Bundesgerichtshof
a) Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht.
b) Wird eine Formmarke nie isoliert, sondern nur zusammen mit weiteren Kennzeichen benutzt, sind die Angaben zur Marktposition, zu Umsätzen und Werbeankündigungen auf die Zeichenkombination bezogen und deshalb für die Durchsetzung der reinen Formmarke i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Regelfall nicht genügend aussagekräftig.
c) An den Durchsetzungsgrad einer Formmarke i. S. des § 8 Abs. 3 MarkenG, die eine von den typischen Merkmalen der Produkte dieser Warengattung abweichende Gestaltung aufweist, sind keine besonders hohen Anforderungen zu stellen.
BGH, Beschluss vom 9. 7. 2009 – I ZB 88/07 – ROCHER-Kugel; Bundespatentgericht (lexetius.com/2009,3824)
[1] Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff beschlossen:
[2] Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 9. Mai 2007 aufgehoben.
[3] Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
[4] Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.
[5] Gründe: I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 7. August 2001 aufgrund Verkehrsdurchsetzung die nachfolgend abgebildete farbige (hell- und dunkelbraun) dreidimensionale Marke Nr. 397 35 468 für die Ware "Pralinen" eingetragen: ...
[6] Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil diese nicht markenfähig sei und die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Marke nicht vorlägen. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag zurückgewiesen.
[7] Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und die Löschung der Marke angeordnet (BPatG GRUR 2008, 420).
[8] Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Antragstellerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
[9] II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die angegriffene Marke sei nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG zu löschen, weil die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vorlägen und nicht durch Verkehrsdurchsetzung i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
[10] Die angegriffene Marke sei allerdings nicht unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MarkenG in das Register eingetragen worden. Die Pralinenform weise keine technische Wirkung oder Funktion i. S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auf.
[11] Die Wirkung der Pralinenform liege in einem ästhetisch-haptischen Empfinden und könne nicht dem Bereich der Technik zugeschrieben werden. Auch der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sei nicht gegeben. Der Praline werde nicht durch die Form, sondern durch ihren Geschmack ein wesentlicher Wert verliehen. Dieser hänge vor allem von der Rezeptur ab und nicht von der Form.
[12] Der angegriffenen Marke fehle jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Verkehr bei Pralinen daran gewöhnt sei, mit der Form eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Die Marke greife mit der Kugelform auf eine geometrische Grundform zurück. Die raspelige Oberfläche wandele die Grundform nur unwesentlich ab und lasse die streitige Form nur als eine weitere Variante in einem reichlich vorhandenen Formenschatz erscheinen.
[13] Die angegriffene Marke unterliege außerdem einem Freihaltebedürfnis i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. In Anbetracht der Einfachheit der Form sei von einem erheblichen Interesse der Allgemeinheit auszugehen, die streitige Form frei benutzen zu dürfen.
[14] Die angegriffene Marke habe nicht als durchgesetzte Marke eingetragen werden dürfen. Es sei zwar davon auszugehen, dass die Markeninhaberin die Pralinenform als Marke benutzt habe. Das im Eintragungsverfahren zur Verkehrsdurchsetzung vorgelegte Material sei aber nicht ausreichend gewesen.
[15] Das demoskopische Gutachten von Juli 1997 leide an Mängeln, die dazu führten, dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden könne. Die maßgeblichen Verkehrskreise seien nicht zutreffend bestimmt worden. Es sei auf die Gesamtbevölkerung abzustellen; nur diejenigen Verkehrskreise seien außer Betracht zu lassen, die der in Rede stehenden Ware gänzlich desinteressiert gegenüberstünden. Die Mängel des demoskopischen Gutachtens gingen zu Lasten der Markeninhaberin, der die Beweislast für die Verkehrsdurchsetzung obliege. Werde auf die Gesamtbevölkerung abgestellt, liege der maßgebliche Zuordnungsgrad bei 65, 8 %, der um eine Fehlertoleranz von 3, 8 % zu kürzen sei; es verbleibe ein Zuordnungsgrad von 62 %.
