Bundesverwaltungsgericht
Mitbestimmung des Betriebsrats im stillgelegten Betrieb eines Postnachfolgeunternehmens; Versetzung von Beamten zu anderen Betrieben; Mitbestimmung beim Sozialplan; amtsangemessene Weiterbeschäftigung
1. Der restmandatierte Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen, wenn Beamte eines Postnachfolgeunternehmens von einem stillgelegten Betrieb zu anderen Betrieben des Unternehmens wechseln.
2. Die Individualinteressen dieser Beamten, insbesondere ihr Recht auf amtsangemessene Weiterbeschäftigung, werden durch die Mitbestimmung des Betriebsrats beim Sozialplan hinreichend gewahrt.
BVerwG, Beschluss vom 25. 1. 2012 – 6 P 25.10; OVG des Saarlandes (lexetius.com/2012,262)
In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die Anhörung vom 25. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Möller, Hahn und Prof. Dr. Hecker beschlossen:
Das Verfahren wird hinsichtlich der Versetzungen der Beamten B., G. und N. eingestellt. Insoweit sind der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (Fachsenat für Personalvertretungssachen – Bund -) vom 27. Oktober 2010 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Fachkammer für Personalvertretungssachen – Bund -) vom 22. März 2007 wirkungslos.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
[1] Gründe: I. Unter dem 2. Oktober 2001 entschied die Beteiligte, die Deutsche Post AG, ihre Service Niederlassung Immobilien zum 1. Januar 2002 aufzulösen. Unter Hinweis darauf teilte sie mit Schreiben vom 7. November 2001 dem Antragsteller, dem Betriebsrat der Service Niederlassung Immobilien, mit, dass die dortigen Beschäftigten zum 1. Januar 2002 nach Maßgabe der beigefügten Anlage zu den Briefniederlassungen versetzt werden sollten, und bat darum, der vorgesehenen Maßnahme gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG bzw. § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG zuzustimmen. Dies lehnte der Antragsteller mit Schreiben vom 20. November 2001 mit der Begründung ab, die geplante Organisationsmaßnahme stehe nicht in Einklang mit den Tarifverträgen 444 und 445, welche die Erstellung eines Sozialplans vorsähen.
[2] Mit Schreiben vom 22. März 2005, beim Antragsteller eingegangen am 30. April 2005, bat die Beteiligte erneut um Zustimmung zu den Versetzungen von Beschäftigten der ehemaligen Service Niederlassung Immobilien. Sie nahm Bezug auf den mit dem Gesamtbetriebsrat am 9. August 2004 vereinbarten Sozialplan und die durch Feststellungsvermerke gemäß den Regelungen des Tarifvertrages Nr. 444 bzw. der geltenden Rationalisierungsschutzvereinbarung für Beamte vereinbarten Weiterbeschäftigungen. Als vorläufige personelle Maßnahme wurde die Abordnung der betroffenen Beamten mit sofortiger Wirkung angeordnet. Mit Schreiben vom 21. Mai 2005, bei der Beteiligten eingegangen am gleichen Tage, versagte der Antragsteller die Zustimmung zu den Versetzungen der betroffenen Beamten. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, die beabsichtigten personellen Maßnahmen verstießen gegen die Tarifverträge 444 und 445 sowie die entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarung und gegen die auf dieser Grundlage abgeschlossenen Sozialpläne. Mit Schreiben vom 22. Juli 2005 teilte die Beteiligte mit, von der Anrufung der Einigungsstelle abzusehen, weil der Antragsteller die Zustimmungsverweigerung nicht fristgerecht erklärt habe und seine Zustimmung zu den Versetzungen der betroffenen Beamten somit als erteilt gelte.
[3] Das vom Antragsteller angerufene Verwaltungsgericht hat der Beteiligten aufgegeben, aus Anlass der am 21. Mai 2005 verweigerten Zustimmung zu den Versetzungen von 23 namentlich bezeichneten Beamten von der Service Niederlassung Immobilien zu anderen Niederlassungen unverzüglich die Einigungsstelle anzurufen. Dagegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat das Verfahren hinsichtlich der Versetzung von 10 Beamten eingestellt. Hinsichtlich der verbliebenen Beamten hat es den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die kollektivrechtliche Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts sei durch die Versetzung von Beamten eines aufgelösten Betriebes nicht negativ betroffen. Denn eine Betriebsgemeinschaft, die durch solche Versetzungen etwa aufgrund einer mit ihr einhergehenden Arbeitsverdichtung benachteiligt sein könnte, bestehe nach endgültiger Einstellung der Betriebstätigkeit und Auflösung des Betriebes nicht mehr. Auch fehle es an einer am Maßstab der Verteilungsgerechtigkeit zu kontrollierenden Auswahlentscheidung zwischen den von den Versetzungen betroffenen und den "zurückbleibenden" Beamten, da letztlich sämtliche "im Dienst" verbleibenden Beamten versetzt würden. Die Individualinteressen der von der Versetzung erfassten Beamten würden durch das über § 24 Abs. 1 und 2 PostPersRG auch für Beamte geltende Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen gemäß den §§ 111 bis 113 BetrVG hinreichend gewahrt. Auch der Umstand, dass den von Versetzungen betroffenen Beamten ein verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteter Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zustehe, der ihnen ein Recht auf Weiterbeschäftigung in einem ihrem Statusamt entsprechenden Funktionsbereich vermittle, gebe keinen Grund, dem Betriebsrat unter dem Gesichtspunkt des Individualrechtsschutzes der betroffenen Beamten im Rahmen des Restmandats ein Mitbestimmungsrecht bei einer Versetzung nach Betriebsauflösung zuzubilligen. Das Recht auf amtsangemessene Beschäftigung lasse sich mittels einer Verweigerung der Zustimmung zu der Versetzung in der vorliegenden Konstellation nicht sichern. Die Versetzung von Beamten nach Auflösung des bisherigen Betriebes sei alternativlos. Ein Betrieb, in welchem der Beamte nach Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats eingegliedert bleibt und der bisherigen amtsangemessenen Betätigung weiter nachgehen könnte, existiere nicht mehr.
