Bundesverwaltungsgericht
Absehen von der Untersuchung; notwendiger Inhalt der Anschuldigungsschrift; Beschränkung des Verhandlungsstoffes; Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens; Abgrenzung von Dienstausübung und Nebentätigkeit; Vorteilsannahme; Amtsbezogenheit des Vorteils; Disziplinarmaßnahme bei hohen Geldzuwendungen für die Dienstausübung; Aberkennung des Ruhegehalts; Krankenversicherungsschutz.
BBG § 54 Satz 2, § 70; BDG § 13 Abs. 1 und 2, § 85 Abs. 1 und 3; BDO § 56 Abs. 1 Satz 2, §§ 65, 85 Abs. 1 Nr. 3
Hat ein Beamter in hervorgehobener Vertrauensposition für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben höhere Geldzuwendungen angenommen (Verstoß gegen § 70 Satz 1, § 54 Satz 2 BBG), so ist er regelmäßig auch dann aus dem Dienst zu entfernen bzw. ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen, wenn er nicht pflichtwidrig gehandelt hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ihm das Geld bar ausgehändigt oder überwiesen worden ist.

BVerwG, Urteil vom 23. 11. 2006 – 1 D 1.06 (lexetius.com/2006,3807)

[1] In dem Disziplinarverfahren g e g e n den Technischen Bundesbahnamtsrat a. D. …, …, hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat, in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 23. November 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers, Richterin am Bundesverwaltungsgericht Heeren, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Bundesbahnoberamtsrat Mast und Regierungshauptsekretärin Thul als ehrenamtliche Richter sowie Regierungsdirektor …, als Vertreter der Einleitungsbehörde, Rechtsanwalt …, als Verteidiger, Ministerialrat Prof. Dr. Weiß als Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht und … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2] Die Berufung des Technischen Bundesbahnamtsrats a. D. … gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts … vom 18. Oktober 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
[3] Gründe: I 1. Der im Jahr 1945 geborene Ruhestandsbeamte war seit 1973 als Bauwart bzw. Bauüberwacher für den Fortgang und die Überwachung der Arbeiten auf Baustellen der Bahn verantwortlich. Mit Wirkung vom 1. August 1998 wurde er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
[4] Mit Verfügung vom 26. November 2001 leitete die Leiterin der Einleitungsbehörde wegen des Verdachts der Vorteilsannahme das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Ruhestandsbeamten ein und setzte es zugleich für die Dauer des sachgleichen Strafverfahrens aus. Durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 18. Dezember 2002 wurde der Ruhestandsbeamte wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
[5] Ihm wurde zur Last gelegt, zwischen Januar 1997 und Januar 1998 für die Dienstausübung in drei Fällen je 20 000 DM angenommen zu haben.
[6] Nachdem der Ruhestandsbeamte auf Anfrage erklärt hatte, die dem Strafbefehl zugrunde liegenden Feststellungen gälten als zugestanden, sah die Leiterin der Einleitungsbehörde von einer Untersuchung ab. Mit Anschuldigungsschrift vom 4. September 2003 hat der Bundesdisziplinaranwalt dem Ruhestandsbeamten zur Last gelegt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er in den Jahren 1997 bis 1998 während seiner Tätigkeit als Bauwart bei der Deutschen Bahn AG einer nicht genehmigten Nebentätigkeit nachgegangen sei und durch drei selbstständige Handlungen als Amtsträger für die Dienstausübung einen Vorteil für sich angenommen habe, indem er aufgrund vorheriger Absprachen am 27. Februar 1997, 17. Juni 1997 und 9. Januar 1998 Rechnungen über jeweils 20 000 DM erstellt habe und von der Fa. X. –, welche auf den von dem Ruhestandsbeamten damals zu überwachenden Baustellen tätig gewesen sei, die entsprechenden Beträge entgegengenommen habe.
[7] 2. Das Verwaltungsgericht hat dem Ruhestandsbeamten durch Urteil vom 18. Oktober 2005 das Ruhegehalt aberkannt und ihm für die Dauer von sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des erdienten Ruhegehalts unter der Bedingung bewilligt, dass er die ihm für die Zeit der Bewilligung möglicherweise erwachsenden Rentenansprüche rechtswirksam an seinen früheren Dienstherrn abtrete. In den Urteilsgründen heißt es:
[8] Als Bauüberwacher habe der Ruhestandsbeamte die Arbeiten der auf den Baustellen der Bahn in deren Auftrag tätigen privaten Unternehmen zu überwachen gehabt. Er sei der unmittelbare Ansprechpartner der beauftragten Unternehmen für die mit den Bauarbeiten zusammenhängenden Fragen gewesen.
