Bundesverwaltungsgericht
Offenlegung der Dokumente der Informationsstelle "So genannte Jugendsekten und Psychogruppen" des Bundesverwaltungsamtes; Auskunftsanspruch nach dem IFG; fachgesetzliche Ausschlussgründe; prozessuale Pflicht zur Aktenvorlage; Schutz personenbezogener Daten; Quellenschutz; Aussteiger; Wohl des Bundes; wesentliche Bundesinteressen; Informationstätigkeit der Bundesregierung; Regierungstätigkeit; Staatsleitung; Beratung und Information der Bundesregierung; Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses; Beeinträchtigung der zukünftigen Aufgabenwahrnehmung
VwGO § 99; IFG Bund §§ 3, 4
Die Vermeidung von Nachteilen für das Wohl des Bundes rechtfertigt keine pauschale Verweigerung der Vorlage der von der Informationsstelle für Jugendsekten und Psychogruppen gesammelten Dokumente über eine bestimmte Gruppierung.
Nachteile für das Bundeswohl können sich allerdings in Bezug auf einzelne Dokumente der Informationsstelle ergeben, soweit ihre Offenlegung eine effektive Beratung der Bundesregierung und damit deren Informationstätigkeit als Element der Staatsleitung beeinträchtigt.
BVerwG, Beschluss vom 6. 4. 2011 – 20 F 20.10 (lexetius.com/2011,1690)
[1] In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts am 6. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Buchheister beschlossen:
[2] Es wird festgestellt, dass die Verweigerung der Aktenvorlage durch den Beigeladenen rechtswidrig ist.
[3] Gründe: I. Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck nach seiner Satzung die Pflege und Verbreitung der sogenannten Scientology-Religion ist. Mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Verfahren begehrt er auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) unter Anfechtung des ablehnenden Bescheids des Bundesverwaltungsamtes vom 7. April 2006 sowie des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 28. März 2007 die Verpflichtung des Bundesverwaltungsamtes zur Neubescheidung seines Antrags auf Einsicht in die dort vorliegenden Informationen zu Scientology und L. Ron Hubbard. Dem Bundesverwaltungsamt sind mit Erlass des Bundesministeriums für Frauen und Jugend vom 12. November 1993 die Aufgaben einer Informationsstelle "Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen" übertragen worden. Zu den Aufgaben der Informationsstelle gehören die Dokumentation, die Bereitstellung von Informationen und das Erstellen von Berichten für die Bundesregierung sowie die Koordinierung eines Bund-Länder-Gesprächskreises und einer interministeriellen Arbeitsgruppe. In dieser Eigenschaft sammelt das Bundesverwaltungsamt u. a. Material über den Antragsteller und andere Scientology-Organisationen.
[4] Auf die gerichtliche Bitte um Konkretisierung des in Rede stehenden Aktenbestandes legte die Antragsgegnerin dem Hauptsachegericht zunächst eine zweiseitige Liste der beim Bundesverwaltungsamt insoweit gesammelten Unterlagen vor, die sich nach dortigen Angaben auf insgesamt 355 Bände (Ordner, Materialhefte, Bücher etc.) belaufen. Nach Durchführung eines Erörterungstermins und der gerichtlichen Aufforderung zur genaueren Beschreibung der Unterlagen reichte die Antragsgegnerin eine spezifizierte Liste (Stand September 2009) ein, auf deren Grundlage der Antragsteller sein Auskunftsbegehren eingrenzte und im Übrigen für erledigt erklärte. Daraufhin legte die Antragsgegnerin ein aktualisiertes Verzeichnis (Stand Januar 2010) vor, in dem die noch in Rede stehenden verschiedenen Materialsammlungen (Positionen 7, 9, 16 bis 24, 26, 28a, 28b, 29 bis 32, 34 und 35) und ihr jeweiliger Umfang bezeichnet, der Inhalt stichwortartig erläutert und Ausschlussgründe durch Angabe von Vorschriften des IFG angeführt werden. Nach weiterem Schriftwechsel erließ das Gericht der Hauptsache am 29. Juni 2010 einen Beschluss, mit dem es der Antragsgegnerin aufgab, die in der Liste vom September 2009 angeführten Akten und sonstigen Unterlagen mit Ausnahme des bereits erledigten Teils vorzulegen. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Kenntnis des genauen Inhalts der Akten zur Entscheidung über das Vorliegen von Ausschlussgründen nach dem IFG erforderlich sei und die Antragsgegnerin wiederholten Aufforderungen zur Aktenvorlage oder einer aussagekräftigen Spezifikation über den Inhalt der Akten nicht nachgekommen sei.