[4] Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Eine Versetzung sei zum einen die Ausgliederung aus dem bisherigen Betrieb und zugleich die auf Dauer angelegte Übertragung eines neuen Tätigkeitsbereichs bei gleichzeitiger Eingliederung in einen anderen Betrieb. Im Falle einer Betriebsstilllegung sei nur die Ausgliederung alternativlos. Hinsichtlich der Übertragung eines neuen Aufgabenbereichs bei einem anderen Betrieb habe dagegen die Arbeitgeberin einen weiten Entscheidungsspielraum. Daran knüpfe die Mitbestimmung im abgebenden Betrieb an. Diese diene auch dem Schutz der individuellen Interessen der von der Maßnahme betroffenen Beschäftigten. Der Betriebsrat des abgebenden Betriebes eines Postnachfolgeunternehmens habe die Versetzung daraufhin zu überprüfen, ob der neue Aufgabenbereich im neuen Betrieb dem Statusamt des betroffenen Beamten entspreche. Dies sei durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich vorgegeben. Das Interessenausgleichsverfahren nach § 111 BetrVG und das Sozialplanverfahren nach §§ 112, 112a BetrVG könnten zwar wegen § 24 BetrVG grundsätzlich auch Beamte erfassen. Diese Instrumente könnten jedoch dem infolge einer Betriebsstilllegung von einer Versetzung betroffenen Beamten nicht den gebotenen Schutz im Hinblick auf seinen Anspruch auf Übertragung von amtsangemessenen funktionellen Ämtern im Rahmen von Versetzungen gewähren. Dies sei hinsichtlich des Interessenausgleichs schon deshalb einleuchtend, weil dieser gegen den Willen des Arbeitgebers nicht erzwungen werden könne. Auch könne ein vereinbarter Interessenausgleich keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch des Arbeitnehmers begründen. Der erzwingbare Sozialplan sei im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls ungeeignet. Er bestehe nach der Legaldefinition in der Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die die Beschäftigten infolge der Betriebsänderung träfen. Darum gehe es hier nicht. Abgesehen davon verfügten die Betriebsparteien bei der Einschätzung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile über einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung stehe jedoch nicht zur Disposition der Betriebsparteien. Das Mitbestimmungsverfahren wegen Versetzung sei geeignet, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beamten auf ein seinem Statusamt entsprechendes funktionelles Amt zu schützen. Gebe die Einigungsstelle eine der Auffassung des Betriebsrats entsprechende Empfehlung und wolle das Bundesministerium der Finanzen dieser Empfehlung folgen, so müsse es dafür Sorge tragen, dass dem betroffenen Beamten unverzüglich durch erneute anderweitige Versetzung ein funktionelles Amt übertragen werde, das seinem Statusamt entspreche. Nach alledem sei im vorliegenden Fall das Mitbestimmungsverfahren durch Anrufung der Einigungsstelle fortzusetzen, zumal die Zustimmungsverweigerung form- und fristgerecht erklärt worden sei.
[5] Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Oktober 2010 zu ändern, soweit er die Versetzung der Beamten W. A., W. B., A. B., C. H. C., J. H., G. H., M. H., E. N., R. R. und H. S. betrifft, und in diesem Umfang die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. März 2007 zurückzuweisen.
[6] Die Beteiligte beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
[7] Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
[8] Hinsichtlich der Versetzung von drei weiteren Beamten haben die Beteiligten im Anhörungstermin des Senats das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
[9] II. Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten im Anhörungstermin des Senats das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben; in diesem Umfang sind die Entscheidungen der Vorinstanzen wirkungslos (§ 29 Abs. 9 Satz 2 PostPersRG i. V. m. § 83a Abs. 2 Satz 1, § 95 Satz 4 ArbGG und § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog). Im Übrigen ist die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Antragsteller kann nicht verlangen, dass die Beteiligte wegen der Versetzung der noch verbliebenen zehn Beamten von der Service Niederlassung Immobilien zu anderen Niederlassungen die Einigungsstelle anruft.
[10] 1. Gegen die Zulässigkeit des im Rechtsbeschwerdeverfahren weiterverfolgten Begehrens der Antragstellerin bestehen keine Bedenken.
[11] a) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht (vgl. Beschluss vom 7. April 2010 – BVerwG 6 P 6.09 – BVerwGE 136, 271 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 112 Rn. 15 m. w. N.).
