Bundesgerichtshof
BGH, Urteil vom 13. 2. 2014 – RiZ (R) 3/13; OLG Hamburg (lexetius.com/2014,1200)
Der Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bergmann, die Richterin am Bundesgerichtshof Safari Chabestari, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Drescher sowie die Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder und Dr. Spinner für Recht erkannt:
Die Revision des Antragsgegners gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts – Richterdienstsenat – vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
[1] Tatbestand: Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
[2] Der am geborene, verheiratete Antragsgegner war beim Antragsteller seit dem 1. August 1987 zunächst als Richter auf Probe tätig. Am 9. Mai 1989 wurde er in das Richterverhältnis auf Lebenszeit berufen und zum Richter am Landgericht ernannt. Von dort wechselte er am 26. November 1992 in den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit. Mit seiner Versetzung wurde ihm die Amtsbezeichnung Richter am Arbeitsgericht übertragen.
[3] Das Dienstverhältnis ist durch erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten gekennzeichnet. In der Zeit von Juni 2008 bis August 2009 war der Antragsgegner durchgehend erkrankt. In einem personalärztlichen Gutachten vom 30. Juni 2009 wurde die stufenweise Wiedereingliederung ab August 2009 empfohlen. Am 1. August 2009 trat der Antragsgegner seinen Dienst mit einem halben Richterdezernat an; zum 1. Oktober 2009 erfolgte eine Erhöhung auf drei Viertel. Seit dem 17. August 2010 hat der Antragsgegner wegen Krankheit seinen Dienst nicht mehr ausgeübt.
[4] Am 2. Februar 2011 wurde der Antragsgegner beim personalärztlichen Dienst (PÄD) zur Begutachtung seiner Dienstfähigkeit angemeldet. In seinem Gutachten vom 17. März 2011 stellte der PÄD zusammenfassend fest, dass aus personalärztlicher Sicht die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung erfüllt seien. Unter Berücksichtigung der aktuellen Untersuchung und der langen Vorgeschichte sei in absehbarer Zeit nicht mit einer Wiederherstellung der vollen beruflichen Leistungsfähigkeit zu rechnen. Auch eine zeitlich eingeschränkte Belastbarkeit im Sinne einer Teildienstfähigkeit oder einer Verwendung in einem anderen Amt sei nicht gegeben.
[5] Mit Schreiben vom 4. April 2011 und vom 31. Mai 2011 wurde dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand Stellung zu nehmen. In Stellungnahmen vom 8. Mai 2011 und vom 17. Juni 2011 vertrat der Antragsgegner u. a. die Auffassung, das Gutachten des PÄD sei fehlerhaft. Darüber hinaus beantragte er die Beteiligung des zuständigen Mitbestimmungsorgans.
[6] Der Präsidialrat befürwortete am 30. August 2011 die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.
[7] Unter dem 3. November 2011 beschloss der Antragssteller, die Zulässigkeit der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand gerichtlich feststellen zu lassen und stellte am 7. November 2011 den entsprechenden Antrag beim Landgericht – Richterdienstkammer.
[8] Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand seien nach dem personalärztlichen Gutachten vom 17. März 2011 erfüllt. Unabhängig hiervon sei die sog.
[9] Dienstunfähigkeitsfiktion nach § 88 Abs. 1 Satz 2 HmbRiG eingetreten, da der Antragsgegner im Rahmen des Verfahrens vor der Richterdienstkammer mehrfachen Aufforderungen zu ärztlichen Untersuchungen ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen sei. Die Beteiligung des Präsidialrats sei ordnungsgemäß erfolgt.
[10] Der Antragsteller hat beantragt, die Zulässigkeit der Versetzung des Richters am Arbeitsgericht in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit festzustellen.
