Bundesarbeitsgericht
Befristete Arbeitsverträge mit Lektoren an Hochschulen
BAG, Urteil vom 15. 12. 1982 – 7 AZR 40/81; LAG Mainz (lexetius.com/1982,290)
[1] Tatbestand: Der Kläger ist englischer Staatsangehöriger. Nach seiner Tätigkeit als Leiter des Oberprimanerjahres an der Collingwood-School in Surrey wurde er mit Arbeitsvertrag vom 16. April 1974 als Lektor für Englisch an der Universität T eingestellt, und zwar befristet für die Zeit vom 16. April 1974 bis zum 30. September 1976. Auf das Arbeitsverhältnis sollten vereinbarungsgemäß einige Bestimmungen des BAT und der Lektorenordnung vom 31. Mai 1966 Anwendung finden (§§ 3 und 6 des Vertrages). Durch Änderungsvertrag vom 29. Mai 1974 wurde das Ende des Vertragsverhältnisses auf den 31. März 1976 vereinbart. Mit Verträgen vom 18. Februar 1976 und vom 28. Februar 1978 wurde der ursprüngliche Arbeitsvertrag bis zum 31. März 1978 bzw. bis zum 31. März 1980 verlängert.
[2] Mit Schreiben vom 20. Dezember 1979 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, daß eine weitere Verlängerung des Vertragsverhältnisses nicht in Betracht komme.
[3] Der Kläger hält die Befristungen für unwirksam, weil nicht sachlich gerechtfertigt, und hat daher beantragt festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. März 1980 hinaus fortbesteht.
[4] Demgegenüber hat das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen, und zur Begründung insbesondere vorgetragen: Der Kläger selbst habe beim ersten Vertrag um eine Befristung für die Dauer von weniger als zwei Jahren gebeten; er handele daher treuwidrig, wenn er nunmehr auf Entfristung klage. Im übrigen hätten die Gesichtspunkte des akademischen Austausches, der persönlichen Weiterbildung und Weiterqualifizierung sowie des Aktualitätsbezuges die Befristungen gerechtfertigt. Es gehöre zu den Aufgaben der Universitäten, den akademischen Austausch zu fördern, was nur durch eine angemessene Rotation gerade bei den Lektorenstellen gewährleistet sei. Dementsprechend seien auch die im Sommersemester 1980 oder im Wintersemester 1980/81 neu zu besetzenden Lektorenstellen ausschließlich mit Bewerbern aus den jeweiligen Heimatländern besetzt worden. Der ausländische Lektor solle sich Kenntnisse über die Lebensverhältnisse in Deutschland, insbesondere an den Hochschulen, erwerben und seine Deutschkenntnisse vervollkommnen. Schließlich diene die Lehrtätigkeit der Lektoren vor allem dazu, Sprache und Kultur ihrer Heimatländer aus eigenem und frischem Erleben vermitteln zu können; die Fähigkeit dazu lasse aber bereits nach drei bis vier Jahren nach. Die Dauer der Befristung von insgesamt sechs Jahren sei ebenfalls gerechtfertigt; auf die Sonderregelung 2 y zum BAT könne sich der Kläger insoweit nicht mit Erfolg berufen, maßgebend sei vielmehr die Lektorenordnung.
[5] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.
[6] Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter; das beklagte Land bittet um die Zurückweisung der Revision. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 26. Januar 1981 Revision eingelegt; dieser Schriftsatz ist am 27. Januar 1981 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Die Revisionsbegründungsschrift vom 24. Februar 1981 ist am 2. März 1981 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Aufgrund eines am 2. Dezember 1982 dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers durch das Gericht gegebenen fernmündlichen Hinweises hat dieser mit einem am 7. Dezember 1982 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 3. Dezember wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrages hat er im wesentlichen folgendes vorgetragen: Er habe die Revisionsbegründung am 24. Februar 1981 unterzeichnet und die Bürogehilfinnen angewiesen, den Schriftsatz als Eilbrief zu versenden. Beide Bürogehilfinnen (Frau M und Frau S) seien ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfinnen. Sie seien regelmäßig auf die Notwendigkeit der sorgfältigen Bearbeitung, insbesondere von Fristsachen, hingewiesen worden. Beide Gehilfinnen seien zuverlässig gewesen. Da er seinerseits alles getan habe, um eine rechtzeitige Zustellung zu bewirken, sei es rechtlich unerheblich, worauf der verspätete Eingang bei Gericht (Verzögerung durch die Deutsche Bundespost oder Verschulden der Bürogehilfinnen) beruhe.
