Bundesarbeitsgericht
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten bei Bestellung eines Arbeitnehmers zum GmbH-Geschäftsführer aufgrund formloser Abrede auf Basis des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses
BAG, Beschluss vom 26. 10. 2012 – 10 AZB 55/12 (lexetius.com/2012,6676)
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Juni 2012 – 3 Ta 72/12 – aufgehoben.
2. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten werden die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 23. April 2012 und 29. März 2012 – 6 Ca 2/12 – abgeändert.
3. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Landgericht Zweibrücken verwiesen.
[1] Gründe: I. Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
[2] Der Kläger wurde von der D. M. C. GmbH aufgrund Arbeitsvertrags vom 6. /28. Februar 2001 mit Wirkung zum 1. März 2001 eingestellt und übernahm zum 1. April 2001 die Leitung "Personal" für den Geschäftszweig "Fahrzeugkrane". Der vorgenannte Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:
"1. Dienststellung, Aufgaben und Verantwortungsbereich
Sie treten mit Wirkung vom 01. März 2001 bei der D. M. C. GmbH, Z., ein und übernehmen mit Wirkung vom 01. April 2001 die Leitung 'Personal' für den Geschäftszweig 'Fahrzeugkrane' …
Ihr Aufgabengebiet umfasst die eigenverantwortliche Durchführung oder Überwachung aller Arbeiten, die in dem Ihnen übertragenen Verantwortungsbereich im Rahmen des jeweils geltenden Organisationsplanes und der hierfür getroffenen Funktionsfestlegungen zu erledigen sind. Die Aufgabenbeschreibung mit Stand 07. 02. 2001 ist in der Anlage beigefügt.
Sie sind dem kaufmännischen Geschäftsführer der Gesellschaft … unterstellt. Fachlich berichten Sie an den Leiter Führungspersonal … /Referat Personal GmbHs.
Mit Wirksamkeit des Vertrages gehören Sie zum Kreis der leitenden Angestellten der D. M. C. GmbH. …
2. Information, Weiterbildung, Tätigkeitswechsel …
Mit dem Ziel, unseren Führungskräften Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten und Führungsstellen bevorzugt aus den eigenen Reihen zu besetzen, wollen wir unsere Führungskräfte vielseitig einsetzen können. Auch aus anderem Anlass kann die Übertragung einer neuen Aufgabe für Sie notwendig werden. Sie erklären sich deshalb grundsätzlich bereit, auf unseren Wunsch eine andere Aufgabe in unserem Unternehmen zu übernehmen. Wir werden hierbei Ihre berechtigten Belange wahren, von Ihnen erwarten wir gegenüber den Belangen des Konzerns Entsprechendes. …
14. Betriebszugehörigkeit
Soweit die Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit für den Erwerb von Anwartschaften und Rechten von Bedeutung ist, wird Ihnen Ihre Tätigkeit im Konzern ab 1. September 1992 angerechnet."
[3] Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der D. M. C. GmbH ging mit Wirkung zum 1. Oktober 2001 infolge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf die D. M. C. GmbH & Co. KG über. Im März 2003 wurde der Name dieser Gesellschaft in T. GmbH & Co. KG geändert. Die T. GmbH & Co. KG hatte zwei Gesellschafter, nämlich die T. Verwaltungsgesellschaft mbH als Komplementärin und die Beklagte (ehemals firmierend unter P. Deutschland GmbH T. C.) als Kommanditistin. Am 28. Oktober 2005 wurde die Bestellung des Klägers als Geschäftsführer der T. Verwaltungsgesellschaft mbH im Handelsregister eingetragen. Im Februar 2008 ist die T. Verwaltungsgesellschaft mbH auf die Beklagte verschmolzen worden (Verschmelzung durch Aufnahme, eingetragen im Handelsregister am 29. Februar 2008). Infolge der Verschmelzung ist die T. GmbH & Co. KG erloschen und das Unternehmen insoweit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte ist demzufolge Rechtsnachfolger der T. GmbH & Co. KG. Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 29. Februar 2008 wurde am 6. Mai 2008 ua. die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten im Handelsregister eingetragen.
