Bundesverwaltungsgericht
Familienzuschlag der Stufe 1; Barunterhalt; Rückforderung einer Überzahlung; eigene Einkünfte; Zinserträge; Eigenmittelgrenze; Brutto- oder Nettoprinzip; Pauschalierung und Typisierung; verschärfte Haftung; allgemeiner Gleichheitssatz; gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot; Schutz des nichtehelichen Kindes.
EG Art. 141 Abs. 1 und 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 5, Art. 33 Abs. 5; BBesG § 12 Abs. 2, § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2; BGB § 818 Abs. 3, § 819 Abs. 1
Eigene Einkünfte (hier: Zinserträge) des unterhaltsberechtigten Kindes werden bei der Ermittlung der Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG mit Bruttobeträgen berücksichtigt.

BVerwG, Urteil vom 9. 5. 2006 – 2 C 12.05; OVG Koblenz (lexetius.com/2006,1157)

[1] In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 9. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Heitz ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
[2] Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Mai 2005 wird aufgehoben.
[3] Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 12. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
[4] Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
[5] Gründe: I Die Klägerin ist Richterin im Landesdienst. Sie wendet sich gegen die Rückforderung ausbezahlter Familienzuschläge der Stufe 1, die sie unter der Voraussetzung erhielt, dass sie ledig war sowie ihrer Tochter Unterkunft und Unterhalt gewährte. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen füllte die Klägerin in regelmäßigen Abständen ein Formular des Beklagten aus, in dem u. a. gefragt wurde, ob und in welchem Umfang Mittel für den Lebensunterhalt ihrer Tochter zur Verfügung stehen, etwa eigene Mittel des Kindes, gleich welcher Art, z. B. Einkommen aus selbständiger Tätigkeit oder aus Vermögen, sowie Unterhaltsleistungen Dritter. Für die Jahre 1999 bis 2001 gab die Klägerin Unterhaltszahlungen des Vaters ihrer Tochter in Höhe von 585 DM bzw. 595 DM sowie für das Jahr 2002 in Höhe von 350 € an. Erstmals im Jahre 2003 gab sie auch Zinseinkünfte ihrer Tochter an. Nach den vorgelegten Erträgnisaufstellungen flossen ihrer Tochter im Jahre 1998 Zinseinkünfte in Höhe von 1 674,67 DM, im Jahre 1999 in Höhe von 1 667,68 DM und im Jahre 2000 in Höhe von 1 708,18 DM zu. Daraufhin nahm der Beklagte den Festsetzungsbescheid vom 3. Mai 1985 teilweise zurück und forderte mit Bescheiden vom 16. Dezember 2003 und 20. Januar 2004 und Widerspruchsbescheiden vom 3. und 16. Februar 2004 den nach seiner Auffassung zwischen Januar 1999 und September 2003 zuviel bezahlten Familienzuschlag in Höhe von 5 965,43 € zurück.
[6] Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil, soweit es nicht rechtskräftig geworden war, geändert und die Bescheide des Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es sei schon fraglich, ob Zinseinkünfte des Kindes überhaupt für dessen Lebensunterhalt im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG zur Verfügung stünden, wenn sie aus Rücklagen stammten, die die Klägerin für die Ausbildung ihrer Tochter und zu deren wirtschaftlicher Absicherung im Falle ihres Todes angelegt habe und jeweils stets zur Aufstockung dieser Rücklagen verwende. Diese Frage habe jedoch nicht entschieden werden müssen. Die Unterhaltsleistungen des Vaters sowie die Zinseinkünfte des Kindes hätten im fraglichen Zeitraum schon den gesetzlichen Grenzbetrag nicht überschritten. Denn die Kapitalerträge seien nicht in vollem Umfang, sondern lediglich abzüglich der Werbungskostenpauschale und des Sparerfreibetrags zu berücksichtigen.
[7] Der Beklagte macht geltend, die Zinserträge stünden in vollem Umfang dem Unterhalt des Kindes zur Verfügung, und beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Mai 2005 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 12. Oktober 2004 zurückzuweisen.
[8] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[9] Die Vertreterin des Bundesinteresses meint, die Eigenmittelgrenze sei auch im Fall von Zinseinkünften eines unterhaltsberechtigten Kindes nach dem Bruttoprinzip zu ermitteln.
[10] II Die Revision des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 141 in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rückforderungsbescheide sind rechtmäßig. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, weil es die Zinseinkünfte des in die Wohnung der Klägerin aufgenommenen Kindes mit den Netto- und nicht mit den Bruttobeträgen in die Berechnung der Eigenmittelgrenze des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG eingestellt hat.
