Bundesverwaltungsgericht
Zollobersekretär; Aushändigung eines dienstlichen Blanko-Briefbogens mit Briefkopf der Behörde an einen Dritten; unerlaubte Beidrückung eines Dienstsiegels auf einem vom Dritten vorgelegten Schreiben (Forderungsanerkennung); Einstellung des Strafverfahrens (Beihilfe zur Urkundenfälschung und zum Betrug des Dritten) gemäß § 153a Abs. 2 StPO; Eigennützigkeit; Einweihung in den Tatplan des Dritten (betrügerische Krediterschleichung) nicht erwiesen; an sich angemessene Zurückstufung aufgrund des sachgleichen Strafverfahrens unzulässig; Einstellung des Verfahrens.
BBG § 54 Satz 2 und 3, § 55 Satz 2, § 77 Abs. 1 Satz 1 und 2; BDG §§ 9, 13, 14 Abs. 1 Nr. 2; BDO §§ 10, 14, 18 Abs. 2; SGB III F. 1997 §§ 304 ff., § 307 Abs. 2; StPO § 153a Abs. 2

BVerwG, Urteil vom 11. 7. 2007 – 1 D 4.06 (lexetius.com/2007,3431)

[1] In dem Disziplinarverfahren gegen den Zollobersekretär …, …, hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat, in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 11. Juli 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Zollbetriebsinspektor Speck und Postbetriebsassistent Schier als ehrenamtliche Richter sowie Regierungsrätin … mit Zolloberamtsrätin … als Vertreterinnen der Einleitungsbehörde, Rechtsanwalt …, …, als Verteidiger und Protokollführerin … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2] Auf die Berufung des Zollobersekretärs – … wird das Urteil des Verwaltungsgerichts … vom 16. November 2005 aufgehoben.
[3] Das Verfahren wird eingestellt.
[4] Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
Gründe:
[5] 1 I 1. In dem ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hat die Einleitungsbehörde den … Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er seine Dienstpflichten durch Mitwirkung an bzw. Ermöglichung einer betrügerischen Krediterschleichung zum Vorteil des Zeugen J. und zum Nachteil der Kreissparkasse B., verletzt hat, indem er im Frühjahr 2000 einen Vordruck "Forderungsanerkennung", in welchem als Nachweis für eine angebliche Sicherheit für einen Kredit in Höhe von 35 000 DM dem Zeugen J. ein angeblicher Rückzahlungsanspruch in Höhe von 184 632 DM gegen das Hauptzollamt X. bescheinigt wurde, widerrechtlich mit einem Dienststempel des Hauptzollamts gesiegelt hat sowie nach dem 23. Januar 2000, aber vor dem 16. Februar 2000 mindestens einen Blanko-Briefbogen mit Kopf des Hauptzollamtes X. aus dem ihm beim Hauptzollamt X. zur Verfügung stehenden Computer ausgedruckt und dem Zeugen J. zur Verfügung gestellt hat.
[6] 2 Das sachgleiche Strafverfahren gegen den Beamten wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung und zum Betrug ist durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 23. März 2004 gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt worden, nachdem der Beamte die ihm auferlegte Geldbuße i. H. v. 500 € bezahlt hatte.
[7] 3 2. Das Verwaltungsgericht … hat mit Urteil vom 16. November 2005 entschieden, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt wird; zugleich hat es ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. seines erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt. Es hat als erwiesen angesehen, dass der Beamte dem Zeugen J. einen Blanko-Briefbogen mit dem Briefkopf des Hauptzollamts X. ausgehändigt, sich später unter einem Vorwand den Dienststempel seines damaligen Gruppenleiters beschafft und zur Stempelung einer Forderungsanerkennung genutzt habe, wofür er von dem Zeugen J. 8 000 DM erhalten habe. Das Verwaltungsgericht, das sich insoweit gemäß § 18 Abs. 2 BDO auch auf die tatsächlichen Feststellungen in dem rechtkräftigen Strafurteil des Amtsgerichts … vom 28. November 2002 gegen den Zeugen J. gestützt hat, hat die Handlungsweise des Beamten als vorsätzliche innerdienstliche Pflichtverletzungen (§ 54 Satz 2 und 3, § 55 Satz 2 BBG) und die Mitwirkung bei der Krediterschleichung zum Vorteil des Zeugen J. als vorsätzliche außerdienstliche Pflichtverletzung (§ 54 Satz 3 BBG) bewertet. Das einheitliche Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBG) wiege sehr schwer und führe zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor.
[8] 4 3. Hiergegen hat der Beamte rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrag, ihn freizusprechen, hilfsweise das Verfahren einzustellen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, das Urteil beruhe auf fehlerhaften Tatfeststellungen. Er habe lediglich eingeräumt, dem Zeugen J. einen Blanko-Briefbogen ausgedruckt und übergeben zu haben. Alle weiteren Vorwürfe habe er bestritten; sie seien auch nicht erwiesen. Herr J. sei weder im Strafverfahren gegen ihn, den Beamten, noch im Disziplinarverfahren als zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichteter Zeuge angehört worden.
[9] 5 Dem Verwaltungsgericht hätten lediglich die Einlassungen des damaligen Angeklagten J. in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren vorgelegen, in dem dieser durch das Amtsgericht … wegen Urkundenfälschung und Betrug verurteilt worden war. Diese Einlassungen wie Zeugenaussagen zu behandeln, sei ebenso fehlerhaft wie die Berücksichtigung der ihn belastenden und von ihm bestrittenen Feststellungen in diesem Strafurteil.
