchArbR/Blomeyer aaO). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Stoß des Beklagten gegen den Oberkörper des Klägers am 20. Februar 2001 stellt die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Unfallereignisses dar. Ohne den Stoß hätte der Kläger keinen Schritt rückwärts gemacht und wäre auch nicht über die hinter ihm stehende Schubkarre und letztlich zu Boden und mit dem Rücken auf die Stahlschiene gefallen. Das Unfallereignis selbst stellt auch die wesentliche Ursache für die seitens des Klägers erlittenen Gesundheitsschäden dar.
[34] d) Der Haftungsausschluss des § 105 Abs. 1 SGB VII entfällt schließlich entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen eines vorsätzlichen Verhaltens des Beklagten.
[35] Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte das Unfallereignis am 20. Februar 2001 nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges (Palandt/Heinrichs BGB § 276 Rn. 10). Der Handelnde muss den rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben; der Erfolg muss von dem Handelnden billigend in Kauf genommen worden sein; nicht erforderlich ist, dass der Erfolg gewünscht oder beabsichtigt worden ist. Dabei genügt es nicht, dass sich der Vorsatz nur auf die Verletzungshandlung bezieht, sondern dieser muss sich auch auf den Verletzungserfolg, den Personenschaden, erstrecken (Senat 10. Oktober 2002 – 8 AZR 103/02 – AP SGB VII § 104 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 18. April 2002 – 8 AZR 348/01 – BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70; 14. Dezember 2000 – 8 AZR 92/00 – AP SGB VII § 105 Nr. 1 = EzA SGB VII § 105 Nr. 1). Der Beklagte hat weder das Unfallereignis noch den Personenschaden des Klägers vorsätzlich herbeigeführt. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Unfallhergang sowie aus dem eigenen Sachvortrag der Parteien. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte den Kläger zunächst nach dem Grund seines verspäteten Erscheinens fragte und sodann dem Kläger zumindest mit einer Hand einen Stoß gegen die Schulter bzw. in den Brustbereich versetzt hat, der Kläger dadurch bedingt einen Schritt rückwärts machte und über die hinter ihm stehende Schubkarre und auf die am Boden verlaufende Stahlschiene stürzte. Entgegen der Ansicht der Revision ergeben sich hieraus keine Anhaltspunkte für die von ihm empfundene absichtliche und zielgerichtete Körperverletzung durch den Beklagten. Dem Beklagten kam es weder darauf an, den Kläger zu Fall zu bringen noch ihn an der Gesundheit zu verletzen, sondern dieser wollte lediglich seinem Missfallen über das verspätete Erscheinen des Klägers zu den Abladevorgängen Ausdruck verleihen und den Kläger zu künftigem vertragsgerechten Verhalten anhalten. Selbst wenn der Beklagte in Bezug auf die Verletzungshandlung mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, hat er die eingetretenen Personenschäden in Anbetracht des Unfallablaufs nicht als möglich vorausgesehen und diese erst recht nicht billigend in Kauf genommen. Er hat den Unfall jedoch fahrlässig herbeigeführt, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Das Unfallereignis war für ihn vorhersehbar und vermeidbar, da er hätte erkennen können und müssen, dass durch einen Stoß an den Oberkörper eines hierauf nicht vorbereiteten anderen Menschen dieser aus dem Gleichgewicht geraten kann, dieses zurückzugewinnen versucht und dadurch bedingt einen Schritt zurückgeht und über hinter ihm stehende Gegenstände zu Fall kommen kann; dies hätte der Beklagte bei einem Unterlassen der Handlung verhindern können.
[36] 4. Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Dauer des Wortwechsels und die Stärke des Stoßes des Beklagten nicht aufgeklärt und die diesbezüglich angebotenen Beweise nicht erhoben, ist die von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht gerechtfertigt. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beruht nicht auf der von der Revision beanstandeten unterlassenen Beweisaufnahme. Wie unter II 3 b bb dargelegt, kommt es beim Unfallgeschehen nicht auf die Dauer des vorangegangenen Wortwechsels und die Stärke des Stoßes des Beklagten an. III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.