Verurteilung von Greenpeace-Mitarbeitern bestätigt

BGH, Mitteilung vom 13. 2. 1998 – 13/98 (lexetius.com/1998,1367)

[1] Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen von zwei Greenpeace-Mitarbeitern verworfen, die vom Landgericht Paderborn wegen versuchter Blockade eines Castor-Transports verurteilt worden waren.
[2] Die Angeklagten hatten sich im Mai 1996 im Rahmen einer bundesweiten Castor-Kampagne an der Blockade eines Verbindungsgleises zwischen dem Kernkraftwerk Würgassen und dem öffentlichen Schienennetz beteiligt. Bei der Aktion war ein Stahlkasten auf den Schienen befestigt worden, um den unmittelbar bevorstehenden Transport abgebrannter Brennelemente nach La Hague in Frankreich zu verhindern. Der Kasten, in den – in wechselnden Besetzungen – jeweils vier "Aktivisten" einen Arm steckten, konnte aufgrund der ausgeklügelten Befestigungsapparatur nicht von den Schienen angehoben werden. Als die Blockade am zwölften Tag ausgeweitet werden sollte, wurde sie von der Polizei beendet. Zur Beseitigung der Konstruktion sahen die Beamten keine andere Möglichkeit, als das betroffene Schienenstück auszuwechseln. Allein hierdurch entstanden Kosten in Höhe von mehr als 25. 000, – DM.
[3] Wegen ihrer Beteiligung an dieser Aktion hatte das Landgericht die Angeklagten der Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung bzw. wegen Beihilfe zu diesen Taten schuldig gesprochen und zu Geldstrafen von 75 bzw. 50 Tagessätzen verurteilt.
[4] Das hat der Bundesgerichtshof bestätigt. Dabei hat er den Einwand der Angeklagten, die Schiene sei bei der Aktion von ihnen nicht beschädigt worden, nicht gelten lassen und zur Begründung ausgeführt, daß unter den gegebenen Umständen schon das Anbringen des Stahlkastens auf der Schiene eine strafbare Sachbeschädigung nach § 303 StGB darstelle. Dieser Straftatbestand setzt nach ständiger Rechtsprechung keine Substanzverletzung voraus; er erfaßt vielmehr auch andere Einwirkungen, wenn durch sie die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit der betroffenen Sache nachhaltig gemindert wird. Mit dem Anbringen des Stahlkastens auf der Schiene, das diese Voraussetzung erfüllt, haben die Angeklagten zugleich Gewalt im Sinne des Nötigungstatbestandes ausgeübt und in strafbarer Weise versucht, die Verantwortlichen der Kraftwerksbetreiberin zum Unterlassen des geplanten Castor-Transports zu nötigen. Auch in dieser rechtlichen Bewertung hat der Bundesgerichtshof dem Landgericht zugestimmt. Er hat dazu weiter festgestellt, daß sich die Angeklagten nicht auf das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit berufen können: Allerdings kann ihnen nicht abgesprochen werden, sich ernsthaft um ein gewichtiges Anliegen der Allgemeinheit bemüht zu haben. Die Demonstrationsfreiheit schützt jedoch nur friedliche Demonstrationen. Als friedlich kann die Aktion der Angeklagten aber angesichts ihrer Dauer und Intensität, insbesondere auch mit Blick auf die eingesetzten Mittel, nicht mehr angesehen werden.
BGH, Urteil vom 12. 2. 1998 – 4 StR 428/97