[10] 6 Ohne weitere Beweiserhebung habe das Verwaltungsgericht ihm, dem Beamten, auch nicht geglaubt, dass er durch einen "geplatzten" Scheck des Zeugen J. seinerzeit selbst in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Zu Unrecht sei das Gericht diesen entlastenden Umständen nicht weiter nachgegangen. Die eingeholte Selbstauskunft bei der Schufa belege, dass er bei der S-Bank …, wie vorgetragen, einen Kredit aufgenommen gehabt habe, der dann ab dem 28. Februar 1997 in 72 Raten zurückgeführt worden sei. Das Verwaltungsgericht sei auch dem Umstand nicht weiter nachgegangen, dass sich die durch den Zeugen J. geschädigte Kreissparkasse nie an ihn, den Beamten, gewandt habe, obwohl er angeblich Gelder erhalten habe, die auf kriminellen Machenschaften des Zeugen beruht hätten. Das Untätigbleiben der Sparkasse entlaste ihn.
[11] 7 Im Übrigen sei die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme auch unverhältnismäßig. Eine Entfernung aus dem Dienst sei dann gerechtfertigt, wenn ein Beamter für die ihm zugewiesene Aufgabe untragbar sei und im Interesse des Ansehens des Berufsbeamtentums nicht mehr im Dienst verbleiben könne. Weder das Dienstvergehen selbst, das Ausdrucken und Weiterreichen des Blanko-Formulars, noch sein Verhalten danach und die Reaktion der Dienstvorgesetzten rechtfertigten eine solche Maßnahme. Der Vorwurf liege inzwischen über sechs Jahre zurück. Er sei straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Man habe ihn auch nicht vom Dienst suspendiert. Im Gegenteil übe er seinen Beruf seit dem Jahr 2000 auch weiterhin mit Hingabe und Erfolg aus. Dies zeigten die letzten Beurteilungen. Dass er noch immer das Vertrauen seiner Vorgesetzten genieße, werde an dem Umstand deutlich, dass man ihm einen Dienststempel und einen Nämlichkeitsstempel belassen habe. Letztlich komme das Fortbestehen des Vertrauensverhältnisses auch in dem Antrag des Behördenvertreters vor dem Verwaltungsgericht zum Ausdruck, der nicht auf Dienstentfernung, sondern auf Degradierung gelautet habe.
[12] 8 II Die Berufung des Beamten hat Erfolg und führt zur Einstellung des Verfahrens.
[13] 9 Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d. h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen, weil es vor dem 1. Januar 2002 förmlich eingeleitet worden ist. Allerdings finden auf so genannte Altfälle die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes Anwendung, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besser stellen (stRspr, z. B. Urteil vom 23. Februar 2005 – BVerwG 1 D 13.04BVerwGE 123, 75 [76] m. w. N.).
[14] 10 Die Berufung ist unbeschränkt eingelegt, sodass der Senat den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen hat.
[15] 11 1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel, der Aussagen des vor dem Senat angehörten Zeugen J., soweit diesem geglaubt werden kann, und der Einlassungen des Beamten, soweit diesen gefolgt werden kann, hält der Senat nachstehenden Sachverhalt für erwiesen:
[16] 12 a) Der Beamte war Anfang des Jahres 2000 beim Hauptzollamt X. auf dem A 8-Dienstposten eines Mitarbeiters im Sachgebiet für Prüfungsdienste, Prüfgruppe "Bekämpfung illegaler Beschäftigung Zoll (BillBZ)" eingesetzt und hatte in dieser Funktion über seinen Dienst-PC Zugriff auf die von seiner Behörde verwendeten Formulare und Briefbögen. Im Zeitraum von Ende Januar bis Mitte Februar 2000 überließ der Beamte einen solchen amtlichen Blanko-Briefbogen mit Kopf des Hauptzollamts X. unbefugt dem damals mit ihm befreundeten Zeugen J., der unter Verwendung dieses Briefbogens zwei falsche Schreiben des Hauptzollamts X. mit der gefälschten Unterschrift des Beamten, der Angabe seines Namens, seiner Telefonnummer und dem Hinweis auf ihn als Auskunftsperson herstellte und diese Schreiben für eine Krediterschleichung verwendete:
[17] 13 Das erste Schreiben, das vom 15. Februar 2000 datiert, beinhaltet die Bestätigung einer angeblich dem Zeugen J. gegen das Hauptzollamt X. zustehenden Forderung i. H. v. 184 632 DM. Aufgrund dieses dem Zeugen N., Angestellter der Kreissparkasse B., vorgelegten Schreibens und einer mit einem Dienstsiegel versehenen Forderungsanerkennung des Hauptzollamts vom 21. Februar 2000 wurde dem Zeugen J. ein Kredit über 35 000 DM gewährt, zu dessen Sicherung laut Anerkennungsformular die angebliche Forderung abgetreten sein und auf ein Konto der Kreissparkasse überwiesen werden sollte.
[18] 14 Das zweite Schreiben, das vom 7. Juni 2000 datiert, hatte der Zeuge J. ebenfalls dem Zeugen N. vorgelegt. Es beinhaltet die angebliche Bestätigung des Hauptzollamts X. über die Anweisung des genannten Forderungsbetrags auf das Konto des Zeugen J. bei der Kreissparkasse B.
[19] 15 Da die in Rede stehende Forderung des Zeugen J. gegen das Hauptzollamt in Wirklichkeit nicht existierte, unterblieb mangels Zahlungsfähigkeit des Zeugen die vereinbarte Darlehensrückzahlung. Der u. a. wegen Betruges mehrfach vorbestrafte Zeuge J. wurde daraufhin vom Amtsgericht … durch rechtskräftiges Urteil vom 28. November 2002 wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Betrug, unter Einbeziehung einer zuvor verhängten dreimonatigen Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Strafverfahren gegen den Beamten wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Urkundenfälschung und zum Betrug, begangen durch den Zeugen J., wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 23. März 2004 gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt, nachdem der Beamte die ihm auferlegte Geldbuße i. H. v. 500 € bezahlt hatte.
