Bundesgerichtshof
InsO § 17 Abs. 2, § 133 Abs. 1 Satz 2
a) Bei der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, darf eine Forderung, die früher ernsthaft eingefordert war, nicht mehr berücksichtigt werden, wenn inzwischen ein Stillhalteabkommen – das keine Stundung im Rechtssinne enthalten muss – mit dem Gläubiger geschlossen wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, WM 2007, 1796, 1798).
b) Nimmt eine Bank Ratenzahlungen des Schuldners entgegen, die sie mit diesem in einem Stillhalteabkommen vereinbart hat, so ist zu vermuten, dass sie die Absicht des Schuldners kennt, die Gläubiger zu benachteiligen, wenn sie weiß, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hat, die erfolglos zu vollstrecken versucht haben, und die Raten auch nur unregelmäßig gezahlt werden.

BGH, Urteil vom 20. 12. 2007 – IX ZR 93/06; KG Berlin (lexetius.com/2007,4038)

[1] Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Dr. Ganter und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer für Recht erkannt:
[2] Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. April 2006 aufgehoben.
[3] Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 26. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
[4] Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
[5] Tatbestand: N. (im Folgenden: Schuldner) betrieb ein Fitness-Studio und war daneben als Makler tätig. Er nahm bei der verklagten Bank mehrere Darlehen auf. Außerdem räumte ihm die Beklagte einen Kontokorrentkredit ein.
[6] Als Sicherheit dienten ihr die Sicherungsübereignung der Geschäftsausstattung des Fitness-Studios und die Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung des Schuldners. Obendrein wurden die Kredite durch den Vater des Schuldners besichert. Dieser bestellte an einem ihm gehörenden und von ihm bewohnten Hausgrundstück eine Grundschuld in Höhe von 250.000 DM und verbürgte sich für alle bestehenden und zukünftigen Forderungen der Beklagten gegen seinen Sohn in unbegrenzter Höhe.
[7] In den Jahren 1996 und 1997 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Er überzog sein bei der Beklagten bestehendes Konto; mehrere Gläubiger pfändeten die dem Schuldner aus dem Kontokorrentvertrag zustehenden Ansprüche. Daraufhin kündigte die Beklagte am 17. April 1997 die dem Schuldner gewährten Kredite und forderte ihn auf, ihre Forderungen von ca. 590.000 DM bis zum 30. April 1997 zu begleichen. Gleichzeitig drohte sie an, bei nicht fristgerechter Rückzahlung die ihr eingeräumten Sicherheiten zu verwerten. Auf Bitten des Schuldners erklärte sich die Beklagte im Oktober 1997 damit einverstanden, auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu verzichten, sofern ab dem 1. Dezember 1997 monatliche Raten von 3.000 DM gezahlt würden.
[8] Der Schuldner geriet mit den vereinbarten Raten wiederholt in Rückstand. Die Beklagte mahnte ihn jeweils und drohte mit der Zwangsvollstreckung. Im August 2000 beantragte sie die Zwangsversteigerung des dem Vater des Schuldners gehörenden Hausgrundstücks; nach Anordnung der Zwangsversteigerung durch das Amtsgericht bot sie dem Schuldner nochmals an, auf eine Zwangsversteigerung zu verzichten, wenn die Raten regelmäßig gezahlt würden. Zu einer Zwangsversteigerung kam es nicht.
[9] Auf Eigenantrag vom 24. Juni 2002 eröffnete das Insolvenzgericht am 7. November 2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Kläger zum Verwalter.
[10] Der Kläger verlangt von der Beklagten die vom Schuldner in der Zeit vom 2. Mai 1997 bis 7. November 2001 geleisteten Zahlungen – insgesamt 40.477,16 € – im Wege der Insolvenzanfechtung zurück. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
[11] Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
[12] I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, für die Zahlungen des Schuldners vor dem 1. Januar 1999 sei das Anfechtungsrecht nach Maßgabe von Art. 106 EGInsO und § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO zu beurteilen. Die zuletzt genannte Vorschrift stelle gegenüber § 133 InsO die mildere Norm dar. Ihre Voraussetzungen lägen nicht vor. Es könne wegen der mit der Beklagten geschlossenen Stillhaltevereinbarung weder mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass der Schuldner zahlungsunfähig gewesen sei, noch dass er von seiner etwaigen Zahlungsunfähigkeit gewusst habe. Ein Benachteiligungsvorsatz scheide daher aus. Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, dass die Beklagte von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners Kenntnis gehabt habe.
[13] Denn der Schuldner habe die Ratenzahlungsvereinbarung bis Ende 1998 zwar unregelmäßig, aber insgesamt vollständig erfüllt. Aus der Sicht der Beklagten hätten die Zahlungen nur gestockt.