[9] Der disziplinarrechtlich bedeutsame Sachverhalt ergebe sich aus dem rechtskräftigen Strafbefehl vom 18. Dezember 2002. Der Ruhestandsbeamte habe die dort getroffenen Tatsachenfeststellungen zugestanden. Danach sei er in den Jahren 1997 und 1998 für die Baustellen der Deutschen Bahn AG in D., W. … weg und B. weg verantwortlich gewesen. Auf diesen Baustellen sei die Fa. X. im Auftrag der Deutschen Bahn AG tätig gewesen. Ohne im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung gewesen zu sein, habe der Ruhestandsbeamte dieses Unternehmen in bautechnischen Fragen beraten, Massenermittlungen vorgenommen, Aufmaße und Abrechnungsskizzen gefertigt, deren Erstellung ohnehin in seinen dienstlichen Aufgabenbereich gefallen sei, und habe für die Fa. X. Tätigkeiten nach Art eines Bauleiters wahrgenommen. Hierfür habe er absprachegemäß am 27. Februar 1997, 17. Juni 1997 und 9. Januar 1998 jeweils 20 000 DM für die Beratung bei Bauvorhaben in Rechnung gestellt, mit denen er dienstlich nicht befasst gewesen sei. Der Geschäftsführer der Fa. X. habe gezahlt, um sich die Beratungsleistungen des Ruhestandsbeamten zu sichern und zu gewährleisten, dass dieser bei seiner Tätigkeit als Bauüberwacher auf die Interessen des Unternehmens Rücksicht nehmen und dessen Arbeiten wohlwollend beurteilen würde. Daher habe die Höhe der Vergütungen nicht den erbrachten Leistungen entsprochen.
[10] Durch die Forderung und Annahme der Geldzuwendungen während der aktiven Dienstzeit habe der Ruhestandsbeamte vorsätzlich gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung gemäß § 54 Satz 2 BBG und gegen das Vorteilsannahmeverbot gemäß § 70 Satz 1 BBG verstoßen. In der Ausübung der ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit für die Fa. X. liege eine vorsätzliche Verletzung der Wohlverhaltenspflicht gemäß § 54 Satz 3 BBG.
[11] Bereits dieser Pflichtenverstoß mache eine Disziplinarmaßnahme erforderlich, deren Ausspruch den Disziplinargerichten vorbehalten sei. Maßgebliches Gewicht erhalte das Dienstvergehen durch die Annahme der insgesamt 60 000 DM für die Tätigkeit als Bauüberwacher. Dies mache die Aberkennung des Ruhegehalts unumgänglich.
[12] Zwar bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Ruhestandsbeamte als Gegenleistung für die Geldzuwendungen pflichtwidrige Amtshandlungen vorgenommen habe. Sein Fehlverhalten sei jedoch durch erschwerende Umstände gekennzeichnet: Bei einem Bauüberwacher komme der unparteilichen und uneigennützigen Amtsführung besondere Bedeutung zu. Es handele sich um eine eigenverantwortlich wahrzunehmende Kontrollaufgabe, die mit weitreichenden Befugnissen gegenüber den auf der Baustelle tätigen Auftragsunternehmen verbunden sei. Der Bauüberwacher habe zu beurteilen, ob die Leistungen der Unternehmen als vertragsgemäß erbracht anzusehen seien oder von ihnen kostenintensive Nachbesserungen verlangt würden. Zudem habe er maßgeblichen Einfluss darauf, ob der Auftrag eines Unternehmens im Wege der Nachtragsvergabe erweitert werde. Wegen dieses Tätigkeitsprofils müsse ein Bauüberwacher jeglichen Anschein vermeiden, er könne bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben persönliche Interessen verfolgen und durch Gefälligkeiten beeinflussbar sein.
