Bundesarbeitsgericht
GmbH-Geschäftsführer – ruhendes Arbeitsverhältnis
Wird ein in leitender Position beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer neu gegründeten GmbH bestellt, die wesentliche Teilaufgaben des Betriebes seines bisherigen Arbeitgebers übernimmt (Ausgliederung einer Bauträger-GmbH aus einem Architekturbüro), so wird im Zweifel mit Abschluß des Geschäftsführerdienstvertrages das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben (teilweise Korrektur der Rechtsprechung im Senatsurteil vom 9. Mai 1985 – 2 AZR 330/84BAGE 49, 81).

BAG, Urteil vom 8. 6. 2000 – 2 AZR 207/99 (lexetius.com/2000,4587)

[1] Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Januar 1999 – 13 Sa 633/98 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
[2] Tatbestand: Der 1955 geborene Kläger wurde von dem Beklagten in dessen Architekturbüro mit Wirkung zum 1. Juni 1991 als Dipl.-Ing. Architekt eingestellt. Er sollte nach dem Anstellungsvertrag insbesondere die Beschaffung von Planungsaufträgen für das Architekturbüro und die Abwicklung von Bauvorhaben übernehmen. Neben einem Monatsgehalt von zunächst 4.500,00 DM, das sich bis 1994 auf 5.500,00 DM steigerte, war eine Provision von 3 % bzw. 6 % auf das Architektenhonorar für bereits beschaffte bzw. vom Kläger beschaffte Objekte vereinbart. In einer Zusatzvereinbarung vom 10. Januar 1992 wurde die Kündigungsfrist auf neun Monate zum Monatsende festgelegt.
[3] 1994 kam es zu der Gründung einer selbständigen Bauträgergesellschaft, der N GmbH (NOP) mit Hauptsitz in L, weil sich für Großprojekte die Trennung von Bauträgertätigkeit und Architektenleistung als erforderlich erwies. Der Kläger wurde neben der Ehefrau des Beklagten zum 1. August 1994 als Geschäftsführer der NOP bestellt. Gesellschafter der NOP sind die Ehefrau und die Kinder des Beklagten. Ein schriftlicher Geschäftsführervertrag wurde nicht abgeschlossen. Bei Objekten, die die NOP als Bauträger betreute, war der Beklagte als Architekt beteiligt. Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers war vor dem 1. August 1994 ebenso wie nachher die Beschaffung von Planungsaufträgen und die Baubetreuung. Ab 1. August 1994 übte der Kläger diese Tätigkeit als Geschäftsführer der NOP aus. Sein Monatsgehalt bei der NOP betrug anfangs 6.000,00 DM, zuletzt 7.000,00 DM. Daneben bezog der Kläger weiterhin, wie in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbart, Provisionen auf das Architektenhonorar des Beklagten in erheblicher Höhe. So ist etwa an den Kläger nach einer Aufstellung vom 14. März 1997 für ein Objekt in Laage eine Provision in Höhe von 198.263,75 DM gezahlt worden. Über weitere, seiner Ansicht nach noch ausstehende Provisionen hat der Kläger Rechnungen als "Honorarforderung" zuzüglich Mehrwertsteuer erteilt.
[4] Die NOP berief den Kläger zum 30. Juni 1997 als Geschäftsführer ab und kündigte das Anstellungsverhältnis zum 31. Juli 1997.
[5] Der Kläger macht geltend, ab 1. August 1997 stehe er in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten und dieser sei zu seiner Weiterbeschäftigung verpflichtet. Durch seine Geschäftsführerbestellung sei sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten nicht beendet worden, dieses habe vielmehr ruhend weiterbestanden. So sei dies zwischen den Parteien auch ausdrücklich besprochen worden. Deshalb sei der vorbereitete Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben worden. Er habe ausdrücklich auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestanden, weil er nicht gewillt gewesen sei, arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz und die vereinbarte Kündigungsfrist von neun Monaten aufzugeben. Er habe bei der NOP auch keinen höheren Verdienst erzielt, die Vergütungssteigerung habe der üblichen Gehaltsanhebung entsprochen. Eine Veränderung in seiner Tätigkeit sei nicht eingetreten und er habe nach wie vor Tätigkeiten für den Beklagten ausgeübt. Die Idee, die NOP als Bauträgergesellschaft zu gründen, sei im übrigen von ihm, dem Kläger, entwickelt worden.
