Bundesarbeitsgericht
Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses bei Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung
1. Besteht der Auszubildende die Abschlußprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis gem § 14 Abs 3 BBiG auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung. Wird diese Prüfung bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis.
2. Besteht der Auszubildende die erste Wiederholungsprüfung nicht und stellt er ein Verlängerungsverlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis bis zur zweiten Wiederholungsprüfung, wenn diese noch innerhalb der Höchstfrist von einem Jahr (§ 14 Abs 3 letzter Satzteil BBiG) abgelegt wird. Die Beendigungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die zweite Wiederholungsprüfung bestanden oder nicht bestanden wird.
BAG, Urteil vom 15. 3. 2000 – 5 AZR 622/98 (lexetius.com/2000,4545)
[1] 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 1998 – 3 Sa 501/98 – zum Teil aufgehoben und im Umfang der Aufhebung die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 21. Januar 1998 – 4 Ca 1448/97 – zurückgewiesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts wird zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.850,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 5. August 1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
[2] 2. Im Umfang der Klageabweisung wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
[3] 3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
[4] Tatbestand: Der Kläger fordert die Zahlung von Ausbildungsvergütung für die Zeit nach nicht bestandener erster Wiederholungsprüfung.
[5] Der Kläger absolvierte bei der Beklagten eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Die Ausbildungsvergütung betrug zuletzt 875,00 DM brutto monatlich. Am 12. Juni 1996 bestand er die Abschlußprüfung nicht. Auf sein Verlangen wurde das Berufsausbildungsverhältnis fortgesetzt. Die erste Wiederholungsprüfung bestand der Kläger ebenfalls nicht. Mit Schreiben vom 13. Januar 1997 verlangte er die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zur zweiten Wiederholungsprüfung. Dem Verlangen kam die Beklagte nicht nach. Der Kläger rief den bei der Handwerkskammer gebildeten Ausschuß für Lehrlingsstreitigkeiten an. Der Ausschuß entschied am 29. Januar 1997, daß die Beklagte den Kläger bis zur nächsten Wiederholungsprüfung, längstens bis zum 31. Juli 1997, weiter auszubilden habe. Die Beklagte folgte diesem Spruch nicht. Der Kläger erhob Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Ausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht entschied mit Urteil vom 13. März 1997, daß das Ausbildungsverhältnis des Klägers fortbestehe. Im Berufungsrechtszug nahm der Kläger mit Zustimmung der Beklagten die Klage zurück.
[6] Bis zum 31. Januar 1997 zahlte die Beklagte dem Kläger die Ausbildungsvergütung. Mit der Klage macht der Kläger die Ausbildungsvergütung für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 12. Juni 1997 geltend. Da er hierbei für Juni 1997 einen Betrag in Höhe von 437,50 DM brutto ansetzt, verlangt er insgesamt Zahlung in Höhe von 3.937,50 DM brutto.
[7] Er hat die Auffassung vertreten, das Ausbildungsverhältnis habe bis zum 12. Juni 1997 weiterbestanden. Die Beklagte sei zur Zahlung der Ausbildungsvergütung wegen Annahmeverzugs verpflichtet.
[8] Der Kläger hat, soweit in der Revisionsinstanz noch erheblich, beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.937,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 5. August 1997 zu zahlen.
[9] Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Ausbildungsverhältnis habe mit dem Monat der nicht bestandenen ersten Wiederholungsprüfung sein Ende gefunden. Eine weitere Verlängerung sehe § 14 Abs. 3 BBiG nicht vor.
[10] Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.
[11] Entscheidungsgründe: Die Revision des Klägers ist im wesentlichen begründet.