[12] Beim Antragsteller handelt es sich um den Betriebsrat eines stillgelegten Betriebes. Seine Antragsbefugnis ergibt sich aus § 21b BetrVG. Danach bleibt, wenn ein Betrieb durch Stilllegung untergeht, dessen Betriebsrat solange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit in Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass das Amt des Betriebsrats endet, wenn die betriebliche Organisation, für die der Betriebsrat gebildet ist, wegfällt. Das Restmandat ist funktional bezogen auf alle im Zusammenhang mit der Stilllegung sich ergebenden Beteiligungsrechte (vgl. BAG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 1 ABR 41/09 – BAGE 132, 324 Rn. 16). Hier macht der Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen geltend, die von der beteiligten Arbeitgeberin aus Anlass der Auflösung der Service Niederlassung Immobilien ausgesprochen wurden.
[13] b) Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen. Zwar sind die Versetzungen hinsichtlich der hier noch betroffenen Beamten spätestens seit März 2005 vollzogen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Mitbestimmungsverfahren, dessen Fortsetzung der Antragsteller begehrt, zu einem Ergebnis führt, welches für die betroffenen Beamten hinsichtlich des von ihnen wahrzunehmenden Tätigkeitsbereichs eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang Beschluss vom 14. Juni 2011 – BVerwG 6 P 10.10 – Rn. 11).
[14] 2. Das streitige Begehren ist nicht begründet.
[15] a) Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den Beteiligungsrechten des Betriebsrats hinsichtlich der Beamten in einem Postnachfolgeunternehmen. Es gelten die Bestimmungen des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG) vom 14. September 1994, BGBl I S. 2325. Gegenstand des Beteiligungsrechts ist die durch die Betriebsschließung veranlasste Versetzung der Beamten zu anderen Betrieben der Beteiligten mit Wirkung vom 1. Januar 2002. Anzuwenden ist daher das Postpersonalrechtsgesetz in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
[16] Soweit im Postpersonalrechtsgesetz nichts anderes bestimmt ist, findet in den Postnachfolgeunternehmen das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung (§ 24 Abs. 1 PostPersRG). In dieser Hinsicht gelten die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten als Arbeitnehmer (§ 24 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG).
[17] b) Abweichendes bestimmt ist in den Vorschriften der §§ 28 ff. PostPersRG über die Beteiligung des Betriebsrats in Angelegenheiten der Beamten. So bestimmt § 28 Satz 1 PostPersRG insbesondere, dass der Betriebsrat in den Personalangelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG zu beteiligen ist. In diesen Angelegenheiten hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht (§ 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG). Verweigert der Betriebsrat in einer derartigen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit form- und fristgerecht seine Zustimmung und ergibt sich zwischen ihm und dem Arbeitgeber keine Einigung, so ist die Einigungsstelle anzurufen (§ 29 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 PostPersRG). Diese Verpflichtung trifft die Beteiligte hier nicht, weil dem Antragsteller das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zusteht.
[18] c) Nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG ist die Versetzung eines Beamten zu einer anderen Dienststelle mitbestimmungspflichtig. Unter Versetzung im Sinne von § 26 BBG in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen (organisationsrechtliche Versetzung). Eine Versetzung in diesem Sinne unterfällt der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG (vgl. Beschluss vom 15. November 2006 – BVerwG 6 P 1.06 – BVerwGE 127, 142 = Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 40 Rn. 17). Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen tritt an die Stelle des neuen funktionellen Amtes der neue Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen- bzw. Behördenwechsels der Betriebswechsel. Demgemäß ist die nicht nur vorübergehende Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs an einen Beamten bei einem anderen Betrieb der Beteiligten als Versetzung mitbestimmungspflichtig gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG i. V. m. § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG (vgl. Beschluss vom 15. November 2006 a. a. O. Rn. 18).
[19] § 26 Abs. 2 Satz 2 BBG trifft eine Sonderregelung für eine Versetzung bei Auflösung einer Behörde. Daraus ist zu schließen, dass der dienstrechtliche Versetzungsbegriff auch denjenigen Dienststellenwechsel miterfasst, welcher durch eine Dienststellenauflösung veranlasst ist. Ob in einem solchen Fall auch eine Versetzung im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes vorliegt, kann auf sich beruhen (vgl. zum Verständnis gleichlautender Begriffe im Dienst- und Beteiligungsrecht: Beschlüsse vom 2. August 2005 – BVerwG 6 P 11.04 – Buchholz 251. 2 § 86 BlnPersVG Nr. 5 S. 6 und vom 7. März 2011 – BVerwG 6 P 15.10 – Rn. 19). Jedenfalls hat der restmandatierte Betriebsrat nach Sinn und Zweck der Regelung in § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG nicht nach dieser Vorschrift mitzubestimmen, wenn Beamte eines Postnachfolgeunternehmens von einem stillgelegten Betrieb zu anderen Betrieben des Unternehmens wechseln.
[20] aa) Wird ein Beamter innerhalb der Bundesverwaltung versetzt, so stehen dem Personalrat die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 BPersVG zu Gebote. Macht der Personalrat von seinem Zustimmungsverweigerungsrecht form- und fristgerecht Gebrauch (§ 69 Abs. 2 Satz 3 und 5 BPersVG), so hat es dabei sein Bewenden, wenn der Dienststellenleiter die Argumentation des Personalrats ausdrücklich akzeptiert oder von einer fristgerechten Einleitung des Stufenverfahrens absieht (§ 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG). Folge ist, dass der betroffene Beamte auf seinem bisherigen Dienstposten verbleibt. Die schützenswerten Belange der übrigen Beschäftigten der abgebenden Dienststelle sind ebenfalls gewahrt. Eine etwaige Mehrbelastung ist ebenso abgewendet wie eine etwa sachwidrige Auswahlentscheidung (vgl. Beschluss vom 15. November 2006 a. a. O. Rn. 29).
