Bundesarbeitsgericht
Altersgrenze für Flugbegleiter – MTV Kabinenpersonal Lufthansa – Gemeinschaftsrecht
1. Die Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal in § 19 Abs. 2 Satz 3 des Manteltarifvertrags Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa AG ist wegen Fehlens eines sie rechtfertigenden Sachgrunds unwirksam.
2. Der Senat hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gem. Art. 234 Abs. 3 EG um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der bis zum 30. April 2007 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht ersucht.

BAG, Beschluss vom 16. 10. 2008 – 7 AZR 253/07 (A) (lexetius.com/2008,4112)

[1] I. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
[2] 1. Sind Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und/oder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts so auszulegen, dass sie einer am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Regelung nationalen Rechts entgegenstehen, wonach mit Arbeitnehmern ab Vollendung des 58. Lebensjahres zeitlich unbegrenzt befristete Arbeitsverträge ohne weitere Voraussetzungen mit Arbeitnehmern vereinbart werden können, nur weil diese das 58. Lebensjahr vollendet haben?
[3] 2. Ist § 5 Abs. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung, die durch die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 durchgeführt wurde, dahingehend auszulegen, dass er einer Regelung nationalen Rechts entgegensteht, die, ohne weitere Voraussetzungen zeitlich unbegrenzt eine uneingeschränkte Anzahl aufeinander folgender sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge zulässt, nur weil der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat und nicht zu einem in einem vorangegangenen unbefristeten Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht?
[4] 3. Für den Fall, dass die Fragen 1 und/oder 2 bejaht werden:
[5] Haben die nationalen Gerichte die Vorschrift des nationalen Rechts unangewendet zu lassen?
[6] II. Das Verfahren wird ausgesetzt.
[7] Gründe: A. Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. April 2005 geendet hat.
[8] I. 1. Das Recht der befristeten Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland war jahrzehntelang im Wesentlichen nur durch die Vorschrift des § 620 BGB in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung bestimmt. Nach § 620 Abs. 1 BGB endete das Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen war. Die an keine inhaltlichen Voraussetzungen geknüpfte Möglichkeit zum Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen stand damit in einem Spannungsverhältnis zu den im Jahr 1951 geschaffenen Bestimmungen über den allgemeinen Kündigungsschutz für Arbeitsverhältnisse. Im Jahr 1960 entschied der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts, dass für die Befristung eines Arbeitsvertrags ein sachlicher Grund vorliegen müsse, wenn die Befristung dem Arbeitnehmer den Schutz von zwingenden Kündigungsschutzbedingungen entzog (BAG GS 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – BAGE 10, 65 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 16 = EzA BGB § 620 Nr. 2). Die vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze bildeten in der Folgezeit die Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverträgen durch die Rechtsprechung.
[9] 2. Im Jahr 1985 entschloss sich der deutsche Gesetzgeber, vor dem Hintergrund einer hohen Beschäftigungslosigkeit den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen zu erleichtern. Nach § 1 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 26. April 1985 (BeschFG 1985 – BGBl. I S. 710) war die einmalige Befristung des Arbeitsvertrags bis zur Dauer von 18 Monaten zulässig, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer entweder neu eingestellt wurde oder der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die Berufsausbildung nur vorübergehend weiterbeschäftigt werden konnte, weil kein Arbeitsplatz für einen unbefristet einzustellenden Arbeitnehmer zur Verfügung stand. Die Regelungen des BeschFG 1985 wurden durch das Gesetz zur Verlängerung beschäftigungsfördernder Vorschriften vom 22. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2406) bis zum 31. Dezember 1995 und durch Art. 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1994 vom 26. Juli 1994 (BGBl. I S. 1786) bis zum 31. Dezember 2000 verlängert.
[10] 3. Die durch das BeschFG 1985 geschaffene Rechtslage wurde durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 25. September 1996 (BeschFG 1996 – BGBl. I S. 1476) mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1996 geändert. Der Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags war nunmehr generell und ohne die bisher bestehenden Einschränkungen (Neueinstellung, Übernahme nach Abschluss der Ausbildung) bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren war auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags möglich (§ 1 Abs. 1 BeschFG 1996). Die Befristung war jedoch nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang war insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als vier Monaten lag (§ 1 Abs. 3 BeschFG 1996). § 1 Abs. 2 BeschFG 1996 ermöglichte den Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags ohne die in § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 genannten Einschränkungen (Laufzeit, Anzahl der Verlängerungen), wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 60. Lebensjahr vollendet hatte. Der Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags mit einem zumindest 60-jährigen Arbeitnehmer wurde nur durch das Vorbeschäftigungsverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 eingeschränkt.
[11] 4. Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966) hat das BeschFG 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 2001 abgelöst. Die Befristung eines Arbeitsvertrags bedarf nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG grundsätzlich eines Sachgrundes. Die Ausnahmen vom Sachgrunderfordernis im TzBfG waren bis zum 31. Dezember 2003 beschränkt auf den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrags und dessen Verlängerungen bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren (§ 14 Abs. 2 TzBfG) und den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit Arbeitnehmern, die bei Vertragsbeginn bereits das 58. Lebensjahr vollendet hatten (§ 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG). Die in § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 enthaltenen Beschränkungen für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags bei einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber wurden in leicht veränderter Form als Satz 2 und 3 in § 14 Abs. 3 TzBfG übernommen. Die Altersgrenze von 58 Jahren in § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG wurde durch § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG idF des Art. 7 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619) bis zum 31. Dezember 2006 auf 52 Jahre abgesenkt. Der deutsche Gesetzgeber hat im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) zu § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG die Voraussetzungen für die sachgrundlose Befristung mit Arbeitnehmern, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet haben, durch das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen vom 19. April 2007 (BGBl. I S. 538) mit Wirkung ab dem 1. Mai 2007 neu gefasst.
