Bundesgerichtshof
WHG § 22 Abs. 2; BGB § 683, § 684, § 812, § 823 Dc, Ef, § 830 Abs. 1 Satz 2, § 906 Abs. 2 Satz 2, § 1004
a) Zum Schadensersatz nach § 22 Abs. 2 WHG verpflichtet ist derjenige, der zum Zeitpunkt der Emission Inhaber der Anlage war. Läßt sich bei einem Inhaberwechsel nicht feststellen, in wessen Verfügungszeit die Emission fällt, fehlt es an einer Haftungsgrundlage. Der frühere und der spätere Inhaber haften jedoch als Gesamtschuldner, wenn sowohl vor als auch nach dem Inhaberwechsel Emissionen aus der Anlage erfolgt sind, die zumindest im Zusammenwirken geeignet waren, einen bestimmten Schaden herbeizuführen, und lediglich unaufklärbar bleibt, welche der Einwirkungen den Schaden tatsächlich herbeigeführt hat (Fortführung von BGHZ 57, 257).
b) Der Vermieter oder Verpächter eines Hausgrundstücks ist grundsätzlich nicht Inhaber der Öltankanlage des Hauses.
c) Zum Umfang der Schadensersatzpflicht bei der Kontaminierung eines Nachbargrundstücks mit Öl.
d) Sofern Schadstoffe aus einer Anlage im Sinne des § 22 Abs. 2 WHG austreten und mit dem Grundwasser in das Erdreich des Nachbargrundstücks gelangen, scheidet ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen Subsidiarität im Verhältnis zu § 22 Abs. 2 WHG aus.
e) Beseitigt der Eigentümer eines Grundstücks dort mit dem Grundwasser vom Nachbargrundstück eingedrungene Ölverunreinigungen, so kann ihm gegen den Störer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz oder auf Bereicherungsausgleich zustehen (im Anschluß an BGH, Urteil vom 1. Dezember 1995 – V ZR 9/94 – NJW 1996, 845).
f) Überträgt der Eigentümer eines verpachteten Hotels die Erfüllung seiner Verkehrssicherungspflichten dem Pächter, so verbleibt ihm grundsätzlich eine Überwachungspflicht. Ohne besonderen Anhalt muß er jedoch nicht alle Einzelheiten in der Sicherung gefährlicher Anlagen kontrollieren (hier: Überprüfung des Einfüllschachts der Öltankanlage auf Spuren von Ölunfällen oder auf Leckstellen).
BGH, Urteil vom 22. 7. 1999 – III ZR 198/98; OLG Frankfurt am Main (lexetius.com/1999,971)
[1] Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Dörr für Recht erkannt:
[2] Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 1998 aufgehoben.
[3] Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[4] Tatbestand: Die Beklagte ist seit dem Jahr 1964 Eigentümerin eines mit einem Hotelgebäude bebauten Grundstücks in S., das sie von 1976 bis zum 31. März 1991 verpachtet hatte und an diesem Tage zurückerhalten hat. Bis zum Beginn der Heizperiode 1991/92 wurde das Gebäude mit Öl beheizt, anschließend wurde die Heizung auf Erdgas umgestellt. Die Öltankanlage wurde im April 1992 geleert und teilweise demontiert, nachdem sie noch am 30. September 1991 mit 6. 611 l Heizöl befüllt worden war.
[5] Im Frühjahr 1992 ließ die klagende Stadt in zwei an das Grundstück der Beklagten angrenzenden Straßen Kanalbauarbeiten ausführen. Dabei wurde in der Schulstraße eine Kontaminierung des Grundwassers und des Bodens mit Öl festgestellt, das, wie zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, mit dem Grundwasserstrom vom Grundstück der Beklagten in das Erdreich des der Klägerin gehörenden Straßengrundstücks gelangt war. Ursache hierfür waren ein oder mehrere Unfälle beim Befüllen des Öltanks oder ein Defekt der Heizölleitung innerhalb des Einfüllschachts, wodurch erhebliche Mengen Öl in den Domschacht ausliefen und von dort im Boden versickerten. Die Beklagte hat behauptet, das Schadensereignis falle in die Zeit vor dem 31. März 1991, während der sie keine Verfügungsgewalt über das Grundstück gehabt habe.
