Bundesarbeitsgericht
Unterrichtung über Bewerbungsgespräche
Beruht die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers für einen von mehreren Stellenbewerbern maßgeblich auf zuvor geführten Vorstellungsgesprächen, so gehört zur Auskunft über die Person der Beteiligten nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über den für seine Entscheidung bedeutsamen Inhalt dieser Gespräche unterrichtet.
BAG, Beschluss vom 28. 6. 2005 – 1 ABR 26/04 (lexetius.com/2005,2747)
[1] 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 11. November 2003 – 6 TaBV 16/03 – aufgehoben.
[2] 2. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 11. Februar 2003 – 21 BV 244/02 – teilweise abgeändert:
[3] Die Anträge des Arbeitgebers werden insgesamt abgewiesen.
[5] Der Arbeitgeber ist ein gemeinnütziger, von Bund und Ländern finanzierter Verein. Er betreibt Grundlagenforschung auf natur- und geisteswissenschaftlichem Gebiet. Dazu unterhält er etwa 80 Institute und Forschungsstellen im In- und Ausland. Die Generalverwaltung hat ihren Sitz in M. Der beteiligte Betriebsrat ist die dort gewählte neunköpfige Arbeitnehmervertretung.
[6] Beim Arbeitgeber gelten Regelungen zur Förderung von Frauen. In einem "Senatsbeschluss" des Arbeitgebers vom 24. März 1995 heißt es ua.:
"Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern … werden Frauen … unter Beachtung des Vorrangs von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes) gefördert. Ziel der Förderung ist auch die Erhöhung des Anteils der Frauen entsprechend der verbindlichen Zielvorgaben, soweit Frauen in einzelnen Bereichen in geringerer Zahl beschäftigt sind als Männer. Ebenso ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer zu fördern. …
Der Generalsekretär entwirft mit Unterstützung der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten alle drei Jahre einen Frauenförder-Rahmenplan …
Der Gesamtbetriebsausschuß wirkt an der Erstellung des Frauenförder-Rahmenplans nach Maßgabe der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes mit. Der Frauenförder-Rahmen-plan wird vom Verwaltungsrat beschlossen. …
Soweit Frauen in einzelnen Bereichen in geringerer Zahl beschäftigt sind als Männer, hat jede Einrichtung … nach Maßgabe der verbindlichen Zielvorgaben des Frauenförder-Rahmen-plans bzw. des eigenen Frauenförderplans und entsprechender Personalplanung unter Beachtung des Vorrangs von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung
1. bei der Besetzung von Beamten-, Angestellten- und Arbeiterstellen, auch mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben sowie von Stellen für die Berufsausbildung,
2. bei der Beförderung, Höhergruppierung und Übertragung höher bewerteter Stellen und Arbeitsplätze, auch in Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, deren Anteil zu erhöhen. …"
[7] Zur Umsetzung dieses Senatsbeschlusses schlossen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat im Oktober 1996 eine Gesamtbetriebsvereinbarung. Danach ist es Aufgabe des Arbeitgebers, des Gesamtbetriebsrats, der örtlichen Betriebsräte, der/des Zentralen Gleichstellungsbeauftragten und der Vertrauenspersonen, auf die Einhaltung des Frauenförder-Rahmenplans und ggf. der ergänzenden Frauenförderpläne der einzelnen Institute und Einrichtungen hinzuwirken.
[8] Der am 26. März 1998 vom Verwaltungsrat beschlossene Frauenförder-Rahmenplan enthält die "Zielvorgabe", dass bei Stellenbesetzungen Frauen in besonderem Maße in denjenigen Bereichen zu berücksichtigen seien, in denen sie bisher unterrepräsentiert seien.
