Bundesverwaltungsgericht
Maßnahme; Feststellungsantrag; Feststellungsinteresse; faktische Grundrechtsbeeinträchtigung; Persönlichkeitsrecht; Personalakten; Gesundheitsunterlagen; Arztbericht; Übermittlung; Zustimmung.
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; SG § 29; WBO § 17 Abs. 3 Satz 1, § 21 Abs. 1; SPersAV § 4; WBeauftrG § 3
1. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann sich im Einzelfall – unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) – daraus ergeben, dass die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht.
2. Eine Weitergabe oder Übermittlung von Gesundheitsunterlagen eines Soldaten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung lässt § 29 Abs. 4 SG, der für Daten über medizinische und über psychologische Untersuchungen und Tests die Grenzen der "befugten" Datenverwendung und -verarbeitung regelt, nicht zu. Als besondere Schutzvorschrift zugunsten der Persönlichkeitssphäre des Soldaten sperrt er als lex specialis insbesondere den Rückgriff auf § 29 Abs. 3 Satz 5 SG.
BVerwG, Beschluss vom 11. 12. 2003 – 1 WB 14.03 (lexetius.com/2003,3164)
[1] Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Oberfeldarztes. Er wandte sich mit drei Eingaben an den Bundesminister der Verteidigung und jeweils parallel an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WBdBT) mit dem Antrag, jede weitere Begutachtung seiner Auslandsdienstverwendungsfähigkeit zu untersagen und seine Verwendungsunfähigkeit für Auslandseinsätze auf Dauer festzustellen. Als Anlage zu der abschließenden Auskunft gegenüber dem WBdBT übersandte das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) – Fü San I 2 – die entscheidungserheblichen fachärztlichen Befunde in einem als "Arztsache" gekennzeichneten verschlossenen Umschlag. Auf diese Übermittlungsform ("als Arztsache verschlossen") war im Bezug der Auskunft gesondert hingewiesen worden. Der Antragsteller beantragte die gerichtliche Entscheidung gegen die Übermittlung eines ihn betreffenden Arztberichts der Inneren Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses (BwKrhs) Z. vom 7. Februar 2002 von diesem Krankenhaus an das BMVg und sodann an den WBdBT.
[2] Der Senat hat festgestellt, dass die Übermittlung dieses Arztberichts vom 7. Februar 2002 durch das BMVg – Fü San I 2 – an den WBdBT rechtswidrig war, und den Antrag im übrigen als unzulässig verworfen.
[3] Gründe: 1. Der Antrag des Antragstellers, die Rechtswidrigkeit der Weitergabe und Offenbarung des ihn betreffenden Arztberichts der Inneren Abteilung des BwKrhs Z. vom 7. Februar 2002 an das BMVg Fü San I 2 festzustellen, ist unzulässig.
[4] Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur zulässig, wenn er sich entweder nach § 21 Abs. 1 WBO gegen Entscheidungen oder Maßnahmen des Bundesministers der Verteidigung einschließlich der Entscheidungen über Beschwerden oder weitere Beschwerden oder im Sinne des § 22 WBO gegen Entscheidungen der Inspekteure der Teilstreitkräfte und der Vorgesetzten in vergleichbaren Dienststellungen über weitere Beschwerden richtet. Eine Maßnahme des Ministers im Sinne des § 21 Abs. 1 WBO liegt auch vor, wenn er unter der Bezeichnung "Bundesministerium der Verteidigung" als oberste Dienstbehörde entscheidet oder handelt (Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl., § 21 RNr. 9 m. w. N.). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die vom Antragsteller beanstandete Übermittlung des Arztbriefes vom 7. Februar 2002 durch das BwKrhs Z. an das BMVg Fü San I 2 ist nach dem Akteninhalt vom BMVg Fü San I 2 weder ausdrücklich angeordnet noch in anderer Weise veranlasst worden. Damit fehlt es an einer Weisung des Bundesministers der Verteidigung, die als Maßnahme trotz ihres Charakters als innerdienstliche Weisung wegen möglicher Einwirkung in die Rechtssphäre des Antragstellers, insbesondere in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, ausnahmsweise durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts angefochten werden könnte (vgl. Beschlüsse vom 15. Februar 1973 BVerwG 1 WB 147.71, vom 28. Februar 1974 BVerwG 1 WB 43.71, vom 3. Septem-ber 1996 BVerwG 1 WB 34.96 und vom 30. August 2001 BVerwG 1 WB 27.01). Das BMVg Fü San I 2 hat mit Schreiben vom 12. November 2002 lediglich den Abteilungsleiter (AbtLtr) I des Sanitätskommandos (SanKdo) II zur Übersendung der dort über den Antragsteller vorliegenden Begutachtungsunterlagen und der BA 90/5 aufgefordert. Hierauf hat der AbtLtr I des SanKdo II mit Schreiben vom 15. November 2002 die in Teil I dieses Senatsbeschlusses näher bezeichneten Befunde und Unterlagen übersandt. Auf Anfrage des Senats vom 27. August 2003, ob das BMVg Fü San I 2 zusätzlich eine entsprechende Aufforderung an das BwKrhs Z. oder an das diesem vorgesetzte SanKdo I gerichtet habe, hat der Bundesminister der Verteidigung PSZ I 7 mit Schreiben vom 5. September 2003 dargelegt, dass außer der Anforderung an das SanKdo II vom 12. November 2002 seitens des BMVg Fü San I 2 keine weiteren Anforderungen erfolgt seien. Weder mit dem SanKdo I noch mit BwKrhs Z. sei insoweit Kontakt aufgenommen worden.
