Bundesverwaltungsgericht
Außerdienstliches Fehlverhalten; Betrug; uneidliche Falschaussage; Höchstmaßnahme; Unterhaltsbeitrag; Sperr-Regelung; Berufssoldat; früherer Soldat; Dienstgradherabsetzung.
1. Bei einer vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage eines Soldaten vor Gericht bildet die Dienstgradherabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
2. Die gerichtliche Höchstmaßnahme (Aberkennung des Ruhegehalts) darf bei einem früheren Berufssoldaten der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee mit dem Dienstgrad eines Feldwebels nicht allein deshalb verhängt werden, weil eine weitere Herabsetzung des Dienstgrades aufgrund der Sperr-Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO nicht zulässig ist (Änderung der Rspr. des Senats).
3. Zur Bemessung der gerichtlichen Disziplinarmaßnahme bei einem bereits u. a. wegen Betruges mehrfach vorbestraften früheren Berufssoldaten, der erneut wegen vierfacher außerdienstlicher Betrugshandlungen sowie zweimal wegen vorsätzlicher uneidlicher Falschaussage vor Gericht rechtskräftig verurteilt worden ist.
4. Zu den Voraussetzungen einer verlängerten Gewährung eines Unterhaltsbeitrages.
BVerwG, Urteil vom 4. 3. 2009 – 2 WD 10.08; TDG Nord (lexetius.com/2009,1131)
[1] Die knapp 33jährige Dienstzeit des 55 Jahre alten früheren Soldaten, der im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten stand und dessen Dienstgrad als Hauptfeldwebel bereits in zwei vorhergehenden gerichtlichen Disziplinarverfahren Anfang 2004 in denjenigen eines Oberfeldwebels und dann im August 2004 in denjenigen eines Feldwebels rechtskräftig herabgesetzt worden war, endete durch Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens der besonderen Altersgrenze seines Dienstgrades mit Ablauf des 31. Juli 2006. Nach Entdeckung mehrerer vor seinem Ausscheiden aus dem Dienst begangener Straftaten wurde er von den zuständigen Strafgerichten rechtskräftig im Jahre 2005 wegen Urkundenfälschung (Fälschung eines Krankenmeldescheines) sowie wegen Betruges in 13 Fällen (außerdienstliche Verkäufe über eine Internetplattform) zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen sowie 2005 wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen zu einer weiteren Geldstrafe von 105 Tagessätzen und des Weiteren im Jahre 2007 wegen falscher uneidlicher Aussage in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Nachträglich wurde eine Gesamtstrafe von 230 Tagessätzen gebildet. Das Truppendienstgericht hat den früheren Soldaten wegen mehrfachen vorsätzlichen Verstoßes gegen das außerdienstliche Achtungs- und Vertrauenswahrungsgebot (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) zur Aberkennung des Ruhegehalts verurteilt. Die dagegen auf die Maßnahmebemessung beschränkte Berufung des früheren Soldaten hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Aus den Gründen: …
[2] 25 2. Die Berufung ist nicht begründet. Das Truppendienstgericht hat dem früheren Soldaten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt. Allerdings war es nach den vom Senat zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des früheren Soldaten getroffenen Feststellungen zur Vermeidung einer unbilligen Härte geboten, den Zeitraum für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages über die im Gesetz vorgesehene Regeldauer von sechs Monaten hinaus auf insgesamt zwölf Monate zu verlängern. …
[3] 58 f) Die gebotene Gesamtwürdigung des schuldhaften Fehlverhaltens des früheren Soldaten und die dafür erforderliche Abwägung aller be- und entlastenden Umstände hat ergeben, dass nach der Überzeugung des Senats die von der Truppendienstkammer verhängte Disziplinarmaßnahme einer Aberkennung des Ruhegehalts unabweisbar notwendig ist.
[4] 59 Die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts setzt bei einem Soldaten im Ruhestand nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 65 Abs. 1 Satz 2 WDO voraus, dass die Entfernung aus dem Dienstverhältnis gerechtfertigt wäre, falls sich der Soldat im Ruhestand noch im Dienst befände. Dies wäre dann der Fall, wenn der betreffende Soldat durch sein Dienstvergehen bei der gebotenen objektiven Betrachtung das Vertrauen des Dienstherrn in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit und damit eine zentrale Grundlage des Dienstverhältnisses in besonders grobem Maße erschüttert und letztlich zerstört hätte (vgl. u. a. Urteile vom 19. Juli 1995 BVerwG 2 WD 9.95 BVerwGE 103, 265 = Buchholz 236. 1 § 7 SG Nr. 4 = NZWehrr 1996, 164, vom 6. Mai 2003 BVerwG 2 WD 29.02 BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235. 01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31 und vom 27. November 2003 BVerwG 2 WD 6.03 -). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage ist dabei der Zeitpunkt, zu dem das Wehrdienstgericht nach Maßgabe des § 58 Abs. 7 i. V. m. § 38 Abs. 1 WDO über die Verhängung der gebotenen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme zu entscheiden hat.
