Bundesgerichtshof
EG Art. 28, 30
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Sind Art. 28, 30 EG dahin auszulegen, daß sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften erlauben, nach denen ein wegen des Vertriebs von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Verletzer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Art. 7 der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, daß die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist?

BGH, Beschluss vom 11. 5. 2000 – I ZR 193/97 – stüssy; OLG Düsseldorf; LG Düsseldorf (lexetius.com/2000,900)

[1] Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Büscher beschlossen:
[2] I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
[3] II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
[4] Sind Art. 28, 30 EG dahin auszulegen, daß sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften erlauben, nach denen ein wegen des Vertriebs von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Verletzer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Art. 7 der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, daß die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist?
[5] Gründe: I. Die STUSSY Inc. in Irvine (Kalifornien) ist Inhaberin der Marke Nr. 1 134 289, Wort-/Bildzeichen "stüssy", eingetragen seit 1989 für "Bekleidungsstücke, insbesondere Hemden, Shorts, Badeanzüge, T-Shirts, Trainingsanzüge, Westen, Hosen".
[6] Diese Artikel werden weltweit unter der Marke "Stüssy" (oder auch "Stussy") in den Verkehr gebracht; sie tragen keine besonderen Unterscheidungsmerkmale, anhand derer sie einem bestimmten Vertriebsgebiet zugeordnet werden könnten. Nach dem Vortrag der Klägerin gibt es in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils (nur) einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für "Stussy" -Artikel, der vertraglich verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben.
[7] Die Klägerin, Groß- und Einzelhändlerin für Bekleidung, ist nach dem Händlervertrag vom 1. Mai 1995 Inhaberin der ausschließlichen Vertriebsrechte für Waren der STUSSY Inc. in Deutschland. In einem Vertrag über Warenzeichendurchsetzung vom 1. Mai 1995 und in einer weiteren undatierten Erklärung hat die STUSSY Inc. die Klägerin dazu ermächtigt, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen Dritte wegen Verletzung der Klagemarke im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.
[8] Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, bringt "Stussy" -Artikel in Deutschland auf den Markt, die sie nicht von der Klägerin bezogen hat.
[9] Die Klägerin hat behauptet, bei den von der Beklagten zu 1 vertriebenen Artikeln handele es sich um ursprünglich in den USA in Verkehr gebrachte Ware, deren Vertrieb in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat die Markeninhaberin nicht zugestimmt habe. Die Klägerin hat die Beklagten deshalb auf Unterlassung, auf Auskunftserteilung betreffend Handlungen seit dem 1. Januar 1995 sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung seit dem 1. Januar 1995 in Anspruch genommen.
[10] Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben geltend gemacht, die Markenrechte der Klägerin seien für die in Frage stehenden Waren erschöpft, und zwar für die Zeit vor dem 1. Januar 1995 nach dem zur Zeit des Warenzeichengesetzes geltenden Grundsatz der weltweiten Erschöpfung, nach diesem Zeitpunkt gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG. Die Beklagte zu 1 beziehe ihre (Original-) Ware aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums, wo sie von der Markeninhaberin bzw. mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sei. Das im Wege eines Testkaufs im Oktober 1996 bei der Beklagten zu 1 erworbene Bekleidungsstück mit dem Aufdruck "Sport 96" aus der Produktion der Markeninhaberin habe die Beklagte zu 1 von einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums ansässigen Zwischenhändler bezogen, von dem sie, die Beklagten, annähmen, daß er es von einem "Stussy" -Vertragshändler erworben gehabt habe. Zur Benennung von Lieferanten seien sie, die Beklagten, nicht verpflichtet, jedenfalls solange nicht, als die Klägerin nicht die Lückenlosigkeit des behaupteten Vertriebssystems darlege und beweise.
[11] Das Landgericht hat den Klageanträgen weitgehend entsprochen.
[12] Die Berufung der Beklagten hat zur Klageabweisung geführt (OLG Düsseldorf Mitt. 1998, 372).