[16] Bei dreidimensionalen Marken, die lediglich eine Grundform der Ware zum Gegenstand hätten oder nur unwesentlich darüber hinausgingen, sei eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung erforderlich. Diese werde mit einem Zuordnungsgrad von 62 % nicht erreicht. Auch die im Löschungsverfahren beigebrachten Unterlagen zur Marktposition, zu Umsätzen und zu Werbeausgaben seien kein hinreichender Beleg zum Nachweis einer einhelligen Verkehrsdurchsetzung.
[17] Die Schutzhindernisse seien auch nicht durch eine nachträgliche Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag überwunden gewesen. Dem von der Markeninhaberin vorgelegten Gutachten vom Frühjahr 2005 sei ein Zuordnungsgrad von 71 % zu entnehmen. Davon sei eine Fehlertoleranz von 4 % abzuziehen. Der maßgebliche Zuordnungsgrad von 67 % sei ebenfalls nicht ausreichend.
[18] III. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beurteilung, mit der das Bundespatentgericht die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Formmarke mangels Verkehrsdurchsetzung bejaht hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[19] 1. Das Bundespatentgericht ist – ohne dies ausdrücklich anzuführen – zutreffend davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Zeichen nach § 3 Abs. 1 MarkenG markenfähig ist. Dreidimensionale Gestaltungen, die die Form einer Ware darstellen, sind grundsätzlich abstrakt zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen geeignet. Gegenteiliges ist vorliegend nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
[20] 2. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung darauf, der angegriffenen Marke stünde bereits das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 MarkenG entgegen.
[21] a) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich, wenn es ausschließlich aus einer Form besteht, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist. Die Form darf also nicht ausschließlich aus Merkmalen bestehen, die für die Warenart wesensnotwendig sind, um ihren Zweck zu erfüllen. Dies kann nur angenommen werden, wenn die Merkmale die Grundform der Warengattung ausmachen, für die Schutz beansprucht wird (BGH, Beschl. v. 20. 11. 2003 – I ZB 18/98, GRUR 2004, 506, 507 = WRP 2004, 755 – Stabtaschenlampen II; Beschl. v. 25. 10. 2007 – I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 Tz. 16 = WRP 2008, 791 – Milchschnitte). Davon kann bei der angegriffenen Marke, die eine Kugelform mit einer unregelmäßigen raspeligen Oberfläche kombiniert, nicht ausgegangen werden.
[22] Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden, auch wenn die Kugelform vielfach anzutreffen ist. Eine Grundform hat sich danach für die Warengattung "Pralinen" nicht herausgebildet. Zudem zeichnet sich die Marke durch die unregelmäßige Oberflächenstruktur der abgebildeten Praline aus, die sich von einer einfachen Kugelform unterscheidet.
[23] b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung steht der angegriffenen Marke auch nicht das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Danach ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich, das ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Dies setzt voraus, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nur einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 18. 6. 2002 – C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 83 – Philips/Remington; BGH, Beschl. v. 17. 11. 2005 – I ZB 12/04, GRUR 2006, 589 Tz. 18 = WRP 2006, 900 – Rasierer mit drei Scherköpfen). Das Bundespatentgericht hat zutreffend festgestellt, dass die wesentlichen Merkmale der beanspruchten Form – die Kugelform und die raspelige Oberfläche – eine ästhetische und eine haptische, jedoch keine technische Wirkung erzeugen.
[24] Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend, der Ausschlussgrund greife auch dann ein, wenn die Form technisch bedingt sei, um eine Wirkung zu erzielen, die auch auf nichttechnischem Gebiet liegen könne.
[25] Die Wirkung der Praline der Markeninhaberin liege in dem Geschmackserlebnis, das durch die äußere Form mit den Merkmalen der Kugelform und der raspeligen Oberfläche mitbestimmt werde. Diese Merkmale seien deshalb funktional. Würde die angegriffene Produktform nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen, würde der Wettbewerb dauerhaft daran gehindert, Produkte auf den Markt zu bringen, die das gleiche sensorische Erlebnis im Mund auslösten.