[13] Erschwerend komme im vorliegenden Fall die Höhe des vereinnahmten Betrages hinzu. Durch die Annahme von 60 000 DM von einem zu überwachenden Auftragsunternehmen habe der Ruhestandsbeamte die erforderliche Unparteilichkeit so massiv in Frage gestellt, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn als zerstört gelten müsse. Als aktiver Beamter hätte er aus dem Dienst entfernt werden müssen. In Anbetracht der Schwere des Dienstvergehens könne ihm auch nicht zugute kommen, dass der Bahn kein Schaden entstanden sei und er über lange Zeit sehr gute dienstliche Leistungen erbracht habe.
[14] 3. Mit seiner Berufung macht der Ruhestandsbeamte geltend, hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit habe nicht von einer Untersuchung abgesehen werden können. Insoweit sei der Sachverhalt nicht geklärt. Er habe nur die Annahme der Geldzuwendungen eingeräumt.
[15] Die Aberkennung des Ruhegehalts sei überzogen. Die Geldzuwendungen hätten auf die dienstliche Aufgabenerfüllung keinen Einfluss gehabt. Er habe seine Tätigkeit als Bauüberwacher stets pflichtgemäß wahrgenommen; der Deutschen Bahn AG sei zu keiner Zeit ein Nachteil entstanden. Zudem müsse mildernd berücksichtigt werden, dass er im Falle der Aberkennung des Ruhegehalts keine Möglichkeit der Krankenversicherung habe, obwohl er krank sei. Die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung sei aus Altersgründen nicht möglich; private Krankenversicherungen nähmen ihn aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes nicht auf.
[16] II Die Berufung des Beamten hat keinen Erfolg.
[17] Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (§ 85 Abs. 1 und 3 BDG; zum Übergangsrecht Urteil vom 20. Februar 2002 – BVerwG 1 D 19.01NVwZ 2002, 1515). Die der Deutschen Bahn AG zugewiesenen Bundesbeamten unterliegen hinsichtlich ihrer beruflichen Tätigkeit den Regeln über den beamtenrechtlichen Dienst und damit dem Disziplinarrecht (Urteile vom 8. Mai 1996 – BVerwG 1 D 74.95 – juris Rn. 12 und – für den Postbereich – vom 20. August 1996 – BVerwG 1 D 80.95BVerwGE 103, 375 [377 f.]).
[18] 1. Die Verurteilung des Ruhestandsbeamten kann nicht auf den Vorwurf gestützt werden, er sei während seines Einsatzes als Bauüberwacher der Baustellen in D., W. … weg und B. weg in den Jahren 1997 und 1998 zugleich einer ungenehmigten Nebentätigkeit für die dort tätige Fa. X. nachgegangen. Dieser Vorwurf unterliegt nicht der gerichtlichen Disziplinargewalt, weil er nicht rechtswirksam angeschuldigt worden ist. Insoweit genügt die Anschuldigungsschrift vom 4. September 2003 nicht den Anforderungen des § 65 Halbs. 2 BDO. Nach dieser Vorschrift soll die Anschuldigungsschrift die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen erblickt wird, und die Beweismittel geordnet darstellen. Daraus folgt, dass die Anschuldigungsschrift den Sachverhalt, aus dem das Dienstvergehen hergeleitet wird, hinreichend bestimmt darstellen muss. Der Disziplinarvorwurf muss durch Tatsachen belegt werden. Werden mehrere in tatsächlicher Hinsicht selbstständige Dienstpflichtverletzungen als Teil des einheitlichen Dienstvergehens angeschuldigt, so gilt das Substantiierungserfordernis des § 65 Halbs. 2 für jeden Pflichtenverstoß.
[19] Dieser Inhalt der Anschuldigungsschrift ist geboten, um dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen. Daneben soll er das Disziplinargericht in die Lage versetzen, sich mit Vorwürfen zu befassen, die in tatsächlicher 15 Hinsicht abgegrenzt sind. Denn die Bundesdisziplinarordnung weist die Aufgabe, die Disziplinarvorwürfe aufzuklären, in erster Linie der Untersuchung gemäß §§ 56 ff. BDO zu. Die Anschuldigungsschrift gibt die Ergebnisse der Untersuchung wieder (Beschlüsse vom 8. März 1985 – BVerwG 1 DB 16.85BVerwGE 76, 347 [349] und vom 13. März 2006 – BVerwG 1 D 3.06 – juris Rn. 13).
