Bundesgerichtshof
GG Art. 34; BGB § 839 Fk; Genfer Abkommen 1. Zusatzprotokoll Art. 51, 57; Genfer Abkommen 2. Zusatzprotokoll Art. 13
a) Völkerrechtliche Schadensersatzansprüche wegen völkerrechtswidriger Handlungen eines Staates gegenüber fremden Staatsangehörigen stehen grundsätzlich weiterhin nur dem Heimatstaat zu (Bestätigung des Senatsurteils vom 2. November 2006 – III ZR 190/05, BGHZ 169, 348).
b) Das deutsche Amtshaftungsrecht (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) findet auch unter der Geltung des Grundgesetzes auf Schäden keine Anwendung, die bei dem bewaffneten Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte ausländischen Bürgern zugefügt werden (Fortführung des Senatsurteils vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279).
c) Ein Soldat begeht keine Amtspflichtverletzung, wenn er aus tatsächlichen Gründen einen Völkerrechtsverstoß nicht voraussehen oder vermeiden konnte.
d) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein (schuldhafter) Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht vorliegt, ist Maßstab für die einzuhaltende Sorgfalt nicht die ex post getroffene Sichtweise. Vielmehr kommt es auf diejenigen Erkenntnisse an, die einem Befehlshaber ex ante bei der Planung und Durchführung einer militärischen Handlung zur Verfügung stehen.

BGH, Urteil vom 6. 10. 2016 – III ZR 140/15; OLG Köln (lexetius.com/2016,3262)

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. April 2015 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsrechtszugs haben der Kläger zu 1 44 % und die Klägerin zu 2 56 % zu tragen.
[1] Tatbestand: Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige. Sie nehmen die beklagte Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit einem Luftangriff in Anspruch, der auf Befehl eines Angehörigen der Bundeswehr im Rahmen des NATO-geführten ISAF-Einsatzes in Afghanistan erfolgte.
[2] Nach dem Sturz des Taliban-Regimes in Afghanistan durch Intervention US-amerikanischer Truppen richtete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001 eine internationale Sicherheitsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) ein, deren Aufgabe darin bestand, die gewählte Regierung Afghanistans bei der Herstellung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfelds zu unterstützen. Die ISAF-Truppen durften mit Blick auf ihren Auftrag alle notwendigen Maßnahmen einschließlich der Anwendung von Waffengewalt ergreifen. Der Deutsche Bundestag beschloss am 22. Dezember 2001 die Beteiligung deutscher Streitkräfte an den ISAF- Truppen. Das Einsatzgebiet des deutschen ISAF-Kontingents wurde mit Beschluss des Deutschen Bundestags vom 28. September 2005 auf die Regionen Kabul und Nord festgelegt.
[3] Im April 2009 übernahm der damalige Oberst i. G. K. das Kommando über das Provincial Reconstruction Team (PRT) Kunduz. Operativ unterstand er dem ISAF-Kommandeur und letztlich dem NATO-Oberbefehlshaber (Supreme Allied Commander Europe, SACEUR), truppendienstlich dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und letztlich dem Bundesminister der Verteidigung.
[4] Am Nachmittag des 3. September 2009 bemächtigte sich eine Gruppe von Taliban-Kämpfern zweier Tanklastwagen etwa 15 Kilometer südlich der Stadt Kunduz und etwa acht Kilometer süd-südwestlich des Feldlagers des PRT Kunduz. Bei dem Versuch, die Tanklastwagen auf die Westseite des Flusses Kunduz zu verbringen, blieben diese gegen 18. 15 Uhr etwa sieben Kilometer Luftlinie vom Feldlager des PRT Kunduz entfernt auf einer Sandbank in der Flussmitte manövrierunfähig im Schlamm stecken.