[6] Bei der Durchführung der Kanalbauarbeiten wurde von dem ausführenden Unternehmen zunächst das Grundwasser abgepumpt und in einen Bachlauf eingeleitet. Nach Feststellung der Ölverschmutzung verfügte die untere Wasserbehörde einen Baustopp und ordnete weiter an, das abgepumpte Grundwasser nur noch über einen Ölabscheider dem Vorfluter zuzuführen. Der kontaminierte Boden des Grundstücks wurde abtransportiert, der Boden des Bachlaufs ausgetauscht. Ihre Mehrkosten infolge der Belastung von Grundwasser und Erdreich mit Öl (insbesondere wegen Stillstands der Bauarbeiten, ferner wegen der Aufwendungen zur Aufnahme des ausgetretenen Öls, zur Beseitigung des verseuchten Erdreichs und zur Reinigung des Baches, Gutachterkosten) hat die Klägerin auf insgesamt 159.245,62 DM beziffert und die Beklagte deswegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung begehrt, daß die Beklagte ihr auch zum Ersatz aller weiteren Kosten aus noch erforderlichen Boden- und Grundwassersanierungsmaßnahmen verpflichtet sei.
[7] Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
[8] Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[9] I. Das Berufungsgericht läßt offen, ob der Ölaustritt aus der Tankanlage des Hotels erst nach Rückgabe des Grundstücks an die Beklagte Ende März 1991 oder bereits innerhalb des vorausgegangenen Zeitraums der Verpachtung erfolgt war. Im ersten Fall hafte die Beklagte für die der Klägerin entstandenen Schäden nach § 22 Abs. 2 WHG, andernfalls wegen schuldhafter Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Auch wenn die Beklagte deren Erfüllung im Pachtvertrag der Pächterin übertragen habe, seien ihr selbst Kontrollpflichten verblieben. Aus diesem Grunde hätte die Beklagte, meint das Berufungsgericht, wenigstens einmal jährlich auch den Domschacht der Tankanlage inspizieren und dabei – spätestens bei Rückgabe des Grundstücks – aufgrund der Verschmutzungen an den Wänden den Ölunfall erkennen müssen. Das hätte ihr Anlaß geben müssen, die eingetretenen Bodenverunreinigungen alsbald beseitigen zu lassen.
[10] II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
[11] 1. Nicht zu beanstanden ist es allerdings, daß das Berufungsgericht für den Fall, daß der Ölunfall auf dem Grundstück der Beklagten erst nach dem 31. März 1991 eingetreten ist, deren Einstandspflicht für den Schaden der Klägerin aufgrund § 22 Abs. 2 WHG bejaht.
[12] a) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, daß ein eingebauter Heizöltank zu den in § 22 Abs. 2 WHG aufgeführten gefährlichen Anlagen gehört (Urteil vom 14. Juni 1993 – III ZR 135/92 – NJW 1993, 2740). Inhaberin der Anlage war von dem genannten Zeitpunkt an die Beklagte, da sie diese nach Wiedererlangung des unmittelbaren Besitzes in Gebrauch hatte und hierüber tatsächlich verfügungsbefugt war (zum Inhaberbegriff vgl. BGHZ 80, 1, 4; Senatsurteil vom 6. Mai 1999 – III ZR 89/97 – ZfIR 1999, 543). Maßgebend ist, wie das Berufungsgericht richtig sieht, der Zeitpunkt der Emission aus der Anlage, nicht der des Schadenseintritts oder gar der Entdeckung des Schadens (vgl. für § 1 UmweltHG: Schmidt-Salzer, Kommentar zum Umwelthaftungsrecht, § 1 Rn. 313; ähnlich Landsberg/Lülling, Umwelthaftungsrecht, § 1 Rn. 64 und Salje, Umwelthaftungsgesetz, §§ 1, 3 Rn. 27: Zeitpunkt der Umwelteinwirkung; a. A.: Paschke, Umwelthaftungsgesetz, § 1 Rn. 78). Die verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht nach § 22 Abs. 2 WHG knüpft an die Verfügungsgewalt über eine gefährliche Anlage an. Haftungsbegründend kann daher nur ein im Machtbereich des Inhabers liegender und von ihm beherrschbarer Umstand sein. Das trifft für den Austritt des Stoffes aus der Anlage zu, nicht aber für die möglicherweise weit spätere Kontaminierung des Grundwassers.
