Bundesarbeitsgericht
Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach Betriebsratsneuwahl während des Zustimmungsersetzungsverfahrens
Scheidet ein Betriebsratsmitglied während des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 BetrVG aufgrund einer Neuwahl des Betriebsrats aus dem Betriebsrat aus, ist für die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber eine erneute Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich (im Anschluß an BAG 19. September 1991 – 2 ABR 14/91 – RzK II 3 Nr 20).
BAG, Beschluss vom 8. 6. 2000 – 2 AZN 276/00 (lexetius.com/2000,4506)
[1] Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 17. Dezember 1999 – 6 Sa 16/99 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
[2] Streitwert: unverändert.
[3] Gründe: Die Beklagte hat in einem Zustimmungsersetzungsverfahren die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Klägers, eines Betriebsratsmitglieds, erstrebt. Während des Zustimmungsersetzungsverfahrens fand eine Neuwahl des Betriebsrats statt. Dem neuen Betriebsrat gehört der Kläger nicht mehr an. Daraufhin erklärte die Beklagte am 20. April 1998, dem ersten Arbeitstag nach Ablauf der Amtszeit des Klägers, die außerordentliche Kündigung. Der Kläger hat sich mit der Klage gegen diese Kündigung gewendet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts wegen Divergenz.
[4] Die form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer legt zwar zutreffend dar, daß den Ausführungen des anzufechtenden Urteils zweifelsfrei und zwingend folgender abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt: "Ist ein Antrag gemäß § 103 BetrVG an den Betriebsrat gerichtet worden und scheidet das betroffene Betriebsratsmitglied aus dem Betriebsrat aus, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, nunmehr ohne Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG eine außerordentliche Kündigung auszusprechen."
[5] Der Beschwerdeführer legt auch zutreffend dar, daß dieser Rechtssatz von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. August 1998 – 4 Sa 50/98 – abweicht. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. August 1998 ist jedoch nicht divergenzfähig, weil bereits eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage ergangen ist (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG). Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich in einem Beschluß vom 19. September 1991 – 2 ABR 14/91 – (RzK II 3 Nr. 20) entschieden, daß nach einer Neuwahl des Betriebsrats während eines Zustimmungsersetzungsverfahrens die Erklärung des (früheren) Betriebsrats (Zustimmungsverweigerung) fortgilt. Gilt die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats fort, folgt daraus zwingend, daß eine Anhörung des neuen Betriebsrats nicht erforderlich, möglicherweise sogar verfehlt ist, wenn es dadurch zu einer Verzögerung der unverzüglich auszusprechenden Kündigung kommt. Das anzufechtende Urteil befindet sich damit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.