[5] 60 Nach diesem Maßstab wäre der frühere Soldat nach Auffassung des Senats – bei fiktiver Betrachtung – als Berufssoldat und auch als Soldat auf Zeit für den Dienstherrn untragbar, sodass seine Entfernung aus dem Dienstverhältnis geboten wäre. Es liegt bei objektiver Betrachtung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht nur eine grobe Erschütterung, sondern eine vollständige Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn in die persönliche Integrität und Zuverlässigkeit des früheren Soldaten vor, die, falls er sich noch im Dienst befände, sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen die Verhängung der Höchstmaßnahme erforderlich machen würde.
[6] 61 Aussagedelikte von Soldaten vor Gericht werden in ständiger Rechtsprechung des Senats stets als so schwerwiegend eingestuft, dass eine nach außen sichtbare Maßnahme erforderlich ist, und zwar bei vorsätzlichem Meineid grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienstverhältnis (Urteile vom 13. Dezember 1972 BVerwG 2 WD 30.72 BVerwGE 117, 117 = Buchholz 236. 1 § 13 SG Nr. 9 und vom 16. Oktober 2002 BVerwG 2 WD 23.01 und 32. 02 – NVwZ RR 2003, 364 m. w. N.), bei uneidlicher Falschaussage die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad (vgl. u. a. Urteile vom 7. Februar 1980 BVerwG 2 WD 67.79 BVerwGE 63, 331 = NZWehrr 1980, 190 = RiA 1980, 190 und vom 24. Oktober 1991 BVerwG 2 WD 9.91 BVerwGE 93, 171 = NZWehrr 1993, 78 = NVwZ RR 1992, 643) und bei fahrlässiger Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt vor Gericht eine Dienstgradherabsetzung oder – in besonderen Fällen – eine laufbahnhemmende Pflichtenmahnung (Urteil vom 25. September 1987 BVerwG 2 WD 24.87 -). Hieran hält der Senat zur Wahrung der im Interesse der Rechtssicherheit gebotenen Kontinuität der Rechtsprechung und im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie aus generalpräventiven Gründen fest. Die Dienstgradherabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad bildet deshalb bei einer vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage für den Senat den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. auch Urteil vom 8. Mai 2003 BVerwG 2 WD 45.02 Buchholz 235. 01 § 38 WDO 2002 Nr. 5).
[7] 62 Da der frühere Soldat aufgrund der bereits zuvor erfolgten beiden Degradierungen den für einen früheren Berufssoldaten der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee untersten Dienstgrad eines Feldwebels führt, scheidet im vorliegenden Fall gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO eine weitergehende Degradierung in einen Mannschaftsdienstgrad jedoch aus. Damit kommen nach § 58 Abs. 2 Satz 1 WDO lediglich eine Kürzung des Ruhegehalts (Nr. 1), eine Herabsetzung in der Besoldungsgruppe (Nr. 2) oder die Höchstmaßnahme (Nr. 4) WDO in Betracht. Auf die Höchstmaßnahme darf dabei nicht allein deshalb zurückgegriffen werden, weil eine weitere Herabsetzung des Dienstgrades nicht mehr zulässig ist. Vielmehr muss dann, wenn eine an sich gebotene Dienstgradherabsetzung aufgrund der Sperr-Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO ausscheidet, – entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats – in der Regel auf die nächst niedrigere gerichtliche Disziplinarmaßnahme zurückgegriffen werden, weil diese in einem solchen Falle zulässigerweise allein zur Verfügung steht, sofern die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht erfüllt sind. Das folgt nicht nur aus dem Vorbehalt des Gesetzes, sondern auch aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Gebot der Verhältnismäßigkeit, das es verbietet, anstelle der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme nur deshalb auf eine schwerere Maßnahme zurückzugreifen, weil es für die an sich gebotene gerichtliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer gesetzlichen Sperr-Regelung an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Im vorliegenden Fall kann jedoch ohnehin aus anderen Gründen von der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden. Dafür sind mehrere Umstände maßgebend.
