Bundesgerichtshof
Der Eigentümer einer Sache kann, wenn der bösgläubige oder verklagte Besitzer seine Herausgabepflicht nach § 985 BGB nicht erfüllt, unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 Abs. 1 u. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
BGH, Urteil vom 18. 3. 2016 – V ZR 89/15; OLG Karlsruhe (lexetius.com/2016,2098)
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. März 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[1] Tatbestand: Die Beklagte betreibt Getränkemärkte. Sie beteiligte sich an dem Einkaufsring der deutschen Getränkemärkte (nachfolgend: EKR), der mit der mittlerweile insolventen C. GmbH einen Kooperationsvertrag geschlossen hatte.
[2] Die C. GmbH erhielt die exklusiven Vermarktungsrechte für digitale TV- Werbung und durfte in den Getränkemärkten der Mitglieder des EKR Videogerätesysteme aufstellen, die in ihrem Eigentum verbleiben sollten. Nach der Präambel des Kooperationsvertrags wurden die teilnehmenden Mitglieder des EKR aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet. Sie sollten Provisionen für die Werbeeinnahmen erhalten.
[3] Auf der Grundlage dieses Kooperationsvertrags, der zum 30. September 2011 beendet wurde, stellte die C. GmbH 15 Videogerätesysteme in den Getränkemärkten der Beklagten auf. Gestützt auf die Behauptung, die C. GmbH habe die Videogerätesysteme zunächst an die Geschäftsführerin der Klägerin verkauft und übereignet und diese habe sie anschließend an die Klägerin weiterveräußert, forderte die Klägerin deren Herausgabe. Nachdem die Beklagte dies verweigert hat, verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 7.500 € und behauptet, sie hätte die Videogerätesysteme im Jahr 2013 für 500 € je Gerätesystem veräußern können. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
[4] Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht nimmt an, die Klägerin sei Eigentümerin der Videogerätesysteme geworden und die Beklagte habe kein Recht zum Besitz. Ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 989, 990 BGB scheitere jedoch an der fehlenden Kenntnis der Beklagten von dem Mangel ihres Besitzrechts. Zum Zeitpunkt der behaupteten Schadensentstehung habe sie zwar von der Kündigung des Kooperationsvertrages gewusst, allerdings hätten ihr nicht die nötigen Unterlagen für die Beurteilung des Eigentums der Klägerin vorgelegen.
[5] Ein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der §§ 280, 281 BGB bestehe nicht. Zwar stelle die unterbliebene Herausgabe der Videosysteme eine Verletzung der Herausgabepflicht aus § 985 BGB dar. Allerdings seien die allgemeinen Vorschriften des Leistungsstörungsrechts auf diese Pflichtverletzung nicht anwendbar, da es ansonsten zu einem durch den Gesetzgeber nicht gewollten "Zwangskauf" käme; der Schadenersatzanspruch trete nach § 281 Abs. 4 BGB an die Stelle des primären Herausgabeanspruchs und der Besitzer könne die Übertragung des Eigentums an sich verlangen. Eine solche Möglichkeit kollidiere mit den Wertungen der in den §§ 987 ff. BGB enthaltenen speziellen Regelungen für Besitzer; diese verdrängten einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB jedenfalls bis zur rechtskräftigen Verurteilung zur Herausgabe.
[6] II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[7] 1. Im Ergebnis zu Recht verneint das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 989, § 990 Abs. 1 BGB.
[8] a) Die hierfür gegebene Begründung, die Beklagte sei nicht bösgläubig im Sinne des § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB gewesen, weil sie nicht habe beurteilen können, ob die Geräte im Eigentum der Klägerin stünden, ist jedoch nicht tragfähig.