[20] 16 Diese Feststellungen beruhen auf den genannten Urkunden, auf den Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafurteil gegen den Zeugen J., soweit ihnen der Beamte nicht substantiiert widersprochen hat (§ 18 Abs. 2 BDO), sowie – nach anfänglichem Leugnen – auf dem nach den Gesamtumständen richtigen Geständnis des Beamten. Dieser hat sich zu seinen inneren Vorstellungen zur Tatzeit zuletzt im Wesentlichen dahin eingelassen, er habe den Blanko-Briefbogen dem Zeugen J. aus Gefälligkeit gegeben, habe aber vor missbräuchlicher Verwendung gewarnt. Bei Übergabe des Blanko-Briefbogens habe er den Tatplan des Zeugen, sich unrechtmäßig einen Kredit über 35 000 DM verschaffen zu wollen, nicht gekannt. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte seine Einlassungen dahin erläutert, dass er durchaus Bedenken gehabt habe, dem Zeugen einen Blanko-Briefbogen des Hauptzollamts auszuhändigen. J. habe ihm auf Nachfrage geantwortet, "er wolle anderen Leuten damit Angst machen, oder so ähnlich"; er, der Beamte, solle sich "keinen Kopf machen". Letztlich habe er nach etwa einer Woche dem nicht nachlassenden Drängen des Zeugen nachgegeben, um ihn "mit dieser Sache endlich vom Hals zu kriegen". Zudem habe er es mit dem Zeugen nicht verderben wollen, da dieser ihm noch Geld geschuldet habe; er hätte sonst seine Hoffnung auf Geldrückzahlungen begraben können.
[21] 17 Nach Auffassung des Senats kann dem Beamten die Richtigkeit des Kerns seiner Einlassungen, er habe damals den Tatplan des Zeugen nicht gekannt, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit widerlegt werden. Für die Überzeugungsbildung genügt zwar ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen; eine "mathematische Gewissheit" ist nicht erforderlich (vgl. dazu z. B. Urteile vom 21. Juni 2000 – BVerwG 1 D 70.98 – und vom 3. Juli 2003 – BVerwG 1 WD 3.03 – Buchholz 235. 01 § 91 WDO 2002 Nr. 1, jeweils m. w. N.). Unter diesen Voraussetzungen hält der Senat aber nicht für erwiesen, dass der Beamte zum Zeitpunkt der Übergabe des Blanko-Briefbogens des Hauptzollamts X. in den Tatplan des Zeugen J. zur betrügerischen Krediterschleichung über 35 000 DM eingeweiht war und insoweit tatunterstützend Beihilfe geleistet hat:
[22] 18 Zunächst können die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil vom 28. November 2002 gegen den Zeugen J. nicht gemäß § 18 Abs. 2 BDO der Senatsentscheidung zugrunde gelegt werden, da der Beamte ihre sachliche Richtigkeit wiederholt, zuletzt in der Berufungshauptverhandlung, substantiiert bestritten hat (vgl. dazu Urteil vom 26. Juni 2001 – BVerwG 1 D 38.00 – m. w. N.).
[23] 19 Auch die Aussage des Zeugen J. in der Hauptverhandlung vor dem Senat, er habe dem Beamten von Anfang an gesagt, dass es ihm mit Hilfe der "Papiere" darum gegangen sei, von der Kreissparkasse einen Kredit zu erhalten, der Beamte sei von Anfang an in den Plan eingeweiht gewesen, ist weder glaubhaft noch glaubwürdig. Dies beruht auf der Würdigung des Aussageverhaltens des bereits im Jahr 2000 vielfach vorbestraft gewesenen Zeugen. Der Zeuge, der in der Hauptverhandlung anfangs überhaupt nicht aussagen wollte, ist nicht glaubwürdig. So "konnte" er sich zunächst nicht daran erinnern, seit etwa Mitte der 90er Jahre Schulden bei dem mit ihm damals befreundeten Beamten gehabt zu haben. Erst auf Nachfragen hat er eingeräumt, dass er einmal über das Konto des Beamten einen Scheck habe laufen lassen. Aus der Scheckeinreichung sei seine, des Zeugen, Schuldverpflichtung gegenüber dem Beamten entstanden. Vor allem aber lassen die wechselnden Aussagen des Zeugen zu der angeblich dem Beamten gezahlten Geldsumme in Höhe von 8 000 DM auch andere Zeugenaussagen – hier die Behauptung, den Beamten von Anfang an in den Tatplan eingeweiht zu haben – unglaubhaft erscheinen. Am 28. November 2002, etwa zweieinhalb Jahre nach dem Tatgeschehen, hatte der Zeuge als Angeklagter vor dem Amtsgericht u. a. angegeben, der Beamte habe von ursprünglich in Aussicht gestellten 10 000 DM insgesamt 8 000 DM erhalten. Vor dem Senat hat der Zeuge nunmehr erklärt, seine damalige Aussage sei nicht richtig gewesen. Er habe dem Beamten von dem Geld – der Kreissparkasse – nichts abgegeben. Warum er damals etwas anderes ausgesagt habe, wisse er heute nicht mehr.
[24] 20 Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen spricht schließlich seine von Anfang an gegebene Version, der Beamte habe die Schreiben vom 15. Februar und 7. Juni 2000 mit ihm gemeinsam aufgesetzt. Es ist kaum vorstellbar, dass der Beamte in Kenntnis der betrügerischen Absichten des Zeugen daran mitgewirkt haben soll, diese Schreiben zu entwerfen und anzufertigen. Denn sie bezeichnen ihn unter Angabe seines Namens, seiner Zimmernummer und seiner Telefonnummer als Ansprechpartner des Hauptzollamts. Seine Unterschrift ist zwar gefälscht, wäre aber in der angedeuteten Buchstabenfolge durchaus dem Namen des Beamten zuzuordnen. Es ist schwer vorstellbar, dass der Beamte derart töricht gewesen sein sollte und bewusst daran mitgewirkt hätte, bei einem Betrug, der ganz simpel darauf angelegt war, alsbald, eher früher als später, zu "platzen", von vornherein und ohne Not den Verdacht in derart massiver Weise auf sich selbst zu lenken. Eher ist anzunehmen, dass der Beamte der Aufdringlichkeit, Zähigkeit und bedenkenlosen Verschlagenheit des Zeugen hoffnungslos unterlegen war und ihn – wenn auch nicht ahnungslos – blindlings gewähren ließ. Auch die Anschuldigungsschrift geht in ihrer Begründung (Bl. 10) entsprechend der nicht widerlegbaren Einlassung des Beamten "im Zweifel" davon aus, dass dem Beamten zum Zeitpunkt der Übergabe des Blanko-Briefbogens keine konkrete Absicht, zur Krediterschleichung beizutragen, unterstellt werden könne.
