Bundesgerichtshof
UrhG § 2 Abs. 2
Zur Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit eines Themenkatalogs (Lehrplans) für sozialtherapeutische Fortbildungskurse für Erzieher.

BGH, Urteil vom 12. 7. 1990 – I ZR 16/89 – Themenkatalog; OLG Celle (lexetius.com/1990,180)

[1] Tatbestand: Der Kläger betreibt ein Institut für sozialpädagogische berufliche Bildung, in dessen Rahmen er sozialtherapeutische Fortbildungskurse für staatlich anerkannte Erzieher und Erzieherinnen durchführt. Diese Kurse gestaltet er nach folgendem als Lehrplan bezeichneten Themenkatalog:
[2] 1. Organisationsformen von Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe 1. 1 Kinderheime, Erziehungsheime 1. 2 Heilpädagogische Zentren und sozialtherapeutische Verbundsysteme 1. 3 Jugendwohngemeinschaften, Kinderkleinstheime, therapeutische Kleinsteinrichtungen 1. 4 Jugendpsychiatrien und jugendpsychiatrische Ambulanz 1. 5 Erziehungsberatungsstellen und therapeutische Ambulatorien 1. 6 Sozialtherapeutische Erziehungskurse 1. 7 Pädagogische Spielplätze und Spielstuben in sozialen Brennpunkten 1. 8 Jugendeinrichtungen im Freizeitbereich.
[3] 2. Strukturelle Merkmale stationärer Sozialisationseinrichtungen 2. 1 Geschlossene Institutionen 2. 2 Therapeutische Gemeinschaften 2. 3 Hierarchien, Entscheidungsprozesse, Entscheidungsstrukturen 2. 4 Bürokratische, rechtliche, finanzielle Faktoren 2. 5 Kooperations-, Kommunikations- und Informationsprobleme 2. 6 Erziehungsziele und Erziehungsstile.
[4] 3. Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen 3. 1. Sozialisations- und Erziehungstheorien aus historischer Sicht 3. 2 Familiale Sozialisation 3. 3 Peer-group Sozialisation 3. 4 Sozialisationsbedingungen in Institutionen (Kindergarten, Schule, Ausbildung, Betrieb) 3. 5 Jugendsoziologe und jugendkulturelle Entwicklungen 3. 6 Normen und Werte, Generationenkonflikte, Identitätsfindungsprobleme 3. 7 Schicht- und geschlechtsspezifische Sozialisation.
[5] 4. Ätiologie und Genese abweichenden Verhaltens 4. 1 Theorien zur Entstehung devianten Verhaltens bei Kindern und Jugendlichen 4. 2 Prozesse der Kriminalisierung 4. 3 Stigmatisierung 4. 4 Entstehung und Verlauf neurotischer Fehlhaltungen 4. 5 Entstehung und Verlauf von Psychosen und Psychopathien 4. 6 Schicht- und geschlechtsspezifische Verwahrlosung und Aggressivität 4. 7 Phobien, Paradoxien, Traumata 4. 8 Deprivationssyndrome 4. 9 Schulische Fehlhaltungen und Leistungsverweigerungen 4. 10 Paradoxe-Kommunikation 4. 11 Theorie der double-bind-Beziehung 4. 12 Depressivität.
[6] 5. Methodik und Organisation sozialtherapeutischer Prozesse 5. 1 Das therapeutische Milieu 5. 2 Das "Life-Space-Interview" 5. 3 Die therapeutische Gruppe 5. 4 Therapeutische Kommunikation 5. 5 Erlebnis-, Spiel- und Freizeitpädagogik 5. 6 Sprach- und Bewegungserziehung 5. 7 Einzelberatung, Einzeltherapien, Gesprächsführung, Gesprächspsychotherapie 5. 8 Sozialtherapeutische Prozesse in der Gruppe 5. 9 Therapeutische und sozialpädagogische Funktionsträger 5. 10 Psychodramen, Rollenspiele, Planspiele, Theater, Musik, Medien 5. 11 Therapeutische Atmosphäre und Raumplanung 5. 12 Verhaltenstherapie und Psychoanalyse 5. 13 Heil- und sozialpädagogische Methoden.
[7] 6. Diagnostik und Analyse 6. 1 Biografieanalyse 6. 2 Aktenanalyse und Befundauswertung 6. 3 Die psycho-soziale Diagnose 6. 4 Diagnostische Hilfsmittel und psychologische Untersuchungstechniken 6. 5 Verlaufskontrollen 6. 6 Entwicklungs- und Situationsberichte.