[21] bb) Nicht anders verhält es sich bei der Versetzung eines Beamten innerhalb eines Postnachfolgeunternehmens. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats richtet sich ebenfalls nach § 77 Abs. 2 BPersVG (§ 29 Abs. 1 Satz 2 PostPersRG). Verweigert der Betriebsrat nach Maßgabe von § 29 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG die Zustimmung, so muss der Arbeitgeber nicht die Einigungsstelle anrufen, wenn er die Haltung des Betriebsrats akzeptiert. Dies ist dann die "Einigung" im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 1 PostPersRG, die ihn von der Anrufung der Einigungsstelle entbindet (vgl. Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 69 Rn. 138). Auch hier wahrt die Zustimmungsverweigerung die Interessen des betroffenen Beamten am Erhalt seines Dienstpostens und schützt zugleich die übrigen Beschäftigten des abgebenden Betriebes vor Mehrbelastung und benachteiligender Auswahl. Dasselbe gilt, wenn die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats im Einigungsstellenverfahren bestätigt wird.
[22] cc) Anders ist die Lage, wenn die Versetzungen durch eine Betriebsstilllegung veranlasst sind. Die kollektiven Interessen der Beschäftigten des abgebenden Betriebes, die typischerweise durch die Mitbestimmung bei Versetzungen gewahrt werden, sind nicht berührt, wenn die Existenz des Betriebes fortfällt. Dies gilt für den Schutz vor Mehrbelastung ebenso wie für den Schutz vor nicht sachgerechter Auswahlentscheidung. Denn infolge der Stilllegung müssen alle Beschäftigten den Betrieb wechseln. Der betroffene Beamte wird im Falle einer Betriebsstilllegung durch die Mitbestimmung bei Versetzungen allenfalls unvollkommen geschützt. Sein primäres Interesse am Verbleib auf dem bisherigen Dienstposten wird durch die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nicht gewahrt. Die Zustimmungsverweigerung erweist sich in diesen Fällen, solange sie Bestand hat, als ausschließlich destruktiv. Sie verhindert die Eingliederung in den neuen Betrieb (vgl. § 69 Abs. 1 BPersVG), ohne zugleich das Recht auf amtsangemessene Beschäftigung zu sichern. Zwar hat der Arbeitgeber die Befugnis zu vorläufigen Regelungen (§ 29 Abs. 4 PostPersRG i. V. m. § 69 Abs. 5 BPersVG). Bei der letztgenannten Regelung handelt es sich jedoch um eine mit strengen Anforderungen verbundene Ausnahmevorschrift. Im Falle einer Betriebsschließung müsste der Arbeitgeber die Ausnahme zur Regel machen, wenn er erreichen wollte, dass der Beamte überhaupt einer Beschäftigung nachgeht. Eine konstruktive Lösung ist auch im Verfahren vor der Einigungsstelle nicht sichergestellt. Diese gibt dem Arbeitgeber eine Empfehlung, wenn sie sich seiner Auffassung nicht anschließt (§ 29 Abs. 3 Satz 3 PostPersRG). Voraussetzung dafür ist die Anerkennung eines Zustimmungsverweigerungsrechts nach § 77 Abs. 2 BPersVG (§ 29 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG). Damit allein ist dem Interesse des Beamten an einer amtsangemessenen Weiterbeschäftigung ebenso wenig gedient wie mit der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats. Daran ändert sich nichts, wenn die Empfehlung der Einigungsstelle Verbindlichkeit erlangt (§ 29 Abs. 3 Satz 4 PostPersRG).
[23] dd) Höchstrichterlich geklärt ist, dass der Betriebsrat eines stillgelegten Betriebs nicht im Rahmen seines Restmandates nach § 95 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beteiligen ist, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach der vollständigen Stilllegung des Betriebs eine Tätigkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens zuweist (vgl. BAG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 a. a. O. Rn. 17 ff.). Die Mitbestimmung nach den vorgenannten Vorschriften setzt den Fortbestand der Einheit voraus, für die der Betriebsrat errichtet ist (a. a. O. Rn. 20). Die Zuweisung von anderen Tätigkeiten im Unternehmen berührt keine kollektiven Interessen der vom restmandatierten Betriebsrat repräsentierten früheren Belegschaft. Eine Betriebsgemeinschaft, die durch solche Maßnahmen des Arbeitgebers nachteilig betroffen sein könnte, besteht nach der endgültigen Einstellung der Betriebstätigkeit und Auflösung der betrieblichen Organisation nicht mehr. Ebenso fehlt es an einer Auswahlentscheidung des Arbeitsgebers, die unter dem Gesichtspunkt der betriebsinternen Verteilungsgerechtigkeit einer Kontrolle zu unterwerfen wäre. Von der Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs sind sämtliche Arbeitnehmer der aufgelösten Einheit betroffen, deren Arbeitsverhältnis anlässlich der Stilllegung nicht beendet wird (a. a. O. Rn. 25).