[25] 21 b) Der Zeuge J. hatte zum Zwecke des Abschlusses eines Kreditvertrages mit der Kreissparkasse B. am 17. Februar 2000 den Zeugen N. aufgesucht und das von ihm, dem Zeugen, selbst hergestellte falsche Schreiben des Hauptzollamts X. vom 15. Februar 2000 vorgelegt. Unter dem Datum 18. Februar 2000 kam dann ein Kreditvertrag über 35 000 DM, rückzahlbar bis zum 30. Juni 2000, zustande; zugleich trat der Zeuge J. seine angebliche Forderung gegen das Hauptzollamt über 184 632 DM sicherheitshalber ab. Der Zeuge N. füllte daraufhin am 18. Februar 2000 den Vordruck "Forderungsanerkennung" aus, der an das Hauptzollamt X. gerichtet war. Darin war die angebliche Forderungsabtretung durch den Zeugen J. erwähnt mit dem Hinweis, dass die Forderung am 7. Juni 2000 fällig sei und die Zahlung unmittelbar auf das im Vordruck genannte Konto (des Zeugen J.) bei der Kreissparkasse zu erfolgen habe. Gleichzeitig enthielt der Vordruck die Aufforderung, die Höhe und Fälligkeit der Forderung als Drittschuldner anzuerkennen. Der Zeuge J., dem das Schriftstück zwecks Bestätigung durch das Hauptzollamt ausgehändigt worden war, gab dieses ausgefüllt dem Zeugen N. zurück. Die Forderungsanerkennung war unter dem Datum 21. Februar 2000 vom Zeugen J. mit der nachgemachten Unterschrift des Beamten versehen. Daneben befand sich ein Dienstsiegelabdruck des Hauptzollamts X., ohne dass die Ziffer des Dienstsiegels erkennbar war. Anschließend wurde dem Zeugen J. die Kreditsumme gewährt.
[26] 22 Dieser Sachverhalt beruht auf den genannten Urkunden, auf der glaubhaften Aussage des Zeugen N. im Strafverfahren gegen den Beamten sowie auf den Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafurteil gegen den Zeugen J., soweit ihnen der Beamte nicht substantiiert widersprochen hat (§ 18 Abs. 2 BDO). Der Beamte hat sich – zuletzt in der Hauptverhandlung vor dem Senat – im Wesentlichen dahin eingelassen, er habe weder ein Schreiben für den Zeugen J. gestempelt noch von diesem dafür 8 000 DM erhalten. Zwar habe er vor dem Strafgericht eingeräumt, einen Dienststempel auf das Schreiben gesetzt zu haben. Diese Aussage sei aber falsch gewesen. Er habe sie nur deshalb gemacht, weil er aus prozesstaktischen Gründen zu einem Geständnis gedrängt worden sei. Letztlich habe sich sein Geständnis günstig auf den Ausgang des Strafverfahrens ausgewirkt; es sei gegen eine Geldbuße in Höhe von 500 € eingestellt worden.
[27] 23 Aufgrund einer Reihe erheblicher Indizien hält der Senat jedoch für erwiesen, dass der Beamte die vom Zeugen J. vorgelegte Forderungsanerkennung der Kreissparkasse am 28. Februar 2000 (Freitag) oder in der Zeit danach unbefugt mit einem Dienstsiegelabdruck des Hauptzollamts X. versehen hat. So hat der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht … am 13. Januar 2004 die Richtigkeit des Vorwurfs selbst eingeräumt:
"Wegen dem Dienststempel bin ich zu meinem Gruppenleiter unter einem blöden Vorwand und habe den draufgesetzt".
[28] 24 Zwar hat sich der Beamte anschließend im Disziplinarverfahren von seinem Geständnis wieder distanziert, weil er die Tat angeblich nicht begangen habe. Dies hält der Senat jedoch aus mehreren Gründen für eine Schutzbehauptung. Da es sich insoweit um einen durchaus schwerwiegenden Strafvorwurf (Beihilfe zur Urkundenfälschung) gehandelt hat, wäre kaum nachvollziehbar, dass sich ein Unschuldiger damit belastet. Zudem spricht das gesamte Aussageverhalten des Beamten für die Richtigkeit des Vorwurfs und damit auch des Geständnisses. Nachdem der Beamte zunächst generell eine Beidrückung eines ihm dienstlich zugänglichen Dienstsiegels in Abrede gestellt hatte und nach dem Geständnis dessen Richtigkeit wieder bestritten hat, hat er im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren – zuletzt in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht – einen neuen Sachverhalt vorgetragen und Folgendes eingeräumt:
"Ich habe mich mit J. in der Kantine getroffen und er hatte ein Papier dabei, das abgestempelt werden sollte. Welchen Inhalt das Papier hatte, wusste ich nicht. Er hat mich gefragt, ob ich einen Stempel hätte. Als ich ihn fragte, was für einen Stempel, sagte er: 'Na so einen mit einem Adler'. Ich habe dann verneint, dass ich einen derartigen Stempel habe und habe meinen Dienst wieder aufgenommen".