[9] Bezugspunkt des bösen Glaubens ist nach dem Wortlaut des Gesetzes das fehlende eigene Recht zum Besitz (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1960 – II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 990 Rn. 10 ff.; MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl., § 990 Rn. 3; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 990 Rn. 13; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 31 Rn. 6). Erforderlich, aber auch ausreichend ist die positive Kenntnis des Besitzers von seiner fehlenden Besitzberechtigung. Sie ist als erlangt anzusehen, wenn ihm entweder die Rechte des Eigentümers durch liquide Beweise dargetan werden oder wenn er über den Mangel seines Besitzrechts in einer Weise aufgeklärt wird, dass sich ein redlicher und vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst Denkender der Überzeugung hiervon nicht verschließen würde (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 1958 – V ZR 27/57, BGHZ 26, 256, 259 f.; Urteil vom 5. März 2010 – V ZR 106/09, BGHZ 184, 358 Rn. 12).
[10] Von Letzterem ist hier auszugehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wusste die Beklagte im Zeitpunkt der behaupteten Schadensentstehung von der Kündigung des Kooperationsvertrages, aus dem sie ihr Besitzrecht ableitete. Da die Wirksamkeit der Kündigung zu keiner Zeit in Frage stand, hatte sie von ihrer fehlenden Besitzberechtigung positive Kenntnis.
[11] b) Ein Anspruch aus § 989, § 990 Abs. 1 BGB besteht aber deshalb nicht, weil die Klägerin den Ausgleich eines Vermögensnachteils verlangt, der von diesen Vorschriften nicht erfasst ist. Hiernach ist der Besitzer dem Eigentümer nämlich nur für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, dass infolge seines Verschuldens die Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann. Der Schaden darf, wie sich mittelbar aus § 990 Abs. 2 BGB ergibt, nicht allein auf der Vorenthaltung als solcher beruhen (vgl. Erman/Ebbing, BGB, 14. Aufl., § 989 Rn. 16; MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl., § 989 Rn. 19; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 989 Rn. 16; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 989 Rn. 24; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 989 Rn. 17). Hier geht es aber um einen Vorenthaltungsschaden. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Videogerätesysteme nach wie vor im Besitz der Beklagten und können herausgegeben werden.
[12] 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB i. V. m. § 985 BGB dagegen nicht ausgeschlossen.
[13] a) Ob die genannten Vorschriften aus dem allgemeinen Recht der Leistungsstörung auf den Herausgabeanspruch des § 985 BGB anwendbar sind, ist allerdings umstritten.
[14] aa) In Teilen der Literatur wird eine Anwendbarkeit aus grundsätzlichen Erwägungen verneint. Der vindikatorische Herausgabeanspruch habe eine andere Funktion als schuldrechtliche Ansprüche. Er diene der Rechtsverwirklichung nur, soweit er Eigentum und Besitz zusammenführe. In Verbindung mit § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB diene er dagegen der Verwertung der Sache; dies sei mit seinem Zweck nicht vereinbar. Das Eigentum könne nicht wie ein sonstiger Erfüllungsanspruch zu Gunsten der Wahl von Schadensersatz wegfallen.
[15] Eine Anwendung der §§ 280, 281 BGB gefährde zudem den durch die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses intendierten Schutz des redlichen Besitzers (vgl. MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl., § 985 Rn. 83 ff.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 985 Rn. 82; NK-BGB/Schanbacher, 4. Aufl., § 985 Rn. 47; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl., § 281 Rn. 2; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1188; Katzenstein, AcP 206 [2006], 96 ff.; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 30 Rn. 23; Erman/Ebbing, BGB, 14. Aufl., Vorb. zu §§ 987—993 Rn. 90; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 985 Rn. 18, 24; wohl auch NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 281 Rn. 8; Kohler, NZM 2014, 729, 738; Gursky, Jura 2004, 433 ff.).
[16] bb) Nach einer weiteren Ansicht sind die Vorschriften der § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ohne Einschränkungen anzuwenden (vgl. Vieweg/Werner, Sachenrecht, 7. Aufl., § 7, VI. Rn. 36; Brehm/Berger, Sachenrecht, 3. Aufl., § 7 Rn. 70 aE).
