Bundessozialgericht
Aufsichtsmaßnahme gegen Krankenkasse – Leistungsgewährung und Informationsverbreitung im Zusammenhang mit neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden – keine generelle aufsichtsrechtliche Festlegung auf ein bestimmtes inhaltliches Konzept bei besonderen Therapierichtungen – Kostenerstattung für ärztliche Leistungen über die Regelungen des Vertragsarztrechts hinaus rechtfertigen aufsichtsrechtliches Einschreiten – keine leistungsrechtliche Sonderbehandlung von Eigenblut-Therapien

BSG, Urteil vom 22. 3. 2005 – B 1 A 1/03 R (lexetius.com/2005,1297)

[1] Tatbestand: Die Beteiligten streiten über eine Aufsichtsanordnung, welche die Kostenerstattung der klagenden Betriebskrankenkasse (BKK) für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmittel und auf diese Leistungen bezogene Werbemaßnahmen betrifft.
[2] Die Klägerin ging 1997 aus dem Zusammenschluss zweier Krankenkassen hervor und öffnete sich bundesweit. Seither tritt sie damit auf, dass sie sich der "ganzheitlichen Medizin" verpflichtet sehe und die gesetzlichen Möglichkeiten zur Leistungserbringung im Bereich der Natur- bzw traditionellen Heilkunde ausschöpfe. Schon im Gründungsjahr führte die beklagte Aufsichtsbehörde bei der Klägerin eine Sonderprüfung durch, in deren Folge insbesondere ein "Leistungskatalog" beanstandet wurde, den Versicherte und Interessierte in Form eines Informationsblattes zur Verfügung gestellt erhielten. Der Katalog führt zB Kostenerstattungsbeträge für bestimmte medizinische Behandlungsmethoden bzw Heilmittel auf, ua für Leistungen der anthroposophischen Medizin. Die Beklagte nahm den Vorgang zum Anlass für eine Aufsichtsanordnung. Nach vorangegangenen Schreiben und Gesprächen verpflichtete sie die Klägerin, Kostenerstattungen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie für neue Heilmittel zu unterlassen, solange der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (im Folgenden: Bundesausschuss) dafür kein positives Votum abgegeben habe; Methoden und Heilmittel, über die der Ausschuss noch nicht entschieden habe, dürften nur gewährt werden, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) dies im Einzelfall befürwortet habe; Kosten für vom Bundesausschuss ablehnend beurteilte Methoden und Heilmittel dürften nicht erstattet werden; die Klägerin dürfe zudem keine (noch) nicht anerkannten neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbieten (Bescheid vom 3. November 1999).
[3] Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) den Bescheid wegen eines Anhörungsfehlers aufgehoben (Urteil vom 2. November 2000). Im dagegen eingeleiteten Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) den Rechtsstreit zunächst zur Nachholung einer ordnungsgemäßen Anhörung ausgesetzt. Mit Schreiben vom 22. August 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihren Bescheid unverändert aufrecht erhalten zu wollen. Mit Schreiben vom 6. November 2001 wies die Beklagte auf vorangegangene Beratungsschreiben sowie auf neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hin; Gegenstand war insoweit der zwischenzeitlich geänderte und auch über das Internet verbreitete "Leistungskatalog", der nun auch Homöopathie und unkonventionelle Heilmethoden mit umfasste. Die Klägerin äußerte sich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2001.
[4] Die Beklagte verpflichtete die Klägerin sodann im Bescheid vom 15. Januar 2002 in einer mehrseitigen Verfügung, es unter "Ersetzung" des Bescheides vom 3. November 1999 unverzüglich zu unterlassen, ihren Versicherten Kosten für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erstatten, die nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) aufgeführt seien, die vom Bundesausschuss nicht anerkannt und in Anlage A der Richtlinien (RL) über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgeführt seien, und deren fehlende Anerkennung nicht auf einem Mangel des Leistungssystems beruhe, der durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden sei; Ähnliches wurde für Heilmittel in Bezug auf die Heilmittel-RL verfügt. Die Klägerin müsse zudem darauf bezogene Werbemaßnahmen unterlassen. Zur Begründung verwies die Beklagte ua auf BSG-Urteile vom 16. September 1997 und 28. März 2000, aus denen die Verbindlichkeit der RL des Bundesausschusses für die Krankenkassen folge; das nach dieser Rechtsprechung – auch für eine Gewährung von Leistungen aus den besonderen Therapierichtungen – erforderliche Systemversagen habe die Sozialgerichtsbarkeit bisher nicht festgestellt.
[5] Das LSG hat das SG-Urteil aufgehoben und zugleich die Klage gegen den seiner Ansicht nach Verfahrensgegenstand gewordenen Bescheid vom 15. Januar 2002 abgewiesen: Es könne dahin stehen, ob die Beklagte die Klägerin in der Vergangenheit ordnungsgemäß angehört habe, da die Anhörung jedenfalls 2001 nachgeholt worden sei. Beide angefochtenen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin verstoße bei der Gewährung von Leistungen der alternativen Medizin gegen die RL des Bundesausschusses, indem sie Kosten für darin nicht aufgeführte Leistungen erstatte. Die einzelnen beanstandeten Methoden habe die Beklagte nicht aufführen müssen, da sich die Rechtslage entsprechend der jeweiligen Beschlusslage des Bundesausschusses stetig ändere. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass für in den RL nicht ausdrücklich ausgeschlossene Methoden ein Systemversagen vorgelegen habe. Auch ihre auf die streitigen Leistungen gerichteten Werbemaßnahmen einschließlich der Internet-Werbung seien rechtswidrig. Der Bescheid vom 15. Januar 2002 sei ermessensfehlerfrei ergangen (Urteil vom 12. November 2002).
[6] Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Verfahrensrecht (§ 96 Sozialgerichtsgesetz [SGG], Art 19 Abs 4 Grundgesetz [GG]) sowie von Regelungen des Verfassungs-, Verwaltungsverfahrens-, Aufsichts- und Krankenversicherungsrechts (§ 24 Abs 2, § 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2, § 33 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]; § 89 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV], § 13, § 275 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]; Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG). Sie hat zunächst die Ansicht vertreten, dass der Bescheid vom 15. Januar 2002 nicht Verfahrensgegenstand geworden sei. Selbst wenn man dem aber nicht folge, fehle es an ihrer ordnungsgemäßen Anhörung zu dieser Verpflichtungsanordnung. Die Beklagte verstoße ferner gegen § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV, da sie (die Klägerin) sich rechtmäßig verhalten und keinen Anlass zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegeben habe. Die von der Beklagten zugrunde gelegten Statistikerfordernisse aus der Rechtsprechung des BSG könnten "insbesondere für Leistungen der Homöopathie" nicht gelten, da diese besondere Therapierichtung einen von der Schulmedizin abweichenden Ansatz verfolge, ansonsten überhaupt nicht zum Leistungskatalog der Krankenversicherung gehören würde und ein Systemmangel niemals auftreten könnte. Die gegenteilige Ansicht verstoße gegen § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und lasse die ärztliche Zusatzbezeichnung "Homöopathie" leerlaufen. Auf den EBM-Ä komme es in diesem Zusammenhang nicht an, da das Gesetz die besonderen Therapierichtungen, insbesondere Homöopathie und Anthroposophie, ausdrücklich erwähne und diesem Regelwerk vorgehe. Auch wenn bei den besonderen Therapierichtungen auf den Gesichtspunkt des Systemversagens ohnehin nicht abgestellt werden dürfe, sei ein solches jedenfalls zu bejahen; denn dem Bundesausschuss liege schon seit 1999 die Anerkennung der homöopathischen Grundbehandlungsmethoden (= Grund- und Folgeanamnese) zur Entscheidung vor, ohne dass er darüber befunden habe. Auch eine Krankenkasse müsse ein Systemversagen feststellen dürfen, da sie gesetzlich mit der Sorge für die Gesundheit ihrer Versicherten betraut sei und anderenfalls bis zum Vorliegen rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen eine jahrelange inakzeptable Therapieunsicherheit bestünde. Die Beklagte habe im Übrigen die Tatsachen, auf die sie sich stütze, nicht genügend konkretisiert.
[7] Am 16. Februar 2005 hat der Senat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand erörtert. Im Termin bzw im Anschluss daran hat die Klägerin erklärt: Sie halte ihre Klage gegen den Bescheid vom 3. November 1999 nicht mehr aufrecht, weil dieser sich durch den nachfolgenden Bescheid vom 15. Januar 2002 erledigt habe. Sie werde ihren Versicherten auch Leistungen der besonderen Therapierichtungen (einschließlich Heilmittel) grundsätzlich als Sachleistungen gewähren und Kostenerstattungen nur nach Maßgabe des § 13 SGB V vornehmen und dann die notwendigen, nicht auf Höchstbeträge begrenzten Kosten erstatten. – Eine Kostenerstattung unter dem Blickwinkel des Systemversagens werde sie nur vornehmen, sofern ein Gericht dieses rechtskräftig festgestellt habe. Für die Frage, wann ein Systemversagen im Zusammenhang mit den besonderen Therapierichtungen vorliege, verbleibe sie bei ihrer Auffassung, dass die vom BSG in der Vergangenheit aufgestellten Grundsätze darauf nicht uneingeschränkt anwendbar seien. So gehe es nicht an, homöopathische Erst- und Folgeanamnesen nur unter den von der Beklagten angeführten Einschränkungen zu honorieren, weil dann die Homöopathie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung faktisch gänzlich entfiele. – Sie werde die beanstandeten Leistungen für Baunscheidtieren, Schröpfen, Akupressur und Neuraltherapie (soweit nicht im EBM-Ä erfasst) nicht mehr gewähren; bezüglich der Eigenblutbehandlung verbleibe sie bei ihrer Rechtsansicht. – Sie werde in ihren Informationen gegenüber ihren Versicherten und der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass Einzelheiten zur Gewährung von Leistungen der anthroposophischen Medizin in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt seien und ihre Informationen den abgegebenen Erklärungen anpassen. – Ihre verfahrensrechtlichen Bedenken gegen den Bescheid vom 15. Januar 2002 halte sie aufrecht, verfolge ihr Begehren im Revisionsverfahren im Übrigen aber nur nach Maßgabe der abgegebenen Erklärungen weiter.
[8] Die Klägerin beantragt danach sinngemäß, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. November 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2002 nach Maßgabe der dazu im Zusammenhang mit dem Erörterungstermin vom 16. Februar 2005 abgegebenen Erklärungen aufzuheben.
[9] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[10] Sie meint, Verfahrensgegenstand seien die Bescheide vom 3. November 1999 und vom 15. Januar 2002. Diese seien formell und materiell rechtmäßig. Der Umstand, dass die "besonderen Therapierichtungen" nach dem SGB V "nicht ausgeschlossen" seien, bewirke nicht, dass entsprechende Leistungen entsprechend der Verwaltungspraxis der Klägerin ohne Weiteres erstattungsfähig seien. Auch diese Leistungen seien an Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu messen und gehörten erst nach einer Konkretisierung durch den Bundesausschuss zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
[11] Entscheidungsgründe: Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG).
[12] Die zulässige Revision der klagenden BKK ist nur teilweise, nämlich in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang, begründet und im Übrigen zurückzuweisen.
[13] 1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Verpflichtungsanordnung der Beklagten vom 15. Januar 2002.