[26] Mit dieser Erwägung kann der Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG indessen nicht begründet werden. Die fragliche Pralinenform ist nicht deswegen technisch bedingt, weil sich aufgrund der Kugelform und der raspeligen Oberfläche eine bestimmte geschmackliche Wirkung erzielen lässt. Die Form mag damit zur Erreichung einer geschmacklichen, nicht aber einer technischen Wirkung erforderlich sein (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 3 Rdn. 98). Zutreffend hat das Bundespatentgericht angenommen, dass – schon nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – nur solche Formgestaltungen vom Markenschutz ausgeschlossen sind, bei denen (auch) die von der Form erzeugte Wirkung technischer Natur ist.
[27] c) Das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist ebenfalls nicht gegeben. Die angegriffene Marke besteht nicht ausschließlich aus einer Form, die der Marke einen wesentlichen Wert verleiht. Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vornherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrer ästhetischen Wirkung zumindest auch die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann (BGH, Beschl. v. 24. 5. 2007 – I ZB 37/04, GRUR 2008, 71 Tz. 18 = WRP 2008, 107 – Fronthaube; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 3 Rdn. 107; Koschtial, GRUR Int. 2004, 106, 111). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr bei der beanspruchten Pralinenform gerade in der ästhetischen Formgebung die eigentliche handelbare Ware sieht und andere Gesichtspunkte, wie zum Beispiel der Geschmack der fraglichen Praline, für den Wert der Ware nur eine völlig untergeordnete Rolle spielen. Es kann deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Merkmale der beanspruchten Warenform auch auf die betriebliche Herkunft hinweisen können.
[28] Die Form verleiht der Marke auch nicht deshalb einen wesentlichen Wert i. S. von § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, weil durch die in Rede stehende Pralinenform ein Geschmack erzeugt wird, der sich nur durch diese und keine andere Form erzielen lässt.
[29] Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts lässt sich der Darstellung der Pralinenform nur entnehmen, dass die Praline mit einer unterschiedlich dicken Schokoladenschicht überzogen ist und ihre Oberfläche aus Raspeln von Kokos, Nuss oder sonstigen Bestandteilen besteht. Daraus hat das Bundespatentgericht gefolgert, dass die geschützte Form keinen sicheren Rückschluss auf den Geschmack einer entsprechend gestalteten Praline erlaubt. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Erfolg hält die Rechtsbeschwerde ihnen entgegen, dass durch die angegriffene Form ein bestimmtes Geschmackserlebnis erzeugt wird, das sich nur durch diese Form erzielen lässt.
[30] Damit setzt die Rechtsbeschwerde lediglich ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
[31] 3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, der angegriffenen Marke fehle für die Ware "Pralinen" von Hause aus jegliche Unterscheidungskraft i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
[32] a) Unterscheidungskraft i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber den Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGHZ 167, 278 Tz. 18 – FUSSBALL WM 2006; BGH, Beschl. v. 24. 4. 2008 – I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 – Marlene-Dietrich-Bildnis; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 70). Diesem großzügigen Maßstab steht ungeachtet der vom Bundespatentgericht geäußerten Zweifel nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften entgegen, wonach sich die Prüfung nicht auf ein Mindestmaß beschränken darf, sondern streng und umfassend sein muss (EuGH, Urt. v. 6. 5. 2003 – C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Tz. 59 – Libertel; Urt. v. 12. 2. 2004 – C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz. 123 – Postkantoor; Urt. v. 21. 10. 2004 – C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 45 – DAS PRINZIP DER BEQUEM-LICHKEIT). Dieses Erfordernis besagt nur, dass alle Gesichtspunkte umfassend zu würdigen sind und nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf (BGH, Beschl. v. 22. 1. 2009 – I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Tz. 11 = WRP 2009, 963 – My World; a. A. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96 f.). Es bezieht sich entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts auf den Prüfungsumfang und nicht auf den Prüfungsmaßstab.