[13] b) Zu Unrecht zieht die Revision unter Hinweis auf eine mögliche Anlagenhaftung des Öllieferanten in Zweifel, daß von der Tankanlage des Hotels Öl ins Grundwasser gelangt ist. Das Berufungsgericht stellt ausdrücklich fest, daß das Öl zunächst im Einfüllschacht des Heizöltanks gestanden hat und erst von dort im Erdreich versickert ist. Selbst wenn es also bereits während des Befüllens zu einem Überlaufen des Heizöls gekommen sein sollte, was revisionsrechtlich nicht auszuschließen ist, wäre Ausgangspunkt der Grundwasserverunreinigung jedenfalls auch die Anlage der Beklagten. Haftungsrechtlich handelt es sich beim Öltank eines Hauses im Verhältnis zum Tankfahrzeug grundsätzlich um eine selbständige Anlage (vgl. dazu BGHZ 76, 35, 39 ff.; Senatsurteil vom 14. Juni 1993 aaO S. 2741). Soweit die Revision weiter vorbringt, tatsächlich könne nicht davon ausgegangen werden, daß das Öl zwischen dem 31. März 1991 und der von der Beklagten veranlaßten Tankrevision am 24. Mai 1992 (richtig: 24. April 1992) ausgelaufen sei, fehlt es an dafür erforderlichen Feststellungen des Berufungsgerichts; aus den unstreitigen Umständen läßt sich ein solcher Schluß nicht ziehen. Auf die von der Revision außerdem aufgeworfene Frage, ob die Beklagte für einen nach dem 24. April 1992 eingetretenen Ölschaden haften könne, wenn ihre Anlage bereits 1991 stillgelegt gewesen sei, kommt es nicht an. Denn der Schaden ist im Zuge der Bauarbeiten unstreitig bereits am 22. April 1992 festgestellt worden. Zwischen dem Herbst 1991 und dem 24. April 1992 mag im übrigen die Öltankanlage zwar funktionslos gewesen sein; sie enthielt aber bis zu diesem Zeitpunkt Öl und blieb darum weiterhin für ihre Umgebung gefährlich. Ob sie darüber hinaus noch in Betrieb war, ist für die Haftung nach § 22 WHG ohne Belang (vgl. Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 22 Rn. 43 a. E.).