[5] Der Beigeladene gab unter dem 21. Juli 2010 eine Sperrerklärung ab und verweigerte die Vorlage im selben Umfang wie zuvor die Antragsgegnerin. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die in Gänze nicht vorgelegten Positionen Nr. 7, 9, 16 bis 24 und 26 seien aus Gründen des Schutzes von behördlichen Entscheidungsprozessen vertraulich. Es handele sich um interne Arbeitsunterlagen, deren Offenlegung dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde, weil sie die Arbeitsweise und den Erkenntnisstand der Informationsstelle und des von ihr koordinierten Bund-Länder-Gesprächskreises sowie der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Scientology-Organisation offenbaren und Hinweise auf Interessen- und Arbeitsschwerpunkte geben würde. Der Schutz von behördlichen Entscheidungsprozessen sei im Falle einer Offenlegung nicht mehr gewahrt und der informelle Austausch zwischen Bund und Ländern und damit das Regierungshandeln beeinträchtigt. Die Unterlagen zu Position 22 seien als Materialien des Bundesamtes für Verfassungsschutz zudem überwiegend als Verschlusssachen (NfD) eingestuft; sie seien zum Schutz von Informationsquellen und der Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden geheim zu halten. Alle Unterlagen enthielten ferner von dritten Stellen stammende oder diese betreffende Dokumente, die auch für diese Drittbetroffenen vertraulich seien; deren Beiladung sei jedoch nicht vorgesehen.
[6] Die Positionen Nr. 28a, 28b, 29 bis 32, 34 und 35 enthielten personenbezogene Daten Dritter, die sich im berechtigten Vertrauen auf eine Wahrung der Vertraulichkeit an staatliche Stellen gewandt und ihnen Material überlassen hätten. Der Antragsteller sei bekannt dafür, vermeintliche Gegner auszuforschen. Darüber hinaus wäre es ihm möglich, aus dem Kontext Rückschlüsse auf weitere Beobachtungsfelder, die Arbeitsweise und den Erkenntnisstand der Informationsstelle zu ziehen. Eine Teilschwärzung der Namen sei als milderes Mittel erwogen, jedoch verworfen worden, weil sich der Antragsteller die Namen angesichts des engen Kreises der in Betracht kommenden Personen aus anderen Umständen und Angaben erschließen könnte. Bei Offenlegung wären Quellen gefährdet; die Gewinnung weiterer Quellen, insbesondere von Aussteigern, würde erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Das würde die Aufgabe der Informationsbeschaffung seitens der Dokumentationsstelle beeinträchtigen. Im Übrigen ziehe das Informationsfreiheitsgesetz dem geltend gemachten Informationsanspruch Grenzen, die nicht durch eine gerichtlich unanfechtbare Vorlageverfügung mit der Folge eines Akteneinsichtsrechts nach § 100 VwGO obsolet gemacht werden dürften.
[7] Der Antragsteller hat am 17. September 2010 einen Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung vom 21. Juli 2010 gestellt. Der Beigeladene hat dem Senat auf Aufforderung für die in der Sperrerklärung bezeichneten Positionen insgesamt 153 Aktenordner und Schuber sowie 7 CD-ROM vorgelegt.
[8] II. Der Antrag, über den gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i. V. m. § 189 VwGO der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts beschließt, hat Erfolg.
[9] 1. Der für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderlichen Bejahung der Entscheidungserheblichkeit der zurückgehaltenen Akten durch das Gericht der Hauptsache ist mit dem Beweisbeschluss vom 29. Juni 2010 Genüge getan.