[14] Auf die Anfechtung der nach dem 31. Dezember 1998 erfolgten Zahlungen sei § 133 InsO anzuwenden. Aufgrund der Stillhaltevereinbarung seien wiederum nur die jeweils fälligen Raten ernsthaft eingefordert worden. Bis 5. August 1999 hätten fälligen Forderungen von 18.000,00 DM Zahlungen von 19.000,00 DM gegenübergestanden. Danach habe der Schuldner zwar erst wieder am 20. Dezember 2000 eine Zahlung an die Beklagte geleistet. Dieser Zahlungsausfall zeige aber nur, dass selbst die Beklagte benachteiligt worden sei. Dass der Schuldner zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem 31. Dezember 1998 zahlungsunfähig gewesen sei, habe der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht vorgetragen. Auch sei es dem Kläger nicht gelungen, für den fraglichen Zeitraum den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und eine entsprechende Kenntnis der Beklagten darzulegen.
[15] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
[16] Der Kläger kann die vom Schuldner geleisteten Zahlungen nach § 133 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO, Art. 104, Art. 106 EGInsO zurückfordern.
[17] 1. Die Anfechtbarkeit sämtlicher Zahlungen ist nach § 133 InsO zu beurteilen. Auch diejenigen, die vor dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1. Januar 1999 erbracht wurden, waren nach den Vorschriften der Gesamtvollstreckungsordnung der Anfechtung weder entzogen noch in geringerem Umfang unterworfen (vgl. Art. 106 EGInsO).
[18] a) Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, sofern der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Gemäß Satz 2 wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
[19] b) Die Zahlungen des Schuldners vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung waren schon nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO anfechtbar. Danach kann der Verwalter Rechtshandlungen des Schuldners anfechten, wenn sie nach der Zahlungseinstellung oder dem Antrag auf Eröffnung der Zwangsvollstreckung gegenüber Personen vorgenommen wurden, denen zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung bekannt war oder den Umständen nach bekannt sein musste. Wie später noch darzulegen sein wird, zahlte der Schuldner an die Beklagte, nachdem er seine Zahlungen eingestellt hatte, und der Beklagten war seine Zahlungsunfähigkeit bekannt.
[20] Das Berufungsgericht hat die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO keiner näheren Prüfung unterzogen, weil sie "aufgrund der §§ 130, 131 InsO nicht mehr anwendbar" sei (Hinweisbeschluss vom 20. Januar 2006). Dabei hat es nicht beachtet, dass es für die Frage, ob auch die Zahlungen, welche der Beklagten vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung zugeflossen sind, den neuen Anfechtungsbestimmungen unterliegen, auf einen Vergleich mit sämtlichen korrespondierenden Normen des früheren Rechts ankommt, deren tatbestandliche Voraussetzungen seinerzeit erfüllt waren.
[21] c) Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO unterwirft Rechtshandlungen nicht in geringerem Umfang der Anfechtung als § 133 InsO. Jene ist sogar strenger. Sie verlangt subjektive Merkmale lediglich beim Anfechtungsgegner, wobei es ausreicht, dass er die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag den Umständen nach kennen musste. Sind ihm Tatsachen bekannt, die den Verdacht der Zahlungsunfähigkeit begründen, genügt schon einfache Fahrlässigkeit (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998 – IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2347).
[22] 2. Die Zahlungen des Schuldners erfüllen die Voraussetzungen des § 133 InsO.
[23] a) Die Zahlungen benachteiligten objektiv die Gläubiger des Schuldners (vgl. § 129 InsO). Gegen die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revisionserwiderung nicht.
[24] b) Der Schuldner handelte mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen.
[25] aa) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz setzt kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus; vielmehr genügt – auch bei kongruenter Deckung – bedingter Vorsatz (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 – IX ZR 272/02, WM 2003, 1923, 1925; Urt. v. 13. Mai 2004 – IX ZR 190/03, WM 2004, 1587, 1588; v. 8. Dezember 2005 – IX ZR 182/01, WM 2006, 190, 192).
[26] bb) Gewährt der Schuldner dem Gläubiger mit der angefochtenen Rechtshandlung nur das, worauf dieser einen Anspruch hatte, also eine kongruente Deckung, sind an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, allerdings erhöhte Anforderungen zu stellen (BGH, Urt. v. 13. Mai 2004 – IX ZR 190/03, aaO). Der Benachteiligungsvorsatz ist aber gleichwohl zu vermuten, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153; 167, 190, 195; BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997 – IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 251; v. 8. Dezember 2005 – IX ZR 182/01, aaO S. 193). Vorliegend sind die Voraussetzungen dieser Vermutung erfüllt.