[13] Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
[14] II. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche verneint und dazu ausgeführt:
[15] Auch wenn es sich bei der Geltendmachung der Erschöpfung des Markenrechts – ebenso wie etwa bei der Erschöpfung des Patentrechts – um eine Einwendung handele, für deren Voraussetzungen grundsätzlich der sich darauf Berufende, regelmäßig also der als Verletzer Angegriffene, die Darlegungslast trage, entbinde dies doch den Anspruchsteller nicht von jeglichem Tatsachenvortrag zur "Zustimmungslage".
[16] Allerdings gebe es Fälle wie den vorliegenden, in denen das – grundsätzlich vom Kläger darzulegende – Fehlen der Zustimmung des Markeninhabers zur Markenbenutzung in seinen tatsächlichen Merkmalen mit den Voraussetzungen des Erschöpfungseinwands aus § 24 Abs. 1 MarkenG zusammenfalle. Insoweit gelte dann – auch – der Grundsatz, daß derjenige, der sich auf einen Erschöpfungstatbestand wie § 24 Abs. 1 MarkenG berufe, dessen tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen habe.
[17] Bei Abwägung beider – im Streitfall teilweise widerstreitender – Grundsätze erscheine es sachgerecht, wegen des teilweisen tatsächlichen Zusammenfallens der Tatbestandsmerkmale des § 14 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG mit denen des Erschöpfungseinwands aus § 24 Abs. 1 MarkenG die Anforderungen an die Darlegungen des Klägers zu § 14 Abs. 2 MarkenG nicht zu hoch anzusetzen, zumal im Streitfall die in Frage stehenden – auch – entlastenden Tatsachen überwiegend aus der Sphäre des Verletzers stammen dürften. Danach genüge es, sei aber auch zu verlangen, wenn und daß der Kläger Umstände vortrage, die einige Anhaltspunkte dafür böten und eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründeten, daß die in Frage stehenden Markenwaren aus Importen stammten, die ohne die Zustimmung des Markeninhabers in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.
[18] Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen der Klägerin nicht. Sie habe weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz derartige wahrscheinlichkeitsbegründende Tatsachen vorgetragen.
[19] III. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art. 28, 30 EG ab. Vor der Entscheidung über die Revision ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 EG eine Vorabentscheidung zu der im Beschlußtenor gestellten Frage einzuholen.
[20] 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes liege eine Markenverletzung darin, gekennzeichnete Markenware im Inland zu vertreiben, wenn diese nicht zuvor vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung erstmals im Inland oder sonst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist (BGHZ 131, 308, 312 f. – Gefärbte Jeans). Nur in diesem Fall und nicht, wenn das erste Inverkehrsetzen außerhalb dieses Raumes erfolgt, ist das Markenrecht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Sinne der zwingenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 MarkenRL erschöpft (EuGH Slg. 1998, 4799, 4832 = GRUR 1998, 919, 920 Tz. 22 f. – Silhouette; GRUR Int. 1999, 870 = WRP 1999, 803 – Docksides/Sebago).
[21] 2. In nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen der Erschöpfung des Markenrechts, bei der es sich um eine Einwendung handelt, grundsätzlich von den Beklagten dargelegt und bewiesen werden müßten. Es hat in diesem Zusammenhang allerdings gemeint, daß die Klägerin im Streitfall zur "Zustimmungslage" hätte vortragen müssen, soweit die Voraussetzungen der markenrechtlichen Erschöpfung mit der Tatbestandsvoraussetzung des § 14 Abs. 2
[22] MarkenG, daß die angegriffenen Handlungen "ohne Zustimmung des Markeninhabers" erfolgten, zusammenfielen, so daß auch die Klägerin nicht der Pflicht enthoben sei, Tatsachenvortrag zur Zustimmungslage zu halten. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden.
[23] 3. Nach den von der Rechtsprechung auch im Bereich der gewerblichen Schutzrechte und des Urheberrechts angewandten allgemeinen Grundsätzen, daß jede Prozeßpartei die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm darzulegen und zu beweisen hat, ist für den Einwand der Erschöpfung als Ausnahme zu den Ausschließlichkeitsrechten grundsätzlich derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf die Erschöpfung beruft (BGH, Urt. v. 28. 10. 1987 – I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 375 – Schallplattenimport III zum Urheberrecht). Das hat der Bundesgerichtshof für das Patentrecht neuerdings nochmals ausdrücklich betont (BGH, Urt. v. 14. 12. 1999 – X ZR 61/98, GRUR 2000, 299, 302 – Karate, m. w. N., zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Für das Warenzeichenrecht galt nichts anderes.