[11] Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Eine Dienstunfähigkeit sei nicht gegeben. Das Gutachten des PÄD vom 17. März 2011 genüge nicht den anerkannten Maßstäben für ärztliche Gutachten. Die Weisung, ihn zur personalärztlichen Untersuchung zu laden, könne nur der Dienstvorgesetzte erteilen, nicht aber die Richterdienstkammer. Deren Anordnung habe er nicht Folge leisten müssen. Die Beteiligung des Präsidialrats sei nicht ordnungsgemäß erfolgt: Im Hinblick auf das Ausscheiden mehrerer Mitglieder und die Notwendigkeit einer "langfristigen" Vertretung für das Mitglied des Präsidialrats K. hätte bereits im April 2011 eine Neuwahl erfolgen müssen. Jedenfalls sei der Präsidialrat bei der Beschlussfassung nicht richtig besetzt gewesen, da weder das Mitglied K. noch ein Ersatzmitglied geladen worden sei.
[12] Die Richterdienstkammer hat dem Antrag stattgegeben. Der Richterdienstsenat hat die Berufung nach Vernehmung des behandelnden Arztes des Antragsgegners zurückgewiesen. Dieser strebt mit seiner Revision weiterhin eine Zurückweisung des Antrags an.
[13] Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision des Antragsgegners ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.
[14] I. Die Rüge der Revision, das angegriffene Urteil sei nicht unterzeichnet, bleibt erfolglos.
[15] 1. Soweit gerügt wird, es befinde sich kein unterschriebenes Berufungsurteil bei den Akten, liegt keine Rechtsverletzung vor. Es ist nicht erforderlich, dass das Original des unterschriebenen Urteils stets bei den Akten verbleibt.
[16] Vielmehr kann dies auch in einer gesondert geführten Urteilssammlung verwahrt werden (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – I ZR 81/10, MDR 2012, 1185 Rn. 14).
[17] 2. Soweit die Revision rügen will, das Urteil des Richterdienstsenats sei i. S. v. § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen, erfüllt die Rüge die gesetzlichen Anforderungen an eine solche Verfahrensrüge nicht.
[18] Die Revision benennt lediglich die sich aus den Akten ergebenden gerichtsinternen Verfahrensabläufe nach dem Verhandlungstermin und weist darauf hin, die in der Akte befindliche Urteilsausfertigung sei nicht eigenhändig unterzeichnet. Sie geht aber nicht darauf ein, dass der Beglaubigungsvermerk des Urkundsbeamten auf dem bei den Gerichtsakten befindlichen Urteilsexemplar belegt, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2010 – VI ZR 205/09, NJW 2010, 2948 Rn. 4 mwN). Das Fehlen einer unterschriebenen Entscheidung in den Akten stellt in einem solchen Fall kein Indiz für deren fehlende Unterzeichnung dar (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – I ZR 81/10, MDR 2012, 1185 Rn. 13 f.). Ebenso wenig benennt die Revision andere Anhaltspunkte, die den Schluss zuließen, die Entscheidung sei entgegen § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 87 Abs. 1 HmbRiG bei ihrer Verkündung nicht von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, unterzeichnet gewesen.
[19] II. Der Richterdienstsenat hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Antragsgegner als dienstunfähig i. S. v. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 41 Abs. 2 HmbBG anzusehen ist und dem Antrag nach § 71 DRiG, § 26 Abs. 1 BeamtStG, § 8 Abs. 1 HmbRiG stattzugeben war.
[20] 1. Die Zulässigkeit der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand richtet sich nach den im Zeitpunkt der Entscheidung des Richterdienstsenats (als letzter Tatsacheninstanz) geltenden Rechtsvorschriften und tatsächlichen Voraussetzungen.