[11] Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG, einer Vorschrift, die der allgemeinen Regelung des § 48 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG sowie den entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts vorgeht (Urteil vom 21. Mai 1992 – BVerwG 2 C 4.91 – Buchholz 239. 2 § 49 SVG Nr. 3 m. w. N.; vgl. auch BBesGVwV 12. 2. 0. 1), regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge, wozu auch der Familienzuschlag gehört (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG), nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
[12] 1. Soweit die Rückforderung des bezahlten Familienzuschlags der Stufe 1 noch Streitgegenstand der Revision ist, liegt eine Überzahlung in Höhe von 2 780,47 € vor. Hinsichtlich der Rückforderung im Übrigen hat die Klägerin keine Berufung eingelegt. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig.
[13] a) Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG erhalten Beamte, die nicht unter § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG fallen, den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn sie eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind. Diese Vorschrift umfasst jegliche Gewährung von Unterhalt und ist auch dann anzuwenden, wenn der andere Elternteil dem Kind Barunterhalt leistet (Senatsurteil vom 3. November 2005 – BVerwG 2 C 16.04NVwZ-RR 2006, 259 m. w. N.; stRspr). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen gegeben: Die Klägerin gehörte nicht zu den gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG zuschlagsberechtigten Beamten und kam durch die Aufnahme ihrer Tochter in ihren Haushalt ihrer Unterhaltsverpflichtung nach. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG wird die Leistung nicht gewährt, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags, das Sechsfache des Betrages der Stufe 1 übersteigen. Dies ist nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bei Zugrundelegung des Bruttoprinzips der Fall.
[14] b) Um diese sog. Eigenmittelgrenze festzustellen, muss dem sechsfachen Betrag des Familienzuschlags der Stufe 1 der Gesamtbetrag der Mittel gegenübergestellt werden, die für den Unterhalt der aufgenommenen Person zur Verfügung stehen. Im Urteil vom 3. November 2005 (a. a. O.) hat der Senat entschieden, dass im Fall des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags der Betrag in die Gesamtrechnung einzustellen ist, der sich aus § 39 Abs. 1 Satz 1 BBesG in Verbindung mit der Anlage V dieses Gesetzes ergibt. Das ist der Bruttobetrag. Steuerliche Abzüge kann der Beamte nicht zu seinen Gunsten in die Gesamtrechnung einstellen. Die Anwendung des Bruttoprinzips hat der Senat u. a. zusätzlich mit dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG und damit begründet, dass – auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität – für Besoldungs- und Versorgungsleistungen das Bruttoprinzip anzuwenden ist, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.
[15] Dies gilt auch für Einkünfte jedweder Art des in die Wohnung aufgenommenen Kindes, die zu seinem Unterhalt zur Verfügung stehen. Da § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG nicht bestimmt, dass Eigenmittel der aufgenommenen Person nach dem Nettoprinzip, also nach Abzug etwa der Werbungskosten, zu berücksichtigen sind, gilt – schon nach dem Wortlaut – der besoldungs- und versorgungsrechtliche Grundsatz des Bruttoprinzips. Die Vorschrift spricht lediglich von "Mitteln". Darunter fallen nach dem Wortsinn Einkünfte jedweder Einkunftsart. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für das Bruttoprinzip. Danach soll dem nicht unter § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG fallenden unterhaltspflichtigen Besoldungsempfänger der Familienzuschlag der Stufe 1 nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden. Dazu zählt, dass die aufgenommene Person nicht selbst über finanzielle Mittel verfügt, die es ihr erlauben, ihren Unterhalt im Wesentlichen selbst zu bestreiten, und daher der Besoldungsempfänger, der die Person in seine Wohnung aufgenommen hat, nur geringfügig belastet ist (BTDrucks 10/3789 S. 12 f.). Die Norm ist insgesamt auf Pauschalierung und Typisierung und damit auf das Bruttoprinzip angelegt. So wird auch die gesetzliche Eigenmittelgrenze in Höhe des Sechsfachen des Familienzuschlags der Stufe 1 nach dem Bruttobetrag dieser Leistung ermittelt.