[14] c) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die gesamten von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung der Ölverschmutzungen im Boden und Grundwasser gemäß § 22 Abs. 2 WHG ersatzfähig sind. Rechtliche Bedenken dagegen bestehen im Ergebnis nicht. Mehrkosten, die dem Bauherrn durch die Belastung des für die Baumaßnahme berechtigt abzupumpenden Grundwassers mit Schadstoffen entstehen, fallen, wie der Senat kürzlich entschieden hat, in den Schutzbereich der Norm (Urteil vom 6. Mai 1999 – III ZR 89/97 – ZfIR 1999, 543, 544). Erstattungsfähig sind hier aber auch die Kosten für das Ausbaggern und den Abtransport des kontaminierten Bodens (vgl. Czychowski, § 22 Rn. 22; Kloepfer, Umwelthaftungsrecht, 2. Aufl., § 13 Rn. 198), ungeachtet dessen, daß Schutzgut des § 22 Abs. 2 WHG grundsätzlich nur die Reinheit des Wassers und nicht die Unversehrtheit des Eigentums am Grundstück einschließlich seines Erdreichs ist. Wenn, wie im Streitfall, der Erdboden im Grundstück unterhalb des Grundwasserspiegels erheblich mit Schadstoffen belastet ist, wird er ohne Sanierung das Grundwasser weiterhin verseuchen. Gerade aus der Sicht des Gewässerschutzes ist es darum geboten, auch eine solche Störungsquelle zu beseitigen. Dazu bestimmte Aufwendungen des Grundstückseigentümers sind demgemäß gleichfalls vom Schutzzweck des § 22 Abs. 2 WHG umfaßt. Das gilt um so mehr, als der Senat auch lediglich vorbeugende "Rettungskosten" mit dem Ziel, eine noch nicht eingetretene, aber sicher voraussehbare Grundwasserbeeinträchtigung zu verhindern, für ersatzfähig hält (BGHZ 80, 1, 6 f.; ebenso Czychowski, § 22 Rn. 30 m. w. N.; Kloepfer, § 13 Rn. 202).
[15] 2. Auf Rechtsirrtum beruht demgegenüber die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte der Klägerin jedenfalls gemäß § 823 BGB wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht, falls sich das Schadensereignis noch vor dem 31. März 1991 während der Pachtzeit zugetragen habe. Damit überspannt das Berufungsgericht die einem Verkehrssicherungspflichtigen bei Übertragung seiner Pflichtenstellung auf einen Dritten verbleibenden Kontrollpflichten.
[16] a) Im Ausgangspunkt zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß die Beklagte als Eigentümerin des Hotelgrundstücks eine Verpflichtung zur Abwehr von Umweltgefahren, die aus dem baulichen Zustand der zum Hotel gehörenden, fest eingebauten Tankanlage herrühren konnten, traf. Richtig ist auch, daß der Verkehrssicherungspflichtige durch vertragliche Übertragung seiner Pflichten auf einen Dritten nicht völlig entlastet wird. Er bleibt weiterhin zur Überwachung dieses Dritten verpflichtet und ist insofern neben diesem selbst noch verantwortlich (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Oktober 1975 – VI ZR 43/74 – NJW 1976, 46, 47; Urteil vom 2. Oktober 1984 – VI ZR 125/83 – NJW 1985, 270, 271; Urteil vom 17. Januar 1989 – VI ZR 186/85 – NJW-RR 1989, 394, 395). Indessen darf er im allgemeinen darauf vertrauen, daß der Dritte den ihm übertragenen Verpflichtungen auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern. Das zieht der Überwachungspflicht des Grundstückseigentümers Grenzen. Ohne besonderen Anhalt muß er nicht alle Einzelheiten in der Erfüllung seiner mannigfaltigen Sicherungspflichten kontrollieren, vielmehr kann er sich auf eine Überprüfung nur der wesentlichen Punkte beschränken (vgl. MünchKomm/Mertens, BGB, 3. Aufl., § 823 Rn. 224).
[17] b) Für den Streitfall bedeutet dies: In Ermangelung tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Undichtigkeit der Öltankanlage oder für eine etwaige Unzuverlässigkeit der Pächterin oder der Unterpächter, wofür nichts vorgetragen ist, war die Beklagte nicht gehalten, neben allen anderen Gefahrenquellen des Hotelgebäudes auch den Einfüllschacht des Heizöltanks jährlich auf mögliche Leckstellen oder Spuren früherer Ölunfälle zu überprüfen. Sie durfte sich vielmehr darauf verlassen, daß ihr etwaige dennoch aufgetretene Mängel vom Betreiber des Hotels gemeldet wurden. Allenfalls anläßlich der Rückgabe des Grundstücks, mit der die Beklagte selbst wieder unmittelbar für die Sicherheit der auf ihm befindlichen gefährlichen Anlagen und die Abwehr hieraus drohender Umweltgefahren verantwortlich wurde, mag die Beklagte gehalten gewesen sein, innerhalb angemessener Zeit auch die Öltankanlage zu inspizieren. Das Berufungsgericht stellt aber nicht fest, daß der Schaden der Klägerin damals noch nicht eingetreten war; seiner Annahme, die später bei der Klägerin eingetretene Bauverzögerung und die zusätzlichen Baukosten hätten durch Maßnahmen der Beklagten noch verhindert werden können, fehlt es deswegen an einer Grundlage, was die Revision zu Recht rügt.