[12] I. Die Klage ist zulässig. Der Zulässigkeit steht die fehlende Anrufung des Ausschusses nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung muß der Klage in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß vorangegangen sein. Dabei ist grundsätzlich für die Zuständigkeit des Ausschusses der jeweilige Streitgegenstand maßgebend, der durch das Klagebegehren bestimmt wird. Hinsichtlich der vorliegenden auf Annahmeverzug gestützten Zahlungsklage hat ein solches Verfahren vor dem Ausschuß nicht stattgefunden. Jedoch hat der bei der IHK gebildete Schlichtungsausschuß am 29. Januar 1997 über die Frage, ob zwischen den Parteien über den 31. Januar 1997 hinaus ein Berufsausbildungsverhältnis bestanden hat, einen Spruch gefällt. Dieses über eine wesentliche Vorfrage geführte Schlichtungsverfahren genügt den Anforderungen des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG (vgl. BAG 13. April 1989 – 2 AZR 441/88 – BAGE 61, 258, 265 ff.).
[13] II. Die Beklagte schuldet dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 12. Juni 1997 Ausbildungsvergütung in Höhe von 3.850,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit der Klageforderung. Der Zahlungsanspruch folgt aus § 615 BGB, denn das Ausbildungsverhältnis der Parteien bestand bis zum 12. Juni 1997 fort und die Beklagte befand sich bis zu diesem Zeitpunkt in Annahmeverzug. Hinsichtlich der weitergehenden Klageforderung in Höhe von 87,50 DM brutto nebst Zinsen ist die Klage unbegründet. Insofern hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die Berufung der Beklagten das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.
[14] 1. Das Ausbildungsverhältnis der Parteien bestand bis zum 12. Juni 1997 fort. Aufgrund des vom Kläger mit Schreiben vom 13. Januar 1997 gestellten Verlangens wurde das Ausbildungsverhältnis der Parteien gem. § 14 Abs. 3 BBiG kraft Gesetzes bis zum 12. Juni 1997 verlängert.
[15] a) § 14 Abs. 3 BBiG lautet: "Besteht der Auszubildende die Abschlußprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr."
[16] b) Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der Wortlaut des § 14 Abs. 3 BBiG sei eindeutig. Die Vorschrift sei so zu verstehen, daß nur eine einmalige Verlängerung in Betracht komme. Der allgemeine Wortsinn lasse kein anderes Verständnis zu, als daß die Abschlußprüfung die Prüfung nach Ende der regulären Ausbildungszeit und die Wiederholungsprüfung die Prüfung sei, die die Abschlußprüfung wiederhole.
[17] c) Im Schrifttum werden zu dieser Vorschrift drei grundsätzlich verschiedene Auffassungen vertreten. Die wohl überwiegende Meinung geht davon aus, Auszubildende hätten Anspruch auf Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses bis zum Abschluß einer zweiten Wiederholungsprüfung, wenn diese noch innerhalb der Jahresfrist stattfinde (Kasseler Handbuch/Taubert Bd. II Berufliche Bildung 5. 1 Rn. 248; Knigge in AR-Blattei SD 400. 2 Rn. 335; Brill BB 1978, 208, 210; Benno Natzel BBiR 3. Aufl. S 268; Gedon/Spiertz BBiR Kommentar Stand November 1999 § 14 BBiG Rn. 32; Hess/Löns BBiR 2. Aufl. S 50; KR/Weigand 5. Aufl. BBiG §§ 14, 15 Rn. 25). Demgegenüber ist Herkert (BBiG Kommentar Stand Oktober 1999 § 14 Rn. 7) der Ansicht, über die erste nicht bestandene Wiederholungsprüfung hinaus gewähre § 14 Abs. 3 BBiG keinen Verlängerungsanspruch. Eine dritte Meinung geht dahin, daß bei Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung eine nochmalige Verlängerung um ein Jahr und damit eine Gesamtverlängerung von zwei Jahren nach § 14 Abs. 3 BBiG verlangt werden könne (Schaub Arbeitsrechts-Handbuch 9. Aufl. § 174 Rn. 84; Wohlgemuth BBiG 2. Aufl. § 14 Rn. 14; Knopp/Kraegeloh BBiG 4. Aufl. § 14 Rn. 3; ErfK/Schlachter § 14 BBiG Rn. 5).