[7] Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat die Richtigkeit dieser Angaben anwaltlich versichert sowie weiterhin eine eidesstattliche Versicherung der Frau M vom 2. Dezember 1982 vorgelegt.
[8] Entscheidungsgründe: I. Die Revision ist zulässig.
[9] 1. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat zwar die am 27. Januar 1981 eingelegte Revision nicht innerhalb der am 27. Februar 1981 abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO) begründet. Dem am 7. Dezember 1982 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war aber stattzugeben, weil der Kläger ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.
[10] Der von dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers nach Ablauf der in § 234 Abs. 3 ZPO geregelten Jahresfrist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gleichwohl zulässig. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 2. Juli 1981 – 2 AZR 324/79 – (BAG 35, 364 = AP Nr. 13 zu § 234 ZPO) entschieden, daß § 234 Abs. 3 ZPO jedenfalls im arbeitsgerichtlichen Verfahren dann nicht anzuwenden sei, wenn das Revisionsgericht aus allein in der Sphäre des Gerichts liegenden Gründen nicht innerhalb eines Jahres darüber entschieden hat, ob die Revision form- und fristgerecht eingelegt worden ist, und beide Parteien aufgrund gerichtlicher Verfügungen der Auffassung sein können, der Rechtsstreit werde demnächst materiellrechtlich entschieden. Der erkennende Senat steht in Fortführung dieser Rechtsprechung auf dem Standpunkt, daß die vom Zweiten Senat im Urteil vom 2. Juli 1981 (aaO) zur Versäumung der Revisionsfrist aufgestellten Grundsätze auch für den hier vorliegenden Fall der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gelten.
[11] Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat den am 7. Dezember 1982 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch rechtzeitig innerhalb (der am 2. Dezember 1982 durch den Hinweis des Gerichts in Lauf gesetzten) Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt.
[12] 2. Der form- und fristgerecht gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet.
[13] Der Kläger war ohne sein Verschulden daran gehindert, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.
[14] Nach § 233 ZPO i. d. F. der am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen Vereinfachungsnovelle muß die Verhinderung nicht mehr auf Naturereignissen oder anderen unabwendbaren Zufällen beruhen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist vielmehr bereits dann zu gewähren, wenn die Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung einer Rechtsmittelfrist bzw. Rechtsmittelbegründungsfrist verhindert war. Nach § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Die Verhinderung ist nicht verschuldet, wenn der Säumige diejenige Sorgfalt aufwendete, die von ihm verständigerweise erwartet werden konnte (vgl. BGH LM Nr. 1 zu § 233 (K) ZPO sowie den zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmten Beschluß des Senats vom 8. Juni 1982 – 7 AZB 3/82 -). Hinsichtlich der Sorgfaltspflichten eines Prozeßbevollmächtigten bedeutet dies, daß ein Verschulden dann zu verneinen ist, wenn er die übliche von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewandt hat (vgl. BGH VersR 1979, 960 f.).
[15] Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat glaubhaft gemacht, daß er die Revisionsbegründungsschrift am 24. Februar 1981 unterzeichnet und seine ausgebildeten, mit Fristensachen vertrauten sowie als zuverlässig anzusehenden Bürogehilfinnen angewiesen hat, den Schriftsatz als Eilbrief zu versenden. Damit hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die übliche von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt angewandt. Dabei kann offenbleiben, ob der verspätete Eingang der Revisionsbegründungsschrift bei Gericht auf einer verzögerten Aufgabe des Briefes zur Post durch das Büropersonal oder auf einer Verzögerung in der Postbeförderung beruht. Beide Fallvarianten würden kein (dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes) Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Klägers begründen.