[29] 25 In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte die Frage, ob ihn der Zeuge J. wegen eines Dienststempels einmal angesprochen habe, zunächst verneint. Nachdem ihm seine Einlassung vor dem Verwaltungsgericht vorgehalten worden war, hat er erklärt, es könne so gewesen sein; er wisse es nicht mehr so genau. Unter einem "blöden Vorwand" wäre es vielleicht möglich gewesen, vom Kollegen Z. dessen Stempel zu erhalten; dieser hätte dann aber eine Nummer gehabt. Der Senat hält den Hinweis auf die Unterscheidungsnummer nicht für ein erhebliches Indiz gegen die Richtigkeit des Vorwurfs. Es ist technisch ohne weiteres möglich, einen Dienstsiegelabdruck ohne erkennbare Unterscheidungsnummer – wie hier – herzustellen. Für die Tat des Beamten spricht ferner, dass es keine Anhaltspunkte für einen anderen Geschehensablauf gibt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass gerade der Zeuge J. Zugang zu Dienststempeln des Hauptzollamts X. hatte, zumal bei ihm kein Stempel gefunden wurde. Sichergestellt wurden bei dem Zeugen lediglich ausgeschnittene Siegelabdrucke aus Gerichtsschreiben. Hätte der Zeuge auf irgendeine Weise Zugang zu einem Stempel gehabt, wäre es schließlich für ihn nicht nötig gewesen, sich mit dem Beamten in der Kantine zu treffen und ihn aufzufordern, einen Stempel "mit einem Adler" unter das mitgebrachte Papier zu setzen. All diese Umstände sprechen unter Ausschluss vernünftiger Zweifel dafür, dass der Beamte auf Wunsch des Zeugen die Forderungsanerkennung, eventuell unter Benutzung eines nichtdienstlichen Stempelkissens, mit einem Dienstsiegel versehen hat.
[30] 26 Aus der Tatsache, dass der unbefugte Dienstsiegelabdruck vom Beamten stammt, folgt auch, dass dieser zumindest grob über den Inhalt des Forderungsanerkennungsschreibens informiert war; dieses enthielt allerdings keine Hinweise auf den zwischen der Kreissparkasse und dem Zeugen J. geschlossenen Kreditvertrag und die Kreditsumme (35 000 DM). Es kann dem damals mit dem Zeugen J. befreundeten Beamten nicht abgenommen werden, er habe den Inhalt des von ihm abgestempelten "Papiers" überhaupt nicht gekannt. Nach der unbefugten Stempelung des Schreibens musste der Beamte aber damit rechnen, dass es der Zeuge Dritten gegenüber missbräuchlich, gegebenenfalls auch strafbar, verwenden würde; dies hat er offensichtlich in Kauf genommen.
[31] 27 Der Senat hält aber nicht für erwiesen, dass der Beamte im Zeitpunkt der Beifügung des Siegelabdrucks in den Tatplan des Zeugen J. zur betrügerischen Krediterschleichung über 35 000 DM eingeweiht war und insoweit tatunterstützend Beihilfe geleistet hat. Mit seiner Einlassung im Zusammenhang mit der Aushändigung des Blanko-Briefbogens und dem Bestreiten einer Siegelung behauptet der Beamte sinngemäß zugleich, er habe auch später – vor Aufdeckung der betrügerischen Krediterschleichung – den Tatplan des Zeugen J. nicht gekannt. Die Richtigkeit dieser Einlassung kann dem Beamten nicht mit der erforderlichen Gewissheit widerlegt werden. Maßgebend dafür sind zunächst die Erwägungen, die den Senat zur Überzeugung gelangen ließen, der Beamte sei bei Übergabe des Blanko-Briefbogens nicht in den Tatplan des Zeugen eingeweiht gewesen. Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Zeugen N. Dieser hat u. a. erklärt, er habe aufgrund der Angaben im Briefkopf des (falschen) Schreibens des Hauptzollamts vom 15. Februar 2000 versucht, vom Beamten telefonisch Auskunft über die ausgebliebene Zahlung des Hauptzollamts zu erhalten. Der Beamte habe ihn am 7. oder 8. Juni 2000 zurückgerufen und ihm mitgeteilt, dass das Geld angewiesen sei, es über irgendeine andere Kasse laufe und es deshalb etwas länger dauere. Nach der Einlassung des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Senat hatten dessen Angaben in dem Telefongespräch einen etwas anderen Inhalt gehabt: Er sei für Zahlungen und damit für den Vorgang nicht zuständig, größere Beträge liefen im Übrigen über die Bundeskasse, sodass die Zahlungswege länger seien. Welchen Inhalt das Telefongespräch Anfang Juni 2000 tatsächlich hatte, kann aber letztlich offen bleiben. Mit keinem der beiden Gesprächsinhalte wäre der Nachweis erbracht, dass der Beamte bereits zum Zeitpunkt der Beifügung des Siegelabdrucks im Februar 2000 in den Tatplan des Zeugen J. zur betrügerischen Krediterschleichung über 35 000 DM eingeweiht war, zumal die Forderungsanerkennung keinen Hinweis auf den Darlehensvertrag und die Darlehenssumme enthielt. Für den Senat steht lediglich fest, dass der Beamte aufgrund seiner "Gefälligkeiten" gegenüber dem Zeugen auch im Februar 2000 die Hoffnung hatte, dieser werde ihm, dem Beamten, eines Tages, wenn er ihn bei Laune halte, wenigstens einen Teil seiner Schulden begleichen.
