Bundesverwaltungsgericht
Telekombeamter des gehobenen Dienstes (Rechtsabteilung); erstinstanzliche Beschränkung des Verhandlungsstoffes in Altverfahren nach der BDO grundsätzlich unzulässig (keine Zurückverweisung); maßnahmebeschränkte Berufung (widersprüchliche Feststellungen); Zugriffsdelikt (veruntreuende Unterschlagung von vier Kundenschecks in Höhe von insgesamt 5 889,62 DM); Strafurteil (Gesamtgeldstrafe); Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage nicht einschlägig (Überschuldung nicht unverschuldet, Geld nicht ausschließlich zur Finanzierung des existenziellen Lebensbedarfs verwendet); negative prognostische Gesamtwürdigung des Dienstvergehens für den Beamten; Disziplinarmaßnahme: Entfernung aus dem Dienst bestätigt.
BBG § 54 Satz 2 und 3, § 77 Abs. 1 Satz 1; BDG § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1, § 85 Abs. 1 und 3; BDO § 11; StGB §§ 20, 21; ZPO § 850c

BVerwG, Urteil vom 6. 6. 2007 – 1 D 2.06 (lexetius.com/2007,2231)

[1] In dem Disziplinarverfahren gegen den Postamtsrat …, …, hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat, in der öffentlichen Hauptverhandlung am 6. Juni 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Postoberamtsrätin Schwanke und Regierungsamtsrätin von Gehlen als ehrenamtliche Richterinnen sowie Postoberrätin …, als Vertreterin der Einleitungsbehörde, Rechtsanwalt …, als Verteidiger, und Protokollführerin … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2] Die Berufung des Postamtsrats – … gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts … vom 18. Oktober 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
[3] 1 I 1. In dem ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hat der Bundesdisziplinaranwalt dem … Beamten mit Anschuldigungsschrift vom 3. Februar 2003 vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
[4] 1. unter Verletzung von Strafgesetzen im Zeitraum vom 17. Dezember 1999 bis 10. Februar 2000 Scheckunterschlagung in vier Fällen beging, indem er während seiner Tätigkeit in der Rechtsabteilung der Deutschen Telekom AG in B. vier an die Deutsche Telekom AG übersandte und für diese zum Ausgleich von Forderungen bestimmte Verrechnungsschecks über einen Gesamtbetrag von 5 189,62 DM an sich nahm und die Scheckbeträge dem Konto seiner Ehefrau gutschreiben ließ und das Geld zur Abdeckung eigener Verbindlichkeiten verbrauchte,
[5] 2. zur Verschleierung seiner Scheckunterschlagungen in der Nacht vom 22. auf den 23. März 2000 in das Büro des Leiters der Rechtsabteilung gewaltsam durch das Aufbrechen der Feuerschutztür eindrang und zwei Akten von geführten Rechtsstreitigkeiten mit den Aufschriften "Deutsche Telekom % B." und "Deutsche Telekom % V.", mit denen er zuvor dienstliche Befassung hatte und bei denen er auch die eingehenden Schecks unterschlagen hatte, eine Entscheidungssammlung zu 0190er-Rufnummern und fünf juristische Fachbücher entwendete und darüber hinaus ebenfalls zur Verschleierung seiner Scheckunterschlagungen ein Originalschreiben des Rechtsanwalts M., mit dem dieser den Originalscheck über 2 365,60 DM an die Deutsche Telekom AG übersandt hatte und das Bestandteil der entwendeten Rechtsstreitakte Deutsche Telekom % B. war, insoweit verfälschte, dass er alle auf ihn hinweisende Merkmale entfernte,
[6] 3. insgesamt 32 Dienstreisen, die in Wahrheit nicht von ihm durchgeführt worden waren, als Reisekosten abrechnete und dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil in Höhe von insgesamt 3 180,55 € erlangte, des Weiteren an den unter Punkt 3 bb) aufgeführten sieben Werktagen schuldhaft ungenehmigt dem Dienst fernblieb und bei 298 der von ihm im Zeitraum vom 23. Februar 1996 bis 27. Mai 1997 insgesamt durchgeführten 308 Dienstreisen überhöhte Kilometerangaben machte und sich hierdurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil von 7 619,90 € erschlich.
[7] 2 In dem zu Anschuldigungspunkt 1 sachgleichen Strafverfahren ist der Beamte durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts … vom 13. Juli 2001 wegen Unterschlagung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 DM verurteilt worden.