[10] Vor Einleitung des Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO bedarf es zur Klarstellung seines Gegenstandes in der Regel einer förmlichen Verlautbarung des Gerichts der Hauptsache, dass es die von der Behörde als geheimhaltungsbedürftig zurückgehaltenen Akten, Unterlagen oder Dokumente für die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts benötigt (vgl. allg. zu dieser Voraussetzung Beschlüsse vom 31. August 2009 – BVerwG 20 F 10.08 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 55 Rn. 3 und vom 22. Januar 2009 – BVerwG 20 F 5.08 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 53 Rn. 2). Ein grundsätzlich erforderlicher Beweisbeschluss oder eine vergleichbare förmliche Äußerung des Hauptsachegerichts zur Klärung der rechtlichen Erheblichkeit des Akteninhalts für die Entscheidung des Rechtsstreits ist nur ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei rechtserheblich sind. Das ist dann der Fall, wenn die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten bereits Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache ist und die dortige Entscheidung von der allein anhand des Inhalts der umstrittenen Akten zu beantwortenden Frage abhängt, ob die Akten, wie von der Behörde geltend gemacht, geheimhaltungsbedürftig sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 19. April 2010 – BVerwG 20 F 13.09 – BVerwGE 136, 345 Rn. 4). Allein aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten ist, folgt jedoch nicht, dass es zwingend der Einsicht in die zurückgehaltenen Akten bedarf. Streitigkeiten um Informationszugangsrechte führen nicht gleichsam automatisch zur Verlagerung in das "in-camera" -Verfahren. Dies gilt zunächst mit Blick auf prozedurale Geheimhaltungsgründe, die sich aus dem jeweiligen den Informationszugang regelnden Fachgesetz ergeben und die – unabhängig vom Inhalt der Akten – darauf zielen, die Art und Weise des Zustandekommens behördlicher Akten und Unterlagen zu schützen, mithin dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses dienen (s. dazu Beschlüsse vom 25. Juni 2010 – BVerwG 20 F 1.10 – NVwZ 2010, 1495 Rn. 7 und vom 31. August 2009 a. a. O. Rn. 4). Zudem kann es Konstellationen geben, bei denen auch für die Feststellung materieller Geheimhaltungsgründe der konkrete Akteninhalt nicht zwingend rechtserheblich sein muss (vgl. Beschluss vom 2. November 2010 – BVerwG 20 F 2.10 – NVwZ 2011, 233 Rn. 13). Das Hauptsachegericht muss daher zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Je nach Fallkonstellation wird es vor Erlass eines Beweisbeschlusses die aktenverweigernde Stelle gegebenenfalls auffordern müssen, weitere Angaben mit abstrakter Umschreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurückgehaltenen Akten befindlichen Schriftstücke einschließlich der Anlagen etwa in Form eines mit (paginierten) Blattzahlen spezifizierten Inhaltsverzeichnisses zu machen. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins kann hinreichende Grundlage für die Feststellung sein, dass eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen entscheidungserheblich ist, weil die Angaben der Behörde – unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage – nicht ausreichen, um zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten fachgesetzlichen Ausnahmegründe vorliegen. Hat das Hauptsachegericht einen Beweisbeschluss erlassen, der diesen Anforderungen genügt, entfaltet die mit dem Beschluss dokumentierte Auffassung des Gerichts über die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten grundsätzlich Bindungswirkung für den Fachsenat (Beschluss vom 25. Juni 2010 a. a. O. Rn. 7).
[11] Diesen Maßstäben genügt der Beweisbeschluss vom 29. Juni 2010. Das Gericht der Hauptsache hat vor Erlass des Beschlusses die ihm zu Gebote stehenden Mittel ausgeschöpft, um sich nähere Kenntnis vom Inhalt der zurückgehaltenen Unterlagen zu verschaffen und um feststellen zu können, ob über das Vorliegen der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Geheimhaltungsgründe gegebenenfalls auch ohne Einsicht in die betreffenden Unterlagen entschieden werden kann. So hat es, nachdem die Antragsgegnerin zunächst nur eine rudimentäre Übersicht vorgelegt hatte, zur näheren Aufklärung einen Erörterungstermin durchgeführt und die Antragsgegnerin wiederholt um eine nähere Spezifikation der Dokumente gebeten, die indes in der gebotenen Form ausgeblieben ist. Auf der Grundlage der spezifizierten Liste vom September 2009 und dem aktualisierten Verzeichnis vom Januar 2010 konnte das Hauptsachegericht nicht erkennen, welcher Geheimhaltungsgrund für welche Teile der Materialsammlungen gelten soll. Dass die Ordner Bezeichnungen tragen, aus denen sich ergibt, dass es sich um behördlich zusammengestellte Unterlagen handelt, genügt nicht. Auch das aktualisierte Verzeichnis lässt – mit der Spalte "Ausschlussgrund" – keine ausreichende Zuordnung der möglichen fachgesetzlichen Ausschlussgründe erkennen, zumal dort für zahlreiche Positionen unterschiedliche (materielle wie prozedurale) Gründe angeführt werden, ohne deutlich zu machen, auf welche Teile der jeweiligen (mitunter zahlreiche Aktenordner umfassenden) Materialsammlung sie sich beziehen sollen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus abstrakten Bezeichnungen Rückschlüsse auf mögliche fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe zu ziehen. Vielmehr muss zunächst die aktenverweigernde Stelle nachvollziehbar und differenziert mit Blick auf die konkreten Unterlagen darlegen, auf welchen fachgesetzlichen Geheimhaltungsgrund sie sich stützt. Erst auf dieser Grundlage ist das Gericht der Hauptsache überhaupt in der Lage, zu erkennen, ob es in tatsächlicher Hinsicht über hinreichende Angaben verfügt, und daher in Anlegung seines Rechtsmaßstabs den Einzelfall – ohne Vorlage der Akten – entscheiden kann.