[20] Die Anschuldigungsschrift vom 4. September 2003 enthält hinsichtlich der Tätigkeit des Ruhestandsbeamten auf den Baustellen in D. zwei Vorwürfe, nämlich die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit für die Fa. X. und die Annahme von insgesamt 60 000 DM von diesem Unternehmen für die Dienstausübung als Bauüberwacher. Die Anschuldigungsschrift legt jedoch nicht nachvollziehbar dar, welche konkreten Leistungen der Ruhestandsbeamte neben seiner dienstlichen Tätigkeit als Nebentätigkeit erbracht haben soll.
[21] Diese weitere Substantiierung ist notwendig, weil der Ruhestandsbeamte die Nebentätigkeit in Bezug auf Baustellen ausgeübt haben soll, die er als Bauüberwacher zu betreuen hatte. Daher können nur solche Tätigkeiten dem Bereich der Nebentätigkeit zugeordnet werden, die nicht bereits zu dem Kreis der dienstlichen Aufgaben eines Bauüberwachers gehören. Denn Dienstausübung kann nicht zugleich Ausübung einer Nebentätigkeit sein.
[22] Die Tätigkeit des Bauüberwachers ist nicht darauf beschränkt, die Arbeiten der beauftragten Unternehmen zu überwachen und zu beurteilen. Vielmehr ist er deren verantwortlicher Ansprechpartner auf Seiten der Deutschen Bahn AG in allen Fragen, die die Bauarbeiten betreffen. Es liegt grundsätzlich im Interesse der Bahn, dass der Bauüberwacher gegenüber den Unternehmen auch beratend tätig wird, nämlich sich um deren Probleme in Bezug auf die Bauarbeiten kümmert, Vorschläge macht und mit deren Verantwortlichen Lösungen erarbeitet, ohne dass die Grenzen dieses Aufgabenbereichs durch generelle Vorgaben abschließend festgelegt wären.
[23] Von den Tätigkeiten, die in der Anschuldigungsschrift vom 4. September 2003 aufgeführt sind, gehört die Prüfung der Aufmaße, Massenermittlungen und Abrechnungsskizzen zum dienstlichen Aufgabenkreis eines Bauüberwachers. Dies 19 schließt die Unterstützung der Unternehmen bei der Erstellung dieser Unterlagen ein.
[24] Gehört die Beratung der Unternehmen dem Grunde nach zum dienstlichen Aufgabenkreis des Bauüberwachers, so können auch die weiter aufgeführte bautechnische Beratung der Fa. X. sowie die Tätigkeit "nach Art eines Bauleiters" in dieser Allgemeinheit ohne nähere Umschreibung nicht als Nebentätigkeit gelten. Die Anschuldigungsschrift hätte darauf eingehen müssen, welche Beratungstätigkeit dem dienstlichen Bereich zuzurechnen ist und auf dieser Grundlage darlegen müssen, welche konkreten Tätigkeiten des Ruhestandsbeamten für die Fa. X. darüber hinausgingen.
[25] 2. Die fehlende Nachvollziehbarkeit der Anschuldigungsschrift vom 4. September 2003 hinsichtlich des Vorwurfs der Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit führt nicht gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht, damit dieses das gerichtliche Verfahren gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 BDO aussetzt, um der Einleitungsbehörde die Beseitigung der Mängel zu ermöglichen (vgl. Beschluss vom 13. März 2006 a. a. O. Rn. 11). Denn der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens verlangt keine erschöpfende Sachbehandlung der in das Disziplinarverfahren einbezogenen Pflichtenverstöße, wenn das Beamtenverhältnis bereits wegen derjenigen in tatsächlicher Hinsicht abgegrenzten Pflichtenverstöße aufzulösen ist, die rechtsfehlerfrei angeschuldigt sind (vgl. Urteil vom 27. November 1996 – BVerwG 1 D 28.95BVerwGE 113, 32 [35 f.]).
[26] Dies ist hier der Fall. Der ordnungsgemäß angeschuldigte Vorwurf der Annahme von Geldzuwendungen in Höhe von insgesamt 60 000 DM für die Dienstausübung rechtfertigt für sich genommen die vom Verwaltungsgericht verhängte Aberkennung des Ruhegehalts, d. h. die Auflösung des Beamtenverhältnisses des Ruhestandsbeamten.