[12] II. Die am 12. April 1945 geborene Klägerin war seit dem 15. März 1971 bei der P (P) als Flugbegleiterin tätig. Die Klägerin wurde – ebenso wie andere Mitarbeiter der P – aufgrund eines Vertrags zwischen der P und der Beklagten zum 1. Mai 1991 von der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Die Einzelheiten der Übernahme waren in einem tariflichen Sozialplan zur Integration der Mitarbeiter der P vom 13. Oktober 1990 und zwei Ergänzungstarifverträgen geregelt. Die Parteien schlossen am 15. März 1991 einen Arbeitsvertrag, nach dessen Nr. 2 sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten ua. aus den Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der Beklagten in ihrer jeweils geltenden Fassung ergaben. Der Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Beklagten (MTV Nr. 1 Kabine) lautet auszugsweise:
"§ 19 Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze
(1) Das Arbeitsverhältnis endet – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird.
(2) Das Arbeitsverhältnis des Kabinenmitarbeiters kann bei körperlicher und beruflicher Eignung in beiderseitigem Einvernehmen über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert werden.
Wird das Arbeitsverhältnis des Kabinenmitarbeiters verlängert, so endet es – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Kabinenmitarbeiter ein weiteres Lebensjahr vollendet hat. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig. In jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Kabinenmitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Kabinenmitarbeiter können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und so lange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiter beschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Bordmitarbeiter kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf Seiten der DLH noch auf Seiten des Kabinenmitarbeiters."
[13] Die Klägerin vollendete ihr 55. Lebensjahr am 12. April 2000. Die Parteien vereinbarten in der Folgezeit entsprechend der in § 19 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 1 Kabine vorgesehenen Möglichkeit zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses jeweils befristete Arbeitsverträge über eine Beschäftigung in Teilzeit für den Zeitraum von einem Jahr. Am 23. Januar 2004 schlossen die Parteien den letzten befristeten Teilzeitarbeitsvertrag, der auszugsweise lautet:
"Die … und … schließen im beiderseitigen Einvernehmen gemäß § 19 (2) MTV Nr. 1 für das Kabinenpersonal nachstehenden weiteren (5) befristeten Teilzeit-Arbeitsvertrag:
1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung
[14] (1) Frau K wird ab dem 01. 05. 2004 als Flugbegleiterin in F beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf in jedem Falle am 30. 04. 2005.
(2) …
Eine Umwandlung des (neu) begründeten Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses in eine Vollzeitbeschäftigung sowie ein Wechsel des Teilzeit-Modells ist ausgeschlossen. …
2. Rechte und Pflichten
(1) Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der Lufthansa in ihrer jeweils geltenden Fassung, sowie aus den Dienstvorschriften der Lufthansa und aus den Bestimmungen dieses Vertrages. …"
[15] Die Klägerin bat mit Schreiben vom 25. November 2004 erfolglos um eine weitere Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses über den 30. April 2005 hinaus.
[16] Die Klägerin hat sich mit der am 13. April 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2005 gewandt und ihre Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. April 2005 sei unwirksam. Die in § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal sei weder aus sicherheitstechnischen noch aus sonstigen Gründen sachlich gerechtfertigt iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG. Die Sicherheitsstandards für Piloten könnten nicht auf das Kabinenpersonal übertragen werden. Auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der bis zum 30. April 2007 geltenden Fassung (aF) könne sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Befristung nicht berufen. Diese Befristungsmöglichkeit sei durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine abbedungen. Außerdem sei § 14 Abs. 3 TzBfG aF in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung gemeinschaftswidrig und dürfe nicht angewandt werden.
[17] Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten nicht am 30. April 2005 sein Ende gefunden hat,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Flugbegleiterin in der Beschäftigungsgruppe der Flugbegleiterstufe 17 des Vergütungstarifvertrages der Lufthansa sowie den sonstigen Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 23. Januar 2004 weiterzubeschäftigen.
[18] Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, die Befristung sei nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF wirksam. Außerdem bestehe für die Befristung ein sachlicher Grund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG. Die in § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine bestimmte Altersgrenze diene dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder und der Passagiere. Die Altersgrenze trage medizinischen Erfahrungswerten Rechnung, wonach das Risiko altersbedingter Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen zunehme. Das Kabinenpersonal sei in einem Notfall überdurchschnittlichen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Jede Flugbegleiterin müsse im Fall einer Noträumung des Flugzeugs bis zu 50 Passagiere innerhalb von 90 Sekunden evakuieren, was eine erhöhte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit voraussetze.
[19] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Beklagte begehrt mit der Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
[20] B. Das Verfahren war zur Klärung gemeinschaftsrechtlicher Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in analoger Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der vom 1. Januar 2001 bis zum 30. April 2007 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht ab. Die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 ist nicht durch einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Die Klage ist jedoch abzuweisen, wenn die vereinbarte Befristung durch die in § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF enthaltene Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags mit einem Arbeitnehmer, der bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat, gerechtfertigt werden kann. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist danach die Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht entscheidungserheblich. Hierüber kann nur der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften befinden. Nach seinen Ausführungen in dem Urteil in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) über die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF könnte auch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gegen den im Primärrecht verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sowie gegen Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichberechtigung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16 B) verstoßen. Ferner meint der Senat, dass § 14 Abs. 3 TzBfG aF den Vorgaben aus § 5 Abs. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999, die durch die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (ABl. EG Nr. L 175 S. 43) durchgeführt worden ist, nicht genügt. Schließlich ist nicht geklärt, ob ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG oder gegen § 5 Abs. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung zur Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF führt. Die aus dem Tenor ersichtlichen Vorlagefragen waren noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof. Ihre Beantwortung ist auch nicht eindeutig und zweifelsfrei möglich.
[21] I. Die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 ist nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Für die in § 19 Abs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal besteht kein sachlicher Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG.
[22] 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Dazu gehören auch tarifliche Altersgrenzen (vgl. etwa BAG 27. November 2002 – 7 AZR 655/01AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2, zu B II 1 a der Gründe).
[23] Der Senat unterscheidet bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer auf das Erreichen eines bestimmten Lebensalters des Arbeitnehmers bezogenen Regelung zwischen den auf das Rentenalter anknüpfenden Altersgrenzen und solchen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor diesem Zeitpunkt vorsehen. Bei einer auf das Rentenalter bezogenen Altersgrenze endet das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters iSd. § 35 SGB VI hat. Eine in einem Tarifvertrag enthaltene Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den Zeitpunkt des Erreichens des Regelrentenalters hat der Senat als sachlich gerechtfertigt iSd. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG angesehen, wenn der Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt und der Vertragsdauer eine Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben kann oder bei Vertragsschluss bereits die für den Bezug einer Altersrente erforderliche rentenrechtliche Wartezeit erfüllt hat (BAG 18. Juni 2008 – 7 AZR 116/07 – Rn. 21, NZA 2008, 1302).