[33] b) Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen. Bei ihnen sind die Kriterien für die Unterscheidungskraft keine anderen als diejenigen, die für die übrigen Markenkategorien gelten (vgl. EuGH, Urt. v. 22. 6. 2006 – C-24/05, Slg. 2006, I-5677 = GRUR Int. 2006, 842 Tz. 24 – Storck/HABM; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 23 – Fronthaube). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren einen Herkunftshinweis sieht. Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, wird allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. EuGH, Urt. v. 7. 10. 2004 – C-136/02, Slg. 2004, I-9165 = GRUR Int. 2005, 135 Tz. 30 – Maglite; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 25 – Storck/HABM).
[34] c) Dementsprechend geht der Senat in seiner Rechtsprechung bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, trotz Anlegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass solchen Marken die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 – Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 – Fronthaube). Bei dreidimensionalen Marken ist danach regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert. Geht die Form darüber hinaus und zeichnet sie sich insbesondere durch besondere Merkmale aus, so ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder sie als Hinweis auf die Herkunft der Waren versteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form keiner konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (BGHZ 166, 65 Tz. 17 – Porsche Boxster).
[35] Hierfür kann es eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt ist, dass die Warenform auf die Herkunft hindeutet (vgl. BGH, Beschl. v. 4. 12. 2003 – I ZB 38/00, GRUR 2004, 329, 330 = WRP 2004, 492 – Käse in Blütenform I).
[36] d) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr auf diesem Warengebiet daran gewöhnt sei, mit der Form der Ware eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Der Gesamteindruck der in Rede stehenden Marke werde zum einen durch die Kugelform und zum anderen durch die raspelige Oberfläche bestimmt. Mit der Kugelform greife die Marke eine geometrische Grundform auf, die bei Pralinen vielfach eingesetzt werde. Die Oberflächengestaltung bilde eine naheliegende Variante der Kugelform, die vom Verkehr nicht als herkunftshinweisendes Merkmal aufgefasst werde. Der Verkehr schreibe die raspelige Oberfläche vielmehr allein dem Umstand zu, dass sich unter dem Schokoladenüberzug Nuss- oder Mandelsplitter befänden. Vergleichbare Oberflächenformen seien aus benachbarten Warengebieten allgemein bekannt.
[37] e) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, im Lebensmittelbereich liege es nahe, in einer bestimmten Form eines Lebensmittels einen Herkunftshinweis zu sehen.
[38] Mit diesen Ausführungen setzt die Rechtsbeschwerde nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle der gegenteiligen Feststellung des Bundespatentgerichts, das für die Warenart Pralinen eine Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung der Warenform als Herkunftshinweis verneint hat (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 3. 2. 2005 – I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 416 = WRP 2005, 610 – Russisches Schaumgebäck; BGHZ 171, 89 Tz. 27 – Pralinenform). Dasselbe gilt für die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Kombination der Kugelform mit der raspeligen Oberfläche auf dem fraglichen Warengebiet einzigartig sei. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts ist die Oberflächengestaltung aufgrund der Zutaten der Praline naheliegend und wird deshalb vom Verkehr nur als Variante der bekannten Grundform angesehen. Varianten handelsüblicher Formen werden jedoch – auch auf dem Süßwarensektor – in der Regel nicht als Herkunftshinweis aufgefasst (vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 29 f. – Storck/HABM).
