Bundesverwaltungsgericht
Der Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt kann auch dem Ortsverband einer politischen Partei zustehen.
Informationen über die staatliche finanzielle Förderung eines umweltverbessernden Produktionsverfahrens können Gegenstand des Anspruchs sein.

BVerwG, Urteil vom 25. 3. 1999 – 7 C 21.98; OVG Lüneburg (lexetius.com/1999,2523)

[1] In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 1999 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow, Dr. Bardenhewer, Kley und Herbert für Recht erkannt:
[2] Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. November 1997 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 19. August 1996 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. und 22. August 1994 werden aufgehoben.
[3] Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die Akte über die Förderung der Errichtung einer Reststoffverwertungsanlage der Beigeladenen zu gewähren.
[4] Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
[5] Gründe: I. Der Kläger begehrt Akteneinsicht auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG).
[6] Die Beigeladene hat in S./Niedersachsen eine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigte Anlage zur Verbrennung von halogenhaltigen organischen Produktionsabfällen (Reststoffverwertungsanlage) errichtet. Mit Bescheid vom 25. April 1994 gewährte ihr die Beklagte für das Vorhaben eine nicht rückzahlbare Zuwendung nach den Richtlinien des Landes Niedersachsen über die Gewährung von Zuwendungen aus dem "Wirtschaftsförderfonds – ökologischer Bereich -" vom 18. Februar 1992 (Nds. MBl S. 820 ff.).
[7] Mit Schreiben vom 15. Juli 1994 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, ihm "Einsicht in die Unterlagen zu diesem Vorgang" zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. August 1994 ab. Die Förderungsakte enthalte keine Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes, die nicht schon bei der Genehmigung der Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bekanntgeworden seien. Den Widerspruch des Klägers vom 8. August 1994 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. August 1994 mit der weiteren Begründung zurück, der Antrag des Klägers lasse nicht erkennen, auf welche Informationen er gerichtet sei.
[8] Der Kläger hat daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 2. August 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm entsprechend seinem Antrag vom 15. Juli 1994 Einsicht in die Akte zur Förderung der Errichtung einer Reststoffverwertungsanlage der Beigeladenen zu gewähren.
[9] Zur Begründung hat er vorgetragen, die wirtschaftliche Förderung der Anlage der Beigeladenen stelle sich als eine Maßnahme zum Schutz der Umwelt im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG dar. Eine Konkretisierung seines Begehrens sei ihm mangels Kenntnis der Förderungsakte nicht möglich.
[10] Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. August 1996 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe den Antrag des Klägers mit Recht als zu unbestimmt abgelehnt. Nach § 5 Abs. 1 UIG müsse der Antrag erkennen lassen, auf welche umweltrelevanten Informationen er gerichtet sei. Diesem Gebot genüge der Antrag des Klägers nicht, weil er pauschal auf Einsicht in die Förderungsakte gerichtet sei. § 4 Abs. 1 Satz 1 UIG gewähre einen strikten Anspruch allein auf Zugang zu umweltrelevanten Informationen, nicht aber auf Akteneinsicht. Diese sei nur eine im Ermessen der Behörde stehende mögliche Form der Bereitstellung der Informationen. Der Antrag des Klägers lasse sich auch nicht als ein solcher auf Übermittlung der in der Förderungsakte enthaltenen umweltrelevanten Informationen auslegen. Dagegen spreche bereits der erklärte gegenteilige Wille des Klägers. Dieser halte die Wirtschaftsförderung insgesamt für umweltrelevant und wolle offenbar die Reichweite des Anspruchs nach § 4 Abs. 1 UIG prinzipiell geklärt wissen.