[8] 3 2. Das Verwaltungsgericht … hat mit Urteil vom 18. Oktober 2005 entschieden, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt wird; zugleich hat es ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. seines erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt. Es hat nur über den Anschuldigungspunkt 1 verhandelt und entschieden, weil bereits diese Pflichtverletzungen die Entfernung des Beamten aus dem Dienst rechtfertigten. Das Verwaltungsgericht hat dabei, gestützt auf das Strafurteil des Amtsgerichts … vom 13. Juli 2001, im Wesentlichen folgenden vom Beamten eingeräumten Sachverhalt festgestellt:
[9] 4 Der Beamte war seit Mai 1998 in der Rechtsabteilung der Deutschen Telekom AG und seit dem 1. März 1999 insoweit im Regionalbüro Recht der Niederlassung D. am Dienstort B. eingesetzt. Im Rahmen dieser Tätigkeit gehörte zu seinen Aufgaben unter anderem die Betreuung zivilrechtlicher Streitigkeiten der Telekom zur Durchsetzung von Forderungen gegenüber Kunden. In dieser Eigenschaft war der Beamte auch zur Entgegennahme von Scheckzahlungen an die Deutsche Telekom AG befugt, die zum Ausgleich von Forderungen nach Abschluss der Rechtsstreitigkeiten eingereicht worden waren. In vier Zivilstreitverfahren der Deutschen Telekom AG, die diese erfolgreich gegen Kunden geführt hatte, nahm der Beamte die zu seinen Händen nach Abschluss der Verfahren zum Ausgleich der Forderungen übersandten Verrechnungsschecks im Gesamtbetrag von 5 189,62 DM an sich, ließ sie dem privaten Konto seiner Ehefrau gutschreiben und verbrauchte das Geld zur Abdeckung eigener Verbindlichkeiten. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Schecks:
1. eine Scheckgutschrift vom 23. Dezember 1999 über 238,26 DM in Sachen Deutsche Telekom gegen G.;
2. ein Scheck der Rechtsanwälte Z. vom 17. Dezember 1999 über 228,16 DM;
3. ein Scheck der Rechtsanwälte …. K. vom 1. Februar 2000 über 3 057,60 DM;
4. ein Scheck des Rechtsanwalts M. vom 10. Februar 2000 über 2 365,60 DM.
[10] 5 Die unter Ziffer 2. bis 4. genannten Scheckeinreichungen betrafen – in dieser Reihenfolge – die Zivilstreitverfahren der Deutschen Telekom AG gegen S., die Firma V. sowie die Eheleute B. Zur Verschleierung seiner Unterschlagungshandlungen heftete der Beamte in die jeweiligen Prozessakten der Deutschen Telekom AG ein Schreiben an die Finanzbuchhaltung, das die ordnungsgemäße Weiterleitung der Schecks an diese vortäuschte. Tatsächlich übersandte er der Finanzbuchhaltung jedoch jeweils ein anderes Schreiben, das bei ihr als Abschlussmitteilung des jeweiligen Zivilstreitverfahrens einging und keinerlei Hinweis auf die Einreichung des Schecks enthielt.
[11] 6 Das Verwaltungsgericht hat die festgestellte Handlungsweise des Beamten als vorsätzlich schuldhaft begangenes Dienstvergehen (§ 54 Satz 2 und 3, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) bewertet, das sehr schwer wiege und – für sich gesehen – bereits die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertige. Der Beamte habe die ihm eingeräumte Befugnis, Schecks für die Deutsche Telekom AG auf Grund von Forderungen gegenüber Kunden im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten entgegenzunehmen, zu eigenen Zwecken missbraucht und damit im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten versagt. Das Dienstvergehen sei nach denselben Grundsätzen wie beim Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld zu ahnden und führe regelmäßig – wie auch hier – zur Entfernung aus dem Dienst.
[12] 7 Durchgreifende, insbesondere "anerkannte Milderungsgründe" lägen nicht vor. Dies gelte vor allem für ein Handeln in einer unverschuldeten und ausweglos erscheinenden wirtschaftlichen Notlage. Zwar habe der Beamte dargelegt, auf Grund des Eigenheimerwerbs im Jahre 1992/93 sowie einer im Jahre 1993 erforderlich gewordenen Nachfinanzierung in einen finanziellen Engpass geraten zu sein. Die daraus resultierende – lediglich – psychische Not der Bedrohung des Hauseigentums stelle allerdings keine wirtschaftliche Notlage im Sinne des Milderungsgrundes dar. Der Beamte habe es in der Hand gehabt, durch den Verkauf des Hauseigentums – auch wenn dies mit wirtschaftlichen Verlusten verbunden gewesen wäre – und die Anmietung einer finanziell tragbaren Wohnung die monatlichen, vornehmlich aus dem Hauserwerb resultierenden Belastungen deutlich zu senken. Die behauptete wirtschaftliche Notlage sei daher auch nicht unverschuldet gewesen. Der Beamte habe nicht substantiiert dargelegt, dass die Möglichkeit eines Verkaufs des Eigenheims oder zumindest einer Umschuldung der Immobilienbelastung ausgeschlossen gewesen wäre. Angesichts dessen sei nicht erkennbar, dass ohne Einlösung der unterschlagenen Schecks der notwendige Lebensbedarf der Familie gefährdet gewesen sei.