[14] Dieser erst im Berufungsverfahren ergangene Bescheid hat den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 3. November 1999 vollständig ersetzt und ist gemäß § 96 Abs 1 SGG alleiniger Verfahrensgegenstand geworden (zur Anwendung des § 96 SGG im Berufungsverfahren vgl zB Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 96 RdNr 7, § 153 RdNr 2 mwN). Über den Bescheid vom 3. November 1999 musste der Senat nicht befinden, da er durch einen entsprechenden Verfügungssatz der Beklagten selbst seine Erledigung gefunden hat. Die Beklagte hat im Bescheid vom 15. Januar 2002 ausdrücklich in Bezug auf den Streitgegenstand neue Verfügungssätze "unter Ersetzung des Bescheides … vom 3. November 1999" geschaffen, ohne deutlich zu machen, dass der erste Bescheid über den Inhalt des neuen Bescheides hinaus weiterhin Rechtswirkungen für die Vergangenheit oder Zukunft entfalten und "nur geändert" bzw "ergänzt" werden sollte. Die gleichwohl ergangene Entscheidung des LSG auch über den Bescheid vom 3. November 1999 geht insoweit prozessual ins Leere. Die Klägerin kann aus diesem Bescheid keine aktuelle Beschwer und kein Rechtsschutzinteresse mehr herleiten und hat einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht gestellt.
[15] Maßgeblich dafür, ob ein späterer Bescheid einen zuvor ergangenen "ersetzt", ist, dass der neue Bescheid den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits beeinflusst und zum ursprünglichen in innerem Zusammenhang steht, sowie dass Gesichtspunkte der Prozessökonomie einerseits und des Schutzes des Betroffenen vor Rechtsnachteilen andererseits die Einbeziehung in das Verfahren rechtfertigen; insoweit kommt es auf einen Vergleich der in beiden Bescheiden getroffenen Verfügungssätze an (vgl schon zB: BSG SozR 1500 § 96 Nr 13 S 20 und Nr 27 S 35; Meyer-Ladewig, aaO, § 96 RdNr 4 bis 5 mwN; BSG – Großer Senat – BSGE 75, 159, 165 = SozR 3—1300 § 41 Nr 7; BSG SozR 3—1500 § 96 Nr 3 S 4 f; BSGE 91, 128 RdNr 8 = SozR 4—2700 § 157 Nr 1). Hier halten beide Bescheide die Klägerin aufsichtsrechtlich zu einem bestimmten Verhalten an und sind zukunftsgerichtet, indem sie das Leistungs- und Werbeverhalten in Bezug auf neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmittel beanstanden. Dass die Beklagte ihren ersten Bescheid noch auf ältere BSG-Rechtsprechung zu den krankenversicherungsrechtlichen Leistungspflichten stützte, während sie sich im zweiten Bescheid an Urteilen aus den Jahren 1999 und 2000 orientiert, schließt die Anwendung des § 96 SGG ebenso wenig aus wie der Umstand, dass sich zwischenzeitlich teilweise die herangezogenen Rechtsgrundlagen geändert hatten. Der Sache nach wurden lediglich einzelne Elemente ausgetauscht, während es im Kern bei der von der Beklagten vorgenommenen Betonung des für das Verhalten bei der Leistungsgewährung maßgeblichen Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt nach §§ 135, 138 SGB V verblieb. Auch haben sich entscheidungserhebliche Tatsachen durch von der Klägerin vorgenommene Modifikationen ihres "Leistungskataloges" nicht wesentlich geändert. Im Zentrum des Verfügungssatzes steht nach wie vor die von ihr öffentlich verlautbarte Praxis der Kostenerstattung für bestimmte medizinische Leistungen. Es ist im Übrigen nicht ausgeschlossen, einen – wie hier – die Ausübung von Ermessen erfordernden Verwaltungsakt während des Klageverfahrens durch einen weiteren Bescheid zur Heilung etwaiger Verfahrensfehler zu ersetzen, weil die Befugnis der Behörde, während des gerichtlichen Verfahrens einen neuen Bescheid zu erlassen, durch § 41 Abs 2 SGB X nicht eingeschränkt und von § 96 SGG vorausgesetzt wird (so BSG – Großer Senat – BSGE 75, 159, 164 ff = SozR 3—1300 § 41 Nr 7; BSG SozR 3—8850 § 5 Nr 5 S 81). Das gewonnene Ergebnis führt schließlich zu keiner sie über Gebühr benachteiligenden Erschwerung der Rechtsverfolgung für die Klägerin und verstößt selbst dann nicht gegen Art 19 Abs 4 GG, wenn man sie als Grundrechtsträgerin ansähe. Da eine gerichtliche Überprüfung hoheitlichen Handelns ohnehin nur im Rahmen der jeweiligen Prozessordnung garantiert ist (vgl BVerfG SozR Nr 65 zu Art 3 GG; BVerfG SozR 3—1500 § 160 Nr 6 S 13), ist ohne Belang, dass die Einbeziehung des Bescheides vom 15. Januar 2002 in den Rechtsstreit insoweit nur zu einer Tatsacheninstanz führt (vgl im Übrigen § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
[16] 2. Der Bescheid vom 15. Januar 2002 verstößt nicht gegen verwaltungsverfahrensrechtliche Anhörungspflichten oder aufsichtsrechtliche Beratungspflichten.
[17] Die Beklagte hat mit ihrem Vorgehen weder § 24 SGB X noch § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV verletzt. Sie hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. August 2001 zur vorgesehenen Änderung des Bescheides vom 3. November 1999 angehört und darüber hinaus mit Schreiben vom 6. November 2001 unter Berücksichtigung der fortgeführten Rechtsprechung des BSG und der ergänzten "RL über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" (NUB-RL vom 4. Dezember 1990, BArbBl 2/1991, 33) bzw "Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V" (BUB-RL, vom 10. Dezember 1999, BAnz Nr 56 vom 21. März 2000, seit dem Beschluss des Bundesausschusses vom 1. Dezember 2003 – BAnz Nr 57 vom 23. März 2004 – mW vom 24. März 2004 umbenannt in "Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden") erläutert, aus welchen Gründen sie das Vorgehen der Klägerin weiterhin für rechtswidrig hält. Die Beklagte hat insofern auch auf das ursprünglich noch nicht berücksichtigte, später auch zur Informationsverbreitung genutzte Medium Internet Bezug genommen und dargelegt, warum sie den dortigen Auftritt der Klägerin ebenso beanstandet wie das vorherige, sich inhaltlich nicht wesentlich unterscheidende öffentliche Auftreten. Die Beklagte hat ferner deutlich gemacht, dass wiederum der Erlass einer Aufsichtsanordnung drohe, wenn die Klägerin ihr Verhalten nicht abstelle. Die als Leistungsträger in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung ohnehin als in besonderem Maße einschlägig rechtskundig anzusehende Klägerin hat dabei Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und ihre Position mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 ausführlich vorgetragen. Bei dieser Verfahrensweise ist nicht erkennbar, weshalb bezogen auf Gegenstand und Umfang der gegebenen Äußerungsmöglichkeit bzw auf das von der Beklagten verfolgte und erkennbare Beratungsziel Beeinträchtigungen der Klägerin zu besorgen gewesen sein sollten. Die Beklagte hat mit ihrem Vorgehen sowohl den Voraussetzungen einer Anhörung iS von § 24 Abs 1 SGB X Rechnung getragen als auch dem Erfordernis, zunächst darauf hinzuwirken, dass der Betroffene die geltend gemachte Rechtsverletzung in Eigenregie behebt (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Dafür, dass der Klägerin nach dem vorangegangenen Verfahrenslauf die für die neuerliche Entscheidung der Beklagten erheblichen Tatsachen nicht deutlich genug erkennbar gewesen sein könnten oder dass sie sich nicht hätte auf eine zu erwartende, an ihr aktuelles Leistungs- und Werbeverhalten anknüpfende Beanstandung und Verpflichtung unter Berücksichtigung der dafür einschlägigen Judikatur hätte einstellen können, gibt es keine im Revisionsverfahren erheblichen Anhaltspunkte (vgl §§ 162, 163 SGG). Ohne Belang ist auch, dass die Beklagte entgegen ihrer zwischenzeitlichen Ankündigung, den Bescheid vom 3. November 1999 erneut unverändert erlassen zu wollen, später teilweise andere Regelungen getroffen hat; denn Sinn und Zweck von Anhörung und Beratung ist es auch, die angekündigte Entscheidung mit Rücksicht auf die Stellungnahme des Betroffenen noch einmal zu überdenken. Vor allem ist eine die Klägerin benachteiligende Verböserung durch das Verhalten der Beklagten im Vorfeld des Bescheides vom 15. Januar 2002 nicht eingetreten. Eine ordnungsgemäße Beratung erfordert nur, dass die Aufsichtsbehörde den beratenen Versicherungsträger unter Berücksichtigung seiner individuellen und speziellen Verhältnisse darauf hinweist, dass und aus welchen Gründen er das Recht verletzt hat und welche Maßnahmen zu Gebote stehen, diese Rechtsverletzung zu beheben (so bereits BSG SozR 3—2400 § 69 Nr 1 S 4). Das ist hier beachtet worden.
[18] Wie schon im Zusammenhang mit § 96 SGG ausgeführt, ist der Bescheid vom 15. Januar 2002 schließlich auch nicht wegen Verstoßes gegen §§ 41 Abs 1 Nr 2, 42 SGB X rechtswidrig. Unabhängig davon, ob die seit 1. Januar 2001 geltende Fassung des § 41 Abs 2 SGB X (vom 21. Dezember 2000, BGBl I 1983) oder dessen bis 31. Dezember 2000 maßgeblich gewesene Fassung (vom 18. August 1980, BGBl I 1469) zur Anwendung kam, war die Beklagte jedenfalls berechtigt, den Bescheid im Wege des § 96 SGG zu ersetzen und eventuelle Defizite noch während des Rechtsstreits zu beheben (vgl erneut BSG – Großer Senat – BSGE 75, 159 ff = SozR 3—1300 § 41 Nr 7 – zu § 41 Abs 2 SGB X aF; ferner: BSG SozR 3—8850 § 5 Nr 5 S 81 – zu § 41 Abs 2 SGB X nF).
[19] 3. Der angefochtene Bescheid vom 15. Januar 2002 steht – soweit er noch streitbefangen ist – teilweise in Einklang mit den Regelungen des Aufsichtsrechts, teilweise hat die Beklagte ihr Aufsichtsermessen überschritten. Die Revision der Klägerin kann daher nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg haben und ist im Übrigen zurückzuweisen.
[20] a) Der Streitgegenstand des hiesigen Revisionsverfahrens ist durch die Verfügungssätze des – zudem ausführlich begründeten – Bescheides vom 15. Januar 2002 begrenzt. Diese Verfügungssätze lauten wie folgt:
[21] "I. Die S. BKK wird … verpflichtet, es unverzüglich zu unterlassen, ihren Versicherten Kosten für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erstatten, A. die nicht im EBM-Ä … als erstattungsfähige Leistungen aufgeführt sind, B. die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht als erstattungsfähige neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt und als solche in Anlage A der BUB-RL … aufgeführt sind und C. deren fehlende Anerkennung nicht auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht, der durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden ist.
[22] Das betrifft insbesondere die Erstattungen der S. BKK für biografische oder homöopathische Erstanamnese, soweit über den nach EBM-Ä vergütungsfähigen Satz hinausgehend, biografische oder homöopathische Folgeanamnese, soweit über den nach EBM-Ä vergütungsfähigen Satz hinausgehend, Baunscheidtieren und Schröpfen, große Eigenblutbehandlung, kleine Eigenblutbehandlung.