[16] Der Familienzuschlag wird in zwei Stufen gruppiert und für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 sowie die übrigen Besoldungsgruppen in unterschiedlicher Höhe festgesetzt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBesG in Verbindung mit Anlage V). Die Eigenmittelgrenze wird lediglich durch einen Multiplikator des Familienzuschlags der Stufe 1 bestimmt. Diese pauschalierende und typisierende Regelung dient in hohem Maße ihrer Praktikabilität. Würden die Eigenmittel der aufgenommenen Person als Nettobeträge in die Gesamtrechnung eingestellt, würde der Zweck einer in der Praxis einfach zu handhabenden besoldungsrechtlichen Bestimmung weitgehend verfehlt. Denn die Familienkasse der Behörde müsste den Anspruch auf den Familienzuschlag zweimal prüfen: Sie müsste wegen der monatlichen Zahlungsweise im Rahmen einer ersten Prüfung aufgrund beim Besoldungsempfänger abgefragter Daten die Antragsberechtigung zunächst prognostisch feststellen und sodann in einem zweiten Prüfverfahren nach Vorliegen des Lohnsteuerjahresbescheids gegebenenfalls Rückforderungs- oder Anrechnungsverfahren einleiten. Diesen administrativen Aufwand wollte der Gesetzgeber mit Hilfe einer typisierenden und pauschalierenden Regelung vermeiden.
[17] Zwar sind nach Nr. 40. 1. 13 BBesGVwV die "Einnahmen" der in die Wohnung aufgenommenen Person mit dem Nettobetrag, d. h. nach Abzug der Werbungskosten und Steuerfreibeträge zu berücksichtigen. Die Verwaltungsvorschrift findet jedoch im Gesetz weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck eine Stütze. § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG verwendet die einkommensteuerrechtlichen Begriffe Einkommen, Einkünfte oder Einnahmen nicht (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG), obgleich auf das Einkommensteuergesetz in der Vorschrift mehrfach Bezug genommen wird. Das Gesetz spricht vielmehr lediglich von "Mitteln", die dem Unterhalt der aufgenommenen Person zur Verfügung stehen.
[18] Durch diese Wortwahl hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass es ihm ausschließlich auf die Mittel ankommt, auf die das aufgenommene Kind ohne rechtliche Hindernisse für seinen Unterhalt zurückgreifen kann. Deshalb kommt es auch nicht auf die wirtschaftliche Disposition der Klägerin an, die Zinseinkünfte zur Aufstockung einer Art Unterhaltsrücklage zu verwenden.
[19] 2. Gegen die Rückforderung kann sich die Klägerin nicht auf § 818 Abs. 3 BGB berufen, weil sie den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung beim Empfang der Bezüge kannte oder kennen musste (§ 819 Abs. 1 BGB). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn etwa durch Nachdenken, logische Schlussfolgerung oder sich aufdrängende Erkundigungen (Urteil vom 8. Februar 1968 – BVerwG 2 C 6.67 – ZBR 1968, 183) hätte erkennen müssen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG). Dies ist der Fall. Denn die Klägerin hätte aus der insoweit eindeutigen Fassung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ungeachtet der Frage, ob das Brutto- oder das Nettoprinzip anzuwenden ist, erkennen müssen, dass alle Einkünfte ihrer Tochter bei der Berechnung der Eigenmittelgrenze zu berücksichtigen sind. Zudem hat sie der Beklagte mit den ihr zur Ausfüllung zugesandten Formblättern jeweils gefragt, ob ihre Tochter Einkommen aus Vermögen hat. Hinzu kommt, dass die Klägerin als Juristin einem strengeren Maßstab bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit unterliegt (Urteil vom 21. Dezember 1960 – BVerwG 8 C 84.59 – Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 6).
[20] 3. § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine Vorlage der Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht kommt daher nicht in Betracht.
[21] a) Bei der Berechnung der Eigenmittel gebietet Art. 33 Abs. 5 GG nicht die Anwendung des Nettoprinzips. Zwar bemisst sich die Amtsangemessenheit der Bezüge nach dem Nettobetrag der gesamten Besoldungs- und Versorgungsleistungen, die dem Beamten nach der Besteuerung verbleiben. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass einzelne Leistungen mit Nettobeträgen anzusetzen sind (Urteil vom 3. November 2005 a. a. O.). Zwar ermöglicht das Bruttoprinzip keine exakte Ermittlung der Eigenmittel, weil der wirtschaftliche Aufwand zu ihrer Erzielung nicht berücksichtigt wird. Doch führt ein im Einzelfall damit verbundener Wegfall des Familienzuschlags nicht dazu, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des aufnehmenden und Unterhalt gewährenden Besoldungsempfängers nicht mehr gewährleistet ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass kleinere Unebenheiten insbesondere in Übergangsbereichen, die sich aus einer typisierenden und pauschalierenden Regelung ergeben, hingenommen werden müssen (z. B. Urteil vom 15. Mai 1997 – BVerwG 2 C 26.95 – Buchholz 240 § 8 BBesG Nr. 10).