[8] 7. Strukturelle Bedingungen sozialtherapeutischer Organisationen 7. 1 Jugendwohlfahrts- und Sozialrecht 7. 2 Bürokratien, öffentliche Verwaltung, Instanzen sozialer Kontrolle 7. 3 Administration und Verwaltung 7. 4 Planungs- und Entscheidungsprozesse 7. 5 Kooperations- und Kommunikationsformen 7. 6 Öffentlichkeitsarbeit und Elternarbeit 7. 7 Projektplanung und Projektrealisation.
[9] Sozialtherapeutische Fortbildungskurse veranstaltet auch die Kreisvolkshochschule des Beklagten zu 2, die darin vom Arbeitsamt der Beklagten zu 1 unterstützt wird. Für die Durchführung dieser Kurse bedient sich die Beklagte zu 2 des nachfolgend wiedergegebenen Themenkatalogs, der – abgesehen von einigen numerischen Umstellungen, einigen Auslassungen und Zusätzen und einer unter Ziff. 8 angefügten weiteren Themengruppe – mit dem des Klägers identisch ist und den sie in Kenntnis und unter Benutzung des Themenkatalogs des Klägers gefertigt hat:
[10] 1. Sozialisierung von Kindern und Jugendlichen 1. 1 Sozialisations- und Erziehungstheorien aus historischer Sicht 1. 2 Familiäre Sozialisation 1. 3 Peer-group Sozialisation 1. 4 Sozialisationsbedingungen in Instituten (Heime, Kindergarten, Schule, Ausbildung, Betrieb) 1. 5 Jugendsoziologie und jugendkulturelle Entwicklungen 1. 6 Normen und Werte, Generationskonflikte 1. 7 Schicht-, geschlecht- und kulturspezifische Sozialisation.
[11] 2. Ätiologie und Genese abweichenden Verhaltens 2. 1 Theorien zur Entstehung devianten Verhaltens bei Kindern und Jugendlichen 2. 2 Suchtmittelproblematik 2. 3 Prozesse der Kriminalisierung 2. 4 Stigmatisierung 2. 5 Entstehung und Verlauf neurotischer Fehlhaltungen 2. 6 Entstehung und Verlauf von Psychosen und Psychopathien 2. 7 Schicht-, geschlecht- und kulturspezifische Verwahrlosung und Aggressivität 2. 8 Phobien, Paradoxien, Traumata.
[12] 3. Diagnostik und Analyse 3. 1 Biografieanalyse 3. 2 Aktenanalyse und Befundauswertung 3. 3 Die psycho-soziale Diagnose 3. 4 Diagnostische Hilfsmittel und psychologische Untersuchungstechniken 3. 5 Verlaufkontrollen 3. 6 Entwicklungs- und Situationsberichte.
[13] 4. Methodik und Organisation sozialtherapeutischer Prozesse 4. 1 Das therapeutische Milieu 4. 2 Das "Life-Space-Interview" 4. 3 Die therapeutische (Wohn) Gruppe 4. 4 Die therapeutische (Wohn) Gemeinschaft 4. 5 Therapeutische Kommunikation 4. 6 Erlebnis-, Spiel- und Freizeitpädagogik 4. 7 Sprach- und Bewegungserziehung 4. 8 Einzelberatung, Einzeltherapien, Gesprächsführung, Gesprächspsychotherapie 4. 9 Familienplanung, Familientherapie 4. 10 Sozialtherapeutische Prozesse in der Gruppe, in der Familie 4. 11 Gruppendynamik und ihre gesellschaftliche Funktion 4. 12 Therapeutische und sozialpädagogische Funktionsträger 4. 13 Psychodrama und Soziometrie 4. 14 Rollenspiele, Planspiele, Körperarbeit, Theater, Musik, Medien 4. 15 Therapeutische Atmosphäre und Raumplanung 4. 16 Verhaltenstherapie und Psychoanalyse 4. 17 Heil- und sonderpädagogische Methoden.
[14] 5. Strukturelle Merkmale stationärer Sozialisationseinrichtungen 5. 1 Geschlossene Institutionen 5. 2 Therapeutische Gemeinschaften 5. 3 Hierarchien, Entscheidungsstrukturen 5. 4 Bürokratische, rechtliche und finanzielle Faktoren 5. 5 Kooperations-, Kommunikations- und Informationsprobleme.