[23] II. Die S. BKK wird des Weiteren verpflichtet, es unverzüglich zu unterlassen, ihren Versicherten Kosten für Heilmittel zu erstatten, A. die nicht in den RL des Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung … als erstattungsfähige Heilmittel aufgeführt sind, B. für die der Bundesausschuss nicht ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat und C. deren fehlende Anerkennung nicht auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht, der durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden ist.
[24] Das betrifft insbesondere die Erstattungen der S. BKK für Akupressur, Heileurythmie, Maltherapie, Neuraltherapie, Plastisch-therapeutisches Gestalten, Rhythmische Massage nach Wegmann (gemeint offenbar: Wegman) und Sprachgestaltung (30 Minuten).
[25] III. Zudem wird die S. BKK verpflichtet, es unverzüglich zu unterlassen, Werbemaßnahmen durchzuführen, mit denen sie ihren Versicherten neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Heilmittel als Regelleistung anbietet, die nicht oder noch nicht anerkannt sind. Dies gilt für sämtliche Werbemedien, deren sich die S. BKK bedient."
[26] Die Beklagte hat insoweit die Regelungstechnik gewählt, die Klägerin zunächst allgemein – unter drei Voraussetzungen – zur Unterlassung der Kostenerstattung für bestimmte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmittel sowie zur Unterlassung einer darauf bezogenen Informationsverbreitung zu verpflichten; sodann hat sie innerhalb der ersten beiden Komplexe fünf bzw sieben Einzelleistungen aufgezählt und beanstandet, die in den Informationsbroschüren der Klägerin und in ihrem Internetauftritt explizit hervorgehoben wurden.
[27] b) Darüber hinaus ist der Streitgegenstand des Revisionsverfahrens durch die Anträge der revisionsführenden klagenden BKK begrenzt. Während sie zunächst den Antrag angekündigt hatte, das LSG-Urteil sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2002 (vollständig) aufzuheben sowie deren Berufung gegen das SG-Urteil zurückzuweisen, hat sie ihr Begehren bzw ihre Revisionsrügen später nach den Erklärungen im Erörterungstermin vor dem Senat und ihren ergänzenden schriftsätzlichen Ausführungen in mehrfacher Hinsicht beschränkt. Sie hält insoweit zwar an ihren formell-rechtlichen Bedenken, die sich gegen den Bescheid insgesamt richten, fest, hat im Übrigen aber deutlich gemacht, dass sie ihren Versicherten auch Leistungen der besonderen Therapierichtungen grundsätzlich nur als Sachleistungen gewähren und Kostenerstattung nur nach Maßgabe des § 13 SGB V vornehmen wird. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die Klägerin insbesondere die Geltung des Sachleistungsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung akzeptiert (vgl insoweit zB BSGE 88, 20, 26 = SozR 3—2500 § 75 Nr 12) und auch die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Leistungspflicht der Krankenkassen bei Systemversagen (zB BSGE 86, 54 = SozR 3—2500 § 135 Nr 14 – Aktiv-spezifische Immuntherapie [ASI]) im Ausgangspunkt nicht in Frage stellt; deshalb sind insoweit – trotz der ggf zu Missverständnissen Anlass gebenden, allein auf Kostenerstattungsleistungen abstellenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid – keine detaillierten Ausführungen des Senats veranlasst. Soweit die Klägerin sinngemäß erklärt hat, sie werde Leistungen für Baunscheidtieren, Schröpfen, Akupressur und Neuraltherapie (soweit nicht im EBM-Ä erfasst) ihren Versicherten nicht mehr gewähren und auch keine entsprechende Werbung mehr betreiben, bedarf es ebenfalls keiner Ausführungen des Senats; denn damit hat sie ihre Revisionsrügen beschränkt und der Rechtsstreit hat sich bezogen auf diese Leistungen erledigt.
[28] Zur Entscheidung angerufen ist der Senat nach dem hinreichend klar erkennbar gewordenen Vorbringen der Klägerin mithin nur noch in Bezug auf die aufsichtsrechtlich beanstandete Leistungsgewährung und die Informationsaktivitäten der Klägerin in folgenden Punkten: zu der Frage, ob die im Bescheid genannten leistungsrechtlichen Grundsätze auch für Leistungen der "besonderen Therapierichtungen" – insbesondere Homöopathie – gelten, insbesondere, ob ein Systemversagen nur bei Vorliegen der vom BSG bislang aufgestellten Grundsätze anzunehmen ist und erst (rechtskräftig) gerichtlich festgestellt worden sein muss, bevor eine Krankenkasse entsprechende Leistungen gewähren darf; zu der Frage, wie es sich insoweit mit den Leistungen "Heileurythmie", "Maltherapie", "Plastisch-therapeutisches Gestalten", "Rhythmische Massage nach Wegman" und "Sprachgestaltung" verhält, wenn sie im Rahmen einer besonderen Therapierichtung (hier: anthroposophische Medizin) ärztlich verordnet und erbracht werden; zu der Frage, ob eine Krankenkasse Leistungen für biographische oder homöopathische Erst- und Folgeanamnesen nur im Rahmen der "nach dem EBM-Ä vergütungsfähigen Sätze" erbringen darf; zu der Frage, ob die Grundsätze über die Gewährung von Leistungen der besonderen Therapierichtungen auch für die große und kleine Eigenblutbehandlung gelten.
[29] c) Ausgangspunkt für Beurteilung der Rechtmäßigkeit der insoweit streifbefangenen Verfügungssätze der Verpflichtungsanordnung vom 15. Januar 2002 sind die Regelungen des für die Sozialversicherungsträger geltenden Aufsichtsrechts. Gemäß § 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV kann die Beklagte als für die klagende, bundesweit auftretende BKK zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV) nach vorheriger, erfolglos verlaufener Beratung nach pflichtgemäßem Ermessen die Verpflichtung der Klägerin aussprechen, eine festgestellte Rechtsverletzung zu beheben. Die Beklagte ist dabei auf eine Rechtsaufsicht beschränkt und darf nicht fachaufsichtlich Umfang und Zweckmäßigkeit von Maßnahmen zum Gegenstand ihrer staatlichen Überwachungstätigkeit machen (§ 87 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Sie hat darüber zu wachen, dass die Klägerin die Gesetze und sonstiges für die Versicherungsträger maßgebendes Recht beachtet. Dazu gehört auch die Beachtung einer gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl Kater/Schirmer/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung – Ergänzbares Handbuch für die Praxis, 300 – Ständige Rechtsprechung, S 1 mit umfangreichen Nachweisen). Andererseits muss die Aufsichtstätigkeit der Beklagten dem Selbstverwaltungsrecht der Klägerin als Träger mittelbarer Staatsverwaltung (vgl § 29 SGB IV) Rechnung tragen. Dabei ist zu beachten, dass der eigenverantwortliche Vollzug einer detaillierten Sozialgesetzgebung zum wesentlichen Kompetenzbereich der Selbstverwaltung gehört (vgl Schirmer/Kater/Schneider, aaO, 100 – Einführung, S 7 unter Hinweis auf BVerfGE 39, 302, 313 f). Unter diesem Blickwinkel ist es einer Aufsichtsbehörde verwehrt, ihre Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen der beaufsichtigten Körperschaft zu setzen, sofern Rechtsfragen zum Anlass einer Beanstandung genommen werden, die (bislang) weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet hat. Ein rechtmäßiges aufsichtsrechtliches Einschreiten erfordert daher, dass das Bundesversicherungsamt zu Recht davon ausgehen durfte, dass die klagende BKK mit ihrem Handeln Rechtsverstöße begangen hat. Der Grundsatz maßvoller Ausübung der Rechtsaufsicht gebietet es in diesem Zusammenhang, der beaufsichtigten Behörde einen gewissen Bewertungsspielraum zu belassen (dazu schon BSGE 71, 108, 110 = SozR 3—2400 § 69 Nr 1 S 3; vgl auch zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: Stober/Schuler in: Wannagat, SGB IV, § 89 RdNr 8; zur Einschätzungsprärogative der Sozialversicherungsträger allgemein: Schirmer/Kater/Schneider, aaO, 220 – Rechtsaufsicht – Wirkungsweise S 5 mwN; Funk, VSSR 1990, 261, 271 f mwN; Gleitze in: GK-SGB IV, 2. Aufl 1992, § 89 RdNr 4, vgl auch RdNr 9 zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Verwendet das Gesetz daher zB einen unbestimmten Rechtsbegriff, der mehrere Auslegungen zulässt und dessen Auslegung in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist, bedarf ein aufsichtsrechtliches Einschreiten regelmäßig einer besonderen Rechtfertigung. Der Bewertungsspielraum des Beaufsichtigten endet allerdings, wenn er gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen hat, die diesen Spielraum einengen oder ausschließen. Erst eine entsprechende Grenzüberschreitung stellt eine Rechtsverletzung iS von § 89 SGB IV dar (vgl zum Ganzen zB: Senatsurteile vom 20. Juni 1990 – 1 RR 4/89BSGE 67, 85, 89 = SozR 3—2400 § 89 Nr 1 mwN und vom 11. August 1992 – 1 RR 7/91BSGE 71, 108, 110 = SozR 3—2400 § 69 Nr 1; BSG SozR 3—2500 § 80 Nr 4 S 33 mwN). Bewegt sich das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers dagegen im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren, sind förmlichen Aufsichtsmaßnahmen, die dieses beanstanden, rechtswidrig (vgl Schirmer/Kater/Schneider, aaO, 350 – Rechtsaufsicht – Aufsichtsmittel, a) aa) S 2). So verhält es sich zum Teil im vorliegenden Fall.
[30] d) Gemessen an den unter c) dargestellten Grundsätzen erweist sich der Bescheid vom 15. Januar 2002 als ermessensfehlerhaft und rechtswidrig, soweit er die allgemeinen Voraussetzungen der Leistungsgewährung für Leistungen der besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin – dazu im Folgenden unter 4.) sowie die Leistungen "Heileurythmie", "Maltherapie", "Plastisch-therapeutisches Gestalten", "Rhythmische Massage nach Wegman" und "Sprachgestaltung" im Rahmen der anthroposophischen Medizin (dazu unter 5.) betrifft. Rechtmäßig ist der Bescheid dagegen in Bezug auf die beanstandete Erstattung der Kosten für über die Regelungen des EBM-Ä hinausgehende homöopathische und biographische Erst- und Folgeanamnesen (dazu unter 6.) und zum bekräftigten Leistungsausschluss für Eigenbluttherapien (dazu unter 7.).
[31] 4. Die Verpflichtungsanordnung vom 15. Januar 2002 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit diese angehalten wird, bezüglich der Voraussetzungen einer Gewährung von Leistungen der besonderen Therapierichtungen (hier speziell im Streit: Homöopathie, anthroposophische Medizin) uneingeschränkt der von der Beklagten dargelegten Rechtsauffassung zu folgen. Die Revision muss insoweit erfolgreich sein. Dem aufsichtsbehördlichen Einschreiten der Beklagten steht entgegen, dass weder durch das Gesetz noch durch gesetzesauslegende höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend abgesichert ist, dass die von ihr hervorgehobenen, zu den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmitteln entwickelten leistungsrechtlichen Grundsätze auf entsprechende Leistungen der besonderen Therapierichtungen uneingeschränkt zu übertragen sind oder ob insoweit Abweichungen und Modifizierungen in Betracht kommen.