[32] 28 Schließlich hält der Senat auch nicht für erwiesen, dass der Beamte vom Zeugen J. 8 000 DM erhalten hat. Zunächst ergibt sich Gegenteiliges nicht aus den tatsächlichen Feststellungen im rechtkräftigen Strafurteil vom 28. November 2002 gegen den Zeugen aufgrund dessen damaliger Einlassung als Angeklagter. Zwar ging das Amtsgericht (UA S. 4) davon aus, dass der gesondert verfolgte Beamte 10 000 DM "Provision" erhalten sollte, aber nur 8 000 DM ausgezahlt worden seien. Diese Urteilsfeststellungen können jedoch nicht gemäß § 18 Abs. 2 BDO der Senatsentscheidung zugrunde gelegt werden, da der Beamte ihrer sachlichen Richtigkeit wiederholt, zuletzt in der Berufungshauptverhandlung, substantiiert entgegengetreten ist. Auch der Zeuge J. hat vor dem Senat seiner früheren Behauptung, der Beamte habe von ihm 8 000 DM erhalten, widersprochen. Er hat verneint, dem Beamten Geld gegeben zu haben und ist auf Nachfragen bei dieser Darstellung geblieben. Schließlich fehlt es auch an sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, der Zeuge J. habe dem Beamten für dessen "Gefälligkeiten" 8 000 DM gezahlt. Allein die Tatsache, dass der Zeuge beim Beamten noch Schulden hatte und wohl noch hat und die Einlassung des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht … am 13. Januar 2004, er habe das alles gemacht, um wieder an Geld zu kommen, reichen nicht aus, um die einmalige, den Beamten belastende Behauptung des Zeugen J. vor dem Amtsgericht … als erwiesen anzusehen. Der Beamte hat allerdings im Disziplinarverfahren wiederholt zu erkennen gegeben, dass er damals von dem Zeugen J. "Geld sehen wollte". Nach den in der Hauptverhandlung vom Beamten vorgelegten Bankunterlagen und seiner nicht widerlegbaren Einlassung hatte dieser im Jahr 1996 für den Zeugen einen Scheck eingelöst und daraus eine Teilsumme in Höhe von 25 000 DM ausbezahlt. Anschließend war der Scheck "geplatzt". Die Einlassung des Beamten vor dem Amtsgericht … spricht aber letztlich nur dafür, dass dieser aufgrund seiner "Gefälligkeiten" allgemein die Hoffnung hatte, der Zeuge werde irgendwann zumindest einen Teil seiner Schulden aufgrund des "geplatzten" Schecks begleichen. Denn der Beamte musste 1996 zur Tilgung der aus den damaligen Vorgängen entstandenen und von ihm urkundlich belegten Bankschulden ein Darlehen aufnehmen. Die Raten bewegten sich trotz Nebentätigkeit am Rande seiner finanziellen Belastbarkeit. Er hat weiter nachgewiesen, dass er dieses Darlehen über sieben Jahre lang planmäßig und ohne Sondertilgung zurückgezahlt hat. Hätte er 8 000 DM von dem Zeugen J. erhalten, wäre anzunehmen, dass er diese zur Erleichterung seiner Abtragsverpflichtungen eingesetzt hätte. Dafür spricht auch, dass er noch im Herbst 2000, alsbald nach Aufdeckung des Betruges, mit seiner neuen Lebensgefährtin nachhaltig daran gegangen ist, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu ordnen.
[33] 29 2. Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts ergibt, dass der Beamte durch die unbefugte Überlassung eines ihm dienstlich anvertrauten Blanko-Briefbogens mit dem Kopf des Hauptzollamts X. an den Zeugen J. und die unbefugte Beidrückung eines ihm dienstlich zugänglichen Dienstsiegels auf einem vom Zeugen vorgelegten Schreiben jeweils vorsätzlich gegen seine innerdienstlichen Pflichten gemäß § 54 Satz 3 BBG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) und § 55 Satz 2 BBG (Pflicht zur Befolgung der dienstlichen Vorschriften zur Verwendung amtlicher Vordrucke und Dienstsiegel) verstoßen hat. Der Beamte hat durch diese Handlungsweise aber auch seine Dienstpflicht zu uneigennütziger Amtsführung (§ 54 Satz 2 BBG) vorsätzlich verletzt. Eigennützigkeit in diesem Sinne ist bereits dann gegeben, wenn der Beamte im Eigeninteresse gehandelt hat (Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 1 D 20.96BVerwGE 113, 221 [222]; Urteil vom 26. März 2003 – BVerwG 1 D 18.02, jeweils m. w. N.; stRspr). Davon ist hier auszugehen. Der Beamte hatte aufgrund seiner "Gefälligkeiten" gegenüber dem Zeugen J. allgemein die Hoffnung, dieser werde ihm, dem Beamten, irgendwann zumindest einen Teil seiner Schulden begleichen.
[34] 30 Im Zeitpunkt der Beifügung des Siegelabdrucks hat der Beamte zugleich bedingt vorsätzlich eine außerdienstliche Pflichtverletzung i. S. d. § 54 Satz 3 i. V. m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG begangen, allerdings in geringerem Umfang als angeschuldigt. Da nicht erwiesen ist, dass der Beamte bis zur Verschaffung des Siegelabdrucks in den Tatplan des Zeugen zur betrügerischen Krediterschleichung über 35 000 DM eingeweiht war, kann ihm lediglich nachgewiesen werden, in Kauf genommen zu haben, dass der Zeuge die unbefugte Siegelung der Forderungsanerkennung im Umgang mit Dritten missbräuchlich, ggf. auch strafbar, verwandte. Nur insoweit hat der Beamte den Zeugen bei der Vorbereitung und Durchführung seiner Straftaten unterstützt. Gleichwohl überschreitet auch die dadurch herbeigeführte Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes (§ 54 Satz 3 BBG) nach ihrer Bedeutsamkeit die Schwelle zum außerdienstlichen Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG). Die bedingt vorsätzliche Unterstützung eines Dritten – hier des Zeugen J. – bei der Vorbereitung und Durchführung möglicher Straftaten war geeignet, negative Rückschlüsse auf die dienstliche Vertrauenswürdigkeit des Beamten in seiner Eigenschaft als Angehöriger der Bundeszollverwaltung zu ziehen und konnte eine ansehensschädigende Wirkung auslösen (vgl. dazu auch Urteil vom 15. März 2006 – BVerwG 1 D 3.05 – Rn. 18 f.). Zum Zeitpunkt des Fehlverhaltens war der Beamte beim Hauptzollamt X. im Sachgebiet für Prüfungsdienste, Prüfgruppe "Bekämpfung illegaler Beschäftigung Zoll (BillBZ)" eingesetzt. Der Prüfgruppe oblag gemäß §§ 304 ff. SGB III i. d. F. vom 16. Dezember 1997, BGBl I S. 2970, 2977, die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Ausländerbeschäftigung. In dieser Funktion hatte der Beamte die Rechte und Pflichten der Beamten des Polizeidienstes nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Ordnungswidrigkeitengesetzes; er war insoweit Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft (§ 307 Abs. 2 SGB III). Durch diese Gleichstellung mit den Pflichten und Befugnissen eines Polizeibeamten zur Strafverfolgung musste von dem Beamten in besonderem Maße erwartet werden, dass er sich auch außerdienstlich gesetzestreu verhielt, insbesondere im privaten Bereich nicht in strafrechtlich relevante Vorgänge verwickelt wurde. Er musste gewissenhaft vermeiden, strafbaren Handlungen Vorschub zu leisten. Dem ist er nicht gerecht geworden.