[18] Mit der gegebenen Begründung kann das angefochtene Urteil darum nicht bestehenbleiben.
[19] III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich für den fraglichen Zeitraum bis zum 31. März 1991 auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
[20] 1. Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob die Beklagte für eine Emission von Öl aus der Tankanlage des Hotels innerhalb der Verpachtungszeit nach § 22 Abs. 2 WHG haftet, ist zu verneinen. Während dieses Zeitraums war die Beklagte nicht Inhaberin dieser Anlage. Inhaber und somit haftungsrechtlich verantwortlich ist, wie ausgeführt, nur derjenige, der die Anlage in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungsgewalt hierüber besitzt (BGHZ 80, 1, 4; Senatsurteil vom 6. Mai 1999 – III ZR 89/97 – ZfIR 1999, 543). Dem Vermieter oder Verpächter fehlt regelmäßig beides; bei üblicher Vertragsgestaltung ist er daher nicht deren Mitinhaber (Senatsurteil vom 6. Mai 1999 aaO). Anhaltspunkte dafür, daß es sich vorliegend anders verhalten haben könnte, sind nicht ersichtlich. Allein das der Beklagten in § 10 des Pachtvertrags eingeräumte Recht, das Grundstück zu betreten und zu besichtigen, reicht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht aus.
[21] 2. Aus denselben Gründen scheiden etwaige Ersatzansprüche nach § 2 HPflG aus (zur Anwendbarkeit auf Tankanlagen vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 1993 – III ZR 135/92 – NJW 1993, 2740, 2741; Filthaut, HPflG, 4. Aufl., § 2 Rn. 12, 44). Das am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Umwelthaftungsgesetz gilt ohnedies nur für Großanlagen mit einem Fassungsvermögen ab 10. 000 t (Nr. 79 des Anhangs 1).
[22] 3. In der hier vorliegenden Fallgestaltung kommt auch ein vom Berufungsgericht nicht geprüfter, nach dem Klageziel aber gegebenenfalls alternativ geltend gemachter (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 – V ZR 48/96 – NJW-RR 1997, 1374) nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht in Betracht.
[23] a) Allerdings besteht ein solcher Anspruch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig dann, wenn von einem Grundstück auf das benachbarte Grundstück ausgehende Einwirkungen zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müssen, der betroffene Eigentümer oder Besitzer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB zu unterbinden, und wenn er dadurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 90, 255, 262; Senatsurteil vom 8. März 1990 – III ZR 141/88 – NJW 1990, 3195, 3196; BGH, Urteil vom 18. November 1994 – V ZR 98/93 – NJW 1995, 714; vom 11. Juni 1999 – V ZR 377/98 – Umdruck S. 4, für BGHZ vorgesehen). Bei diesen Einwirkungen muß es sich nicht um Imponderabilien im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB handeln, vielmehr sind tatbestandsmäßig beispielsweise Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 159) oder eindringende Wurzeln (Senatsurteil vom 8. März 1990 aaO; s. auch BGH, Urteil vom 26. April 1991 – V ZR 346/89 – NJW 1991, 2826 f.). Auch die Art der Zuführung ist nicht ausschlaggebend. Der Bundesgerichtshof hat deshalb einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch in einem Fall gewährt, in dem von einem Grundstück Rückstände eines dort versprühten Unkrautvernichtungsmittels durch wild abfließendes Niederschlagswasser auf das Nachbargrundstück gelangten (BGHZ 90, 255, 258 ff., 262). Damit weist die vorliegende Fallgestaltung, in der das das Grundstück der Beklagten durchfließende Grundwasser mit Öl kontaminiert wurde und diese Schadstoffbelastung auf das Grundstück der Klägerin weitergetragen hat, gewisse Ähnlichkeiten auf. Gleichwohl ist unter solchen Umständen ein Entschädigungsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu verneinen.