[5] Mangels einer auch mit einem Feststellungsantrag anfechtbaren Maßnahme des BMVg gegenüber dem BwKrhs Z. ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit als unzulässig zu verwerfen.
[6] 2. Soweit sich der Antrag gegen die Weitergabe und Offenbarung des Arztberichts vom 7. Februar 2002 mit Schreiben des BMVg Fü San I 2 vom 26. November 2002 an den WBdBT richtet, ist der Feststellungsantrag hingegen zulässig.
[7] Die beanstandete Übermittlung des Arztbriefes stellt eine anfechtbare Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung im Sinne des § 21 Abs. 1 i. V. m. § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar. Der Begriff der Maßnahme schließt auch rein tatsächliche dienstliche Handlungen eines Vorgesetzten ein, die gegebenenfalls zu einer wehrdienstgerichtlichen Prüfung führen können, weil ihre Wirkung den antragstellenden Soldaten unmittelbar betrifft (Beschlüsse vom 26. August 1970 BVerwG 1 WB 3.70 und vom 3. September 1987 BVerwG 1 WB 145.84, 1 WB 131.86, 1 WB 142.86; vgl. ferner Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. § 1 RNr. 99). Die als Anlage zu dem Schreiben vom 26. November 2002 vorgenommene Übermittlung des Arztbriefes vom 7. Februar 2002 stellt keine innerdienstliche Handlung des BMVg Fü San I 2 dar, sondern dient im Außenverhältnis der Erfüllung der Auskunftspflicht gegenüber dem WBdBT gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WBeauftrG). Sie entfaltet zugleich unmittelbare Wirkung gegenüber dem Antragsteller, weil sie gesundheitsbezogene Personalunterlagen betrifft, die durch das in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 GG verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung besonders geschützt sind. Auf dieses Recht kann sich der Antragsteller als Soldat gemäß § 6 SG berufen (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; BVerwG, Beschluss vom 3. September 1987 – BVerwG 1 WB 145.84, 1 WB 131.86, 1 WB 142.86). Da der Antragsteller eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Übermittlung seiner gesundheitsbezogenen Personalunterlagen in dem Arztbericht vom 7. Februar 2002 ohne seine Zustimmung geltend macht, erfüllt der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 WBO. Damit rügt der Antragsteller die Verletzung von Vorgesetztenpflichten ihm gegenüber, die sich aus § 10 Abs. 3 SG ergeben. Die Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses und der Schutz ärztlicher Gutachten über den Gesundheitszustand eines Soldaten vor unbefugter Weitergabe an Dritte ist Teil der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten (Beschluss vom 13. Februar 1968 BVerwG 1 WB 13.67).
[8] Da die Übermittlung des Arztbriefes vom 7. Februar 2002 mit der Übersendung des Schreibens vom 26. November 2002 an den WBdBT erledigt ist, ist der Antragsteller zulässigerweise nach der auch im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu einem Fortsetzungsfeststellungsverfahren übergegangen und hat im gerichtlichen Antragsverfahren nur noch einen Feststellungsantrag gestellt (vgl. hierzu Beschlüsse vom 4. März 1976 BVerwG 1 WB 54.74, vom 21. November 1995 BVerwG 1 WB 53.95 und vom 27. Februar 2003 BVerwG 1 WB 60.02).
[9] Der Antragsteller hat auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse dargetan.