[13] 8 3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt, diese nachträglich ausdrücklich auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt und beantragt, das Verfahren einzustellen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
[14] 9 Der Tatvorwurf werde in vollem Umfang eingeräumt. Gleichwohl komme bei einer umfassenden Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls eine Entfernung aus dem Dienst nicht in Betracht. Im maßgeblichen Zeitraum (Dezember 1999 bis Februar 2000) hätten die Voraussetzungen des Milderungsgrundes des Handelns in einer wirtschaftlichen Notlage vorgelegen. Anders als in der Übersicht über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. Januar 1999 angegeben, habe er für Ratenkredite neben dem Betrag von 2 596,43 DM weitere 1 100 DM für Ratenverpflichtungen zu zahlen gehabt. Tatsächlich hätten also Ausgaben in Höhe von 6 015,23 DM Einnahmen nur in Höhe von 6 430,11 DM gegenübergestanden. Die dreiköpfige Familie habe zum Lebensunterhalt monatlich nur über 414,88 DM verfügt. Dieser Betrag habe unterhalb der Regelsätze der Sozialhilfe gelegen. Ergänzend hat der Beamte weitere Unterlagen zu seinen (damaligen) finanziellen Verhältnisse vorgelegt.
[15] 10 Die wirtschaftliche Notlage sei auch unverschuldet gewesen. Er habe im Jahr 1992 Kreditverpflichtungen zum Bau eines durchschnittlichen Wohnhauses aufgenommen gehabt. Auf Grund ungünstiger Bodenverhältnisse (wasserführende Schichten) habe sich der Bau erheblich verzögert und verteuert mit der Folge, dass weitere Kreditaufnahmen notwendig geworden seien. Dies sei wirtschaftlich vertretbarer gewesen als die Verwertung einer Bauruine. Ein Verkaufserlös habe zudem für eine Schuldentilgung nicht ausgereicht. Durch Mietzahlungen seien weitere Belastungen hinzugetreten. Im Übrigen habe er, der Beamte, alles ihm Mögliche unternommen, um seine Verschuldung abzuwenden. Nachdem seine Kreditaufnahmemöglichkeiten in der Familie und auch sonst im Inland erschöpft gewesen seien, sei er mit einem Kredit sogar in die Schweiz ausgewichen, um der Schufa-Anfrage zu entgehen.
[16] 11 Hinzugekommen sei ein nicht unerheblicher Fahrkostenaufwand auf Grund seiner Versetzung. Seine nachweisbaren Bemühungen um einen heimatnahen Einsatz seien erfolglos geblieben. Der tägliche Weg mit dem Pkw zum Dienst habe – einfache Strecke – ca. 110 km betragen. Preiswertere öffentliche Verkehrsverbindungen hätten auf Grund ungünstiger Zugverbindungen nicht bestanden. Ferner habe er damals seinem Sohn Matthias noch ca. 3 000 € Unterhalt geschuldet. Diese Forderung habe auf der Tatsache beruht, dass er, der Beamte, damals in Folge seiner Weiterbildungen nicht zahlungsfähig gewesen sei. Ende November 1999 sei ein vorläufiges Zahlungsverbot gegenüber der Bezügekasse der Deutschen Telekom AG erklärt worden. Zu jener Zeit seien von seinem Konto schon keine Abbuchungen mehr vorgenommen worden.
[17] 12 Da das Geld zum Kauf von Lebensmitteln häufig nicht ausgereicht habe, sei seine Familie von seiner Mutter – trotz deren geringer Rente – unterstützt worden und habe dort auch gegessen. Letztlich sei seine Notlage so ausweglos gewesen, dass er, um den Lebensunterhalt seiner Familie sicherzustellen, auf die Schecks zugegriffen habe.
[18] 13 Er sei von Dezember 1997 bis Mai 1998 wegen einer schweren psychovegetativen Erschöpfung bei Entwicklung von psychosomatischen Störungen und Depressionen medikamentös und – zeitweise – stationär behandelt worden.
[19] 14 Mildernd sei schließlich zu berücksichtigen, dass er ein leistungsstarker Beamter sei, der sein Fehlverhalten eingestanden habe.
[20] 15 Da er wegen des gleichen Sachverhalts strafgerichtlich verurteilt worden sei und Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr nicht vorlägen, sei das Verfahren im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG die Vorschrift finde auf Altverfahren entsprechende Anwendung – einzustellen.
[21] 16 II Die Berufung des Beamten hat keinen Erfolg.