[6] Der Kläger hat beantragt, 1. festzustellen, daß er zu dem Beklagten in einem unbefristeten, ungekündigten Arbeitsverhältnis als Dipl.-Ing.-Architekt steht, 2. den Beklagten zu verurteilen, ihn mit Wirkung ab 1. August 1997 als Dipl.-Ing.-Architekt in Vollzeittätigkeit mit einer Vergütung von 6.000,00 DM brutto weiterzubeschäftigen.
[7] Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, mit Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit sei das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet worden, da der Kläger zu besseren Konditionen als Geschäftsführer bei der NOP tätig geworden sei. Über einen Aufhebungsvertrag habe er mit dem Kläger nicht verhandelt, den vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurf kenne er nicht. Wenn der Kläger auch als Geschäftsführer der NOP Anspruch auf Provision auf das Architektenhonorar gehabt habe, welches ihm, dem Beklagten, aufgrund von Planungsaufträgen bzw. Architektenleistungen von der NOP zugestanden habe, so spreche dies noch nicht für das Weiterbestehen eines Arbeitsverhältnisses.
[8] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
[9] Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Damit ist die Klage in vollem Umfang unbegründet.
[10] I. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, werde ein Angestellter zum Geschäftsführer einer neu gegründeten GmbH bestellt, die Teilaufgaben seines bisherigen Arbeitgebers übernehme, so werde im Zweifel das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben. Der Kläger habe mit der NOP – wenn auch nicht schriftlich – einen Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen und habe seine Arbeitsleistung ab 1. August 1994 ausschließlich im Rahmen dieses Geschäftsführerdienstverhältnisses erbracht. Dies spreche gegen den Fortbestand seines bisherigen Arbeitsverhältnisses. Entgegenstehende Vereinbarungen der Parteien habe der Kläger nicht zu beweisen vermocht. Auch das Weiterbestehen der selbständigen Provisionsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe durchaus Sinn, da die NOP Architektenleistungen an den Beklagten vergeben habe und der Umfang der Architektenleistungen von der Auftragsbeschaffung durch den Kläger als Geschäftsführer der NOP abhängig gewesen sei.
[11] II. Das Urteil des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Seine Annahme, der Kläger sei weder als Geschäftsführer der NOP aufgrund des Arbeitsvertrages mit dem Beklagten tätig geworden (unten zu 1)), noch habe neben dem Geschäftsführervertrag mit der NOP der ursprüngliche Arbeitsvertrag als Grundlage weiterer Leistungen für den Beklagten (unten zu 2)) bzw. ruhend (unten zu 3)) fortbestanden, läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
[12] 1. Das Landesarbeitsgericht ist aufgrund der Auslegung individueller Absprachen zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger sei ab 1. August 1994 für die NOP nicht mehr auf der Grundlage des mit dem Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages, sondern aufgrund eines mit der NOP abgeschlossenen Geschäftsführervertrages tätig geworden. Es stehe fest, daß der Kläger ab 1. August 1994 für die NOP gearbeitet habe und auch von dieser bezahlt worden sei. Ein schriftlicher Abschluß des Geschäftsführerdienstvertrages sei nicht erforderlich.