[11] Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, die das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 19. November 1997 (ZUR 1998, 85) mit folgender Begründung zurückgewiesen hat: Zwar fehle dem Antrag des Klägers nicht die nach § 5 Abs. 1 UIG erforderliche Bestimmtheit. Jedoch trage die von ihm herangezogene Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG seinen Anspruch nicht. Die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen aus dem "Wirtschaftsförderfonds – ökologischer Bereich -" könne nicht als eine Maßnahme zum Schutz der Umwelt im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden. Die im Gesetz genannten Tätigkeiten oder Maßnahmen müßten den Schutz der Umwelt bezwecken. Daher sei nicht jede entfernte Maßnahme, die mittelbar dem Schutz der Umwelt diene, von § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG erfaßt. Erforderlich sei vielmehr, daß die Tätigkeit oder Maßnahme eine unmittelbare Verbesserung der Umwelt zum Ziel habe. Die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen habe nur mittelbar dem Schutz der Umwelt gedient; denn mit ihr seien Umweltschutzmaßnahmen nur gefördert, nicht aber direkt initiiert worden.
[12] Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter und macht zur Begründung geltend: Das Oberverwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Richtlinie 90/313/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsrichtlinie – UIRL), die durch das Umweltinformationsgesetz in deutsches Recht umgesetzt worden sei, unberücksichtigt gelassen. Das Umweltinformationsgesetz müsse richtlinienkonform ausgelegt werden. Der Wortlaut des Art. 2 Buchst. a UIRL, der in § 3 Abs. 2 UIG aufgegriffen worden sei, biete für die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen unmittelbar oder mittelbar wirkenden Maßnahmen keinen Anhalt. Diese Unterscheidung stehe zudem im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Umweltinformationsrichtlinie. Diese bezwecke, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt in der Öffentlickeit transparent zu machen und den Bürgern eine verbesserte Kontrolle des nationalen Verwaltungshandelns zu ermöglichen. Durch den Ausschluß von nur mittelbar wirkenden Umweltschutzmaßnahmen würde entgegen dieser Zielsetzung ein wichtiger und umfangreicher Bereich der Umweltverwaltung von dem Informationsanspruch ausgenommen. Gerade die finanzielle Förderung von umweltschützenden Projekten sei für den Umweltschutz von wesentlicher Bedeutung.
[13] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie hält das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für zutreffend und führt ergänzend aus: Informationen über die von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Umweltbelastungen habe der Kläger bereits im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erhalten. Selbst wenn man die im Rahmen des Förderungsverfahrens vorgenommene Bewertung der Förderungswürdigkeit des Vorhabens der Beigeladenen unter Umweltgesichtspunkten zu den zu offenbarenden Umweltinformationen zähle, handele es sich bei diesen Informationen nur um einen kleinen Teil des Inhalts der Förderungsakte. Der Kläger bleibe eine Erklärung dafür schuldig, warum er die Unterrichtung in Form der Akteneinsicht begehre.
[14] Die Beigeladene hält ebenfalls das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für zutreffend und weist darauf hin, daß es in der umstrittenen Förderungsakte im wesentlichen um finanzielle Fragen gehe, an denen der Kläger kein berechtigtes Interesse habe.
[15] Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er stimmt den Rechtsausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Inhalt des § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG zu. Unmittelbar dem Schutz der Umwelt diene allein das von der Beigeladenen verwirklichte umweltfreundlichere Produktionsverfahren als solches. Daher könne der Kläger nach der genannten Vorschrift allenfalls hierüber Informationen beanspruchen.
[16] II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Das Oberverwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen; denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, daß die Beklagte ihm Einsicht in die Akte über die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen gewährt.
[17] Rechtsgrundlage des Klagebegehrens ist § 4 Abs. 1 UIG. Nach dieser Vorschrift hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde vorhanden sind. Unter einer Behörde versteht das Umweltinformationsgesetz jede Stelle im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen hat (§ 3 Abs. 1 UIG). Der freie Informationszugang umfaßt nicht nur die bei den Behörden vorhandenen Angaben über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf alle Daten über Tätigkeiten oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, sowie über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt in den genannten Bereichen einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 UIG). Er wird auf Antrag des Berechtigten gewährt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UIG); dieser Antrag muß hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen im Sinne des § 3 Abs. 2 UIG er gerichtet ist (§ 5 Abs. 1 UIG). Alle diese für den geltend gemachten Informationsanspruch erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen liegen vor.