[22] 17 Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen, weil es vor dem 1. Januar 2002 förmlich eingeleitet worden ist (§ 85 Abs. 1 und 3 BDG; zum Übergangsrecht vgl. Urteil vom 20. Februar 2002 BVerwG 1 D 19.01 NVwZ 2002, 1515).
[23] 18 1. Die Berufung ist ausdrücklich auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Dies steht im Einklang mit der Berufungsbegründung, mit der nur Umstände geltend gemacht werden, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können.
[24] 19 a) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufungsbeschränkung bestehen nicht. Zwar wird es in Verfahren nach der Bundesdisziplinarordnung wegen der Geltung des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens als unzulässig angesehen, bei mehreren angeschuldigten Lebenssachverhalten die Berufung auf einen Teil dieser Sachverhalte und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu beschränken (vgl. z. B. Urteil vom 29. Juni 1999 BVerwG 1 D 104.97 juris, m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn mit der Berufung wird allein die Angemessenheit der vom Verwaltungsgericht verhängten Maßnahme als rechtlich selbständiger, abtrennbarer Teil des erstinstanzlichen Urteils angegriffen.
[25] 20 b) Auch eine maßnahmebeschränkte Berufung begründet die Pflicht, die Zulässigkeit des Disziplinarverfahrens – wie jede Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens – von Gerichts wegen zu prüfen (vgl. Urteil vom 28. November 2001 BVerwG 1 D 52.00 m. w. N.). Zwar stellt die erstinstanzliche Beschränkung des Verhandlungsstoffs auf einen Teil der angeschuldigten Lebenssachverhalte grundsätzlich einen Verfahrensmangel dar, der zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO führen könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 27. November 1996 BVerwG 1 D 28.95 BVerwGE 113, 32 ff.; ferner z. B. Urteil vom 13. Januar 1998 BVerwG 1 D 36.94 und 1 D 54.96BVerwGE 113, 174 ff.) wird eine solche Verfahrensweise in Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung nur im Rahmen einer unbeschränkt eingelegten Berufung für zulässig erachtet und nur dem letztinstanzlich entscheidenden Berufungsgericht zugebilligt. Das erstinstanzliche Gericht hat in der Regel alle Anschuldigungspunkte auch dann abzuhandeln, wenn bereits ein Teil der festgestellten Vorwürfe den Ausspruch der Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts rechtfertigen würde. Ungeachtet dessen scheidet hier eine Zurückverweisung aus, weil unbeschadet der Vorwürfe in den Anschuldigungspunkten 2 und 3 auch nach Auffassung des Senats bereits das vom Verwaltungsgericht im Anschuldigungspunkt 1 festgestellte Dienstvergehen die Entfernung des Beamten aus dem Dienst rechtfertigt.
[26] 21 c) Bei der zulässigerweise auf die Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung ist der Senat wegen der Teilrechtskraft in Bezug auf Anschuldigungspunkt 1 an die dementsprechenden erstinstanzlichen Feststellungen zur Tat sowie an die vorgenommene disziplinarrechtliche Würdigung der festgestellten Pflichtverletzungen (§ 54 Satz 2 und 3 BBG) als vorsätzlich schuldhaft begangenes Dienstvergehen i. S. d. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG gebunden. Eine Bindungswirkung setzt jedoch eindeutige und widerspruchsfreie Feststellungen voraus. Ob die Feststellungen des Verwaltungsgerichts eine tragfähige Grundlage für die Entscheidung des Senats abzugeben vermögen, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln (vgl. dazu z. B. Urteil vom 10. Oktober 2000 BVerwG 1 D 46.98 Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6 und Beschluss vom 27. Januar 2005 BVerwG 1 D 16.04 juris, jeweils m. w. N.). Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil beträgt die vom Beamten unterschlagene Gesamtsumme 5 189,62 DM und setzt sich, wie ebenfalls festgestellt, aus folgenden Einzelbeträgen zusammen: 238,26 DM, 228,16 DM, 3 057,60 DM und 2 365,60 DM. Diese Feststellungen sind widersprüchlich. Die Summe der Einzelbeträge ergibt in Wahrheit einen Gesamtbetrag von 5 889,62 DM. Von diesem – höheren – Betrag ist hier als bindend festgestellt auszugehen. Dem Beamten war von Anfang an die Unterschlagung aller vier – richtig bezifferten – Scheckbeträge zur Last gelegt worden und damit der in Wahrheit höhere Gesamtbetrag. Der Beamte konnte seine Verteidigung von vornherein darauf einrichten, zumal es sich um einen offensichtlichen Schreib- oder Rechenfehler handelt. Bereits im Strafbefehl vom 19. März 2001 waren die richtig bezifferten Einzelbeträge und die falsche Gesamtsumme aufgeführt.
[27] 22 Der Senat hat nach alledem nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
[28] 23 2. Das erstinstanzlich festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer und hat bei dem Beamten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt, so dass die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (§ 11 BDO) nicht zu beanstanden ist.