[18] d) Es ist der zuerst genannten Auffassung zu folgen. Grundsätzlich endet das Berufsausbildungsverhältnis als befristetes Rechtsverhältnis mit Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist (§ 14 Abs. 1 BBiG). Hiervon sieht § 14 Abs. 2 BBiG eine Ausnahme für den Fall vor, daß der Auszubildende die Abschlußprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit besteht. In diesem Fall endet das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Bestehen der Abschlußprüfung. Besteht der Auszubildende die Abschlußprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit nicht und stellt er ein entsprechendes Verlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis gemäß § 14 Abs. 3 BBiG bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung. Wird diese Prüfung bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis. Gleiches gilt, wenn sie nicht bestanden wird und der Auszubildende kein Verlängerungsverlangen stellt. Wird die erste Wiederholungsprüfung nicht bestanden und stellt der Auszubildende ein Verlängerungsverlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis bis zur zweiten Wiederholungsprüfung, wenn diese noch innerhalb der Höchstfrist von einem Jahr (§ 14 Abs. 3 letzter Satzteil) nach Ablauf der vertraglich vorgesehenen Ausbildungszeit abgeschlossen wird. Die Beendigungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die zweite Wiederholungsprüfung bestanden oder nicht bestanden wird. Die Fortsetzung eines nicht mehr erfolgreich zu beendenden Ausbildungsverhältnisses ist sinnlos, weil eine dritte Wiederholungsprüfung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
[19] aa) Bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 3 BBiG spricht dafür, im Falle des Nichtbestehens der ersten Wiederholungsprüfung zur erneuten Anwendung des § 14 Abs. 3 1. Satzteil BBiG zu kommen. Den Vorschriften des § 34 Abs. 1 Satz 2 BBiG und des § 41 Abs. 1 BBiG läßt sich entnehmen, daß das Gesetz auch die Wiederholungsprüfung als Abschlußprüfung ansieht. § 34 Abs. 1 Satz 2 BBiG legt fest, daß die Abschlußprüfung zweimal wiederholt werden kann. Die Wiederholungsprüfung ist nach dieser Wortwahl also auch eine Abschlußprüfung im Sinne des Gesetzes. Wenn demgegenüber § 41 Satz 2 BBiG den Begriff der Wiederholungsprüfung einführt, ergibt sich daraus nichts anderes. Vielmehr wird das Verständnis des § 34 Abs. 1 Satz 2 BBiG bestätigt. Die Regelung des § 41 Satz 2 BBiG ist nämlich im Zusammenhang mit § 41 Satz 1 BBiG zu sehen. Dort wird der zuständigen Stelle der Erlaß einer Prüfungsordnung "für die Abschlußprüfung" aufgegeben. Diese Prüfungsordnung muß – so der zweite Satz der Vorschrift – ua. "die Zulassung, die Gliederung der Prüfung," … "und die Wiederholungsprüfung regeln". Satz 2 regelt also die Einzelheiten dessen, was in der Prüfungsordnung für die Abschlußprüfung enthalten sein soll. Die Wiederholungsprüfung wird hier genannt und damit wiederum als ein Fall der Abschlußprüfung gesehen. Dabei unterscheidet das Gesetz nicht zwischen erster und zweiter Wiederholungsprüfung. Das Berufsbildungsgesetz meint mit der Abschlußprüfung nicht allein die erstmalige Prüfung zum Abschluß der Ausbildung, sondern grenzt so die Abschlußprüfung gegenüber der in § 42 BBiG geregelten Zwischenprüfung ab. Mithin darf § 14 Abs. 3 BBiG so verstanden werden, daß ein Auszubildender, wenn er die Abschlußprüfung (im zweiten Versuch) nicht besteht, die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung (dem dritten Versuch der Abschlußprüfung) verlangen kann.