[9] Im April 2002 schrieb der Arbeitgeber die Stelle eines Referatsleiters/einer Referatsleiterin in der Generalverwaltung aus. Darauf bewarben sich insgesamt 32 Personen, unter ihnen acht Frauen. Der Arbeitgeber führte mit neun Bewerbern – darunter zwei Frauen – Vorstellungsgespräche. Drei der Bewerber wurden zu einer weiteren Vorstellungsrunde geladen: Herr P – Jurist, seinerzeit 35 Jahre alt, mit sechs Jahren Berufserfahrung –; Frau Dr. H-R – Juristin, damals 52 Jahre alt, mit achtzehn Jahren Berufstätigkeit – und Herr L – ebenfalls Jurist, zur fraglichen Zeit 40 Jahre alt, mit zehn Jahren Berufstätigkeit –. Ein letztes Vorstellungsgespräch führte der Arbeitgeber nur noch mit Herrn P. Im Anschluss daran unterrichtete er die Frauenbeauftragte der Generalverwaltung über dessen geplante Einstellung. Mit Schreiben vom 22. Juli 2002 beanstandete die Zentrale Gleichstellungsbeauftragte die beabsichtigte Einstellung. Zur Begründung führte sie aus, die Bewerberin Frau Dr. H-R erfülle die geforderten Qualifikationen in mindestens dem gleichem Umfang wie Herr P, meistens sogar besser als dieser. Sie verfüge überdies über längere und besser fundierte berufliche Erfahrungen. Die Entscheidung des Arbeitgebers für Herrn P verstoße deshalb gegen den Frauenförder-Rahmenplan. Als Referatsleiterinnen seien Frauen in der Generalverwaltung deutlich unterrepräsentiert.
[10] Ungeachtet dieser Beanstandung beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat mit Schreiben vom 22. Juli 2002 die Zustimmung zur Einstellung von Herrn P. Dem Schreiben waren die Bewerbungsunterlagen der Bewerber beigefügt. Zur Begründung der von ihm getroffenen Entscheidung führte der Arbeitgeber aus:
"Ausschlaggebend für den Einstellungsvorschlag sind insbesondere die von Herrn P in den Vorstellungsgesprächen entwickelten Vorstellungen zum Aufgabenbereich des Referats, die bei ihm ein weit überdurchschnittliches Maß an Kreativität erkennen lassen, seine außerordentliche geistige Beweglichkeit, die klare Strukturierung seiner Gedankenführung, seine Fähigkeit, Argumente aufzugreifen und diese in ein Gesamtkonzept einzubeziehen, seine Gesprächsinitiative, die hohes Durchsetzungsvermögen bei gleichzeitiger Konsensfähigkeit erwarten lassen, insbesondere aber auch die in allen Gesprächen nachdrücklich vermittelte Bereitschaft und Fähigkeit, Arbeitsprozesse im Team kooperativ und erfolgsorientiert organisieren zu können. Herr P erwies sich bei Darlegung dieser Kriterien mit Abstand als bester Bewerber."
[11] Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Einstellung mit Schreiben vom 26. Juli 2002 und begründete seinen Widerspruch darin wie folgt:
"1. … Wie vorstehend bereits aufgezeigt, wird Frau Dr. H-R, obwohl sie nachweislich am besten qualifiziert ist, von Ihnen erkennbar schon wegen ihres höheren Lebensalters nicht berücksichtigt und dadurch benachteiligt.
Entsprechend § 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gehört es zu den Pflichtaufgaben des Betriebsrats, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern. … Die Nichtberücksichtigung älterer Arbeitnehmer ist daher für den Betriebsrat ein möglicher Widerspruchsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, den er im vorliegenden Fall geltend macht.
2. … Obwohl Frau Dr. H-R, wie vorstehend dargelegt, nachweislich am besten für die zu besetzende Stelle qualifiziert ist, wurde Sie von Ihnen nicht berücksichtigt.
Ihre Entscheidung verstößt daher gegen die zu beachtenden Frauenförderregelungen …, die sowohl vom Arbeitgeber selbst aufgestellte verbindliche Grundsätze, als auch aufgrund der einschlägigen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 8. 10. 1996 verbindliche Auswahlrichtlinien i. S. des § 95 BetrVG sind. …"
[12] Im August 2002 leitete der Arbeitgeber das vorliegende Beschlussverfahren ein. Er hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu Unrecht verweigert. Ein Verstoß gegen § 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG liege nicht vor. Ebenso wenig habe er gegen den Frauenförder-Rahmenplan verstoßen. Mit den Bewerbern seien strukturierte, anforderungsbezogene Einstellungsinterviews geführt worden. Darin seien stellenrelevante Themen angesprochen und die Antworten der Bewerber unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils von zwei erfahrenen Führungskräften gänzlich alters- und geschlechtsneutral bewertet worden. Herr P sei danach für die zu besetzende Stelle besser geeignet. Es sei nicht Sache des Betriebsrats, über die Qualifikation eines Bewerbers zu entscheiden. Im Übrigen hätten die Bewerberinnen selbst bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung keinen Rechtsanspruch auf Einstellung.
