Bundesarbeitsgericht
Sozialplanabfindung bei Eigenkündigung
BAG, Urteil vom 20. 5. 2008 – 1 AZR 203/07 (lexetius.com/2008,2445)
[1] 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24. Januar 2007 – 12 Sa 1127/06 – wird zurückgewiesen.
[2] 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten über Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan.
[4] Die Beklagte ist eine Immobilienbank. Der Kläger war bei ihr seit dem 1. Februar 2003 beschäftigt. Er war in der Filiale E zuletzt Leiter der Abteilung "special clients". Im Jahr 2005 beschloss die Beklagte, den Geschäftsbereich "work out/special clients" unternehmensweit neu zu organisieren. Dazu sollte er von den übrigen Filialen abgezogen und auf die Standorte M und B konzentriert werden. Aus diesem Anlass war beabsichtigt, die Zweigstelle E mit ihren 25 Beschäftigten spätestens bis zum 31. Dezember 2006 zu schließen.
[5] Am 19. August 2005 schlossen die Beklagte und ihr Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Im Interessenausgleich heißt es:
"§ 2 Maßnahmen …
Auf der betrieblichen Ebene sind zur Umsetzung des Umstrukturierungskonzepts insbesondere folgende Maßnahmen geplant:
Aufbauorganisation:
- … Ein Stufenplan sieht … die Auflösung der … Einheit in E bis zum 31. 12. 2006 vor. …
Als Anlage 1 und 2 sind eine Liste der betroffenen Mitarbeiter aus … E … beigelegt.
§ 3 Zeitlicher Rahmen
Die Umstrukturierungsmaßnahmen sollen mit Abschluss dieser Vereinbarung beginnen und gemäß Umsetzungsplanung bis spätestens 31. 12. 2006 abgeschlossen sein. …
§ 5 Personelle Auswirkungen
Die im Zuge der Umsetzung der Umstrukturierung vorgesehenen Maßnahmen werden … zu Personalabbau in … E bei gleichzeitigem Aufbau von Mitarbeiterkapazitäten an den Betriebsstätten M und B führen. …
Die Umstrukturierung wird vorwiegend durch personelle Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG umgesetzt werden. Infolge der beabsichtigten Spezialisierung und Produktivitätssteigerung werden jedoch bei Mitarbeitern, die der Verlagerung der Arbeitsplätze, wie in § 2 beschrieben, nicht folgen, auch betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen sein. Diese sollen jedoch möglichst vermieden werden."
[6] In der Anlage 1 im Interessenausgleich war auch der Kläger namentlich aufgeführt.
[7] Der Sozialplan vom 19. August 2005 entspricht in weiten Teilen einem Sozialplan vom 20. März 2002. Er enthält folgende Regelungen:
"§ 1 Geltungsbereich
1. 1 Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bank gemäß Anlage 1 des Interessenausgleiches … vom 19. 08. 2005 …, die zum Beginn der Maßnahme gem. § 3 des Interessenausgleiches … in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsplatz sich aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen, wie sie in dem vorausgehenden Interessenausgleich beschrieben sind, ändert oder wegfällt. …
§ 5 Zumutbarkeit des neuen Arbeitsplatzes
Die Bank wird sich bemühen, ihren Mitarbeitern einen zumutbaren Arbeitsplatz anzubieten. Zumutbar sind Arbeitsplätze, die die nachfolgenden Kriterien erfüllen: …
5. 4 Regionale Zumutbarkeit
Aus regionalen Gründen ist ein angebotener Arbeitsplatz nur dann unzumutbar, wenn sich infolge des Wechsels auf den neuen Arbeitsplatz die bisherige Wegezeit im Verhältnis zur Wegstrecke zur neuen Betriebsstätte (einfache Fahrt mit PKW, schnellste Straßenverbindung) um mehr als 30 Minuten verlängert. Die neue Wegstrecke darf eine Gesamtfahrtzeit von 90 Minuten nicht überschreiten (einfache Fahrt).