[17] cc) Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur geht von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 280, 281 BGB auf den Herausgabeanspruch des § 985 BGB aus. Einschränkend seien allerdings die gesetzgeberischen Wertungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987 ff. BGB) zu beachten, weshalb ein Eigentümer über die genannten Vorschriften nur gegenüber einem verschärft haftenden Besitzer vorgehen dürfe (vgl. OLG München, Urteil vom 28. Januar 2015 – 20 U 2910/14, juris Rn. 110; OLG München, Urteil vom 23. April 2008 – 15 U 5245/07, juris Rn. 12; OLG Rostock, NJW-RR 2012, 222, 223; BeckOK BGB/Fritzsche, 37. Edition, § 985 Rn. 30; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 985 Rn. 14; HK-BGB/Schulte- Nölke, BGB, 8. Aufl., § 985 Rn. 6; Soergel/Benicke/Hellwig, BGB, 13. Aufl., § 281 Rn. 29 f.; Staudinger/Schwarze, BGB [2014], § 281 Rn. B 5; BeckOK BGB/Unberath, 37. Edition, § 281 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 281 Rn. 4; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 11 Rn. 45; Heinrichs, FS Derleder [2005], 87, 93 f.; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S. 416 f.; Weiss, JuS 2012, 965, 967; über § 990 Abs. 2 BGB zulässig: Gruber/Lösche, NJW 2007, 2815, 2817 f.; Gebauer/Huber, ZGS 2005, 103 ff.; Wieling, Sachenrecht, Band I, 2. Aufl., § 12 I 2 e).
[18] b) Die zuletzt genannte Ansicht verdient den Vorzug. Der Eigentümer einer Sache kann, wenn der bösgläubige oder verklagte Besitzer seine Herausgabepflicht nach § 985 BGB nicht erfüllt, unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 Abs. 1 u. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
[19] aa) Der Senat hat wiederholt Vorschriften aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht auf die Verletzung von Pflichten angewandt, die sich aus dinglichen Ansprüchen ergeben. Der Schuldner eines Anspruchs aus § 1004 BGB kann sich beispielsweise auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 275 Abs. 2 BGB berufen (Senat, Urteile vom 30. Mai 2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 3122 Rn. 18 ff.; vom 18. Juli 2008 – V ZR 171/07, NJW 2008, 3123 Rn. 19; vom 23. Oktober 2009 – V ZR 141/08, NJW-RR 2010, 3154 Rn. 22; Beschluss vom 14. November 2013 – V ZR 302/12, juris). Die Haftung des Schuldners für einen Verzögerungsschadens aus § 280 Abs. 1 u. 2, § 286 BGB gilt auch für den Anspruch auf Herausgabe einer schuldhaft überbauten Grundstücksteilfläche (§ 990 Abs. 2 i. V. m. § 286 BGB aF; Senat, Urteil vom 19. September 2003 – V ZR 360/02, BGHZ 156, 170, 171 f.) und für den Zustimmungsanspruch gegen den vormerkungswidrig Eingetragenen nach § 888 BGB (Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 – V ZR 202/14, ZfIR 2016, 185 Rn. 11 ff.). Ob bei Verzögerung der Leistung gegen den vormerkungswidrig Eingetragenen auch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB bestehen kann, hat der Senat dagegen offen gelassen (Urteil vom 4. Dezember 2015 – V ZR 202/14, aaO, Rn. 13).