[13] a) Bei diesen vom Landesarbeitsgericht gewürdigten Absprachen der Parteien handelt es sich um die Auslegung von Willenserklärungen individueller Art, die grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist. In diesen Fällen ist eine Überprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin möglich, ob das Berufungsgericht eine Auslegung völlig unterlassen hat, ob diese unzureichend ist oder gegen ein Gesetz verstößt oder wesentlicher Auslegungsstoff nicht herangezogen worden ist (st. Rspr. ua. BAG 17. Februar 1966 – 2 AZR 162/65 – AP BGB § 133 Nr. 30; 7. Oktober 1993 – 2 AZR 260/93AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9). Die der Auslegung des Landesarbeitsgerichts zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen, die das Revisionsgericht binden, sofern dagegen keine durchgreifenden Revisionsangriffe erhoben sind (§ 561 Abs. 2 ZPO), sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sind keine begründeten Revisionsrügen iSv. § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO erhoben worden.
[14] b) Die Revision macht nur geltend, der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, nach den Gesamtumständen könne nicht davon ausgegangen werden, der Kläger sei ab 1. August 1994 bei der NOP noch auf der Basis des ursprünglichen Arbeitsvertrages tätig geworden, könne nicht gefolgt werden. Die Revision will damit lediglich die Vertragsabsprachen anders gewürdigt sehen und setzt ihre Würdigung an die Stelle derer des Landesarbeitsgerichts, ohne revisible Rechtsfehler aufzuzeigen.
[15] aa) In den Vorinstanzen ist der Kläger zunächst selbst davon ausgegangen, er sei ab dem 1. August 1994 für die NOP aufgrund des mit der NOP "bestehenden Anstellungsverhältnisses" tätig geworden, das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten habe daneben nur im Zustand des Ruhens fortbestanden und sei nach der Kündigung der NOP zum 1. August 1997 wieder aufgelebt. Es ist deshalb schon äußerst zweifelhaft, ob es sich bei dem Vorbringen des Klägers in der Revisionsinstanz, der mit dem Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag sei auch die Rechtsgrundlage für seine Geschäftsführertätigkeit bei der NOP gewesen, nicht um neuen, nach § 561 Abs. 1 ZPO unbeachtlichen Tatsachenvortrag handelt. Jedenfalls hat das Berufungsgericht das Gegenteil, nämlich den Abschluß eines Geschäftsführervertrages mit der NOP, rechtsfehlerfrei festgestellt.
[16] bb) Zutreffend weist die Revision zwar darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der auch das Landesarbeitsgericht ausgeht (BAG 25. Juni 1997 – 5 AZB 41/96 – AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 37; 20. Oktober 1995 – 5 AZB 5/95AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 13; 21. Februar 1994 – 2 AZB 28/93 – AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 28), der Anstellungsvertrag nicht mit der juristischen Person abgeschlossen werden muß, zu deren Organvertreter der Dienstnehmer bestellt werden soll; wird etwa ein bei einer Konzernobergesellschaft beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer konzernabhängigen Gesellschaft bestellt, so kann der mit der Konzernobergesellschaft abgeschlossene Arbeitsvertrag nach wie vor die Rechtsgrundlage für die Geschäftsführerbestellung bei der Tochtergesellschaft sein (BAG 25. Juni 1997 aaO; Martens FS Hilger/Stumpf S 437, 438). Es ist jedoch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht einen solchen Sachverhalt nicht angenommen hat. Unstreitig war der Beklagte weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der NOP, seine rechtlichen Einflußmöglichkeiten auf die NOP entsprachen damit nicht denen einer Konzernobergesellschaft. Der Kläger hat auch selbst nicht konkret behauptet, er sei nach seiner Geschäftsführerbestellung weiterhin Arbeitgeberweisungen des Beklagten unterworfen gewesen. Im Gegensatz zu dem Ausgangsfall der von der Revision zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Oktober 1995 (AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 13) erhielt der Kläger seine Vergütung nach dem 1. August 1994 auch nicht weiterhin vom Beklagten, sondern von der NOP. Der Kläger gibt selbst keine Erklärung dafür, daß er, was sich mit dem Weiterbestehen des alten Arbeitsverhältnisses nicht vereinbaren ließe, über die im Arbeitsvertrag vereinbarten Provisionen während seiner Geschäftsführertätigkeit Honorarrechnungen einschließlich Mehrwertsteuer erstellt hat. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme über eine schriftliche Niederlegung eines Vertrages zwischen dem Kläger und der NOP gesprochen worden ist, angenommen hat, der Kläger sei ab 1. August 1994 für NOP nicht aufgrund des alten Arbeitsverhältnisses, sondern aufgrund eines Geschäftsführervertrages tätig geworden, läßt dies keinen Rechtsfehler erkennen.