[21] Das Dienstgericht entscheidet – anders als das Verwaltungsgericht bei der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand – nicht über die Frage, ob eine bereits erfolgte Zurruhesetzung rechtmäßig ist, sondern darüber, ob eine vom Dienstherrn beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand vorgenommen werden darf. Dies beruht darauf, dass ein Richter nach § 34 DRiG gegen seinen Willen nur aufgrund rechtskräftiger richterlicher Entscheidung wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden darf. Deshalb müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Dienstgerichts die gesetzlichen Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand erfüllt sein. Dies sind gemäß § 71 DRiG mangels besonderer richterdienstrechtlicher Regelungen § 26 Abs. 1 BeamtStG i. V. m. § 8 Abs. 1 HmbRiG (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – RiZ (R) 2/10, BGHZ 188, 20 Rn. 19).
[22] 2. Der Richterdienstsenat hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen für die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand gegeben sind.
[23] a) Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 41 Abs. 2 HmbBG beträgt die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG genannte Frist sechs Monate. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist eine die Grundregel des Satzes 1 ergänzende Zusatzregelung, mit deren Hilfe die Feststellung der Dienstunfähigkeit im Einzelfall erleichtert werden kann (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – RiZ (R) 2/10, BGHZ 188, 20 Rn. 21).
[24] b) Der Begriff der Dienstunfähigkeit stellt dabei nicht allein auf die Person des Beamten ab; vielmehr sind die Auswirkungen seiner Erkrankung oder Gebrechen auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Es kommt dabei nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen Gebrechen, den objektiven ärztlichen Befund und dessen medizinische Qualifikation als solche an, sondern vielmehr darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – RiZ (R) 2/10, BGHZ 188, 20 Rn. 22 mwN). Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 41 Abs. 2 HmbBG erfordert nicht, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Dienstgerichts feststeht, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate unmöglich ist. Es genügt vielmehr, wenn hiervon aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände mit hinreichender Sicherheit ausgegangen werden kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG sowie aus Sinn und Zweck der Vorschriften über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – RiZ (R) 2/10, BGHZ 188, 20 Rn. 24 ff. mwN).
[25] c) Nach diesen Grundsätzen ist der Richterdienstsenat ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 41 Abs. 2 HmbBG als dienstunfähig anzusehen war.
[26] aa) Der Richterdienstsenat ist vom zutreffenden Begriff der Dienstunfähigkeit i. S. d. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ausgegangen; dies stellt auch die Revision nicht in Abrede. Der Richterdienstsenat ist unter Berücksichtigung von Art und Dauer der Erkrankung des Antragsgegners, des Krankheitsverlaufs sowie der Stellungnahme des PÄD vom 17. März 2011 und den Angaben des als sachverständigen Zeugen vernommenen behandelnden Arztes zu dem Ergebnis gelangt, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate unwahrscheinlich war und hierauf allenfalls eine vage Hoffnung bestand. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
[27] bb) Der Richterdienstsenat ist zunächst davon ausgegangen, dass der Antragsgegner bereits im Zeitpunkt der Entscheidung der Richterdienstkammer dienstunfähig war und mit einer Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten nicht zu rechnen gewesen sei. Er ist aber nicht bei einer solchen vergangenheitsbezogenen Betrachtung der Dienstfähigkeit des Antragsgegners stehen geblieben, sondern hat die weitere Entwicklung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung festgestellt und bewertet. Der Richterdienstsenat hat dabei aus dem Umstand der weiteren durchgehenden Dienstunfähigkeit geschlossen, dass sich die Prognose des PÄD-Gutachtens hinsichtlich der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bestätigt habe. Darüber hinaus hat der Richterdienstsenat seiner Annahme das Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde gelegt, wonach der Zeuge den Antragsgegner weiterhin für dienstunfähig halte und von einer schlechten Prognose ausgehe.
[28] (1) Die Revision meint, das Berufungsgericht hätte sich auch unter Berücksichtigung der Aussage des behandelnden Arztes keine eigene Überzeugung bilden dürfen, sondern die Regeln einhalten müssen, die eine personalärztliche Begutachtung vorsehen. Dabei hätte kein Rückgriff auf die aus Sicht des Antragsgegners unzureichende personalärztliche Stellungnahme vom 17. März 2011 erfolgen dürfen. Das ist unrichtig.