[20] bb) Auf den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB hat der Bundesgerichtshof – in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur – die Vorschrift des § 283 BGB in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 angewandt; sie gab dem Gläubiger die Möglichkeit, dem Schuldner nach rechtskräftiger Verurteilung zur Herausgabe der Sache eine angemessene Leistungsfrist mit Ablehnungsandrohung zu setzen und nach Fristablauf (nur noch) Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1969 – VIII ZR 202/67, BGHZ 53, 29, 32 ff.; Urteil vom 12. Mai 1982 – VIII ZR 132/81, WM 1982, 749, 750; Urteil vom 14. Dezember 1998 – II ZR 330/97, NJW 1999, 954 f.; vgl. im Übrigen die Nachweise bei Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 985 Rn. 80). Diese Meinung konnte sich auf die Motive zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs stützen, in denen davon ausgegangen wurde, dass die allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts, insbesondere diejenigen über die Folgen der Nichterfüllung, auf den Eigentumsherausgabeanspruch anwendbar seien. Die Herausgabepflicht des Besitzers gegenüber dem Eigentümer habe nämlich einen obligationsähnlichen Charakter (vgl. Prot. I S. 4158, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Die Beratung des BGB, Sachenrecht I, S. 764; Motive III, S. 397, 398, abgedruckt in Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 221).
[21] cc) Anhaltspunkte dafür, dass mit der Einführung der §§ 280, 281 BGB, die an die Stelle von § 283 BGB aF getreten sind (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 137), ein Übergang vom Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zum Schadensersatz mittels der Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nicht mehr möglich sein soll, finden sich in den Gesetzgebungsmaterialien nicht. Hiergegen spricht vielmehr, dass mit der Einfügung von § 281 BGB die Gläubigerrechte gerade gestärkt werden sollten; die bis dahin gültige Gesetzeslage wurde als unübersichtlich, umständlich und für den Gläubiger als zu ungünstig empfunden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/6040 S. 137 u. S. 140 r. Sp.).
[22] dd) Der Anwendung der §§ 280, 281 BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB steht, anders als das Berufungsgericht meint, nicht entgegen, dass es auf eine Art "Zwangskauf" hinausliefe, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung anstelle der Herausgabe der Sache verlangen könnte.
[23] Der Schuldner wird rechtlich nicht gezwungen, die Sache zu erwerben.
[24] Gibt er sie nach einer – für einen Anspruch aus §§ 280, 281 BGB grundsätzlich erforderlichen – Fristsetzung nicht freiwillig heraus, läuft er allerdings Gefahr, dass der Gläubiger schon vor einer rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch aus § 985 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangt; er kann seine Verpflichtung aus § 985 BGB dann nicht mehr durch die Herausgabe der Sache erfüllen. Hierin, nicht dagegen in der dann gegebenen Möglichkeit, die Sache nach dem Rechtsgedanken von § 281 Abs. 4 u. 5 sowie § 255 BGB im Gegenzug zu Eigentum zu erwerben (vgl. dazu BeckOK BGB/Fritzsche, 37. Edition, § 985 Rn. 30; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 985 Rn. 14; Gruber/Lösche, NJW 2007, 2815 Fn. 40; Gebauer/Huber, ZGS 2005, 103, 106 sowie Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Oktober 2012 – 3 U 106/11, juris Rn. 25 ff. für einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch), besteht im Vergleich zur früheren Rechtslage die Verschlechterung der Rechtsstellung des Schuldners.
[25] Für schuldrechtliche Rückgewähransprüche hat der Gesetzgeber diese Folge indessen gesehen, sich aber dennoch dafür entschieden, dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, zum Schadensersatz überzugehen, und zwar unabhängig davon, ob er das Interesse an der Rückgewähr der Sache verloren hat (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 138 f.). Sie entspricht zudem dem Ziel der Schuldrechtsmodernisierung, dem Gläubiger durch Streichung des § 283 BGB aF und Einfügung der §§ 280, 281 eine einfachere und kostengünstigere Möglichkeit zu geben, von der Leistungspflicht zum Schadensersatz überzugehen (siehe soeben zu cc).