[13] Der Arbeitgeber hat – soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Bedeutung – beantragt, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Herrn M P zu ersetzen.
[14] Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber habe seine Auswahlentscheidung nicht zureichend begründet. Mangels eines nachvollziehbaren Vergleichs zwischen Herrn P und Frau Dr. H-R habe der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht genügt. Für seinen Widerspruch hat der Betriebsrat die Gründe seines Verweigerungsschreibens vom 26. Juli 2002 vorgetragen.
[15] Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter, den Antrag abzuweisen.
[16] B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zu Unrecht ersetzt. Der Arbeitgeber hat das Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß eingeleitet. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG, innerhalb derer der Betriebsrat eine mögliche Verweigerung der erbetenen Zustimmung erklären muss, hat deshalb nicht zu laufen begonnen. Ist der Betriebsrat nicht gehalten, sich über eine Zustimmung schlüssig zu werden, kann sie von den Gerichten schon aus diesem Grund nicht ersetzt werden.
[17] I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen des § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. Danach muss die Rechtsbeschwerdebegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch den angefochtenen Beschluss ergibt. Dazu bedarf es einer Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses. Eine Benennung der verletzten Rechtsnormen ist nicht erforderlich (BAG 11. Februar 2004 – 7 ABR 33/03 – AP ArbGG 1979 § 94 Nr. 3 = EzA ArbGG 1979 § 94 Nr. 4, zu II 1 der Gründe; für die gleich lautenden Anforderungen an die Berufungsbegründung im Urteilsverfahren vgl. BAG 14. Dezember 2004 – 1 AZR 504/03 – NZA 2005, 818, zu I 1 der Gründe mwN, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
[18] Dem wird die Rechtsbeschwerdebegründung des Betriebsrats entgegen der Ansicht des Arbeitgebers gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat Widerspruchsgründe des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG verneint, weil der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung unter Beachtung des Vorrangs von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber nachvollziehbar getroffen habe. Demgegenüber bringt der Betriebsrat vor, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen verkannt, die die Regelungen des Frauenförder-Rahmenplans an die Schlüssigkeit eines entsprechenden Vergleichs der Bewerber stellten. Damit rügt der Betriebsrat eine rechtsfehlerhafte Anwendung der §§ 99, 95 BetrVG.
[19] II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
[20] 1. Die Rechtsbeschwerde musste nicht deshalb ohne Erfolg bleiben, weil schon die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre und das Landesarbeitsgericht aus diesem Grunde eine Sachentscheidung nicht hätte treffen dürfen.
[21] a) Nach § 557 Abs. 2 ZPO in Verb. mit § 92 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG hat das Rechtsbeschwerdegericht den angefochtenen Beschluss auf von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel von sich aus zu prüfen. Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn die Beschwerde, in deren Rahmen das Landesarbeitsgericht über den Sachantrag des Beschwerdeführers entschieden hat, nicht zulässig war (für das Urteilsverfahren BAG 27. Januar 2004 – 1 AZR 105/03 – AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 35 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 39, zu I 1 der Gründe mwN).
[22] b) Das ist nicht der Fall. Die Beschwerde des Betriebsrats war zulässig. Sie genügt den gesetzlichen Anforderungen des § 89 Abs. 2 ArbGG. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers enthält sie eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses. Das Arbeitsgericht hat das Vorliegen von Widerspruchsgründen des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG ua. mit der Begründung verneint, dass der Frauenförder-Rahmenplan selbst dann keinen Anspruch auf Einstellung gewähre, wenn er eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG sei. Der Arbeitgeber habe keinen "echten Eignungsvergleich" zwischen den Bewerbern anstellen müssen. Im Übrigen habe er seine Entscheidung nachvollziehbar begründet. In seiner Beschwerdebegründung hat der Betriebsrat darin einen Verstoß des Arbeitsgerichts gegen Art. 3 Abs. 2 GG, § 612a BGB und § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erblickt und gerügt, das Arbeitsgericht sei den vorgetragenen Indizien für eine Diskriminierung weiblicher und älterer Bewerber nicht nachgegangen.