[16] II. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, da zur Frage des Vorliegens eines sachlichen Grundes für die Befristung des Arbeitsvertrages noch Tatsachenfeststellungen notwendig sind.
[17] 1. Das beklagte Land wird im Streitfall durch den Kultusminister vertreten. Die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Kultusministers folgt aus Art. 104 Satz 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Februar 1979 (GVBl. S. 65), wonach jeder Minister seinen Geschäftsbereich selbständig leitet. Für den Bereich der wissenschaftlichen Hochschulen ergibt sich diese gesetzliche Vertretungsbefugnis aus § 41 Abs. 1, 1. Halbsatz des Landesgesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen Rheinland-Pfalz – HochSchG – vom 21. Juli 1978 (GVBl. S. 507), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1981 (GVBl. S. 335). Danach ist der Kultusminister Dienstvorgesetzter u. a. der Beamten des höheren Dienstes und der vergleichbaren Angestellten, worin wiederum die gesetzliche Vertretungsmacht des Kultusministers zum Ausdruck kommt. Einzelne dieser gesetzlichen Vertretungsbefugnisse kann der Kultusminister gemäß § 41 Abs. 1, 2. Halbsatz HochSchG dem Präsidenten im Wege von Anordnungen übertragen (vgl. § 7 Abs. 2 des Landesgesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen, Zuständigkeitsanordnungen und Anstaltsordnungen vom 3. Dez. 1973 – GVBl. S. 375). Von dieser Delegationsbefugnis hat der Kultusminister in zwei Fällen Gebrauch gemacht, und zwar durch die Anordnung vom 11. Dezember 1978 über die Zuständigkeit nach § 49 Abs. 3 HochSchG (GVBl. 1979, 9), welche die Anzeigen von Nebentätigkeiten betrifft, und die Anordnung über Zuständigkeiten für die Beschäftigung von Angestellten an Hochschulen im Dienstbereich des Kultusministeriums vom 17. September 1980, GVBl. S. 181). Nach § 1 Abs. 1 der zuletzt genannten Anordnung ist eine Delegation der Vertretungsbefugnis lediglich für die Begründung und Beendigung von Dienstverhältnissen mit BAT II a – Angestellten bzw. entsprechend vergüteter außertariflicher Angestellten erfolgt. Weder aus § 41 HochSchG noch aus der Anordnung vom 17. September 1980 (aaO) ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, daß das beklagte Land in Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art durch den Präsidenten der jeweiligen Hochschule gesetzlich vertreten wird. Die gesetzliche Vertretungsmacht des Präsidenten läßt sich auch nicht aus § 7 HochSchG herleiten. Die Personalverwaltung gehört zwar zu den Auftragsangelegenheiten (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 HochSchG), die von den Hochschulen in eigener Zuständigkeit wahrgenommen werden. In welchem Umfang den Hochschulen Personalverwaltungsaufgaben übertragen werden, richtet sich aber nach § 41 HochSchG sowie den hierzu ergangenen Anordnungen.
[18] Der Umstand, daß der vorliegende Rechtsstreit in den Vorinstanzen von dem nicht zur gesetzlichen Vertretung befugten Präsidenten der Universität geführt worden ist, führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage, da der Kultusminister des beklagten Landes in der Revisionsinstanz die seitherige Prozeßführung vorsorglich genehmigt hat.