[24] Die Individualinteressen der von einer Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmer verlangen ebenfalls keine Beteiligung des restmandatierten Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Diese werden durch das Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen gemäß §§ 111 bis 113 BetrVG hinreichend gewahrt. Eine Betriebsstilllegung stellt unter den Voraussetzungen des § 111 Satz 1, Satz 3 Nr. 1 BetrVG eine Betriebsänderung dar. Über sie sind zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich und ein Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 BetrVG abzuschließen. Es ist Aufgabe der Betriebsparteien, im Rahmen solcher Vereinbarungen die Anforderungen, unter denen die Übertragung einer anderweitigen Tätigkeit zulässig ist, abstrakt oder einzelfallbezogen festzulegen. So können etwa persönliche und fachliche Zumutbarkeitskriterien für die Zuweisung einer geänderten Tätigkeit geregelt werden, durch die die wechselseitigen Interessen des Arbeitgebers und der Belegschaft zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden. Auf diese Weise wird das Direktionsrecht des Arbeitsgebers begrenzt und dem Bedürfnis der betroffenen Arbeitnehmer Rechnung getragen, das Arbeitsverhältnis nur unter angemessenen Beschäftigungsbedingungen fortzusetzen. Demgegenüber ginge der durch das Beteiligungsrecht bei betriebsübergreifenden Versetzungen bezweckte Schutz des einzelnen Arbeitnehmers ins Leere. Das auf die Fortsetzung der Beschäftigung im bisherigen Arbeitsbereich gerichtete Regelungsziel der §§ 99, 101 BetrVG kann durch eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nicht mehr erreicht werden. Durch die endgültige Stilllegung des Betriebs entfällt die Einsatzmöglichkeit für die dort zuvor beschäftigten Arbeitnehmer. Eine Zustimmungsverweigerung könnte dem Arbeitnehmer ausschließlich ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung verschaffen. Dies widerspräche aber der Schutzfunktion des Beteiligungsrechts (vgl. BAG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 a. a. O. Rn. 26).
[25] Das Bundesarbeitsgericht spricht in der vorbezeichneten Entscheidung vom "Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen (§§ 111 bis 113 BetrVG)". Allerdings sind die beiden dort normierten Instrumente, nämlich der Interessenausgleich und der Sozialplan, nach Inhalt und Rechtswirkung verschieden.
[26] (1) Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Frage, ob, wann und wie eine Betriebsänderung durchgeführt wird. Durch den Interessenausgleich werden die Modalitäten der Betriebsänderung geregelt, nicht deren Folgen (vgl. Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 25. Aufl. 2010, §§ 112, 112a Rn. 2 und 13). Der Arbeitgeber hat einen Interessenausgleich zwar ernsthaft zu versuchen. Er ist zu diesem Zweck gehalten, gemäß § 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG die Einigungsstelle anzurufen. Andernfalls werden Ansprüche der Arbeitnehmer auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG begründet. Der Betriebsrat kann den Interessenausgleich aber gegen den Willen des Arbeitgebers nicht erzwingen. Auch die Einigungsstelle kann gemäß § 112 Abs. 3 Satz 2 BetrVG lediglich auf eine gütliche Einigung hinwirken (vgl. Fitting u. a., a. a. O. §§ 112, 112a Rn. 3 und 33). Wie der Umkehrschluss aus § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ergibt, kommt dem Interessenausgleich nicht die Wirkung einer Betriebsvereinbarung zu. Er entfaltet daher grundsätzlich keine normative Wirkung für die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer. Dem Arbeitgeber drohen allerdings gemäß § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG für den Fall einer ohne zwingenden Grund vorgenommenen Abweichung vom Interessenausgleich individualrechtliche Sanktionen (vgl. Fitting u. a., a. a. O. §§ 112, 112a Rn. 43 und 46).
[27] (2) Der Sozialplan ist nach der Legaldefinition in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Er hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (§ 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Seine Bestimmungen gelten für die von seinem Geltungsbereich erfassten Arbeitsverhältnisse nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend. Sie begründen normativ unmittelbare Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber. Diesen trifft gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die kollektivrechtliche Pflicht zur Durchführung des Sozialplans (vgl. Fitting u. a., a. a. O. §§ 112, 112a Rn. 177 f.). Wie sich aus § 112 Abs. 4 BetrVG ergibt, kann der Betriebsrat die Aufstellung des Sozialplans über die Einigungsstelle erzwingen. Diese ist bei ihrer Entscheidung an die Vorgaben in § 112 Abs. 5 BetrVG gebunden. Sozialpläne haben eine zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Sie sollen die künftigen Nachteile ausgleichen, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume. Bei der Ausgestaltung des Sozialplans haben die Betriebsparteien allerdings zwingendes Gesetzesrecht, insbesondere den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, zu beachten (vgl. BAG, Urteile vom 20. April 2010 – 1 AZR 988/08 – AP Nr. 208 zu § 112 BetrVG 1972 Rn. 21 sowie vom 1. Februar 2011 – 1 AZR 417/09 – Rn. 17; Fitting u. a., a. a. O. §§ 112, 112a Rn. 139, 144 f. und 254).