[5] Gegen 20. 30 Uhr erhielt Oberst K. die Information über die Entführung der beiden Tanklastwagen. Durch Einsatz eines Aufklärungsflugzeugs konnten die Fahrzeuge gegen Mitternacht aufgespürt werden. Nachdem das Flugzeug den Luftraum über der Sandbank gegen 0: 48 Uhr wegen Treibstoffmangels verlassen hatte, forderte Oberst K. gegen 1: 00 Uhr beim ISAF-Hauptquartier Luftunterstützung an. Kurze Zeit später trafen zwei US-amerikanische Kampfflugzeuge vom Typ F 15 ein und übermittelten ab 1: 17 Uhr Infrarot-Luftaufnahmen von dem Geschehen auf der Sandbank in Echtzeit an die Operationszentrale im Feldlager Kunduz, wo sich Oberst K. aufhielt. Auf Anweisung der Fliegerleitzentrale hielten sich die Flugzeuge zunächst im Hintergrund, standen jedoch mit dem Fliegerleitoffizier (Joint Terminal Attack Controller, JTAC) in ständigem Funkkontakt. Parallel dazu wurde dem PRT-Kommandeur durch einen Informanten des Militärs – über einen Verbindungsoffizier – mehrfach bestätigt, es befänden sich auf der Sandbank nur Aufständische und keine Zivilisten.
[6] Gegen 1: 40 Uhr gab Oberst K. den Befehl zum Waffeneinsatz. Daraufhin warfen die Kampfflugzeuge zwei 500-Pfund-Bomben ab. Dadurch wurden die beiden Tanklastwagen zerstört und zahlreiche Personen, die sich im Bereich der Fahrzeuge aufhielten, getötet beziehungsweise verletzt. Darunter befanden sich auch Zivilisten.
[7] Die Kläger haben geltend gemacht, der Bombenangriff sei unter Verletzung des humanitären Völkerrechts erfolgt, da die Anwesenheit von Zivilpersonen für den PRT-Kommandeur erkennbar gewesen sei. Der Kläger zu 1, ein afghanischer Bauer, hat behauptet, zwei seiner Söhne bei dem Luftangriff verloren zu haben. Er begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 €. Die Klägerin zu 2 lebt in einem Dorf in der Nähe von Kunduz und verlangt Zahlung eines Unterhaltsschadens in Höhe von 50.000 € mit der Behauptung, ihr Ehemann und Vater der gemeinsamen sechs Kinder sei bei dem Luftangriff ums Leben gekommen.
[8] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen sie ihre Klageansprüche weiter.
[9] Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision der Kläger ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche zu Recht verneint.
[10] I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BWV 2015, 202 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
[11] Ein Individualanspruch der Kläger auf Schadensersatz ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Völkerrecht. Es entspreche weiterhin völkerrechtlicher Praxis, dass sekundärrechtliche Schadensersatzansprüche wegen völkerrechtswidriger Handlungen eines Staates gegenüber fremden Staatsangehörigen grundsätzlich nur dem Heimatstaat des Geschädigten zustünden. Ein Individualanspruch auf Schadensersatz ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 3 des IV. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (RGBl. 1910 S. 107) und aus Art. 91 des ersten Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (ZP I, BGBl. 1990 II S. 1551). Ansprüche Einzelner könnten auch nicht auf das Völkergewohnheitsrecht oder Art. 25 Satz 2 Halbsatz 2 GG gestützt werden.
[12] Ansprüche aus Aufopferung kämen nicht in Betracht, da dieses Rechtsinstitut die Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen nicht erfasse.