[27] (1) Nach Ablauf der in dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 17. April 1997 gesetzten Zahlungsfrist zum 30. April 1997 war der Schuldner zahlungsunfähig.
[28] Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen; Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
[29] Die Zahlungseinstellung ist dasjenige äußerliche Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen und eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGHZ 149, 178, 184 f; BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 – IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 690; v. 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, WM 2006, 2312, 2313; v. 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04, WM 2007, 1616, 1618). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH, Urt. v. 13. April 2000 – IX ZR 144/99, WM 2000, 1207, 1208; v. 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, aaO; v. 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04, aaO). Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin. Daran ändert eine gleichzeitig geäußerte Stundungsbitte nichts; dies kann vielmehr gerade auf die Nachhaltigkeit der Liquiditätskrise hindeuten (BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 – IX ZR 81/99, WM 2001, 2181, 2182; v. 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, aaO).
[30] Die zum 30. April 1997 fälligen Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten konnte der Schuldner nicht erfüllen. Er hatte allein bei der Beklagten Schulden in Höhe von ca. 590.000 DM. Davon tilgte er unstreitig bis zum Abschluss der Gespräche über eine Stillhaltevereinbarung im Oktober 1997 nur ca. 2.600 DM.
[31] (2) Die Zahlungsfähigkeit hat der Schuldner auch mit dem Abschluss der Stillhaltevereinbarung im Oktober 1997 nicht wieder erlangt.
[32] Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort (BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188). Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass der Schuldner seine Zahlungen allgemein wieder aufnimmt; dies hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall einer zuvor eingetretenen Zahlungseinstellung beruft (BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188). Die allgemeine Aufnahme der Zahlungen durch den Schuldner hat die Beklagte nicht dargelegt.
[33] Allerdings dürfen Forderungen, die rechtlich oder auch nur tatsächlich – also ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung – gestundet sind, bei der Feststellung der Zahlungseinstellung und Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 25. September 1997 – IX ZR 231/96, WM 1997, 2134, 2135; Urt. v. 8. Oktober 1998 – IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2346; Beschl. v. 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, WM 2007, 1796, 1798; vgl. auch BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, aaO; Urt. v. 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04, aaO). Unter eine derartige Stundung fällt auch ein bloßes Stillhalteabkommen.
[34] Bei der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, darf eine Forderung, die früher ernsthaft eingefordert war, nicht mehr berücksichtigt werden, wenn inzwischen ein Stillhalteabkommen – das keine Stundung im Rechtssinne enthalten muss – mit dem Gläubiger geschlossen wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, WM 2007, 1796, 1798). Hat der Gläubiger das Stillhalten an die Erbringung gewisser Leistungen, insbesondere Ratenzahlungen, geknüpft, kann der Schuldner allerdings von Neuem zahlungsunfähig werden, wenn er nicht in der Lage ist, diese Leistungen zu erbringen.
[35] Selbst wenn die Hauptforderung der Beklagten von ca. 590.000 DM mit Abschluss der Stillhaltevereinbarung (Schreiben vom 17. Oktober 1997) zunächst nicht mehr "ernsthaft eingefordert" worden, somit im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO nicht mehr fällig gewesen wäre, bedeutete dies nicht, dass der Schuldner nunmehr wieder zahlungsfähig war. Denn im Oktober 1997 bestanden mindestens Forderungen von drei weiteren Gläubigern in Höhe von ca. 20.000 DM. Diese Ansprüche waren im Vergleich zu den monatlichen Raten von 3.000 DM, die der Schuldner ab 1. Dezember 1997 an die Beklagte zu erbringen hatte, durchaus bedeutsam. Die Forderungen der anderen Gläubiger blieben unerfüllt; die Gläubiger meldeten sie zur Insolvenztabelle an. Dies rechtfertigt die Annahme der Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, aaO S. 2314). Der Schuldner war zu keinem Zeitpunkt imstande, diese Forderungen zu erfüllen. Selbst die monatlich an die Beklagte zu entrichtenden Raten von 3.000 DM zahlte er nur unregelmäßig. Schon mit der ersten Rate für Dezember 1997 geriet er in Rückstand. Per 1. Dezember 1998 war er zwar mit den Zahlungen auf dem Laufenden. Zu einer Erhöhung auf monatlich 6.000 DM, wie von der Beklagten mit Schreiben vom 22. Dezember 1998 verlangt, oder monatlich 5.000 DM (vgl. das Schreiben der Beklagten vom 5. Februar 1999) war er jedoch nicht in der Lage. Legt man nur eine monatliche Ratenzahlungsverpflichtung von 3.000 DM zugrunde, hätte er in der Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 7. November 2001 (Datum seiner letzten Zahlung) 48 mal 3.000 DM = 144.000 DM aufbringen müssen. Tatsächlich hat er nur 40.477,16 € (das entspricht 79.166,44 DM) gezahlt. Für den Zeitraum zwischen dem 5. August 1999 und dem 20. Dezember 2000 hat das Berufungsgericht sogar einen totalen "Zahlungsausfall" festgestellt.