[17] 2. Ebenso zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß ab 1. August 1994 nicht neben dem Geschäftsführervertrag des Klägers mit der NOP das ursprüngliche Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten mit Pflicht zur Arbeitsleistung für den Beklagten fortbestanden hat. Das Landesarbeitsgericht stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, sowohl Arbeitsvertrag als auch Geschäftsführerdienstvertrag begründeten die Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Wenn nicht jeweils Teiltätigkeiten vorlägen, könne die Arbeitsleistung nur in e i n e m Vertragsverhältnis erbracht werden. Sowohl im Arbeitsverhältnis als auch im Geschäftsführerdienstverhältnis bestünden erhebliche Nebenpflichten, zB Treuepflichten. Aus beiden Vertragsverhältnissen folge die Gebundenheit an Weisungen des Arbeitgebers bzw. der Gesellschafterversammlung. Regelmäßig könne der Geschäftsführer nur ein Vertragsverhältnis ordnungsgemäß erfüllen; abgrenzbare Teiltätigkeiten lägen nicht vor. Die wesentliche Tätigkeit der NOP und des Klägers als Geschäftsführer der NOP habe in der Auftragsbeschaffung und in der Baubetreuung gelegen, die der Kläger zuvor schwerpunktmäßig im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Beklagten erbracht habe. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Erhebliche Rügen hat der Kläger mit der Revision insoweit auch nicht erhoben.
[18] 3. Mit dem Berufungsgericht ist ebenfalls davon auszugehen, daß nicht während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die NOP sein früheres Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten ruhend fortbestanden hat und nach der Kündigung der NOP wieder aufgelebt ist. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten sei mit Abschluß des Geschäftsführervertrages mit Wirkung zum 1. August 1994 aufgehoben worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
[19] a) In Rechtsprechung und Literatur wird übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses durch schlüssiges Verhalten möglich ist. Ein solcher Wille muß nur unzweifelhaft und eindeutig zum Ausdruck gekommen sein (Senat 16. März 2000 – 2 AZR 196/99 – RzK I 9 Nr. 72; LAG Sachsen-Anhalt 9. März 1995 – 6 Sa 259/94 – LAGE BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 17; KR-Etzel 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 196; ErfK-Müller-Glöge § 620 BGB Rn. 224; Schaub Arbeitsrechts-Handbuch 9. Aufl. § 122 Rn. 9; Frölich NZA 1997, 1273; entsprechend für eine Ausgleichsquittung Senat 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77BAGE 32, 6, 11).
[20] b) In der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Rechtsprechung hat der Senat angenommen, daß ein Arbeitsverhältnis im Zweifel nicht aufgehoben werden, sondern nur ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer zu einem Organ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestellt wird. Dies gelte dann jedoch nicht, wenn der durch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses eintretende Verlust des gesetzlichen Kündigungsschutzes durch eine wesentlich höhere Vergütung aufgewogen werde (Senat 9. Mai 1985 – 2 AZR 330/84BAGE 49, 81, 87 ff.; 27. Juni 1985 – 2 AZR 425/84 – AP AngestelltenkündigungsG § 1 Nr. 2 zu III 2, 3 der Gründe; 12. März 1987 – 2 AZR 336/86BAGE 55, 137, 145 ff.). Mit Urteil vom 7. Oktober 1993 (- 2 AZR 260/93AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9 zu II 1 b aa der Gründe) stellte der Senat in Frage, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. Er ging davon aus, daß jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis nur der Erprobung dienen sollte, dieses im Zweifel mit dem Abschluß des Anstellungsvertrages als Organ beendet ist. Fehlender Bestandsschutz des Arbeitnehmers spreche für den Willen zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Diese Zweifel hat der Fünfte Senat aufgegriffen. Er geht davon aus, daß im Falle des Abschlusses eines vollständig neuen Vertrages im Zweifel nicht angenommen werden könne, daß daneben ein ruhendes Arbeitsverhältnis fortbestehen solle, zumal bei Gewährung einer höheren Vergütung (BAG 28. September 1995 – 5 AZB 4/95AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 24 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 12 zu II 2 b der Gründe). Die Vergütungserhöhung müsse auch nicht gerade für die Aufgabe des Arbeitnehmerstatus gezahlt werden (BAG 10. Dezember 1996 – 5 AZB 20/96BAGE 84, 377, 384 f.).