[8] 63 Der frühere Soldat hat sich nach den getroffenen Feststellungen nämlich nicht nur einer, sondern zweier vorsätzlicher uneidlicher Falschaussagen schuldig gemacht. Daran ändert auch nichts, dass er einmal in erster Instanz und im gleichen Verfahren anschließend nochmals im Berufungsverfahren falsch aussagte. Von einer einmaligen Verfehlung kann insoweit keine Rede sein. Der frühere Soldat ist vom jeweiligen Vorsitzenden des Gerichts zuvor jedes Mal über seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage eingehend belehrt und auf die strafrechtlichen Folgen einer eidlichen oder auch uneidlichen Falschaussage hingewiesen worden. Das ergibt sich aus dem jeweiligen Verhandlungsprotokoll und ist auch vom früheren Soldaten nicht bestritten worden. Ungeachtet dessen hat er sich jeweils dazu entschlossen, als Zeuge vorsätzlich die Unwahrheit zu sagen. Dieses zweifache kriminelle Fehlverhalten wiegt sehr schwer.
[9] 64 Weiterhin ist in die Abwägung einzustellen, dass der frühere Soldat nach den den Senat bindenden Feststellungen der Truppendienstkammer in weiteren sechs Fällen außerdienstliche Betrugshandlungen (§ 263 StGB) begangen hat. Bei einem außerdienstlich von einem Offizier begangenen Betrug nimmt der Senat in der Regel ebenfalls eine Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. dazu u. a. Urteile vom 10. Juni 1987 BVerwG 2 WD 12.87 BVerwGE 83, 298 = NZWehrr 1988, 164, vom 21. Januar 1997 BVerwG 2 WD 38.96 BVerwGE 113, 45 = Buchholz 235. 0 § 34 WDO Nr. 24 = NZWehrr 1997, 167, vom 25. Juli 1990 BVerwG 2 WD 16.89 BVerwGE 86, 309 = NZWehrr 1991, 116 und vom 28. November 2007 BVerwG 2 WD 28.06 BVerwGE 130, 65 = Buchholz 450. 2 § 124 WDO 2002 Nr. 1 = DokBer 2008, 113). Bei einem Berufssoldaten, der im Tatzeitraum den Dienstgrad eines Hauptfeldwebels (bzw. seit der seit dem 15. März 2005 rechtskräftigen Verurteilung durch das Truppendienstgericht Nord den eines Oberfeldwebels) innehatte, ist jedenfalls bei sechs außerdienstlichen Betrugshandlungen ebenfalls von einer Dienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen auszugehen. Bei einer solchen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme kann es jedoch nur dann bleiben, wenn keine anderen schweren Pflichtverletzungen hinzutreten, was hier jedoch im Hinblick auf die beiden zuvor erörterten uneidlichen Falschaussagen der Fall ist, die jede für sich bereits die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad erfordern.
[10] 65 Entscheidend zum Nachteil des früheren Soldaten fallen aber bei der Maßnahmebemessung neben der Vielzahl der schuldhaften – vorsätzlichen – Dienstpflichtverletzungen und dem kriminellen Unrechtsgehalt seines Fehlverhaltens seine erhebliche disziplinare Vorbelastung, seine in den letzten Jahren bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst sehr unzureichenden dienstlichen Leistungen sowie seine in der Berufungshauptverhandlung sehr deutlich gewordene – langjährige – mangelnde Bereitschaft ins Gewicht, sich mit den Ursachen seines Fehlverhaltens in hinreichendem Maße auseinanderzusetzen und hieraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies zusammen genommen macht die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt einer Aberkennung des Ruhegehalts unausweichlich.
[11] 66 Der frühere Soldat hat durch sein hier in Rede stehendes, von den Anschuldigungspunkten 1 bis 6 erfasstes vielfaches kriminelles Fehlverhalten gezeigt, dass er aus den bereits zuvor gegen ihn verhängten gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen nicht die gebotenen Konsequenzen für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gezogen hat und offenkundig auch nicht dazu bereit war. Auch nachdem er durch Urteil des Truppendienstgerichts Nord im Januar 2004 wegen seiner damals festgestellten Dienstpflichtverletzungen in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden war und im Gefolge dessen mit Wirkung vom 1. April 2004 nach § 126 WDO vorläufig des Dienstes enthoben worden war, sah er sich nicht gehindert, bereits am 12. und 17. Juli 2004 (Anschuldigungspunkte 1 bis 3) erneut strafrechtlich und damit auch disziplinarrechtlich negativ in Erscheinung zu treten. Selbst der Umstand, dass er kurz darauf durch Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 wegen weiterer schuldhafter Dienstpflichtverletzungen in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt wurde, konnte ihn nicht dazu veranlassen, sich künftig in Übereinstimmung mit den Strafgesetzen zu verhalten und seine Dienstpflichten im außerdienstlichen Bereich ordnungsgemäß zu erfüllen. … Ersichtlich war es dem früheren Soldaten vollständig gleichgültig, was er mit seinem Fehlverhalten anrichtete und welche Konsequenzen für sich und andere damit verbunden waren. Dieses Verhalten offenbart ein Maß an Unbelehrbarkeit und Uneinsichtigkeit, das nicht nur bei einem im Wehrdienstverhältnis stehenden Soldaten, sondern auch bei einem Soldaten im Ruhestand das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn zerstört.