[27] 3. In der Berufungshauptverhandlung hat der Ruhestandsbeamte nach Beschränkung des Verhandlungsstoffes auf die Vorteilsannahme die Berufung auf 23 Frage des Senats und mit Zustimmung des Vertreters der Einleitungsbehörde auf das Disziplinarmaß beschränkt. Somit ist der Senat an die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung als Dienstvergehen gebunden.
[28] Daher steht für den Senat in tatsächlicher Hinsicht bindend fest, dass der Ruhestandsbeamte der Fa. X. dreimal 20 000 DM in Rechnung gestellt und diese ihm die Beträge überwiesen hat. Der Ruhestandsbeamte hat die Geldzuwendungen gerade auch aufgrund der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Bauüberwacher erhalten. Wie er wusste, hat ihn der Geschäftsführer der Fa. X. durch die Zahlungen zum einen für die Beratung und die gute Zusammenarbeit in Bezug auf die Baustellen in D., W. … weg und B. weg entlohnt.
[29] Zum anderen hat er mit den Zahlungen den Zweck verfolgt, sich das Wohlwollen des Ruhestandsbeamten und dessen Rücksichtnahme auf die Belange der Fa. X. bei künftigen Zusammentreffen auf Baustellen der Bahn zu sichern.
[30] Nach diesem Sachverhalt hat der Ruhestandsbeamte vorsätzlich gegen das Verbot der Vorteilsannahme gemäß § 70 Satz 1 BBG und damit zugleich gegen das Gebot der uneigennützigen Amtsführung gemäß § 54 Satz 2 BBG verstoßen. Über den von § 70 Satz 1 BBG geforderten allgemeinen Bezug zur Dienststellung oder dienstlichen Tätigkeit hinaus bestand eine strafrechtlich relevante Wechselbeziehung zwischen den Geldzuwendungen und der Dienstausübung des Ruhestandsbeamten, die dessen rechtskräftige Verurteilung wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB nach sich gezogen hat. Eine im Sinne dieses Straftatbestandes ausreichende Unrechtsvereinbarung zwischen Beamten und Vorteilsgeber liegt auch dann vor, wenn durch die Zuwendungen das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei seiner dienstlichen Tätigkeit gesichert werden soll. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Unrechtsvereinbarung auf eine konkrete Diensthandlung bezieht (BTDrucks 13/8079 S. 15).
[31] 4. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen der Verfehlung wie der Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung, Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte.
[32] Bei einer auf die Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung können zusätzliche tatsächliche Feststellungen berücksichtigt werden, soweit sie den bindenden erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen nicht widersprechen und ausschließlich für die Bestimmung des Disziplinarmaßes von Bedeutung sind.
[33] Ergibt eine Gesamtwürdigung der gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG bedeutsamen Umstände, dass ein aktiver Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, so ist er aus dem Dienst zu entfernen (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Ein solcher Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wieder gutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter diesen Voraussetzungen ist er als Beamter nicht mehr tragbar (Urteil vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 2 C 12.04BVerwGE 124, 252 [258 ff.]).
[34] Hat ein Ruhestandsbeamter im aktiven Dienst ein schweres Dienstvergehen begangen, das die Entfernung aus dem Dienst nach sich gezogen hätte, so ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG).
[35] Durch diese Maßnahme wird das Ruhestandsbeamtenverhältnis beendet. Ihr liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde: Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bleibe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amte verliehenen Titel zu führen. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der nach Begehung eines zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führenden Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 – 2 BvR 2138/00NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1999 – BVerwG 1 D 34.97 – juris Rn. 16; Beschluss vom 13. Oktober 2005 – BVerwG 2 B 19.05 – Buchholz 235. 1 § 15 BDG Nr. 2).
[36] Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat sich daran zu orientieren, dass es sich bei Verstößen gegen § 70 Satz 1, § 54 Satz 2 BBG seit jeher grundsätzlich um sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen handelt. Denn die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Daher ist es Zweck der Vorschriften, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Einen solchen Eindruck erweckt ein Beamter, der in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Vorteile annimmt, auch dann, wenn er hierfür nicht pflichtwidrig handelt. Dies kann im Interesse einer gesetzmäßigen Verwaltung und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung nicht hingenommen werden (Urteile vom 22. Oktober 1996 – BVerwG 1 D 76.95BVerwGE 113, 4 [5], vom 24. Juni 1998 – BVerwG 1 D 23.97BVerwGE 113, 229 [232], vom 20. Februar 2002 – BVerwG 1 D 19.01 – Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 und vom 8. Juni 2005 – BVerwG 1 D 3.04 – juris Rn. 20). Der hohe Stellenwert, den der Gesetzgeber dem Verbot der Vorteilsannahme für die Dienstausübung beigemessen hat, wird durch den Straftatbestand des § 331 Abs. 1 StGB i. d. F. des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) verdeutlicht. Die Annahme eines Vorteils steht auch dann unter Strafe, wenn der Vorteilsgeber keine bestimmte Amtshandlung erkaufen, sondern den Beamten wohlwollend stimmen will (BTDrucks 13/8079 S. 15).
