§ 119 StPO. Haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft

Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877
[26. November 2019]
1§ 119. 2Haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft.
(1) [1] Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. [2] Insbesondere kann angeordnet werden, dass
  • 1. der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
  • 2. Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
  • 3. die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
  • 4. der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
  • 5. die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
[3] Die Anordnungen trifft das Gericht. [4] Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. [5] Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. [6] Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. [7] Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.
(2) [1] Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. [2] Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. [3] Die Übertragung ist unanfechtbar.
(3) [1] Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. [2] Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. [3] Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.
(4) [1] Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. [2] Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit
  • 1. der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
  • 2. der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
  • 3. der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
  • 4. den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
  • 5. dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
  • 6. dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
  • 37. dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
  • 8. dem Europäischen Parlament,
  • 9. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
  • 10. dem Europäischen Gerichtshof,
  • 11. dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
  • 12. dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
  • 13. dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
  • 14. der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
  • 15. dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
  • 16. den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
  • 17. dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
  • 18. den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
  • 19. soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
    • a) den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
    • b) der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
[3] Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.
(5) [1] Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. [2] Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. [3] Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.
(6) [1] Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). [2] Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.
Anmerkungen:
1. 1. Januar 2010: Artt. 1 Nr. 5, 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes vom 29. Juli 2009.
2. 25. Juli 2015: Artt. 1 Nr. 13 S. 3, 10 des Gesetzes vom 17. Juli 2015.
3. 26. November 2019: Artt. 1 Nr. 11, 29 des Gesetzes vom 20. November 2019.

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