[19] 2. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung zum 31. März 1980 als sachlich gerechtfertigt und daher wirksam angesehen. Im einzelnen hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß es dahinstehen könne, ob die Befristung des ersten Vertrages zum 31. März 1976 durch den Änderungsvertrag vom 29. Mai 1974 auf Veranlassung des Klägers im Hinblick auf das Doppelbesteuerungsabkommen erfolgt sei. Entscheidend sei vielmehr die letzte Befristung mit Vertrag vom 21. Februar 1978. Bezogen darauf sei zwar festzustellen, daß es nicht allgemein üblich sei, Lektoren an Hochschulen nur befristet zu beschäftigen, und daß entgegen der Ansicht des beklagten Landes für den Fremdsprachenlektor nicht grundsätzlich der aktuelle Bezug zu Sprache und Leben in dem betreffenden Land erforderlich sei, wie die Lektorenordnung belege. Doch solle die Lektorentätigkeit den Ausländern zugleich die Möglichkeit der eigenen Weiterbildung für ihre spätere Tätigkeit in ihrem Heimatland geben. Zur Erreichung dieses Zwecks habe die Universität Trier mit ausländischen Universitäten Verträge über den Austausch von Lektoren abgeschlossen, und diesem Zweck lasse sich nur mit Hilfe befristeter Verträge Rechnung tragen.
[20] Dem entsprächen etliche Stellungnahmen zum Problem der Lektorenverträge und speziell das Lektorenstatut, die ebenfalls berücksichtigten, daß ausländische Lektoren den Studenten auch und gerade aktuelle sprachliche und landeskundliche Bezüge vermitteln sollten. Wenn der Kläger meint, das beklagte Land habe auch nicht offengelegt, nach welchen Kriterien Lektoren befristet bzw. unbefristet eingestellt würden, müsse er sich darauf verweisen lassen, daß es Sache des Klägers gewesen wäre darzulegen, daß diese Auswahl willkürlich und aus sachfremden Erwägungen getroffen worden sei. Nach allem sei der mit dem Kläger zuletzt geschlossene Fristvertrag nicht objektiv funktionswidrig. Die Dauer der Befristung sei bei einer Zusammenrechnung der einzelnen Beschäftigungszeiten – hier nicht ganz sechs Jahre – nicht zu beanstanden. Sie gehe zwar über die in Ziffer 2 der Protokollnotiz Nr. 1 zu SR 2 y zum BAT hinaus, halte sich aber im Rahmen der Lektorenordnung und des internationalen Lektorenstatuts.
[21] 3. Bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung einer Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dieser kann nur beschränkt vom Revisionsgericht überprüft werden. Eine nachprüfbare Rechtsverletzung liegt insoweit nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (vgl. BAG Urteile vom 22. September 1961 – 1 AZR 36/60 – AP Nr. 20 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 2 b der Gründe und vom 25. Januar 1973 – 2 AZR 158/72 – AP Nr. 37 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe; Urteil des Senats BAG 36, 234 = AP Nr. 62 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
[22] 4. Auch bei Anwendung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes hält jedoch das angefochtene Urteil einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß das Vorliegen von sachlichen Gründen für die Befristung nicht mit allgemeinen Ausführungen begründet werden kann, sondern daß es hierfür im Einzelfall entsprechender Tatsachenfeststellungen bedarf.
[23] a) Zur Frage der Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen (vgl. BAG GS 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 1 der Gründe und BAG 31, 40 und 33, 26 = AP Nr. 46 und 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag sowie Urteile vom 16. Juni 1976 – 2 AZR 630/74 –, 25. Januar 1980 – 7 AZR 69/78 – und 7. März 1980 – 7 AZR 177/78 – AP Nr. 40, 52 und 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; vgl. zuletzt die beiden Urteile des Senats vom 19. August 1981 (BAG 36, 171 und 178 = AP Nr. 60 und 59 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) und die beiden Urteile des Senats vom 30. September 1981 (BAG 36, 227 und 234 = AP Nr. 61 und 62 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) sowie Urteil des Zweiten Senats vom 14. Januar 1982 – 2 AZR 245/80 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, BB 1982, 1174). Danach ist im Grundsatz die Vereinbarung befristeter Arbeitsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit und gemäß § 620 BGB zulässig. Ein schutzwertes Interesse für eine solche Vertragsgestaltung entfällt nur dann, wenn die Befristung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Die Befristung ist unzulässig, wenn sie als rechtliche Gestaltungsmöglichkeit objektiv funktionswidrig verwendet wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vereitelt wird und dafür kein sachlicher Grund vorliegt. Die befristeten Verträge müssen also ihre sachliche Rechtfertigung so in sich tragen, daß sie die Kündigungsschutzvorschriften nicht beeinträchtigen.