[12] Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Hauptsachegericht in dem Beweisbeschluss nur darauf abgestellt hat, dass der genaue Inhalt der Akten für die Entscheidung über das Vorliegen von Ausschlussgründen erforderlich ist und eine solche Entscheidung auf der Grundlage der bisherigen Angaben der Antragsgegnerin nicht getroffen werden könne. Damit hat es zugleich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es die Vorlageverweigerung nicht etwa für gerechtfertigt erachtet, weil – wie allerdings die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 5. Februar 2010 angenommen hat – die Materialsammlungen der Willensbildung der Regierung dienten und als Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung einer Offenlegung per se und vollständig entzogen seien. Die dahinter stehende Ansicht des Hauptsachegerichts, Regierungstätigkeit sei nicht pauschal vom Anwendungsbereich des IFG ausgenommen, ist nicht offensichtlich unzutreffend (vgl. zur Frage der Anwendbarkeit des IFG auf Regierungstätigkeit Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 84; Sitzen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, 2009, S. 111 ff.) und deshalb für den Senat bindend.
[13] 2. Die Verweigerung der Vorlage der Unterlagen ist rechtswidrig. Der Beigeladene führt in der Sperrerklärung vom 21. Juli 2010 zwar teilweise Gesichtspunkte an, die eine Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können. Die Geheimhaltungsgründe sind aber insoweit den verschiedenen Aktenbestandteilen nicht hinreichend zugeordnet und im Übrigen nicht hinreichend belegt.
[14] 2. 1 Hinsichtlich der Positionen Nr. 28a, 28b, 29 bis 32, 34 und 35 führt der Beigeladene in der Sperrerklärung Gründe an, die eine Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich rechtfertigen können. Bei personenbezogenen Daten besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundrechtlich geschützt ist. Diese Vorgänge müssen ihrem Wesen nach geheim gehalten werden. Das gilt auch im Fall des Quellenschutzes für sogenannte "Aussteiger". Grundrechtlicher Anknüpfungspunkt ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen umfasst, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – BVerfGE 65, 1 [41 f.]). Ob Vertraulichkeit zugesichert worden ist, ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unerheblich. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die zur Identifikation der Person führen können, sondern unter den Umständen dieses Falles auch die Mitteilungen und Äußerungen der Person, weil es sich dabei um Informationen zum persönlichen Lebenszuschnitt im besonders sensiblen Bereich religiöser Überzeugungen handelt (Beschluss vom 25. Juni 2010 a. a. O. Rn. 15). Darüber hinaus sind alle Informationen geschützt, die ihrer Art nach, etwa durch die Zusammenstellung oder den Zeitpunkt ihrer Erlangung, Rückschlüsse auf die Person zulassen, die sich an die Informationsstelle gewandt hat oder von der Unterlagen über die Scientology-Organisation oder ihr Umfeld zur Verfügung gestellt worden sind.