[28] (3) Das Bundesarbeitsgericht hat im zitierten Beschluss vom 8. Dezember 2009 (a. a. O. Rn. 26) als in Betracht zu ziehende betriebsverfassungsrechtliche Instrumente einheitlich Interessenausgleich und Sozialplan genannt. Als Regelungsgegenstand hat es bezeichnet: die Anforderungen, unter denen die Übertragung einer anderweitigen Tätigkeit zulässig ist, die persönlichen und fachlichen Zumutbarkeitskriterien für die Zuweisung einer geänderten Tätigkeit sowie das Bedürfnis der betroffenen Arbeitnehmer an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter angemessenen Beschäftigungsbedingungen. Das Bundesarbeitsgericht ist dabei ersichtlich davon ausgegangen, dass ein zumutbares Arbeitsplatzangebot in einem anderen Betrieb zulässiger Regelungsgegenstand eines Sozialplans sein kann. Ein solches Verständnis liegt nahe, weil das Bemühen um die Vereinbarung eines Interessenausgleichs trotz Einschaltung der Einigungsstelle fehlschlagen kann. Dies bedeutet zugleich, dass die Legaldefinition in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Regelungen zur zumutbaren Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb nicht entgegensteht. Dies ist in § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 BetrVG angelegt. Danach soll in einem von der Einigungsstelle zu verantwortenden Sozialplan vorgesehen werden, Arbeitnehmer von Leistungen auszuschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen. In dieser Regelung kommt der Zusammenhang zwischen Abfindungsleistungen als typischem Bestandteil eines Sozialplans und zumutbaren Weiterbeschäftigungsangeboten in anderen Betrieben des Unternehmens zum Ausdruck. Da es im Falle einer Betriebsstilllegung primär darum geht, die Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer zu zumutbaren Bedingungen zu sichern, haben entsprechende Regelungen in einem Sozialplan eine besondere und im Verhältnis zu Abfindungsleistungen eigenständige Bedeutung (vgl. BAG, Beschluss vom 28. September 1988 – 1 ABR 23/87 – BAGE 59, 359 [367 ff.] sowie Urteil vom 6. November 2007 – 1 AZR 960/06 – BAGE 124, 335 Rn. 16 und 21; Fitting u. a., a. a. O. §§ 112, 112a Rn. 159 f. und 265 ff.).
[29] ee) Nach §§ 28, 29 PostPersRG ist die "personalvertretungsrechtliche" Beteiligung des Betriebsrats auf die Personalangelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1, § 78 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 und § 79 Abs. 3 BPersVG beschränkt. Die Beteiligungsrechte in anderen innerdienstlichen Angelegenheiten, insbesondere denjenigen nach § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 2 und § 78 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BPersVG, gelten dagegen nicht. Hier kommen vielmehr nach der Grundregel des § 24 PostPersRG – auch im Bezug auf die Beamten – die vergleichbaren Instrumente nach dem Betriebsverfassungsgesetz zum Zuge (vgl. BAG, Beschlüsse vom 12. August 1997 – 1 ABR 7/97 – BAGE 86, 198 [208] und vom 10. Dezember 2002 – 1 ABR 27/01 – BAGE 104, 187 [192, 194, 196 ff.]). Da weder die Mitwirkung bei Auflösung von Dienststellen (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG) noch die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Sozialplänen (§ 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG) in § 28 Satz 1 PostPersRG in Bezug genommen ist, greift auch für die Beamten die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111, 112 BetrVG ein. Besondere Rechtspositionen der Beamten, insbesondere solche verfassungsrechtlicher Art, verbieten dies nicht.
[30] (1) Nach Art. 33 Abs. 5 GG können Beamte, die Inhaber eines Amtes im statusrechtlichen Sinne sind, vom Dienstherrn verlangen, dass ihnen Funktionsämter, nämlich ein abstrakt-funktionelles und ein konkret-funktionelles Amt, übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht. Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung steht uneingeschränkt auch denjenigen Beamten zu, die in einem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost tätig sind (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3 und vom 18. September 2008 – BVerwG 2 C 126.07 – BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99). Dass dieser verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch nicht zur Disposition der Betriebsparteien steht, hindert nicht daran, Beamte in einen Sozialplan einzubeziehen, der im Zusammenhang mit einer Betriebsstilllegung aufgestellt wird. Wie bereits oben erwähnt, hat eine Betriebsvereinbarung, als deren Sonderform sich der Sozialplan darstellt (§ 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG), zwingendes Gesetzesrecht zu beachten. Der Sozialplan ist geeignet, den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung in einem neuen Betrieb zu sichern und näher auszugestalten. Letzteres kann sich z. B. auf die Frage beziehen, in welchem Betrieb und in welchem Aufgabenbereich der Beamte fortan eine Tätigkeit ausübt, die seinem Status entspricht. In diesem Zusammenhang können andere Aspekte eine Rolle spielen, welche der Gestaltung der Betriebsparteien unterliegen. Darunter fällt z. B. die Berücksichtigung der Wegezeiten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie der Betreuung von Familienangehörigen. Schließlich können die Betriebsparteien darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang – im Einklang mit dem Recht auf amtsangemessene Beschäftigung – dem Beamten zugemutet werden kann, vorübergehend auf einem anderen Arbeitsposten von geringerer Bewertung unter Belassung seiner Amtsbezeichnung und seiner Dienstbezüge verwandt zu werden, bis ihm ein amtsangemessener Dienstposten übertragen wird (vgl. § 6 PostPersRG). Der in § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 BetrVG angelegte Gesichtspunkt der zumutbaren Weiterbeschäftigung lässt sich unschwer auf die beschriebene beamtenspezifische Rechtslage übertragen: Die Weiterbeschäftigung des Beamten in einem neuen Betrieb ist nur dann zumutbar, wenn sie seinem Anspruch auf amtsangemessene Verwendung Rechnung trägt. Diesen Anforderungen muss der Sozialplan entsprechen. Dass die Betriebsparteien oder die Einigungsstelle (§ 112 Abs. 4 BetrVG) damit überfordert sind, ist nicht ersichtlich.