[24] Die sachliche Berechtigung der Befristung muß darüber hinaus auch hinsichtlich der Dauer gegeben sein (BAG, aaO, AP Nr. 40, Nr. 52, zu 2 der Gründe, Nr. 54, zu I 4 der Gründe, und Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 32, 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteile des Senats vom 30. September 1981, aaO). Die von den Parteien vereinbarte Dauer eines Arbeitsverhältnisses ist dabei an den Sachgründen für die Befristung zu orientieren. Es muß also im konkreten Einzelfall bereits bei Abschluß des jeweiligen Vertrages ersichtlich sein, daß auch die gewählte Zeitdauer des Vertrages sachlich gerechtfertigt ist. Liegen die entscheidenden Umstände in der Zukunft, so ist die Frage, welche Zeitdauer bei einem derartigen Arbeitsvertrag zu wählen ist, von der gerichtlich nachprüfbaren Prognose des Arbeitgebers abhängig (vgl. BAG, aaO, AP Nr. 50, Nr. 54, zu I 4 der Gründe und Nr. 56 zu IV 2 d der Gründe, alle zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteile des Senats vom 30. September 1981, aaO; Urteil des Zweiten Senats vom 14. Januar 1982, aaO).
[25] Damit wird klargestellt, daß die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur dann zulässig ist, wenn nach den obwaltenden Umständen aus der Sicht verständiger Vertragspartner ein arbeitsrechtlich beachtlicher Sachverhalt als sachlicher Grund für eine derartige Vereinbarung besteht. Als sachlicher Grund kommen nur solche arbeitsrechtlich relevanten Umstände in Betracht, die im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages vorliegen (BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 – 2 AZR 483/73 – AP Nr. 39, zu I 2 a der Gründe; BAG, aaO, = AP Nr. 50, Nr. 52, zu 2 der Gründe, Nr. 54, zu I 4 der Gründe und Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Senatsurteile vom 19. August 1981, aaO, und Senatsurteile vom 30. September 1981, aaO).
[26] b) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch bei der Bejahung der Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers zum 31. März 1980 die für die Befristung von Verträgen mit Lektoren im Hochschulbereich im Einzelfall notwendigen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen.
[27] Zwar ist mit dem beklagten Land und dem Landesarbeitsgericht von dem Grundsatz auszugehen, daß die Befristung des Anstellungsvertrages eines Lektors – sie ist als bloße Möglichkeit vorgesehen in § 55 Abs. 2 HochSchG – an einer Universität oder Hochschule im Hinblick auf Fort- und Weiterbildung, akademischen Austausch und Aktualitätsbezug möglich ist (vgl. BAG 25, 125 = AP Nr. 38 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 36, 178 = AP Nr. 59 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag sowie Urteil des Senats vom 2. Juni 1982 – 7 AZR 793/79 – unveröff.; Urteile des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 1982 – 2 AZR 368/81 – AP Nr. 25 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten und vom 13. Mai 1982 – 2 AZR 87/80 – AP Nr. 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Entscheidend ist jedoch stets, daß der jeweilige Zweck – etwa des aktualitätsbezogenen Unterrichts – auch im konkreten Fall gegeben ist (vgl. BAG Urteil vom 13. Mai 1982, aaO; BAG Urteil vom 6. Mai 1982 – 2 AZR 1037/79 – AP Nr. 67 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zur Veröffentlichung vorgesehen). Hierauf hat jedoch das Landesarbeitsgericht nicht abgestellt, sondern sich großenteils mit allgemeinen Darlegungen begnügt.
[28] Soweit das Landesarbeitsgericht die Möglichkeit der eigenen Weiterbildung für die spätere Tätigkeit im Heimatland erwähnt, ist damit lediglich der allgemeine Fort- und Weiterbildungseffekt angesprochen, der mit vielen Tätigkeiten im Hochschulbereich verbunden ist, indes eine Befristung nicht zu rechtfertigen vermag (BAG 36, 171, aaO; BAG Urteile vom 11. Februar 1982, aaO, und vom 6. Mai 1982, aaO). Auch vollzieht sich diese Weiterbildung außerdienstlich und ist daher schon deswegen nicht geeignet, eine Befristung zu rechtfertigen (vgl. BAG Urteil vom 11. Februar 1982, aaO).