[18] 1. Der Kläger hat den mit der Klage erstrebten Informationszugang ordnungsgemäß bei der Beklagten beantragt.
[19] Die Beklagte und das Verwaltungsgericht haben dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht vom 15. Juli 1994 zu Unrecht die nötige Bestimmtheit im Sinne von § 5 Abs. 1 UIG abgesprochen. Wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der vom Kläger im Verwaltungsverfahren gestellte Antrag ebenso wie seine Klage dahin zu verstehen, daß er Informationen über die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen begehrt, weil er diese Förderung als Tätigkeit oder Maßnahme zum Schutz der Umwelt im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG ansieht; diese Informationen sollen ihm durch Einsichtnahme in die Förderungsakte zuteil werden. Über die Art und den Inhalt der vom Kläger begehrten Informationen bestand und besteht daher kein Zweifel. Da der Kläger den Förderungsvorgang im einzelnen nicht kennt, sondern sich darüber erst unterrichten möchte, war ihm eine weitere Konkretisierung seines Antrags nicht möglich oder nicht zumutbar. Die Frage, ob er die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen zu Recht zu denjenigen Maßnahmen zählt, die nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG Gegenstand eines Informationsanspruchs sein können, betrifft nicht die Ordnungsmäßigkeit, sondern den materiellen Erfolg seines Antrags.
[20] Ebensowenig durfte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung als rechtsmißbräuchlich ablehnen, er habe die begehrten Informationen bereits anderweitig erhalten (§ 7 Abs. 3 UIG). Zwar mögen dem Kläger, wie die Beklagte und die Beigeladene vortragen, aus dem öffentlich durchgeführten Verfahren über die Genehmigung der Anlage der Beigeladenen die technische Konzeption dieser Anlage sowie die von ihr ausgehenden Umweltbelastungen bekannt sein. Da jedoch der Gegenstand des Förderungsverfahrens mit dem Gegenstand des Genehmigungsverfahrens nicht übereinstimmt, erschöpft sich der Inhalt der Förderungsakte nicht in diesen Daten. Vielmehr enthält die Förderungsakte weitere Angaben, die nicht für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag, sondern nur für die Entscheidung über den Förderungsantrag der Beigeladenen von Bedeutung waren. Insbesondere mußte die Beigeladene, wie aus den Förderungsrichtlinien vom 18. Februar 1992 hervorgeht (a. a. O. S. 822 Nr. 5), in ihrem Förderungsantrag die mit der Anlage verbundenen Umweltvorteile und die Neuheit der verwendeten Technik erläutern; darüber hinaus mußte sie eine Stoff- und Energiebilanz vorlegen. Infolgedessen wird sich der Kläger nach dem Erhalt der verlangten Informationen voraussichtlich ein Bild darüber machen können, aus welchen Gründen das Vorhaben der Beigeladenen von der Behörde als umweltdienlich und daher förderungswürdig bewertet wurde und ob und inwieweit es den in den Richtlinien festgelegten Förderungskriterien entspricht. Dieses Informationsinteresse des Klägers geht über die Umstände, die für die Genehmigung der Anlage maßgeblich waren, hinaus und ist bislang unbefriedigt.
[21] 2. Der Kläger kann als Ortsverband einer politischen Partei den im Gesetz vorgesehenen freien Zugang zu Informationen über die Umwelt beanspruchen.
[22] § 4 Abs. 1 UIG gewährt "jedem" einen Anspruch auf freien Informationszugang. Mit dieser Umschreibung der Informationsberechtigten ist dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch gemäß jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gemeint (vgl. BTDrucks 12/7138, S. 12). Dasselbe folgt aus der vom Rat der Europäischen Gemeinschaften erlassenen Umweltinformationsrichtlinie, die durch das Umweltinformationsgesetz in deutsches Recht umgesetzt worden und daher bei der Auslegung dieses Gesetzes mitzuberücksichtigen ist. Dort ist in Art. 3 Abs. 1 von der Verpflichtung der Behörden die Rede, "allen natürlichen und juristischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen". Der Kläger ist keine juristische Person, sondern eine örtliche Untergliederung einer politischen Partei. Die politischen Parteien sind in der Regel gleichfalls keine juristischen Personen, sondern nicht rechtsfähige Vereine (vgl. Henke, in: GG, Bonner Kommentar, 63. Lfg. Sept. 1991, Art. 21 Rn. 219).