[24] Altersgrenzen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt vorsehen, in dem der Arbeitnehmer noch keine Altersrente beziehen kann, konnten nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG am 1. Januar 2001 ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn das Erreichen eines bestimmten Lebensalters wegen der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit zu einer Gefährdung wichtiger Rechtsgüter führen kann. Vorzeitige Altersgrenzen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Mitgliedern der Besatzung von Luftfahrzeugen vorsehen, hat der Senat für zulässig gehalten, wenn durch die Beschäftigung des Arbeitnehmers über ein bestimmtes Lebensalter hinaus nach einer nachvollziehbaren Einschätzung der Tarifvertragsparteien das Risiko von unerwarteten altersbedingten Ausfallerscheinungen zunimmt und dadurch die Gefahr für Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder und der Passagiere sowie Personen am Boden ansteigt (BAG 27. November 2002 – 7 AZR 655/01AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2, zu B II 2 a der Gründe; 20. Februar 2002 – 7 AZR 748/00BAGE 100, 292 = AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 18 = EzA BGB § 620 Altersgrenze Nr. 11, zu B II 3 b bb der Gründe; 11. März 1998 – 7 AZR 700/96BAGE 88, 162 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 12 = EzA BGB § 620 Altersgrenze Nr. 8, zu III 1 a der Gründe; 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96BAGE 88, 118 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 11 = EzA BGB § 620 Altersgrenze Nr. 9, zu 2 a der Gründe; 12. Februar 1992 – 7 AZR 100/91AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 5 = EzA BGB § 620 Altersgrenze Nr. 2, zu III 2 c der Gründe; 6. März 1986 – 2 AZR 262/85 – AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 1 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 6, zu A IV, V der Gründe). Zwar hängt das zur Minderung der Leistungsfähigkeit führende Altern nicht allein vom Lebensalter ab, sondern ist ein schleichender Prozess, der individuell verschieden schnell vor sich geht. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit generell auch heute noch mit zunehmendem Alter größer wird. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit überdurchschnittlichen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt ist, wie dies beispielsweise bei Mitgliedern des Cockpitpersonals der Fall ist. Die Vereinbarung einer Altersgrenze, die das Ende des Arbeitsverhältnisses eines Besatzungsmitglieds eines Luftfahrzeugs von dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig macht, trägt dieser möglichen Gefahrenlage Rechnung und schützt das Besatzungsmitglied zugleich vor einer Überbeanspruchung durch seine berufliche Tätigkeit. Bei der Beurteilung des Sicherheitsrisikos haben die Tarifvertragsparteien einen Einschätzungsspielraum, der von den Gerichten für Arbeitssachen bei der Beurteilung, ob eine tarifliche Regelung einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses darstellt, zu beachten ist (BAG 21. Juni 2004 – 7 AZR 589/03 – EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 5, zu II 2 a der Gründe). An diesen Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet hat (BVerfG 25. November 2004 – 1 BvR 2459/04AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 25, zu B II 3 c der Gründe; vgl. auch zur Zulässigkeit eines Höchstalters für Verkehrspiloten: BVerfG 26. Januar 2007 – 2 BvR 2408/06EuGRZ 2007, 231, zu III 2 b, c der Gründe), hat der Senat unter Geltung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes festgehalten.
[25] 2. Für die in § 19 Abs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren besteht danach kein sachlicher Grund. Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die auf eine überdurchschnittliche physische und psychische Belastung des Kabinenpersonals bei seiner Tätigkeit hindeuten könnten. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein mögliches altersbedingtes Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Mitgliedern des Kabinenpersonals zu einer Gefährdung für die Flugzeuginsassen und Personen in den überflogenen Gebieten führt, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vorzeitigen Altersgrenze rechtfertigen könnten.
[26] a) Der Senat hat am 31. Juli 2002 (- 7 AZR 140/01BAGE 102, 65 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 14 = EzA GG Art. 9 Nr. 78, zu B II 1 b der Gründe) entschieden, dass eine auf die Vollendung des 55. Lebensjahres bezogene tarifvertragliche Altersgrenze für das Kabinenpersonal, die mit dem möglichen altersbedingten Nachlassen des physischen und psychischen Leistungsvermögens begründet wird, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen kann. Zur Begründung hat der Senat angeführt, dass beim Kabinenpersonal eines Passagierflugzeugs ein derartiges Sicherheitsrisiko in nicht annähernd gleicher Weise wie beim Cockpitpersonal gegeben sei. Fälle, in denen der altersbedingte Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals die Flugpassagiere, das Flugpersonal oder gar Menschen in überflogenen Gebieten in ernste Gefahr bringen könnten, seien derart theoretisch und unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet sind, zur Rechtfertigung einer generellen Altersgrenze von 55 Jahren für diese Personengruppe zu dienen. Falls ein Mitglied des Kabinenpersonals tatsächlich während eines Fluges einmal altersbedingt ausfallen sollte, würden dadurch Leib und Leben der Flugpassagiere und des Flugpersonals oder sonstige wichtige Rechtsgüter nicht gefährdet. Allein mit der extremen Ausnahmesituation einer etwaigen Notlandung lasse sich die Altersgrenze nicht rechtfertigen.
[27] b) Diese Erwägungen gelten auch für die auf das 60. Lebensjahr bezogene Altersgrenze in § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine, die von der Beklagten ausschließlich mit einer möglichen Gefährdung von Leib und Leben der Flugzeuginsassen begründet wird, die durch altersbedingte Ausfallerscheinungen des Kabinenpersonals eintreten kann. Die Tarifvertragsparteien haben bei der Einschätzung der allein durch das Lebensalter der Flugbegleiter entstehenden Gefahrenlage den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten.