[37] Aufgrund dessen ist bei einem Verstoß gegen § 70 Satz 1, § 54 Satz 2 BBG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts jedenfalls dann Richtschnur für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme, wenn der Beamte erhebliche Geldzuwendungen erhalten hat. Dies gilt auch, wenn der Beamte keine pflichtwidrigen Amtshandlungen als Gegenleistung erbracht hat. Denn die Annahme von Geldzuwendungen offenbart ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit, weil jedem Beamten klar sein muss, dass er durch ein solches Verhalten die Grenze der Sozialadäquanz eindeutig überschreitet und den Anschein der Käuflichkeit erweckt (Urteile vom 24. Juni 1998 a. a. O., vom 20. Februar 2002 a. a. O. und vom 8. Juni 2005 a. a. O. Rn. 21). Geht es um höhere Beträge, so kann es in Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs keinen Unterschied machen, ob dem Beamten das Geld bar ausgehändigt oder auf ein von ihm angegebenes Konto überwiesen wird. Entscheidend ist, dass der Beamte über das Geld nach seinen Vorstellungen verfügen kann. Die von der Schwere des Pflichtenverstoßes ausgehende Indizwirkung kann nur entfallen, wenn mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen, sodass eine fallbezogene Gesamtbetrachtung den Schluss rechtfertigt, es sei noch kein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten. Bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für mildernde Umstände, so erweist sich die Entfernung aus dem Dienst bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts als geeignet und erforderlich, um den Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen, sowie als verhältnismäßig im engeren Sinne (Urteile vom 24. Juni 1998 a. a. O.; vom 20. Februar 2002 a. a. O. und vom 8. Juni 2005 a. a. O. Rn. 21, vgl. auch BVerfG; Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 – 2 BvR 1413/01NVwZ 2003, 1504).
[38] Vorliegend drängt sich bereits aufgrund der Größenordnung der Zuwendungen der Schluss auf, dass eine Beendigung des Ruhestandsbeamtenverhältnisses geboten ist, um einen schwerwiegenden Ansehensverlust des öffentlichen Dienstes zu vermeiden. Dem Beamten war klar, dass der Geschäftsführer der Fa. X. als Geschäftsmann 60 000 DM auch in der Erwartung gezahlt hat, diese Zuwendungen würden Früchte tragen. Die Zahlungen waren vor allem dazu bestimmt, den Ruhestandsbeamten bei seiner Tätigkeit als Bauüberwacher wohlwollend zu stimmen. Er sollte die Fa. X. auch künftig unterstützen und sicherstellen, dass ihre Arbeiten auf Baustellen der Bahn reibungslos abgewickelt würden.
[39] Die Annahme, das Vertrauensverhältnis sei endgültig zerstört, wird durch den erschwerenden Umstand erhärtet, dass die Zahlungen dem Ruhestandsbeamten nicht aufgedrängt worden sind. Vielmehr hat er eine aktive Rolle gespielt. Er hat dem Geschäftsführer der Fa. X. Rechnungen mit falschen Angaben über den Grund der Zahlungen ausgestellt, um deren Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit zu verschleiern. Auch steht fest, dass der Ruhestandsbeamte den Geschäftsführer erstmals im Jahre 1993 um Geldzuwendungen gebeten hat, weil er sich in einem finanziellen Engpass befand. In der Folgezeit hat er bis 1997 mehrfach Geld- und Sachleistungen erhalten.