[23] Aus der ausdrücklichen Erwähnung der natürlichen und juristischen Personen in der Umweltinformationsrichtlinie läßt sich indes nicht herleiten, daß der Kreis der Informationsberechtigten auf diese Rechtssubjekte begrenzt ist. Vielmehr kommen nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie und des sie ausfüllenden Umweltinformationsgesetzes auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen, sofern sie organisatorisch hinreichend verfestigt sind, als Anspruchsinhaber in Betracht (ebenso Fluck/Theuer, Umweltinformationsrecht, Kommentar, Stand April 1997, § 4 UIG Rn. 16/20). Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. Dezember 1996 – BVerwG 7 C 64.95 – (BVerwGE 102, 282 = NJW 1997, 753) ausgeführt hat, will die Umweltinformationsrichtlinie jedem Antragsteller rechtlich möglichst uneingeschränkt und faktisch möglichst ungehindert den Zugang zu Informationen über die Umwelt gewährleisten. Damit soll ein Beitrag zur Kontrolle der Verwaltung, zur Schärfung des Umweltbewußtseins und zur Effektuierung der von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften geleistet werden. Das geht u. a. aus dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie ("Der Zugang zu umweltbezogenen Informationen im Besitz der Behörden wird den Umweltschutz verbessern") sowie dem im ersten Erwägungsgrund in Bezug genommenen vierten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz 1987 bis 1992 hervor, worin die Forderung erhoben wird, "Wege zur Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen, über die die Umweltbehörden verfügen, zu finden", um zu einer besseren Anwendung der Vorschriften, zur Entwicklung erforderlicher Umweltschutzmaßnahmen und zu deren Akzeptanz durch die Öffentlichkeit zu gelangen (ABl EG Nr. C 328 vom 7. Dezember 1987, S. 1 [15 ff.]). Diese auch dem Umweltinformationsgesetz zugrundeliegende Zielsetzung der Umweltinformationsrichtlinie gebietet es, die politischen Parteien als verfassungsrechtlich privilegierte Zusammenschlüsse von Bürgern, die bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen (Art. 21 GG, § 1 PartG), in den gesetzlich garantierten Informationszugang einzubeziehen. Das gilt nicht nur für die Parteizentralen, sondern ebenso für die örtlichen Untergliederungen der Parteien, weil die Parteien auch auf der Ortsebene an der politischen Meinungs- und Willensbildung handelnd und mitgestaltend teilnehmen, so daß sich bei ihnen spezifisch ortsbezogene Informationsbedürfnisse ergeben können, denen das Gesetz gleichfalls Genüge tun will. Materielle Berechtigungen von Ortsverbänden politischer Parteien sind dem öffentlichen Recht auch sonst nicht fremd; so kann einem solchen Verband etwa ein Anspruch auf Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung einer Gemeinde oder auf Genehmigung der Wahlsichtwerbung zustehen (vgl. BVerwGE 32, 333; 56, 56). Die Vorschrift des § 3 PartG, wonach die Parteien und ihre Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe – also nicht die Ortsverbände – unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können, steht der Annahme eines solchen Anspruchs des Ortsverbandes nicht entgegen; denn diese Vorschrift bezweckt lediglich, die vom Gesetzgeber als unbefriedigend eingeschätzte (zivil-) prozessuale Situation der Parteien zu verbessern, besagt aber nichts über ihre materiellen Rechte einschließlich derjenigen ihrer Untergliederungen (vgl. BVerwGE 32, 333 [334 f.]).
[24] 3. Die Beklagte ist eine Behörde, "die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen hat" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 UIG).