[29] (a) Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 HmbRiG ist ein Richter verpflichtet, sich auf Weisung der oder des Dienstvorgesetzten (amts-) ärztlich (§ 8 Abs. 1 HmbRiG i. V. m. § 44 Abs. 1 HmbBG) untersuchen zu lassen, wenn Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestehen. Dass es für die Anordnung der Untersuchung beim PÄD im Hinblick auf den Krankheitsverlauf des Antragsgegners hinreichende Anhaltspunkte gab, die zu Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit berechtigten, liegt auf der Hand und wird auch vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt (vgl. zu den Anforderungen an eine solche Anordnung: BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 – 2 C 17/10, NVwZ 2012, 1483 Rn. 16 ff.).
[30] (b) Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 HmbBG sind der zuständigen Behörde nach der Untersuchung die tragenden Feststellungen und Gründe ihres Ergebnisses mitzuteilen. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind.
[31] Zugleich muss das Gutachten es dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtsarztes bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles (BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 2 B 2/10, juris Rn. 5 mwN).
[32] Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Richterdienstsenat das PÄD-Gutachten vom 17. März 2011 als ärztliches Gutachten i. S. v. § 44 HmbBG ansieht. Die Revision zeigt weder auf, dass das Berufungsgericht von einem fehlerhaften Begriff der amtsärztlichen Stellungnahme i. S. d. § 44 HmbBG ausgegangen wäre, noch dass der Richterdienstsenat den Inhalt des Gutachtens unrichtig gewürdigt hätte (vgl. insoweit zur Abgrenzung zwischen Sach- und Verfahrensrüge BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 2012 – 5 B 5/12, juris Rn. 3 ff.).
[33] (c) Entgegen der Auffassung der Revision war das Berufungsgericht nicht nur berechtigt, sondern im Rahmen seiner nach § 86 VwGO bestehenden Pflicht zur Sachaufklärung sogar verpflichtet, den vom Antragsgegner benannten sachverständigen Zeugen Dr. C. zu vernehmen, wenn sich für den Richterdienstsenat aus dem Prozessstoff noch kein vollständiges Bild ergab.
[34] Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es hingegen nicht.
[35] (aa) Das Tatsachengericht bestimmt die Art der Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner nach § 86 VwGO bestehenden Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen nach seinem Ermessen. Das gilt auch für die Frage, ob es die Einholung eines weiteren Gutachtens oder die Ergänzung vorhandener Gutachten für erforderlich hält. Das Gericht ist dabei anders als die zuständige Behörde vor Einleitung des Verfahrens nach § 72 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d HmbRiG – nicht auf die Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme i. S. v. § 44 HmbBG beschränkt. Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens kann nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängen musste, weil die vorliegenden Gutachten den ihnen obliegenden Zweck nicht erfüllen können, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Dies kann der Fall sein, wenn die dem Gericht vorliegenden Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 – RiZ (R) 2/10, DRiZ 2012, 246 Rn. 33 mwN; insoweit in BGHZ 188, 20 nicht abgedruckt).
[36] (bb) Der Richterdienstsenat durfte danach den vom Antragsgegner benannten Zeugen Dr. C. vernehmen und sich aufgrund dessen Aussagen i. V. m. dem PÄD-Gutachten vom 17. März 2011 und allen sonstigen festgestellten Tatsachen ein eigenes Bild machen. Gegen die Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht wendet sich die Revision nicht. Gründe für die Einholung eines weiteren Gutachtens zeigt die Revision nicht auf.
[37] (2) Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Richterdienstkammer anstelle des Dienstvorgesetzten eine erneute Begutachtung i. S. d. § 88 Abs. 1 Satz 1 HmbRiG anordnen durfte, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Richterdienstsenat hat sich diese Rechtsauffassung nicht zu Eigen gemacht und ist nicht von einer Dienstunfähigkeitsfiktion i. S. d. § 88 Abs. 1 Satz 2 HmbRiG ausgegangen.