[29] 24 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Eine Entfernung aus dem Dienst ist dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Bei der Frage nach der Schwere des Dienstvergehens ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung sowie besondere Umstände der Tatbegehung), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (Urteil vom 20. Oktober 2005 BVerwG 2 C 12.04 BVerwGE 124, 252 [259]).
[30] 25 Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen "regelmäßig" geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 – 2 BvR 1413/01NVwZ 2003, 1504 [1504 f.] m. w. N.), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zu Gunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die vom Senat zu den Zugriffsdelikten entwickelten so genannten anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände. Entlastungsgründe sind bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteil vom 20. Oktober 2005 a. a. O. S. 263; Urteil vom 3. Mai 2007 BVerwG 2 C 9.06 zur Veröffentlichung vorgesehen).
[31] 26 a) Das im Anschuldigungspunkt 1 von der Vorinstanz bindend festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer und indiziert den Eintritt eines endgültigen Vertrauensverlusts. Der Beamte hat im Rahmen seiner Tätigkeit in der Rechtsabteilung der Deutschen Telekom AG, Regionalbüro B., in der er u. a. zur Entgegennahme von Zahlungen aus Forderungen der Telekom gegen Kunden befugt war, innerhalb von knapp zwei Monaten (Mitte Dezember 1999 bis Mitte Februar 2000) in vier Fällen ihm von Kunden dienstlich anvertraute Schecks unterschlagen, wodurch der Telekom ein über die Bagatellgrenze von etwa 100 DM (ca. 50 €) hinausgehender Schaden (vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2002 BVerwG 1 D 31.01 BVerwGE 116, 308) in Höhe von insgesamt 5 889,62 DM entstanden ist; das Geld hat der Beamte zur Abdeckung privater Verbindlichkeiten verwendet. Durch dieses Fehlverhalten hat er grundlegende Pflichten im Kernbereich seines Aufgabengebiets – u. a. Betreuung zivilrechtlicher Streitigkeiten der Telekom zur Durchsetzung von Forderungen gegenüber Kunden – vorsätzlich verletzt (vgl. zur Einstufung eines solchen Dienstvergehens als so genanntes Zugriffsdelikt in der bisherigen Rechtsprechung des Disziplinarsenats z. B. Urteil vom 23. März 1999 BVerwG 1 D 45.98 m. w. N.).
[32] 27 b) Bereits auf Grund des auf diesen Teil des Lebenssachverhalts beschränkt festgestellten schweren Dienstvergehens ist bei dem Beamten ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten. Der Beamte bietet nicht mehr die Gewähr, künftig seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachzukommen. Dies steht bei der gebotenen Gesamtwürdigung der dafür erforderlichen Abwägung aller be- und entlastender Umstände zur Überzeugung des Senats fest.
[33] 28 Entgegen der Auffassung des Beamten kann dieser sich nicht mit Erfolg auf den so genannten anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage berufen; hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein aus diesem Grunde persönlichkeitsfremdes Verhalten zur Tatzeit liegen nicht vor. Der "anerkannte Milderungsgrund" des Handelns in einer unverschuldet entstandenen, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage zur Tatzeit greift nach der Senatsrechtsprechung dann ein, wenn es sich um ein zeitlich begrenztes Fehlverhalten handelt und der Beamte die veruntreuten Gelder oder Güter zur Milderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (vgl. z. B. Urteile vom 23. Oktober 2002 BVerwG 1 D 5.02 juris und vom 8. Dezember 2005 BVerwG 1 D 9.04 jeweils m. w. N.). Auch wenn viel dafür spricht, dass sich die dreiköpfige Familie des Beamten im Zeitraum der Scheckunterschlagungen (Ende 1999/Anfang 2000), gemessen an den damaligen Sozialhilferegelsätzen gemäß § 22 BSHG …, objektiv in einer wirtschaftlichen Notlage befand (vgl. dazu z. B. Urteil vom 27. September 2000 BVerwG 1 D 24.98 juris, m. w. N.), sind doch die Voraussetzungen des Milderungsgrundes zumindest in zweifacher Hinsicht nicht erfüllt:
[34] 29 Der Beamte war in die angenommene wirtschaftliche Notlage zur Tatzeit nicht unverschuldet, z. B. durch unvorhergesehenen Wegfall eines Teils des Familieneinkommens (vgl. Urteil vom 9. September 1987 BVerwG 1 D 13.87 – juris), sondern verschuldet geraten. Ein Verschulden in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Beamte die Notlage durch vorwerfbare Lebensweise oder Wirtschaftsführung verursacht oder zumindest mitverursacht hat (vgl. Urteil vom 27. September 2000 a. a. O. m. w. N., stRspr). Das war hier der Fall. Ende 1999/Anfang 2000 war der Beamte offensichtlich erheblich überschuldet. Auf Grund der im Berufungsverfahren vorgelegten Finanzierungsunterlagen ergab sich hinsichtlich der Baufinanzierung durch die A-Bankkredite mit den Kontoendnummern 1, 2, 3 und 4 eine monatliche Belastung in Höhe von ca. 1 855 DM. Hinzu kam eine monatliche Belastung in Höhe von ca. 1 881 DM aus weiteren Darlehensverpflichtungen bei der A-Bank (Kontoendnummern 5 und 6) und der X-bank. Zu diesen Kreditverpflichtungen in einer Gesamthöhe von ca. 3 736 DM im Monat waren noch die sonstigen – regelmäßigen – Zahlungsverpflichtungen zu addieren, die der Beamte in seiner Übersicht über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. Januar 1999 mit insgesamt etwa 2 318 DM beziffert hat. Die Gesamteinkünfte lagen damit nach den Angaben in jener Übersicht mit ca. 6 430 DM nur unwesentlich über der regelmäßigen Gesamtbelastung von etwa 6 054 DM im Monat.