[24] Hieran hat sich durch das Inkrafttreten des Markengesetzes nichts geändert. Die Vorschrift des § 24 MarkenG selbst enthält keine eigene Regelung der Darlegungs- und Beweislast; auch der Markenrechtsrichtlinie ist eine derartige Regelung nicht zu entnehmen, zumal mit ihr auch nur das materielle Markenrecht, nicht aber das Verfahren in Markenverletzungssachen harmonisiert werden sollte.
[25] Etwas anderes kann dem Markengesetz auch im Hinblick darauf nicht entnommen werden, daß in der auf Art. 5 Abs. 1 MarkenRL beruhenden Regelung der Markenrechtsverletzung, also in dem Tatbestand des § 14 Abs. 2 MarkenG, nunmehr Dritten untersagt ist, "ohne Zustimmung des Markeninhabers" die in den Nummern 1 bis 3 näher umschriebenen Benutzungshandlungen vorzunehmen. In § 24 Abs. 1 WZG war das Verbot noch mit dem Wort "widerrechtlich" umschrieben, das auch in § 97 Abs. 1 UrhG verwendet ist. Es ist jedoch kein Anhalt dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber mit der neuen Fassung des Verletzungstatbestands eine Veränderung der Darlegungs- und Beweislast für den Zustimmungstatbestand zu Lasten des Markeninhabers hat vornehmen wollen.
[26] Die neue Fassung beruht vor allem darauf, daß mit ihr der Charakter des Markenrechts als Ausschließlichkeitsrecht (§ 14 Abs. 1 MarkenG) durch den Hinweis betont wird, daß eine zulässige Benutzung der Marke durch Dritte von der Zustimmung des Markeninhabers abhängig sein soll (vgl. zu §§ 9, 10 PatG: BGH GRUR 2000, 299, 302 – Karate). Deshalb hat der Markeninhaber grundsätzlich zwar die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 MarkenG für das Vorliegen einer Benutzung im Sinne der Nummern 1 bis 3 darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, bezüglich einer etwaigen Zustimmung des Markeninhabers obliegt diese Last dagegen dem wegen Markenverletzung in Anspruch genommenen Verwender der Marke, sofern er – anders als die Beklagten im Streitfall, in dem eine Zustimmung im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG nicht in Rede steht – eine solche geltend machen will.
[27] Ebenso wie das Wort "widerrechtlich" – früher in § 24 WZG, heute noch in § 97 Abs. 1 UrhG – lediglich darauf verweist, daß, entsprechend dem Deliktsschema des § 823 Abs. 1 BGB, neben der Tatbestandsmäßigkeit auch die Rechtswidrigkeit und (gegebenenfalls) die schuldhafte Verwirklichung des Tatbestands gegeben sein muß, drückt auch § 14 Abs. 2 MarkenG mit den Worten "ohne Zustimmung des Markeninhabers" nichts anderes als das Erfordernis der Widerrechtlichkeit aus. So verhält es sich auch mit dem Wort "unbefugt", mit dem die Verletzung eines geschäftlichen Kennzeichens in § 15 Abs. 2 MarkenG näher gekennzeichnet ist. Der unterschiedliche Sprachgebrauch hat – anders als es das Berufungsgericht gesehen hat – nicht zur Folge, daß für die unterschiedlichen Immaterialgüterrechte Verletzungstatbestände mit unterschiedlichen Regelungen der Darlegungs- und Beweislast gelten. Demnach gilt auch im Markenrecht, wie im allgemeinen Deliktsrecht, weiterhin, daß die Tatbestandsmäßigkeit eines Eingriffs in das geschützte Rechtsgut grundsätzlich die Rechtswidrigkeit dieses Eingriffs indiziert, so daß nicht der Verletzte die Rechtswidrigkeit, sondern regelmäßig der in Anspruch genommene Verletzer das Fehlen der Rechtswidrigkeit der Verletzung darzulegen hat.