[28] aa) Das von der Beklagten angeführte Sicherheitsrisiko wird nur dann relevant, wenn die altersbedingten Ausfallerscheinungen gerade in einem Augenblick auftreten, in dem das Flugzeug infolge einer Notlandung geräumt werden muss. Nur in dieser Situation könnte ein altersbedingtes Nachlassen der Leistungsfähigkeit eines Mitglieds des Kabinenpersonals zu einer Gefährdung der Passagiere und der übrigen Besatzungsmitglieder führen. Hierin liegt der Unterschied zu dem Cockpitpersonal, bei dem ein Fehlverhalten während des gesamten Fluges nicht nur zu einer Gefährdung für die Flugzeuginsassen, sondern auch für die Personen in den überflogenen Gebieten führen kann.
[29] bb) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der vorzeitigen Altersgrenze für das Kabinenpersonal nicht auf § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO berufen, wonach Mitglieder der Flugbesatzung mit einem Alter über 60 Jahre nicht eingesetzt werden sollen. Die Vorschrift gilt nicht für die von der Beklagten zur gewerbsmäßigen Personenbeförderung eingesetzten Flugzeuge. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 LuftBO richtet sich der Betrieb von Flugzeugen, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, nach den §§ 3, 14, 25 und 55 LuftBO sowie nach den Bestimmungen der Joint Aviation Authorities über die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen in Flugzeugen in ihrer jeweils jüngsten vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Bundesanzeiger bekanntgemachten Fassung (JAR-OPS 1 deutsch). Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 23. Januar 2004 gültige Fassung der JAR-OPS 1 vom 4. August 1998 (BAnz. Nr. 181a vom 26. September 1998) idF der Bekanntmachung vom 16. September 2003 (BAnz. Nr. 181 vom 26. September 2003 S. 21986) enthält kein Höchstalter für die Mitglieder der Kabinenbesatzung. Nach ihrem Abschnitt O Nr. 1995 (Mindestanforderungen für das Kabinenpersonal) Buchst. a) hat der Flugunternehmer ua. sicherzustellen, dass das Mindestalter eines Flugbegleiters 18 Jahre beträgt. Eine Höchstaltersgrenze für die Tätigkeit als Flugbegleiter enthalten die JAR-OPS 1 jedoch nicht. Anders als bei dem Cockpitpersonal fehlt es daher an Einschätzungen aus internationalen Fachkreisen über die Anforderungen an das Höchstalter für das Kabinenpersonal, auf die die Tarifvertragsparteien bei ihrer Beurteilung über eine mögliche Gefährdungslage durch das mit zunehmendem Alter typischerweise nachlassende Leistungsvermögen des Kabinenpersonals zurückgreifen konnten.
[30] II. Die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 kann danach nur nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gerechtfertigt sein, dessen Voraussetzungen im Streitfall gegeben sind. Es bestehen aber Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht. Eine Unvereinbarkeit könnte dazu führen, dass die Norm von den nationalen Gerichten nicht anzuwenden ist.
[31] 1. Die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF für eine sachgrundlose Rechtfertigung der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 sind gegeben. Die Parteien haben die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF nicht abbedungen.
[32] a) Die Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF liegen vor.
[33] aa) Die Befristung eines Arbeitsvertrags bedarf nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Befristung ist gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt, § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF. Nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF wurde in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006 durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) die Altersgrenze des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF auf das 52. Lebensjahr abgesenkt.
[34] bb) Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF sind im Streitfall gegeben. Die am 12. April 1945 geborene Klägerin hatte zum Zeitpunkt des Beginns des am 23. Januar 2004 vereinbarten befristeten Arbeitsvertrags am 1. Mai 2004 das 59. Lebensjahr vollendet. Der Abschluss eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 3 TzBfG aF wird nicht durch die in Satz 2 und 3 enthaltenen Einschränkungen ausgeschlossen. Zwar handelt es sich bei dem zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 um einen Arbeitsvertrag, der wegen der identischen Tätigkeit und dem unmittelbaren zeitlichen Anschluss zu den zuvor bestehenden Arbeitsverträgen der Klägerin mit diesen in einem engen sachlichen Zusammenhang steht. Es fehlt aber an einem engen Zusammenhang mit einem "unbefristeten Arbeitsvertrag" iSd. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF. Die Klägerin war seit dem 1. Mai 2000 ausschließlich im Rahmen von als wirksam befristet geltenden Arbeitsverhältnissen bei der Beklagten beschäftigt.
[35] b) Die Parteien haben die Möglichkeit der Beklagten, den Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 auf die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit aus § 14 Abs. 3 TzBfG aF zu stützen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht abbedungen.
[36] aa) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 3 TzBfG aF kann vertraglich ausgeschlossen werden. Eine derartige Abbedingung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen. Es ist grundsätzlich Aufgabe der Tatsachengerichte, durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln, ob die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3 TzBfG aF vertraglich abbedungen wurde oder nicht (zu § 1 BeschFG 1996: BAG 5. Mai 2004 – 7 AZR 629/03BAGE 110, 295 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 27 = EzA TzBfG § 15 Nr. 1, zu I 3 c bb (1) der Gründe; 26. Juni 2002 – 7 AZR 410/01AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 15, zu B I 1 b der Gründe; 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01BAGE 101, 262 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 13 = EzA BGB § 620 Nr. 193, zu II 1 b der Gründe). Ein konkludenter Ausschluss der in § 14 Abs. 3 TzBfG aF vorgesehenen Befristungsmöglichkeit kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Erklärungen des Arbeitgebers nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont so verstehen darf, dass die Befristung ausschließlich auf einen bestimmten Sachgrund gestützt wird und von dessen Bestehen abhängen soll. Bei der Vertragsauslegung sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Die Benennung eines Sachgrunds im Arbeitsvertrag kann zwar ein wesentliches Indiz für eine konkludente Abbedingung der sachgrundlosen Befristung darstellen. Dies reicht für sich allein genommen für den Ausschluss der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit nicht aus. Vielmehr müssen im Einzelfall noch zusätzliche Umstände hinzutreten.