[4] Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011, dem Kläger am 19. Dezember 2011 zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende "Geschäftsführeranstellungsverhältnis sowie sämtliche etwaigen weiteren Vertragsverhältnisse außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Termin". Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war der Kläger einzelvertretungsberechtigter und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreiter Geschäftsführer der Beklagten.
[5] Mit seiner am 30. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage, die der Beklagten am 11. Januar 2012 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Am 26. Januar 2012 wurde die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten in das Handelsregister eingetragen. Diese Eintragung erfolgte aufgrund einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Abberufung des Klägers vom 16. Januar 2012.
[6] Der Kläger ist der Ansicht, dass der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit eröffnet sei, weil sein Arbeitsvertrag vom 6. /28. Februar 2001 – unstreitig – nicht schriftlich abgeändert oder aufgehoben worden sei.
[7] Der Kläger hat nachfolgende Anträge angekündigt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14. Dezember 2011, dem Kläger zugegangen am 19. Dezember 2011, endet.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 14. Dezember 2011, dem Kläger zugegangen am 19. Dezember 2011, endet.
3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31. Dezember 2012 hinaus fortbesteht.
Für den Fall, dass die Beklagte nicht im Gütetermin zu Protokoll des Gerichts erklären wird, dass sie den Kläger für den Fall seines erstinstanzlichen Obsiegens bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen weiterbeschäftigen wird, wurde folgender weiterer Antrag angekündigt:
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Vice President HR Germany weiterzubeschäftigen.
[8] Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen bestehe nicht. Der Kläger sei aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigungserklärung nach der gesetzlichen Fiktion in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes anzusehen. Neben dem Arbeitsverhältnis des Klägers habe kein weiteres Schuldverhältnis zwischen den Parteien in Form eines Geschäftsführeranstellungsvertrags existiert. Vielmehr habe das mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 6. /28. Februar 2001 begründete Arbeitsverhältnis das der Geschäftsführertätigkeit des Klägers zugrunde liegende Schuldverhältnis gebildet. Die Aufgaben des Klägers hätten sich durch seine Bestellung zum Geschäftsführer nicht geändert, sodass ein weiteres Schuldverhältnis nicht entstanden sei.
[9] Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hatte, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Beklagte weiterhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Zweibrücken.
[10] II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Unrecht bejaht.
[11] 1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG.
[12] a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten jedoch in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person sind nach dieser gesetzlichen Fiktion die Gerichte für Arbeitssachen nicht berufen. Die Fiktion der Norm gilt auch für das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Sie greift unabhängig davon ein, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis materiell-rechtlich als freies Dienstverhältnis oder als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des Vertretungsorgans wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen (BAG 15. März 2011 – 10 AZB 32/10 – Rn. 11, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44; 3. Februar 2009 – 5 AZB 100/08 – Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 20. August 2003 – 5 AZB 79/02 – zu B I 2 bis 4 der Gründe, BAGE 107, 165). An der Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte ändert es nichts, wenn zwischen den Prozessparteien streitig ist, wie das Anstellungsverhältnis zu qualifizieren ist (BAG 6. Mai 1999 – 5 AZB 22/98 – zu II 3 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33). § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG greift sogar ein, wenn objektiv feststeht, dass das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG soll sicherstellen, dass die Mitglieder der Vertretungsorgane mit der juristischen Person selbst dann keinen Rechtsstreit im "Arbeitgeberlager" vor dem Arbeitsgericht führen, wenn die der Organstellung zugrunde liegende Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist (BAG 20. August 2003 – 5 AZB 79/02 – zu B I 3 der Gründe, aaO). Für Ansprüche der Klagepartei aus dem der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrag sind deshalb die ordentlichen Gerichte ohne Weiteres zuständig (vgl. BAG 20. Mai 1998 – 5 AZB 3/98 – zu II 1 der Gründe, NZA 1998, 1247).
[13] b) Anders kann es jedoch dann liegen, wenn und soweit der Rechtsstreit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis betrifft, sondern eine weitere Rechtsbeziehung besteht. Insoweit greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein (BAG 23. August 2011 – 10 AZB 51/10 – Rn. 13, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46; 15. März 2011 – 10 AZB 32/10 – Rn. 11, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44; 3. Februar 2009 – 5 AZB 100/08 – Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Organvertreter Rechte auch mit der Begründung geltend macht, nach der Abberufung als Geschäftsführer habe sich das nicht gekündigte Anstellungsverhältnis – wieder – in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt (BAG 6. Mai 1999 – 5 AZB 22/98 – zu II 3 c der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33).
[14] c) Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann ferner dann gegeben sein, wenn die Klagepartei Ansprüche aus einem auch während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis nach Abberufung als Organmitglied geltend macht. Zwar liegt der Berufung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine vertragliche Abrede zugrunde, die regelmäßig als ein Geschäftsführerdienstvertrag zu qualifizieren ist und mit der das Arbeitsverhältnis grundsätzlich aufgehoben wird (vgl. bspw. BAG 3. Februar 2009 – 5 AZB 100/08 – Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 5. Juni 2008 – 2 AZR 754/06 – Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 211; 19. Juli 2007 – 6 AZR 774/06 – Rn. 10, BAGE 123, 294). Zwingend ist dies aber nicht. Zum einen kann die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH auch auf einem Arbeitsvertrag beruhen. Zum anderen bleibt der Arbeitsvertrag bestehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird, da eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung der Schriftform des § 623 BGB voraussetzt (vgl. BAG 15. März 2011 – 10 AZB 32/10 – Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44; 3. Februar 2009 – 5 AZB 100/08 – Rn. 8, aaO). Ansprüche aus diesem Arbeitsvertrag können dann nach Abberufung aus der Organschaft und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend gemacht werden. Dies gilt auch für die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf dieser arbeitsvertraglichen Basis entstandenen Ansprüche (BAG 29. Mai 2012 – 10 AZB 3/12 – Rn. 13).
[15] 2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet.
[16] a) Der Kläger war mit der Beklagten nur durch ein einziges Rechtsverhältnis verbunden. Der im Jahr 2001 geschlossene Arbeitsvertrag ist zu keinem Zeitpunkt aufgelöst worden. Davon gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.
[17] aa) Weder bei der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der T. Verwaltungsgesellschaft mbH im Oktober 2005 noch bei der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten im Jahr 2008 wurde der Arbeitsvertrag der Parteien wirksam beendet. Die Parteien haben weder einen gesonderten Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen noch den Arbeitsvertrag ruhend gestellt.
[18] bb) Vielmehr haben sie lediglich die vom Kläger geschuldete Tätigkeit einvernehmlich – formlos – geändert. Dem Kläger wurde – bei im Übrigen unveränderten Aufgaben – zusätzlich die Geschäftsführung zunächst der T. Verwaltungsgesellschaft mbH und später die der Beklagten anvertraut. Die Übertragung geschah im Einklang mit Ziff. 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vom 6. /28. Februar 2001.
[19] cc) Mit dem Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrags wird zwar, worauf das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend hinweist, regelmäßig das bisherige Arbeitsverhältnis des angestellten Mitarbeiters aufgehoben (BAG 19. Juli 2007 – 6 AZR 774/06 – Rn. 10, BAGE 123, 294; 5. Juni 2008 – 2 AZR 754/06 – Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 211; 3. Februar 2009 – 5 AZB 100/08 – Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43). Nach dem Willen der vertragschließenden Parteien soll neben dem neu abgeschlossenen Dienstverhältnis kein "ruhendes" Arbeitsverhältnis fortbestehen, das nach der Abberufung als Geschäftsführer ggf. wieder auflebt. Im Streitfall haben die Parteien jedoch – dies hat das Landesarbeitsgericht nicht richtig gesehen – gerade keinen Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen, sondern die schuldrechtliche Grundlage ihrer Vertragsbeziehung nur in Teilen stillschweigend angepasst und im Übrigen unangetastet gelassen. Der ursprüngliche Vertrag bildete damit die Grundlage der Geschäftsführertätigkeit des Klägers.