[15] Die Durchsicht der unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsschutzes gesperrten Akten hat jedoch ergeben, dass die Materialsammlungen zu den Positionen 28a, 28b, 29 bis 32, 34 und 35 in weitem Umfang Dokumente enthalten, bei denen ein Bezug zu persönlichen Daten nicht zu erkennen ist. So enthält zum Beispiel der als Beiakte 103 geführte Ordner zur Position 28b ("Bereiche Finanzen, Familie, Gesundheit, Status SO als Religion, KöR u. a.") neben Protokollen über Sitzungen zahlreiche Internetausdrucke, Parlamentsdokumente, Presseartikel oder sonstige öffentliche Verlautbarungen. Der als Beiakte 70 geführte Ordner zu Position 32 ("Unterlagen zu Gliederungen der SO, Mitglieder, Firmen, Vereine usw.") besteht praktisch ausschließlich aus Broschüren und Veröffentlichungen der Scientology-Organisation. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum deren Offenlegung Persönlichkeitsrechte Dritter beeinträchtigen könnte. Diese Beispiele stehen exemplarisch für die Materialsammlungen insgesamt. Die Sperrerklärung mangelt insoweit daran, dass sie den geltend gemachten Geheimhaltungsgrund des Schutzes persönlicher Daten nur pauschal anführt, ohne ihn anhand des konkreten Inhalts der umfangreichen Materialsammlungen zu konkretisieren und plausibel zu machen. Die Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren erfordert indes eine konkrete Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen (vgl. zur Notwendigkeit einer Sichtung und Ordnung nach den jeweiligen Geheimhaltungsinteressen Beschlüsse vom 19. April 2010 a. a. O. Rn. 15 und vom 8. März 2010 – BVerwG 20 F 11.09 – juris Rn. 13 m. w. N.). Dass umfangreiche Aktenbestände betroffen sind, weil die Behörde weitgreifend Informationen zusammengetragen hat, ist kein Grund, in einer Sperrerklärung nur pauschale oder zusammenfassende Erklärungen ausreichen zu lassen.
[16] 3. Hinsichtlich der übrigen Positionen (Nr. 7, 9, 16 bis 24 und 26) hat der Beigeladene als Geheimhaltungsgrund geltend gemacht, dass ein Bekanntwerden des Inhalts dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde. Dieser Geheimhaltungsgrund ist mit dem Hinweis auf einen notwendigen Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse und die Vermeidung einer Offenlegung der Arbeitsweise und des Erkenntnisstands der Informationsstelle nicht hinreichend belegt und vermag erst recht keine pauschale Sperrung des gesamten insoweit angesprochenen Aktenbestandes zu rechtfertigen. Der Senat hat in einem Fall, der ebenfalls die Verweigerung der Vorlage von Dokumenten der Informationsstelle "Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen" betraf, bereits Zweifel geäußert, dass das Wohl des Bundes eine Zurückhaltung der dortigen Materialsammlungen zu rechtfertigen vermag, und darauf hingewiesen, dass insoweit ein strenger Maßstab anzulegen ist, der sich an den zum Merkmal des Nachteilbereitens i. S. d. § 96 StPO in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen zu orientieren hat (Beschluss vom 25. Juni 2010 a. a. O. Rn. 17; s. ferner Beschluss vom 29. Juli 2002 – BVerwG 2 AV 1.02 – BVerwGE 117, 8 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 27). Nach diesen Grundsätzen ist ein Nachteil für das Bundeswohl hier zwar nicht ausgeschlossen; allerdings reichen die Darlegungen des Beigeladenen bislang nicht aus, um das Vorliegen dieses Geheimhaltungsgrundes für konkrete Unterlagen tatsächlich annehmen zu können. Dazu im Einzelnen:
[17] Nachteile für das Wohl des Bundes setzen Beeinträchtigungen wesentlicher Bundesinteressen voraus. Dazu zählen namentlich Gefährdungen des Bestandes oder der Funktionsfähigkeit des Bundes sowie Bedrohungen der äußeren oder inneren Sicherheit. Ein Nachteil in diesem Sinne ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats insbesondere dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich ihrer Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren oder Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen gefährden würde (vgl. u. a. Beschlüsse vom 29. Juli 2002 a. a. O., vom 25. Februar 2008 – BVerwG 20 F 43.07 – juris Rn. 10, vom 3. März 2009 – BVerwG 20 F 9.08 – juris Rn. 7 und vom 2. Juli 2009 – BVerwG 20 F 4.09 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 54 Rn. 8; s. auch BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81 – BVerfGE 57, 250 [284]).