[32] a) Gegenstand des hiesigen Revisionsverfahrens ist es allerdings nicht, hier selbst in der Rechtsprechung des BSG bislang offen gebliebene Grundfragen zur Leistungspflicht der Krankenkassen im Bereich der besonderen Therapierichtungen aus Anlass der Überprüfung der Aufsichtsverfügung vom 15. Januar 2002 einer abstrakten und umfassenden höchstrichterlichen Klärung zuzuführen. Zu entscheiden hat der Senat entsprechend der Funktion einer Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) allein, ob das Leistungs- und Informationsverhalten der Klägerin das aufsichtsbehördliche Einschreiten der Beklagten unter Berücksichtigung der dafür maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen rechtfertigen konnte. Die dabei mittelbar berührten leistungsrechtlichen Fragen als solche können regelmäßig nur im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten über konkrete Leistungsansprüche geklärt werden, schon weil dies in aller Regel ohne fallbezogene Tatsachenfeststellungen nicht möglich ist. Angesichts der Vielschichtigkeit der von der Beklagten in ihrem Bescheid angesprochenen Problematik und der Fülle der dabei denkbaren Fallkonstellationen könnten in eine aufsichtsrechtliche Auseinandersetzung demgegenüber zwangsläufig nicht alle in Betracht kommenden bzw dabei mit zu erwägenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einbezogen werden.
[33] b) Die Beklagte bezieht sich in der Begründung ihrer Verpflichtungsanordnung wesentlich auf Urteile des Senats vom 16. September 1997 (ua: 1 RK 28/95BSGE 81, 54 ff = SozR 3—2500 § 135 Nr 4 – immunbiologische Therapie; 1 RK 32/95BSGE 81, 73 ff = SozR 3—2500 § 92 Nr 7 – Immuno-augmentative Therapie) und auf das Urteil vom 28. März 2000 – B 1 KR 11/98 R (BSGE 86, 54 = SozR 3—2500 § 135 Nr 14 ASI). In diesen Urteilen und der damit in Zusammenhang stehenden Rechtsprechung zur Leistungspflicht der Krankenkassen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wurden unter Geltung des SGB V ua folgende Grundsätze aufgestellt: Nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (in der bei Erlass des Bescheides vom 15. Januar 2002 geltenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520) dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit 1. Januar 2004: der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190) in RL nach § 92 Abs 1 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (vgl zB: BSGE 81, 54, 59 ff = SozR 3—2500 § 135 Nr 4; BSGE 86, 54, 56 = SozR 3—2500 § 135 Nr 14 mwN; BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 69 – Colon-Hydro-Therapie; BSG SozR 4—2500 § 135 Nr 1 RdNr 7 – Bioresonanztherapie; zuletzt Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R – Photodynamische Therapie, zur Veröffentlichung bestimmt). Wurde eine Methode (noch) nicht in dieser Weise anerkannt, können Versicherte eine darauf bezogene Sachleistung oder Kostenerstattung für selbst beschaffte Behandlungsmaßnahmen (zB nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V) regelmäßig nicht beanspruchen (vgl zur Verbindlichkeit der RL für die Versicherten ab 1. Januar 2004 vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes, aaO); darauf, dass der Ausschuss eine Methode ausdrücklich negativ beurteilt hat, kommt es mithin nicht an. Eine Leistungsgewährung auch ohne positive Empfehlung des Bundesausschusses ist nur ausnahmsweise statthaft, nämlich dann, wenn die Krankenkasse wegen eines Mangels des gesetzlichen Leistungssystems nicht zur Leistungserbringung in der Lage ist. Ein solcher Systemmangel liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht bzw nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. In einem derartigen Fall können die RL einer den Anforderungen des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V genügenden Krankenbehandlung widersprechen. Letztere erfordert im Grundsatz wiederum ua, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, die sich in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben müssen (stRspr seit dem Urteil des Senats vom 5. Juli 1995 – 1 RK 6/95, BSGE 76, 194, 199 = SozR 3—2500 § 27 Nr 5 – Remedacen (R); zur Rechtsprechungsentwicklung bis 2001: BSGE 88, 62, 71 = SozR 3—2500 § 27a Nr 3 S 31 f – ICSI; ferner: BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 71 f); Lockerungen hinsichtlich dieses Wirksamkeitsnachweises sind nur für den Fall rechtswidriger Untätigkeit in dem Sinne anerkannt worden, dass dann ggf das bloße Verbreitetsein einer Methode ausreichen kann (BSGE 81, 54, 66 f = SozR 3—2500 § 135 Nr 4; BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 71). Zur Feststellung einer durch Untätigkeit hervorgerufenen Versorgungslücke sind allerdings nicht die Krankenkassen befugt, vielmehr dürfen allein die Gerichte eine etwaige Unvereinbarkeit der genannten RL mit höherrangigem Recht feststellen und daraus die gebotenen Konsequenzen ziehen, wobei (mit der Beklagten) insoweit eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu fordern sein dürfte. Eine in den Grenzen der Rechtsetzungsbefugnisse des Bundesausschusses getroffene Entscheidung, mit der er eine neue Methode von der Anwendung zu Lasten der GKV ausgeschlossen hat, unterliegt ansonsten grundsätzlich keiner inhaltlichen Überprüfung durch Verwaltung und Gerichte (vgl zum Ganzen zB: BSGE 81, 73, 85 = SozR 3—2500 § 92 Nr 7; BSGE 86, 54, 61 = SozR 3—2500 § 135 Nr 14 mwN; BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 69; BSG SozR 4—2500 § 135 Nr 1 RdNr 7; s dazu zB die Gesamtdarstellungen bei Fastabend/Schneider, Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, RdNr 66 ff sowie bei Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005, § 11 RdNr 106 ff, jeweils mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen).
[34] Diese Grundsätze gelten für die Leistungspflicht der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten für ärztliche bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden, dh medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (so zum Begriff der Behandlungsmethode: BSGE 82, 233, 237 = SozR 3—2500 § 31 Nr 5 – Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3—2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3—5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f). "Neu" ist eine Methode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSGE 81, 54, 58 = SozR 3—2500 § 135 Nr 4; BSGE 81, 73, 75 f = SozR 3—2500 § 92 Nr 7; vgl § 2 Abs 1 BUB-RL). In Bezug auf die unter Gliederungspunkt II. der Verfügungssätze des Bescheides vom 15. Januar 2002 angesprochenen Heilmittel gilt nach § 138 SGB V nichts grundsätzlich anderes. Heilmittel sind ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern sollen und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (so BSG SozR 3—2500 § 33 Nr 39 S 220; SozR 3—2500 § 138 Nr 2 S 25; vgl § 2 Abs 3 BUB-RL). Auch in Bezug auf Heilmittel scheiden Leistungsansprüche der Versicherten gegen ihre Krankenkasse regelmäßig aus, wenn eine positive Anerkennung des Mittels in den vom Bundesausschuss erlassenen Heilmittel-RL fehlt (so ausdrücklich BSG SozR 3—2500 § 138 Nr 2 S 26, 28 – Hippotherapie; vgl auch BSGE 85, 132, 140 = SozR 3—2500 § 27 Nr 12 – Medizinische Fußpflege). Auch hier gelten die Grundsätze über das Systemversagen bei Untätigkeit des Ausschusses entsprechend; welche Heilmittel "neu" sind, richtet sich nach dem Stand der Beschlüsse des Bundesausschusses bei Inkrafttreten des § 138 SGB V am 1. Januar 1989 (BSG SozR 3—2500 § 138 Nr 2 S 26, 28, 31).
[35] c) Auch wenn der Bescheid vom 15. Januar 2002 die dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze bezogen auf den seinerzeit aktuellen Stand im Wesentlichen wiedergibt, hängt seine Rechtmäßigkeit nach den unter 3. c) dargestellten aufsichtsrechtlichen Prüfungsmaßstäben entscheidend davon ab, ob als hinreichend gesichert gelten kann, dass diese Grundsätze – wie von der Beklagten angenommen – auch dann uneingeschränkt Anwendung finden müssen, wenn es um die Leistungspflicht für neue Behandlungsmethoden und Heilmittel im Bereich der "besonderen Therapierichtungen" geht. Unbeschadet der ohnehin jeweils vorab zu treffenden Feststellung, dass bei den im Einzelfall betroffenen und beanstandeten Leistungen überhaupt eine "Behandlungsmethode" bzw ein "Heilmittel" betroffen ist und ob es sich um eine "neue" Leistung handelt, kann die Frage nicht mit einer derart großen Gewissheit eindeutig bejaht werden, dass ein Einschreiten der Beklagten unter dem Blickwinkel des Aufsichtsrechts gerechtfertigt war.
[36] Unter einer "besonderen Therapierichtung" ist das umfassende, zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen bestimmte therapeutische Konzept zu verstehen, das auf der Grundlage eines von der naturwissenschaftlich geprägten "Schulmedizin" sich abgrenzenden, weltanschaulichen Denkansatzes größere Teile der Ärzteschaft und weite Bevölkerungskreise für sich eingenommen hat (so: BSGE 81, 54, 71 f = SozR 3—2500 § 135 Nr 4; BSG SozR 3—2500 § 13 Nr 17 S 82 – Laser-Gingko-Therapie). Zu diesen Therapierichtungen gehören jedenfalls die im Gesetz an anderer Stelle ausdrücklich – neben der Phytotherapie – genannte und hier streitige homöopathische und anthroposophische Medizin (vgl § 34 Abs 2 Satz 3 SGB V; § 33a Abs 2 Satz 3 und Abs 6 Satz 2 in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 – BGBl I 2626; § 92a Abs 1 Nr 5 und Abs 6 Satz 1 und 3 idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266 – gestrichen durch das 5. SGB V-Änderungsgesetz vom 18. Dezember 1995 – BGBl I 1986; zum Ganzen vgl bereits BSGE 81, 54, 72 = SozR aaO unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien).
[37] Bei der Frage, ob bzw inwieweit leistungsrechtliche Besonderheiten für die besonderen Therapierichtungen gelten, kommt es vor allem darauf an, wie das – auch von den Beteiligten kontrovers beurteilte – Verhältnis von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V zu sehen ist: Nach § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V sind Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der "besonderen Therapierichtungen" vom Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung "nicht ausgeschlossen"; eine solche Hervorhebung machte wenig Sinn, wenn die allgemeinen Grundsätze des Leistungsrechts darauf ohnehin nahtlos anzuwenden wären (ähnlich Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 2 RdNr 52, Stand Oktober 2002 mwN; Zuck NJW 1991, 2935). Wenn § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" zu entsprechen haben, könnte dies allerdings die Annahme rechtfertigen, sämtliche Leistungen, dh auch diejenigen der besonderen Therapierichtungen, dürften nur bei entsprechender wissenschaftlicher Nachprüfbarkeit – iS des Remedacen (R)-Urteils von 1995 (BSGE 76, 194 = SozR 3—2500 § 27 Nr 5) und nachfolgend ergangener entsprechender Rechtsprechung des Senats (insbesondere das Urteil vom 28. März 2000 – B 1 KR 11/98 R, BSGE 86, 54, 62 = SozR 3—2500 § 135 Nr 14) – gewährt werden; hierfür spricht die textliche Abfolge der Regelungen in Satz 2 und Satz 3, nach der auch die besonderen Therapierichtungen unter dem Vorbehalt des Wissenschaftlichkeitsgebots stehen könnten. Darüber, wie das Spannungsverhältnis beider Regelungen zueinander aufzulösen ist, gibt das Gesetz indessen keinen endgültigen Aufschluss. So wurde auch im Gesetzgebungsverfahren auf die anzuerkennenden "besonderen Wirkprinzipien" der hervorgehobenen Therapierichtungen verwiesen und immerhin ausgeführt, dass eine schulmedizinische Sichtweise nicht alleiniger Bewertungsmaßstab für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht sein dürfe (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des GRG, BT-Drucks 11/3480 S 34).