[20] Hinsichtlich der Frage, um welche Zeit sich das Berufsausbildungsverhältnis insgesamt höchstens verlängern kann, ergibt sich aus dem Wortlaut kein eindeutiges Ergebnis. Die Vorschrift könnte so aufgefaßt werden, daß sie für jeden – also auch den wiederholten – Fall der Verlängerung auf Wunsch des Auszubildenden ein Jahr als Höchstfrist und damit insgesamt zwei Jahre der Verlängerung vorsieht. Allerdings hätte eine dahingehende Absicht deutlicher dadurch zum Ausdruck gebracht werden können, daß etwa das Wort "jeweils" eingefügt worden wäre. Umgekehrt hätte auch der Wille, im Fall der zweimaligen Wiederholung der Prüfung insgesamt höchstens eine Frist von einem Jahr als Verlängerung einzuräumen, klarer ausgedrückt werden können. Es hätte der Begriff "insgesamt" hinzugesetzt werden oder etwa der letzte Halbsatz als eigener Satz formuliert werden können.
[21] bb) Die Systematik und der Gesetzeszweck sprechen für eine weitere Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses nach nicht bestandener Wiederholungsprüfung mit einer Begrenzung der Verlängerung auf insgesamt höchstens ein Jahr.
[22] Hierfür spricht zunächst die Regelung in § 34 BBiG, die die zweimalige Wiederholung der Abschlußprüfung vorsieht. Diese Vorschrift findet sich zwar im dritten Teil des Gesetzes – Ordnung der Berufsausbildung – und dort im vierten Abschnitt mit der Überschrift "Prüfungswesen". Sie betrifft damit nicht unmittelbar das Verhältnis der Vertragsparteien des Berufsausbildungsverhältnisses. Jedoch ist das Berufsausbildungsverhältnis die für die Ausbildung vorgesehene Grundlage, in ihm wird das praktische Wissen vermittelt und die Möglichkeit gegeben, erlernte Theorie in die Praxis umzusetzen und damit auch besser zu verstehen. Daher ist die Annahme gerechtfertigt, § 14 Abs. 3 BBiG beabsichtige keine Abkopplung der Ausbildung vom Ausbildungsverhältnis.
[23] Des weiteren spricht der Gesetzeszweck für einen Anspruch auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zur zweiten Wiederholungsprüfung. Der erkennbare Sinn des § 14 Abs. 3 BBiG geht dahin, dem Auszubildenden die erfolgreiche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu ermöglichen. Der Auszubildende, der die Prüfung nicht bestanden hat, soll weiter praktisch und theoretisch ausgebildet werden. Außerhalb des Berufsausbildungsverhältnisses ist dies in der Regel nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich (BAG 30. September 1998 – 5 AZR 58/98 – AP BBiG § 14 Nr. 9 = EzA BBiG § 14 Nr. 9).
[24] Als weiteres Argument für die Anerkennung der Möglichkeit, die Abschlußprüfung zwei Mal innerhalb des einen Verlängerungsjahres wiederholen zu können, ist der Umstand zu werten, daß entsprechend den Vorgaben der Musterprüfungsordnung in der Regel zwei Prüftermine pro Jahr durchgeführt werden. Im Normalfall besteht also innerhalb eines Jahres ausreichend Zeit, die beiden nach der Prüfungsordnung möglichen Wiederholungen auszuschöpfen.
[25] Die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses ist dabei auf ein Jahr begrenzt. Zu berücksichtigen ist, daß sich eine lediglich einjährige Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses am besten in den zeitlichen Rahmen einpaßt, den das Gesetz für die Ausbildung vorgibt. § 25 Abs. 2 Ziff. 2 BBiG schreibt für die Regelung in den Ausbildungsordnungen vor, daß die Ausbildungsdauer nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen soll. § 29 Abs. 1 BBiG läßt Rechtsverordnungen zu, die bestimmen, daß der Besuch einer berufsbildenden Schule oder die Berufsausbildung in einer sonstigen Einrichtung ganz oder teilweise auf die Ausbildungszeit anzurechnen ist. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit zu einer noch kürzeren Ausbildungszeit. Im Hinblick auf diese Regelungen der Ausbildungsdauer erscheint es fernliegend, daß § 14 Abs. 3 BBiG eine nochmalige Verlängerung um insgesamt zwei Jahre und damit gegebenenfalls eine Verdoppelung der Ausbildungszeit ermöglichen wollte.