[26] ee) Auch bei einem dinglichen Herausgabeanspruch besteht hierfür ein praktisches Bedürfnis. Der Eigentümer hat gleichermaßen wie ein obligatorischer Herausgabegläubiger, insbesondere bei Ungewissheit über die Erfolgsaussichten der Vollstreckung des Herausgabeanspruchs, ein Interesse an der Möglichkeit eines rechtssicheren Übergangs zum Schadensersatz (vgl. Soergel/Benicke/Hellwig, BGB, 13. Aufl., § 281 Rn. 30; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S. 416 f.). Diesen könnte der Eigentümer andernfalls, von dem Tatbestand des § 992 BGB abgesehen, bei einer bloßen Herausgabeverweigerung mit gleichzeitiger Unauffindbarkeit der Sache für den Gerichtsvollzieher nicht verlangen. Bei fehlgeschlagener Vollstreckung des Herausgabetitels bliebe ihm nur ein neuer, nunmehr auf die §§ 989, 990 BGB gestützter (Schadensersatz-) Prozess (vgl. Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 985 Rn. 18). Dies widerspräche den Vorstellungen des Gesetzgebers. Danach soll der Gläubiger nach Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der Leistung sicher sein, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung verlangen zu können (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 183). Dieses für die Anspruchsdurchsetzung wichtige Instrument muss auch dem Vindikationsgläubiger zur Verfügung stehen; der dingliche Gläubiger ist bei seiner Rechtsverfolgung nicht schlechter zu stellen als der schuldrechtliche (vgl. BeckOK BGB/Fritzsche, 37. Edition, § 985 Rn. 30; aA Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 985 Rn. 83). Überdies muss ihm – wie es bisher auch für § 283 BGB aF anerkannt war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. Oktober 1969 – VIII ZR 202/67, BGHZ 53, 29, 32 ff.; Urteil vom 14. Dezember 1998 – II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955; Urteil vom 20. Juni 2005 – II ZR 366/03, NJW-RR 2005, 1518) – möglich bleiben, seine Klage auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der von dem Gericht zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzten Frist unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO bereits zusammen mit der Herausgabeklage zu erheben (§ 255 ZPO).
[27] ff) Allerdings darf die Anwendung der §§ 280, 281 BGB auf den vindikatorischen Herausgabeanspruch nicht dazu führen, dass die verschärften Haftungsvoraussetzungen der §§ 989, 990 BGB mit ihrer Privilegierung des gutgläubigen, unverklagten Besitzers unterlaufen werden. Deren Wertungen sind vielmehr einschränkend zu berücksichtigen, so dass Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB nur im Falle der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs oder der Bösgläubigkeit des Besitzers gewährt werden kann (so auch Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 985 Rn. 14; BeckOK BGB/Fritzsche, 37. Edition, § 985 Rn. 30; HK-BGB/Schulte-Nölke, BGB, 8. Aufl., § 985 Rn. 6; Staudinger/Schwarze, BGB [2014], § 281 Rn. B 5; BeckOK BGB/Unberath, 37. Edition, § 281 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 281 Rn. 4; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 11 Rn. 42 u. 45; Heinrichs, FS Derleder [2005], 87, 93 f.).
[28] III. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und daher unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
[29] 1. a) Die bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass die Geschäftsführerin der Klägerin persönlich in einem ersten Erwerbsvorgang das Eigentum an den Geräten von der C. GmbH erworben hat.
[30] aa) Noch zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, eine dingliche Einigung ergebe sich aus den zum Zwecke der weiteren Konkretisierung der Kaufobjekte von der C. GmbH erstellten und an die Geschäftsführerin der Klägerin übergebenen Bestandslisten. In der Aufnahme und Übergabe der Bestandslisten läge nicht nur die dingliche Einigung nach § 929 BGB, sondern zugleich die Abtretung des aus dem gekündigten Kooperationsvertrag resultierenden Herausgabeanspruchs gegen die jeweiligen Besitzer (§ 931 BGB). Zwar genügt in aller Regel die bloße Übersendung von Unterlagen, die keine Traditionspapiere sind, den Erfordernissen des § 931 BGB nicht. Eine Abtretung des Herausgabeanspruchs ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn zusätzliche, nach außen hin deutlich in Erscheinung tretende Umstände auf einen Abtretungswillen der Parteien schließen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1971 – VIII ZR 15/70, NJW 1971, 1608, 1609). In der Aufnahme der Videogerätesysteme in die Standortliste, dem Anbringen der Initialen der Geschäftsführerin der Klägerin und der Übergabe der Liste lägen indessen hinreichende nach außen in Erscheinung getretene Umstände, die den Willen der Parteien erkennen ließen, einen Abtretungsvertrag zu schließen.