[22] b) Die Eigenmittelgrenze verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot gemäß Art. 141 Abs. 1 und 2 EG in Verbindung mit der Richtlinie 75/117/EG vom 10. Februar 1975 (ABlEG Nr. L 045 S. 19). Unverheiratete Besoldungsempfänger, die ihr Kind in ihre Wohnung aufgenommen haben, werden gegenüber verheirateten Besoldungsempfängern weder gleichheitswidrig benachteiligt noch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen diskriminiert (Urteil vom 3. November 2005 a. a. O.).
[23] Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, aufgrund autonomer Wertungen die Merkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung knüpft. Die Un- 17 gleichbehandlung von Sachverhalten ist erst dann geboten, wenn eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise ergibt, dass die Ungleichheiten so bedeutsam sind, dass ihnen Rechnung getragen werden muss. Umgekehrt ist eine Gleichbehandlung erst dann geboten, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG, Beschlüsse vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82BVerfGE 76, 256 [329], vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88BVerfGE 83, 89 [107] und vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98BVerfGE 103, 310 [318]). Im Bereich des Besoldungsrechts hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum politischen Ermessens, innerhalb dessen er es den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen darf (BVerfG, Beschlüsse vom 4. April 2001 a. a. O. S. 319 und vom 6. Mai 2004 – 2 BvL 16/02BVerfGE 110, 353 [364]).
[24] Dem Familienzuschlag kommt eine soziale, nämlich ehe- und familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er tritt zu den leistungsbezogenen Besoldungsbestandteilen hinzu, um diejenigen Aufwendungen auszugleichen, die typischerweise durch Ehe und Familie entstehen. Dadurch erfüllt der Gesetzgeber die sich aus dem Alimentationsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ergebende Verpflichtung, die dem Besoldungsempfänger obliegenden Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten und Kindern realitätsgerecht zu berücksichtigen (BVerfG, Beschlüsse vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86BVerfGE 81, 363 [378] und vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u. a. – BVerfGE 99, 300 [316]). Zugleich kommt er der durch Art. 6 Abs. 1 GG begründeten Pflicht nach, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86BVerfGE 82, 60 [81] und Urteil vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86 u. a. – BVerfGE 87, 1 [35]).
[25] Der kinderbezogene Teil des Familienzuschlags der Stufe 2 gemäß § 40 Abs. 2 BBesG ist dazu bestimmt, den von Kindern verursachten Mehrbedarf des Beamten oder Richters einschließlich der Mehraufwendungen für Unterkunft und Heizung zu decken (BVerfG, Beschlüsse vom 22. März 1990 a. a. O. S. 380 und vom 24. November 1998 a. a. O. S. 321; BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 – BVerwG 2 C 34.02BVerwGE 121, 92 [98]). Der Familienzuschlag der Stufe 1 soll einen pauschalen Beitrag zur Deckung des Mehrbedarfs leisten, der bei verheirateten Beamten aufgrund des gemeinsamen Hausstandes mit dem Ehegatten entsteht (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1978 – 2 BvL 10/77BVerfGE 49, 260 [273]; BVerwG, Urteil vom 15. November 1984 – BVerwG 2 C 24.82BVerwGE 70, 264 [268]).
[26] Dementsprechend knüpft der Familienzuschlag der Stufe 1 gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG an den Familienstand der Ehe. Folgerichtig wird geschiedenen Beamten der Zuschlag gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG nur gewährt, wenn sie zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet sind. Hier tritt die Unterhaltsleistung an die Stelle der Mehraufwendungen aufgrund des gemeinsamen Hausstandes; sie muss mindestens die Höhe des Zuschlags erreichen (Urteil vom 19. September 1991 – BVerwG 2 C 28.90BVerwGE 89, 53 [55]). Der Zuschlagsgewährung an verwitwete Beamte gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 BBesG liegt die Erwägung zugrunde, dass ihnen aufgrund des regelmäßig vorgerückten Alters die Einschränkung der Haushaltsführung, d. h. ein Umzug in eine kleinere Wohnung, nicht mehr zugemutet werden soll. Darin liegt keine gleichheitswidrige Bevorzugung (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1978 a. a. O. S. 274).
[27] Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG werden unverheiratete Beamte verheirateten gleichgestellt, wenn sie einen erweiterten Haushalt führen, um ihre Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Durch die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Zuschlag nur gewährt wird, wenn er erforderlich ist.