[15] 6. Organisationsformen von Instituten der Kinder- und Jugendhilfe 6. 1 Kinderheime, Erziehungsheime 6. 2 Heilpädagogische Zentren und sozialtherapeutische Verbundsysteme 6. 3 Jugendwohngemeinschaften, Kinderkleinstheime, therapeutische Kleinsteinrichtungen 6. 4 Jugendpsychiatrien und jugendpsychiatrische Ambulanz 6. 5 Erziehungsberatungsstellen und therapeutische Ambulatorien 6. 6 Sozialtherapeutische Erziehungskurse 6. 7 Pädagogische Spielplätze und Spielstuben in sozialen Brennpunkten 6. 8 Jugendeinrichtungen im Freizeitbereich.
[16] 7. Strukturelle Bedingungen sozialtherapeutischer Organisation 7. 1 Jugendwohlfahrts- und Sozialrecht 7. 2 Arbeitsrecht, Gerichtsverfahren 7. 3 Umgang mit Gesetzen, Rechtsquellen 7. 4 Bürokratien, öffentliche Verwaltung, Instanzen sozialer Kontrolle 7. 5 Planungs- und Entscheidungsprozesse 7. 6 Kooperations- und Kommunikationsformen 7. 7 Öffentlichkeitsarbeit und Elternarbeit 7. 8 Projektplanung und Projektrealisation.
[17] 8. Der Erzieher (Die Erzieherin) als Initiator sozialtherapeutischer Prozesse – Möglichkeiten und Grenzen – 8. 1 Bestimmung des eigenen Standorts, Anwendung des Fachwissens auf die eigene Entwicklung 8. 2 Umgang mit Übertragungen und Projektionen 8. 3 Therapeutisches Team und Supervision 8. 4 Berührungspunkte mit anderen "Helfern", Kooperationsmöglichkeiten 8. 5 Die Ethik des Helfers: Verantwortlicher Umgang mit dem sozialtherapeutischen Werkzeug.
[18] Der Kläger hat vorgetragen, der von ihm verwendete Themenkatalog sei aus einer Umfrage bei 330 sozialtherapeutischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen entstanden. Die Ergebnisse dieser Umfrage und die daraus gewonnenen Erkenntnisse hätten zu dem von seinem Mitarbeiter geschaffenen Themenkatalog geführt, an dem ihm dieser ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt habe.
[19] Der Kläger, der in der Herstellung und in dem Gebrauch des von der Kreisvolkshochschule der Beklagten zu 2 verwendeten Katalogs eine Verletzung des Urheberrechts an dem von seinem Mitarbeiter geschaffenen Themenkatalog erblickt, hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung und Zusprechung einer Bekanntmachungsbefugnis, hilfsweise auf Zahlung einer Entschädigung, in Anspruch genommen.
[20] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
[21] Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Klageansprüche für ungerechtfertigt erachtet, weil der von dem Mitarbeiter des Klägers erarbeitete Themenkatalog nicht als ein urheberrechtsschutzfähiges wissenschaftliches Schriftwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG angesehen werden könne. Dem Bereich der Wissenschaft sei zwar die Sozialtherapeutik zuzurechnen. Jedoch fehle es vorliegend an der für die Anerkennung der Urheberrechtsschutzfähigkeit des Werkes erforderlichen schöpferischen Sammlung, Auswahl und Ordnung des wissenschaftlichen Inhalts der Darstellung, wie auch an einer entsprechenden, in der Sprachgestaltung zum Ausdruck kommenden Gedankenformung und -führung. Die Bestimmung der Themen sei lediglich das Ergebnis wissenschaftlicher Bemühung, das als solches nicht urheberrechtsschutzfähig sei. Gleiches gelte für die im Themenkatalog des Klägers verwendeten Begriffe. Deren Zusammenstellung im Rahmen eines Themenkatalogs mit mehreren Themengruppen sei vom wissenschaftlichen Inhalt her vorgegeben und in der gebotenen Form erforderlich. Urheberrechtsschutz könne dem Kläger dafür nicht gewährt werden. In Wirklichkeit richte sich das Begehren des Klägers auch nicht nur auf die Verhinderung der Verwendung des angegriffenen Themenkatalogs, sondern – darüber hinaus – auf das Verbot der Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen mit den im Themenkatalog aufgeführten Gegenständen, die jedoch als wissenschaftliches Gedankengut nicht urheberrechtsschutzfähig seien. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus § 1 UWG stünden dem Kläger ebenfalls nicht zu. Der von der Kreisvolkshochschule des Beklagten zu 2 gebrauchte Themenkatalog enthalte neben der Umstellung von Themengruppen und einigen sonstigen Veränderungen einen zusätzlichen Abschnitt (Ziff. 8) und könne deshalb nicht als eine unmittelbare Übernahme fremder Leistung, sondern nur als eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässige Nachahmung angesehen werden.
[22] II. Dieser Beurteilung kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht beigetreten werden.