[31] (2) Erweist sich daher der Sozialplan als geeignetes Instrument, den Interessen der von einer Betriebsstilllegung betroffenen Beamten an angemessener Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb Rechnung zu tragen, so ist daneben für die Mitbestimmung des restmandatierten Betriebsrates bei Versetzungen kein Raum. Es besteht – über den bereits behandelten grundlegenden Einwand gegen diese Mitbestimmung hinaus – die Gefahr widersprechender Entscheidungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn über den Sozialplan ein anderer Betriebsrat zu entscheiden hat als derjenige Betriebsrat, der zur Mitbestimmung bei Versetzungen berufen ist. So liegt es hier. Es steht rechtskräftig fest, dass der Gesamtpersonalrat zuständig ist, über den Sozialplan für die Beschäftigten der stillgelegten Service Niederlassung Immobilien zu entscheiden (vgl. LAG Saarbrücken, Beschluss vom 11. Februar 2004 – 2 TaBV 8/03 –, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BAG, Beschluss vom 29. September 2004 – 1 ABN 21/04 -).
[32] ff) Gegen die vorbezeichnete Lösung spricht nicht, dass nach § 28 Satz 2 PostPersRG in den Personalangelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG nach gemeinsamer Beratung im Betriebsrat, nur die Vertreter der Beamten zur Beschlussfassung berufen sind. In der Begründung zum entsprechenden Gesetzentwurf wird darauf verwiesen, die genannte Regelung diene der Wahrung des durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Prinzips, dass Beamte in beamtenspezifischen Angelegenheiten ausschließlich durch von ihnen gewählte Personen vertreten werden müssten (vgl. BTDrucks 12/6718 S. 102 zu § 27). Aus dieser verfassungsrechtlichen Einschätzung des Gesetzgebers ergeben sich einfachrechtlich keine Folgerungen. Wenn der Gesetzgeber in § 28 Satz 2 PostPersRG die Geltung des Gruppenprinzips "in diesen Angelegenheiten" festgelegt hat, so bedeutet dies zugleich, dass das Entscheidungsrecht der Beamtenvertreter im Betriebsrat auf die in § 28 Satz 1 PostPersRG genannten Personalangelegenheiten beschränkt ist. Ergibt die einfachrechtliche Abgrenzung, dass die betriebsverfassungsrechtliche Beteiligung nach § 24 PostPersRG die personalvertretungsrechtliche nach §§ 28, 29 PostPersRG verdrängt, so verbleibt es dabei, dass die Beschlüsse des Betriebsrats nach Maßgabe von § 33 BetrVG ohne Berücksichtigung von Gruppenzugehörigkeit gefasst werden. So liegt es hier, wie aus den obigen Ausführungen folgt.
[33] Verfassungsrecht gebietet keine abweichende Beurteilung. Das Bundesverfassungsgericht hat offengelassen, ob dem Gruppenprinzip für die Beamten als Folge ihres besonderen Status Verfassungsrang zukommt (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 1994 – 2 BvL 8/88 – BVerfGE 91, 367 [382]). Bejaht man diese Frage, so lässt sich jedenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht exakt ablesen, in welcher Fallkonstellation jeweils die Gruppenvertreter der Beamten im Betriebsrat eines Postnachfolgeunternehmens allein zur Entscheidung berufen sind. Vielmehr kommt dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu, die es ihm erlaubt, bei Fallgestaltungen im Grenzbereich zwischen gemeinsamen und Gruppenangelegenheiten dem Gruppenprinzip nur eingeschränkt Geltung zu verschaffen.
[34] (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erstreckt sich die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auf Versetzungen von Beamten im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG, soweit diese nicht von § 76 Abs. 1 BPersVG erfasst sind (vgl. Beschluss vom 12. August 1997 a. a. O. S. 202 ff.). Erfasst sind demnach Umsetzungen, die nicht mit einem Dienstortwechsel verbunden sind, sowie Abordnungen, die nicht länger als drei Monate dauern (vgl. § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 und Nr. 5 BPersVG). Auf diese Maßnahme bezieht sich die ausschließliche Entscheidungsbefugnis der Beamtenvertreter im Betriebsrat nach der eindeutigen Regelung in § 28 Satz 2 PostPersRG nicht. Daraus ergeben sich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Aus der Sicht der betroffenen Beamten wiegen die nicht von § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Versetzungsfälle typischerweise weniger schwer, wohingegen die Interessenlage der Gesamtbelegschaft durch innerbetriebliche Versetzungen verhältnismäßig stärker beeinträchtigt werden könnte (vgl. BAG, Beschluss vom 12. August 1997 a. a. O. S. 210). Bei Umsetzungen ohne Dienstortwechsel und bei nur kurzfristigen Abordnungen ist demnach das beamtenspezifische Gewicht deutlich schwächer ausgeprägt, so dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums diese Maßnahmen demjenigen Bereich von Angelegenheiten zuordnen durfte, in welchem es bei der Entscheidungskompetenz des Betriebsrats in seiner Gesamtheit verbleibt (§ 33 Abs. 1 BetrVG).