[23] 2. Der zulässige Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung des Herrn P ist unbegründet. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterrichtet. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG wurde deshalb nicht in Lauf gesetzt.
[24] a) Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung darf – unabhängig von den für die Verweigerung vorgebrachten Gründen – von den Gerichten nur ersetzt werden, wenn die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG in Gang gesetzt wurde. Dazu muss der Arbeitgeber die Anforderungen des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erfüllt haben (BAG 10. November 1992 – 1 ABR 21/02 – BAGE 71, 337, zu B 1 der Gründe; 14. März 1989 – 1 ABR 80/87 – BAGE 61, 189, zu B II 2 der Gründe mwN). Das verlangt von ihm, den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft sowohl über die Person der Beteiligten als auch – unter Vorlage der dazu erforderlichen Unterlagen – die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben.
[25] b) Dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber im Streitfall nicht vollständig nachgekommen. Dabei konnte dahinstehen, ob er schon seine Pflicht zur Vorlage der erforderlichen Bewerbungsunterlagen verletzt hat. Jedenfalls hat er dem Betriebsrat keine vollständigen Auskünfte über die Person der Bewerber erteilt.
[26] aa) Als erforderliche Bewerbungsunterlagen sind neben den von den Stellenbewerbern selbst eingereichten auch solche Unterlagen anzusehen, die erst der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbung über die Person des Bewerbers erstellt hat. Dazu zählen etwa Personalfragebögen, schriftliche Auskünfte von dritter Seite und Ergebnisse von Tests oder Einstellungsprüfungen (BAG 3. Dezember 1985 – 1 ABR 72/83 – BAGE 50, 236, zu B II 2 der Gründe; 14. Dezember 2004 – 1 ABR 55/03 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 122, zu B II 2 b bb der Gründe mwN, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
[27] (1) Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dient dazu, dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser auf Grund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG 3. Oktober 1989 – 1 ABR 73/88 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 74 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 77, zu B II 1 der Gründe mwN). Schon aus diesem Grund sind dem Betriebsrat auch selbst erstellte Unterlagen des Arbeitgebers vorzulegen. Aus ihnen können sich Anhaltspunkte für eine möglicherweise diskriminierende und gegen Bestimmungen iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verstoßende Auswahlentscheidung ergeben.
[28] (2) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Betriebsrat im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG darüber hinaus die Möglichkeit, Anregungen für die Auswahl der Bewerber zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen, die aus seiner Sicht für die Berücksichtigung eines anderen als des vom Arbeitgeber ausgewählten Stellenbewerbers sprechen. Das gilt unabhängig davon, ob hierauf ein Widerspruch nach § 99 Abs. 2 BetrVG gestützt werden kann (3. Oktober 1989 – 1 ABR 73/88 – aaO, zu B II 2 b der Gründe; 3. Dezember 1985 – 1 ABR 72/83 – BAGE 50, 236, zu B II 2 der Gründe; 19. Mai 1981 – 1 ABR 109/78 – BAGE 35, 278, zu B I der Gründe). Deshalb sind dem Betriebsrat auch die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bewerber vorzulegen (so 19. Mai 1981 – 1 ABR 109/78 – aaO). Aus dem gleichen Grund sind dem Betriebsrat diejenigen Unterlagen vorzulegen, die der Arbeitgeber erstellt hat, um (auch) auf ihrer Grundlage seine Auswahlentscheidung zu treffen. Zwar ist die Auswahl unter den Bewerbern allein Sache des Arbeitgebers. Der Betriebsrat kann aber das Recht, für die zu treffende Auswahl Anregungen zu geben, sachangemessen nur ausüben, wenn er die vom Arbeitgeber ermittelten und von diesem für auswahlrelevant gehaltenen Daten und Unterlagen kennt. Dies gilt insbesondere, wenn diese sich auf Leistungen und Befähigungen der Bewerber beziehen. Dementsprechend zählen zu den vorlagepflichtigen Bewerbungsunterlagen auch solche, die der Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens über die Bewerber erstellt hat.
[29] (3) Danach wäre der Arbeitgeber im Streitfall verpflichtet gewesen, dem Betriebsrat im Rahmen der Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG schriftlich dokumentierte Protokolle der von ihm mit den Bewerbern durchgeführten Vorstellungsgespräche vorzulegen. Ob solche Aufzeichnungen gemacht wurden, hat das Landesarbeitsgericht indessen nicht festgestellt. In der Anhörung vor dem Senat hat der Arbeitgeber dazu erklärt, die Gespräche mit den Bewerbern seien nicht schriftlich dokumentiert worden. Der Betriebsrat hat dies nicht unstreitig gestellt.