[13] Soweit Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zu prüfen seien, könne offen bleiben, ob das nationale (deutsche) Amtshaftungsrecht auch im Fall bewaffneter Auseinandersetzungen (nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs) anwendbar sei, den Regeln des humanitären Völkerrechts über den Schutz der Zivilbevölkerung drittschützende Wirkung zukomme und bei Amtspflichtverletzungen durch Soldaten der Bundeswehr im Rahmen eines von der NATO geführten Einsatzes internationaler Truppen eine Haftungsüberleitung auf die Bundesrepublik Deutschland als Anstellungskörperschaft erfolge. Ein Anspruch scheitere jedenfalls daran, dass der PRT-Kommandeur keine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen habe. Auf der Grundlage der vom Landgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend getroffenen Feststellungen habe Oberst K. weder gegen das Verbot von Angriffen gegen Zivilpersonen (insbesondere Art. 13 Abs. 2 Satz 1 des zweiten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte – ZP II, BGBl. 1990 II S. 1637) schuldhaft verstoßen noch das völkerrechtliche Gebot der militärischen Aufklärung (Art. 57 Abs. 2 Buchst. a [i] ZP I) vorwerfbar verletzt. Die beiden entführten Tanklastzüge und die in deren Bereich anwesenden Taliban-Kämpfer hätten legitime militärische Angriffsziele dargestellt. Der PRT-Kommandeur habe alle in der konkreten Planungs- und Entscheidungssituation praktisch möglichen Aufklärungsmaßnahmen getroffen. Aus der maßgeblichen ex ante Perspektive des Kommandeurs sei objektiv nicht erkennbar gewesen, dass sich neben den Taliban-Kämpfern auch Zivilpersonen an der Bombenabwurfstelle befunden hätten. Die von dem ISAF-Kommandeur erlassenen Einsatzregeln (Rules of Engagement, RoE) seien für die Beurteilung etwaiger Schadensersatzansprüche der Kläger ohne Bedeutung. Aus diesen und weiteren Einsatzregeln von ISAF, NATO oder Bundeswehr ergäben sich keine drittschützenden Amtspflichten. Da aus der Sicht eines objektiv pflichtgemäß handelnden Befehlshabers in der Position des PTR-Kommandeurs mit der Anwesenheit von Zivilpersonen im Zielbereich des Angriffs nicht zu rechnen gewesen sei, liege auch kein (schuldhafter) Verstoß gegen das Schonungsgebot (Art. 57 Abs. 1, 2 Buchst. a [ii] ZP I), das Verhältnismäßigkeitsgebot (Art. 57 Abs. 2 Buchst. a [iii] ZP I), das Warnungsgebot (Art. 57 Abs. 2 Buchst. c ZP I) und das Verbot unterschiedsloser Angriffe (Art. 51 Abs. 4, 5 ZP I) vor.
[14] II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
[15] Den Klägern steht kein unmittelbarer völkerrechtlicher Schadensersatzanspruch zu. Sie haben auch keinen Schadensersatzanspruch aus nationalem (deutschen) Recht. Das Amtshaftungsrecht (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) ist auf militärische Handlungen der Bundeswehr im Rahmen von Auslandseinsätzen nicht anwendbar. Außerdem sind – die Anwendbarkeit deutschen Amtshaftungsrechts im vorliegenden Fall unterstellt – Amtspflichtverletzungen deutscher Soldaten oder Dienststellen zu verneinen.
[16] 1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern kein unmittelbarer völkerrechtlicher Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.