[38] III. Der Präsidialrat ist gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 HmbRiG i. V. m. § 34 DRiG vor der Einleitung des Verfahrens vor dem Richterdienstgericht ordnungsgemäß beteiligt worden. Hiervon geht der Richterdienstsenat rechtsfehlerfrei aus. Die Angriffe der Revision führen zu keinem anderen Ergebnis.
[39] 1. Gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 63 Abs. 1 HmbRiG ist der Präsidialrat des Gerichtszweiges, dem der Richter angehört, vor der Einleitung eines Verfahrens vor dem Richterdienstgericht mit dem Ziel der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (§ 34 DRiG) zu beteiligen. Unterbleibt die Beteiligung, kann der Antrag keinen Erfolg haben.
[40] a) Die nach dem Hamburgischen Richtergesetz vorgeschriebene Beteiligung des Präsidialrates bei der Versetzung eines Richters auf Lebenszeit in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist nicht als Mitwirkungs-, sondern als bloßes Anhörungsrecht ausgestaltet. Der Präsidialrat soll Gelegenheit haben, auf Belange des betroffenen Richters, des Gerichts und der Richterschaft hinzuweisen. An die Stellungnahme des Präsidialrates ist der Dienstherr nicht gebunden; er kann den Antrag an das Richterdienstgericht auch dann stellen, wenn sich der Präsidialrat dagegen ausgesprochen hat (BGH, Urteil vom 22. September 1998 – RiZ (R) 2/97, NJW-RR 1999, 426, 427 = DRiZ 1999, 141; Urteil vom 10. Juli 1996 – RiZ (R) 3/95, juris Rn. 2; jeweils zur Entlassung eines Richters auf Probe nach dem SächsRiG). In Fällen, in denen ein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist, kann die Beteiligung des Präsidialrats deshalb auch bis zu dessen Abschluss nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – RiZ (R) 3/95, juris Rn. 2; Urteil vom 12. Oktober 1995 – RiZ (R) 8/94, DRiZ 1997, 67, ebenfalls zur Entlassung eines Richters auf Probe nach dem SächsRiG; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – RiZ (R) 1/00, juris Rn. 28 zum Verzicht auf eine solche Nachholung).
[41] b) Das Hamburgische Richtergesetz bestimmt nicht, welche Rechtsfolge eintritt, wenn die Anhörung des Präsidialrats vor Einleitung des Verfahrens vor dem Richterdienstgericht unterbleibt. Das Richterdienstgericht des Bundes nimmt in Fällen der Entlassung von Richtern auf Probe in ständiger Rechtsprechung an, dass es in einem solchen Fall an der formellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme fehle (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1998 – RiZ (R) 2/97, NJW-RR 1999, 426, 427 = DRiZ 1999, 141; Urteil vom 13. November 2002 – RiZ (R) 5/01, NJW-RR 2003, 570, 571 f.; ebenso Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 57 Rn. 20). Gleiches muss nach Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts auch im Fall der beabsichtigten Versetzung eines Richters auf Lebenszeit in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 34 DRiG gelten. Eine Einbringung der Belange des betroffenen Richters, des Gerichts und der Richterschaft gegenüber dem Dienstherrn durch die besondere Vertretung der Richter in Personalangelegenheiten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 – 6 P 19/91, NJW 1993, 2455, 2456 f.) kann nicht mehr erfolgen, wenn das gerichtliche Verfahren bereits eingeleitet ist. Der Dienstherr kann bei seiner Entscheidung, ob er den Antrag stellt, eventuelle Bedenken des Präsidialrats nicht mehr berücksichtigen. Hat der Betroffene die Beteiligung des Präsidialrats beantragt und ist diese entgegen den Vorschriften des jeweiligen Richtergesetzes nicht erfolgt, kann das Richterdienstgericht die Versetzung in den Ruhestand deshalb nicht für zulässig erklären (vgl. zur personalvertretungsrechtlichen Situation: BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1999 – 2 C 4/99, BVerwGE 110, 173, 179; Urteil vom 12. Oktober 1989 – 2 C 22/87, BVerwGE 82, 356, 361 ff.).