[36] Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob der Schuldner, wie der Kläger behauptet hat, gegenüber anderen Gläubigern über die von Anfang an bestehenden Verbindlichkeiten von ca. 20.000 DM hinaus weitere in Höhe von ca. 370.000 € angehäuft hat.
[37] (3) Der Schuldner kannte seine Zahlungsunfähigkeit. Dass er in dem hier interessierenden Zeitraum zu irgendeinem Zeitpunkt überzeugt war, in absehbarer Zeit alle seine Gläubiger, welche Forderungen ernsthaft einforderten, befriedigen zu können (zu diesem Erfordernis vgl. BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997 – IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 251), ist auszuschließen.
[38] Für die Zeit vor Vereinbarung des Stillhalteabkommens ergibt sich die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit daraus, dass der Schuldner nach der fristlosen Kündigung und Fälligstellung der Kredite der Beklagten diese um Stundung bat und anbot, ab Dezember 1997 – also sieben Monate später – Raten in einer Höhe zu zahlen, die allenfalls die laufenden Zinsen abdeckten. Danach war dem Schuldner bewusst, die fällig gestellten Kredite in Höhe von ca. 590.000 DM auf unabsehbare Zeit nicht zurückführen zu können.
[39] Umstände, aufgrund derer er hätte annehmen können, durch Abschluss der Stillhaltevereinbarung mit der Beklagten seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen zu haben, sind nicht ersichtlich. Die Stillhaltevereinbarung verhielt sich nicht über die Forderungen der anderen Gläubiger. Diese waren dem Schuldner bekannt, weil jene Gläubiger versucht hatten, die Ansprüche des Schuldners gegen die Beklagte zu pfänden. Weiter war dem Schuldner bekannt, dass die Beklagte ihr Stillhalten von der regelmäßigen und pünktlichen Zahlung der Raten abhängig gemacht hatte. Dass seine Zahlungen nicht regelmäßig und pünktlich erfolgten, wusste der Schuldner, und er wurde obendrein durch die ständigen Mahnungen der Beklagten daran erinnert. Dass der Schuldner damals über ein schlüssiges Sanierungskonzept verfügt habe, ist nicht vorgetragen.
[40] cc) Ob der Schuldner außerdem zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung geleistet hat – was ebenfalls die Vermutung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz begründen würde (vgl. BGHZ 155, 75, 84; Urt. v. 13. Mai 2004 – IX ZR 190/03, aaO) –, kann danach offen bleiben.
[41] c) Der Beklagten war der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners den Umständen nach bekannt.
[42] Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die angefochtene Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).
[43] aa) Auf die Kreditkündigung und die Aufforderung, 590.000 DM bis zum 30. April 1997 zu zahlen, reagierte der Schuldner erst über zwei Monate später; er bat um Stundung. Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass der Schuldner nicht in der Lage war, die Kredite innerhalb von drei Wochen nach dem 30. April 1997 zurückzuführen. Sie hat dies auch erkannt, weil sie sich durch Abschluss des Stillhalteabkommens auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eingerichtet hat.
[44] Da die Beklagte von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, oblag es ihr, darzulegen und zu beweisen, warum sie später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 – IX ZR 182/01, aaO S. 194).
[45] Derartige Umstände hat sie nicht dargetan. Die Beklagte wusste, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hatte; denn diese hatten versucht, die dem Schuldner aus dem Kontokorrent zustehenden Ansprüche zu pfänden. Dass der Schuldner jene Gläubiger bediente, konnte die Beklagte nicht annehmen, war der Schuldner doch – trotz des von der Beklagten beständig ausgeübten massiven Drucks – nicht einmal in der Lage, die ihr geschuldeten monatlichen Raten vollständig aufzubringen.
[46] bb) Die Beklagte hatte auch Kenntnis davon, dass die Zahlungen die weiteren Gläubiger des Schuldners objektiv benachteiligten. Wer weiß, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, dem ist in aller Regel auch bewusst, dass dieser nicht in der Lage ist, seine weiteren fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 – IX ZR 215/02, ZIP 2003, 1900, 1902; HK-InsO/Kreft, aaO § 133 Rn. 23). So lag es hier.
[47] III. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache im Sinne der Klage entscheidungsreif ist, kann der Senat eine Endentscheidung treffen und das erstinstanzliche Urteil wiederherstellen (§ 563 Abs. 3 ZPO).