[26] Schließlich erscheint eine Begrenzung auf insgesamt ein Verlängerungsjahr auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks angemessen. Ein alsbaldiger Abschluß des Berufsausbildungsverhältnisses wird gefördert, wenn dem Auszubildenden klar ist, daß mehr als ein Jahr nicht zur Verfügung steht. Darüber hinaus wird den Interessen des Ausbildungsbetriebes Rechnung getragen, nicht übermäßig durch das Versagen des Auszubildenden in der Prüfung belastet zu werden. Die Bestimmung des § 14 Abs. 3 BBiG dient zwar der Verwirklichung der Berufsfreiheit des Auszubildenden (Art. 12 GG). Sie erlaubt es dem Auszubildenden, im Falle des Nichtbestehens der Abschlußprüfung durch einseitige Erklärung sein Berufsausbildungsverhältnis auch gegen den Willen des Ausbildenden zu verlängern. Doch greift sie zugleich in die Berufsfreiheit des Ausbildenden ein. Darüber hinaus wird die Handlungsfreiheit des Ausbildenden nach Art. 2 Abs. 1 GG berührt, denn § 14 Abs. 3 BBiG geht in der Wirkung sogar über einen Kontrahierungszwang hinaus, indem kraft Gesetzes aufgrund einseitiger Erklärung ohne jede Willenserklärung des Ausbildenden das Vertragsverhältnis verlängert wird. Angesichts des Zwecks des § 14 Abs. 3 BBiG, dem Auszubildenden die erfolgreiche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu ermöglichen (vgl. BAG 30. September 1998 – 5 AZR 58/98 – AP BBiG § 14 Nr. 9) kann diese Regelung als wirksame Beschränkung der Berufsfreiheit und der allgemeinen Handlungsfreiheit des Ausbildenden angesehen werden. Doch bedarf die dem Ausbildenden auferlegte Pflicht einer zeitlichen Begrenzung. Diese findet sich im letzten Satzteil des § 14 Abs. 3 BBiG. Die ursprünglich vereinbarte Ausbildungsdauer darf auch bei Nichtbestehen der Abschlußprüfung um höchstens ein Jahr verlängert werden, dh. das Ausbildungsverhältnis endet kraft Befristung mit Ablauf dieses am Ende der ursprünglichen Vertragslaufzeit beginnenden Jahres, sofern nicht der Auszubildende zuvor die Abschlußprüfung besteht oder zwar nicht besteht aber kein Verlangen stellt oder sie zum dritten Mal nicht besteht und deshalb kein Verlängerungsverlangen mehr stellen kann.
[27] 2. Aufgrund des Fortsetzungsverlangens des Klägers und seiner wörtlichen Arbeitsangebote befand sich die Beklagte bis zum 12. Juni 1997 in Annahmeverzug. Deshalb schuldet sie dem Kläger gem. § 615 BGB die vertragsgemäße Vergütung bis zu diesem Zeitpunkt. Diese Vergütung macht für die Monate Februar bis Mai 1997 insgesamt 3.500,00 DM brutto und für Juni 350,00 DM brutto aus. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 BBiG ist für jeden der zwölf im Juni 1997 zu vergütenden Tage 1/30 der Bruttomonatsvergütung anzusetzen. Dies hat der Kläger mit seiner Forderung nach einer halben Bruttomonatsvergütung für Juni 1997 übersehen. Seine diesbezügliche Mehrforderung in Höhe von 87,50 DM brutto ist deshalb unbegründet.