[28] 4. Bei dieser Sachlage bestehen Bedenken, die Vorschrift des § 24 Abs. 1 MarkenG, die wie die Regelungen der Verjährung (§ 20 MarkenG), der Verwirkung (§ 21 MarkenG), der Erlaubnis zur Benutzung des Namens und beschreibender Angaben (§ 23 MarkenG) oder des Benutzungszwangs (§§ 25, 26 MarkenG) in dem Abschnitt über Schranken des Markenschutzes enthalten ist, anders als eine von mehreren Ausnahmevorschriften zu verstehen, deren Voraussetzungen nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich der als Verletzer Angegriffene darzulegen und zu beweisen hat (OLG München Mitt. 1998, 186, 188; OLG Karlsruhe GRUR 1999, 343, 345; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 24 Rdn. 58a; Klados, WRP 1999, 1018, 1020).
[29] Soweit im Schrifttum (Pickrahn, GRUR 1996, 383, 385; wohl auch Meyer-Kessel, GRUR 1997, 878, 879) die Meinung vertreten wird, die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MarkenG müsse in Umkehrung der allgemeinen Grundsätze dem aus dem Markenrecht Klagenden auferlegt werden (im Ergebnis ebenso: öOGH, Beschl. v. 15. 2. 2000 – 4 Ob 29/00v), kann dem nicht beigetreten werden.
[30] Eine Umkehrung der Beweislast wäre systemfremd, weil damit im Markenrecht ohne durchgreifenden Grund das Deliktsschema verlassen und der Markeninhaber gegenüber dem bloßen Interesse des Verletzers an einem ungehinderten Vertrieb von Originalware unangemessen in seinem Ausschließlichkeitsrecht beeinträchtigt würde. Damit würde auch die durch die Markenrechtsrichtlinie zwingend erforderte und durch § 24 Abs. 1 MarkenG umgesetzte (nur) europaweite Erschöpfung (vgl. EuGH GRUR 1998, 919, 920 Tz. 21 f. – Silhouette; BGHZ 131, 308, 312 f. – Gefärbte Jeans) in ihrer Wirkung tatsächlich in einem Umfang eingeschränkt, die sie nahezu obsolet machen könnte, obwohl der angegriffene Verletzer als Abnehmer der Ware deren Ursprung leicht feststellen und gegebenenfalls darlegen und beweisen könnte.
[31] Nach der vom Berufungsgericht vertretenen vermittelnden Auffassung bleibt es zwar bei der grundsätzlichen Beweislastüberbürdung auf den angegriffenen Verletzer, jedoch mit der Maßgabe, daß der klagende Markeninhaber jedenfalls zur "Zustimmungslage" im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG vortragen muß (vgl. neben dem Berufungsurteil: OLG Hamburg NJW-RR 1998, 402; hierzu zustimmend: Joller, GRUR Int. 1998, 751, 763; Wolter/Lubberger, GRUR 1999, 17, 30; Plassmann, WRP 1999, 1011, 1013; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 24 Rdn. 15, jedenfalls in Fällen, in denen der Markeninhaber in der Union ansässig ist).
[32] Soweit das Berufungsgericht bei der Begründung seiner Meinung, der Markeninhaber müsse zur "Zustimmungslage" vortragen und eine gewisse Wahrscheinlichkeit dartun, die Zustimmung des Markeninhabers zur Benutzung der Marke nach § 14 Abs. 2 MarkenG mit der nach § 24 Abs. 1 MarkenG maßgeblichen Zustimmung zum erstmaligen Inverkehrbringen markierter Ware gleichsetzt und wegen der nach seiner Auffassung teilweise übereinstimmenden tatsächlichen Umstände eine Verpflichtung des Markeninhabers zum Vortrag zur "Zustimmungslage" ableitet, vernachlässigt es, daß es sich bei der zuerst erwähnten Zustimmung um eine rechtsgeschäftliche Verfügung des Markeninhabers über sein Markenrecht handelt, während das nach § 24 Abs. 1 MarkenG maßgebliche Inverkehrsetzen oder die Zustimmung des Markeninhabers hierzu unmittelbar bewirkt, daß die gesetzlich vorgesehene, jeder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Markeninhabers entzogene Erschöpfung des Markenrechts eintritt. Eine auch nur teilweise Übereinstimmung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 14 Abs. 2 und § 24 MarkenG ist demnach nicht gegeben, so daß auch für den Markeninhaber allein deshalb kein Anlaß gegeben sein kann, zur "Zustimmungslage" vorzutragen.