[17] a) Es gibt nach wie vor keine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der dem Einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung zusteht. Ungeachtet der – stetig fortschreitenden – Entwicklungen auf der Ebene des Menschenrechtsschutzes, die zur Anerkennung einer partiellen Völkerrechtssubjektivität des Einzelnen sowie zur Etablierung vertraglicher Individualbeschwerdeverfahren geführt haben, ist eine vergleichbare Entwicklung im Bereich der Sekundäransprüche nicht nachzuweisen. Schadensersatzansprüche wegen völkerrechtswidriger Handlungen eines Staates gegenüber fremden Staatsangehörigen stehen grundsätzlich weiterhin nur dem Heimatstaat zu (Senat, Urteil vom 2. November 2006 – III ZR 190/05, BGHZ 169, 348 Rn. 6 ff; BVerfG, NJW 2006, 2542, 2543 und BeckRS 2013, 55213 Rn. 41 ff, 46; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 416 [Stand: 1. Juli 2016]; Jutzi, FS Schlick, S. 31, 36). Bei Verträgen auf dem Gebiet des Völkerrechts ist die Haftungsverpflichtung auf das Völkerrechtsverhältnis zwischen den betroffenen Staaten beschränkt. Sie besteht nur zwischen den Vertragsparteien und unterscheidet sich von dem Primäranspruch der betroffenen Personen auf Einhaltung der Verbote des humanitären Völkerrechts (BVerfG, NJW 2004, 3257, 3258 und BeckRS 2013 aaO Rn. 46). Nach dieser weiterhin gültigen Konzeption des Völkerrechts als eines zwischenstaatlichen Rechts wird dem geschädigten Individuum mittelbarer internationaler Schutz gewährt, indem sein Heimatstaat im Wege des diplomatischen Schutzes sein eigenes Recht darauf geltend macht, dass das Völkerrecht gegenüber seinen Staatsangehörigen beachtet wird (Senat, Urteile vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 291 und vom 2. November 2006 aaO Rn. 6; BVerfG, NJW 1996, 2717, 2719). Dabei handelt es sich um eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates zur Schutzgewährung. Dem Einzelnen steht insoweit gegenüber seinem Heimatstaat ein subjektiver Anspruch auf fehlerfreie Ermessenausübung zu (Schmahl, ZaöRV 66 [2006], 699, 711; von Woedtke, Die Verantwortlichkeit Deutschlands für seine Streitkräfte im Auslandseinsatz und die sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche von Einzelpersonen als Opfer deutscher Militärhandlungen, S. 322).
[18] b) Nach diesen Grundsätzen können die Kläger Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche auch nicht auf Art. 3 des IV. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs oder Art. 91 des ersten Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte stützen. Diese Regelungen statuieren zwar ein besonderes völkerrechtliches Haftungsregime für Verstöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht, begründen jedoch keine individuellen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche. Dadurch wird nur der allgemeine völkerrechtliche Grundsatz einer Haftungsverpflichtung zwischen den Vertragsparteien positiviert (Senat, Urteil vom 2. November 2006 aaO Rn. 9 ff; BVerfG, NJW 2004, 3257, 3258; NJW 2006, 2542, 2543 und BeckRS 2013, 55213 Rn. 45 ff).
[19] 2. Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht Entschädigungsansprüche unter dem Gesichtspunkt der Aufopferung abgelehnt. Der auf den §§ 74, 75 Einl. ALR beruhende Aufopferungsgedanke wurde für Sachverhalte des alltäglichen Verwaltungshandelns ("Normalfall") entwickelt und kann auf Kriegsschäden nicht angewendet werden. Diese sind nicht Ausdruck "echter" verwaltungsrechtlicher Tätigkeit, sondern die Folge eines nach dem Völkerrecht zu beurteilenden Zustands (BVerfG, NJW 2006, 2542, 2544). Staatliche Ausnahmezustände, wie namentlich Kriege und umfangreiche Einsätze der Streitkräfte im Ausland im Verbund mit anderen Staaten, können in ihren Auswirkungen, insbesondere mit Blick auf mögliche zivile Schäden, nicht über den allgemeinen Aufopferungsanspruch reguliert werden, sondern bedürfen besonderer Ausgleichssysteme und Ausgleichsmaßstäbe, die in entsprechenden Gesetzen niederzulegen sind (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 127 unmittelbar in Bezug auf Aufopferungsansprüche, aber wohl allgemein haftungsbezogen zu verstehen).
[20] 3. Auch einen Schadensersatzanspruch der Kläger nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m Art. 34 Satz 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
[21] a) Das nationale (deutsche) Amtshaftungsrecht findet auf Schäden keine Anwendung, die bei dem bewaffneten Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte ausländischen Bürgern zugefügt werden.