[38] Was insoweit konkret zu gelten hat, wird trotz vereinzelter Befassung des BSG mit dem Gesamtkomplex durch eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht beantwortet. Seiner Judikatur lässt sich insbesondere nicht ohne Weiteres entnehmen, dass jegliche Krankenbehandlung nach den Grundsätzen einer besonderen Therapierichtung als "neu" anzusehen ist, wann dies zu bejahen ist und ob der Bundesausschuss vor einer Leistungsgewährung in diesem Bereich eine Prüfung zu Qualität und Wirksamkeit nach den herkömmlichen Kriterien angestellt und positive Empfehlungen abgegeben haben muss. Ebenso wenig ist entschieden worden, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn seit Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 Empfehlungen des Bundesausschusses zu den Leistungen für eine besondere Therapierichtung insgesamt nicht ergangen sind und von daher der Gedanke an eine massive Systemstörung insoweit zumindest nicht gänzlich abwegig erscheint. Die bisherige Rechtsprechung enthält auch keine allgemeingültigen therapierichtungsübergreifenden leistungsrechtlichen Aussagen zu sämtlichen in Betracht kommenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmitteln, insbesondere was die Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus der klassisch-schulmedizinischen Versorgung auf die Therapierichtungen Homöopathie und Anthroposophie anbelangt. Zwar hat der Senat schon in seinem Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 (BSGE 81, 54, 71 f = SozR 3—2500 § 135 Nr 4) betont, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen innerhalb ihrer Richtung "anerkannt" sein müssten und wegen des Wissenschaftlichkeitsgebots nicht jeglicher Qualitätskontrolle entzogen seien; daraus folgt indessen nicht schon, dass auch im Rahmen einer aufsichtsrechtsrechtlichen Beanstandung davon ausgegangen werden dürfte, dass insoweit auch dieselben Grundsätze für die Leistungspflicht im Regelfall und im Ausnahmefall eines Systemversagens zu gelten hätten wie bei schulmedizinisch orientierten Leistungen. Ebenso wenig ließe sich die aufsichtsrechtliche Verpflichtungsanordnung der Beklagten auf den Beschluss des Senats vom 29. September 1998 – B 1 KR 36/97 B (= JURIS-Dokument KSRE 073311518) stützen. Der Senat hat darin zwar in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren angenommen, der Vorbehalt des § 135 SGB V gelte auch für Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen. Aus diesem zur "Elektroakupunktur nach Voll" (später als vertragsärztliche Leistung ausgeschlossen durch Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999, BAnz 2000 Nr 56 S 4602) ergangenen Beschluss können aber schon deshalb keine Folgerungen für die vorliegend streitigen Fragen abgeleitet werden, weil er keine der homöopathischen oder anthroposophischen Medizin zuzurechnenden Behandlungsmaßnahmen bzw Heilmittel zum Gegenstand hatte.
[39] Zu alledem kommt hinzu, dass – selbst nach den Änderungen, die das SGB V durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) erfahren hat – im Schrifttum (weiterhin) zu den Fragen, die Gegenstand der Verpflichtungsanordnung vom 15. Januar 2002 sind, keine einheitliche Auffassung vertreten wird, die es der Beklagten hätte ermöglichen können, sich daran unter dem Blickwinkel des Aufsichtsrechts zu orientieren. In der Literatur wird vielmehr sogar hervorgehoben, dass es angesichts der Vielfalt der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen ein "außerordentlich breites Meinungsspektrum" zu der Frage gebe, ob und in welcher Weise unkonventionelle Heilmethoden einschließlich der Leistungen der besonderen Therapierichtungen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen sind (so Höfler in: Kasseler Kommentar, § 12 SGB V RdNr 13 mwN, Stand April 2002); bisweilen wird die Frage sogar zu den "umstrittensten Themen der gesetzlichen Krankenversicherung" gezählt (so K. Peters in: ebenda, § 2 SGB V RdNr 4, Stand Dezember 2004). Während Autoren zum Teil keinerlei Unterschiede zu den für die konventionelle Behandlung geltenden Grundsätzen über die Leistungspflicht sehen (vgl zB Biehl/Ortwein, SGb 1991, 529, 537; Krauskopf in: ders, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 2 SGB V RdNr 6; im Grundsatz wohl auch: Fastabend/Schneider, aaO, RdNr 72, 76), wird von anderen Autoren darauf abgestellt, dass außerhalb der Schulmedizin eine "Plausibilität" oder "Vertretbarkeit" der Behandlung (so Estelmann/Eicher, SGb 1991, 247, 256) oder eine gewisse Ernsthaftigkeit der Methode mit nicht ganz geringer Erfolgsaussicht (so Schulin, ZSR 1994, 546, 565) ausreichten bzw dass therapie-immanente Kriterien maßgeblich sein müssten (so Noftz in: aaO, K § 2 RdNr 52 S 20 und K § 12 RdNr 39; Murawski in: GKV-LPK, 2. Aufl 2003, § 135 RdNr 4; vgl auch § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V: "nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung". – Zum Ganzen – mit unterschiedlicher Tendenz – ferner zB: Busse, SGb 2000, 61; Katzenmeier, NVersZ 2002, 537; Noftz, VSSR 1997, 393, 431 f; Schlenker, BKK 1997, 517 und NZS 1998, 411; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2004, § 2 RdNr 70 ff und § 11 RdNr 116 ff; Sewing, NJW 1995, 2400; Spoerr, NJW 1999, 1773; Präsidentin des Deutschen Bundestages Süßmuth in: Wissenschaftlicher Beirat für Biologische Medizin, Besondere Therapierichtungen und Gesundheitswesen, 1992, S 22 ff sowie Wissenschaftlicher Beirat, ebenda, S 47 ff; Wiesmann, BKK 1998, 187 und SozVers 1999, 121; Wigge in: Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV/Luxenburger, Fehlerquellen im Arzthaftungsprozess – Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, 2001, S 83 ff; von Wulffen, SGb 1996, 250 mwN in Fußnote 2; Zuck in: Zentrum zur Dokumentation für Naturheilverfahren e. V., Dokumentation der besonderen Therapierichtungen und natürlichen Heilweisen in Europa, Bd I 1. Halbbd, 1991, S 103 ff; ders NJW 1991, 2933, NZS 1999, 313 und NJW 2001, 869 ["Theorie der Binnenanerkennung"]. – Monografisch aus jüngerer Zeit: Roters, Die gebotene Kontrolldichte bei der gerichtlichen Prüfung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, Diss, 2003; Steck, "Strittige" Behandlungsmethoden in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz, Diss, 1998; Pentek, Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Anwendung von Außenseitermethoden in der Medizin, Diss, 1996; Schmidt-Rögnitz, Die Gewährung von alternativen sowie neuen Behandlungs- und Heilmethoden durch die gesetzliche Krankenversicherung, Diss, 1996). In Bezug auf Leistungen der besonderen Therapierichtungen sind selbst in der gerichtlichen Praxis teilweise Rechtsauffassungen vertreten worden, die deutlich im Gegensatz zur Rechtsprechung des 1. Senats des BSG stehen (vgl BSG – 14a. Senat – BSGE 73, 66 = SozR 3—2500 § 2 Nr 2 – Amalgam; LSG Niedersachsen, NZS 1996, 74).
[40] Über die dargestellten Streitfragen hinaus wird dem Bundesausschuss im Übrigen zum Teil überhaupt die Befugnis abgesprochen, Festlegungen über die Leistungspflicht für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmittel im Bereich der besonderen Therapierichtungen zu treffen. Das gilt insbesondere für den Bereich der Homöopathie, weil diese als Pharmakotherapie bereits an anderer Stelle des SGB V und im Arzneimittelrecht eine ausdrückliche Anerkennung erfahren habe (so: Zuck, Homöopathie und Verfassungsrecht, 2004, RdNr 42 ff, 75, 116 ff, 159). Diesem Einwand könnte vor allem unter dem Blickwinkel Bedeutung zukommen, dass auf der Grundlage der jüngeren Rechtsprechung des 1. Senats des BSG Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V nur dann unterfallen, wenn die dabei eingesetzten Präparate (zB als Rezepturarzneimittel) keine arzneimittelrechtliche Zulassung benötigen; bei zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln regelt demgegenüber schon das Arzneimittelrecht die wesentlichen Voraussetzungen auch für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht, weil der Bundesausschuss insoweit zu einer "Zweitprüfung" nicht befugt ist (vgl BSGE 89, 184, 185, 191 = SozR 3—2500 § 31 Nr 8 – Sandoglobulin (R); Urteil des Senats vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R – Visudyne (R), zur Veröffentlichung vorgesehen). Da homöopathische Fertigarzneimittel arzneimittelrechtlich (vgl § 38 Arzneimittelgesetz) und europarechtlich (vgl Art 1 Nr 5, Art 14 und 15 der EG-Richtlinie 2001/83 vom 6. November 2001, ABl L 311/67, mit Begründungserwägung 21) eine Privilegierung erfahren haben – insbesondere in Bezug auf eine bloße Registrierungspflicht anstelle des Zulassungserfordernisses –, erscheint es zumindest fraglich, ob und inwieweit der Bundesausschuss über das Arzneimittelrecht hinaus in seinen RL Einzelheiten zu homöopathischen Behandlungsmethoden festlegen dürfte; allerdings hat die Frage durch die zum 1. Januar 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführten Leistungsausschlüsse für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 34 Abs 1 SGB V an Bedeutung verloren.
[41] Für die Frage, ob die Leistungspflicht für Leistungen der besonderen Therapierichtungen im Sinne der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung regelmäßig eine vorherige positive Empfehlung des Bundesausschusses voraussetzt, kann schließlich bedeutsam sein, was aus den insoweit teilweise geäußerten, im Rahmen einer Aufsichtsklage nicht zu klärenden Einwänden gegen die herkömmliche Beurteilungs-Methodik des Ausschusses abzuleiten ist. So sind Vertreter dieser Therapierichtungen, insbesondere aus dem Bereich der Homöopathie, der Auffassung, dass randomisierte kontrollierte Studien, die bei der Bewertung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss nach § 9 Abs 2 und 3 BUB-RL einen besonders hohen Stellenwert haben, von vornherein ungeeignet seien, um die Qualität und Wirksamkeit solcher Therapien zu beurteilen (vgl zB Zuck, aaO, RdNr 147 ff). Auffällig ist in diesem Zusammenhang immerhin eine in jüngster Zeit sich vollziehende Entwicklung, nach der bedeutende Vertreter der Schulmedizin und der sog "Komplementärmedizin" in einen Dialog darüber getreten sind, wie die Wirksamkeit einer Methode wissenschaftlich korrekt nachzuweisen ist und zugleich der Pluralismus in der Medizin erhalten werden kann; dabei wird ua nach Möglichkeiten zur Evidenz-Bestimmung unter Berücksichtigung singulären Kausalerkennens gesucht (vgl Willich, ua, DÄBl 2004, A-1314; Jachertz, DÄBl 2005, A-268). Sollten hierbei positive Ergebnisse erzielt werden, erschiene es jedenfalls erwägenswert, näher zu prüfen, ob die Bewertungspraxis, wie sie den BUB-RL zu Grunde liegt, den Anforderungen an die Beurteilung der Krankenbehandlung nach den Regeln der besonderen Therapierichtungen genügt.
