Bundesverwaltungsgericht
Spezialschulungen für Personalratsmitglieder.
BPersVG § 46
Spezialschulungen liegen auch schon dann vor, wenn in bestimmten für die Personalratstätigkeit relevanten Tätigkeitsfeldern Kenntnisse vermittelt werden, die über Grundzüge hinausgehen, insbesondere der Wissensvertiefung und erweiterung dienen.

BVerwG, Beschluss vom 11. 7. 2006 – 6 PB 8. 06; OVG Bautzen (lexetius.com/2006,1818)

[1] In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 11. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn und Büge beschlossen:
[2] Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.
[3] Gründe: 1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 1 ArbGG ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beteiligten ist die hier allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG statthaft. Die in der Beschwerdeerwiderung zitierte Senatsrechtsprechung betraf die Rechtslage vor dem 1. Januar 2005 und ist daher überholt (vgl. Beschluss vom 25. Februar 2005 BVerwG 6 PB 9. 04 Buchholz 251. 7 § 79 NWPersVG Nr. 6).
[4] 2. Die Grundsatzrüge greift jedoch in der Sache nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
[5] Der Antragsteller will geklärt wissen, "ob die Teilnahme eines Gesamtpersonalratsvorsitzenden an einer Schulung zum Thema 'Aktuelle Rechtsprechung zum Personalvertretungsrecht' (nur) deswegen nicht subjektiv erforderlich ist, weil bereits ein anderes Mitglied des Gesamtpersonalrates an dieser Schulungsveranstaltung teilnimmt". Diese Frage ist, soweit sie einer verallgemeinerungsfähigen Klärung überhaupt zugänglich ist, anhand vorliegender einschlägiger Senatsrechtsprechung eindeutig zu beantworten, so dass es einer Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bedarf.
[6] Der Senat unterscheidet bei der Beurteilung des Schulungsbedarfs nach § 46 Abs. 6 BPersVG in ständiger Rechtsprechung zwischen Grundschulungen und Spezialschulungen. Einer Grundschulung bedarf das Personalratsmitglied, um seine Tätigkeit im Personalrat überhaupt sachgemäß ausüben zu können. Die Grundschulung ist die notwendige Kenntnisvermittlung für solche Personalratsmitglieder, die noch keine ausreichenden Kenntnisse des geltenden Personalvertretungsrechts besitzen (vgl. Beschluss vom 26. Februar 2003 BVerwG 6 P 9.02 BVerwGE 118, 1 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 31 S. 7). Die Teilnahme an einer Spezialschulung benötigt das Personalratsmitglied dagegen, um den besonderen Aufgaben, die ihm innerhalb der Personalvertretung zukommen, gerecht werden zu können (vgl. Beschluss vom 26. Februar 2003 BVerwG 6 P 10.02 Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 32 S. 10). Das Oberverwaltungsgericht hat mit dem Begriff der "besonderen Schulungen" eine dritte Kategorie eingeführt, diese jedoch hinsichtlich der hier entscheidenden Frage der subjektiven Schulungsbedürftigkeit wie Spezialschulungen behandelt (BA S. 7). Dieses Umweges bedarf es nicht. Um eine Spezialschulung handelt es sich nicht nur bei einem fachlich sehr eng zugeschnittenen Themenkreis. Spezialschulungen liegen vielmehr auch dann vor, wenn in bestimmten für die Personalratstätigkeit relevanten Tätigkeitsfeldern Kenntnisse vermittelt werden, die über Grundzüge hinausgehen, insbesondere der Wissensvertiefung und erweiterung dienen (vgl. Beschluss vom 14. Juni 2006 BVerwG 6 P 13.05 Rn. 26). So liegt es auch hier: Der Antragsteller hat seinen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter zu einem Seminar entsandt, in welchem die Themenschwerpunkte "Mitbestimmung bei Personalangelegenheiten und Privatisierung sowie Durchsetzung von Personalratsrechten" im Lichte aktueller Rechtsprechung behandelt wurden.