[39] Das Bundespatentgericht hat – entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde – auch keinen zu strengen Prüfungsmaßstab angewandt. Es ist von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ausgegangen, wonach einer Marke, die in der Form einer Ware besteht, nur dann Unterscheidungskraft zukommt, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht (vgl. EuGH, Urt. v. 12. 1. 2006 – C-173/04, Slg. 2006, I-551 = GRUR 2006, 233 Tz. 31 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 26 – Storck/HABM). Mit dem Merkmal der erheblichen Abweichung ist jedoch nur gemeint, dass die Besonderheiten, die die beanspruchte Form gegenüber üblichen Gestaltungen aufweist, geeignet sein müssen, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 – Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 – Fronthaube; Bergmann, GRUR 2006, 793, 794). Zusätzliche Kriterien hat auch das Bundespatentgericht nicht aufgestellt. Es ist vielmehr zu dem aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Schluss gelangt, dass sich die angegriffene Marke in den reichlich vorhandenen Formenschatz auf diesem Warengebiet eingliedert und keinen individualisierenden Gehalt aufweist.
[40] 4. Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch die Voraussetzungen des Eintragungshindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Waren dienen können. Da sich die in Rede stehende Marke darin erschöpft, die äußere Form der Ware wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit (vgl. BGH, Beschl. v. 20. 11. 2003 – I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 505 = WRP 2004, 752 – Gabelstapler II; Beschl. v. 3. 4. 2008 – I ZB 46/05, GRUR 2008, 1000 Tz. 16 = WRP 2008, 1432 – Käse in Blütenform II). Es besteht die Gefahr, dass Anmelder, die zunächst keine eigene Benutzungsabsicht verfolgen müssen, eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisieren und so die Gestaltungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränken (BGHZ 166, 65 Tz. 21 – Porsche Boxster).
[41] Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass für die angegriffene Form ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung besteht, weil sie nur wenig über die – für Pralinen naheliegende – Form der Kugel hinausgeht. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
[42] 5. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der in Rede stehenden Pralinenform i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Zeitpunkt der Eintragung verneint hat.
[43] a) Das Bundespatentgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer markenmäßigen Verwendung der Pralinenform erfüllt sind.
[44] aa) Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige und damit nicht lediglich eine beschreibende Verwendung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen, also einer Benutzung, die dazu dient, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Tz. 64 – Philips/Remington; BGH, Beschl. v. 23. 10. 2008 – I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 Tz. 18 = WRP 2009, 815 – POST II). Bei einer dreidimensionalen Marke ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntheit eines Produkts in der Gestalt der Marke nicht notwendig auch bedeutet, dass die Produktaufmachung in gleichem Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 36 – Pralinenform).
[45] bb) Gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die angegriffene Pralinenform sei als Marke benutzt worden, wendet sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung ohne Erfolg. Aus dem Umstand, dass ein erheblicher Teil der Verkehrskreise das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordnet, kann grundsätzlich auf die Bekanntheit der Warenform auch als Herkunftshinweis geschlossen werden (BGH GRUR 2008, 510 Tz. 25 – Milchschnitte). Hiervon ist nach dem von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren und im Löschungsverfahren vorgelegten Verkehrsgutachten der GfK Marktforschung von Juli 1997 auszugehen. Aus dem Umstand, dass mehr als 50 % der Befragten das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordneten, ergibt sich, dass die Produktform dem überwiegenden Teil des Publikums nicht nur bekannt war, sondern von diesen Verkehrskreisen auch als Herkunftshinweis aufgefasst wurde.
[46] Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Praline, deren Gestaltung Gegenstand der angegriffenen Marke ist, verpackt vertrieben wird. Die Marke ist dadurch zwar für den Verkehr zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung nicht wahrnehmbar. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Eine Marke kann auch dann herkunftshinweisend und damit markenmäßig benutzt werden, wenn sie erst im Stadium des Verbrauchs der Ware wahrgenommen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 12. 11. 2002 – C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 57 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 71 – Storck/HABM; BGHZ 171, 89 Tz. 25 – Pralinenform).
[47] b) Das Bundespatentgericht hat angenommen, bei dreidimensionalen Marken, die lediglich die Grundform einer Ware zum Gegenstand haben oder – wie hier – nicht wesentlich über die Grundform hinausgingen, komme eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad als 50 % in Betracht. Es sei eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit erforderlich. Insoweit könne nichts anderes gelten als für glatt beschreibende Angaben.
