Bundesgerichtshof
BGH, Urteil vom 9. 3. 2017 – 3 StR 424/16 (lexetius.com/2017,874)
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. März 2017, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer, Gericke, Dr. Tiemann, Hoch als beisitzende Richter, Richterin am Amtsgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 17. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
[1] Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Bankrotts freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf Verfahrensrügen sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensbeanstandung Erfolg.
[2] I. Die Staatsanwaltschaft macht zu Recht geltend, dass das Landgericht seine Überzeugung teilweise nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen hat (Verstoß gegen § 261 StPO).
[3] 1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Im Termin zur Hauptverhandlung erhielten die Verfahrensbeteiligten jeweils einen Ordner mit Urkunden ausgehändigt; der Vorsitzende ordnete an, dass die in dem überreichten Ordner enthaltenen Schriftstücke im Wege des Selbstleseverfahrens verlesen werden sollten. Der Verteidiger des Angeklagten beanstandete diese Anordnung und beantragte eine gerichtliche Entscheidung. Die Strafkammer hob nach Beratung die Anordnung des Vorsitzenden teilweise auf und fasste sie "zur Klarstellung neu", indem sie entschied, dass "von der Verlesung folgender Urkunden […] gem. § 249 Abs. 2 StPO abgesehen werden" solle. Daran anschließend führte sie die Urkunden auf, auf die sich das Selbstleseverfahren beziehen sollte, unter anderem den im Urteil wörtlich wiedergegebenen "Versicherungsschein 950/245. 417 W" sowie den ebenfalls in das Urteil eingerückten "Antrag auf Versicherung v. Diskotheken". Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurde weder festgestellt, dass Richter und Schöffen vom Wortlaut der im Selbstleseverfahren einzuführenden Urkunden Kenntnis genommen noch, dass die anderen Verfahrensbeteiligten dazu Gelegenheit hatten. Die Urkunden wurden auch nicht in anderer Weise in die Hauptverhandlung eingeführt.
[4] 2. Die Rüge ist zulässig erhoben, insbesondere gibt die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft die den Mangel enthaltenden Tatsachen im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an. Dazu ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass die Verfahrenstatsachen so mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (allgemeine Meinung, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 344 Rn. 21 mwN). Dies ist hier der Fall:
[5] Aus dem Revisionsvorbringen ergibt sich, dass die genannten Urkunden zwar im Selbstleseverfahren eingeführt werden sollten, dass dieses indes nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO abgeschlossen wurde, was durch das Fehlen des entsprechenden Eintrags im Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen wird (§ 274 Satz 1 StPO). Weiter trägt die Revision vor, dass die Urkunden – wiederum ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls – nicht auf andere Art und Weise, insbesondere nicht durch Verlesung, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 249 Rn. 30). Angesichts der wörtlichen Wiedergabe der mehrseitigen Urkunden war hier der Vortrag entbehrlich, dass die Urkunden auch nicht durch nicht protokollierungspflichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 – 3 StR 437/98, NStZ-RR 1999, 107, 108) Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO).
[6] Weiteren Vorbringens bedurfte es zur zulässigen Erhebung der Rüge nicht, insbesondere war es weder erforderlich, den gesamten Inhalt des "Urkundenordners" vorzutragen, noch das – teilweise – Einverständnis einzelner Verfahrensbeteiligter mit der Durchführung des Selbstleseverfahrens noch den vollständigen Beschluss der Strafkammer, mit der sie die Anordnung des Vorsitzenden teilweise aufhob und neu fasste: Es kommt für die Prüfung des Verfahrensmangels nicht darauf an, ob sich das Selbstleseverfahren auch auf andere und im Einzelnen welche Urkunden bezog, wie sich Verfahrensbeteiligte dazu stellten und mit welchem genauen Wortlaut die Strafkammer über den Widerspruch des Verteidigers entschied. Entscheidungserheblich für die Verfahrensbeanstandung ist allein, dass die beiden wiedergegebenen Urkunden Bestandteil des Selbstleseverfahrens waren, dass dieses nicht ordnungsgemäß abgeschlossen wurde und dass die Urkunden auch nicht anders in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.