[20] dd) Die gegenteilige Annahme des Landesarbeitsgerichts findet im Tatsachenvortrag der Parteien keine Stütze. Weder der Kläger noch die Beklagte haben zu etwa getroffenen Vereinbarungen aus Anlass der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer Tatsachen vorgetragen. Liegen solche Tatsachen nicht vor, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht anzunehmen, die Parteien hätten einen Geschäftsführerdienstvertrag zusätzlich zum nicht beendeten Arbeitsvertrag geschlossen. Soweit sich das Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Auffassung auf den Beschluss des Senats vom 15. März 2011 (- 10 AZB 32/10 – Rn. 14, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44) bezieht, lässt es außer Acht, dass in dem zugrunde liegenden Fall tatsächliche Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Abschluss eines Dienstvertrags vorlagen. Im Streitfall fehlt es indes an derartigen Anhaltspunkten. Im Gegenteil gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, Grundlage ihres Rechtsverhältnisses sei vor und während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers allein der im Jahr 2001 geschlossene Vertrag gewesen. Dementsprechend verlangt der Kläger auch, gestützt auf diesen Vertrag, Beschäftigung mit den zuletzt – als Geschäftsführer – ausgeübten Tätigkeiten. Es trifft zwar zu, dass der Geschäftsführerbestellung eine irgendwie geartete Abrede der Parteien zugrunde lag. Die wesentlichen Vertragsbedingungen sollten sich aber offenbar unverändert nach dem weiter bestehenden Arbeitsvertrag richten. Dieser liegt deshalb auch der Organstellung zugrunde. Der Rechtsstreit betrifft folglich keine "weitere" Rechtsbeziehung.
[21] b) Dass das der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegende Rechtsverhältnis damit womöglich auch während der Zeit der Geschäftsführerbestellung ein Arbeitsverhältnis war, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts für die Frage der Zuständigkeit im Streitfall nicht maßgeblich. Wie ausgeführt, greift § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG auch dann ein, wenn objektiv feststeht, dass das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist (BAG 6. Mai 1999 – 5 AZB 22/98 – zu II 3 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33). Das gilt uneingeschränkt so lange, wie die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt, also bis zur Eintragung der Abberufung als Geschäftsführer.
[22] aa) Richtig ist, dass die Anträge des Klägers, soweit sie als Kündigungsschutzanträge anzusehen sind, nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und nach Abberufung aus der Organschaft als solches fortbestand. In diesen Fällen (sic-non-Fälle) eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, regelmäßig den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (BVerfG 31. August 1999 – 1 BvR 1389/97 – zu II 1 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 6 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 47; BAG 19. Dezember 2000 – 5 AZB 16/00 – AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 52). Das kann auch dann gelten, wenn der gesamten Tätigkeit vor und während der Bestellung zum Geschäftsführer lediglich ein durchgehendes Rechtsverhältnis zugrunde lag, von dem streitig sein mag, ob es ein Arbeitsverhältnis darstellte oder nicht. Voraussetzung ist jedoch, dass nicht die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG eingreift. Würde man anders entscheiden, so bliebe in Fällen der hier gegebenen Art die gesetzliche Anordnung in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG wirkungslos.
[23] bb) Im Streitfall war der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. BAG 23. August 2011 – 10 AZB 51/10 – Rn. 16, 17, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46) noch als Geschäftsführer der Beklagten im Handelsregister eingetragen. Die Klage wurde am 11. Januar 2012 erhoben, § 253 Abs. 1 ZPO. Die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer wurde erst am 26. Januar 2012 ins Handelsregister eingetragen. Dementsprechend galt der Kläger bei Klageerhebung nicht als Arbeitnehmer und konnte die Klage nicht vor den Arbeitsgerichten erheben.