[33] Bedenken begegnet auch die Erwägung, daß es sich beim Vertrieb von Originalware nicht um die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens für identische Waren, sondern eben um Originalware handele und es deshalb, weil eine rechtswidrige Kennzeichnung nicht erfolge, der Darlegung des Klägers zum Tatbestandsmerkmal "ohne Zustimmung" im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG bedürfe (Plassmann, WRP 1999, 1011, 1013). Auch diese Auffassung vernachlässigt die vorerwähnten maßgeblichen Unterschiede zwischen den Tatbeständen der Markenverletzung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und der Erschöpfung (§ 24 Abs. 1 MarkenG). Sie schränkt darüber hinaus den Inhalt des in Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 MarkenRL dem Markeninhaber zugeordneten Ausschließlichkeitsrechts des § 14 Abs. 1 MarkenG in nicht gerechtfertigter Weise ein, indem sie auf die zum Regelfall erklärte "rechtswidrige Kennzeichnung eines (nachgeahmten) Produkts mit identischer bzw. verwechslungsfähiger Marke" abstellt. Auf das Kennzeichnungsrecht ist indessen das Ausschließlichkeitsrecht an der Marke nicht beschränkt. Es ist umfassend zu verstehen und hat insbesondere auch das Ankündigungsrecht und das Erstvertriebsrecht zum Inhalt, Rechte, die an Bedeutung gegenüber dem Kennzeichnungsrecht nicht zurücktreten.
[34] 5. Danach spricht vieles dafür, daß auf der Grundlage des nationalen Rechts auf die Revision der Klägerin an sich das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen wäre, denn die Beklagten haben nicht vorgetragen, daß die von der Beklagten zu 1 vertriebene Ware, jedenfalls das Bekleidungsstück mit dem Aufdruck "Sport 96", erstmals von der Markeninhaberin oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Ihr Vortrag, die Beklagte zu 1 habe das Bekleidungsstück von einem in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Zwischenhändler erworben, von dem sie annähmen, daß er es von einem "Stussy" -Vertragshändler erworben gehabt habe, erfüllt die ihnen obliegende Darlegungslast nicht. Die Beklagten haben auch nicht geltend gemacht, daß es ihnen unmöglich sei, die genaue Herkunft des Bekleidungsstücks zu ermitteln, eine Lage, bei der ihnen aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen könnten.
[35] IV. Die danach an sich naheliegende Belastung der Beklagten mit der Darlegungs- und Beweislast birgt indessen die Gefahr, daß dem mit dem Hersteller nicht verbundenen Händler der Vertrieb von Markenware generell, also auch in den Fällen untersagt werden könnte, in denen die Ware mit Zustimmung des Berechtigten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist. Ein Händler wird im allgemeinen ohne weiteres darlegen können, von wem er die Ware erworben hat. Er hat aber keine Handhabe, seinen Lieferanten dazu zu bewegen, ihm den Vorlieferanten zu nennen bzw. weitere Glieder in der Absatzkette zu ermitteln. Doch auch wenn es ihm möglich ist, den Absatzweg bis zum Hersteller zurückzuverfolgen, und er auf diese Weise darlegen kann, daß die Ware mit Zustimmung des Berechtigten im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist, könnte damit seine Bezugsquelle für die Zukunft versiegen. Gerade wenn es sich um im Binnenmarkt frei zirkulationsfähige Ware handelt, ist es daher einem Beklagten entweder unmöglich oder doch kaum zumutbar, seiner Darlegungslast nachzukommen.