[37] bb) Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Parteien die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF vertraglich abbedungen haben. Dieser Rechtsfehler führt aber nicht zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Senat kann die vom Landesarbeitsgericht unterlassene Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen selbst vornehmen, da die dazu erforderlichen Tatsachen feststehen und weiterer Sachvortrag der Parteien dazu nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 4. Dezember 2002 – 7 AZR 545/01BAGE 104, 103 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 17 = EzA TzBfG § 14 Nr. 1, zu II 1 b bb der Gründe; 28. Februar 1991 – 8 AZR 89/90BAGE 67, 279 = AP ZPO § 550 Nr. 21 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 11, zu 2 b bb der Gründe). Die Auslegung ergibt, dass die Parteien die Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF nicht abbedungen haben. Sie haben lediglich im Arbeitsvertrag vom 23. Januar 2004 auf § 19 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 1 Kabine und damit auf den vermeintlichen Sachgrund der Altersgrenze von 60 Jahren verwiesen. Weitere Umstände, die für eine Abbedingung der Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 3 TzBfG aF sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin musste daher bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht davon ausgehen, dass die Beklagte die vereinbarte Befristung allein vom Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 TzBfG aF abhängig machen wollte und bei Nichtvorliegen eines Sachgrunds ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart werden sollte.
[38] 2. Der Senat kann die nach nationalem Recht damit zugunsten der Beklagten entscheidungsreife Befristungskontrollklage nicht mit einem Urteil abschließen. Es bestehen angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) Zweifel, ob die allein auf das Lebensalter abstellende Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF bei der Vereinbarung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und ob sie von den nationalen Gerichten angewendet werden darf. Der Senat ersucht aus diesem Grund den Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 3 EG zunächst um eine Vorabentscheidung zu der Frage, ob die RL 2000/78/EG und/oder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts so auszulegen sind, dass sie der Anwendung von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF durch die nationalen Gerichte entgegenstehen (Vorlagefragen 1 und 3).
[39] a) Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Mangold entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht und insbesondere Artikel 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF entgegenstehen. Die nationalen Gerichte haben die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem sie jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lassen, auch wenn die Frist für die Umsetzung der genannten Richtlinie noch nicht abgelaufen ist (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 78, Slg. 2005, I-9981). Nach Ansicht des Senats hat der Europäische Gerichtshof mit dem auf den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts beruhenden Verbot der Altersdiskriminierung begründeten Unanwendbarkeitsausspruch entgegen einer im nationalen Schrifttum vertretenen Ansicht (Bauer/Arnold NJW 2006, 6, 8; Mohr SAE 2007, 16, 25 ff.; wohl auch Franzen Anm. AP Nr. 23 zu § 14 TzBfG, unter II 3 c; Nicolai DB 2005, 2641, 2642; Preis NZA 2006, 401, 408) nicht die mit den deutschen Zustimmungsgesetzen auf die Gemeinschaft übertragenen Kompetenzen überschritten. Die Entscheidung des Gerichtshofs beruht auf der Auslegung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft iSd. Art. 234 Abs. 1 Buchst. a EG und hält sich im Rahmen der dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG übertragenen Zuständigkeiten. Der Senat hat sich daher hinsichtlich der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF an den Unanwendbarkeitsausspruch des Europäischen Gerichtshofs gebunden gesehen (vgl. dazu die ausführliche Begründung in BAG 26. April 2006 – 7 AZR 500/04 – Rn. 17 – 30, BAGE 118, 76 = AP TzBfG § 14 Nr. 23 = EzA TzBfG § 14 Nr. 28).
[40] b) Der Europäische Gerichtshof hat eine Auslegung zur Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF bisher noch nicht vorgenommen.
[41] Der Unanwendbarkeitsausspruch des Europäischen Gerichtshofs in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 78, Slg. 2005, I-9981) betrifft § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG idF von Art. 7 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619), mit dem bis zum 31. Dezember 2006 das Lebensalter als Voraussetzung für den Abschluss von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern von 58 Jahren auf 52 Jahre abgesenkt wurde. Dies folgt aus Nr. 2 des Tenors der Entscheidung des Gerichtshofs vom 22. November 2005, in der ausdrücklich auf die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung, "nach der der Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, uneingeschränkt zulässig ist, …" abgestellt wird. § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF wird daher von dem Unanwendbarkeitsausspruch des Europäischen Gerichtshofs in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold nicht erfasst. Nach nationalem Recht war deshalb die sachgrundlose Befristung mit Arbeitnehmern, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hatten, bis zum 30. April 2007 unter den weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 TzBfG aF zulässig.
[42] c) Das Gemeinschaftsrecht und die zum Verbot der Diskriminierung aufgrund des Merkmals des Alters ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind nicht derartig eindeutig, dass der Senat annehmen könnte, auch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF sei unanwendbar, mit der Folge, dass sich ein Verfahren nach Art. 234 Abs. 3 EG erübrigte. Zwar fällt die durch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF bewirkte Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ebenso wie die in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF enthaltene sachgrundlose Befristungsmöglichkeit mit zumindest 58-jährigen Arbeitnehmern in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts. Nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) und Palacios (EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Palacios de la Villa] – Slg. 2007, I-8531) bestehen aber Zweifel daran, ob der vom Gerichtshof in der Rechtssache Mangold herangezogene primärrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf auch zur Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF führt. Der Europäische Gerichtshof ist in der Rechtssache Palacios bei einer auf dem Merkmal des Alters beruhenden Ungleichbehandlung bei den Entlassungsbedingungen nicht mehr auf das Primärrecht eingegangen und hat gegenüber seinen Ausführungen in der Rechtssache Mangold bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung einen geänderten Prüfungsmaßstab herangezogen. Außerdem hat der Gerichtshof in der Rechtssache Mangold Umstände berücksichtigt, die für die 52er Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF kennzeichnend waren, die aber bei der Beurteilung für die sachgrundlose Befristung von Arbeitnehmern, die bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet haben, möglicherweise anders zu gewichten sind.
[43] aa) § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF fällt in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts. Das am 21. Dezember 2000 verkündete und zum 1. Januar 2001 in Kraft getretene TzBfG dient nach der amtlichen Anmerkung des Gesetzgebers der Umsetzung der RL 1999/70/EG. Von der Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts ist auch der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold ausgegangen (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; bestätigt durch EuGH 23. September 2008 – C-427/06 [Bartsch] – Rn. 24, ABl. EU 2008, Nr. C 301, 6).
[44] bb) § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF enthält eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, die zu Beginn des Vertragsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet haben (zu § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF: EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 57, Slg. 2005, I-9981). Mit diesen können beliebig viele und zeitlich unbegrenzt befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden, während mit Arbeitnehmern, die dieses Lebensalter noch nicht erreicht haben, Befristungsabreden ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG nur bis zur Dauer von zwei Jahren getroffen werden können, wobei bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens dreimalige Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags zulässig ist.