[48] Eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit sei durch die von der Markeninhaberin vorgelegten Verkehrsgutachten von Juli 1997 und vom Frühjahr 2005 nicht nachgewiesen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[49] aa) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings dagegen, dass das Bundespatentgericht bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung maßgeblich auf die Verkehrsgutachten abgestellt hat und den weiteren von der Markeninhaberin vorgelegten Unterlagen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.
[50] (1) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH, Urt. v. 4. 5. 1999 – C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 54 – Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 19. 1. 2006 – I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 – LOTTO). Die Verkehrsbefragung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung. Daneben können auch der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 51 – Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 21. 2. 2008 – I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Tz. 28 = WRP 2008, 1087 – VISAGE). Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, verbietet es das Gemeinschaftsrecht jedoch nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 53 – Windsurfing Chiemsee).
[51] (2) Solche Schwierigkeiten sind insbesondere gegeben, wenn der Markenschutz für ein Gestaltungsmerkmal beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt worden ist.
[52] In einem solchen Fall lassen die Umstände, die – wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen – sonst auf eine Verkehrsdurchsetzung hinweisen können, regelmäßig nur darauf schließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Tz. 29 – VISAGE). So verhält es sich im Streitfall. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts wurde die in Rede stehende Formmarke nie isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit weiteren Kennzeichen wie den Wortzeichen "ROCHER" und "FERRERO" benutzt. Die vorgelegten Beweismittel zur Marktposition, zu den Umsätzen und zu den Werbeausgaben sind deshalb für die Durchsetzung der in Rede stehenden Formmarke nicht genügend aussagekräftig.
[53] bb) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch mit Erfolg, das Bundespatentgericht habe für die Eintragungsfähigkeit der in Rede stehenden Marke einen zu hohen Durchsetzungsgrad für erforderlich gehalten.
[54] (1) Für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads ist nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Entscheidend ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr nur als beschreibende oder übliche Angabe, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht. Deshalb kann – sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen – die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden (BGH, Beschl. v. 1. 3. 2001 – I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 – REICH UND SCHOEN; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 20 – LOTTO; GRUR 2008, 710 Tz. 26 – VISAGE). Die Anforderungen sind umso höher, je weniger sich das betreffende Zeichen nach seinem spezifischen Charakter als Herkunftshinweis eignet (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 50 – Windsurfing Chiemsee; BGH, Urt. v. 25. 10. 2007 – I ZR 18/05, GRUR 2008, 505 Tz. 28 = WRP 2008, 797 – TUC-Salzcracker; Fezer, WRP 2005, 1, 18; Ströbele, GRUR 2008, 569, 570). Handelt es sich um einen Begriff, der die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen ein Bedeutungswandel und damit eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht (vgl. BGH GRUR 2009, 669 Tz. 25 – POST II). Der Senat hat in einzelnen Fällen eine sehr hohe oder eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung für notwendig erachtet (vgl. BGHZ 156, 112, 125 – Kinder I; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 24 – LOTTO). Entsprechend hohe Anforderungen sollen – nach teilweise im Schrifttum vertretener Ansicht – auch bei dreidimensionalen Marken gelten, die nur übliche Warenformen darstellen (vgl. Ströbele, GRUR 2008, 569, 570).
[55] (2) Bei der in Rede stehenden Formmarke bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 60 % deutlich übersteigender oder gar ein nahezu einhelliger Durchsetzungsgrad zur Verkehrsdurchsetzung i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlich sein könnte.
[56] Bei einer Formmarke, die von einer Grundform der Warengattung abweichende Merkmale aufweist, besteht in der Regel kein Anlass, besonders hohe Anforderungen an den Durchsetzungsgrad zu stellen (vgl. BGH GRUR 2008, 510 Tz. 24 – Milchschnitte). Eine durch besondere Merkmale von einer Grundform der Warengattung abweichende Warenform ist nicht in gleicher Weise als Herkunftshinweis ungeeignet wie eine glatt beschreibende Wortangabe.