[40] Schließlich wiegt das Fehlverhalten besonders schwer, weil die unparteiliche und uneigennützige Amtsführung eines Bauüberwachers aufgrund des Tätigkeitsprofils dieser Funktion besonders wichtig ist. Es handelt sich um eine hervorgehobene Vertrauensposition, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Beamte die auf der Baustelle tätigen Unternehmen einerseits zu überwachen und ihre Arbeit zu beurteilen, andererseits im Interesse der Bahn mit ihnen zusammenzuarbeiten hat.
[41] Die Funktion des Bauüberwachers ist durch die eigenverantwortliche Wahrnehmung weitreichender Befugnisse und Einflussmöglichkeiten gekennzeichnet. Von dem Urteil des Bauüberwachers hängt maßgeblich ab, ob die Arbeit eines Unternehmens ohne Beanstandungen abgenommen wird oder kostspielige Nachbesserungen gefordert werden. Weiterhin kann er durch seine Stellungnahme maßgeblich darauf einwirken, ob einem Unternehmen ein gesondert zu vergütender Nachtragsauftrag erteilt wird. Die Entscheidungen des Bauüberwachers sind nicht zwingend vorgegeben; vielmehr steht ihm ein Einschätzungsspielraum zu. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob und inwieweit er ein Unternehmen mit Rat und Tat unterstützt.
[42] Demnach ist die Amtsführung des mit der Bauüberwachung betrauten Beamten für das Wohl und Wehe der auf der Baustelle tätigen Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Ihr Geschäftserfolg hängt maßgeblich davon ab, wie der Bauüberwacher sein Amt ausübt, ob er etwa rechtzeitig korrigierend eingreift oder Änderungsvorschläge macht, wenn er dies bei Beginn oder während 35 der Bauarbeiten als notwendig erkennt. Zudem hängt der Ruf eines Unternehmens und damit seine Aussicht, künftig Aufträge der Deutschen Bahn AG zu erhalten, wesentlich vom Urteil des Bauüberwachers ab. Dessen Bedeutung für die Unternehmen bei gleichzeitigem häufigen Kontakt während der Arbeiten auf der Baustelle stellt einen Nährboden für Versuche dar, ihn durch Gewährung von Vorteilen zu beeinflussen.
[43] Aus diesen Gründen darf ein Bauüberwacher ungeachtet der Zusammenarbeit mit den Unternehmen diesen gegenüber keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass er ausschließlich die Interessen der Bahn vertritt. Er muss unbedingt den Eindruck vermeiden, seine dienstliche Tätigkeit an den Belangen beauftragter Unternehmen auszurichten oder auf diese auch dann Rücksicht zu nehmen, wenn dies den Belangen der Bahn nicht dienlich ist. Diesen Eindruck erweckt aber ein Bauüberwacher, der wie der Ruhestandsbeamte hohe Geldzuwendungen eines Unternehmens annimmt, das auf von ihm betreuten Baustellen tätig ist. Dadurch verliert er im Verhältnis zu dem Geldgeber seine Unabhängigkeit; er wird erpressbar. Daher liegt auf der Hand, dass ein solcher Bauüberwacher nicht mehr gewährleisten kann, seine dienstlichen Aufgaben ausschließlich an den dienstlichen Erfordernissen auszurichten. Eine solche Situation kann wegen der Bedeutung der Bauüberwachung verhängnisvolle Auswirkungen auf die Sicherheit des Bahnverkehrs haben.
[44] Neben diesen schwerwiegenden belastenden Umständen liegen keine Milderungsgründe vor, die es rechtfertigen könnten, von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen:
[45] Ein gemindertes Unrechtsbewusstsein kommt dem Ruhestandsbeamten nicht zugute. Zwar ist nicht festgestellt, dass er zugunsten der Fa. X. pflichtwidrig gehandelt hat. Jedoch muss jeder Beamte wissen, dass die ungenehmigte Annahme von Geldzuwendungen zur persönlichen Verwendung mit Bezug zur Dienstausübung strikt verboten ist. Dem Ruhestandsbeamten, der ungefähr fünfundzwanzig Jahre lang als Bauüberwacher tätig war, konnte nicht verborgen bleiben, dass die Annahme von Geldzuwendungen von Auftragsunternehmen Abhängigkeiten nach sich zieht, die den Interessen des Dienstherrn grob zuwiderlaufen (vgl. Urteil vom 20. Februar 2002 a. a. O.). Seine Kenntnis des Vorteilsannahmeverbots wird dadurch belegt, dass er auf den drei Rechnungen über jeweils 20 000 DM den wahren Zahlungsgrund nicht benannt hat.