[24] b) Nach übereinstimmender Rechtsprechung des III. und des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch subsidiär. Er kommt nicht in Betracht, wenn eine andere gesetzliche Bestimmung den konkreten Fall abschließend regelt (BGHZ 72, 289, 295; 120, 239, 249; ebenso Erman/Hagen, BGB, 9. Aufl., § 906 Rn. 29; Staudinger/Roth, 13. Bearb., § 906 Rn. 239). So verhält es sich hier. Soweit Schadstoffe aus einer Anlage im Sinne des § 22 Abs. 2 WHG austreten und mit dem Grundwasser in das Erdreich des Nachbargrundstücks gelangen, enthält diese Norm eine § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verdrängende Sonderregelung. § 22 Abs. 2 WHG bezweckt zwar primär die Reinerhaltung der Gewässer. Dieser Schutzzweck erstreckt sich aber bei einer Kontaminierung des Grundwassers notwendig auch auf den Boden der betroffenen Nachbargrundstücke (vgl. oben II 1 c). Die beschränkten Voraussetzungen, unter denen § 22 Abs. 2 WHG dem geschädigten Nachbareigentümer dann Schadensersatzansprüche zuerkennt (insbes. Haftung nur des Inhabers der Anlage), müssen daher als abschließende Wertung des Gesetzgebers verstanden werden und können folglich nicht durch konkurrierende Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, dessen Entschädigungsregelung einem vollen Schadensersatz vielfach gleichkommt, überspielt werden. Dementsprechend hat der Senat bereits in BGHZ 76, 35, 43 (unter Hinweis auf BGHZ 69, 1, 26) entschieden, daß die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze eine nachbarrechtliche Sonderregelung enthalten, neben der auf den allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB), auf dem der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch beruhe, nicht zurückgegriffen werden könne.
[25] 4. Demgegenüber können der Klägerin Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 684 BGB) oder ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) gegen die Beklagte zustehen, soweit diese als Störerin gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zur Beseitigung der von ihrem Grundstück stammenden Ölverunreinigungen im angrenzenden Straßengrundstück der Klägerin verpflichtet war und die Klägerin daher mit der Sanierung von Boden und Grundwasser (auch) deren Geschäft besorgt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Dezember 1995 – V ZR 9/94 – NJW 1996, 845, 846 f. = JZ 1996, 682 f. mit abl. Anm. Gursky; BGHZ 98, 235, 240 ff.; 110, 313, 314 ff.). Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsansprüche haben im Verhältnis zur Haftung auf Schadensersatz nach § 22 Abs. 2 WHG unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen – insbesondere wären hier die durch den Stillstand der Bauarbeiten verursachten Mehrkosten nicht erstattungsfähig – und werden deshalb, anders als § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, von dieser Sonderregelung nicht berührt. Inwieweit solche Ansprüche im Streitfall begründet sind, ist, weil sich das Berufungsgericht hiermit nicht befaßt hat, nach Grund und Höhe ungeklärt. Der Senat kann die dazu erforderlichen Feststellungen nicht nachholen.