[25] Umweltbehörden im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG sind nicht allein die sog. Umweltfachbehörden, also solche Behörden, die umweltrechtliche Gesetze als ihre Hauptaufgabe vollziehen (vgl. BTDrucks 12/7138, S. 11). Daneben gehören zu den Umweltbehörden auch diejenigen Behörden, die bei der Erledigung anderer Aufgaben zugleich die Belange der Umwelt zu beachten haben (vgl. BTDrucks 12/7582, S. 11 f.; Fluck/Theuer, a. a. O. § 3 UIG Rn. 84; Röger, UIG, Kommentar, 1995, § 3 Rn. 4 ff.; Schomerus, in: ders./Schrader/Wegener, UIG, Kommentar, 1995, § 3 Rn. 14 ff.). Erforderlich und ausreichend ist ein auf Rechtsvorschriften oder der Anordnung einer vorgesetzten Stelle beruhender umweltbezogener Handlungsauftrag. Dagegen reicht es nicht aus, wenn die jeweilige Behörde im Zuge ihrer Aufgabenerfüllung mit Umweltbelangen nur in Berührung kommt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UIG).
[26] Die Beklagte ist beim Vollzug der Förderungsrichtlinien des Landes Niedersachsen vom 18. Februar 1992 in Wahrnehmung von Aufgaben des Umweltschutzes und damit als Umweltbehörde im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG tätig geworden. Das folgt aus dem Umstand, daß diesen Richtlinien und dem mit ihnen eingerichteten "Wirtschaftsförderfonds – ökologischer Bereich -" eine umweltpolitische Zielsetzung des Landes zugrunde liegt.
[27] Der staatliche Umweltschutz (vgl. Art. 20 a GG) wird zunehmend nicht mehr allein mit Hilfe des klassischen Instrumentariums des Ordnungsrechts, also durch den Erlaß von Verwaltungsakten, sondern auch über sogenannte "weiche Instrumente" verwirklicht, die an die wirtschaftliche Motivation der privaten Wirtschaftssubjekte anknüpfen (vgl. dazu und zum folgenden: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit -Hrsg. –, Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1998, S. 730 f., 787 ff.). Zu diesen ökonomischen Instrumenten des Umweltschutzes gehört vor allem die Gewährung von Umweltsubventionen, mit denen der Staat Unternehmen oder Einzelpersonen bei der Realisierung umweltpolitisch erwünschter Maßnahmen oder Vorhaben finanziell unterstützt. Umweltsubventionen beruhen auf dem Gedanken der Kooperation zwischen dem Subventionsgeber und dem Subventionsempfänger bei der Herbeiführung des dem Umweltschutz dienlichen Zustands. Auf diese Weise läßt sich häufig ein Maß an Umweltschutz erreichen, das über ordnungsrechtliche Maßnahmen nicht, nicht so schnell oder nicht so sicher erreichbar wäre.
[28] Die Förderungsrichtlinien des Landes Niedersachsen vom 18. Februar 1992 zielen nach der ihnen vorangestellten Einführung auf "die Umstrukturierung der Produktionsprozesse der niedersächsischen Wirtschaft auf umweltfreundliche Verfahren" sowie die Einführung von "neuen Umwelttechniken und Umweltdienstleistungen" und damit auf Maßnahmen oder Vorhaben der Zuwendungsempfänger ab, die im Interesse des Umweltschutzes liegen. Daher stellen sich die auf ihrer Grundlage bewilligten Zuwendungen als Umweltsubventionen dar. Der Umstand, daß das Land mit dem Erlaß der Richtlinien, wie sich gleichfalls aus der Einführung ergibt, neben der genannten umweltpolitischen Zielsetzung auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele (Stärkung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Wirtschaft, Schaffung von Arbeitsplätzen) verfolgte, stellt den Charakter der Leistungen als Umweltsubventionen und damit die Eigenschaft der Vergabestelle als "Umweltbehörde" nicht in Frage.
[29] 4. Der Anspruch des Klägers ist gemäß § 4 UIG auf den Zugang zu Informationen über die Umwelt gerichtet. Der Kläger macht zu Recht geltend, daß die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen, über die er sich durch Einsichtnahme in die Förderungsakte näher unterrichten will, zu den vom freien Informationszugang erfaßten Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG gehört.