[35] 30 Den Beamten trifft der Vorwurf, dass er nicht rechtzeitig mit Erfolg dem Ausmaß seiner Überschuldung entgegengewirkt hat; dies war ihm möglich und zumutbar. Von dem Beamten als Postamtsrat (Besoldungsgruppe A 12 BBesG) in der Rechtsabteilung der Deutschen Telekom AG, der gerade im Umgang mit rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen versiert war, konnte und musste erwartet werden, dass er sich nach dem Hausbau 1992/93 und der vom Beamten ursprünglich mit 40 000 DM angegebenen Nachfinanzierung alsbald nachhaltig um eine Klärung seiner Schuldenlage bemühte. Dies hat er vorwerfbar nicht mit dem gebotenen Erfolg getan. Zwar soll es nach seinen eigenen schriftlichen Angaben im Jahr 1998 zu einer "grundlegenden Umschuldung" gekommen sein. Diese war jedoch offensichtlich nicht ausreichend, wie die finanziellen Verhältnisse des Beamten zur Tatzeit belegen. Ihm ist vorzuwerfen, dass er sich nicht rechtzeitig bei einer Schuldnerberatung um die Aufstellung eines Sanierungsplanes zur Reduzierung seiner Unterhalts-, Bau- und/oder sonstigen Kreditverpflichtungen gekümmert hat, um auf diese Weise seine Überschuldung abzubauen, statt sie immer mehr auflaufen zu lassen. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte eingeräumt, dass ihm die Sozialbetreuung der Telekom in B. Ende 1999 geraten habe, eine Schuldnerberatung aufzusuchen. Dem sei er aber nicht nachgekommen. Erst nach Aufdeckung seiner Verfehlungen im Frühjahr 2000 sei er bei der Schuldnerberatung in M. gewesen.
[36] 31 Anstelle sich rechtzeitig um eine Ordnung seiner finanziellen Verhältnisse zu bemühen, hat der Beamte sogar noch in seiner Übersicht über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. Januar 1999 seine Darlehensgesamtbelastungen nur mit 2 596,43 DM beziffert, obwohl sie schon damals in Wahrheit wesentlich höher waren, wie der Beamte in der Berufungsbegründung und zuletzt in der Hauptverhandlung eingeräumt hat. Auf Grund dieser "geschönten" Angaben war die Überschuldungssituation für die Dienstvorgesetzten nicht erkennbar, so dass diese insoweit kein – den Beamten evtl. entlastendes – Mitverschulden trifft.
