Keine Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf Bürgschaften für Geschäftskredite

BGH, Mitteilung vom 21. 4. 1998 – 31/98 (lexetius.com/1998,1382)

[1] Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes jedenfalls nicht für Bürgschaften gelten, die Verbraucher zur Sicherung von Geschäftskrediten erteilen.
[2] In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte eine GmbH & Co. KG einen Finanzierungsleasingvertrag über einen Baukran geschlossen. Der als Geschäftsführer der GmbH tätige Beklagte hatte für die Forderung der Leasinggeberin die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Als die Hauptschuldnerin zahlungsunfähig wurde und die Leasinggeberin deshalb den Bürgen in Anspruch nahm, weigerte sich dieser zu zahlen mit der Begründung, der Bürgschaftsvertrag entspreche nicht den Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach das Verbraucherkreditgesetz auf den Schuldbeitritt eines Geschäftsführers oder Gesellschafters zu einem Kreditvertrag entsprechend anwendbar ist, machte er geltend, dies müsse bei einer Bürgschaft ebenso sein.
[3] Dem ist der Bundesgerichtshof, in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen (LG Stuttgart/OLG Stuttgart), nicht gefolgt. Die Bürgschaft ist kein Kreditvertrag im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes, weil der Gesetzgeber den Begriff des Kreditvertrages ebenso verstanden hat wie in der EG-Richtlinie über Verbraucherkredite vom 22. Dezember 1986 (87/102/EWG), die nach allgemeiner Meinung den Bürgschaftsvertrag ebenfalls nicht erfaßt. Eine analoge Anwendung der Vorschriften zugunsten des Bürgen kommt nicht in Betracht, weil sich aus den Materialien zur Entstehungsgeschichte des Verbraucherkreditgesetzes ergibt, daß der Gesetzgeber Bürgschaften bewußt aus dem Regelungsbereich dieses Gesetzes ausgeklammert hat. An diesen eindeutigen Willen des Gesetzgebers sind die Gerichte gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Hinzu kommt, daßder Bürge, anders als der Mitschuldner, nicht dem Kreditvertrag beitritt, sondern lediglich eine fremde Schuld sichert. Der Schutz des Bürgen ist grundsätzlich schon durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinreichend gewahrt. So kann der Bürge bestimmte Einreden unabhängig vom Hauptschuldner geltend machen (§§ 768, 770, 771, 776 BGB). Zudem schreibt § 766 BGB die Schriftform der Bürgschaftserklärung vor. Die zusätzlichen Angaben, die das Verbraucherkreditgesetz fordert, dienen hauptsächlich dazu, dem Kreditnehmer die Höhe der kontinuierlich zu erbringenden Zahlungen vor Augen zu führen und den Vergleich mit anderen Angeboten zu ermöglichen. Für den Bürgen haben sie dagegen keinen wesentlichen Informationswert. Auch das Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG, das dem Verbraucher die Möglichkeit verschaffen soll, die ihm gewährten Informationen zu überdenken und seine Entscheidung gegebenenfalls rückgängig zu machen, spielt für den Bürgen, der in erster Linie auf die Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners vertraut, keine wesentliche Rolle.
[4] Unter dem Gesichtspunkt des Bürgenschutzes bedarf es einer Verschärfung der schon nach § 766 BGB gebotenen Schriftform nicht.
[5] Dagegen hat der Senat die hier nicht entscheidungserhebliche Frage offengelassen, ob das Verbraucherkreditgesetz für Bürgschaften gilt, die Forderungen aus Verbraucherkrediten sichern sollen.
BGH, Urteil vom 21. 4. 1998 – IX ZR 258/97