[21] c) In der Literatur wird überwiegend abgelehnt, den Fortbestand eines ruhenden Arbeitsverhältnisses neben dem Geschäftsführerdienstvertrag auch dann anzunehmen bzw. zu vermuten, wenn nicht schon nach den Gesamtumständen der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses neben dem Geschäftsführerdienstvertrag zumindest Geschäftsgrundlage der Geschäftsführerbestellung war (etwa Aufstieg eines untergeordneten Angestellten mit erheblichem sozialen Besitzstand zum Titulargeschäftsführer im Betrieb seines Arbeitgebers ohne nennenswerte Gehaltsanhebung und Kompetenzerweiterung) (Martens Anm. zu AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 3; Boemke ZfA 1998, 209, 224; KR-Rost 5. Aufl. § 14 KSchG Rn. 6; KPK-Bengelsdorf 2. Aufl. Teil H § 14 Rn. 25; Hueck/von Hoyningen-Huene KSchG 12. Aufl. § 14 Rn. 7 b; Hachenburg-Stein GmbHG 8. Aufl. § 35 Rn. 190, vgl. LAG Köln 26. Februar 1997 – 8 Sa 1368/96 – LAGE ArbGG 1979 § 5 Nr. 6).
[22] d) Es braucht nicht für alle denkbaren Fälle abschließend entschieden zu werden, ob und ggf. in welchem Umfang an der früheren Rechtsprechung festzuhalten ist, bei in etwa gleichen Bezügen nach der Geschäftsführerbestellung des Betreffenden sei im Zweifel zu vermuten, daß neben dem Geschäftsführerdienstvertrag ein ruhendes Arbeitsverhältnis fortbestehe. Jedenfalls bei einer Sachverhaltsgestaltung wie der vorliegenden fehlt für eine solche Annahme die Vermutungsbasis. Wird ein in leitender Position beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer neu gegründeten GmbH bestellt, die wesentliche Teilaufgaben des Betriebes seines bisherigen Arbeitgebers übernimmt (Ausgliederung einer Bauträger-GmbH aus einem Architekturbüro), so wird im Zweifel mit Abschluß des Geschäftsführerdienstvertrages das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben. Auch bei einer nur geringen Anhebung der Geschäftsführerbezüge gegenüber dem früheren Gehalt spricht dann mangels weiterer Anhaltspunkte eine Vermutung dafür, daß nach dem Willen der Parteien nicht neben dem Geschäftsführerdienstvertrag mit der neuen GmbH noch ein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber ruhend fortbestehen soll. Jedenfalls insoweit hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BAG 9. Mai 1985 – 2 AZR 330/84BAGE 49, 81) nicht mehr fest.
[23] Schließt ein Arbeitnehmer mit einer neu gegründeten GmbH, an der sein bisheriger Arbeitgeber nicht als Gesellschafter beteiligt ist, und auf die dieser auch nicht als (Mit-) Geschäftsführer maßgeblichen Einfluß hat, einen Geschäftsführerdienstvertrag ab, so muß ihm regelmäßig klar sein, daß er damit seinen sozialen Besitzstand aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis aufgibt. Dies gilt erst recht, wenn es sich bei dem Betreffenden um einen Angestellten in leitender Position handelt, bei dem gewisse Rechtskenntnisse vorausgesetzt werden können. Die Vergütungshöhe spielt bei einer derartigen Entwicklung des Vertragsverhältnisses nicht die allein entscheidende Rolle. Es ist durchaus möglich, daß der Betreffende gerade im Hinblick auf die von ihm erhoffte günstige Entwicklung der Geschäfte bei der neuen GmbH und spätere Gehaltssteigerungen zunächst auf eine spürbare Anhebung seines Geschäftsführergehalts verzichtet. Wenn der frühere Tätigkeitsbereich, in dem der Betreffende in seinem Arbeitsverhältnis bei seinem bisherigen Arbeitgeber in leitender Position beschäftigt war, nunmehr ausgegliedert und auf eine neue GmbH übertragen wird, so hat nach der Ausgliederung der frühere Arbeitgeber ersichtlich keine Arbeit mehr für den Betreffenden. Unter solchen Umständen eine Vertragsbindung an den alten Arbeitgeber in der Form eines ruhenden Arbeitsverhältnisses, das sich möglicherweise erst nach vielen Jahren wieder realisieren kann, anzunehmen, setzt regelmäßig eine gesonderte Vereinbarung voraus. Eine solche Vereinbarung fehlt hier.
[24] e) Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht danach davon ausgegangen, daß zwischen den Parteien über den 1. August 1994 hinaus kein ruhendes Arbeitsverhältnis fortbestanden hat.
[25] aa) Der berufliche Aufstieg des Klägers zum Geschäftsführer hat unstreitig weder im Betrieb des Beklagten noch in einem Konzernverbund mehrerer Unternehmen, sondern bei einer Drittfirma stattgefunden, an der der Beklagte als Vertragspartner des ursprünglichen Arbeitsvertrages rechtlich nicht beteiligt war. Der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, er habe dem Kläger hinsichtlich seiner Geschäftsführertätigkeit keine Weisungen erteilt und habe auf das Geschehen bei der GmbH auch keinen Einfluß nehmen können. Dem ist der Kläger nicht mit konkretem Sachvortrag entgegengetreten. Es reicht nicht aus, wenn der Kläger mit der Revision lediglich geltend macht, der Beklagte sei "letztlich eng mit der NOP verbunden" gewesen. Schon in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag war eine verhältnismäßig selbständige Stellung des Klägers hinsichtlich der Erledigung seiner Aufgaben vereinbart und auch die Ausweitung eines Büros in L, dem späteren Sitz der NOP, ins Auge gefaßt. Daß sich 1994 die Notwendigkeit ergab, den Arbeitsbereich des Klägers auf eine selbständige Firma auszugliedern, wobei diese Ausgliederung nach der eigenen Behauptung des Klägers als Idee sogar von ihm entwickelt worden ist, spricht eher für eine Ablösung des Arbeitsverhältnisses durch den Geschäftsführerdienstvertrag. Wenn, worauf der Beklagte nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt keinen rechtlichen Einfluß hatte, die NOP dem Kläger irgendwann einmal kündigte, deren Aufgaben aber nicht auf den Betrieb des Beklagten zurückverlagert wurden, so war am 1. August 1994 kaum absehbar, mit welchem Inhalt ein ruhendes Arbeitsverhältnis zum Beklagten nach einer Kündigung der NOP uU nach Jahren hätte wieder aufleben sollen. Berücksichtigt man diese vom Landesarbeitsgericht in seine Erwägungen einbezogenen Umstände, so hält sich die Annahme des Berufungsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei mit dem 1. August 1994 aufgelöst worden, im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz.