[10] Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf ein Rehabilitierungsinteresse (Beschlüsse vom 4. März 1976 BVerwG 1 WB 54.74 m. w. N. und vom 27. Februar 2003 BVerwG 1 WB 60.02 m. w. N.), auf eine Wiederholungsgefahr (Beschlüsse vom 25. März 1999 BVerwG 1 WB 56.98 und vom 27. Februar 2003 BVerwG 1 WB 60.02 m. w. N.) oder auf die Absicht gestützt werden, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (Beschlüsse vom 25. März 1999 BVerwG 1 WB 56.98, vom 25. Oktober 2000 BVerwG 1 WB 86.00 und vom 14. Dezember 2000 BVerwG 1 WB 102.00). Zusätzlich kann sich unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls daraus ergeben, dass die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1997 2 BvR 817/90, 728/92, 802/95, 1065/95; BVerwG, Urteile vom 21. November 1980 BVerwG 7 C 18.79 – und vom 23. März 1999 BVerwG 1 C 12.97 sowie Beschluss vom 17. Dezember 2001 BVerwG 6 B 61.01; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 RNr. 91; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 113 RNr. 146 m. w. N.).
[11] Eine derartige fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und seine fehlende Zustimmung zur Übermittlung des Arztbriefes geltend gemacht. Dieses Fortsetzungsfeststellungsinteresse hat er mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12. Mai 2003 bekräftigt.
[12] Der danach zulässige Feststellungsantrag ist auch begründet.
[13] Die streitbefangene Übermittlung des Arztbriefes vom 7. Februar 2002 durch das BMVg Fü San I 2 an den WBdBT war rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten, weil sie ohne seine Zustimmung erfolgt ist.
[14] Der Arztbrief der Inneren Abteilung des BwKrhs Z. gehört zu den Personalaktendaten des Antragstellers im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG. Danach gehören zur Personalakte alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die den Soldaten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Hierzu gehören auch die Gesundheitsunterlagen des Soldaten. Gemäß § 29 Abs. 9 SG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Personalaktenverordnung Soldaten – (SPersAV) dienen die Gesundheitsunterlagen des Soldaten der personenbezogenen Dokumentation ärztlicher Aufzeichnungen über Untersuchung, Behandlung und Begutachtung. Der Begriff der Gesundheitsunterlagen erstreckt sich auf sämtliche gesundheitsbezogenen Personalakten des Soldaten im materiellen Sinne, erfasst also nicht nur die Gesundheitspapiere im Sinne der Nr. 119 ZDv 49/29, sondern zusätzlich die Krankenpapiere gemäß Nr. 120 ZDv 49/29 unter Einschluss der Mitteilungen von Ärzten mit Gebietsbezeichnung und Krankenhäusern an den behandelnden Arzt. Dieser umfassende Begriff der Gesundheitsunterlagen findet seine Grundlage in der Legaldefinition in § 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SG.
[15] Die Gesundheitsunterlagen eines Soldaten unterliegen nach Maßgabe des § 29 SG dem gesetzlichen Schutz vor unbefugter Einsichtnahme. § 29 SG enthält als bereichsspezifische Datenschutzbestimmung die einfachrechtliche Aus-gestaltung des in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. De-zember 1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 9. März 1988 1 BvL 49/86 § 29 Abs. 1 Satz 4 SG). Zugang zur Personalakte dürfen nur Personen haben, die in Personalangelegenheiten zuständig sind, und nur soweit dies zu Zwecken der Personalführung und bearbeitung erforderlich ist (§ 29 Abs. 3 Satz 1 SG). Ohne Einwilligung des Soldaten darf die Personalakte an andere Stellen oder an Ärzte im Geschäftsbereich des BMVg weitergegeben werden, soweit dies im Rahmen der Zweckbestimmung des Dienstverhältnisses erforderlich ist; für Auskünfte aus der Personalakte gilt Entsprechendes (§ 29 Abs. 3 Satz 2 und 3 SG). Auskünfte an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg dürfen nur mit Einwilligung des Soldaten erteilt werden, es sei denn, dass zwingende Gründe der Verteidigung, die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen Dritter dies erfordern (§ 29 Abs. 3 Satz 5 SG). Selbst wenn aber diese Voraussetzungen vorliegen, sind nach dem klaren Wortlaut des § 29 Abs. 3 Satz 5 SG nur Auskünfte aus der Personalakte, nicht aber Übermittlungen der Personalakte selbst oder einzelner Personalaktenteile zulässig.