[45] cc) Der Senat vermag nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu beurteilen, ob der primärrechtliche Prüfungsansatz des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 57, Slg. 2005, I-9981) durch seine Ausführungen in der Rechtssache Palacios (EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Palacios de la Villa] – Slg. 2007, I-8531) in Frage gestellt worden ist.
[46] (1) Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil in der Rechtssache Palacios den in der Rechtssache Mangold herangezogenen primärrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 74, Slg. 2005, I-9981) nicht mehr erwähnt, sondern die von dem nationalen Gericht zur Beurteilung gestellte gesetzliche Regelung ausschließlich anhand der Vorgaben der RL 2000/78/EG beurteilt. Der Gerichtshof hat die einzige Übergangsbestimmung des spanischen Gesetzes 14/2005 über tarifvertragliche Klauseln, die sich auf das Erreichen der Regelaltersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand beziehen (Ley 14/2005 sobre las cláusulas de los convenios colectivos referidas al cumplimiento de la edad ordinaria de jubilación), als eine Vorschrift über die "Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen iSd. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der RL 2000/78/EG angesehen, die zur Anwendbarkeit der Richtlinie führt (EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Palacios de la Villa] – Rn. 45 f., Slg. 2007, I-8531). Eine Begründung für die unterbliebene Heranziehung des Primärrechts enthält die Entscheidung nicht.
[47] (2) Die Entscheidung Palacios wird im nationalen Schrifttum überwiegend nicht als Abkehr von dem primärrechtlichen Prüfungsansatz aus der Entscheidung in der Rechtssache Mangold angesehen. Begründet wird dies einmal mit der Spezialität der RL 2000/78/EG gegenüber dem primärrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Bauer/Krieger NJW 2007, 3672, 3673). Nach anderer Auffassung soll der gegenüber der Entscheidung in der Rechtssache Mangold unterschiedliche Prüfungsansatz darauf beruhen, dass der deutsche Gesetzgeber mit § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts eine unmittelbar diskriminierende Regelung geschaffen hat, während die im Fall Palacios zur Überprüfung stehende einzige Übergangsbestimmung nicht zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts bestimmt war (Thüsing RdA 2008, 51, 52). Denkbar wäre auch, dass der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Palacios wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit von Ausführungen zur Frage des Primärrechts abgesehen hat, weil die von dem spanischen Juzgado de lo Social No. 33 de Madrid zur Überprüfung gestellte gesetzliche Regelung mit Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG, den der Gerichtshof auch in der Rechtssache Mangold zur Beurteilung der Rechtfertigung für die auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung herangezogen hat (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 58 ff., Slg. 2005, I-9981), vereinbar war.
[48] Schließlich könnte der unterschiedliche Prüfungsansatz des Europäischen Gerichtshofs in den genannten Entscheidungen darauf beruhen, dass der primärrechtliche Prüfungsansatz zum Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nur dann tragend wird, wenn die Umsetzungsfrist der RL 2000/78/EG noch nicht abgelaufen ist, das nationale Recht aber bereits aufgrund der Geltung einer anderen Richtlinie dem Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts unterfällt (so wohl auch von Danwitz JZ 2007, 697, 704 f.). In diesem Sinn könnten auch die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in seiner Entscheidung in der Rechtssache Bartsch zu verstehen sein (EuGH 28. September 2008 – C-427/06 [Bartsch] – Rn. 23 f., ABl. EU 2008, Nr. C 301, 6), wonach der Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf das TzBfG wegen der Umsetzung der RL 1999/70/EG eröffnet war.
[49] (3) Die Frage, ob § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verstößt, ist entscheidungserheblich.
[50] Eine Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Vorschrift gegen das Primärrecht der Gemeinschaft verstößt. Ist dies nicht der Fall, wäre der Senat nur berechtigt, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Mai 2004 bereits im Wege der Vorwirkung geltende RL 2000/78/EG bei der Auslegung von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF zu berücksichtigen. § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF kann allerdings nicht gemeinschaftskonform ausgelegt werden. Die Vorschrift dient zwar der Beschäftigungsförderung. Nach der Gesetzesbegründung sollten mit dem gegenüber dem BeschFG 1996 von 60 Jahren auf 58 Jahre abgesenkten Lebensalter als Voraussetzung für die sachgrundlose Befristung Altersjahrgänge in die Regelung einbezogen werden, deren Anteil am Zugang in die Arbeitslosigkeit nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit besonders groß war (BT-Drucks. 14/4374 S. 20). Der insoweit eindeutige Wortlaut der Vorschrift lässt jedoch die Berücksichtigung der mit ihr verfolgten arbeitsmarktpolitischen Ziele als Voraussetzung für die sachgrundlose Befristung nicht zu.
[51] dd) Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 Abs. 3 EG ist auch deshalb erforderlich, weil der Senat die Grundsätze nicht eindeutig bestimmen kann, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für die Verhältnismäßigkeitsprüfung einer auf dem Merkmal des Alters beruhenden Ungleichbehandlung gelten.
[52] (1) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold ist eine Vorschrift wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF selbst unter Berücksichtigung des den Mitgliedstaaten bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik zustehenden weiten Ermessensspielraums nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt, weil sie das Alter des betroffenen Arbeitnehmers als einziges Kriterium für die Befristung des Arbeitsvertrags festlege, ohne dass nachgewiesen sei, dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen im Zusammenhang mit der Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und der persönlichen Situation des Betroffenen zur Erreichung des Zieles der beruflichen Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer objektiv erforderlich ist. Die Vorschrift gehe daher über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich sei. Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bedeute nämlich – so der Gerichtshof –, dass bei Ausnahmen von einem Individualrecht die Erfordernisse des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich mit denen des angestrebten Zieles in Einklang gebracht werden müssen (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 63, 65, Slg. 2005, I-9981).