[35] 31 3. Das einheitliche Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDG) ist von erheblichem Gewicht und macht eine Zurückstufung (§ 10 BDO, § 9 BDG) des Beamten erforderlich. Diese Maßnahme ist aber ausreichend. Eine Entfernung aus dem Dienst kommt nicht in Betracht.
[36] 32 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Eine Entfernung aus dem Dienst setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen, wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber hinaus nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wiedergutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter diesen Voraussetzungen ist er als Beamter nicht mehr tragbar (Urteil vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 2 C 12.04BVerwGE 124, 252 [258 ff.]).
[37] 33 Das Dienstvergehen hat erhebliches Gewicht. Der Beamte hat zwar nicht im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Mitarbeiter im Sachgebiet für Prüfungsdienste, Prüfgruppe "Bekämpfung illegaler Beschäftigung Zoll (BillBZ)" versagt. Er hat jedoch insoweit wesentliche innerdienstliche Pflichten als Zollbeamter vorsätzlich verletzt, als er unbefugt einem Dritten, dem Zeugen J., in eigennütziger Absicht einen ihm, dem Beamten, dienstlich anvertrauen Blanko-Briefbogen mit Kopf des Hauptzollamts überlassen sowie mittels eines ihm dienstlich zugänglichen Dienstsiegels einen entsprechenden Siegelabdruck verschafft hat. Bereits dieses Fehlverhalten wiegt schwer und lässt erhebliche Zweifel an der dienstlichen Zuverlässigkeit und damit Vertrauenswürdigkeit des Beamten aufkommen. Das von einer Behörde geführte Dienstsiegel wird auf amtlichen Schriftstücken neben der Unterschrift des unterzeichnenden oder beglaubigenden Bediensteten verwendet (vgl. z. B. § 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VwVfG) und dient dem Nachweis der Echtheit. Ein solches Schriftstück genießt deshalb im Rechtsverkehr besonderes Vertrauen, zumal das Dienstsiegel unter dem strafrechtlichen Schutz der §§ 267 ff. StGB (Urkundenfälschung) steht. Der Beamte hat durch die in Kauf genommene und damit bedingt vorsätzliche Unterstützung des Zeugen J. bei der Vorbereitung und Durchführung seiner Straftaten aber auch außerdienstlich nicht unerheblich versagt. Er hat insoweit nicht nur seine innerdienstlichen Möglichkeiten als Mitarbeiter des Hauptzollamts in eigennütziger Weise ausgenutzt, sondern hat sich auch strafbar gemacht. Er ist deshalb wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung und zum Betrug strafrechtlich verfolgt worden. Damit hat der Beamte außerdienstlich genau das Gegenteil dessen getan, wozu er innerdienstlich als Angehöriger der Prüfgruppe "BillBZ" in der Funktion eines Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft verpflichtet war: der Verletzung von Rechtsvorschriften entgegenzuwirken. Insgesamt hat sich der Beamte also in hohem Maße ansehensschädigend verhalten und das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn erheblich erschüttert.
[38] 34 Gleichwohl hat das schwerwiegende Dienstvergehen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf die durch das Fehlverhalten verursachte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums. Vielmehr geht der Senat aufgrund der Gesamtwürdigung aller wesentlichen be- und entlastenden Umstände des Falles einschließlich des Persönlichkeitsbildes des Beamten davon aus, dass das stark erschütterte Vertrauen in die Integrität des Beamten noch wiederhergestellt werden kann.
[39] 35 Zwar können die schwerwiegenden inner- und außerdienstlichen Verfehlungen, die der Beamte als zollangehöriger Mitarbeiter der Prüfgruppe "BillBZ" – u. a. in der Funktion eines Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft – begangen hat, nicht bereits deshalb milder beurteilt werden, weil sie sich lediglich als Unterstützungshandlungen zu einer von einem Dritten durchgeführten Tat darstellen (vgl. dazu Urteil vom 13. November 2001 – BVerwG 1 D 55.00 – m. w. N.). Aufgrund der Umstände des Einzelfalls (vgl. Urteil vom 13. November 2001 a. a. O.) wirkt sich jedoch entlastend aus, dass dem Beamten nicht nachgewiesen werden konnte, in den vollen Tatplan des Zeugen J. eingeweiht gewesen zu sein. Dem Beamten konnten deshalb auch die erheblichen Folgen der Krediterschleichung durch den Zeugen, die bei der Kreissparkasse zu einem Schaden von etwa 35 000 DM geführt haben, nicht belastend zugerechnet werden. Folgerichtig ist der Beamte insoweit von der Kreissparkasse auch nicht auf Zahlung von Schadensersatz verklagt worden. Ferner ist dem Beamten mildernd zugute zu halten, dass er seinerzeit u. a. durch einen "geplatzten" Scheck des Zeugen J. in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Der Zeuge stand – und steht wohl noch – in der finanziellen Schuld des Beamten, weshalb dieser immer wieder wenigstens Teilzahlungen erhofft hatte. Diese durchaus nachvollziehbare Erwartung war ein nicht unwesentliches Motiv für das Fehlverhalten des Beamten; es hat sich für ihn aber nicht "ausgezahlt". Er ist im Gegenteil insofern ein zweites Mal Opfer des Zeugen J. geworden, als er sich nunmehr, wie nach dessen Plänen zwangsläufig zu erwarten, erst einem Strafverfahren und dann dem vorliegenden Disziplinarverfahren ausgesetzt sah. Dem Beamten kommt außerdem zugute, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und auf teils überdurchschnittliche, teils durchschnittliche dienstliche Leistungen zurückblicken kann. Letztlich ist zu seinen Gunsten die relativ lange Dauer des Disziplinarverfahrens – die Vorermittlungen wurden bereits im Juni 2000 angeordnet – zu berücksichtigen. Dies ist bei allen Maßnahmen unterhalb der Entfernung aus dem Dienst wegen ihres pflichtenmahnenden Charakters möglich (vgl. dazu Urteil vom 8. September 2004 – BVerwG 1 D 18.03 – Buchholz 235. 1 § 85 BDG Nr. 7 m. w. N.). Zur langen Dauer des Disziplinarverfahrens, das wegen der strafrechtlichen Ermittlungen von März 2001 bis Juni 2004 ausgesetzt war, hat der Beamte nicht durch von ihm zu vertretendes verfahrensverzögerndes Verhalten beigetragen. Alle diese Umstände sprechen dafür, dass der Beamte im Ergebnis nur eine Zurückstufung verwirkt hat.
