§ 120 GewO

Gewerbeordnung für [das Deutsche Reich] vom 21. Juni 1869
[1. April 1912–1. Januar 1978]
1§ 120.
(1) [1] Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren. [2] Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten besonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen. [3] Ausnahmen von dieser Bestimmung kann die Zentralbehörde für bestehende Fortbildungsschulen, zu deren Besuch keine Verpflichtung besteht, bis zum 1. Oktober 1894 gestatten.
(2) Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten ertheilt wird.
(3) 2[1] Die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule kann, soweit sie nicht nach Landesgesetz besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) für die im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter eingeführt werden. 3[2] Diese Pflicht besteht dann auch für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit. 4[3] Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden. 5[4] Insbesondere können durch statutarische Bestimmung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen, sowie deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vorschriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fortbildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. 6[5] Von der durch statutarische Bestimmung begründeten Verpflichtung zum Besuche einer Fortbildungsschule sind diejenigen befreit, welche eine Innungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule besuchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwaltungsbehörde als ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fortbildungsschulunterrichts anerkannt wird.
7(4) [1] Die im Abs. 3 Satz 1 ausgesprochene Pflicht kann für eine Gemeinde oder einen weiteren Kommunalverband durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde eingeführt werden, wenn ungeachtet einer von ihr auf Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Arbeiter an die Gemeinde oder den weiteren Kommunalverband erlassenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist das Statut nicht erlassen worden ist. [2] Die im Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen werden in diesem Falle von der höheren Verwaltungsbehörde getroffen. [3] Gegen die Aufforderung und die Anordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ist Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig.
8(5) Die Unterrichtszeiten werden von der hierfür nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt und bekanntgemacht.
Anmerkungen:
1. 1. Oktober 1891: Artt. 3, 9 Abs. 2 des Gesetzes vom 1. Juni 1891.
2. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.1, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
3. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.2, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
4. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.2, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
5. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.2, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
6. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.2, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
7. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.3, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.
8. 1. April 1912: Artt. 1 Nr. III.3, 5 des Gesetzes vom 27. Dezember 1911.

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