[53] (2) In seiner Entscheidung in der Rechtssache Palacios hat der Gerichtshof zwar gleichfalls angenommen, dass es Sache der zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten sei, einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen widerstreitenden Interessen zu finden. Dabei sei darauf zu achten, dass die in diesem Zusammenhang vorgesehenen nationalen Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was angemessen und erforderlich ist, um das von dem betreffenden Mitgliedstaat verfolgte Ziel zu erreichen (EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Palacios de la Villa] – Rn. 71, Slg. 2007, I-8531). Mit seinen folgenden Ausführungen hat der Gerichtshof die Kontrolldichte für die Verhältnismäßigkeitsprüfung gegenüber der Entscheidung in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 61 ff., Slg. 2005, I-9981) jedoch zurückgenommen und nur darauf abgestellt, dass die in der einzigen Übergangsbestimmung des Gesetzes 14/2005 enthaltene Anerkennung von tariflichen Altersgrenzen nicht "unvernünftig" erscheine, um das im Rahmen der nationalen Beschäftigungspolitik angeführte legitime Ziel der Förderung von Vollbeschäftigung durch Begünstigung des Zugangs zum Arbeitsmarkt zu erreichen (EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Palacios de la Villa] – Rn. 72, aaO). Darüber hinaus hat der Gerichtshof einen konkreten Nachweis der beschäftigungsfördernden Wirkung der in Frage stehenden Altersgrenze nicht als erforderlich angesehen. Die danach anzustellende Prüfung stellt daher nur noch eine auf den Einzelfall bezogene richterliche Plausibilitätskontrolle (Bayreuther DB 2007, 2425, 2426; Reichhold ZESAR 2008, 49, 52) bzw. eine angenäherte Willkürprüfung (Temming NZA 2007, 1193, 1198) der die Ungleichbehandlung bewirkenden Norm gegenüber dem legitimen Ziel dar (so bereits BAG 18. Juni 2008 – 7 AZR 116/07 – Rn. 43, NZA 2008, 1302).
[54] ee) Der zu § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF ergangene Unanwendbarkeitsausspruch des Europäischen Gerichtshofs aus seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold kann schließlich nicht ohne erneutes Vorabentscheidungsverfahren auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF übertragen werden, weil diese Vorschrift die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit nur für Arbeitnehmer eröffnet, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet haben. Denn der Gerichtshof hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in der Rechtssache Mangold darauf abgestellt, dass die Anwendung von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF darauf hinauslaufe, dass allen Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, unterschiedslos – gleichgültig, ob und wie lange sie vor Abschluss des Arbeitsvertrags arbeitslos waren – bis zum Erreichen des Alters, ab dem sie ihre Rentenansprüche geltend machen können, befristete, unbegrenzt häufig verlängerbare Arbeitsverträge angeboten werden könnten. Diese große, ausschließlich nach dem Lebensalter definierte Gruppe von Arbeitnehmern laufe damit während eines erheblichen Teils ihres Berufslebens Gefahr, von festen Beschäftigungsverhältnissen ausgeschlossen zu sein, die doch, wie sich aus der Rahmenvereinbarung ergibt, einen wichtigen Aspekt des Arbeitnehmerschutzes darstellten (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 64, Slg. 2005, I-9981). Eine Aussage zu der Gruppe von Arbeitnehmern, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, enthält die Entscheidung nicht. Der Senat hat zwar Zweifel, ob die Unterschiede im Lebensalter bei der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gegenüber der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF angesichts des Fehlens einer auf das Erreichen des angestrebten beschäftigungspolitischen Ziels bezogenen Einschränkung der Befristungsmöglichkeit von Bedeutung sein können. Er kann die Bewertung dennoch nicht selbst vornehmen, da die Verhältnismäßigkeitsprüfung Bestandteil der Beurteilung der Rechtfertigung einer auf dem Merkmal des Alters beruhenden Ungleichbehandlung ist, die jedenfalls nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mangold nicht den Gerichten der Mitgliedstaaten obliegt.
[55] 3. Der Senat hält es angesichts der aus seiner Sicht nicht eindeutigen Rechtslage für geboten, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 TzBfG aF mit einer weiteren Regelung im Gemeinschaftsrecht zu ersuchen. Der Senat hat Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit § 5 Abs. 1 der in die RL 1999/70/EG inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (Vorlagefrage 2) und vermag nicht eindeutig zu beurteilen, ob ein Verstoß von § 14 Abs. 3 TzBfG aF gegen die Vorgaben der Rahmenvereinbarung zu einer Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 TzBfG aF führen kann (Vorlagefrage 3).
[56] a) Nach Auffassung des Senats genügt die Regelung in § 14 Abs. 3 TzBfG aF nicht den sich aus § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung ergebenden Vorgaben für die Vermeidung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse.
[57] Nach § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung haben die Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse sachliche Gründe vorzusehen, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen (Buchst. a) oder die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge bzw. -verhältnisse (Buchst. b) oder die zulässige Zahl der Verlängerung solcher Arbeitsverträge oder -verhältnisse (Buchst. c) festzulegen. § 14 Abs. 3 TzBfG aF erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Die Vorschrift enthält weder einen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsvertrags noch legt sie die insgesamt maximal zulässige Dauer des Arbeitsverhältnisses oder die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Arbeitsverträge fest. § 14 Abs. 3 TzBfG aF ist auch nicht deswegen mit § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung vereinbar, weil es die Rahmenvereinbarung zulässt, die Eigenarten bestimmter Arbeitnehmergruppen zu berücksichtigen. Denn die von § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung zugelassene "Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien" eröffnet keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten mindestens eine der drei in der Regelung genannten Maßnahmen zu ergreifen haben. Aus § 8 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach können die Mitgliedstaaten günstigere Bestimmungen für Arbeitnehmer beibehalten und/oder einführen, als in der Rahmenvereinbarung vorgesehen sind. Im nationalen Schrifttum wird dazu vertreten, wegen der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt sei es für ältere Arbeitnehmer günstiger, sachgrundlos befristet beschäftigt als auf Dauer arbeitslos zu sein (so zB Bauer NZA 2002, 30, 31). Diese Auffassung verkennt, dass es nach § 8 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung ausschließlich auf einen Vergleich der nationalen Regelung mit der Rahmenvereinbarung ankommt und nicht auf die tatsächlichen Auswirkungen beider Regelungen. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 TzBfG aF ist daher gegenüber § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung für den Arbeitnehmer nicht günstiger iSv. § 8 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung.