[30] Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur näheren Aufklärung bedurfte es gleichwohl nicht. Der Antrag des Arbeitgebers ist auch dann unbegründet, wenn zu seinen Gunsten angenommen wird, dass Unterlagen über die Vorstellungsgespräche nicht erstellt worden sind.
[31] bb) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei einer Einstellung nicht nur die Bewerbungsunterlagen vorzulegen, sondern auch Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Dies ist im vorliegenden Fall nicht im erforderlichen Maße geschehen.
[32] (1) Beteiligte iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind sämtliche inner- und außerbetrieblichen Bewerber um den zu besetzenden Arbeitsplatz (BAG 10. November 1992 – 1 ABR 21/92 – BAGE 71, 337, zu B 2 a der Gründe; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 134 mwN). Die Auskünfte über ihre Person haben sich sowohl auf die Namen und die Personalia im engeren Sinne als auch auf die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz zu erstrecken (Richardi/Thüsing aaO Rn. 139; Fitting 22. Aufl. § 99 Rn. 149; DKK-Kittner 9. Aufl. § 99 Rn. 132; Weber/Ehrich/Hörchens Handbuch zum Betriebsverfassungsrecht S. 605 Rn. 177; Reiserer BB 1992, 2499, 2500). Zu einer vollständigen Unterrichtung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gehört deshalb die Auskunft über Test- und Übungsergebnisse, die der Arbeitgeber selbst erhoben hat. Soweit sich die entsprechenden Daten aus Unterlagen ergeben, kommt der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht durch deren Vorlage nach. Andernfalls muss er die ihm bekannten Daten auf sonstige Weise mitteilen (BAG 14. Dezember 2004 – 1 ABR 55/03 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 122, zu B II 2 c der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
[33] (2) Ergeben sich die für die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers maßgeblichen Umstände nicht allein aus den vorliegenden Unterlagen, sondern jedenfalls auch aus den von ihm mit den Bewerbern geführten Gesprächen, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über den für ihn maßgeblichen Inhalt dieser Gespräche unterrichten. Allerdings hat der Betriebsrat kein gesetzliches Recht, an Bewerbungsgesprächen teilzunehmen. Auch ist ein privater Arbeitgeber gesetzlich nicht verpflichtet, schriftliche Aufzeichnungen über die Vorstellungsgespräche anzufertigen (zu einer entsprechenden Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers vgl. BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – BAGE 104, 295, zu A II 2 b bb der Gründe mwN). Gleichwohl muss auch der private Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Kenntnis über die Umstände verschaffen, die für die vorgesehene Auswahl letztlich entscheidend sein sollen. Nur dann kann der Betriebsrat dazu Stellung nehmen und ggf. Anregungen geben. Der Arbeitgeber muss deshalb zwar nicht den Verlauf der Vorstellungsgespräche im Einzelnen nachzeichnen. Er muss aber die Punkte in nachvollziehbarer Weise darstellen, die ihn veranlasst haben, einen von mehreren Bewerbern auszuwählen. Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht nicht durch eine pauschalierende Gesamtbewertung. Vielmehr muss er den Betriebsrat über die seiner Bewertung zugrunde liegenden Tatsachen unterrichten. Hierzu muss er ggf. auch vergleichend darstellen, warum der ausgewählte Bewerber nach seiner Einschätzung besser war als die anderen. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangt allerdings keine Rechtfertigung der getroffenen Auswahl. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung im Hinblick auf sämtliche Bewerber eigens und im Einzelnen begründet.