[42] 2. Die Beteiligung des Präsidialrats ist ordnungsgemäß erfolgt.
[43] a) Der Antragsgegner hatte eine Beteiligung des Präsidialrats beantragt.
[44] Der Präsidialrat der Arbeitsgerichtsbarkeit hat daraufhin, nachdem er dem Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, am 30. August 2011 die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen befürwortet. Das vorliegende Verfahren wurde am 7. November 2011, also nach Vorliegen der Stellungnahme des Präsidialrats, eingeleitet.
[45] b) Zum Zeitpunkt seiner Anhörung hat ein Präsidialrat für die Hamburgische Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden. Die Frage bedarf daher keiner Beantwortung, ob eine gesetzlich gebotene, aber nicht erfolgte Neuwahl zur Folge hat, dass kein Präsidialrat im Amt ist und deshalb keine Anhörung erfolgen muss (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – RiZ (R) 1/00, juris Rn. 28), oder ob – wie wohl die Revision annimmt – vor einer Neuwahl kein Antrag nach § 34 DRiG gestellt werden kann.
[46] aa) Gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2 HmbRiG besteht der Präsidialrat für die Arbeitsgerichtsbarkeit aus sieben Mitgliedern. Ihm gehören gemäß § 61 Abs. 3 HmbRiG die Präsidenten des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts sowie gemäß Absatz 4 Nr. 1 zwei gewählte Mitglieder des Landesarbeitsgerichts und gemäß Nummer 2 drei gewählte Mitglieder des Arbeitsgerichts an.
[47] Die Amtszeit des Präsidialrats beträgt vier Jahre (§ 64 Abs. 5, § 38 Abs. 1 Satz 1 HmbRiG). Im Hinblick auf die am 4. September 2007 erfolgte Wahl und die Niederschrift vom Folgetag endete die Amtszeit damit regulär frühestens am 5. September 2011 (§ 64 Abs. 5, § 38 Abs. 1 Satz 2 HmbRiG). Abweichend vom regelmäßigen Wahltermin ist der Präsidialrat neu zu wählen, wenn die Gesamtzahl seiner Mitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder um mehr als ein Viertel der vorgeschriebenen Zahl gesunken ist (§ 64 Abs. 4 Satz 2, § 33 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 HmbRiG). Diese Voraussetzungen lagen nicht vor.
[48] bb) Im Zeitpunkt der Anhörung bestand der Präsidialrat noch aus sechs Mitgliedern. Neben den beiden Präsidenten waren die für das Arbeitsgericht gewählten Mitglieder A. und Dr. G. noch im Amt. Das dritte Mitglied, der Richter am Arbeitsgericht S., war aufgrund seines Rücktritts durch Schreiben vom 3. Januar 2008 aus dem Präsidialrat ausgeschieden (§ 64 Abs. 5, § 40 Nr. 2 HmbRiG). Nach § 65 Abs. 2 HmbRiG ist wegen des Erlöschens der Mitgliedschaft dessen Stellvertreter B. eingetreten. Dieser ist aufgrund seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht am 1. Mai 2009 aus dem Gericht ausgeschieden, für das er gewählt worden war; seine Mitgliedschaft endete demzufolge gemäß § 64 Abs. 5, § 40 Nr. 4 HmbRiG. Nach § 65 Abs. 3 Satz 1 HmbRiG tritt alsdann für den Stellvertreter des Mitglieds als Ersatzmitglied ein, wer die nächsthöchste Stimmenzahl erhalten hat. Ausweislich der Niederschrift über die Präsidialratswahl vom 4. September 2007 sind jedoch auf weitere wählbare Richterinnen und Richter des Arbeitsgerichts keine Stimmen entfallen. Die Richterinnen am Arbeitsgericht Kn. und Dr. Sk. sind als Stellvertreter der Mitglieder A. bzw. Dr. G. gewählt worden. Der Richterdienstsenat ist zutreffend davon ausgegangen, dass diese nicht nach § 65 Abs. 3 Satz 2 HmbRiG eintraten, sondern Mitglied und Stellvertreter einander zugeordnet sind ("Tandem-Wahl") und sich die Norm auf weitere, hier nicht vorhandene Ersatzmitglieder bezieht.