[22] aa) Etwaigen individuellen ("zivilrechtlichen") Ersatzansprüchen der verletzten Personen aus nationalem Recht steht allerdings nicht die "Exklusivität" völkerrechtlicher Schadensregulierung entgegen. Das Grundprinzip des diplomatischen Schutzes durch den Heimatstaat schließt einen Anspruch nicht aus, den das nationale Recht des verletzenden Staates dem Verletzten außerhalb völkerrechtlicher Verpflichtungen gewährt und der neben die völkerrechtlichen Ansprüche des Heimatstaates tritt ("Anspruchsparallelität" statt "Exklusivität des Völkerrechts"). Es bleibt dem das Völkerrecht verletzenden Staat somit unbenommen, der verletzten Person Ansprüche auf Grund des eigenen nationalen Rechts zu gewähren (Senat, Urteil vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 293; BVerfG, NJW 1996, 2717, 2719). Es besteht auch keine Regel des Völkergewohnheitsrechts dahingehend, dass Entschädigungsregelungen im Zusammenhang mit Kriegsfolgen nur im Rahmen von völkerrechtlichen Verträgen, insbesondere Friedensverträgen, getroffen werden könnten oder bestehende Verträge über solche Entschädigungen abschließend wären (BVerfG aaO). Indessen gewährt das nationale Recht einzelnen Personen keine Ersatzansprüche für Schädigungen infolge von Kampfeinsätzen deutscher Soldaten im Ausland.
[23] bb) Verstoßen deutsche Soldaten bei bewaffneten Auslandseinsätzen schuldhaft gegen völkerrechtliche Primärregeln, die dem Schutz der Zivilbevölkerung dienen sollen, und werden dadurch Sach- oder Personenschäden verursacht, kommen allerdings nach dem Wortlaut des § 839 Abs. 1 BGB Schadensersatzansprüche nach Amtshaftungsgrundsätzen in Betracht. In Bezug auf Auslandseinsätze der Bundeswehr lassen sich unter diesem Gesichtspunkt weder § 839 BGB noch Art. 34 GG Einschränkungen entnehmen.
[24] (1) Dementsprechend wird von einem Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur die Anwendbarkeit des deutschen Amtshaftungsrechts bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Rahmen von bewaffneten Konflikten bejaht. Auch in Kriegszeiten oder bei der Teilnahme an bewaffneten Auseinandersetzungen sei der Staat an das Recht, vor allem das Völkerrecht, gebunden.
[25] Das Kriegsvölkerrecht ("ius in bello") zu beachten, sei staatliche Verpflichtung, die gerade dem Zweck diene, anstelle der ansonsten geltenden zivilen Rechtsordnung seine Wirkung zu entfalten. Soweit in Kriegszeiten diese Regelungen Geltung beanspruchten, bedürften sie auch der Sanktion (OLG Köln, NJW 2005, 2860, 2862). Ein individueller Sekundärrechtsschutz vor den nationalen Gerichten – gestützt auf das nationale Amtshaftungsrecht – stelle ein effektives Mittel zur Durchsetzung der völkerrechtlichen Primärregeln dar und sei aus Sicht des den Schutz des Einzelnen zunehmend stärker betonenden Völkerrechts besonders angezeigt (vgl. Dutta, AöR 133 [2008], 191, 210 f; von Woedtke aaO S. 318). Für die Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts sprächen darüber hinaus die Werteordnung des Grundgesetzes (Entscheidung für die internationale Zusammenarbeit gemäß Art. 23 ff GG, Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Dutta aaO S. 211 ff; Schmahl aaO S. 712; von Woedtke aaO S. 319). Würde dem betroffenen Einzelnen der Weg zur Amtshaftung versperrt werden, käme es zu einer unzulässigen Einschränkung des Gewährleistungsbereichs des Art. 34 GG (Huhn, Amtshaftung im bewaffneten Auslandseinsatz, S. 63; Woedtke aaO). Ferner wird angeführt, es fehle eine gesetzliche Befugnis zur Suspendierung des Deliktsrechts außerhalb des Verteidigungsfalls im Sinne der Art. 115a ff GG (Dutta aaO S. 217 f; von Woedtke aaO S. 320).