[42] d) Auch ohne dass der Senat die aufgezeigten Streitfragen im Rahmen der vorliegenden Aufsichtsklage zu entscheiden hat, belegen die vorstehenden Ausführungen unter c) jedenfalls, dass der von der Beklagten in ihrem Bescheid eingenommene Rechtsstandpunkt zu den Leistungsgrundsätzen bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heilmitteln der besonderen Therapierichtungen keine hinreichend klare Bestätigung findet. Dann aber handelt die Beklagte ermessensfehlerhaft, wenn sie darauf abzielt, die Klägerin im Aufsichtswege ganz allgemein auf ein bestimmtes leistungsrechtliches Konzept festzulegen. Trotz der zweifellos auch vorhandenen, die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Beklagten stützenden Argumente, ist die Rechtslage dazu bislang jedenfalls nicht durch eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Die abschließende rechtliche Prüfung bedürfte einer genaueren Auseinandersetzung mit vorhandenen oder vermeintlichen Besonderheiten und müsste auch tatsächliche Feststellungen einschließen. Unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit von Aufsichtsmaßnahmen wäre es bei einer solchen Sachlage als milderes Mittel ausreichend, wenn die Beklagte der Klägerin in einer Aufsichtsverfügung aufgäbe, in der Praxis ihrer Leistungsgewährung in diesem rechtlich nicht abgesicherten Bereich Zurückhaltung zu üben und sie konkret auf die zu Gebote stehenden gesetzlichen Instrumentarien zu verweisen (zB Antragstellung beim Bundesausschuss hinsichtlich einzelner Methoden; Bemühen um die Durchführung von Modellvorhaben nach § 63 ff SGB V; Hinwirken auf Sachleistungs-Versorgungsstrukturen iS von § 2 Abs 2 Satz 2 SGB V). In Betracht gekommen wäre zudem, die Klägerin zu verpflichten, in ihren öffentlichen Verlautbarungen deutlich zu machen, dass Einzelheiten zur Leistungsgewährung im Zusammenhang mit Leistungen der besonderen Therapierichtungen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt und daher rechtlich nicht hinreichend abgesichert sind; hierzu hat sich die Klägerin im Erörterungstermin auch teilweise bereit erklärt. Da die Beklagte demgegenüber eine umfassende Unterlassungspflicht der Klägerin verfügte, war der Bescheid vom 15. Januar 2002 insoweit auf die Revision hin aufzuheben.
[43] 5. Der angefochtene Bescheid vom 15. Januar 2002 verstößt auch dadurch gegen den Grundsatz maßvoller Ausübung der Rechtsaufsicht, dass er die Heilmittel "Heileurythmie", "Maltherapie", "Plastisch-therapeutisches Gestalten", "Rhythmische Massage nach Wegman" und "Sprachgestaltung" nennt und die Klägerin verpflichtet, auf diese Leistungen die von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätze über die Leistungsgewährung im Bereich der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie der neuen Heilmittel anzuwenden; dies gilt, soweit diese Leistungen als Ausdruck der besonderen Therapierichtung "anthroposophische Medizin" erbracht werden. Die sich dabei stellenden Streitfragen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ebenso noch nicht in einem Maße geklärt, dass auf die von der Beklagten angeführten BSG-Urteile aufbauende aufsichtsrechtliche Maßnahmen im Sinne des Inhalts der Verpflichtungsanordnung gerechtfertigt wären. Trotz möglicher, zT auch naheliegender rechtlicher Bedenken gegen eine umfassende und undifferenzierte Gewährung der genannten Leistungen hätte es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen, der Klägerin zB Auflagen zu machen, wie sie unter 4. d) beschrieben worden sind, insbesondere ihr aufzugeben, in den für ihre Versicherten bestimmten und öffentlichen Verlautbarungen deutlich zu machen, dass rechtliche Ungewissheit über Einzelheiten der Leistungsgewährung im Bereich der anthroposophischen Medizin besteht. In diesem Punkt erweist sich der Bescheid als rechtswidrig und ist daher ebenfalls entsprechend aufzuheben.
[44] 6. Die Revision der Klägerin muss dagegen zurückgewiesen werden, soweit sie sich gegen die aufsichtsrechtliche Verpflichtung im Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2002 wendet, keine "Erstattungen" für biographische oder homöopathische Erst- oder Folgeanamnesen vornehmen zu dürfen, soweit diese "über den nach dem EBM-Ä vergütungsfähigen Satz" hinausgehen.
[45] Die Verpflichtungsanordnung ist in diesem Punkt auslegungsbedürftig, weil der auf der Grundlage des § 87 Abs 1 SGB V geschaffene EBM-Ä als das für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung maßgebliche Leistungsverzeichnis gar keine "vergütungsfähigen Sätze" enthält, sondern nur eine relationale, in bestimmten Punktzahlen ausgedrückte Bewertung aller vertragsärztlich erbringbaren Leistungen; diese Punkte sind (idealiter) mit den sich aus den jeweiligen regionalen Honorarverteilungsmaßstäben ergebenden Geldbeträgen je Punkt zu multiplizieren und können bestimmten Honorarbegrenzungen unterliegen, woraus sich dann das quartalsweise einem Vertragsarzt zustehende Honorar errechnet (vgl im Einzelnen §§ 85, 87 SGB V). Der Bescheid der Beklagten umschreibt den beanstandeten Sachverhalt daher nur ungenau. Da die Klägerin ihre Gesamtvergütung an die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen mit befreiender Wirkung für sämtliche in einem bestimmten Zeitabschnitt erbrachten vertragsärztlichen Leistungen zahlt (§ 85 Abs 1 Satz 1 SGB V), zeigt der Bescheid vom 15. Januar 2002 nicht auf, welche "vergütungsfähigen Sätze" insoweit maßgeblich sein sollten und unter welchem Blickwinkel überhaupt zusätzliche Erstattungen in Betracht kommen könnten. Bei verständiger Würdigung ist die Verfügung der Beklagten indessen dahin auszulegen, dass der Klägerin offenbar untersagt werden soll, über die gezahlte Gesamtvergütung hinaus Kostenerstattungen für die genannten vertragsärztlichen Anamneseleistungen vorzunehmen. Zum anderen wäre daran zu denken, das die Klägerin angehalten werden sollte, in den vom Gesetz geregelten Fällen zulässiger Kostenerstattung keine höheren Kosten zu erstatten als diejenigen einer notwendigen Behandlung nach § 13 Abs 2 Satz 4 und Abs 3 Satz 1 SGB V (in der bei Erlass des Bescheides vom 15. Januar 2002 geltenden, bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung der Gesetze vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853 bzw vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046). Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass insoweit für die Höhe des Anspruchs ohnehin die Regelungen der Gebührenordnung für Ärzte einschlägig wären (vgl BSG SozR 3—2500 § 13 Nr 17, 21), weshalb der Bescheid darauf bezogen der Rechtslage nicht entspräche.
[46] Legt man im Sinne der vorstehenden Ausführungen zugrunde, dass es der Beklagten darum ging, Kostenerstattungen der Klägerin an ihre Versicherten für die genannten ärztlichen Anamneseleistungen über die bereits gezahlte Gesamtvergütung hinaus zu unterbinden, ist dieses Ansinnen rechtmäßig iS des Aufsichtsrechts und rechtfertigt die Verpflichtungsanordnung. Das Vorliegen eines zu den streitigen Aufsichtsmaßnahmen Anlass gebenden Gesetzesverstoßes unterliegt insoweit – anders als bei den unter 4. und 5. beschriebenen Leistungen – keinem Zweifel. Denn selbst wenn die Leistungen der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin solche der besonderen Therapierichtungen sind, ist daraus in Bezug auf die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Befugnis, ihre Beitragseinnahmen über die gewährte Gesamtvergütung hinaus zur Kostenerstattung für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsleistungen verwenden zu dürfen, nichts herzuleiten (vgl § 30 Abs 1 SGB IV). Denn diese Leistungen werden und müssen – über die Fälle der gesetzlich ausdrücklich zugelassenen Kostenerstattung (vgl § 2 Abs 2 Satz 1, § 13 Abs 1 SGB V) hinaus – im Rahmen einer Naturalleistungsgewährung nach dem EBM-Ä und unter Zugrundelegung der regionalen Honorarverteilungsmaßstäbe abgerechnet werden; eine Leistungserbringung im Wege der Kostenerstattung ermöglicht regelmäßig keine planmäßig darüber hinausgehenden Zahlungsansprüche von ärztlichen Leistungserbringern und daran anknüpfende Kostenerstattungen von Krankenkassen.
[47] Wie schon der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG in seinem Beschluss vom 17. Mai 2001 – B 6 KA 8/00 R (MedR 2003, 242) im Anschluss an andere Judikatur dieses Senats ausgeführt hat, ist die Erhebung von (homöopathischen) Erst- und Folgeanamnesen regelmäßig im Rahmen des EBM-Ä abrechnungsfähig. In Betracht kam insoweit – auf der Grundlage der bis zur Entscheidung durch den erkennenden Senat geltenden EBM-Ä-Regelungen – vor allem eine Abrechnung als ärztliche Grundleistung nach Nr 1 EBM-Ä (Ordinationsgebühr, gestaffelt nach Arztgruppe und Patientenstatus, zB bei Hausärzten 265 bzw – Rentner 475 Punkte [Stand: 1. Juli 1997]) oder als psychosomatische Behandlung nach Nr 851 EBM-Ä (verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheiten unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion, Dauer mindestens 15 Minuten – 450 Punkte; zu den Abrechnungsmöglichkeiten vgl auch Hermanns/Roscher/Ascher, Alternative Medizin – Abrechnung nach GOÄ und EBM für Ärzte und Zahnärzte – Kommentierte Ausgabe, 2. Aufl 2000, S 213; Zuck, Homöopathie und Verfassungsrecht, aaO, RdNr 141); diese Leistungen konnten in Praxis- und Zusatzbudgets nach Maßgabe des EBM-Ä in der ab dem Quartal III/1997 geltenden Fassung aufgehen. Nach dem zitierten Beschluss des 6. Senats darf ein Vertragsarzt von einem Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (außerhalb der dafür im den Bundesmantelverträgen vorgesehenen Regelungen für Privatbehandlung durch den Arzt) für seine Leistungen kein (zusätzliches) privatärztliches Honorar fordern. Geschieht dies gleichwohl, kann darin im Extremfall eine gröbliche Pflichtverletzung des Vertragsarztes liegen, die Sanktionen ggf bis hin zur Zulassungsentziehung rechtfertigt. Ein Arzt, der trotz entsprechender Belehrung für sich in Anspruch nimmt, vertragsärztliche Leistungen, die er gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet hat, aus Gründen vermeintlich unzureichender Honorierung zusätzlich von seinen gesetzlich krankenversicherten Patienten vergütet zu erhalten, ist für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ungeeignet. Der 6. Senat des BSG ist damit dem Einwand der seinerzeit klagenden Homöopathin nach einer unzureichenden Honorierung homöopathischer Anamnesen nicht gefolgt und hat insbesondere aus einer geltend gemachten missbräuchlichen Ausübung der Bewertungskompetenz des Bewertungsausschusses (§ 87 Abs 2 SGB V) nichts zu Gunsten der Ärztin abgeleitet (vgl erneut BSG MedR 2003, 242).