[57] Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts beschränkt sich die in Rede stehende Formmarke nicht ausschließlich auf die für Pralinen typische Kugelform, sondern weist eine besondere, wenn auch naheliegende Oberflächengestaltung auf. Sie stellt eine Variante der Kugelform dar, die ihrerseits nur eine von vielen bei Pralinen denkbaren Formgestaltungen ist. Eine deutliche Steigerung des zur Verkehrsdurchsetzung i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlichen Durchsetzungsgrades ist vorliegend daher nicht notwendig.
[58] (3) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe reichte selbst der vom Bundespatentgericht ermittelte gesicherte Zuordnungsgrad von 62 % für den Zeitpunkt der Eintragung aus.
[59] Für die Feststellung des Durchsetzungsgrades ist auf die Gesamtbevölkerung abzustellen, weil sich das Angebot von Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, an sie richtet und sie daher den maßgeblichen Verkehrskreis bildet (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 – LOTTO). Ob hiervon diejenigen Teile der Befragten herauszurechnen sind, die keinerlei Bezug zu Pralinen haben, kann offenbleiben. Die auf die Gesamtbevölkerung bezogenen Werte zum Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke, die sich auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 ergeben, reichen entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts für eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus.
[60] (4) Nicht frei von Rechtsfehlern ist bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen des Bundespatentgerichts, die Markeninhaberin habe im Löschungsverfahren den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung zu führen; Mängel der im Eintragungsverfahren vorgelegten Beweismittel gingen deshalb zu Lasten der Markeninhaberin.
[61] Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 MarkenG trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag (vgl. BGHZ 42, 151, 160 – Rippenstreckmetall II; BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 – POST II).
[62] Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 – POST II, m. w. N.). Daran ändern auch die Überlegungen des Bundespatentgerichts nichts, die es aus seiner Sicht als unbillig erscheinen lassen, die Feststellungslast dem Antragsteller des Löschungsverfahrens aufzubürden. Die aus dem Zeitablauf resultierenden Schwierigkeiten, die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zu beurteilen, treffen die Beteiligten des Löschungsverfahrens gleichermaßen. Der Antragsteller hat es jedoch – anders als der Markeninhaber – in der Hand, den Löschungsantrag zeitnah nach der Eintragung der Marke zu stellen. Allerdings dürfen dem Antragsteller keine nahezu unüberwindbaren Beweisanforderungen auferlegt werden. Ihm können daher Beweiserleichterungen zugute kommen. Auch kann das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag unter Umständen Rückschlüsse auf das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zulassen (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 – POST II).
[63] (5) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass das GfK-Gutachten von Juli 1997 an Mängeln leidet, die dazu führen, dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden kann. Das von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren vorgelegte Gutachten von Juli 1997 ging von einem Bekanntheitsgrad von 90, 3 %, einem Kennzeichnungsgrad von 83, 8 % und einem Zuordnungsgrad von 74, 3 % der an Pralinen interessierten Verkehrskreise aus. Nach Ansicht des Bundespatentgerichts können dagegen – unter Berücksichtigung von Mängeln des Gutachtens – nur ein Bekanntheitsgrad von 72, 9 %, ein Kennzeichnungsgrad von 66, 5 % und ein Zuordnungsgrad von 62 % als gesichert angenommen werden.
[64] Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Bundespatentgericht wegen methodischer Mängel von dem GfK-Gutachten aus dem Juli 1997 Abzüge vorgenommen. Es hat zu Recht angenommen, dass bei Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, grundsätzlich auf die Gesamtbevölkerung abzustellen ist (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 – LOTTO). Es hat deshalb die Ergebnisse des Gutachtens zugrunde gelegt, die sich auf die Gesamtzahl der befragten Personen beziehen und ist davon ausgegangen, dass 72, 9 % aller Befragten die gezeigte Praline kennen.