[26] Das Reichsbeamtenhaftungsgesetz in seiner aktuellen Fassung und die nach 1949 zur Entschädigung nationalsozialistischen Unrechts erlassenen Gesetze (insbesondere § 8 Abs. 1 des Bundesentschädigungsgesetzes, § 16 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft") gingen von der grundsätzlichen Geltung des Amtshaftungsrechts bei bewaffneten Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte aus (Dutta aaO S. 219; Surholt, Amtshaftung für Handlungen in Auslandseinsätzen der Bundeswehr, S. 89 f).
[27] (2) Die Gegenmeinung, die die Anwendbarkeit des deutschen Amtshaftungsrechts bei kampfhandlungsverursachten Schäden generell ausschließt, sieht hingegen in dem völkerrechtlichen Haftungsregime eine lex specialis gegenüber dem Amtshaftungsrecht (MüKoBGB/Papier, 6. Aufl., § 839 Rn. 187a; Jutzi, FS Schlick, S. 31, 40; Raap, NVwZ 2013, 552, 554; BWV 2016, 125, 128). Das nationale Staatshaftungsrecht werde durch das humanitäre Völkerrecht überlagert. Bewaffnete Auseinandersetzungen stellten einen völkerrechtlichen Ausnahmezustand dar, der die im Frieden geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiere (LG Bonn, NJW 2004, 525, 526; Raap aaO). Die im Grundgesetz geregelten Gesetzgebungskompetenzen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG einerseits und Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG andererseits) legten nahe, dass es innerstaatlich für die Regulierung der Folgen bewaffneter Konflikte der Kodifizierung besonderer Ausgleichsnormen bedürfe. Die Entstehungsgeschichte von § 839 BGB und Art. 34 GG spreche ebenfalls gegen eine Anwendbarkeit deutschen Amtshaftungsrechts auf Kampfhandlungen in bewaffneten Konflikten (Raap aaO). Die (weltweit einmalige) Zuerkennung von Amtshaftungsansprüchen im Rahmen von bewaffneten Konflikten würde die Bundesrepublik Deutschland in ihrem notwendigen außenpolitischen Handlungsspielraum und letztlich in ihrer Bündnisfähigkeit unangemessen beschränken (Raap, NVwZ 2013 aaO). Die nationalen Gerichte seien nicht befugt, eine (vermeintliche) Lücke des Haftungsrechts durch Auslegung des einfachen Rechts zu schließen.
[28] Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Amtshaftungsnormen obliege allein dem parlamentarischen Gesetzgeber (Jutzi aaO S. 37 ff).
[29] cc) (1) In dem Fall "Distomo", in dem eine in die deutsche Wehrmacht eingegliederte SS-Einheit im besetzten Griechenland nach einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit Partisanen im Jahr 1944 als Vergeltungsmaßnahme ein Dorf niederbrannte und dessen Bewohner tötete, hat der erkennende Senat Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV verneint (Urteil vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279). Dabei hat er nicht in Zweifel gezogen, dass die Tatbestandselemente des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Wortlaut der Vorschrift nach sämtlich erfüllt waren. Er war jedoch der Auffassung, nach dem Verständnis und Gesamtzusammenhang des im Jahr 1944 geltenden Rechts seien die dem Deutschen Reich völkerrechtlich zurechenbaren militärischen Handlungen während des Kriegs im Ausland von dem – eine innerstaatliche Verantwortlichkeit des Staats auslösenden – Amtshaftungstatbestand des § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV ausgenommen.