[46] Dass der auf Zahlung in Anspruch genommene Ruhestandsbeamte den erhaltenen Betrag inzwischen in voller Höhe an den Dienstherrn abgeführt hat, kann nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme führen, weil er hierzu gesetzlich verpflichtet war (Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 2 C 6.01BVerwGE 115, 389).
[47] Auch der Umstand, dass der Ruhestandsbeamte vor Annahme der Geldzuwendungen in den Jahren 1997 und 1998 straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, bis dahin über lange Zeit sehr gute dienstliche Leistungen erbracht und bei der Dienstausübung großes Engagement gezeigt hat, fällt angesichts der Schwere der Verfehlung nicht ausschlaggebend ins Gewicht.
[48] Denn jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 54 Satz 1 und 3 BBG).
[49] Nachteilige Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts auf den Krankenversicherungsschutz können aus Rechtsgründen nicht zugunsten des Ruhestandsbeamten berücksichtigt werden. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn endgültig zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis beibehalten wird, um soziale Härten dauerhaft zu vermeiden. Zur Vermeidung unbilliger Härten in der Übergangszeit nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist der disziplinarrechtliche Unterhaltsbeitrag vorgesehen, den das Verwaltungsgericht hier noch gemäß § 77 Abs. 1 und 2 BDO bewilligt hat. Darüber hinaus ist es allein Aufgabe der sozialrechtlichen Auffangbestimmungen und Schutzvorschriften, das Existenzminimum zu gewährleisten. So hängt vom Inhalt der maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften ab, ob die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen ist. Entsprechendes gilt für den Schutz im Krankheitsfall. Bei den hier eintretenden Nachteilen handelt es sich um mittelbare Folgen der Entfernung aus dem Dienst bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts, deren Bewältigung nicht Aufgabe des Disziplinarrechts ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 a. a. O.; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2000 – BVerwG 1 D 46.98 – Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6; Beschluss vom 17. Mai 2006 – BVerwG 2 B 15.06 – IÖD 2006, 197).
[50] Schließlich kann eine lange Dauer des Disziplinarverfahrens nicht mildernd berücksichtigt werden, wenn der Ruhestandsbeamte wie hier durch sein Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zerstört hat (Urteile vom 24. Juni 1998 a. a. O., vom 20. Februar 2002 a. a. O. und vom 8. Juni 2005 a. a. O. Rn. 27).
[51] 5. Bei dem vom Verwaltungsgericht gemäß § 77 Abs. 1 und 2 BDO bewilligten Unterhaltsbeitrag bleibt es schon deshalb, weil die Einleitungsbehörde bis zum Schluss der Hauptverhandlung keinen Änderungsantrag gestellt hat (vgl. § 80 Abs. 4 BDO). Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Ruhestandsbeamten nach Wegfall des Ruhegehalts den Übergang in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Der Ruhestandsbeamte wird nachversichert. Die Einleitungsbehörde kann von ihm verlangen, dass er später für denselben Zeitraum zu leistende Rentenzahlungen bis zur Höhe des geleisteten Unterhaltsbeitrags abtritt (§ 77 Abs. 2 BDO). In die gesetzliche Krankenversicherung kann er voraussichtlich für die Dauer der Führung als Arbeitssuchender aufgenommen werden. Notfalls kann er, wenn er sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt für Krankheitsfälle unversichert bleibt, "Hilfen zur Gesundheit" als Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen, die den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen (§ 19 Abs. 3, §§ 47 ff., § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 264 Abs. 2 SGB V), soweit die Differenz zwischen Rentenzahlungen und der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII zur Krankenbehandlung nicht ausreicht.
[52] Werden die Leistungen der Rentenversicherung nicht bis zum Ablauf von sechs Monaten gewährt oder reichen sie für eine finanzielle Existenzsicherung nicht, so kann der Ruhestandsbeamte beim zuständigen Verwaltungsgericht gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 BDO unter Vorlage entsprechender Nachweise einen Antrag auf Weiterbewilligung eines Unterhaltsbeitrags stellen. Dem Antrag müssten Bescheide über die Höhe der Nachversicherung und über die Versagung einer günstigeren Krankenversicherung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage und von "Hilfen zur Gesundheit" beigefügt werden.
[53] Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.