[7] Nach der Senatsrechtsprechung ist die Teilnahme an Spezialschulungen abhängig von der Größe der Dienststelle sowie Art und Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten regelmäßig auf ein einziges Personalratsmitglied oder mehrere einzelne Personalratsmitglieder beschränkt (vgl. Beschlüsse vom 16. November 1987 BVerwG 6 PB 14. 87 Buchholz 251. 0 § 47 BaWüPersVG Nr. 1 S. 2 und vom 23. April 1991 BVerwG 6 P 19.89 BVerwGE 88, 137 = Buchholz 251. 0 § 45 BaWüPersVG Nr. 1 S. 4). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass der Personalrat ein nach dem Grundsatz der Arbeitsteilung funktionierendes Gremium ist, dessen Mitglieder jeweils für bestimmte Arbeitsbereiche zuständig sind und das dort erworbene Fachwissen jeweils den anderen Mitgliedern weitervermitteln, damit eine ordnungsgemäße Beratung und Entscheidung im Personalratsplenum nach Maßgabe von § 38 BPersVG möglich ist. Dabei bezieht sich die mit der Arbeitsteilung einhergehende personalratsinterne Weitervermittlung jeweils auf das gesamte Fachwissen, nämlich die gesetzliche Beschreibung des personalvertretungsrechtlichen Aufgabengebietes, die dabei zu beachtenden gesetzlichen und tariflichen Regelungen, das dazugehörige Sachwissen und nicht zuletzt die einschlägige Rechtsprechung, durch welche die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der Personalräte für die Praxis in den Dienststellen konkretisiert werden. Da Spezialschulungen typischerweise oder jedenfalls sehr häufig vorhandene einschlägige Rechtsprechung einbeziehen müssen, läuft die Argumentation des Antragstellers in letzter Konsequenz darauf hinaus, dass jede Spezialschulung, die für die Personalratstätigkeit in der Dienststelle erforderliche Rechtskenntnisse vermittelt, von allen Personalratsmitgliedern besucht werden muss. Eine derartige Sichtweise unterschätzt nicht nur die Fähigkeit von Personalratsmitgliedern, sich gegenseitig zu informieren und voneinander zu lernen. Sie ist auch mit Blick auf den für den Personalrat als Teil der Dienststelle geltenden Grundsatz der sparsamen Bewirtschaftung öffentlicher Mittel (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BHO) unverhältnismäßig und daher untragbar.
[8] Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung an der zitierten Senatsrechtsprechung orientiert. Es hat nicht verkannt, dass die Entsendung von zwei Personalratsmitgliedern zu einer Spezialschulung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es hat diese hier jedoch nach Prüfung einzelfallbezogener Umstände abgelehnt (BA S. 8 f.). Im Interesse der Rechtsfortbildung oder Rechtsvereinheitlichung klärungsbedürftige Fragen sind damit nicht aufgeworfen. Dies gilt umso mehr, als dem Oberverwaltungsgericht bei Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Erforderlichkeit ein Beurteilungsspielraum zukommt, dessen Ausfüllung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2006 BVerwG 6 P 13.05 Rn. 50 m. w. N.).
[9] Klärungsbedarf besteht schließlich nicht mit Blick auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsverfassungsrecht. Zwar hat dies in einem ähnlich gelagerten Fall den Schulungsbedarf für zwei Betriebsratsmitglieder anerkannt (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 7 ABR 14/95 AP Nr. 113 zu § 37 BetrVG 1972). Dafür war jedoch letztlich maßgeblich, dass beide nach der internen Aufgabenverteilung im Betriebsrat dafür zuständig waren, die von diesem zu treffenden Entscheidungen in den den Schulungsgegenstand bildenden personellen Angelegenheiten vorzubereiten oder dessen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen (a. a. O. Bl. 1230). Die im Mittelpunkt der Beschwerdebegründung stehende Erwägung, Betriebsrats- bzw. Personalratsmitglieder könnten bei der Erläuterung aktueller Rechtsprechung keine Multiplikatorfunktion für die übrigen Mitglieder des Gremiums übernehmen, hat dabei keine Rolle gespielt.