[18] Der Beigeladene beruft sich zwar darauf, dass durch eine Offenlegung der von der Informationsstelle gesammelten Unterlagen die künftige Erfüllung ihrer Aufgaben gefährdet würde. Die als Referat des Bundesverwaltungsamtes geführte Informationsstelle ist jedoch keine Sicherheitsbehörde in dem vorgenannten Sinne. Ihr obliegen anders als etwa Polizeibehörden oder den Verfassungsschutzämtern, deren Befugnisse gesetzlich bestimmt sind, weder Aufgaben der Gefahrenabwehr im Bereich der inneren Sicherheit noch überhaupt gesetzlich zugewiesene Aufgaben. Der Hinweis auf vom Antragsteller verfolgte verfassungsfeindliche Ziele führt deshalb nicht weiter. Solche können Anlass für eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzämter sein (vgl. etwa den Verfassungsschutzbericht 2009 des Bundesministeriums des Innern, S. 366 ff.), aber nicht für eine Datensammlung durch das Bundesverwaltungsamt. Erkennbarer Zweck der dort eingerichteten Informationsstelle ist vielmehr, wie die Antragsgegnerin selbst ausführt, die Beratung und Unterrichtung der Bundesregierung zu Fragen der Psycho- und Jugendsekten sowie die Koordinierung eines Bund-Länder-Gesprächskreises zu diesem Thema und einer interministeriellen Arbeitsgruppe zur Scientology-Organisation.
[19] Nun liegen allerdings auch diese Aufgaben im Gemeinwohlinteresse; dabei geht es zwar nicht um Gefahrenabwehr im ordnungsrechtlichen Sinne durch Verwaltungshandeln, sondern darum, dass die Bundesregierung durch ihre Informationsarbeit den Beitrag in der Auseinandersetzung mit neuen religiösen und weltanschaulichen Gruppierungen leistet, den der Bundestag und die Bevölkerung von ihr als staatsleitendem Organ erwarteten. Von der Staatsleitung in diesem Sinne wird nicht nur die Aufgabe erfasst, durch rechtzeitige öffentliche Information die Bewältigung von Konflikten in Staat und Gesellschaft zu erleichtern, sondern auch, auf diese Weise neuen, oft kurzfristig auftretenden Herausforderungen entgegenzutreten und auf Besorgnisse der Bürger sachgerecht zu reagieren sowie diesen zu Orientierungen zu verhelfen (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 – BVerfGE 105, 279 [301 f.]; vgl. ferner zum Informationshandeln als Aufgabe der Staatsleitung Beschlüsse vom 4. Mai 1993 – BVerwG 7 B 149.92 – Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 54 und vom 8. November 2004 – BVerwG 7 B 19.04 – juris Rn. 16). Durch die Einrichtung der Informationsstelle im Bundesverwaltungsamt ist die Unterstützung der Bundesregierung bei der Information der Öffentlichkeit auf diesem Themenfeld institutionalisiert worden, ebenso die Zusammenarbeit mit den Ländern. Eine Beeinträchtigung der Möglichkeiten der Informationsstelle, ihren Aufgaben nachzukommen, kann also das Handeln der Bundesregierung als Aufgabe der Staatsleitung beeinträchtigen. Daraus kann ein relevanter Nachteil für das Bundeswohl im Sinne einer Beeinträchtigung wesentlicher Bundesinteressen erwachsen, wenn und soweit durch eine Veröffentlichung von Dokumenten überhaupt eine Beeinträchtigung der Arbeit der Informationsstelle droht und der Informationsarbeit der Bundesregierung oder den mit ihr auf diesem Gebiet zusammenarbeitenden Ländern in Bezug auf die Scientology-Organisation eine erhebliche Bedeutung zukommt, etwa wegen eines besonderen Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit, der Größe oder dem Einfluss der Gruppierung oder etwa wegen besonderer Gefährdungen, die von ihr für Einzelne oder gesellschaftliche Bereiche ausgehen.
[20] Der Beigeladene hat in der Sperrerklärung indes keine verwertbaren konkreten Angaben gemacht, um anhand der aufgezeigten Kriterien Nachteile für das Wohl des Bundes darzulegen. Hinzu kommt, dass die insoweit zurückgehaltenen Akten aus Dokumenten unterschiedlichster Art bestehen, die eine differenzierte Betrachtung und Begründung ihrer Geheimhaltung erfordern. Die vom Beigeladenen befürchtete Erschwerung der künftigen Arbeit der Informationsstelle, die – wie dargelegt – Grundlage des Handelns der Bundesregierung ist, mag als Nachteil für das Bundeswohl in Betracht kommen, soweit es um die Veröffentlichung von Unterlagen geht, die den Meinungsbildungsprozess innerhalb der Informationsstelle oder der von ihr koordinierten Arbeitsgruppen betreffen. Eine offene Erörterung und Bewertung innerhalb der Informationsstelle – und damit im Ergebnis eine effektive Beratung der Bundesregierung – könnten möglicherweise gestört werden, wenn jederzeit eine Offenlegung der internen Entscheidungsfindung drohte. Die in Rede stehenden Materialsammlungen enthalten aber nicht nur vorbereitende Arbeiten, vorläufige Einschätzungen oder Beratungsprotokolle, deren Geheimhaltung unter Berücksichtigung ihres Stellenwertes und ihrer Aktualität insoweit in Betracht kommt, sondern in weitem Umfang auch andere Dokumente, namentlich solche, die nicht den internen Meinungsbildungsprozess wiedergeben, sondern lediglich als Grundlagen der Meinungsbildung dienen oder gedient haben (Broschüren und sonstige Medien der Scientology-Organisation, den Ausdruck einer Diplomarbeit, Presseberichte etc.). Die Sperrerklärung mangelt auch insoweit daran, dass sie den geltend gemachten Geheimhaltungsgrund nur pauschal anführt, ohne ihn anhand des konkreten Inhalts der umfangreichen Materialsammlungen zu konkretisieren und plausibel zu machen.