[26] IV. Infolgedessen muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
[27] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
[28] 1. Sollte sich bei der weiter gebotenen Sachaufklärung zur Überzeugung des Berufungsgerichts herausstellen, daß Öl aus der Tankanlage zum Teil noch nach dem 31. März 1991 ausgeflossen ist, so haftet die Beklagte, sofern sich der ihr zuzurechnende Anteil nicht ermitteln oder zumindest gemäß § 287 ZPO schätzen läßt, nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Abs. 1 Satz 2 WHG neben einem früheren Inhaber des Öltanks als Gesamtschuldnerin. Insofern gelten die Grundsätze, die der Senat für die Gefährdungshaftung der Inhaber mehrerer Anlagen entwickelt hat (BGHZ 57, 257, 261 ff.), wegen der gleichen Interessenlage für die Einstandspflicht mehrerer nachfolgender Inhaber derselben Anlage entsprechend. § 22 WHG will den Geschädigten in den Fällen mehrfacher Einwirkungen – über den Nachweis einer solchen Einwirkung hinaus – nicht noch zusätzlich mit dem schwierigen, vielfach auch unmöglichen Beweis dafür belasten, daß die dem Wasser (von den einzelnen Benutzern oder) aus der einzelnen Anlage zugeführten Stoffe tatsächlich ursächlich für den eingetretenen Schaden waren. In dieselbe Beweisnot wie bei Emissionen aus mehreren Anlagen gerät aber der Geschädigte, wenn ein Inhaberwechsel die Verantwortung bei mehreren Emissionen aus derselben Anlage rechtlich aufspaltet. Einem schutzwerten Interesse des Anlagenbetreibers, zur Haftung nur insoweit herangezogen zu werden, als ihn überhaupt eine (Mit-) Verantwortung für den eingetretenen Schaden treffen kann, wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, daß die ihm zuzurechnende Einwirkung nach Art und Umständen geeignet gewesen sein muß, den Schaden – mit – zu verursachen (vgl. BGHZ 57, 257, 262).
[29] 2. Läßt sich ein Ölaustritt aus der Anlage nach dem Stichtag nicht beweisen, wird das Berufungsgericht unter den Gesichtspunkten der §§ 1004 Abs. 1 und 683, 684, 812 BGB eine – vollständige oder teilweise – Verantwortlichkeit der Beklagten für die Kontaminierung des Grundstücks der Klägerin mit Öl zu prüfen haben. Sollte auch diese Frage zu verneinen sein, so wäre die Klage abzuweisen. Denn für die Anspruchsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 WHG (vgl. oben 1) trägt die Klägerin die Beweislast. Eine Beweislastumkehr nach dem Vorbild der §§ 6, 7 UmweltHG scheidet hier aus, weil auch diese Vermutungsregeln einen Inhaberwechsel und die hieraus herrührende Ungewißheit, in wessen Verfügungszeit die Emission fällt, nicht erfassen. Bei völliger Unaufklärbarkeit des Emissionszeitpunkts kommt schließlich eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten auch nicht auf der Grundlage des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB in Frage. Die Vorschrift ist zwar auf Fälle der Gefährdungshaftung entsprechend anwendbar (BGHZ 55, 96, 98 ff.; 101, 106, 111; MünchKomm/Mertens, § 830 Rn. 26). Sie betrifft aber nur Beweisschwierigkeiten bei der haftungsbegründenden Kausalität und setzt damit voraus, daß der Schuldner – abgesehen vom Nachweis der Ursächlichkeit – den vollen Tatbestand der Haftungsnorm verwirklicht hat, bewirkt also keine Beweiserleichterung für die Frage, ob er überhaupt als deliktisch Verantwortlicher in Betracht kommt (vgl. BGHZ 89, 383, 399 f.; BGH, Urteil vom 20. Juni 1989 – VI ZR 320/88 – NJW 1989, 2943, 2944; MünchKomm/Mertens aaO; anders für das Umwelthaftungsgesetz wohl Salje, §§ 1, 3 Rn. 27). Zweifel, ob die Beklagte zu dem maßgebenden Zeitpunkt der Emission Inhaberin der Heizölanlage war, vermag § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB folglich nicht zu überbrücken.