[58] b) Der Senat kann nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit beurteilen, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) dahingehend zu verstehen ist, dass ein nationales Gericht eine während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie erlassene Vorschrift des nationalen Rechts, die im Widerspruch zu den mit der Richtlinie verfolgten Zielen steht, nicht anwenden darf.
[59] aa) Richtlinien der Gemeinschaft kommt grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zu. Richtlinien wenden sich nach Art. 249 Abs. 3 EG an die Mitgliedstaaten und verpflichten diese, die von der Richtlinie verfolgten Ziele innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umzusetzen. Richtlinien entfalten nur in Ausnahmefällen unmittelbare Wirkungen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich ein Mitgliedstaat, der entgegen seiner Verpflichtung aus Art. 249 Abs. 3 EG eine Richtlinie innerhalb der Umsetzungsfrist nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, seinen Bürgern gegenüber nicht auf die fehlende oder unzureichende Umsetzung berufen. In diesem Fall kann sich der Bürger gegenüber dem Staat unmittelbar auf die Richtlinie berufen, wenn diese eine inhaltlich hinreichend bestimmte und unbedingte Regelung enthält (EuGH 5. Oktober 2004 – C-397/01 [Pfeiffer] – Rn. 104, Slg. 2004, I-8835). Dies gilt auch, wenn der Staat als Arbeitgeber auftritt (EuGH 12. Juli 1990 – C-188/89 [Foster] – Rn. 17, Slg. 1990, I-3313). Die unmittelbare Wirkung einer Richtlinie beschränkt sich aber auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie zwischen Bürgern untereinander kommt nicht in Betracht (EuGH 5. Oktober 2004 – C-397/01 [Pfeiffer] – Rn. 108, aaO; 14. Juli 1994 – C-91/92 [Faccini Dori] – Rn. 24, Slg. 1994, I-3325). Ein Arbeitnehmer kann sich daher gegenüber einem privaten Arbeitgeber nicht unmittelbar auf den Inhalt einer Richtlinie berufen (EuGH 14. Juli 1994 – C-91/92 [Faccini Dori] – Rn. 20, aaO). Liegen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie nicht vor, hat dies nicht zur Folge, dass richtlinienwidriges nationales Recht nicht angewandt werden darf. Das Gemeinschaftsrecht enthält keinen Mechanismus, der es dem nationalen Gericht erlaubt, von einer Vorschrift einer nicht umgesetzten Richtlinie abweichende nationale Vorschriften zu eliminieren (EuGH 26. September 1996 – C-168/95 [Arcaro] – Rn. 40, 43, Slg. 1996, I-4705).
[60] bb) Nach Anwendung dieser Grundsätze käme eine Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF wegen fehlerhafter Umsetzung der RL 1999/70/EG nicht in Betracht. Der Senat vermag aber nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) abweichend von diesen Grundsätzen dahingehend zu verstehen ist, dass eine Vorschrift des nationalen Rechts, die während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie erlassen wurde und die gegen die sich aus der Richtlinie ergebenden Vorgaben verstößt, von den nationalen Gerichten nicht angewandt werden darf.
[61] Der Europäische Gerichtshof hat seine Entscheidung zur Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF darauf gestützt, dass "erstens" der nationale Gesetzgeber während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie keine Vorschriften erlassen darf, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernsthaft in Frage zu stellen, und "zweitens" darauf, dass sich das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters nicht aus der Richtlinie selbst, sondern aus den dieser zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts ergebe (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 67, 74, Slg. 2005, I-9981). Der Senat meint, dass der Europäische Gerichtshof den Unanwendbarkeitsausspruch damit auf eine Doppelbegründung gestützt hat (BAG 26. April 2006 – 7 AZR 500/04 – Rn. 21, BAGE 118, 76 = AP TzBfG § 14 Nr. 23 = EzA TzBfG § 14 Nr. 28). Hierfür spricht, dass er seine Ausführungen zur Vorwirkung von Richtlinien mit dem Wort "erstens" und die Darlegungen zur Unvereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aF mit dem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Wort "zweitens" begonnen hat. Daher könnten die Ausführungen des Gerichtshofs zu dem in Art. 10 Abs. 2 EG enthaltenen Grundsatz der Vertragstreue der Mitgliedstaaten dahingehend zu verstehen sein, dass während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie erlassenes nationales Recht, das mit der Richtlinie unvereinbar ist, generell unangewandt zu bleiben hat. Diese Unsicherheit ist auch nicht durch nachfolgende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs beseitigt worden (aA Temming Altersdiskriminierung im Arbeitsleben S. 405 f.). Zwar hat der Gerichtshof in seiner Entscheidung in der Rechtssache Carp unter Berufung auf seine ständige Rechtsprechung zur Wirkung von Richtlinien unter Privaten ausgeführt, dass eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen könne, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist. Daraus folge, dass sogar eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, nicht als solche Anwendung finden kann (EuGH 7. Juni 2007 – C-80/06 [Carp] – Rn. 20, Slg. 2007, I-4473). Der Gerichtshof hat aber bisher nicht klargestellt, ob ein Verstoß der Mitgliedstaaten gegen die Vorgaben einer Richtlinie zur Unanwendbarkeit einer während des Vorwirkungszeitraums erlassenen Vorschrift des nationalen Rechts führen kann, die im Widerspruch zu dem Richtlinienziel steht. Er hat sich zur Verdeutlichung seiner in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Slg. 2005, I-9981) gegebenen Begründung nur in der Rechtssache Bartsch erneut geäußert (EuGH 28. September 2008 – C-427/06 [Bartsch] – Rn. 24, ABl. EU 2008, Nr. C 301, 6), wobei sich die Ausführungen des Gerichtshofs auf die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts beschränkt haben.
[62] c) Anders als in der Rechtssache Mangold (EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – Rn. 43, Slg. 2005, I-9981) kommt es im Streitfall darauf an, ob § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung dahingehend auszulegen ist, dass er einer Regelung nationalen Rechts wie derjenigen in § 14 Abs. 3 TzBfG aF entgegensteht. Denn bei der in dem Vertrag vom 23. Januar 2004 vereinbarten Befristung handelt es sich nicht um eine Erstbefristung, sondern um die vierte Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags vom 9. Februar 2000. Damit fällt der Sachverhalt in den Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1 Rahmenvereinbarung und der Richtlinie 1999/70/EG.