[36] Unter diesen Umständen besteht die Gefahr, daß der Markeninhaber die Marke dazu verwendet, die nationalen Märkte voneinander abzuschotten und generell auf den Vertrieb der markierten Ware auf unzulässige Weise Einfluß zu nehmen (vgl. zum Patentrecht BGH GRUR 2000, 299, 302 – Karate). Im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems könnte er jeden Außenseiter wegen Markenverletzung in Anspruch nehmen. Diesem könnte der Weitervertrieb der markierten Ware untersagt werden, wenn er nicht den Absatzweg der Ware darlegt. Trägt der Außenseiter in einem solchen Fall im einzelnen vor, daß die Ware mit Zustimmung des Markeninhabers innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes in Verkehr gesetzt worden ist, wäre dem Hersteller die Möglichkeit gegeben, die Lücke seines Systems unverzüglich zu schließen. Der Außenseiter wäre zwar in diesem Fall in der Lage, die einmal erworbene Ware weiterzuveräußern, er könnte aber auf demselben Wege keine weitere Ware beziehen. Noch bedenklicher sind die Möglichkeiten der Kontrolle der Vertriebswege, wenn kein selektives Vertriebssystem besteht. Hier würde der Hersteller aufgrund seiner – durch die Regeln über die Darlegungslast gestärkten – markenrechtlichen Befugnisse in die Lage versetzt, auch innerhalb des Binnenmarktes die Absatzwege seiner Ware uneingeschränkt zu kontrollieren, ohne sich der Mühe unterziehen zu müssen, ein Vertriebssystem aufzubauen, das zudem Gegenstand der rechtlichen Überprüfung wäre und gleichmäßig gehandhabt werden müßte. Ein Händler, der aufgrund seiner Preisgestaltung, durch das Angebot parallelimportierter Ware oder auf andere Weise – rechtlich zu mißbilligende – Vertriebsinteressen des Herstellers stört, könnte wegen Markenverletzung in Anspruch genommen werden und müßte – wenn er seiner Darlegungslast hinsichtlich der Bezugswege nicht nachkäme – zu Unterlassung und gegebenenfalls Schadensersatz verurteilt werden. Legt der Händler dagegen seine Bezugsquellen offen und wendet eine Verurteilung wegen Markenverletzung ab, indem er die erfolgte Erschöpfung des Markenrechts belegt, bliebe dem Hersteller die Möglichkeit, die Absatzwege, auf denen die Ware den Händler erreicht hat, zu verstopfen und auf diese Weise ein ihn störendes (Preis-) Verhalten des Händlers zu unterbinden.
[37] Bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob nicht Art. 28 EG gebietet, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel zu machen, daß den Beklagten die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzung der Erschöpfung trifft. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat bereits in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, daß die Grenzen der Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 7 der Markenrechtsrichtlinie durch den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit mitbestimmt werden (EuGH, Urt. v. 11. 7. 1996 – C-71/94, C-72/94, C-73/94, GRUR Int. 1996, 1150 = WRP 1996, 867 – Eurim-Pharm/Beiersdorf, Boehringer und Farmitalia; Urt. v. 11. 7. 1996 – C-427/93, C-429/93, C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144 = WRP 1996, 880 – Bristol-Myers Squibb; Urt. v. 4. 11. 1997 – C-337/95, Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140 = WRP 1998, 150 – Parfums Christian Dior SA u. Parfums Christian Dior BV/Evora BV; Urt. v. 12. 10. 1999 – C-379/97, GRUR Int. 2000, 159 = WRP 1999, 1264 – Pharmacia & Upjohn SA/Paranova A/S). Eine Lösung könnte etwa darin liegen, daß eine Belastung des Beklagten mit der Darlegungs- und Beweislast davon abhängig gemacht wird, daß zunächst der Hersteller die ihm zumutbaren Möglichkeiten genutzt hat, um die Ware, die von ihm oder mit seiner Zustimmung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist, von der Ware zu unterscheiden, die außerhalb dieses Bereichs in Verkehr gebracht worden ist. Hierzu wäre lediglich eine einfache Kennzeichnung des Teils der Ware erforderlich, die für oder die nicht für die Märkte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums bestimmt sind. Solange davon auszugehen ist, daß der Hersteller die Notwendigkeit einer solchen Kennzeichnung konsequent beachtet, ist nichts dagegen einzuwenden, daß ein Händler die Voraussetzungen der Erschöpfung darlegen und beweisen muß, wenn er Ware anbietet, die dem ersten Anschein nach nicht Gegenstand der Erschöpfung sein kann, weil sie außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist.