Bundesarbeitsgericht
Rechtsweg – Dienstleistungen in einem Verein
Ein Verein kann in seiner Satzung die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit als Mitgliedsbeitrag vorsehen. Vereinsrechtliche Arbeitspflichten dürfen aber nicht gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen und damit zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen umgehen.

BAG, Beschluss vom 26. 9. 2002 – 5 AZB 19/01 (lexetius.com/2002,2313)

[1] 1. Die weitere sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. März 2001 – 6 Ta 2569/00 – wird zurückgewiesen.
[2] 2. Der Kläger hat die Kosten der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen.
[3] 3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 106.599,24 Euro festgesetzt.
[4] Gründe: A. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
[5] Der Kläger beansprucht von dem Beklagten Arbeitsentgelt für die Zeit vom 2. Juli 1984 bis zum 4. August 1997 in Höhe von 525.470,00 DM brutto sowie Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,00 DM. Der Beklagte ist ein eingetragener Verein, in dessen Satzung ua. folgendes geregelt ist:
[6] "… § 2. Zweck der Kirche. 1. Der Verein ist eine Religionsgemeinschaft (Kirche). Der Zweck der Kirche ist die Pflege und Verbreitung der Scientology Religion und ihre Lehre. …
[7] § 5. Verwirklichung der Zwecke der Kirche. Der in § 2 dieser Satzung festgelegte Zweck wird verwirklicht insbesondere durch … 5. Praktische Seelsorge, damit ist gemeint die geistliche Beratung (Auditing) …
[8] § 7. Gemeinnützigkeit. 1. Die Kirche verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnittes "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung 1977. 2. Die Kirche ist selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. …
[9] § 9. Organe der Kirche. Die Organe der Kirche sind: a) die Mitgliederversammlung b) der Kirchenvorstand
[10] § 10. Mitgliedschaft. … 2. Die Kirche besteht aus: a) Ordentlichen Mitgliedern … b) Außerordentlichen Mitgliedern …
[11] § 11. Rechte und Pflichten der Mitglieder. 1. Alle Mitglieder, ordentliche wie außerordentliche, haben das Recht und die Pflicht, an der Verwirklichung der Aufgaben und Ziele der Kirche im Rahmen der von ihnen übernommenen Aufgabenbereiche tatkräftig mitzuwirken. Die Verpflichtung der Mitglieder zur aktiven Mitarbeit, zur Förderung durch Spendenbeiträge oder in sonstiger Weise ergibt sich direkt aus der vorliegenden Satzung. 2. Alle Mitglieder haben die Pflicht, Ehrenämter, die sie in der Kirche übernehmen, gewissenhaft zu verwalten, Mitgliedsbeiträge und Spendenbeiträge ordnungsgemäß zu leisten und durch ihre Lebensführung nach außen Zeugnis zu geben, daß sie mit den Grundsätzen und Zielen der Scientology Kirche übereinstimmen. … 4. Aktiv tätige Mitglieder sind diejenigen außerordentlichen und ordentlichen Mitglieder, die die Ziele der Scientology Kirche im Sinne von § 5 Ziffer 13 der Satzung intensiv unterstützen und sich durch ein schriftliches Versprechen dazu verpflichtet haben. Das schriftliche Versprechen soll zum Ausdruck bringen, daß die Person sich ganz den kirchlichen Zielen widmet und daß sie bereit ist, sich an die Schriften und die Satzung zu halten. Die aktiven Mitglieder haben sich um die täglichen Kirchenaufgaben und Tätigkeiten gewissenhaft zu bemühen und sich dafür einzusetzen, daß die satzungsmäßigen Zwecke erreicht werden. Aktive Mitglieder sind verpflichtet, die zugewiesenen Aufgaben, Ämter und Funktionen sorgfältig und zum Besten der Gemeinde und Kirche zu erfüllen. Ihre Verpflichtung ergibt sich allein aufgrund ihrer satzungsmäßigen Mitgliedschaft. 5. Hauptamtliche (aktiv tätige) Mitglieder erhalten für ihre Tätigkeit für die Kirche unter Beachtung von § 7 dieser Satzung eine angemessene finanzielle Zuwendung entsprechend den finanziellen Möglichkeiten der Kirche. …
[12] § 12. Ende der Mitgliedschaft. 1. Die Mitgliedschaft endet … b) durch schriftlichen Austritt gegenüber der Kirche; c) durch Ausschluß aufgrund von vereinsschädigendem Verhalten, wie Treubruch, grobes oder wiederholtes Verstoßen gegen die Satzung und durch öffentlichen, rechtlichen oder andersartigen Angriff gegen die Scientology Religion/Kirche oder den Verein oder wenn aus sonstigen Gründen die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft weggefallen sind; 2. Über den Ausschluß eines Mitgliedes entscheidet der Kirchenvorstand. … …
[13] § 13. Der Kirchenvorstand. 1. Der Vorstand der Kirche besteht aus dem Präsidenten, dem stellvertretenden Präsidenten, dem Schatzmeister und bis zu zwei weiteren Vorstandsmitgliedern gemäß § 13 Ziffer 5. 2. Der Präsident vertritt die Kirche allein, die anderen Mitglieder des Vorstandes vertreten die Kirche gemeinsam. Die Vertretung der Kirche gilt gerichtlich und außerordentlich im Sinne des § 26 BGB. … 7. Die Vorstandsmitglieder werden von der Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit der Stimmen gewählt. Die Kandidaten können nur durch ordentliche Mitglieder vorgeschlagen werden. Aktiv wahlberechtigt sind nur die ordentlichen Mitglieder. …
[14] § 15. Die Mitgliederversammlung. … 4. In der Mitgliederversammlung haben die ordentlichen Mitglieder volles Stimmrecht. … … 6. Die Mitgliederversammlung entscheidet über a) die Billigung des Jahresberichts, b) die Billigung des Rechenschaftsberichtes des Schatzmeisters, c) die Entlastung des Vorstandes, d) die Neuwahl des Vorstandes. …
[15] § 16. Beitrag. 1. Zur Deckung der Aufwendungen der Kirche haben alle Mitglieder Beiträge zu leisten, die gemäß Beschluß des Vorstandes festgelegt werden. 2. Die Höhe der Beiträge und deren Fälligkeit werden in einer gesonderten Beitragsordnung festgelegt. …"
[16] Der Kläger war seit 1981 zunächst einfaches Mitglied des Beklagten. Ab 2. Juli 1984 wurde ihm auf seinen Antrag der Status eines ordentlichen aktiven, hauptamtlich tätigen Mitglieds verliehen. In der Anlage 2 zu dem Antrag auf Verleihung des Status eines hauptamtlich tätigen Mitglieds heißt es unter der Überschrift "Regelungen der aktiv tätigen Mitglieder der religiösen Gemeinschaft der Scientology Kirche":
[17] "1. Hauptamtliche Mitglieder unterstützen nach besten Kräften die Kirche. Art und Umfang der Tätigkeit werden durch die jeweiligen Bedürfnisse der Kirche bestimmt. Der Kirchenvorstand und die von ihm beauftragten Personen werden hierzu die erforderlichen Anweisungen treffen. 12 ½ Stunden Studierzeit (religiöser Unterricht und Ausbildung in den religiösen Aufgaben) pro Woche sind obligatorisch. Individuell abgestimmte Stundenpläne können mit der Übereinstimmung des kirchlichen Vorgesetzten und dem Aufgabenbereich für die Betreuung der hauptamtlichen Mitglieder in Abt. 1 (HCO) vereinbart werden. … … 3. Mitglieder der religiösen Gemeinschaft helfen gemäß den religiösen Verpflichtungen und Überzeugungen und nicht, um Geld zu verdienen oder wegen anderer kommerzieller und materieller Interessen, Geldmotivation oder Anreize. Trotzdem gibt die Kirche gemäß ihrer kircheninternen Richtlinien eine wöchentliche Unterstützung, die jedoch nicht fest ist, sondern sich nach den Möglichkeiten der Kirche und der individuellen Leistung, Ausbildung und nach dem Kirchenamt richtet. … 5. Mitglieder der religiösen Gemeinschaft sollen grundsätzlich jegliche ihnen zugewiesene Funktionen und Aufgaben akzeptieren, die mit den bestehenden kircheninternen Richtlinien übereinstimmen."
[18] Als hauptamtliches Mitglied erhielt der Kläger vom Beklagten ein Taschengeld in Höhe von etwa 150, 00 bis 200,00 DM pro Monat, dessen Auszahlung jedoch nicht regelmäßig erfolgte. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Kläger überwiegend aus der in einem Arbeitsverhältnis erzielten Vergütung, das in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit für den Beklagten stand.
[19] Als hauptamtliches Mitglied war der Kläger zunächst im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit als Straßenmissionierer tätig. Er warb neue Mitglieder und nahm Testauswertungen vor. Diese Tätigkeit hatte einen Umfang von mindestens 29, 5 Wochenstunden. Weiterhin nahm der Kläger an wöchentlichen Treffen der hauptamtlichen Mitglieder teil, in denen über die Verwendung der finanziellen Mittel und organisatorische Fragen entschieden wurde.
[20] Von Januar 1985 bis Juni 1987 machte der Kläger – mit Unterbrechungen – eine Ausbildung zum Klasse-V-Auditor in der zentralen Ausbildungseinrichtung der Scientology Organisation (Church of Scientology) in Clearwater (USA). Die reine Studierzeit für diese Ausbildung betrug jedenfalls 45 Stunden pro Woche. Unterkunft und Verpflegung wurden dem Kläger gestellt. Während dieser Zeit wurde er auch selbst auditiert, um – nach dem gemeinsamen Verständnis der Parteien – auf der "Brücke" voranzukommen und die Erlösungsstufen "Clear" und "Operating Thetan" zu erreichen. Im Anschluß an diese Ausbildung übte der Kläger von 1987 bis 1993 in Berlin die Tätigkeit eines Auditors und später eines Senior Case Supervisors aus. In der letztgenannten Funktion kontrollierte er die Einhaltung der Bestimmungen für das Auditing und überwachte Kurse für die Auditingausbildung. Von 1986 bis 1989 war der Kläger zugleich Mitglied des Exekutivrats des Beklagten, der für die Planung der Einnahmen zuständig ist. Von 1988 bis Anfang Februar 1990 nahm der Kläger als stellvertretender Vorstandsvorsitzender zusätzlich Verwaltungsaufgaben wahr. Er nahm für den Beklagten Rechtsgeschäfte vor und unterzeichnete ua. – mit Genehmigung eines weiteren Vorstandsmitglieds – den Mietvertrag über das Anwesen des Beklagten.
[21] Von März 1993 bis Juni 1994 ließ sich der Kläger in Kopenhagen zum Klasse-VI-Auditor ausbilden. Auch in dieser Zeit betrieb er zur persönlichen Vervollkommnung in erheblichem Umfang sog. Solo-Auditing, um eine höhere Bewußtseinsstufe zu erreichen. Hieran schloß sich in den USA von Oktober 1994 bis Juli 1996 eine Ausbildung zum Klasse-VIII-Auditor an. Zur Finanzierung seiner Ausbildung war er dort als Auditor tätig und verrichtete Garten-, Büro- und Lagerarbeiten. Im Juni/Juli 1996 wurde gegen den Kläger in den USA ein Scientology-internes Strafverfahren vor dem "Commitee of Evidence" geführt. In diesem erklärte sich der Kläger für schuldig und wurde zu einer sog. Ethik-Strafmaßnahme in das Verbindungsbüro von Scientology nach Kopenhagen versetzt, wo er nach seiner Darstellung Zwangsarbeit zu leisten hatte. Im Anschluß an seine Rückkehr nach Berlin Anfang 1997 wurde ihm die Befugnis zum Auditing entzogen. Bis zum 4. August 1997 verteilte der Kläger auf der Straße Handzettel.
[22] Während der Zeit seiner Tätigkeit bei dem Beklagten richtete sich die Arbeitszeit des Klägers nach individuell vereinbarten Stundenplänen. Der Kläger konnte die Zeiten seiner Anwesenheit und Mitarbeit in Absprache mit den anderen aktiv tätigen Mitgliedern frei einteilen. Von dem jeweiligen Stundenplan durfte er auch abweichen. Seine Tätigkeit als Auditor und Senior Case Supervisor teilte sich der Kläger frei ein, indem er selbst die Termine für die Sitzungen festlegte.
[23] Am 4. August 1997 beendete der Kläger seine aktive Mitarbeit. Mit Wirkung zum 1. März 1998 trat er aus dem beklagten Verein aus.
[24] Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei bei dem Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt worden. Der Beklagte sei ein wirtschaftliches Unternehmen und keine Religionsgemeinschaft. Der Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt und gemeint, der Kläger sei als Vereinsmitglied ausschließlich auf der Grundlage der Satzung des Beklagten tätig geworden. Der Kläger habe hauptsächlich auditiert. Hierbei handele es sich um den Kernbereich der religiösen Lehre von Scientology, so daß ein erwerbswirtschaftlicher Bezug ausscheide. Zudem habe der Kläger als hauptamtliches Mitglied und zeitweiliges Vorstandsmitglied die Geschicke des Vereins beeinflussen können.
[25] Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen. Mit der zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
[26] B. Die weitere sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
[27] I. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht bereits aus der Geltendmachung einer Bruttoforderung. Hierin liegt kein sic-non-Fall im Sinne der Senatsrechtsprechung (dazu Senat 24. April 1996 – 5 AZB 25/95BAGE 83, 40), weil auch im Rahmen eines freien Dienstvertrags Bruttoentgeltforderungen erhoben werden können (vgl. BGH 1. Dezember 1997 – II ZR 232/96NJW 1998, 1480).
[28] II. Im Streitfall kommt für die geltend gemachten Vergütungs- und Schmerzensgeldansprüche eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nur nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und d ArbGG in Betracht. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und unerlaubten Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.
[29] 1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Senat 16. Februar 2000 – 5 AZB 71/99BAGE 93, 310). Das Arbeitsverhältnis ist ein auf den Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Senat 22. April 1998 – 5 AZR 342/97BAGE 88, 263 mwN; 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98BAGE 93, 218, 222). Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls.
[30] Andererseits kommt als Rechtsgrundlage für die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit auch die Mitgliedschaft in einem Verein in Betracht (BAG 18. Februar 1956 – 2 AZR 294/54BAGE 2, 289; 3. Juni 1975 – 1 ABR 98/74BAGE 27, 163; 10. Mai 1990 – 2 AZR 607/89 – AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 51; Senat 22. März 1995 – 5 AZB 21/94BAGE 79, 319, 357; 6. Juli 1995 – 5 AZB 9/93BAGE 80, 256). Der Mitgliedsbeitrag (§ 58 Nr. 2 BGB) kann in der Leistung von Diensten bestehen (Soergel/Hadding BGB 13. Aufl. § 58 Rn. 3; RGRK-Steffen BGB 12. Aufl. § 58 Rn. 2; Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 17. Aufl. Rn. 120). Dies ergibt sich aus der Vereinsautonomie, die es dem Verein ermöglicht, Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und des Vereins durch Satzung zu regeln (§ 25 BGB). Rechtsgrund der Beitragsleistung ist nicht ein schuldrechtlicher gegenseitiger Austauschvertrag, sondern die Vereinssatzung mit der Beitragsabrede. Die Beitragsleistung erfolgt, um den Vereinszweck zu fördern. Durch Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann das Mitglied auf die Geschicke des Vereins Einfluß nehmen. Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten darf allerdings nicht gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen und damit zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen umgehen.
[31] 2. Nach den getroffenen Vereinbarungen stand der Kläger in einer vereinsrechtlichen Beziehung zum Beklagten und nicht in einem Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitsvertrag wurde weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen. Der Kläger erbrachte durch seine Dienstleistungen für den Beklagten vereinsrechtliche Mitgliedsbeiträge. Dem entsprach die praktische Durchführung der Rechtsbeziehungen der Parteien.
[32] a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Kläger seine Arbeitszeit im wesentlichen frei gestalten. Er war nicht an einseitig vom Beklagten vorgegebene Arbeitszeiten gebunden. Die Termine für das Auditing wurden nicht vom Beklagten bestimmt, sondern vom Kläger selbst festgelegt. Die Stundenpläne wurden zwischen den Parteien jeweils vereinbart. Der Kläger konnte hiervon abweichen und praktizierte dies auch so. Der Beklagte hat in der Beschwerde unwidersprochen näher dargelegt, daß der Kläger erschien, wann es ihm beliebte. Soweit der Kläger dies in der Begründung seiner weiteren sofortigen Beschwerde in Abrede stellt und behauptet, der Beklagte habe die Stundenpläne einseitig vorgegeben, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Der Kläger führt nicht aus, wer ihm den Stundenplan vorgegeben hat.
[33] b) Anderes ergibt sich auch nicht aus der Anlage 2 zu dem am 2. Juli 1984 vom Kläger gestellten Antrag auf Verleihung des Status eines hauptamtlichen Mitglieds. Nach Nr. 1 der in dieser Anlage enthaltenen Bestimmungen kann der Kirchenvorstand dem hauptamtlichen Mitglied zwar Anweisungen erteilen und das Mitglied soll nach Nr. 5 die ihm zugewiesenen Aufgaben und Funktionen akzeptieren. Mit diesen Regelungen werden die in § 11 der Satzung niedergelegten Mitwirkungsrechte und -pflichten der aktiv tätigen Mitglieder des Beklagten konkretisiert. Hieraus folgt aufgrund der bestehenden vereinsrechtlichen Beziehungen jedoch nur eine vereinsrechtliche Verpflichtung des Klägers zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit im Dienste des Beklagten. Ein Arbeitsverhältnis wird hierdurch allein noch nicht begründet. Denn sowohl Vereinsmitglieder, die ihren Mitgliedsbeitrag in Form von Dienstleistungen für den Verein erbringen, als auch Arbeitnehmer leisten ihre Dienste in persönlicher Abhängigkeit (BAG 3. Juni 1975 aaO; Senat 22. März 1995 aaO).
[34] c) Untypisch für einen Arbeitnehmer konnte der Kläger Einfluß auf die Leitung, Organisation und Entscheidungen des Vereins nehmen. Als hauptamtliches Mitglied hatte er volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung (§ 15 Ziff. 4 der Satzung). Diese wählt nach § 13 Ziff. 7 der Satzung den Vorstand. Außerdem entscheidet die Mitgliederversammlung nach § 12 Ziff. 2 der Satzung über den Ausschluß eines Mitglieds, wenn dieses die zuvor vom Vorstand getroffene Entscheidung anficht. Weiterhin gab es wöchentliche Treffen der hauptamtlichen Mitglieder, in denen über die Mittelverwendung und organisatorische Fragen entschieden wurde. Der Einsatz des Klägers bewegte sich insoweit innerhalb der von ihm selbst als Mitglied mitbeeinflußten Vorgaben. Dem steht nicht entgegen, daß die Mitgliederversammlung nur im Rahmen der von der Mutterorganisation in den USA vorgegebenen Richtlinien Beschlüsse fassen konnte. Denn diese Richtlinien bestimmen den Vereinszweck, der notwendigerweise die Grenze für Beschlüsse der Mitgliederversammlung bildet.
[35] 3. Aus der fachlichen Bindung an die Grundsätze der Scientology Gemeinschaft kann nicht auf ein Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Diese Bindung ist gerade Ausfluß des Vereinszwecks.
[36] 4. Die vereinsrechtlich begründete Dienstverpflichtung des Klägers verstößt nicht gegen § 138 BGB.
[37] a) Für seine Tätigkeit bei dem Beklagten erhielt der Kläger zwar keine nennenswerte Vergütung, sondern nur ein monatliches Taschengeld in Höhe von etwa 150, 00 bis 200,00 DM, dessen Auszahlung nicht regelmäßig erfolgte. Diese Geldleistung des Beklagten stellte jedoch keine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen dar, sondern war nach § 11 Nr. 5 der Satzung eine Zuwendung, mit der offenbar auch besondere Aufwendungen der hauptamtlich tätigen Mitglieder abgegolten werden sollten. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Kläger anderweitig in einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger verfolgte mit seiner Tätigkeit beim Beklagten keine Erwerbsabsichten, sondern ideelle Ziele und strebte die eigene geistige Vervollkommnung im Sinne der Lehren von Scientology an. Während seiner Mitgliedschaft in dem beklagten Verein teilte der Kläger die spirituellen Vorstellungen von Scientology vom Erreichen bestimmter Erlösungsstufen und wurde zur eigenen geistigen Vervollkommnung und Weitergabe der "Lehre" tätig. Er verfolgte in erheblichem Umfang eigene Ziele, indem er versuchte, auf der "Brücke" voranzukommen und die Erlösungsstufen "Clear" und "Operating Thetan" zu erreichen. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht daher darauf hingewiesen, daß dem Kläger die Erfüllung vermeintlicher Heilsvorstellungen und seine Teilhabe als ranghoher Auditor an der Macht von Scientology Lohn für die von ihm dargelegte Selbstausbeutung war.
[38] Wesen des Arbeitsverhältnisses ist jedoch der Austausch von Arbeit und Lohn. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag (§ 611 BGB). Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Denn typischerweise verfolgt ein Arbeitnehmer das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Daß neben diesem materiellen Interesse oftmals auch immaterielle Interessen eine Rolle spielen, schließt nicht aus, die Erwerbsabsicht als wesentliches Merkmal zur Abgrenzung von Tätigkeiten heranzuziehen, die vorwiegend auf ideellen Beweggründen beruhen.
[39] b) Einer Entscheidung, ob der Beklagte eine Religionsgemeinschaft ist oder in Wahrheit ein wirtschaftlicher Verein, bedarf es nicht. Selbst wenn der Beklagte ein Verein mit wirtschaftlicher Zielsetzung wäre (so Senat 22. März 1995 aaO für einen anderen Verein der Scientology-Organisation; vgl. zur Abgrenzung zwischen Idealverein und wirtschaftlichem Verein innerhalb der Scientology-Organisation auch BVerwG 6. November 1997 – 1 C 18.95BVerwGE 105, 313 sowie BVerwG 3. Juli 1998 – 1 B 114/97NVwZ 1999, 766), bestünde zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis. Entscheidend ist, daß der Beklagte dem Kläger durch die mitgliedschaftliche Betätigung im Verein die Möglichkeit eröffnet hat, an Kursen und Seminaren teilzunehmen, die ihn nach damaliger übereinstimmender Überzeugung der Parteien zu "höheren Daseinsstufen" auf der "Brücke" führen sollten. Soweit der Kläger durch seine Tätigkeit zum wirtschaftlichen Erfolg des Beklagten beigetragen hat, kann hieraus nicht auf ein Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Auch Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses können zur Gewinnerzielung der anderen Vertragspartei geeignet sein.
[40] Der Kläger übersieht bei seinem Prozeßvortrag, der sich in weiten Teilen losgelöst von den tatsächlichen Verhältnissen seines Tätigwerdens allgemein mit dem "System Scientology" auseinandersetzt, daß es nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen ist, alle Fälle wirklicher oder vermeintlicher Ausbeutung zu lösen. Die Ausbeutung eines Menschen durch einen anderen Menschen ist kein Wesensmerkmal des Arbeitsverhältnisses, sondern in ganz unterschiedlichen Gewalt- und Rechtsverhältnissen denkbar. Sollte der Beklagte tatsächlich ein wirtschaftlicher Verein und keine Religionsgemeinschaft sein, wie der Senat in dem Beschluß vom 22. März 1995 (aaO) angenommen hat, könnte ihm nach § 43 Abs. 2 BGB in einem Verwaltungsverfahren die Rechtsfähigkeit entzogen werden (vgl. dazu BVerwG 6. November 1997 aaO). Wenn der Kläger außerhalb eines Arbeitsverhältnisses Dienstleistungen erbracht hat, die nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten waren, könnte ihm nach § 612 Abs. 1 BGB ein nach § 612 Abs. 2 BGB zu bemessender Vergütungsanspruch zustehen. Hierfür sind die ordentlichen Gerichte zuständig.
[41] III. Eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich nicht aus § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Der Kläger war beim Beklagten nicht als arbeitnehmerähnliche Person beschäftigt.
[42] 1. Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbständige und unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Sie sind – in der Regel wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern schwächeren Weisungsgebundenheit, oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation – in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig als Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit (Senat 19. Dezember 2000 – 5 AZB 16/00 – AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 52; 30. August 2000 – 5 AZB 12/00AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 51). Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist gegeben, wenn der Betreffende auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Dienstleistung als Existenzgrundlage angewiesen ist.
[43] 2. Der Kläger finanzierte seinen Lebensunterhalt durch seine Erwerbstätigkeit bei Dritten. Er war daher nicht vom Beklagten wirtschaftlich abhängig.
[44] IV. Nach alledem hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit zu Recht an das Landgericht Berlin verwiesen.
[45] V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.