[37] 32 Der Milderungsgrund des Handelns in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage kommt dem Beamten aber auch deshalb nicht zugute, weil die veruntreuten 5 889,62 DM weitgehend nicht ausschließlich der Finanzierung des existenziellen Lebensbedarfs gedient haben. Der Beamte hatte die vier Schecks dem privaten Konto seiner Ehefrau gutschreiben lassen. Erläuternd hat er dazu in der Hauptverhandlung vor dem Senat ausgeführt, er habe das Geld sofort abgehoben, da er es für den Haushalt und auch für die "Daseinsvorsorge" gebraucht habe. Ferner habe er mit dem Geld Benzinrechnungen und diverse andere Rechnungen (z. B. eine Autoreparaturrechnung über 1 139,80 DM gemäß 2. Mahnung vom 29. November 1999 und eine Anwaltsrechnung vom 15. Dezember 1999 über 347,25 DM in der Unterhaltsangelegenheit seines Sohnes) bezahlt. Eine allgemeine Schuldentilgung ist aber grundsätzlich nicht geeignet, den Beamten vom Vorwurf des schweren Dienstvergehens zu entlasten. Die Verwendung des veruntreuten Geldes zur Abdeckung von Schulden würde nur dann die Voraussetzungen des Milderungsgrundes erfüllen, wenn es sich dabei um solche Verbindlichkeiten gehandelt hätte, deren Nichterfüllung den Beamten von den für den Lebensbedarf notwendigen Leistungen abgeschnitten hätte (vgl. Urteil vom 25. April 2001 BVerwG 1 D 34.00 m. w. N., stRspr). Dies war hier hinsichtlich der Autoreparaturrechnung und der Anwaltsrechnung offensichtlich nicht der Fall. Auch bezüglich der Bezahlung diverser anderer Rechnungen fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass es dabei um "lebensnotwendige Leistungen" ging. Dies gilt auch im Hinblick auf die Bezahlung von Benzinrechnungen. Die Eheleute besaßen noch im März 2000 (vgl. den kriminalpolizeilichen Durchsuchungsbericht vom 24. März 2000) einen VW-Passat und – als angebliches Geschenk der Schwiegereltern – einen VW-Polo. Es ist nichts dafür ersichtlich und auch nicht geltend gemacht, dass das veruntreute Geld insoweit allein für Fahrten zum Dienstort B. verwendet wurde. Soweit das Geld schließlich der allgemeinen Haushaltsführung und der so genannten "Daseinsvorsorge" dienen sollte, konnte es eine auf das Notwendigste beschränkte Lebensführung auf keinen Fall erfordern, innerhalb von etwa acht Wochen auf fast 5 890 DM zuzugreifen.
[38] 33 Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine günstige Persönlichkeitsprognose auf Grund eines tätigen Abrückens von den Dienstverfehlungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der anerkannte Milderungsgrund der freiwilligen Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung steht dem Beamten nicht zur Seite. Er hat den gesamten, nicht geringen Schaden erst nach Aufdeckung der Pflichtverstöße ausgeglichen.
[39] 34 Zwar ist dem Beamten außerhalb anerkannter Milderungsgründe entlastend zugute zu halten, dass er ab Herbst 1999 gesundheitlich (wieder) stark angeschlagen war – eine antidepressive Medikation wurde erneut angesetzt – und er zum Jahresende unter akutem Zahlungsdruck stand, als sein Rechtsanwalt wegen seiner Forderung mit Zwangsvollstreckung drohte. Angesichts der Schwere der Verfehlungen fallen diese Entlastungsgründe jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht:
[40] 35 Der Beamte kann sich zunächst nicht mit Erfolg auf erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB zur Tatzeit, die auch bei einem Zugriffsdelikt in die Gesamtwürdigung der be- und entlastenden Umstände einzubeziehen ist (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a. a. O.), berufen. Die Fachärztin für Neurologie, Nervenheilkunde – Psychotherapie Dr. R. hat zwar in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 14. Juli 2000 und bei ihrer mündlichen Anhörung im Untersuchungsverfahren bei dem Beamten für den Zeitraum 1996/97 und für die Zeit ab März 2000 – nach Aufdeckung der hier maßgeblichen Verfehlungen – eine krankhafte seelische Störung, nämlich schwere psychovegetative Erschöpfung mit psychosomatischen Beschwerden und Depressionen diagnostiziert. Zugleich hat die Sachverständige jedoch nachvollziehbar verneint, dass die "Verantwortlichkeit" des Beamten dadurch erheblich gemindert oder gar ausgeschlossen gewesen sei. Es fehlt daher auch für die Tatzeit an Anhaltspunkten dafür, dass die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Beamten erheblich vermindert gewesen sein könnte.
[41] 36 Ferner muss sich der Beamte entgegenhalten lassen, dass auch unter akutem Zahlungs- und Vollstreckungsdruck von einem Beamten des gehobenen Dienstes, der eine Vertrauensstellung innehat, erwartet werden kann, dass er eine solche Situation mit legalen Mitteln löst. Nach § 850c ZPO ist das Arbeitseinkommen, zu dem auch die Dienstbezüge der Beamten zählen (§ 850 Abs. 2 ZPO), in den in dieser Vorschrift bestimmten Grenzen unpfändbar, damit dem Schuldner mindestens ein Betrag verbleibt, der ihm und seiner Familie ein menschenwürdiges Leben ermöglicht (vgl. BTDrucks 8/693 S. 45 zum Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen). Als Mitarbeiter im Regionalbüro Recht hätte der Beamte, der im Umgang mit Rechtsfragen versiert war, von den gesetzlichen Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes Gebrauch machen müssen. Es ist nichts dafür ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass ihm dies unmöglich oder unzumutbar war.