[21] Soweit der Beigeladene hinsichtlich der Materialsammlung zu Position 22 (drei Ordner) geltend macht, es handele sich um Unterlagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die als vertraulich einzustufen seien, ergibt sich daraus kein selbstständiger Grund für eine Vorlageverweigerung. Akten und Unterlagen der Sicherheitsbehörden sind nicht schon ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig; vielmehr richtet sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, im Falle der Geltendmachung von Amtsgeheimnissen also danach, ob dem Wohl des Bundes ein Nachteil bereitet würde (vgl. nur Urteil vom 19. August 1986 – BVerwG 1 C 7.85 – BVerwGE 75, 1 [14 f.] = Buchholz 306 § 96 StPO Nr. 2). Es kommt deshalb nicht in Betracht, allein die Zuordnung von Verwaltungsvorgängen zu einer Sicherheitsbehörde unabhängig von der Schutzbedürftigkeit ihres Inhalts als Grund für eine Vorlageverweigerung zu nehmen. Dasselbe gilt für eine formale Einstufung als Verschlusssache (s. dazu Beschluss vom 19. April 2010 a. a. O. Rn. 23).
[22] Der Beigeladene macht unter dem Gesichtspunkt des Bundeswohls ferner geltend, dass die Unterlagen der Informationsstelle auch Dokumente von anderen Behörden enthalten, denen die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, durch eine Beiladung zum Hauptsacheverfahren ihre Rechte auf Zurückhaltung von Akten geltend zu machen. Abgesehen davon, dass damit kein weitergehender Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufgezeigt wird, berücksichtigt der Beigeladene insoweit nicht hinreichend, dass es seine Aufgabe ist, im Rahmen der Entscheidung über die Sperrung oder Offenlegung der Akten der Informationsstelle des Bundesverwaltungsamtes die Interessen und Rechte möglicherweise betroffener Dritter mit in den Blick zu nehmen. Das gilt für drittbetroffene Personen, deren Daten in den Akten enthalten sind, ebenso wie für andere Behörden, die Unterlagen zur Verfügung gestellt haben, die im Falle der Offenlegung in Bezug auf die andere Behörde einen Geheimhaltungsgrund nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO begründen. Das muss freilich dargelegt werden; der bloße Hinweis darauf, dass Unterlagen von anderen Behörden stammten, reicht dazu nicht aus. Soweit der Beigeladene darauf verweist, nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz bestehe kein Anspruch auf Informationen, die im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung der Arbeitsgruppe Scientology bei der Behörde für Inneres stehen (§ 3 Abs. 2 Nr. 7 IFG HH vom 17. Februar 2009, § 1 Abs. 3 Nr. 3 IFG HH vom 11. April 2006), wird nicht beachtet, dass die Klägerin ihren Anspruch auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes stützt, und überdies verkannt, dass es für eine Vorlageverweigerung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht genügt, geltend zu machen, es liege ein fachgesetzlicher Weigerungsgrund vor.
[23] 3. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich eine fehlerhafte Ausübung des dem Beigeladenen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumten Ermessens.
[24] Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 1. August 2007 – BVerwG 20 F 10.06 – juris Rn. 5). Soweit die Aktenvorlage auch Gegenstand des Rechtsstreits selbst ist, sind die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Die oberste Aufsichtsbehörde ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann. Darin liegt die Besonderheit ihrer Ermessensausübung nach dieser Verfahrensbestimmung. Dementsprechend ist der obersten Aufsichtsbehörde auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (Beschluss vom 21. Februar 2008 – BVerwG 20 F 2.07 – BVerwGE 130, 236 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46).