[49] Für das Landesarbeitsgericht waren die beiden Mitglieder L. und K. noch im Amt. Zwar war die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht K. seit dem 20. April 2011 aufgrund einer Erkrankung dienstunfähig; durch die vorübergehende Dienstunfähigkeit war sie jedoch nur zeitweilig verhindert iSv. § 65 Abs. 1 HmbRiG. Ein gesetzlicher Grund i. S. d. § 64 Abs. 5, § 40 HmbRiG, der zur Beendigung ihrer Mitgliedschaft im Präsidialrat geführt hätte, lag nicht vor. Eine auch länger andauernde Dienstunfähigkeit erfüllt keinen der in § 40 HmbRiG genannten Tatbestände.
[50] c) Das Zustandekommen des Beschlusses des Präsidialrats vom 30. August 2011 ist nicht zu beanstanden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, welche Mängel im Beteiligungsverfahren einer Nichtbeteiligung des Präsidialrats gleichzustellen wären (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1974 – RiZ (R) 6/73, juris Rn. 26 ff.; Urteil vom 22. September 1998 – RiZ (R) 2/97, NJW-RR 1999, 426, 427 = DRiZ 1999, 141) und ob Mängel, die in der Sphäre des Präsidialrats liegen, dabei keine Berücksichtigung fänden (so wohl BGH, Urteil vom 22. September 1998 – RiZ (R) 2/97, NJW-RR 1999, 426, 427 = DRiZ 1999, 141 unter Rückgriff auf die im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht angewandte sog. Sphärentheorie). Letzteres erscheint zweifelhaft, da es wegen der Struktur und Zusammensetzung des Präsidialrats – anders als im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht – wohl an einer klaren Trennbarkeit der Sphären fehlt (instruktiv zur Doppelfunktion des Gerichtspräsidenten: BGH, Urteil vom 13. November 2002 – RiZ (R) 5/01, NJW-RR 2003, 570, 571 f. = DRiZ 2004, 211; Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 54 Rn. 2: nur bedingt Repräsentant der Richterschaft; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 1 Rn. 85: Teil der Verwaltung, nicht der Selbstverwaltung). Auf diese Frage kommt es aber nicht entscheidungserheblich an.
[51] aa) Zur Sitzung am 29. Juli 2011 hat die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts Lo. als Vertreterin des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts nach den Feststellungen des Richterdienstsenats unter Beifügung umfangreicher Unterlagen geladen (§ 66 Abs. 1 und 2 HmbRiG). Die Ladung für den 30. August 2011 ist sodann in der Sitzung in Anwesenheit aller geladenen Mitglieder erfolgt.
[52] bb) An der Sitzung des Präsidialrats vom 30. August 2011 haben fünf der sechs noch im Amt befindlichen Präsidialratsmitglieder teilgenommen. Dieser war gemäß § 66 Abs. 3, § 46 Abs. 1 HmbRiG beschlussfähig, da mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend war.
[53] cc) Unschädlich ist, dass das Präsidialratsmitglied K. nicht geladen wurde; dieses war zeitweilig verhindert i. S. v. § 65 Abs. 1 HmbRiG. Ein Ersatzmitglied war nicht vorhanden.