[42] 37 Auch die übrigen in die Zumessungserwägungen einzustellenden Entlastungsgründe haben weder einzeln noch in der Gesamtschau mit der wirtschaftlichen Situation ein solches Gewicht, dass sie den indizierten Vertrauensverlust aufwiegen können. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die guten dienstlichen Beurteilungen, Belobigungen und Belohnungen, seinen außergewöhnlichen beruflichen Einsatz als auch hinsichtlich der Tatsache, dass der Beamte im Übrigen weder disziplinar- noch strafrechtlich vorbelastet ist; die Vorwürfe in den Anschuldigungspunkten 2 und 3 bleiben dabei unberücksichtigt. Diese mildernden Umstände können den Beamten angesichts des Gewichts des Dienstvergehens nicht entscheidend entlasten. Auch der Umstand, dass sich der Beamte nachträglich geständig gezeigt hat, ist nicht geeignet, das schwere Dienstvergehen in milderem Licht erscheinen zu lassen. Das Fehlverhalten war bereits entdeckt und der Beamte, der durch verschiedene Tathandlungen (z. B. Manipulation der betreffenden Prozessakten, Gutbuchung der Schecks auf dem Konto der Ehefrau) zunächst versucht hatte, sein Fehlverhalten zu verschleiern, war überführt. Unter diesen Umständen ist ein Geständnis wenig geeignet, bei einem derart schwerwiegenden Dienstvergehen eine günstige Persönlichkeitsprognose zu rechtfertigen.
[43] 38 Auf der Grundlage aller be- und entlastender Gesichtspunkte fällt daher die prognostische Gesamtwürdigung der Verfehlungen für den Beamten negativ aus. Als Beamter des gehobenen Dienstes hat er sich durch sein schweres Dienstvergehen – vier veruntreuende Unterschlagungen in ca. acht Wochen mit einem Gesamtschaden von fast 5 890 DM – mangels durchgreifender Milderungsgründe als vertrauensunwürdig erwiesen und kann deshalb nicht mehr im Beamtenverhältnis verbleiben. Autorität und Ansehen eines Beamten beruhen vor allem auf dem Vertrauen, das ihm auf Grund pflichtgemäßen Verhaltens entgegengebracht wird. Auch wenn der Beamte fachlich gute Leistungen und überobligatorischen Einsatz gezeigt hat, ist er durch sein schweres Fehlverhalten dem ihm im Regionalbüro Recht vom Dienstherrn und den Telekomkunden entgegengebrachten Vertrauen nicht gerecht geworden. Die negative Prognose, dass zu befürchten sei, der Beamte werde auch künftig nachhaltig gegen Dienstpflichten verstoßen, wird schließlich auch dadurch maßgebend bestimmt, dass er die Pflichtverletzungen während des bereits seit Juli 1998 anhängigen förmlichen Disziplinarverfahrens begangen hat. Die wegen anderer Verdachtsmomente gegen ihn laufenden Ermittlungen hatten ihn offensichtlich nicht davon abgehalten, die vier Schecks zu unterschlagen.
[44] 39 Auch die lange Dauer des Disziplinarverfahrens – bereits im Juli 1997 waren wegen der Vorwürfe im Anschuldigungspunkt 3 disziplinarische Vorermittlungen angeordnet worden – kann nicht mildernd berücksichtigt werden, wenn der Beamte, wie hier, durch sein Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört hat (BVerfG, Beschluss vom 9. August 2006 – 2 BvR 1003/05DVBl 2006, 1372 [1373]; BVerwG, stRspr des Senats z. B. Urteil vom 11. Januar 2007 BVerwG 1 D 16.05 – juris Rn. 66 m. w. N.). Diese Auffassung hat der Gesetzgeber inzwischen insofern bestätigt, als er in § 15 BDG im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs weiterhin ausgenommen hat.
[45] 40 3. Mit dem vom Verwaltungsgericht bewilligten Unterhaltsbeitrag gemäß § 77 Abs. 1 BDO hat es schon deshalb sein Bewenden, weil die Einleitungsbehörde bis zum Schluss der Berufungshauptverhandlung keinen Änderungsantrag gestellt hat (vgl. § 80 Abs. 4 BDO).
[46] 41 Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte nachweisbar und in ausreichendem Maße, d. h. fortlaufend um die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Der Beamte ist gehalten, sich als Arbeit suchend zu melden, sich fortwährend auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben und auch selbst, beispielsweise durch telefonische Nachfragen oder eigene Stellengesuche, initiativ zu werden. Der Nachweis dieser Bemühungen und deren Erfolglosigkeit sind Voraussetzungen einer etwaigen Weiterbewilligung des Unterhaltsbeitrags gemäß § 110 Abs. 2 BDO nach Antragstellung beim zuständigen Verwaltungsgericht. Dies gilt in dem vorliegenden so genannten Altfall auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes (Beschluss vom 15. Januar 2002 BVerwG 1 DB 34.01 Buchholz 235 § 110 BDO Nr. 10).
[47] 42 Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.