[29] Gleichfalls ist nicht festgestellt, daß der Kläger die ihm konkret übertragenen Aufgaben nur solange sachgerecht zu erfüllen vermocht hätte, als er noch nicht zu lange vom Heimatland abwesend war und daher den gebotenen Aktualitätsbezug noch nicht verloren hatte (vgl. BAG 36, 178, aaO, und Urteil vom 13. Mai 1982, aaO).
[30] Was schließlich den Gesichtspunkt des Austausches angeht, so hat das Landesarbeitsgericht zwar bindend festgestellt, daß die Universität Trier Verträge über den Austausch von Lektoren mit ausländischen Universitäten abgeschlossen habe. Dies genügt zwar vom Grundsatz her den Anforderungen, die vom Bundesarbeitsgericht an Befristungen mit der Begründung des akademischen Austausches gestellt werden (vgl. BAG 36, 178, aaO). Das Landesarbeitsgericht hat aber dabei nicht berücksichtigt, daß die Dauer der Befristung mit dem Befristungsgrund korrespondieren muß. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß der oder die Austauschverträge auch die Befristungsdauer rechtfertigen müssen, d. h. sie müssen zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ergeben, daß nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem Kläger ein weiterer Lektor entsandt werden wird (ähnlich BAG 36, 178, aaO; vgl. auch Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand September 1982, Anhang 1 § 620 BGB Anm. III 9 b bb).
[31] c) Diese Lücken führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen das Revisionsgericht den Sachverhalt nicht abschließend selbst würdigen kann, ist der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf diese Weise erhalten die Parteien auch die Möglichkeit, ihren Vortrag gegebenenfalls im Hinblick auf das Urteil des Senats vom 19. August 1981 (BAG 36, 178) zu ergänzen, das hinsichtlich des Aspektes des akademischen Austausches neue Grundsätze aufgestellt hat.
[32] 5. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht im übrigen zu beachten haben, daß eine klare, für die Beteiligten durchschaubare Regel vorhanden sein muß, die ergibt, welcher Lektor auf Zeit und welcher auf Dauer beschäftigt wird, und die der Arbeitgeber darzulegen hat (vgl. BAG 25, 125 = AP Nr. 38 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 4 a der Gründe; BAG Urteile vom 13. Mai 1982 – 2 AZR 87/80 – AP Nr. 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und vom 11. Februar 1982 – 2 AZR 368/81 – AP Nr. 25 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Nicht außer acht bleiben darf auch der Umstand, daß der letzte mit dem Kläger geschlossene Vertrag bereits die dritte Befristung enthielt, was möglicherweise dem Aspekt des Austausches die rechtfertigende Wirkung nimmt (vgl. BAG vom 12. März 1981 – 2 AZR 1147/78 –, unveröff.). Verneint das Landesarbeitsgericht insoweit einen sachlichen Grund, wird es weiter zu prüfen haben, ob nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Gesichtspunkte des Aktualitätsbezuges und/oder der (speziellen) Fort- oder Weiterbildung im konkreten Fall die Befristung rechtfertigen konnten (vgl. BAG Urteile vom 11. Februar 1982 und 13. Mai 1982, jeweils aaO). Dabei darf es indes die drei Verträge auch hinsichtlich der Zeitdauer nicht als Einheit ansehen; vielmehr muß der sachliche Grund für die Befristung und die Dauer hinsichtlich eines jeden Vertrages gegeben sein (BAG 36, 171 = AP Nr. 60 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und BAG 36, 234 = AP Nr. 62 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß sich hier aus der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 der SR 2 y zum BAT nichts für die Unwirksamkeit der Befristung ergibt, da eine Tarifbindung der Parteien nicht festgestellt und die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung nicht vereinbart ist.