[54] (1) Die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht K. war nach den Feststellungen des Richterdienstsenats seit 20. April 2011 aufgrund einer Erkrankung dienstunfähig und konnte nicht an den Sitzungen des Präsidialrats teilnehmen. Aufgrund ihrer Dienstunfähigkeit war sie als Präsidialratsmitglied zeitweilig verhindert i. S. v. § 65 Abs. 1 HmbRiG.
[55] (2) Dienstunfähigkeit wegen Krankheit oder Urlaub sind typische und häufige Verhinderungsfälle, die bei Betriebsräten (vgl. BAG, Urteil vom 5. September 1986 – 7 AZR 175/85, BAGE 53, 23, 27) oder Personalräten (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2013 – 6 P 6/13, ZTR 2014, 54 Rn. 39) dazu führen, dass Ersatzmitglieder eintreten. Zwar ist anerkannt, dass weder die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (BAG, Urteil vom 15. November 1984 – 2 AZR 341/83, BAGE 47, 201, 205; Beschluss vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 45/04, NZA 2005, 1002) noch die Abwesenheit wegen Erholungsurlaubs zu einer objektiven Unmöglichkeit der Ausübung solcher Amtspflichten führt (BAG, Urteil vom 27. September 2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425 Rn. 19). Regelmäßig ist aber in diesen Fällen davon auszugehen, dass eine zeitweilige Verhinderung vorliegt, wenn nicht das Mitglied dem Vertretungsorgan etwas anderes deutlich macht, beispielsweise seine Bereitschaft, gleichwohl seine Tätigkeit zu verrichten, positiv anzeigt (zum BetrVG: BAG, Urteil vom 27. September 2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425 Rn. 19). Erscheint ein ordentliches Personalratsmitglied nicht zum Dienst und hat es sich bei seiner Dienststelle krankgemeldet, so müssen der Personalratsvorsitzende und die übrigen Beteiligten mangels gegenteiliger eindeutiger und sicherer Anhaltspunkte davon ausgehen, dass das Personalratsmitglied tatsächlich arbeitsunfähig krank und dadurch an der Ausübung seines Personalratsamtes verhindert ist (BAG, Urteil vom 5. September 1986 – 7 AZR 175/85, BAGE 53, 23, 28).
[56] Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage können diese Grundsätze auf die besonderen Vertretungsorgane der Richter übertragen werden. Auch für diese ist davon auszugehen, dass im Fall der Dienstunfähigkeit regelmäßig ein Fall der vorübergehenden Verhinderung vorliegt. Deshalb ist der Richterdienstsenat rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Präsidialratsmitglied K. wegen einer seit mehreren Monaten andauernden Dienstunfähigkeit für die Sitzung am 30. August 2011 verhindert war und deshalb keine Ladung erhalten musste. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Präsidialratsmitglied trotzdem sein Amt ausüben wollte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es auch keiner weiteren Aufklärung durch den Richterdienstsenat über das Vorliegen der Dienstunfähigkeit des Präsidialratsmitglieds K..
[57] (3) Ein gemäß § 65 Abs. 2, 3 HmbRiG zu ladender Stellvertreter für das Präsidialratsmitglied K. war zum Zeitpunkt der Anhörung nicht mehr vorhanden. Die gewählte Stellvertreterin Lo. ist im Jahr 2010 zur Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ernannt worden und damit kraft Gesetzes aus dem Präsidialrat ausgeschieden (vgl. § 64 Abs. 5, § 33 Abs. 2 Satz 3, § 40 Nr. 7 HmbRiG). Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht H., der gewählte Stellvertreter des Mitglieds L., war bereits am 31. März 2009 in den Ruhestand getreten. Im Übrigen hätte er – wie oben dargelegt – gemäß § 65 Abs. 2, 3 HmbRiG nicht eintreten dürfen. Auf weitere wählbare Richterinnen und Richter des Landesarbeitsgerichts waren keine Stimmen entfallen.