[16] Dieses so strukturierte Personalaktengeheimnis wird für die Gesundheitsunterlagen eines Soldaten durch besondere Schutzbestimmungen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, BTDrucks 12/544, S. 23 zu § 29 SG Abs. 3; Vogelgesang, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 5 Wehrrecht, § 29 SG RNr. 5; Scherer/Alf, SG, 7. Aufl., § 29 RNr. 15) noch einmal besonders akzentuiert. Gesundheitsunterlagen sind während des Wehrdienstverhältnisses stets als Teilakte vom zuständigen Truppenarzt zu führen und von der übrigen Personalakte getrennt aufzubewahren; Zugang darf nur das fachlich zuständige Sanitätspersonal und das diesem fachaufsichtlich vorgesetzte Sanitätspersonal im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung haben (§ 29 Abs. 9 SG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SPersAV). Daten über medizinische und über psychologische Untersuchungen und Tests dürfen nur im jeweiligen Dienst der Bundeswehr und nur insoweit verarbeitet werden, als sie für die Beurteilung der Dienst und Verwendungsfähigkeit erforderlich sind (§ 29 Abs. 4 Satz 1 SG). Zugelassen ist die Weitergabe der Ergebnisse solcher Untersuchungen und Tests an für Personalangelegenheiten der Bundeswehr zuständige Stellen, soweit dies für Zwecke der Personalführung und bearbeitung erforderlich ist (§ 29 Abs. 4 Satz 2 SG; s. weiter § 4 Abs. 3 und § 9 SPersAV). Die die Dienst- und Verwendungsfähigkeit bestimmenden ärztlichen Informationen können schließlich einer zentralen Stelle zur Erfüllung der ärztlichen Dokumentationspflicht und zum Zwecke der Beweissicherung übermittelt und dort aufbewahrt werden (§ 29 Abs. 4 Satz 5 SG; s. § 5 Abs. 3 Satz 5 SPersAV). Eine Weitergabe oder Übermittlung von Gesundheitsunterlagen an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg lässt § 29 Abs. 4 SG, der für Daten über medizinische und über psychologische Untersuchungen und Tests die Grenzen der "befugten" Datenverwendung und verarbeitung regelt, nicht zu. Als besondere Schutzvorschrift zugunsten der Persönlichkeitssphäre des Soldaten sperrt er als lex specialis insbesondere den Rückgriff auf § 29 Abs. 3 Satz 5 SG.
[17] Unter Beachtung dieser Rechtsgrundlagen war das BMVg Fü San I 2 nicht berechtigt, den über den Antragsteller erstellten Arztbericht vom 7. Februar 2002 ohne dessen Zustimmung an den WBdBT zu übermitteln.
[18] Zwar hatte der Antragsteller unter dem 28. Januar 2002 in einer Einverständniserklärung die in Frage kommenden Krankenanstalten und Ärzte von ihrer Schweigepflicht gegenüber den Ärzten des BMVg entbunden. Es kann offen bleiben, ob mit dieser Entbindungserklärung gegenüber "dem mit der Angelegenheit befassten Personenkreis" auch der WBdBT gemeint war. Denn diese Einverständniserklärung hat der Antragsteller mit Schreiben an das BMVg vom 19. Februar 2002 in vollem Umfang widerrufen und ergänzend diesen Widerruf auf alle anderen von ihm zuvor gemachten Einverständniserklärungen zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erstreckt. Diese ausdrückliche schriftliche Widerrufserklärung des Antragstellers schließt die Annahme einer konkludenten Zustimmung zur Übersendung des Arztberichts vom 7. Februar 2002 aus. Hiervon abgesehen lässt aber auch das Verhalten des Antragstellers gegenüber dem BMVg Fü San I 2 nicht den Schluss zu, er sei stillschweigend mit der Übermittlung dieses Arztberichtes an Dritte einverstanden. Zwar hat der Antragsteller eine Klärung der Frage seiner Auslandsdienstverwendungsunfähigkeit durch den WBdBT gewünscht. Gegenüber dem BMVg Fü San I 2 hat er jedoch weder schriftlich noch in sonstiger Weise zu erkennen gegeben, dass er einer Übersendung des Arztberichts vom 7. Februar 2002 zustimmen werde.
[19] Für eine Übermittlung ohne Einwilligung des Antragstellers ergibt sich auch keine Ermächtigung für das BMVg aus § 3 Nr. 1 Satz 1 WBeauftrG. Danach hat der WBdBT die Befugnis, vom BMVg und allen diesem unterstellten Dienststellen und Personen Auskunft und Akteneinsicht zu verlangen. Ob dieses Recht durch die soeben zitierten spezialgesetzlichen Bestimmungen in § 29 Abs. 1, Abs. 3 und 4 SG, die eine Übermittlung der Personalakte bzw. eines Teils von ihr an Dritte außerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg ohne Zustimmung des Soldaten untersagen, eingeschränkt wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn der WBdBT hat nicht um die Übermittlung der Facharztbefunde ersucht, sondern das BMVg Fü San I 2 mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 lediglich um Nachricht über den Abschluss der Angelegenheit gebeten.
[20] Da die Übermittlung des Arztberichtes ohne Zustimmung des Antragstellers unzulässig war, durfte sie auch in der gewählten Übermittlungsform als verschlossene Arztsache nicht an den WBdBT gesandt werden.