[7] 3. Der Verfahrensverstoß liegt vor: Der Feststellung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO bedarf es zur Kenntlichmachung und zum Hinweis an die Verfahrensbeteiligten, dass der Beweisstoff in Form des Urkundsbeweises, der beim Selbstleseverfahren außerhalb der Hauptverhandlung erhoben wird, dennoch als Inbegriff der Hauptverhandlung im Sinne von § 261 StPO der Überzeugungsbildung des Gerichts zu Grunde gelegt werden kann. Dies wird durch die Feststellung und Protokollierung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO beweiskräftig vollzogen. Fehlt – wie hier – der entsprechende Vermerk, so ist die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO eröffnet, dass die dem Selbstleseverfahren zugeführten Urkunden als verwertbarer Beweisstoff nicht zur Verfügung standen (BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 – 3 StR 76/10, NStZ 2010, 712, 713; vom 4. September 2013 – 5 StR 306/13, NStZ 2014, 224).
[8] 4. Das Urteil beruht auf dem Verfahrensverstoß. Das Landgericht hat die Urkunden, deren vollständige wörtliche Zitierung es für geboten hielt, seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ist nur unter ihrer Heranziehung zur Annahme einer Versicherung für fremde Rechnung gelangt, aus der sich letztlich die Ansprüche aus § 46 VVG ergeben haben sollen, die nach Auffassung der Strafkammer einem Beiseiteschaffen durch den Angeklagten im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB entgegenstehen. Der nur durch die Urkunden belegte Abschluss der Versicherung ist damit maßgeblich für den Freispruch.
[9] Ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensmangel entfällt entgegen der von dem Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung geäußerten Rechtsauffassung auch nicht deshalb, weil sich die Anklage auf die Geltendmachung der Entschädigung gegenüber der Versicherung nicht bezogen hätte.
[10] Im Anklagesatz ist die Auszahlung der Entschädigungssumme am 25. Januar 2008 ausdrücklich erwähnt und wurde damit Teil des von der Anklage umfassten Lebenssachverhalts; dieser umfasste mithin nicht nur den nach den Feststellungen des Landgerichts rückdatierten und fingierten Sicherungsübereignungsvertrag vom 27. Juli 2007.
[11] II. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
[12] 1. Der Freispruch begegnet auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken, weil die vom Landgericht getroffenen Feststellungen keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung boten, die Rechtsstellung der H. Musikproduktionsgesellschaft mbH (im Folgenden: H. Musik), deren faktischer Geschäftsführer der Angeklagte war, sei durch die Erstellung des fingierten, rückdatierten Sicherungsübereignungsvertrags, mit dem das im Eigentum der H. Musik stehenden Inventar einer Diskothek auf die ebenfalls von dem Angeklagten kontrollierte H. Gastronomiebetriebs mbH (im Folgenden: H. Gastro) übertragen wurde, nicht verschlechtert worden.
[13] Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung angenommen, die H. Musik hätte, nachdem das Inventar bei einem Brand der Diskothek vollständig zerstört worden war, ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen aus der von der H. Gastro (auch) für fremde Rechnung abgeschlossenen Inventarversicherung gehabt, weil die H. Gastro und die frühere Ehefrau des Angeklagten und Gesellschafterin beider Gesellschaften, B. H., der H. Musik Darlehen zur Anschaffung von Inventar gewährt hatten, für die keine dingliche Sicherung bestand. Die H. Gastro hätte deshalb Ansprüche gegen die H. Musik in Bezug auf die versicherte Sache gehabt, weshalb sie sich nach § 46 Satz 2 VVG vor der H. Musik und deren Gläubigern aus der Entschädigungssumme hätte befriedigen dürfen.
