Keine Anpassung von DDR-Grundstückskaufverträgen wegen Wertsteigerung
BGH, Mitteilung vom 24. 11. 1995 – 68/95 (lexetius.com/1995,497)
[1] Der für Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß in der ehemaligen DDR geschlossene und vollständig vor der Wende erfüllte Grundstückskaufverträge nicht mit Rücksicht auf nach der Wende eingetretene erhebliche Wertsteigerungen anzupassen sind. Die Parteien sind Bürger der ehemaligen DDR gewesen. Im Juni 1989 verkauften die Kläger an den Beklagten zu 1, den Leiter der LPG, und seine Frau, die Beklagte zu 2, ein ca. 20 Hektar großes, u. a. mit einem Wohnhaus bebautes landwirtschaftliches Grundstück zum Preise von 25. 385 Mark der DDR. Diesen Wert hatte ein Gutachter ermittelt; dabei hatte er die landwirtschaftlichen Flächen als wertlos angesehen, weil an ihnen eine LPG ein umfassendes Nutzungsrecht hatte. Der Vertrag wurde noch vor der Wende beiderseits erfüllt. Infolge der Umwälzungen im Gebiet der ehemaligen DDR beträgt der Wert nach Behauptung der Kläger nun etwa 200. 000, – DM. Sie haben Herausgabe und Rückauflassung der landwirtschaftlichen Flächen, hilfsweise Zahlung von 187.307,50 DM verlangt. Sie sind der Auffassung, der Kaufvertrag sei wegen eines schon bei Vertragsschluß auffälligen Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB sittenwidrig und damit nichtig. Zumindest sei er aufgrund der sprunghaften Wertsteigerung nach der Wende wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzupassen. Der Bundesgerichtshof hat wie die Vorinstanzen entschieden, daß weder ein Anspruch auf Rückgabe noch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages bestehe: Die Parteien hätten den gesetzlich vorgeschriebenen und von einem Gutachter ermittelten Stopp-Preis vereinbart. Sie hätten sich damit gesetzestreu im Sinne des § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB verhalten und auch nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB gehandelt. Einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB hat der Bundesgerichtshof verneint, weil der Vertrag bereits erfüllt gewesen sei, weshalb schon nach bundesdeutschem Recht eine Anpassung nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht gekommen wäre. Für DDR-Altfälle komme hinzu, daß nach § 78 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches der DDR eine Anpassung ausgeschlossen war, sobald die Sachleistung erbracht war. Hierauf hätten die Bürger vertrauen dürfen. Auch deshalb verlange die Rechtssicherheit ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag.
BGH, Urteil vom 24. 11. 1995 – V ZR 164/94