[65] Ebenfalls keinen Bedenken begegnet, dass das Bundespatentgericht für die Beurteilung der Frage, welcher Anteil der Befragten in der Marke einen Herkunftshinweis sieht, nur diejenigen Befragten berücksichtigt hat, die zuvor die Frage, ob sie das abgebildete Produkt kennen, mit "ja" beantwortet haben (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn. 439 a. E.; Pflüger, Mitt. 2007, 259, 262). Der Anteil derjenigen Befragten, die – obgleich sie zu dem angesprochenen Verkehrskreis zählen – die Pralinenform gar nicht kennen, muss vollständig dem Anteil der Befragten zugerechnet werden, die den Herkunftshinweis verneint haben. Denn wer das fragliche Produkt nicht kennt und gleichwohl auf die Frage nach der Herkunft antwortet, es stamme aus einem bestimmten Unternehmen, hat entweder geraten oder ist von einer originären Unterscheidungskraft ausgegangen. In beiden Fällen sprechen die Antworten nicht für einen höheren Durchsetzungsgrad.
[66] Das Bundespatentgericht ist danach bezogen auf die Gesamtheit der Befragten zutreffend von einem Prozentwert von 66, 5 % ausgegangen, der die in Rede stehende Produktform einem bestimmten Unternehmen zuordnet.
[67] Ausgehend von diesem Wert hat das Bundespatentgericht diejenigen Befragten herausgerechnet und in Abzug gebracht, die das Zeichen, dessen Verkehrsdurchsetzung in Rede steht, einem anderen ausdrücklich benannten Unternehmen zuordnen, weil dieser Anteil der Befragten bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zugunsten eines bestimmten Unternehmens außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGH, Urt. v. 20. 9. 2007 – I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 36 = WRP 2007, 1466 – Kinderzeit; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 214).
[68] Ob die weiteren Abzüge, die das Bundespatentgericht im Hinblick auf Mehrfachnennungen vorgenommen hat und gegen die sich die Rechtsbeschwerde wendet, ganz oder teilweise berechtigt sind, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Zu Lasten der Markeninhaberin und zugunsten der Antragstellerin kann es bei diesen Abzügen verbleiben, weil auch in diesem Fall vom Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG auszugehen ist. Von dem danach auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 mit 65, 8 % ermittelten Durchsetzungsgrad hat das Bundespatentgericht einen Abzug für Fehlertoleranzen vorgenommen. Ausgehend von einer 95 % igen Wahrscheinlichkeit und der Stichprobe von 1. 248 Befragten hat es unter Heranziehung einer Tabelle für den Durchsetzungsgrad eine Fehlertoleranz von 3, 8 % ermittelt. Nach dieser Tabelle liegt der Durchsetzungsgrad mit 95 % iger Wahrscheinlichkeit zwischen 62 % und 69, 6 %. Wegen dieser Fehlertoleranz hat das Bundespatentgericht seiner Beurteilung den unteren Wert von 62 % zugrunde gelegt.
[69] Gegen den Abzug von Fehlertoleranzen in der genannten Höhe wendet sich die Rechtsbeschwerde mit der Begründung, der ermittelte Wert ohne Abzug der Fehlertoleranz sei der wahrscheinlichste Wert, während der nach Abzug der vollen Fehlertoleranz von 3, 8 % errechnete untere Wert nur eine Wahrscheinlichkeit von 10 % aufweise.
[70] Die Frage, ob die Fehlertoleranz durch Abzüge zu berücksichtigen ist, braucht vorliegend ebenfalls nicht entschieden zu werden. Auch bei deren Berücksichtigung verbleibt ein Durchsetzungsgrad von mindestens 62 %. Dieser Wert reicht für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus (hierzu Abschnitt III 5 b bb (3)).
[71] 6. Auch das für die Marke bestehende Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist durch Verkehrsdurchsetzung i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Hierzu gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
[72] 7. Da die Löschungsvoraussetzungen bereits im Eintragungszeitpunkt nicht vorlagen, kommt es auf die weitere Frage, ob die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag gegeben waren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), nicht mehr an.