[40] 36 4. Der an sich gebotene Ausspruch einer Zurückstufung ist jedoch unzulässig; das Maßnahmeverbot des § 14 Abs. 1 BDG steht dem entgegen. Dies führt zur Einstellung des Disziplinarverfahrens.
[41] 37 Wegen desselben Fehlverhaltens (vgl. zur Sachverhaltsidentität in der insoweit wortgleichen Vorgängervorschrift § 14 Halbs. 1 BDO, Urteil vom 20. Februar 2001 – BVerwG 1 D 7.00BVerwGE 114, 50 ff.) war gegen den Beamten ein Strafverfahren anhängig. Die Tat – Beihilfe zur Urkundenfälschung und zum Betrug – kann allerdings nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, da das Strafverfahren nach Begleichung der dem Beamten auferlegten Geldbuße i. H. v. 500 € durch Beschluss des Amtsgerichts … gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt worden ist. Für diesen Fall sieht der auch auf Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung anwendbare § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG vor, dass eine Zurückstufung nur ausgesprochen werden darf, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten (vgl. zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf Altfälle und zu den fortbestehenden rechtspolitischen sowie verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der ausnahmslosen Einbeziehung der Zurückstufung in die Regelung, Urteil vom 23. Februar 2005 – a. a. O. [79 ff.]; Mayer, ZBR 2005, 80 [83 f.]). Wie der Senat in der zuletzt genannten Entscheidung in Fortführung seiner Rechtsprechung zu § 14 BDO dargelegt hat, ist nach einer Verurteilung in einem sachgleichen Strafverfahren der Ausspruch einer Zurückstufung in Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG grundsätzlich nur zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr vorliegen. Diese Voraussetzungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Zwar ist der Beamte trotz erwiesener Straftat nicht verurteilt worden; ihm ist, da die Schwere seiner Schuld nicht entgegenstand, zur Beseitigung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung gemäß § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO die Zahlung einer Geldbuße auferlegt worden. Die vermögensrechtlichen Folgen für den Beamten sind jedoch bei der Zahlung einer Geldbuße nicht anders als bei der Zahlung einer Geldstrafe. Nach Art und Wirkung stehen daher eine an sich verwirkte Degradierung und eine Geldbuße im Sinne des § 153a StPO in Verbindung mit einem langjährig schwebenden Strafverfahren nicht gänzlich außer Verhältnis zueinander (die Frage konnte im Urteil vom 23. Februar 2005 a. a. O. offen bleiben), zumal der jetzt 41-jährige Beamte von dem gesetzlichen Beförderungsverbot nach einer Zurückstufung höchstens fünf Jahre betroffen gewesen wäre (vgl. § 9 Abs. 3 BDG, der zudem die Möglichkeit einer Abkürzung des Beförderungsverbots vorsieht und auch auf Altfälle anwendbar ist, vgl. Urteil vom 12. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 2.05 – m. w. N.).
[42] 38 Konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr sind weder von der Einleitungsbehörde aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Es handelt sich um das erstmalige Fehlverhalten eines bisher nicht vorbelasteten Beamten. Er gilt ausweislich der Akten ansonsten als dienstlich zuverlässig, ist nicht vom Dienst suspendiert und zuletzt mit "tritt hervor" beurteilt worden. Er hat sich in der seit dem Dienstvergehen verstrichenen Zeit von sieben Jahren nichts weiter zuschulden kommen lassen. Seine persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Beamte inzwischen auch weitgehend geordnet. Es darf daher erwartet werden, dass das Straf- und das Disziplinarverfahren ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Die relativ lange Dauer des Disziplinarverfahrens trägt zusätzlich dazu bei, das Erfordernis einer Pflichtenmahnung entfallen zu lassen. Dass der Beamte die disziplinarischen Vorwürfe überwiegend geleugnet hat, stellt zulässiges Verteidigungsverhalten dar und ist nicht als Uneinsichtigkeit zu werten. Der Senat hat im Verlauf der Hauptverhandlung durchaus den Eindruck gewonnen, dass der Beamte das Gewicht und die Bedeutung seines Fehlverhaltens erkannt hat. Trotz des festgestellten Dienstvergehens ist danach das Verfahren einzustellen (§ 87 Abs. 1 Satz 1, § 76 Abs. 3 Satz 1, § 64 Abs. 1 Nr. 7 BDO, vgl. dazu zuletzt Urteil vom 10. Januar 2007 – BVerwG 1 D 15.05 – m. w. N.).
[43] 39 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 f. BDO.