Für die Annahme der Unzumutbarkeit können auch die folgenden Voraussetzungen herangezogen werden:
a. wenn der Wechsel auf den neuen Arbeitsplatz einen Umzug über mehr als 100 km Luftlinie erfordert,
b. wenn sich im Haushalt des Mitarbeiters mindestens ein Kind in schulischer und/oder beruflicher Ausbildung befindet,
c. wenn der Ehepartner … des Mitarbeiters eine eigene, ortsgebundene Berufstätigkeit ausübt …
§ 7 Auflösung des Vertragsverhältnisses
7. 1 Haben Umstrukturierungsmaßnahmen zur Folge, daß das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters durch betriebsbedingte Arbeitgeber-Kündigung oder arbeitgeberseitig veranlaßten Aufhebungsvertrag endet, so zahlt die Bank an den betroffenen Mitarbeiter eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend den nachfolgenden Regelungen, sofern das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung bzw. des Wirksamwerdens des Aufhebungsvertrages mindestens sechs Monate bestanden hat. …
7. 6 Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wenn dem Mitarbeiter vor dem Wirksamwerden der Kündigung ein anderweitiger, bezüglich Gehalt, Position, Tätigkeit und Ort gleichwertiger oder zumutbarer Arbeitsplatz im Sinne von § 5. 1 – 5. 5 in der Bank angeboten worden ist. …"
[8] Die Beklagte informierte ihre Mitarbeiter mit einem Rundschreiben vom 22. August 2005 über die bevorstehenden Maßnahmen. In dem Schreiben heißt es, die Arbeitsplätze sollten nicht abgebaut, sondern verlagert werden. Man hoffe, möglichst allen betroffenen Mitarbeitern eine berufliche Perspektive in M oder B anbieten zu können.
[9] Ende September 2005 ergab sich für den Kläger die Gelegenheit, zum 1. Januar 2006 zu einer anderen Bank nach D zu wechseln. Mit Schreiben vom 28. September 2005 erklärte er gegenüber der Beklagten die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2005. Seine Ehefrau übte seinerzeit eine ortsgebundene Teilzeitbeschäftigung aus, seine beiden Kinder waren schulpflichtig.
[10] Anlässlich seines Ausscheidens bezog der Kläger eine Abfindung in Höhe von 4.000,00 Euro. Er hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf eine Abfindung, wie sie sich nach § 7 des Sozialplans und damit für ihn in – unstreitiger – Höhe von 31.032,52 Euro errechne. Zwar habe er sein Arbeitsverhältnis selbst gekündigt. Das stehe aber einem Abfindungsanspruch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht entgegen.
[11] Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.032,52 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.
[12] Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe wegen seiner Eigenkündigung ein Abfindungsanspruch nicht zu. Sie hat behauptet, sie habe das Arbeitsverhältnis nicht kündigen, sondern den Kläger nach M versetzen wollen. Das habe dieser gewusst. Der Kläger sei nicht einer betriebsbedingten Kündigung, sondern einer Versetzung zuvorgekommen. Im Übrigen hat die Beklagte gemeint, sie habe ein berechtigtes Interesse daran gehabt, dass die Belegschaft in E bis zur tatsächlichen Schließung der Filiale am 30. September 2006 weiter tätig bliebe.
[13] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
[14] Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Abfindung in der begehrten Höhe zu. Der Anspruch folgt aus § 7 des Sozialplans iVm. dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 75 Abs. 1 BetrVG.
[15] I. Der Sozialplan vom 19. August 2005 ist wirksam. Zwar wurde er vom Gesamtbetriebsrat geschlossen und haben zu dessen Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 BetrVG weder die Parteien vorgetragen noch die Vorinstanzen Feststellungen getroffen. Seine Zuständigkeit folgt auch nicht ohne Weiteres daraus, dass er für den Abschluss des Interessenausgleichs – so mag zugunsten des Klägers unterstellt werden – nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig war (vgl. BAG 3. Mai 2006 – 1 ABR 15/05 – Rn. 27 mwN, BAGE 118, 131). Beruft sich aber eine Prozesspartei im Urteilsverfahren auf eine Rechtsnorm, muss sie deren wirksames Zustandekommen nicht eigens darlegen. Etwas anderes gilt nur, wenn Umstände vorliegen oder von der Gegenseite behauptet sind, die Zweifel an der wirksamen Entstehung begründen (BAG 23. Januar 2008 – 1 AZR 988/06 – Rn. 17 mwN, NZA 2008, 709). Für solche Zweifel besteht hier kein hinreichender Anlass. Es sind weder die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gem. § 50 Abs. 1 BetrVG noch eine Regelungsbefugnis kraft Mandats nach § 50 Abs. 2 BetrVG ausgeschlossen.
[16] II. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des Sozialplans. Nach Nr. 1. 1 seiner Regelungen gilt dieser "für alle Mitarbeiter … gemäß Anlage 1 des Interessenausgleiches …, die zum Beginn der Maßnahme gemäß § 3 des Interessenausgleiches … in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsplatz sich aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen … ändert oder wegfällt". Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger stand zu Beginn der Maßnahmen – nach § 3 des Interessenausgleichs begannen diese mit seinem Abschluss – in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Er war in der Anlage 1 zum Interessenausgleich namentlich aufgeführt und hatte einen Arbeitsplatz inne, der, wenn nicht wegfallen, so durch die Verlagerung nach M doch sich ändern sollte.