[34] (3) Diese Grundsätze gelten in besonderem Maße, wenn der Arbeitgeber sich – wie hier – gegenüber sich selbst und dem (Gesamt-) Betriebsrat verpflichtet hat, bei Stellenbesetzungen den Anteil von Frauen bei gleicher Leistung, Eignung und Befähigung in Bereichen zu erhöhen, in denen Frauen bislang unterrepräsentiert sind. Gerade in diesen Fällen ist es von besonderer Bedeutung, dass auch der Betriebsrat über diejenigen Informationen verfügt, die sich der Arbeitgeber hinsichtlich Leistung, Eignung und Befähigung der Bewerber und Bewerberinnen in den Vorstellungsgesprächen verschafft hat. Zwar mögen gleich geeignete Bewerberinnen aus der (Selbst-) Verpflichtung des Arbeitgebers – jedenfalls im Streitfall – keinen Anspruch auf Einstellung herleiten können. Auch steht dem Arbeitgeber bei der Feststellung von Eignung und Befähigung der Bewerber und damit bei der Feststellung der Voraussetzungen für den Eintritt der (Selbst-) Verpflichtung ein von dritter Seite nicht zu überprüfender Beurteilungsspielraum zu. Um so wichtiger ist es, dass für den Betriebsrat der Weg und das Verfahren nachzuvollziehen sind, auf denen der Arbeitgeber zu seiner Eignungsbeurteilung und Auswahlentscheidung gelangt ist. Nur unter dieser Voraussetzung ist dem Betriebsrat eine sachgerechte Wahrnehmung seines Rechts zur Beeinflussung der Auswahlentscheidung möglich. Auch die betreffende Auskunftspflicht bezieht sich dabei – wie die zur Vorlage von Bewerbungsunterlagen – auf alle Vorstellungsgespräche, die im Rahmen des Bewerbungsverfahren geführt worden sind, nicht nur auf diejenigen, welche der Arbeitgeber mit einer engeren Auswahl oder mit dem schließlich ausgewählten Bewerber geführt hat.
[35] cc) Im Streitfall wird die Unterrichtung des Betriebsrats den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Im Schreiben vom 22. Juli 2002, mit dem der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung von Herrn P gebeten hat, liegt keine ausreichende Unterrichtung über die Person der Beteiligten.
[36] Zwar lassen sich dem Schreiben zumindest mittelbar die für den Arbeitgeber maßgeblichen Auswahlkriterien entnehmen. Danach kam es ihm auf Kreativität, geistige Beweglichkeit, Strukturierung der Gedankenführung, Fähigkeit zum Aufgreifen von Argumenten und deren Einzug in ein Gesamtkonzept, Fähigkeit zur Gesprächsinitiative, zu erwartendes Durchsetzungsvermögen und Konsensfähigkeit sowie Fähigkeiten zur kooperativen und erfolgsorientierten Organisation von Arbeitsprozessen im Team an. Der Arbeitgeber hat außerdem erklärt, diesen Kriterien sei Herr P mit Abstand am besten gerecht geworden. Daraus erschließt sich jedoch nicht, anhand welcher tatsächlichen Umstände der Arbeitgeber zu seiner Beurteilung gelangt ist. Der Betriebsrat wurde nur über die an die Auswahl angelegten Kriterien und über die abschließende Bewertung des Arbeitgebers unterrichtet, nicht aber über die Bewertungsgrundlagen.
[37] Der Betriebsrat wurde nicht in die Lage versetzt, zur getroffenen Bewerberauswahl sachangemessen Stellung zu nehmen. Der Arbeitgeber hat nach seinem eigenen Vorbringen mit den Bewerbern "strukturierte anforderungsbezogene Einstellungsinterviews" geführt. Diese haben aus seiner Sicht die letztlich entscheidenden Kenntnisse über die Person der Beteiligten geliefert. Er ist deshalb gehalten, dem Betriebsrat die Struktur und jedenfalls im Groben den Verlauf der jeweiligen Gespräche mitzuteilen und darzulegen, auf welche Fragen und zu welchen Punkten sich die einzelnen Bewerber (im Kern) wie geäußert haben. Das gilt auch deshalb, weil der Arbeitgeber nach eigenem Bekunden Frau Dr. H-R und Herrn P jedenfalls auf der Grundlage ihrer bisherigen Leistungen und Beurteilungen als in gleicher Weise qualifiziert angesehen hat.
[38] 3. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG ist nicht deshalb in Gang gesetzt worden, weil der Betriebsrat es versäumt hätte, den Arbeitgeber nach Erhalt des Zustimmungsersuchens rechtzeitig auf die Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen.