[26] bb) Der Frage, in welchem Umfang sich die Bezüge des Klägers im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführerbestellung erhöht haben, kommt entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Wenn der Senat bei einem Aufstieg im selben Betrieb zum Geschäftsführer nach langjähriger Beschäftigung ohne wesentliche Veränderung der faktischen Position des Betreffenden entscheidend auf die Vergütungsvereinbarung abgestellt hat, so geht dies von dem Lebenserfahrungssatz aus, unter derartigen Umständen sei kein Arbeitnehmer vernünftigerweise bereit, ohne einen entsprechenden Risikoausgleich auf seinen erheblichen Kündigungsschutz zu verzichten. Ein solcher Sachverhalt liegt hier ersichtlich nicht vor: Der Kläger verdiente beim Beklagten bereits ein Gehalt in erheblicher Höhe. Dieses Gehalt ist auch anläßlich seiner Geschäftsführerbestellung, wenn auch nur um einige hundert DM, erhöht worden. Entscheidend ist aber, daß der Kläger über sein Festgehalt hinaus eine Provision bezog, die seine Einkommenshöhe maßgeblich beeinflußte. In seiner Stellung als mit der Auftragsbeschaffung und -abwicklung befaßter Geschäftsführer hatte der Kläger die Möglichkeit, bei erfolgreicher Tätigkeit erhebliche Einkommenssteigerungen zu erreichen. Dies zeigen die Aufstellungen über tatsächlich gezahlte Provisionen. Die Wertung des Berufungsgerichts, aus der nur geringfügigen Anhebung seines Grundgehalts im Zusammenhang mit der Geschäftsführerbestellung könne nicht auf einen Willen des Klägers geschlossen werden, neben seinem Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer an einem ruhenden Arbeitsverhältnis zum Beklagten festzuhalten, ist unter diesen Umständen rechtlich nicht zu beanstanden.
[27] cc) Auch das Ergebnis der vor dem Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme spricht nicht für einen Willen der Parteien auf Fortsetzung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses. Die Revision bewertet insoweit nur das Ergebnis der Beweisaufnahme anders als das Landesarbeitsgericht, ohne konkrete Rechtsfehler zu rügen. Solche sind auch nicht erkennbar. Wenn die Vertragsparteien in einem Gespräch zwar den Abschluß eines Aufhebungsvertrages hinsichtlich des bestehenden Arbeitsverhältnisses thematisiert haben, es in dem Gespräch aber als wesentlichstem Problempunkt darum ging, daß ein schriftlicher Geschäftsführervertrag noch nicht abgeschlossen war, so kann die Tatsache, daß der Kläger ohne Abschluß schriftlicher Verträge seine Tätigkeit als Geschäftsführer aufgenommen hat, durchaus bedeuten, daß die Parteien sich auch ohne Einhaltung einer nicht erforderlichen Schriftform darüber einig waren, der Arbeitsvertrag mit dem Beklagten sollte durch einen mündlich abgeschlossenen Geschäftsführerdienstvertrag mit der NOP ersetzt werden. Dies gilt um so mehr, als nach der Aussage des vom Berufungsgericht vernommenen Zeugen auch bei diesem eine Ablösung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten durch ein Arbeitsverhältnis mit der NOP vereinbart worden ist. Jedenfalls ist die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß der Hergang des von dem Zeugen wiedergegebenen Gesprächs nicht auf einen Willen der Parteien schließen läßt, ihr Arbeitsverhältnis während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers nur zum Ruhen zu bringen.
[28] dd) Soweit die Revision schließlich auf die Provisionsregelung hinweist, die nach den ursprünglich vereinbarten Bedingungen von den Parteien auch während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers weiter praktiziert worden ist, so verfängt dies nicht. Das Landesarbeitsgericht hat überzeugend dargelegt, daß die Provisionsvereinbarung auch Sinn machte, soweit der Kläger als Geschäftsführer der NOP für von dieser akquirierte Bauvorhaben dem Architekturbüro des Beklagten Aufträge erteilte. Daß diese Provision, die schon zuvor dem Kläger persönlich zustand, auch nach der Geschäftsführerbestellung des Klägers nicht der NOP, sondern dem Kläger persönlich zugeflossen ist, bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien. Die vom Kläger erteilten Honorarrechnungen unter Berechnung von Mehrwertsteuer lassen im Gegenteil darauf schließen, daß der Kläger selbst die Provisionsforderungen nicht als Forderungen aus einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis zum Beklagten bewertet hat.