[17] III. Dem Kläger steht eine Abfindung nach § 7 des Sozialplans zu.
[18] 1. Nach dem Wortlaut der Regelung in § 7. 1 des Sozialplans sind die Anspruchsvoraussetzungen allerdings nicht erfüllt. Danach entsteht ein Abfindungsanspruch nur, wenn die Maßnahmen zur Folge haben, dass das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters "durch betriebsbedingte Arbeitgeber-Kündigung oder arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrag" endet. Das ist nicht der Fall. Der Kläger hat selbst gekündigt.
[19] 2. Gleichwohl hat er Anspruch auf eine Abfindung. Dies folgt aus dem in § 75 Abs. 1 BetrVG normierten betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
[20] a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien bei der Aufstellung eines Sozialplans einen weiten Spielraum für die Bestimmung des angemessenen Ausgleichs der mit einer Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile. Sie können grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob, in welchem Umfang und in welcher Weise sie diese ausgleichen oder mildern wollen. Sie können im Rahmen ihres Ermessens nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen (19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 – Rn. 25 mwN, NZA 2008, 719). Die Betriebsparteien haben aber die Grenzen von Recht und Billigkeit nach § 75 Abs. 1 BetrVG und die Funktion eines Sozialplans nach § 112 Abs. 1 BetrVG zu beachten. Recht und Billigkeit verlangen insbesondere die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen bei vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 – aaO). Nach dem Normzweck des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dient der Sozialplan, also auch eine darin vorgesehene Abfindung, dem Ausgleich und der Überbrückung der künftigen Nachteile, die durch eine geplante Betriebsänderung entstehen können (BAG 12. November 2002 – 1 AZR 58/02 – BAGE 103, 321, zu III 1 der Gründe mwN).
[21] b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es mit dem Gebot der Gleichbehandlung der Belegschaftsangehörigen nach § 75 Abs. 1 BetrVG nicht vereinbar, dass die Betriebsparteien den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aus einer Betriebsänderung von der rechtsgeschäftlichen Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig machen. Ein Sozialplan soll die Nachteile, die der Belegschaft in Folge der Betriebsänderung entstehen, mildern oder ausgleichen. Dieser Unterstützung bedarf ein Arbeitnehmer, der aus Anlass der Betriebsänderung selbst kündigt, regelmäßig in gleicher Weise wie ein Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber gekündigt wird. Eine Sozialplanregelung, die formal zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkündigung unterscheidet und den generellen Anspruchsausschluss aller Arbeitnehmer vorsieht, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, verstößt gegen § 75 Abs. 1 BetrVG. Eine solche Differenzierung ist im Hinblick auf Abfindungsansprüche nicht durch Sachgründe gerechtfertigt (13. Februar 2007 – 1 AZR 163/06 – Rn. 14 mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 20).
[22] c) Voraussetzung für die Gleichbehandlung von Arbeitgeber- und Eigenkündigung ist, dass die Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung vom Arbeitgeber veranlasst wurde. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, für ihn bestehe nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr und er komme mit der eigenen Kündigung einer sonst auszusprechenden betriebsbedingten Kündigung nur zuvor (BAG 13. Februar 2007 – 1 AZR 163/06 – Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 20). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalls. Entscheidend sind die dem Arbeitnehmer bekannten Umstände im Zeitpunkt des Ausspruchs seiner Kündigung (BAG 16. April 2002 – 1 AZR 368/01 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 153 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 111, zu 3 der Gründe).
[23] d) Die Eigenkündigung des Klägers vom 28. September 2005 war durch die Beklagte veranlasst.