[12] 67 Dieses unabdingbare Vertrauensverhältnis ist auch in der Folgezeit nicht wieder hergestellt worden. Zwar sind zwischenzeitlich nach den dem Senat zur Verfügung stehenden Informationen keine weiteren Straftaten bekannt geworden. In der Berufungshauptverhandlung ist jedoch deutlich geworden, dass sich der frühere Soldat mit seinem festgestellten Fehlverhalten bisher nur relativ oberflächlich auseinandergesetzt hat. Obwohl in der Berufungshauptverhandlung am 13. Juni 2006 im Verfahren BVerwG 2 WD 1.06 ausgiebig mit ihm und dem als sachverständigen Zeugen vom Senat vernommenen Stationsarzt die möglichen psychischen und sozialen Hintergründe der Dienstpflichtverletzungen sowie die Notwendigkeit der Inanspruchnahme professioneller Hilfe erörtert worden war, hat es der frühere Soldat anschließend bis heute an den notwendigen Konsequenzen fehlen lassen. … (wird ausgeführt)
[13] 71 Dieses Gesamtverhalten reicht nicht aus, um die durch sein festgestelltes langjähriges gravierendes Fehlverhalten bewirkte Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit auszugleichen oder auch nur wesentlich zu mindern.
[14] 72 Zudem ist in generalpräventiver Hinsicht zu berücksichtigen, dass angesichts der Vielzahl der kriminellen Verfehlungen des früheren Soldaten, ihres erheblichen Gewichts sowie seiner gezeigten Unbelehrbarkeit jeder Eindruck einer Bagatellisierung der schuldhaften Dienstpflichtverletzungen vermieden werden muss, die nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen im dienstlichen Umfeld des früheren Soldaten bekannt geworden sind. Der Umstand, dass der frühere Soldat seit dem 1. April 2004 vorläufig des Dienstes enthoben war und mit Ablauf des 31. Juli 2006 in den Ruhestand getreten ist, gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Aus generalpräventiven Gründen erscheint es dem Senat notwendig, unmissverständlich deutlich zu machen, dass ein gravierendes, über Jahre hinweg erfolgendes wiederholtes kriminelles und disziplinares Fehlverhalten eines Soldaten nicht ohne schwerwiegende disziplinarrechtliche Konsequenzen bleibt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Soldat relativ kurze Zeit danach in den Ruhestand tritt und aus der Bundeswehr ausscheidet.
[15] 73 Damit ist die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts unabweislich.
[16] 74 3. Im Hinblick auf die objektiv sehr schwierige finanzielle Situation des früheren Soldaten und seiner Familienangehörigen hat der Senat jedoch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 WDO bejaht und den Zeitraum für den Bezug des Unterhaltsbeitrages über die im Gesetz als Regelfall vorgesehene Dauer von sechs Monaten hinaus auf insgesamt zwölf Monate verlängert. Zur Vermeidung einer unbilligen Härte ist dies notwendig, weil der 55jährige frühere Soldat mit der durch dieses Urteil erfolgenden Aberkennung des Ruhegehalts nach § 65 Abs. 1 WDO die Rechte als Soldat im Ruhestand, insbesondere den Anspruch auf Ruhegehalt und den Anspruch auf den noch nicht ausgezahlten Ausgleich nach § 38 SVG verliert. Er wird zwar bei der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Eine Rente wird er jedoch erst bei Eintritt des Renteneintrittsalters erhalten. Zudem wird es schon aufgrund seines Alters und seiner Behinderung für ihn in der gegenwärtigen Wirtschaftslage nicht leicht werden, bald eine neue Beschäftigung zu finden, aus der er seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie bestreiten kann. Zwar hat es, wie oben in anderem Zusammenhang dargelegt, bisher seit Jahren an entsprechenden Bemühungen des früheren Soldaten gefehlt, eine geeignete Verdienstmöglichkeit zu finden. Dies ändert jedoch nichts an der nunmehr außergewöhnlich schwierigen wirtschaftlichen Situation, auf die er sich einzustellen hat, zumal er erhebliche Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau und seine Kinder zu erbringen hat. Angesichts der vom Senat festgestellten konkreten Umstände bedarf es insoweit keiner weiteren Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 63 Abs. 3 Satz 2 WDO. Eine ausdrückliche Antragstellung sieht das Gesetz nicht vor.