[23] 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß ein Themenkatalog wie der hier von dem Mitarbeiter des Klägers auf dem Gebiet der Sozialtherapeutik geschaffene als Schriftwerk aus dem Bereich der Wissenschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG einem Urheberrechtsschutz grundsätzlich zugänglich ist. Der Bereich der Wissenschaft beschränkt sich nicht nur auf Forschung und Lehre im engeren verfassungsrechtlichen Sinne (vgl. BVerfGE 35, 79, 113 = NJW 1973, 1176f.). Dafür kommt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, auch der Themenkatalog des Klägers in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 17. 4. 1986 – I ZR 213/83, GRUR 1986, 739, 740 – Anwaltsschriftsatz; BGHZ 94, 276, 281 – Inkasso-Programm).
[24] 2. Die wissenschaftliche Lehre, die ihr entnommenen Begriffe, ihr Sprachgebrauch und die Ergebnisse, zu denen sie gelangt ist, sind allerdings urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich. Urheberrechtsschutzfähig ist dagegen die konkrete schöpferische Formgebung, Sammlung, Einteilung, Anordnung und Darstellung des Stoffs (BGH, Urt. v. 7. 12. 1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 230 – Monumenta Germaniae Historica; Urt. v. 29. 3. 1984 – I ZR 32/82, GRUR 1984, 659, 660 – Ausschreibungsunterlagen; Urt. v. 12. 3. 1987 – I ZR 71/85, GRUR 1987, 704, 706 – Warenzeichenlexika). Wesentlich für die Anerkennung eines wissenschaftlichen Schriftwerks als einer individuellen geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG ist, daß das jeweilige Werk in seiner konkreten Darstellung Ausdruck schöpferischer Gestaltung ist, wobei je nach den Umständen auch ein geringeres Maß geistiger Betätigung genügen kann (BGH, Urt. v. 21. 11. 1980 – I ZR 106/78, GRUR 1981, 352, 353 – Staatsexamensarbeit).
[25] Von diesen Rechtsgrundsätzen ist im rechtlichen Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen. Zutreffend hat es angenommen, daß der dem Themenkatalog des Klägers zugrundeliegende wissenschaftliche Sinngehalt als solcher und die Erkenntnis, auf welche Gegenstände eine sozialtherapeutische Fortbildung zu erstrecken ist, sowie die in ihm aufgeführten Begriffe als Bestandteile der Wissenschaftssprache für einen Urheberrechtsschutz ausscheiden. Soweit es jedoch damit dem Themenkatalog des Klägers einen urheberrechtlich relevanten geistig-schöpferischen Gehalt überhaupt abgesprochen hat, kann ihm darin nicht beigetreten werden. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Bestimmung der für die sozialtherapeutische Fortbildung auszuwählenden Gesichtspunkte im Themenkatalog des Klägers einschließlich deren Zusammenfassung und Anordnung im Rahmen von Themengruppen weise keine eigenschöpferischen Merkmale auf, sei wissenschaftlich vielmehr vorgegeben und gehöre deshalb nicht zum urheberrechtsschutzfähigen wissenschaftlichen Gedankengut. Die hierzu getroffenen Feststellungen tragen diese Beurteilung jedoch nicht (§ 286 ZPO). Um eine urheberrechtsschutzfähige eigenschöpferische Prägung der Darstellung handelt es sich zwar nicht, wenn diese aus wissenschaftlichen Gründen in der gebotenen Form erforderlich oder vorgegeben ist oder wenn es bei ihr allein um die Anwendung von Fachkenntnissen und Erfahrungssätzen geht (BGHZ 94, 276, 285 – Inkasso- Programm; BGH, Urt. v. 17. 4. 1986 – I ZR 213/83, aaO – Anwaltsschriftsatz). Daß es sich so auch im Streitfall verhält, findet aber in den getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage.