[30] Der aus der Umweltinformationsrichtlinie übernommene Sammelbegriff der "Tätigkeiten oder Maßnahmen" ist nicht nur wegen seines (bewußt) unbestimmten Inhalts, sondern auch und vor allem mit Rücksicht auf den dargelegten Zweck des Umweltinformationsgesetzes, Transparenz zwischen Bürger und Staat in Angelegenheiten des Umweltschutzes zu schaffen, weit auszulegen; er schließt jede Tätigkeit einer Behörde ein, die dem Schutz der Umwelt dient (vgl. zu Art. 2 Buchst. a UIRL: EuGH, Urteil vom 17. Juni 1998 – Rs. C-321/96 –, Slg. 1998, I-3824 [I-3832 f. Rn. 19 und 20]). Wie sich gleichfalls aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, handelte es sich bei der der Beigeladenen gewährten Geldleistung um eine Umweltsubvention, die darauf abzielte, den Zustand der Umwelt zu verbessern. Durch das Vorhaben der Beigeladenen waren von den in § 3 Abs. 2 UIG aufgezählten Umweltbereichen zumindest die Medien Luft und Boden berührt. Der Förderungsvorgang war daher eine behördliche Tätigkeit zum Schutz der Umwelt, die nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG zu Recht das Interesse des Klägers findet.
[31] Entgegen der vom Oberbundesanwalt geteilten Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Gewährung von Umweltsubventionen nicht deswegen dem freien Informationszugang entzogen, weil die Verbesserung der Umweltsituation nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar durch die Unterstützung privater Aktivitäten erreicht wird. Das Kriterium der Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit des Umweltschutzes ist weder in § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG noch in Art. 2 Buchst. a UIRL genannt und überdies zur Abgrenzung der dem Gesetz unterfallenden Umweltinformationen von anderen, den Bürgern nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich. Ähnlich wie die Umweltsubventionen erreichen auch die dem Umweltschutz dienenden Maßnahmen der staatlichen Kontrolle privater umweltgefährdender Aktivitäten, die dem in § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG und in Art. 2 Buchst. a der Umweltinformationsrichtlinie beispielhaft ("… einschließlich …") genannten Begriff der "verwaltungstechnischen Maßnahmen" zuzuordnen sind und daher einen typischen Gegenstand des Informationsanspruchs der Bürger nach § 4 Abs. 1 UIG bilden (vgl. Fluck/Theuer, a. a. O. § 3 UIG Rn. 218 ff.; Röger, a. a. O. § 3 Rn. 37 f.; Schomerus, a. a. O. § 3 Rn. 101), ihr Ziel nicht etwa unmittelbar, sondern nur mittelbar; denn die im Genehmigungs- oder Überwachungsverfahren ergehenden Bescheide der Behörde betreffen ebenfalls private Aktivitäten, sei es, daß sie diese ermöglichen, sei es, daß sie sie vorschreiben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt der in der Umweltinformationsrichtlinie und im Umweltinformationsgesetz übereinstimmend verwendete Begriff der "Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz … (der Umwelt)" nicht einmal voraus, daß die umweltschützenden Wirkungen tatsächlich eintreten; es reicht aus, daß die behördlichen Tätigkeiten oder Maßnahmen hierfür generell geeignet sind (a. a. O. S. I-3833 Rn. 19: "… schützen können …"). Kennzeichnend für den Begriff ist also nicht etwa der Weg, auf dem das Ziel der Verbesserung der Umweltsituation erreicht wird, sondern die der Tätigkeit oder Maßnahme zugrunde liegende umweltschützende Zielsetzung als solche. Das kommt in der englischen ("… activities or measures designed to protect …") und in der französischen ("… les activités ou les mesures destinées à … protéger …") Fassung der Umweltinformationsrichtlinie noch deutlicher zum Ausdruck als in der deutschen Fassung. Liegt diese Zielsetzung vor, so mag bei der Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG darüber hinaus noch zu verlangen sein, daß zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt eine hinreichend enge Beziehung besteht; an einem solchen Erfolgsbezug mag es fehlen, wenn – wie in dem vom Oberverwaltungsgericht erwähnten, der Begründung zum Regierungsentwurf des Umweltinformationsgesetzes entnommenen (vgl. BTDrucks 12/7138, S. 12) Beispielsfall der Aufstockung des Personals der Umweltverwaltung – die Tätigkeit oder Maßnahme noch in dem Sinne "umweltneutral" ist, daß sie lediglich verwaltungsintern die Voraussetzungen schafft oder verbessert, unter denen die Behörden zu handeln haben. Der Erfolgsbezug ist jedoch mit Gewißheit bei der Gewährung von Umweltsubventionen zu bejahen, bei der – wie dargelegt – der Schutz der Umwelt den eigentlichen Gegenstand des behördlichen Handlungsauftrags bildet. Dementsprechend wird die Gewährung von Umweltsubventionen auch in der Literatur (vgl. Fluck/Theuer, a. a. O. § 3 Rn. 294/296; Moormann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. III, Stand: Oktober 1998, § 3 UIG Rn. 25) zutreffend den Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG zugerechnet, über die Informationen verlangt werden können.
[32] 5. Schließlich verlangt der Kläger zu Recht, daß er die ihm zustehenden Informationen über die Förderung des Vorhabens der Beigeladenen in Form der Einsichtnahme in die Förderungsakte erhält.
[33] Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG wird die Art und Weise des zu gewährenden Informationszugangs (Auskunft, Akteneinsicht, sonstige Formen der Informationsübermittlung) von der Behörde festgelegt. Hierzu hat der Senat in seinem bereits genannten Urteil vom 6. Dezember 1996 – BVerwG 7 C 64.95 – (a. a. O. S. 286 f.) ausgeführt, daß die zu treffende Entscheidung zwar grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, daß dieses Ermessen aber unter Beachtung der von der Umwelt-informationsrichtlinie verfolgten Ziele auszuüben ist. Da die Richtlinie dem Bürger einen möglichst effektiven Informationszugang sichern will, kommt dessen Vorstellungen und Wünschen hinsichtlich der Modalitäten der Informationsaufnahme bei der erforderlichen Ermessensausübung eine besondere Bedeutung zu. Beantragt ein Bürger – wie hier – ausdrücklich einen bestimmten Informationszugang, darf die Behörde diesen Wunsch nur dann zugunsten eines anderen (im wesentlichen gleich geeigneten) Informationsmittels ablehnen, wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe, etwa ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand, bestehen.
[34] Die Beklagte hat dem Wunsch des Klägers nach Akteneinsicht weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren Gründe entgegengesetzt, die diesen Wunsch als unangemessen oder untunlich erscheinen lassen. Solche Gründe lassen sich insbesondere nicht aus der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit herleiten, daß nicht der gesamte Inhalt der Förderungsakte Gegenstand seines Informationsanspruchs ist, sei es weil die Akte zugleich auch nicht umweltbezogene Informationen enthält, sei es, weil bestimmte Informationen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 8 Abs. 1 Satz 2 UIG) oder unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 UIG) vom freien Informationszugang ausgenommen sind. Ob und inwieweit dies der Fall ist, wird die Beklagte unter Beteiligung der Beigeladenen (§ 8 Abs. 2 UIG) zu prüfen und zu entscheiden haben, bevor sie dem Kläger die Förderungsakte zur Einsichtnahme vorlegt. Gegebenenfalls wird sie der Akte Teile entnehmen oder darin in dem erforderlichen Umfang Schwärzungen vornehmen müssen. Daß diese Bereinigung der Akte einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand erfordert als die schriftliche Mitteilung der dem Kläger zustehenden Informationen, die ebenfalls erst nach näherer Bestimmung dieser Informationen möglich ist, wird von der Beklagten nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen kann das Auswahlermessen der Beklagten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG ermessensgerecht nur im Sinne des Klägers ausgeübt werden.
[35] Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.