[31] bb) Die Beklagte rügt jedoch zu Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts, eine solche Katalogisierung der streitgegenständlichen Geräte und ihre Zuordnung zu der Geschäftsführerin der Klägerin hätten stattgefunden, substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Das Berufungsgericht leitet seine Überzeugung maßgeblich aus dem Schreiben des Insolvenzverwalters der C. GmbH vom 26. Januar 2012 ab, in welchem dieser erklärt, dass eine Bestandsliste gefertigt worden sei, in der die an die Geschäftsführerin der Klägerin veräußerten Geräte durch Beifügung ihrer Initialen zugeordnet worden seien.
[32] Dabei hat es sich jedoch nicht mit dem Schreiben des Insolvenzverwalters der C. GmbH vom 18. Dezember 2011 auseinandergesetzt, in dem dieser erklärt, ihm sei nicht bekannt, wer im einzelnen Eigentümer der Geräte sei, und er könne dies anhand der ihm bisher vorliegenden Unterlagen auch nicht feststellen.
[33] Das Berufungsgericht wird weiter zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte bestritten hat, dass die von der Klägerin vorgelegte Excel-Tabelle einen Auszug aus der betreffenden Bestandsliste darstellt und dass die streitgegenständlichen 15 Videogerätesysteme in dieser Tabelle nicht zu identifizieren sein dürften.
[34] b) Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Geschäftsführerin der Klägerin habe das Eigentum an den Videogerätesystemen in einem zweiten Erwerbsvorgang auf die Klägerin übertragen.
[35] aa) Das Berufungsgericht nimmt an, in der Vereinbarung vom 15. Juli 2012 nebst Zusatzvereinbarung vom 19. Dezember 2012 liege die dingliche Einigung und zugleich die nach § 931 BGB erforderliche Abtretung des Herausgabeanspruchs. Dabei handelt es sich jedoch um Insichgeschäfte, weil die Geschäftsführerin der Klägerin für sich und zudem für die Klägerin gehandelt hat (§ 181 BGB, § 35 Abs. 3 GmbHG). Feststellungen dazu, ob die Geschäftsführerin der Klägerin dazu durch Satzung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 1983 – II ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 60; Urteil vom 18. November 1999 – IX ZR 402/97, VersR 2001, 193, 194) oder eine Gestattung durch die Gesellschafterversammlung (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1993 – II ZR 107/92, NJW-RR 1994, 291, 292 f.) ermächtigt war, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Darauf kommt es aber an.
[37] Denn eine Erfüllung im Sinne dieser Vorschrift ist nur möglich, wenn bereits eine Verbindlichkeit besteht, die fällig und einredefrei ist. Daran fehlt es, wenn der zwischen der Klägerin und ihrer Geschäftsführerin geschlossene Kaufvertrag seinerseits ein unwirksames Insichgeschäft wäre (§ 181 BGB, § 35 Abs. 3 GmbHG).
[38] (2) In der durch die Geschäftsführerin der Klägerin in deren Namen eingereichten Klage oder in ihrem vorgerichtlichen Herausgabeverlangen könnte keine Genehmigung der unter Verstoß gegen § 181 BGB geschlossenen Rechtsgeschäfte liegen (§§ 177, 184 BGB; vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Oktober 1975 – VIII ZR 115/74, BGHZ 65, 123, 125 f.; Urteil vom 29. November 1993 – II ZR 107/92, NJW-RR 1994, 291, 292). Die Gestattung des Selbstkontrahierens ist ein Rechtsgeschäft und untersteht wie jedes andere Rechtsgeschäft selbst dem Verbot des § 181 BGB. Deshalb kann sich ein Vertreter die Erlaubnis zum Selbstkontrahieren nicht namens des Vertretenen selbst erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1960 – II ZR 215/58, BGHZ 33, 189, 191; Urteil vom 7. Februar 1972 – II ZR 169/69, BGHZ 58, 115, 118).