[26] Das Berufungsgericht hat nicht dargelegt – und dies ist auch sonst nicht ersichtlich –, daß sich der Themenkatalog des Klägers für die sozialtherapeutische und -pädagogische Weiterbildung von Erziehern aus den insoweit maßgebenden wissenschaftlichen Lehrsätzen oder Erkenntnissen praktisch von selbst ergibt oder daß die Befassung mit Aufgaben dieser Art nach dem zugrunde zu legenden Stand der Wissenschaft zu einem gleichlautenden oder vergleichbaren Themenkatalog führt. Mag auch der Stoff des Themenkatalogs des Klägers als eines Lehrplans für die berufliche Weiterbildung von Sozialtherapeuten vorgegeben sein, so ist doch die Annahme, daß es sich insoweit um eine bloße Sammlung von Lerngegenständen oder um eine rein schematische Aneinanderreihung von Fachfragen und -begriffen handelt und daß demgemäß der Themenkatalog des Klägers eine ausreichende schöpferisch-geistige Leistung vermissen läßt, nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Kläger hat behauptet und unter Zeugen- und Sachverständigenbeweis gestellt, daß eine über das Selbstverständliche und wissenschaftlich Vorgegebene hinausgehende eigenschöpferische Gestaltung und Prägung vorliegend in der Bestimmung und Darstellung spezieller Themen und Unterthemen liege unter Verwendung der insoweit maßgebenden wissenschaftlichen Erkenntnisse nach Gesichtspunkten wie Ausbildungsbedarf, praktischer Bedeutung und didaktischer Vermittelbarkeit und daß der Themenkatalog als ein Konzept (Lernprogramm) gestaltet ist, in dem die wissenschaftlichen Theorien auf dem Gebiet der Sozialpädagogik in einen Zusammenhang zueinander gestellt und deren praktische Anwendbarkeiten allgemein und nach ihrer Art und Wirkung im einzelnen aufgezeigt sowie nach zueinander gehörenden Fragenkomplexen zusammengestellt und geordnet seien. Der Themenkatalog enthalte keine fachliche Unterweisung in der Verhaltenstherapie oder in anderen Therapien, sondern sei geprägt durch eine besondere Auswahl und Darbietung des Gegenstands der Weiterbildung mit Blick auf das Ziel, Erzieher mit den Ursachen von Verhaltensstörungen und mit den Regeln der Verhaltensänderung bekannt zu machen, was in dieser Form bislang einmalig sei (Klageschrift S. 5, 6 = GA I 5, 6; Schriftsatz vom 16. 10. 1986, S. 1, 3f. = GA I 78, 80f.; Schriftsatz vom 18. 1. 1988, S. 5 = GA I 243; Schriftsatz vom 24. 2. 1988, S. 8ff. = GA II 259ff.).
[27] Diese Ausführungen des Klägers hat das Berufungsgericht zu Unrecht außer acht gelassen und deren Richtigkeit nicht geprüft. Ihnen liegt die substantiierte und erhebliche Behauptung zugrunde, daß es der Verfasser des Themenkatalogs auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erfassung des Stoffs vermocht habe, den Ausbildungsgegenstand in einer besonderen Weise zu betrachten, zusammenzufassen und zu ordnen, was den Themenkatalog als eine Leistung von eigenschöpferischer Prägung ausweise. Unerheblich dabei ist, daß sich der Themenkatalog im Rahmen von jeweils einzelnen Sätzen auf die Darstellung von – in einen sachlichen Zusammenhang gestellten – Einzelpunkten beschränkt. Auch in dieser Form kann die Darstellung der Lerninhalte eines Lehrplans und deren Auswahl, Eingrenzung, Zusammenstellung und zeitlicher Ablauf eine eigene geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sein (vgl. BGH, Urt. v. 27. 2. 1981 – I ZR 29/79, GRUR 1981, 520, 522 – Fragensammlung).
[28] 3. Das Begehren des Klägers kann auch nicht deshalb für ungerechtfertigt erachtet werden, weil, wie das Berufungsgericht gemeint hat, der Kläger über die Verhinderung der Verbreitung des beanstandeten Themenkatalogs hinaus als sein eigentliches Klageziel die Verhinderung der Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen mit den im Themenkatalog aufgeführten Gegenständen verfolge, die als wissenschaftliches Gedankengut nicht urheberrechtsschutzfähig seien. Daß der Kläger mit der Klage für sich allein das Recht beanspruchte, bestimmte Lerngegenstände zum Bestandteil seiner sozialtherapeutischen Fortbildung zu machen, trifft nicht zu. Wie die Klageanträge und die Klagebegründung zeigen, tritt er lediglich einem von ihm behaupteten Gebrauch des von einem seiner Mitarbeiter erarbeiteten und von ihm verwendeten Themenkatalogs durch die Beklagten in Form eines nahezu identisch abgefaßten Programms entgegen, dagegen nicht der Abhaltung entsprechender Kurse. Daraus kann also nicht hergeleitet werden, daß er mit der vorliegenden Klage das insoweit maßgebende wissenschaftliche Gedankengut für sich zu monopolisieren sucht und die Durchführung sozialtherapeutischer Fortbildungskurse durch die Beklagten oder dritte Personen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, wie sie auch seinem Themenkatalog zugrunde liegen, zu unterbinden trachtet.
[29] III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache, da sie weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.