[39] a) Zwar muss der Betriebsrat den Arbeitgeber unter bestimmten Umständen innerhalb einer Woche um Vervollständigung der erteilten Auskünfte bitten, wenn er diese für nicht ausreichend hält (BAG 14. März 1989 – 1 ABR 80/87 – BAGE 61, 189, zu B II 3 b der Gründe). Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, er seinerseits habe den Betriebsrat iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vollständig unterrichtet. "Vollständig" ist diese Unterrichtung nur, wenn der Arbeitgeber zu den in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten Aspekten der geplanten Maßnahme jedenfalls unverzichtbare Angaben bereits gemacht hat (BAG 14. März 1989 – 1 ABR 80/87 – aaO, zu B II 3 b aa der Gründe). Dazu muss er Auskünfte über die geplante Maßnahme und die Person sämtlicher Beteiligten unter Einschluss der von ihm selbst erhobenen auswahlrelevanten Daten erteilt haben. Erst dadurch kann dem Betriebsrat deutlich werden, dass der Arbeitgeber der Pflicht des § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen wollte und die Unterrichtung subjektiv als ausreichend und ordnungsgemäß angesehen hat (BAG 14. März 1989 – 1 ABR 80/87 – aaO). Nur unter dieser Voraussetzung fordert das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist, während derer dieser seine Stellungnahme erwartet, Mitteilung macht, wenn er für eine abschließende Erklärung weitere Informationen benötigt.
[40] b) Dagegen wird die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass der Betriebsrat es unterlassen hat, den Arbeitgeber auf offensichtliche Unvollständigkeiten der Unterrichtung hinzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat zum Zustimmungsersuchen in der Sache Stellung nimmt und seine Zustimmung mit Bezug auf Gründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert. Der Arbeitgeber kann daraus nicht berechtigterweise den Schluss ziehen, die Unterrichtung sei aus Sicht des Betriebrats ausreichend. Vielmehr wird dessen Stellungnahme häufig nur zum Ziel haben, auf jeden Fall den Eintritt der Fiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu verhindern. Durch sie wird deshalb der Mangel der unvollständigen Unterrichtung durch den Arbeitgeber nicht geheilt (BAG 14. Dezember 2004 – 1 ABR 55/03 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 122, zu B II 2 d der Gründe).
[41] c) Hier hat der Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben vom 26. Juli 2002 ausgeführt, die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers stütze sich "ausschließlich auf sehr subjektive Eindrücke", die aus einem "zusätzlichen Eignungstest, bei dem die angewandten Kriterien nicht klar (seien) und … nicht offengelegt (würden)", stammten. Auch sei unklar, ob bei diesem Eignungstest "für die anderen Bewerberinnen und Bewerber die gleichen Kriterien und Bedingungen" gegolten hätten.
[42] Ob darin eine genügend deutliche Aufforderung an den Arbeitgeber liegt, die über die Person der Bewerber bisher erteilten Auskünfte im dargelegten Sinne zu ergänzen, kann dahinstehen. Auch wenn dies nicht der Fall ist, hat die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen begonnen. Der Arbeitgeber durfte auch ohne entsprechendes Verlangen des Betriebsrats nicht annehmen, er habe seiner Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG jedenfalls auf den ersten Blick genügt. In seinem Zustimmungsersuchen fehlt es an jeglicher Auskunft über die Person der anderen Bewerber, soweit es den Inhalt der über die Auswahl entscheidenden Vorstellungsgespräche betrifft. Angesichts dessen konnte der Arbeitgeber nicht "guten Gewissens" davon ausgehen, er habe den Betriebsrat iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG umfassend unterrichtet. Dabei kann offen bleiben, ob dies anders zu beurteilen wäre, falls die Bewerber ohne jede interne Vorzugsregel miteinander um die Besetzung der Referatsleiterstelle konkurriert hätten. Im konkreten Fall zumindest war die Unterrichtung des Betriebsrats offenkundig unvollständig. Wegen der Bewerbung von Männern und Frauen hatte der Arbeitgeber die im Beschluss seines Senats, in der Gesamtbetriebsvereinbarung und im Frauenförder-Rahmenplan eingegangene Verpflichtung zur besonderen Berücksichtigung von Frauen zu beachten. Unter diesen Umständen durfte er nicht meinen, dass seine Auskünfte über die Person der Beteiligten auch ohne Unterrichtung des Betriebsrats über den Inhalt der Vorstellungsgespräche als "zunächst" ausreichend angesehen werden könnten.