[48] Umstände, die einer Übertragung der Rechtsprechung des 6. Senats auf die im vorliegenden Verfahren zu klärende aufsichtsrechtliche Frage entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Es ist hier vielmehr ebenso davon auszugehen, dass die klagende BKK sich dadurch gesetz- und rechtswidrig verhalten hat, dass sie trotz der Zugehörigkeit von Leistungen zum vertragsärztlichen Versorgungssystem dem Vorbringen einschlägig tätiger Ärzte über eine unzureichende Honorierung der Anamnesen gefolgt ist und Mittel für geltend gemachte Kostenerstattungen aufbringt. Dieses Vorgehen lässt außer Ansatz, dass zur Klärung der Frage der angemessenen Vergütung bestimmter ärztlicher Leistungen (vgl § 72 Abs 2 SGB V) Verfahren vorgesehen sind, von denen auch im Bereich der besonderen Therapierichtungen nicht abgewichen werden darf; so hat der 6. Senat in seinem Beschluss vom 17. Mai 2001 (aaO) zB auf die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage nach § 55 SGG hingewiesen. Auch wenn es zutrifft, dass der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner Sitzung vom 10. Dezember 2003 beschlossen hat, über die Aufnahme spezieller Leistungen der Homöopathie in den EBM-Ä erst entscheiden zu wollen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss Beschlüsse über die homöopathischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gefasst hat (vgl DÄBl 2004, A-66 unter 2.), rechtfertigt dies kein eigenmächtiges Vorgehen von Ärzten und/oder Krankenkassen bei der Honorierung. Insbesondere ist es rechtswidrig, wenn Krankenkassen – insoweit scheint nicht allein die Klägerin betroffen zu sein – die geltend gemachte unzureichende Honorierung bestimmter ärztlicher Leistungen über ein systematisches Ausweichen auf Privatbehandlung und höhere Kostenerstattung zu kompensieren suchen. Die Situation ist insoweit vergleichbar der bis zum Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes von 1998 praktizierten Kostenerstattung bei psychotherapeutischer Behandlung durch Diplom-Psychologen außerhalb des sog Delegationsverfahrens; auch seinerzeit waren Systemmängel geltend gemacht worden, aus denen eine vom Gesetz und den einschlägigen gesamtvertraglichen Regelungen nicht gedeckte Befugnis zu Kostenerstattungsleistungen hergeleitet wurde. Der 6. Senat des BSG hat diese Praxis als rechtswidrig beurteilt und dargelegt, dass die Beteiligten daraus – über vom Gesetzgeber getroffene spezielle Regelungen hinaus – keine vertrauensschützenden Folgewirkungen herleiten konnten (vgl BSG SozR 4—2500 § 95 Nr 4 RdNr 23; ferner bereits BSGE 87, 158, 169 = SozR 3—2500 § 95 Nr 25 S 116 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien und die Rechtsentwicklung: "grauer Markt").
[49] Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG der Vortrag, die EBM-Ä-Bewertung einer bestimmten einzelnen Leistung sei unzureichend niedrig und decke nicht einmal die dafür entstehenden Kosten, ohnehin nur unter Besonderheiten geeignet, eine Bewertung zu Fall zu bringen (zu einer solchen Ausnahme: BSGE 84, 235 = SozR 3—2500 § 85 Nr 33 für zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen). In diesem Sinne ist wiederholt entschieden worden, dass dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine "Mischkalkulation" zugrunde liegt, so dass es durchaus Leistungen geben kann, mit denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen den Ärzten hinreichenden Anlass zur Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung bietet (so BSGE 88, 126, 136 = SozR 3—2500 § 87 Nr 29 mit umfangreichen Nachweisen; BSG SozR 5030 Allg Nr 1 S 5; BSGE 75, 187, 189 = SozR 3—2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSG SozR 3—5533 Nr 763 Nr 1 S 4 f; SozR 3—5555 § 10 Nr 1 S 6; SozR 3—2500 § 85 Nr 30 S 228). Für die homöopathische Diagnostik und Therapie sind davon abweichende Besonderheiten nicht erkennbar. So bleibt auch ein homöopathischer Arzt weiter "Schulmediziner", dürfte zB bei seiner Anamnese diagnostische Verfahren der Schulmedizin nicht gänzlich ausklammern, und muss sich ggf bei der Behandlung bestimmter Krankheiten (auch) der Apparatemedizin und schulmedizinischer Therapieverfahren bedienen (so auch Zuck, Homöopathie und Verfassungsrecht, aaO, RdNr 24). Da dies auf die Möglichkeit einer "Mischkalkulation" auch bei in ihrer Krankenbehandlung homöopathisch ausgerichteten Vertragsärzten hindeutet, kann dem Vortrag, die bereits verschiedentlich erfolgte ausdrückliche gesetzliche Anerkennung der Homöopathie stehe und falle mit der Honorierung der homöopathischen Erst- und Folgeanamnesen, kein entscheidendes rechtliches Gewicht zukommen. Zudem ordnet auch § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V nur an, dass Leistungen der besonderen Therapierichtungen "nicht ausgeschlossen" sind, während in anderen Sonderregelungen oftmals weitergehend die Rede davon ist, dass ein bestimmter Umstand "zu berücksichtigen" bzw ihm "Rechnung zu tragen" sei (vgl zB § 2 Abs 1 Satz 3, § 2 Abs 3 Satz 2, § 27 Abs 1 Satz 2 SGB V).
[50] 7. Die Verpflichtungsanordnung der Beklagten ist schließlich in Bezug auf die beanstandete Leistungsgewährung für Eigenbluttherapien rechtmäßig. Auch insoweit bleibt die Revision der Klägerin ohne Erfolg.
[51] a) Nach den oben unter 4. b) dargestellten Kriterien ist die unter Gliederungspunkt I. des Bescheides vom 15. Januar 2002 aufgeführte "große und kleine Eigenblutbehandlung" als neue Behandlungsmethode anzusehen. Da der Bundesausschuss keine darauf bezogene positive Empfehlung abgegeben hat und sie auch nicht in den Heilmittel-RL erwähnt wird, gelten für die Leistungspflicht für diese Therapie die dargestellten allgemeinen Grundsätze aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Behandlung kann auch keiner "besonderen Therapierichtung" zugerechnet werden so dass es dafür auf die oben unter 4. c) erörterten Gesichtspunkte nicht ankommt.
[52] Bei den Eigenblut-Therapien wird regelmäßig Blut aus der Vene entnommen und nach Aufbereitung mit verschiedenen Methoden intravenös, intramuskulär oder subkutan injiziert. Sie beruhen auf der Vorstellung, dass das Eigenblut Informationen trägt, die dem Immunsystem an einem unerwarteten Ort präsentiert werden und Immunreaktionen auslösen, welche dann heilend das Abwehrsystem stimulieren (vgl zB die Therapiebeschreibungen in den Internet-Auftritten bei: www. deam. de oder www. therapeuten. de, recherchiert im Dezember 2004).
[53] Die Möglichkeit der Klägerin zur Leistungsgewährung an ihre Versicherten für die Eigenblut-Therapien scheidet von vornherein aus, soweit der Bundesausschuss die Behandlung ausgeschlossen hat (vgl Beschluss vom 11. Dezember 2000, BAnz vom 22. März 2001 Nr 57 S 4770 – Ozontherapien; Beschluss vom 11. Dezember 2000, BAnz Nr 57 vom 22. März 2001 – Ultraviolettbestrahlung des Blutes; Beschluss vom 11. Dezember 2000, BAnz Nr 57 vom 22. März 2001 – Hämatogene Oxidationstherapie, "Blutwäsche nach Wehrli"). Aber auch wenn dies nicht explizit geschehen ist, handelt es sich um dem Verbot des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V unterliegende Untersuchungs- und Behandlungsmethoden; das BSG hat bislang ein Systemversagen zur Eigenblutbehandlung nicht festgestellt, selbst eine entsprechende Entscheidung eines Instanzgerichts ist nicht bekannt geworden (unbeschadet der Frage, ob eine solche Entscheidung selbst im Falle eingetretener Rechtskraft ausreichen würde).
[54] b) Die Befugnis der Klägerin zur Gewährung von Eigenbluttherapien als Sach- oder Kostenerstattungsleistung ergibt sich auch nicht daraus, dass diese einer "besonderen Therapierichtung" zugerechnet werden könnten.
[55] Zwar werden mit der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin (sowie der Phytotherapie, s oben 4. und 5.) die besonderen Therapierichtungen nicht abschließend umschrieben (vgl bereits BSGE 79, 41, 49 = SozR 3—2500 § 34 Nr 5), andererseits dürfen die Begriffe "Behandlungsmethode" und "Therapierichtung" nicht etwa synonym im Sinne einer einzelnen unkonventionellen Behandlungsmethode verstanden oder gleichgesetzt werden. Während eine Behandlungsmethode nämlich (schon) ein einzelnes, aber systematisch angewandtes medizinisches Vorgehen ist, setzt eine "besondere Therapierichtung" darüber hinausgehend ein umfassendes, sich von "Schulmedizin" abgrenzendes weltanschaulich geprägtes und in Kreisen der Leistungserbringer wie bei den (potenziellen) Patienten nicht nur vereinzelt auf Sympathie stoßendes, sondern verbreitetes Konzept voraus (vgl im Einzelnen erneut die Nachweise oben unter 4. c). Die für die Behandlungsmethode Eigenbluttherapie insoweit allenfalls in Betracht kommende Zuordnung zu den "Naturheilverfahren" führt dabei nicht weiter. Obwohl diese Behandlungsform von ihren Verfechtern als Reiz-Reaktionstherapie und "naturheilkundliches" Verfahren bezeichnet wird (so zB auch im Rahmen des in den LSG-Akten dokumentierten Internetauftritts der Klägerin zu ihrem "Leistungskatalog für Naturheilverfahren", Stand 14. Januar 2002 – www. securvita. de/bkk_c/bkk_1_21_htm), kann von der Existenz einer solchen besonderen Therapierichtung im Rechtssinne nicht (mehr) ausgegangen werden. Dem steht nicht entgegen, dass der für das Kassenzahnarztrecht zuständig gewesene, inzwischen aufgelöste 14a. Senat des BSG in seiner Amalgam-Entscheidung vom 8. September 1993 (BSGE 73, 66, 72 = SozR 3—2500 § 2 Nr 2) von der Naturheilkunde als einer besonderen Therapierichtung gesprochen hat. Denn unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Rechtsprechung des BSG – insbesondere des erkennenden 1. Senats – ist dem, legt man die Definition einer besonderen Therapierichtung zu Grunde (vgl erneut BSGE 81, 54, 71 f = SozR 3—2500 § 135 Nr 4), nicht zu folgen (kritisch, aber im Ergebnis offen lassend bereits: BSGE 85, 56, 63 = SozR 3—2500 § 28 Nr 4 – Amalgamaustausch, 12 mwN; BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 73 – Colon-Hydro-Therapie); dies gilt selbst vor dem Hintergrund gebotener materiell-rechtlicher Zurückhaltung in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten.