[24] aa) Allerdings musste der Kläger nicht schon auf Grund der geplanten Betriebsänderung als solcher und den zu ihr ergangenen Verlautbarungen der Beklagten davon ausgehen, sein Arbeitsverhältnis werde nach Schließung der Filiale E auf Grund einer betriebsbedingten Kündigung enden. Vielmehr sollte der Kläger zwar seinen Arbeitsplatz in E verlieren, zugleich jedoch, wie er wusste, das Angebot erhalten, entweder nach M oder nach B auf einen funktional und wirtschaftlich gleichwertigen Arbeitsplatz zu wechseln. Primäres Ziel der Beklagten war nicht die Verringerung, sondern die Verlagerung von Arbeitsplätzen. Dies ergibt sich unmissverständlich aus ihrem Informationsschreiben vom 22. August 2005 und wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
[25] bb) Der Kläger musste aber für den Fall mit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten rechnen, dass er das Angebot zur Weiterbeschäftigung in M oder B nicht annähme. Nach den Plänen der Beklagten sollte die Niederlassung E vollständig geschlossen werden. Der Kläger musste davon ausgehen, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters, der einem Arbeitsplatzwechsel an einen der beiden neuen Standorte widerspräche, beenden werde. Diese Annahme war unabhängig davon berechtigt, ob die Beklagte auf Grund ihres Direktionsrechts in der Lage wäre, eine Versetzung des betreffenden Mitarbeiters auch gegen dessen Willen vorzunehmen. Selbst wenn die Regelungen im Interessenausgleich und Sozialplan nicht als ein Verzicht der Beklagten auf ihr entsprechendes Weisungsrecht zu verstehen sein sollten, so stand diesen Bestimmungen zufolge jedenfalls zu erwarten, dass die Beklagte von einer Versetzungsmöglichkeit gegen den Willen der Betroffenen keinen Gebrauch machen würde. Die Betriebsparteien haben solche Versetzungen als Option für die Beklagte nicht vorgesehen. Nach § 5 des Interessenausgleichs sollte die Umstrukturierung zwar "vorwiegend durch personelle Maßnahmen nach § 99 BetrVG umgesetzt" werden, waren jedoch "bei Mitarbeitern, die der Verlagerung der Arbeitsplätze nicht folgen", betriebsbedingte Kündigung nicht ausgeschlossen. Gem. § 7. 6 des Sozialplans besteht ein Abfindungsanspruch nicht, "wenn dem Mitarbeiter vor dem Wirksamwerden der Kündigung ein anderweitiger … gleichwertiger und zumutbarer Arbeitsplatz … angeboten worden ist". Beide Regelungen zeigen, dass die Betriebsparteien mit der Möglichkeit der Ablehnung eines Angebots zur Arbeitsplatzverlagerung zwar gerechnet, für diesen Fall aber gerade nicht deren einseitige Durchsetzung, sondern allein den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen vorgesehen haben. Die Regelungen unterscheiden nicht danach, ob sich ein Mitarbeiter gegen eine Versetzung mit Erfolg wehren könnte oder sie wegen eines entsprechenden Weisungsrechts der Beklagten hinzunehmen hätte.
[26] cc) Der Anspruch des Klägers auf die Sozialplanabfindung entfällt nicht deshalb, weil er auch bei einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung nicht entstanden wäre. Laut § 7. 6 des Sozialplans hätte der Kläger im Fall einer Kündigung durch die Beklagte nur dann keinen Abfindungsanspruch erworben, wenn ihm zuvor "ein anderweitiger, bezüglich Gehalt, Position, Tätigkeit und Ort gleichwertiger und zumutbarer Arbeitsplatz iSv. § 5. 1 – 5. 5 in der Bank angeboten worden" wäre. Ein solches Angebot hätte die Beklagte nicht unterbreiten können. In Betracht kam nur eine Weiterbeschäftigung in M oder B. Das Angebot zum Wechsel an einen dieser Standorte wäre für den Kläger gem. § 5. 4 des Sozialplans zumindest "regional" unzumutbar gewesen. Es hätte zu einer Verlängerung der bisherigen Wegezeit um weit mehr als 30 Minuten und einer Gesamtfahrzeit von über 90 Minuten geführt. Im Übrigen befanden sich die Kinder des Klägers in der Schulausbildung und ging seine Ehefrau einer ortsgebundenen Berufstätigkeit nach.
[27] e) Der Abfindungsanspruch nach § 7. 1 des Sozialplans ist auch nicht deshalb weggefallen, weil der Kläger "vorzeitig" gekündigt hätte. Zwar mag die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran gehabt haben, dass die Mitarbeiter der Filiale E dort bis zum vorgesehenen Schließungszeitpunkt im Jahr 2006 tätig wären. Der Sozialplan sieht jedoch keinen Stichtag nach dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor, bis zu welchem der Mitarbeiter sein Arbeitsverhältnis um den Preis eines Anspruchsverlustes nicht kündigen dürfe. Zumindest ohne eine solche Regelung ist die Kündigung des Klägers nicht verfrüht; eine "objektive" Vorzeitigkeit des Ausspruchs einer vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung gibt es nicht. Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine tatsächlich getroffene Stichtagsregelung mit Blick auf den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in § 75 Abs. 1 BetrVG zulässig ist (vgl. dazu BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 – Rn. 27, NZA 2008, 719), kommt es nicht an.