[14] Feststellungen zur genauen Höhe, zur Zweckbestimmung und zum Tilgungsstand, zur Laufzeit und zur Fälligkeit der Darlehen im Zeitpunkt des Versicherungsfalls hat das Landgericht indes nicht getroffen, so dass nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob sich insoweit Ansprüche "in Bezug auf die versicherte Sache" im Sinne von § 46 Satz 1 VVG ergaben. Ebensowenig lassen die Feststellungen die Prüfung zu, ob der Vereinnahmung der Versicherungsleistung durch die H. Gastro entgegenstand, dass zwischen ihr und der H. Musik infolge der abgeschlossenen Versicherung für fremde Rechnung ein gesetzliches Treuhandverhältnis bestand, das sie als Versicherungsnehmerin verpflichtete, die Versicherungsleistung einzufordern und an die H. Musik als Versicherte herauszugeben (MüKoVVG/Dageförde, 2. Aufl., § 46 Rn. 6 f.), und für das grundsätzlich ein Aufrechnungsverbot wegen eigener Ansprüche bestand (BGH, Urteil vom 29. September 1954 – II ZR 292/53, NJW 1954, 1722, 1723; vgl. auch MüKoVVG/Dageförde aaO, Rn. 11 mwN).
[15] 2. Selbst wenn der H. Gastro wegen der gewährten Darlehen Ansprüche zugestanden haben sollten, die durch die Vereinnahmung der Entschädigungssumme befriedigt wurden, hätte die Strafkammer weiter prüfen müssen, ob nicht in der darin liegenden Rückgewähr gleichwohl ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu sehen war:
[16] a) Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht geltend macht, hätten die der H. Musik von der H. Gastro gewährten Darlehen nach der zur Tatzeit geltenden Rechtslage als eigenkapitalersetzende Darlehen im Sinne von § 32a Abs. 1 GmbHG aF zu werten sein können, mit der Folge, dass sie gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG aF nicht hätten zurückgewährt werden dürfen. Dass der Angeklagte dies als faktischer Geschäftsführer beider Gesellschaften gleichwohl bewirkte, hätte in diesem Fall den Tatbestand des Beiseiteschaffens im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 34 mwN). Nach der Aufgabe der Interessentheorie (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 3 StR 118/11, BGHSt 57, 229) stünde einer Strafbarkeit wegen Bankrotts insoweit nicht mehr entgegen, dass die etwaige Rückgewähr der Darlehen gegebenenfalls nicht im Interesse der H. Musik lag.
[17] b) Der Senat kann offen lassen, ob vorliegend die zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen der Vorschriften des GmbHG bei der Prüfung, welches Gesetz das mildeste im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB ist, zu berücksichtigen wären (dafür wohl etwa LK/Dannecker, 12. Aufl., § 2 Rn. 83 ff.; aA wohl SK-StGB/Rudolphi/Jäger, 144. Lfg., § 2 Rn. 8c mwN). Die maßgeblichen Handlungen nahm der Angeklagte vor, als § 32a GmbHG noch in Kraft und deshalb § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB einschlägig war. Die Vorschriften der §§ 283 ff. StGB sind unverändert geblieben. Zur Beachtlichkeit der geänderten gesellschaftsrechtlichen Vorschriften könnte es vorliegend nur kommen, wenn dadurch die strafrechtliche Rechtslage bei einem Gesamtvergleich des konkreten Einzelfalls eine dem Täter günstigere Beurteilung zuließe (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 – 3 StR 314/13, BGHSt 59, 271, 275). Dies ist indes nicht der Fall.
[18] Dazu im Einzelnen:
[19] Die Rückgewähr der Darlehen unter den genannten Voraussetzungen hätte hier nicht nur den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung gemäß § 283c Abs. 1 StGB erfüllt, sondern wäre auch nach aktuell geltendem Recht unter den Tatbestand des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu subsumieren. Zwar hat der Gesetzgeber durch die Neuregelung der §§ 30 ff. GmbHG mit Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durch die Einführung von § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG nF geregelt, dass Gesellschafterdarlehen nicht mehr wie Stammkapital zu behandeln sind, weshalb keine grundsätzliche Rückzahlungssperre besteht. Aus § 64 Satz 3 GmbHG folgt indes, dass die Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen an die Gesellschafter oder – wie möglicherweise hier – an verbundene Unternehmen, auf die die Gesellschafter einen bestimmenden Einfluss ausüben können (vgl. MüKoGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 64 Rn. 187 mwN), verpflichtet sind, wenn solche Zahlungen zur Zahlungsunfähigkeit oder zur Überschuldung der Gesellschaft führen, oder wenn sie in einer solchen Krise bewirkt werden.
[20] Soweit aus diesen Regelungen der Schluss gezogen wird, es liege nunmehr bei Gesellschafterdarlehen stets eine Gläubigerstellung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB vor, weshalb ihre Rückgewähr – anders als vor der Streichung von § 32a GmbHG aF – nur noch als Gläubigerbegünstigung, nicht aber als Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar sei (LK/Tiedemann aaO, § 283c Rn. 10; Schönke/Schröder/Heine/Schuster, StGB, 29. Aufl., § 283c Rn. 12; diesen folgend im vorliegenden Verfahren auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens OLG Celle, Beschluss vom 23. Januar 2014 – 2 Ws 347/13, ZInsO 2014, 1668, 1670; siehe auch Bittmann, wistra 2009, 102, 103), erscheint dies zweifelhaft: Auch in anderen Fällen hat die Rechtsprechung unter Geltung des früheren Rechts die Gläubigerstellung eines Gesellschafters im strafrechtlichen Sinne unabhängig von den Regelungen des Kapitalersatzes verneint, etwa bei der Gewährung eines Darlehens durch einen Kommanditisten (BGH, Urteil vom 6. November 1986 – 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 224 ff.) oder – vor Geltung des § 32a GmbHG aF – des Gesellschafters einer GmbH (BGH, Urteil vom 21. Mai 1969 – 4 StR 27/69, NJW 1969, 1494, 1495). Dahinter steht der Rechtsgedanke, dass die Auslegung des Begriffs des Gläubigers im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB ein an den Schutzzwecken der §§ 283, 283c StGB orientiertes Verständnis erfordert. Während § 283c Abs. 1 StGB dafür Sorge tragen soll, dass – bei ungeschmälerter Masse in ihrer Gesamtheit – die Verteilung an die Gläubiger rechtmäßig vorgenommen wird, schützt § 283 Abs. 1 StGB die Masse vor einer Beeinträchtigung ihrer selbst durch Verfügungen des Schuldners. Eine diese Maßgaben berücksichtigende Auslegung kann den Gläubigerbegriff – insoweit abweichend von der zivilrechtlichen Rechtslage – einschränken (LK/Tiedemann aaO, Rn. 11).
[21] Es kann danach für die Gläubigerstellung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB nicht entscheidend darauf ankommen, ob einem Gesellschafter wegen eines der Gesellschaft gewährten Darlehens eine zivilrechtlich wirksame Rückzahlungsforderung zusteht, zumal es sich insoweit regelmäßig um eine gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu erfüllende Forderung handeln wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass es sich bei der Vorschrift des § 283c Abs. 1 StGB um eine Privilegierung gegenüber § 283 StGB handelt, die eingreift, weil ein Schuldner, der in einer an sich den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllenden Weise agiert, milder bestraft werden soll, wenn er sich bloß davon leiten ließ, einen bestimmten Gläubiger durch Befriedigung oder Sicherung von dessen Forderung besonders zu bevorzugen. Wenn der Schuldner hingegen nicht nur (irgend) einen Gläubiger begünstigen, sondern – was hier mit Blick auf die Personenidentität zwischen den Gesellschaftern der H. Musik und der H. Gastro und die alleinige Kontrolle beider Gesellschaften durch den Angeklagten nicht fern liegt – sich selbst oder einem von ihm kontrollierten Unternehmen auf Kosten der Masse einen Vorteil verschaffen will, besteht kein Anlass für eine solche Privilegierung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 1969 – 4 StR 27/69, NJW 1969, 1494, 1495). In einem solchen Fall wird nicht lediglich die Verteilungsgerechtigkeit beeinträchtigt, sondern die Masse selbst. Im Ergebnis dürfte deshalb auch nach dem Inkrafttreten der genannten Neureglungen – insbesondere mit Blick auf das Zahlungsverbot in der Krise gemäß § 64 Sätze 1 und 3 GmbHG – die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens durch den Täter an sich selbst oder eine von ihm kontrollierte andere Gesellschaft bei Vorliegen aller übrigen Tatbestandsvoraussetzungen regelmäßig den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen, nicht aber den der Gläubigerbegünstigung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB (vgl. Maurer/Wolf, wistra 2011, 327, 334; Richter in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 84 Rn. 30; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 283c Rn. 3).