[39] bb) Soweit das Berufungsgericht meint, die Übereignung genüge dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, weil die Videogerätesysteme laut einer als Anlage zu der Vereinbarung vom 15. Juli 2012 beigefügten Liste erworben worden seien, hat es unberücksichtigt gelassen, dass seitens der Beklagten bestritten worden ist, dass diese Liste Gegenstand der Vereinbarung gewesen ist.
[40] 2. Sollte das Berufungsgericht wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass die Klägerin Eigentümerin der Videogerätesysteme geworden ist, stünde das von der Beklagten beanspruchte Zurückbehaltungsrecht der Annahme einer Vindikationslage nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht entgegen. Zwar kann ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB begründen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 – IX ZR 401/99, BGHZ 149, 326, 333 mwN). In dem als übergangen gerügten Sachvortrag erster Instanz hat die Beklagte aber nicht dargelegt, dass ihr ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Sie hat sich lediglich auf ein Pfändungspfandrecht der EKR berufen und dazu vorgetragen, diese habe die C. GmbH wegen nicht gezahlter Provisionen auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen und ein Versäumnisurteil erwirkt. Hieraus folgt aber kein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten, weil sie nicht Titelgläubigerin ist.
[41] 3. Ferner werden – auf der Grundlage des gegebenenfalls noch zu ergänzenden Sachvortrags der Parteien – die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB zu prüfen sein.
[42] a) Der Anspruch aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB setzt voraus, dass die Klägerin erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 281 Abs. 1 BGB) oder eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich war (§ 281 Abs. 2 BGB). An das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 281 Abs. 2 BGB, auf die sich die Revision beruft, sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung ist nicht schon deshalb endgültig, weil der Schuldner seine Leistungspflicht bestreitet. Die Weigerung muss als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen sein, so dass ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung umstimmen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195, 1197; Urteil vom 12. Februar 2014 – XII ZR 76/13, BGHZ 200, 133, 134). In der Revisionsbegründung verweist die Klägerin hierzu auf ein Schreiben der Beklagten vom 4. November 2013, in dem diese die Weigerung der Herausgabe der Videosystemgeräte damit begründet, es sei "weiterhin unklar und nicht erwiesen", dass die Geräte der Klägerin gehörten. Ob diese Erklärung den Charakter einer endgültigen Erfüllungsverweigerung hat, hat das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung zu prüfen.
[43] b) Das für den Anspruch aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB erforderliche Verschulden wird zwar vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es kann aber fehlen, wenn die Beklagte sich in einer nicht zu vertretenden Ungewissheit darüber befunden hat, dass die Klägerin Eigentümerin der Videogerätesysteme ist. Das hängt entscheidend davon ab, ob die Beklagte nach einer mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorgenommenen Prüfung (§ 276 Abs. 1 u. 2 BGB) begründete Zweifel an der Eigentümerstellung der Klägerin haben konnte.
[44] 4. Entsprechendes gilt für einen Anspruch aus § 990 Abs. 2, § 280 Abs. 1 u. 2, § 286 BGB. Er kommt jedenfalls teilweise – nämlich in Höhe der Differenz zwischen dem objektiven Sachwert der Videogerätesysteme und dem nach dem Vortrag der Klägerin erzielbaren Kaufpreis – in Betracht. Denn nach § 990 Abs. 2, § 280 Abs. 1 u. 2, § 286 BGB ist derjenige Schaden zu ersetzen, der während und infolge des Verzuges entstanden ist. Dies schließt den Vorenthaltungsschaden und damit einen durch die verzögerte Herausgabe entgangenen Gewinn ein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2005 – II ZR 189/03, NJW-RR 2005, 1328, 1329 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 990 Rn. 98; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 990 Rn. 27).