[35] (2) Im Ergebnis nichts anderes gilt für Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111, 112 BetrVG. Von einer Betriebsstilllegung sind alle dort Beschäftigten, Arbeitnehmer wie Beamte, im Ansatz gleichermaßen betroffen. Die Angehörigen beider Gruppen sind an einer Weiterbeschäftigung im Unternehmen zu angemessenen Bedingungen interessiert. Die Versetzung eines einzelnen Beschäftigten kann typischerweise nicht unabhängig von der unvermeidlichen Versetzung anderer Beschäftigter beurteilt werden. Der Sozialplan dient dem gruppenübergreifenden Interessenausgleich. Über die Angehörigen der einen Gruppe kann nicht ohne jede Rücksicht auf die Interessen der anderen Gruppe befunden werden. Dies ist nicht deswegen ausgeschlossen oder entbehrlich, weil das Recht auf angemessene bzw. zumutbare Weiterbeschäftigung im einen Fall verfassungs- und beamtenrechtlich, im anderen Fall arbeitsrechtlich fundiert ist. Dem entspricht es, dass die Abgrenzung von gemeinsamen Angelegenheiten und Gruppenangelegenheiten nicht norm-, sondern maßnahmebezogen erfolgt (vgl. Beschluss vom 16. April 2008 – BVerwG 6 P 8.07 – Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 5, Rn. 23). Angesichts des komplexen, beide Beschäftigtengruppen gleichermaßen betreffenden Kernanliegens des Sozialplans tritt dessen gruppenspezifischer Charakter zurück, auch wenn in dessen Vollzug Versetzungen als personelle Einzelmaßnahmen auszusprechen sind. Der Gesetzgeber hält sich daher im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, wenn er für einen auch Beamte erfassenden Sozialplan in einem Postnachfolgeunternehmen nicht die alleinige Entscheidungsbefugnis der Beamtenvertreter im Betriebsrat vorsieht.
[36] (3) Immerhin hat der Gesetzgeber dem Gruppenprinzip in gemeinsamen, nicht beamtenspezifischen Angelegenheiten in eingeschränktem, aber doch nicht zu vernachlässigendem Umfang Rechnung getragen. So hat er geregelt, dass die in den Nachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten bei der Betriebsratswahl eine eigene Gruppe bilden, dass Arbeitnehmer und Beamte entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein müssen, dass Arbeitnehmer und Beamte ihre Vertreter im Betrieb in getrennten Wahlgängen wählen und dass in Betrieben mit Beamten dem Wahlvorstand ein Beamter angehören muss (§ 26 Nr. 1 bis 3 und 6 PostPersRG). Besonders stark ist der Gruppenschutz für Beamte bei der Bildung des Gesamtbetriebsrats ausgeprägt, der in betriebsübergreifenden Angelegenheiten zur Beteiligung berufen ist (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Das Zusammenspiel der Regelungen in § 32 Abs. 1 Nr. 1 PostPersRG und § 47 Abs. 2 BetrVG ergibt, dass jeder Betriebsrat in Betrieben mit Beamten von den üblicherweise zwei zu entsendenden Betriebsratsmitgliedern einen Beamtenvertreter benennen muss, der nicht gegen die Mehrheit der Beamtenvertreter im Betriebsrat bestimmt werden kann (vgl. dazu im Einzelnen Peiseler, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 32 PostPersRG Rn. 3 ff.). Demnach kann sich beamtenspezifischer Sachverstand im Betriebsrat auch dort Geltung verschaffen, wo die alleinige Entscheidungsbefugnis der Beamtenvertreter nach § 28 Satz 2 PostPersRG nicht eingreift.
[37] gg) Nicht entscheidungserheblich ist, ob hinsichtlich der Weiterbeschäftigung der Beamten aus der Service Niederlassung Immobilien ein ordnungsgemäßes Sozialplanverfahren i. S. v. § 112 BetrVG tatsächlich stattgefunden hat und ob die zuständigen Betriebsparteien – die beteiligte Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat – dabei die richtigen Maßstäbe zugrunde gelegt haben. Das Begehren des Antragstellers scheitert schon daran, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats im abgebenden Betrieb nach ihrem Sinn und Zweck im Falle der Betriebsstilllegung ausscheidet und für die Belange der betroffenen Beamten mit dem Sozialplan ein geeignetes beteiligungsrechtliches Instrument zur Verfügung steht. Ob der zur Beteiligung berufene Gesamtbetriebsrat davon zutreffend Gebrauch gemacht hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und kann vom örtlichen Betriebsrat im Übrigen nicht zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden.
[38] 3. Die Verfahrensrüge in Gestalt der Besetzungsrüge greift nicht durch. Auf den Senatsbeschluss vom 11. März 2011 – BVerwG 6 PB 19. 10 – wird Bezug genommen.