[28] Davon ausgehend führt die Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG nicht dazu, dass unverheiratete Besoldungsempfänger, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihren Kindern führen, unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schlechter gestellt werden als verheiratete Beamte. Auch insoweit beruht die Einführung der Eigenmittelgrenze nur für Besoldungsempfänger, die unter § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG fallen, auf sachgerechten Erwägungen. Beiden Gruppen wird als Ausgleich für den von Kindern verursachten Mehrbedarf einschließlich der Kosten für Mehraufwendungen der erweiterten Haushaltsführung bereits der kinderbezogene Teil des Familienzuschlags (Stufe 2 und folgende) gewährt (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 a. a. O. S. 378 und vom 24. November 1998 a. a. O. S. 316; BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 a. a. O.).
[29] Somit erhalten unverheiratete Besoldungsempfänger mit im Haushalt lebenden Kindern die Familienzuschläge der Stufe 1 und ab der Stufe 2 aus demselben Grund, nämlich wegen der kinderbezogenen Mehrkosten der Haushaltsführung.
[30] Demgegenüber wird verheirateten Beamten der Familienzuschlag der Stufe 1 als Ausgleich derjenigen Mehrkosten gewährt, die aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft anfallen. Würden unverheiratete Beamte diese Leistung auch dann erhalten, wenn sie wegen der Eigenmittel der aufgenommenen Person wirtschaftlich nicht erforderlich ist, so würden sie ohne sachlichen Grund zumindest besser gestellt als allein verdienende verheiratete Beamte mit im Haushalt lebenden Kindern (BTDrucks 10/3789 S. 13).
[31] Zudem ist die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 an verheiratete Beamte ohne Rücksicht auf Eigenmittel des Ehegatten sachlich gerechtfertigt, weil es sich bei dieser Leistung um eine Maßnahme zur Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft handelt. Sie ist Ausdruck des besonderen staatlichen Schutzes, den die Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 GG genießt. Der staatliche Schutzauftrag umfasst auch die Verpflichtung, die Ehe durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 a. a. O.; Urteil vom 7. Juli 1992 a. a. O.).
[32] Die Einführung der gesetzlichen Eigenmittelgrenze nur für unverheiratete Beamte gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG verstößt auch nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Regelung kann nicht zu einer Schlechterstellung alleinstehender weiblicher Beamter hinsichtlich des Arbeitsentgeltes führen. Denn es ist gewährleistet, dass der Familienzuschlag der Stufe 1 als Ausgleich der Mehrkosten der Haushaltsführung, die auf die Aufnahme von Kindern zurückzuführen sind, geleistet wird, wenn ansonsten eine wirtschaftliche Belastung verbliebe.
[33] c) Schließlich greift auch die seine Entscheidung nicht tragende Erwägung des Berufungsgerichts nicht durch, § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG verstoße gegen Art. 6 Abs. 5 GG, weil danach die Erträgnisse einer vom Besoldungsempfänger im Namen des Kindes angelegten Rücklage bei der Berechnung der Eigenmittelgrenze angerechnet würden, während dies nicht geschehe, wenn es sich formal um Erträgnisse des Besoldungsempfängers selbst handle.
[34] Art. 6 Abs. 5 verpflichtet – ohne Altersbegrenzung (BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 1976 – 1 BvR 810/70 u. a. – BVerfGE 44, 1 [19]) – den Gesetzgeber zum Schutz des nichtehelichen Kindes (BVerfG, Beschlüsse vom 29. Oktober 1963 – 1 BvL 15/58BVerfGE 17, 148 [153] und vom 5. November 1991 – 1 BvR 1256/89BVerfGE 85, 80 [87]). Die Vorschrift enthält als verfassungsrechtliche Wertentscheidung eine die staatlichen Gewalten bei ihren Ermessensentscheidungen unmittelbar bindende Generalklausel (BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 1958 – 1 BvL 45/56BVerfGE 8, 210 [217] und vom 29. Januar 1969 – 1 BvR 26/66BVerfGE 25, 167 [182]). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Art. 6 Abs. 1 GG, des Sozialstaatsprinzips sowie – worauf es hier ankommt – des Art. 3 Abs. 1 GG und geht diesen im Rahmen ihres Gewährleistungsbereiches als Spezialnorm vor (BVerfG, Beschlüsse vom 3. Juni 1969 – 1 BvL 1/63, 1/64 und 10/66 – BVerfGE 26, 44 [60] und vom 2. Juli 1969 – 1 BvR 669/64BVerfGE 26, 265 [272]). Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gelten im Rahmen des Art. 6 Abs. 5 GG grundsätzlich keine anderen Maßstäbe als die im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG bereits erörterten.
[35] Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
[36] Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 2 780,47 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).