[56] Wie der Senat bereits ausgeführt hat (BSG SozR 3—2500 § 92 Nr 12 S 73), ist "Naturheilkunde" eher als Sammelbegriff für natürliche Heilweisen zu werten und kein für die im Rahmen des SGB V vorzunehmenden Abgrenzungen tauglicher Rechtsbegriff: So geht zB das ärztliche Weiterbildungsrecht davon aus, dass "Naturheilverfahren" sich durch die Anregung der individuellen körpereigenen Ordnungs- und Heilkräfte auszeichnen, indem natürliche, zumindest nebenwirkungsarme Mittel zum Einsatz kommen; der Senat hat daraus gefolgert, dass mit diesem Ansatz eine eigene, sich von anderen Therapierichtungen wesentlich unterscheidende Theorie der Krankheitsentstehung nicht verbunden ist.
[57] In der medizinischen Fachliteratur wird das Verständnis davon, was die naturheilkundliche Medizin ausmachen soll, darüber hinaus in sehr unterschiedlicher Weise umschrieben. Verstanden werden darunter zB: die "Lehre von der Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten unter Einsatz der natürlichen Umwelt entnommener und naturbelassener Heilmittel" (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl 2002, S 1140); die einem "Reiz-Reaktionsprinzip" folgenden Verfahren, die sich meist indirekt an ganzheitsbiologische Funktionssysteme der menschlichen Autoregulation richten und auf unterschiedlichen wissenschaftsbezogenen Bezugssystemen mit naturalistisch, physikalisch oder bioenergetischen Wirkprinzipien beruhen (so Melchart, Ausbildung in Naturheilverfahren im Modellversuch: Zwischenbericht zum Projektversuch "Münchener Modell" an der Ludwig-Maximilians Universität München, in: Zentrum zur Dokumentation für Naturheilverfahren e. V., Dokumentation der besonderen Therapierichtungen und natürlichen Heilweisen in Europa, Bd I 1. Halbbd, 1991, S 67 ff, 75); eine von Ärzten und Nicht-Ärzten betriebene Heilkunde, die natürliche Reize wie Wasser, Luft, Bewegung, ua prophylaktisch und therapeutisch nutzt (Thiele, Handlexikon der Medizin, zitiert nach John, Zu den Grundlagen der Naturheilverfahren, in: Dokumentation der besonderen Therapierichtungen, aaO, S 157 f); eine Medizin, bei der ganzheitliche diagnostische und therapeutische Methoden mit dem Ziel zur Anwendung kommen, die körpereigenen Ordnungs- und Heilkräfte anzuregen und die Mitarbeit des Patienten an seiner Lebensgestaltung zu fördern (Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren e. V., Naturheilverfahren im Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren, in: Dokumentation der besonderen Therapierichtungen ebenda, S 170 ff, 182). Letztlich bestätigen diese Charakterisierungen die Einschätzung des Senats von der Naturheilkunde als einem Sammelbegriff. Einige der Definitionen gehen derart weit, dass darunter nahezu sämtliche Richtungen der sich von der Schulmedizin abgrenzenden Medizin – einschließlich der Homöopathie und Anthroposophie – subsumiert werden könnten.
[58] Nichts anderes ergibt sich auch aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin. Sie hat sich im Verlaufe des Rechtsstreits nicht in der Lage gezeigt, den Begriff der "Naturheilkunde" als "besondere Therapierichtung" zur Rechtfertigung ihres Vorgehens konkretisieren zu können. Auch sie verwendet ein sehr weites und von anderen Therapierichtungen nicht klar abgrenzbares Begriffsverständnis, wenn sie in ihren öffentlichen Verlautbarungen von Kostenerstattung für "seriöse Naturheilverfahren" spricht und anschließend auf die gesamte von ihr geübte Kostenerstattungspraxis, dh auch diejenige für Leistungen der homöopathischen und anthroposophischen Medizin, Bezug nimmt.
[59] Nach alledem erweist sich der Oberbegriff "Naturheilverfahren" als ungeeignet, um im Rechtssinne klare und abgrenzbare Zuordnungen bestimmter Leistungen iS ihrer Zugehörigkeit zu "einer" besonderen Therapierichtung in vergleichbarer Weise vornehmen zu können, wie dies etwa bei der Homöopathie (als im 18./19. Jahrhundert durch Samuel Hahnemann begründetes Therapieprinzip) oder bei der (wesentlich von Rudolf Steiner und Ita Wegman geprägten) anthroposophischen Medizin der Fall ist (ähnlich schon Zuck, NZS 1999, 313, 314). Mangels hinreichender Trennschärfe muss damit eine Hervorhebung gegenüber den auf der Grundlage klassisch-schulmedizinischer Konzepte erbrachter Leistungen iS von § 2 Abs 1 Nr 2 SGB V ausscheiden. Da die Klägerin bei den Eigenblutbehandlungen keinen aufsichtsrechtlich geschützten Spielraum besitzt, um bei ihrer Leistungsgewährung über die Grundsätze aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinausgehen zu können, musste ihre Revision darauf bezogen zurückgewiesen werden.
[60] 8. Soweit die Beklagte die Werbemaßnahmen der Klägerin beanstandet, ist ihr Bescheid ebenfalls teilweise – entsprechend dem Umfang der ihr möglichen bzw zu untersagenden Leistungserbringung – aufzuheben und die Revision gleichermaßen teilweise erfolgreich, teilweise zurückzuweisen. Das Urteil des Senats korrespondiert in diesem Punkt im Wesentlichen mit der Verurteilung zu den unter 4. bis 7. behandelten Fragen.
[61] Die Klägerin hat gegen das Gebot verstoßen, (wahrheitsgemäß) in Belangen des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung über Rechte und Pflichten aufzuklären und zu beraten, indem sie uneingeschränkt und undifferenziert zum Zwecke der Mitgliederbetreuung und -gewinnung Informationen über ihre vermeintlich insgesamt rechtmäßige und daher nicht zu beanstandende Kostenerstattungspraxis für die umstrittenen Leistungen verbreitete. Zugleich liegt darin ein Verstoß gegen die Grundsätze der gegenseitigen Rücksichtnahme unter den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar gehören Informationsaktivitäten einer Krankenkasse zur Betreuung ihrer Mitglieder und zur Gewinnung neuer Interessenten zu deren gesetzlichen Aufgaben. Die Krankenkassen stehen im gegliederten System der gesetzlichen Krankenversicherung mit Kassenwahlfreiheit insoweit zwar in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zueinander, sind aber gleichwohl nach wie vor Träger mittelbarer Staatsverwaltung und unterliegen – anders als private Wirtschaftsunternehmen – den sich daraus ergebenden Bindungen. Die Grenzen des "Wettbewerbs" der Krankenkassen untereinander sind regelmäßig anhand des gesetzlichen Auftrags und der zu seiner Verwirklichung erlassenen Regelungen des SGB V sowie des dazu ergangenen untergesetzlichen Rechts zu bestimmen, dh bezogen auf das Ziel, eine zweckmäßige, wirtschaftliche und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung aller Versicherten zu den gesetzlich festgelegten Bedingungen zu gewährleisten (so schon BSGE 82, 78, 80 = SozR 3—2500 § 4 Nr 1; BSGE 90, 231, 265 = SozR 4—2500 § 266 Nr 1). Beschränkungen hinsichtlich Form und Inhalt von Informationsaktivitäten ergeben sich insbesondere aus der Pflicht zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten (§§ 13 bis 15 SGB I) sowie aus dem Gebot, bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammenzuarbeiten (§ 15 Abs 3 SGB I, § 86 SGB X). Gerade die Krankenkassen sind im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zur Zusammenarbeit untereinander verpflichtet (§ 4 Abs 3 SGB V). Mit diesem Gebot ist umgekehrt die Pflicht verbunden, Aktivitäten zu unterlassen, die den vorgegebenen Handlungszielen zuwiderlaufen (vgl schon BSGE 82, 78, 80 = SozR 3—2500 § 4 Nr 1).
[62] Die Beklagte hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin diese Grundsätze teilweise unbeachtet gelassen und sich in Bezug auf die beanstandeten Leistungen unter Verstoß gegen §§ 13, 14 SGB I "Wettbewerbsvorteile" gegenüber anderen Krankenkassen zu verschaffen gesucht hat. Dies ist insbesondere mit ihrem Leistungskatalog geschehen, in dem sie das vermeintlich ohne besondere Voraussetzungen verfügbare Angebot einer Kostenerstattung für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsleistungen sowie Heilmittel hervorhebt, die sie teilweise nicht erbringen durfte bzw deren Erbringung rechtlich nicht hinreichend abgesichert war. Sie hat damit in der Öffentlichkeit plakativ den Eindruck erweckt, selbst mehr leisten zu können bzw zu dürfen als andere Krankenversicherungsträger anbieten. Dabei ist es zu Grenzüberschreitungen gekommen, wie insbesondere die Ausführungen oben unter 6. und 7. belegen. Auch wenn die Klägerin in ihrer Werbung bisweilen für sich in Anspruch nimmt, es werde nur "der gesetzliche Rahmen ausgeschöpft", musste sie darüber hinaus jedenfalls in Grenzbereichen zugleich deutlich machen, dass dieses bisweilen auf einer noch ungeklärten Rechtslage beruht und möglicherweise mit finanziellen und gesundheitlichen Risiken für die Versicherten verbunden sein könnte. Informationen, die dazu in den Printmedien, im Rundfunk und Fernsehen sowie im Internet und an anderer Stelle verbreitet werden und dies unbeachtet lassen, laufen der gesetzlichen Konzeption zuwider, dass alle Krankenkassen die gleichen vorgeschriebenen oder zugelassenen Leistungen zur Krankenbehandlung erbringen. Eine differenzierte Ausgestaltung des Leistungskatalogs ist nur insofern zulässig, als Leistungen im Rahmen der Satzungsautonomie konkretisiert werden dürfen (zB § 38 Abs 2 SGB V); Solches ist bei der streitbefangenen ärztlichen Behandlung und der Heilmittelerbringung nicht der Fall. Soweit die Klägerin in ihrem Leistungskatalog im Übrigen bestimmte Erstattungssätze für jede Leistung aufgeführt hat, hat sie im Erörterungstermin vom 16. Februar 2005 bereits selbst erklärt, daran nicht mehr festhalten und das Verfahren nicht weiterbetreiben zu wollen.
[63] In dem Maße, in dem die Revision der Klägerin hinsichtlich ihrer Befugnis zur Erbringung von Leistungen der besonderen Therapierichtungen Homöopathie und anthroposophische Medizin Erfolg hat (oben 4. und 5.), ist sie demgegenüber unter der Voraussetzung, dass inhaltlich zutreffende, vollständige und dem Gebot der Rücksichtnahme entsprechende Aufklärung und Beratung betrieben wird, auch berechtigt, öffentlichkeitsgerichtete Informationen zu verbreiten.
[64] 9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Dabei hat der Senat nach billigem Ermessen berücksichtigt, dass die Klägerin nur teilweise obsiegt und dass sie ihr Rechtsschutzbegehren darüber hinaus im Revisionsverfahren in Bezug auf die Verfügungssätze des angefochtenen Bescheides in bedeutendem Maße eingeschränkt hat.