[25] Diesen Anforderungen genügt die Sperrerklärung des Beigeladenen schon deshalb nicht, weil er ausgehend von unzutreffenden Erwägungen über die Reichweite der angeführten Geheimhaltungsgründe auf eine nähere Differenzierung und Präzisierung nach der Art des Akteninhalts und der verschiedenen Geheimhaltungsgründe verzichtet und stattdessen den gesamten Akteninhalt als geheimhaltungsbedürftig angesehen hat. Demgemäß hat der Beigeladene auch keine tragfähigen Erwägungen dazu angestellt, ob das Aufklärungsinteresse des Antragstellers und des Gerichts es rechtfertigt, zumindest bestimmte Teile offenzulegen. Es genügt als Ermessenserwägung vor allem nicht, wie der Beigeladene in seiner Sperrerklärung zusammenfassend unter der Überschrift "Gesamtwürdigung" ausführt, lediglich auf die prozessualen Folgen des § 100 VwGO und die Probleme hinzuweisen, die sich aus einem von ihm als Umgehung der fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründe dargestellten Verständnis der Pflicht zur Vorlage von Akten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergeben. Der Gesetzgeber hat die vom Beigeladenen kritisierte Anwendbarkeit des § 100 VwGO als unvermeidbare Folge des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO in Kauf genommen. Statt einer darauf zielenden Auseinandersetzung erfordert die Ermessensbetätigung im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Berücksichtigung und Abwägung der dargestellten Belange. Hiernach bedarf keiner Vertiefung, ob die weiteren Erwägungen des Beigeladenen zu einem Auseinanderfallen der prozessualen und fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründe in der Sache zutreffen. Allerdings spricht nichts dafür, dass die von der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Ausschlussgründe des IFG anders als die Geheimhaltungsgründe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine pauschale Zurückhaltung des gesamten Aktenbestands der Informationsstelle des Bundesverwaltungsamtes zu einer bestimmten Gruppierung rechtfertigen könnten.
[26] 4. Die dargestellten Mängel führen zur Gesamtrechtswidrigkeit der Sperrerklärung. Die gebotene Sichtung und Ordnung des Aktenmaterials nach verschiedenen Geheimhaltungsinteressen, die Beurteilung der Auswirkungen einer Offenbarung der Unterlagen für das Wohl des Bundes anhand des aufgezeigten Maßstabes sowie die differenzierende (Ermessens-) Entscheidung darüber, ob und inwieweit eine teilweise Zurückhaltung oder Schwärzungen ausreichen, um einem gebotenen Geheimschutz hinreichend Rechnung zu tragen, kann der Fachsenat nicht originär anstelle der dazu berufenen obersten Aufsichtsbehörde vornehmen. Dies muss vielmehr in der Sperrerklärung geleistet werden (vgl. nur Beschluss vom 19. April 2010 a. a. O. Rn. 32; Beschluss vom 8. März 2010 a. a. O. Rn. 13 m. w. N.).
[27] Die Feststellung des beschließenden Senats, dass die Sperrerklärung rechtswidrig ist, hindert den Beigeladenen nicht, erneut eine Sperrerklärung abzugeben und dann bei der Einstufung der Dokumente der Informationsstelle als geheimhaltungsbedürftig und bei der Ermessensausübung anhand der dargestellten Maßstäbe und Begründungsanforderungen zwischen den einzelnen Teilen der Materialsammlungen zu differenzieren. Angesichts des Verhaltens der Antragsgegnerin in einem ähnlich gelagerten Verfahren, das ebenfalls eine Einsicht in die Dokumente der Informationsstelle des Bundesverwaltungsamtes betraf, hat der Senat allerdings Anlass darauf hinzuweisen, dass sich die Antragsgegnerin ihrer prozessualen Verpflichtung aus § 99 Abs. 1 VwGO wie auch dem materiellen Anspruch des Antragstellers nicht durch eine Vernichtung der streitbefangenen Akten entziehen darf. Dabei bedarf keiner Vertiefung, dass ein solches Vorgehen den einfachrechtlichen Vorgaben über die Führung und Aufbewahrung von Behördenakten widerspricht; denn es gerät jedenfalls in Konflikt mit der aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden Verpflichtung staatlicher Stellen, die Möglichkeiten des Einzelnen zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereiteln.