Bundesgerichtshof
Eine ordnungsgemäße Mangelbeseitigung eines mit Schimmelpilz befallenen Dachstuhls liegt nicht vor, wenn dessen Holzgebälk nach Vornahme der Arbeiten weiterhin mit Schimmelpilzsporen behaftet ist. Dies gilt auch dann, wenn von diesen keine Gesundheitsgefahren für die Bewohner des Gebäudes ausgehen.
BGH, Urteil vom 29. 6. 2006 – VII ZR 274/04; OLG Celle (lexetius.com/2006,1624)
[1] Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka, Bauner und die Richterin Safari Chabestari für Recht erkannt:
[2] Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Oktober 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist.
[3] Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens sowie des in der Hauptsache erledigten Verfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[4] Tatbestand: Der Kläger nimmt die Beklagten auf Kostenerstattung in Anspruch.
[5] Der Kläger ließ sich ein Einfamilienhaus bauen. Mit den Architekten- und Ingenieurleistungen beauftragte er den Beklagten zu 1, mit den Holzbau-, Gipskarton- und Isolierungsarbeiten die Beklagte zu 2. Die Beklagte zu 2 errichtete den Dachstuhl des Gebäudes im Herbst/Frühjahr 1998/1999.
[6] Im April 1999 stellte der Kläger Schimmelpilz an dem Holzgebälk des Dachstuhls fest. Mit Schreiben vom 9. Juli 1999 an die Beklagte zu 2 verlangte der Kläger, den Dachstuhl bis zum 6. August 1999 zu beseitigen und neu herzustellen. Andernfalls werde er den Bauvertrag kündigen und die erforderlichen Arbeiten durch ein anderes Unternehmen ausführen lassen. Mit Schreiben vom 20. August 1999 setzte der Kläger für beide Beklagten eine neue Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 27. August 1999. Nachdem der Beklagte zu 1 sich bereits mit Schreiben vom 20. Juli 1999 bereit erklärt hatte, die Mängel des Werkes zu beseitigen, bot er mit Schreiben vom 27. August 1999 dem Kläger die Sanierung des Dachstuhls durch die Beklagte zu 2 nach Maßgabe der Empfehlungen eines von ihm eingeschalteten Sachverständigen an. Der Kläger ging hierauf nicht ein. In der Folgezeit leitete er ein selbständiges Beweisverfahren ein. Unter Bezugnahme auf ein in jenem Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten forderte der Kläger die Beklagten erneut zur Mangelbeseitigung durch Entfernung des Dachstuhles auf. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist veranlasste der Kläger im September 2000 die Entfernung und die Neuerrichtung des Dachstuhles durch ein Drittunternehmen.
[7] Das Landgericht hat die auf Erstattung der hierdurch angefallenen Kosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
[8] Der Senat hat die Revision des Klägers zugelassen, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt. Während des Revisionsverfahrens haben der Kläger und der Beklagte zu 1 hinsichtlich des Beklagten zu 1 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
[9] Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg.
[10] Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
[11] I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ersatz der für Abriss und Neuerrichtung des Dachstuhls geltend gemachten Kosten. Beide Beklagten hätten ein Recht, den unstreitig von Schimmel befallenen Dachstuhl nachzubessern. Verlange der Auftraggeber eine bestimmte Art der Nachbesserung, trage er die Beweislast dafür, dass nur so der Mangel beseitigt werden könne. Diesen Beweis habe der Kläger nicht geführt.
[12] Im Gegenteil habe sich ergeben, dass die vom Kläger veranlasste Totalsanierung nicht erforderlich gewesen sei.
[13] Für den Kläger stelle sich der Schimmelbefall wegen der für die künftigen Bewohner befürchteten Gesundheitsgefährdung als Mangel dar. Schimmelpilze besäßen Schadstoffcharakter. Nach den vom Sachverständigen vorgeschlagenen Nachbesserungsarbeiten wäre jedoch nicht zu erwarten gewesen, dass schädliche Partikel in die im Dachgeschoss ausgebauten Wohnräume eindringen würden. Es wäre allenfalls ein Restrisiko von maximal 10 % verblieben, dass es noch zu einer Gesundheitsgefährdung hätte kommen können. Danach lasse sich nicht feststellen, dass die von den Beklagten angebotene Sanierung ungeeignet und nicht zuzumuten gewesen wäre.
[14] Zutreffend habe das Landgericht auch einen nur anteiligen Anspruch auf Kostenersatz für die bei einer eingeschränkten Sanierung angefallenen Arbeiten abgelehnt. Ein solcher Anspruch scheitere daran, dass sich die Beklagten mit der geschuldeten Mangelbeseitigung nicht in Verzug befunden hätten. Vielmehr sei der Kläger selbst in Annahmeverzug geraten, nachdem der Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 27. August 1999 und dem darin in Bezug genommenen Schreiben vom 20. Juli 1999 die Beseitigung der Mängel angeboten und der Kläger dieses Angebot abgelehnt habe.
[15] II. Das hält der rechtlichen Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
[16] Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind bereits im Ansatz rechtsfehlerhaft, weil es verkennt, worin der unstreitig gegebene Werkmangel besteht (1.).
[17] Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben nicht die Auffassung, der Kläger sei in Annahmeverzug geraten (2.).
[18] 1. Der von der Beklagten zu 2 errichtete Dachstuhl war mangelhaft, weil er unstreitig vollständig von Schimmelpilz befallen war. Das vertraglich geschuldete Werk war ein Dachstuhl ohne Pilzbefall.
[19] Die Frage einer Gesundheitsgefährdung kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, weil sie unbeachtlich ist. Der verschimmelte Dachstuhl wäre selbst dann mangelhaft gewesen, wenn von ihm keinerlei Gefahren für die Bewohner des Hauses gedroht hätten.
[20] 2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben nicht die Annahme, der Kläger habe sich bei Abriss und Neuerrichtung des Dachstuhls durch ein Drittunternehmen im Annahmeverzug mit der Mangelbeseitigung durch die Beklagten befunden.
[21] a) Es ist nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Gläubigerverzuges gemäß §§ 294, 295 BGB geprüft hat. Ob das vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der eingeschränkten Sanierung erwähnte Schreiben des Klägers vom 9. Juli 1999 die Erklärung im Sinne dieser Vorschriften enthält, ein Angebot einer ordnungsgemäßen Mangelbeseitigung nicht annehmen zu wollen, erscheint als überaus zweifelhaft.
[22] b) Davon unabhängig ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft, weil sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ergibt, dass das Angebot des Beklagten zu 1 in seinem Schreiben vom 27. August 1999 mit Bezugnahme auf sein Schreiben vom 20. Juli 1999 im Hinblick auf die vorgeschlagene Art und Weise der Mangelbeseitigung geeignet war, einen Annahmeverzug des Klägers zu begründen.
[23] Ein Annahmeverzug setzt grundsätzlich zunächst voraus, dass die Leistung ordnungsgemäß angeboten wird. Das Angebot einer Mangelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, ist nicht ordnungsgemäß; der Auftraggeber braucht eine solche Mangelbeseitigung grundsätzlich nicht zu akzeptieren (BGH, Urteil vom 27. März 2003 – VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301, 304). Da der Mangel in dem Schimmelpilz bestand, hätte eine ordnungsgemäße Mangelbeseitigung nur darin bestehen können, den Schimmelpilz vollständig und endgültig zu beseitigen. Ob dies mit den vom Beklagten zu 1 angebotenen Sanierungsmaßnahmen hätte erreicht werden können, erscheint als zweifelhaft und ist jedenfalls dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Denn das Berufungsgericht hat sich auf die nicht ausschlaggebende Prüfung beschränkt, ob mit den angebotenen Maßnahmen eine Gesundheitsgefährdung im Großen und Ganzen abgewendet werden könne.