[30] Krieg sei damals als völkerrechtlicher Ausnahmezustand gesehen worden, der seinem Wesen nach auf kollektive Gewaltanwendung ausgerichtet sei und die im Frieden geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiere. Die Verantwortlichkeit für den Beginn eines Kriegs und die Folgen der damit zwangsläufig verbundenen kollektiven Gewaltanwendung wie auch die Haftung für individuelle Kriegsverbrechen der zu den bewaffneten Mächten gehörenden Personen sei auf der Ebene der kriegführenden Staaten geregelt beziehungsweise als regelungsbedürftig angesehen worden. Aus dieser Sicht des Kriegs als eines in erster Linie kollektiven Gewaltakts, der als "Verhältnis von Staat zu Staat" aufgefasst worden sei, habe – jedenfalls damals – die Vorstellung fern gelegen, ein kriegführender Staat könne sich durch Delikte seiner bewaffneten Macht während des Kriegs im Ausland (auch) gegenüber den Opfern unmittelbar schadensersatzpflichtig machen (aaO S. 295 ff). Der Senat sah sich in seiner Auffassung durch weitere Bestimmungen des seinerzeit geltenden Rechts bestätigt (aaO S. 297 ff), insbesondere durch den Haftungsausschluss nach § 7 des Gesetzes über die Haftung des Reiches für seine Beamten – Reichsbeamtenhaftungsgesetz (RBHG) – vom 22. Mai 1910 (RGBl. S. 798). Nach dieser Vorschrift (in ihrer bis zum 30. Juni 1992 geltenden Fassung) stand den Angehörigen eines ausländischen Staates ein Ersatzanspruch auf Grund dieses Gesetzes gegen das Deutsche Reich nur insoweit zu, als nach einer im Reichsgesetzblatt (Bundesgesetzblatt) enthaltenen Bekanntmachung des Reichskanzlers (Bundesministers der Justiz) durch die Gesetzgebung des ausländischen Staates oder durch Staatsvertrag die Gegenseitigkeit verbürgt war (woran es im Verhältnis zu Griechenland fehlte). Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2006, 2542, 2543) hat dahinstehen lassen, ob ein Anspruch gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV vom spezifisch völkerrechtlichen Haftungsregime zwischen den Staaten überlagert worden sei. Es hat die Verneinung eines Amtshaftungsanspruchs jedenfalls im Hinblick auf § 7 RBHG aF für gerechtfertigt gehalten.
[31] (2) In dem Fall "Varvarin", der die Zerstörung einer Brücke durch Kampfflugzeuge der NATO während des Kosovo-Konflikts betraf, wobei zehn Zivilpersonen getötet und 30 zum Teil schwer verletzt wurden, hat der Senat (Urteil vom 2. November 2006 – III ZR 190/05, BGHZ 169, 348 Rn. 20) offen gelassen, ob für die Zeit nach Inkrafttreten des Grundgesetzes an seiner in der Sache "Distomo" vertretenen Auffassung festzuhalten sei, dass militärische (Kriegs-) Handlungen im Ausland vom Amtshaftungstatbestand ausgenommen seien.
[32] Denn der von den damaligen Klägern geltend gemachte Amtshaftungsanspruch scheiterte jedenfalls daran, dass im Zusammenhang mit dem Angriff gegen die Brücke rechtsfehlerfrei keine Amtspflichtverletzungen deutscher Soldaten oder Dienststellen im Sinne konkreter schuldhafter Verstöße gegen Regeln des humanitären (Kriegs-) Völkerrechts zum Schutz der Zivilbevölkerung festgestellt waren. Das Bundesverfassungsgericht (BeckRS 2013, 55213 Rn. 52 ff) hat die hiergegen eingelegten Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen und die Frage der Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts auf derartige Fälle als nicht entscheidungserheblich angesehen.
[33] dd) Die bislang offen gelassene Frage, ob das deutsche Amtshaftungsrecht unter der Geltung des Grundgesetzes auf Auslandseinsätze deutscher Streitkräfte im Rahmen bewaffneter Konflikte anwendbar ist, verneint der Senat nunmehr. Zu einer Ausweitung des – oben dargelegten – traditionellen Verständnisses des Amtshaftungsrechts zwingen weder Verfassungsnoch Völkerrecht.
[34] Vielmehr sprechen der nie geänderte Wortlaut von § 839 BGB und Art. 34 GG, die Normgeschichte, der daraus ableitbare Gesetzeszweck sowie systematische Erwägungen (das Verhältnis zum Völkerrecht betreffend) gegen eine Erstreckung des Anwendungsbereichs der Amtshaftungsnormen auf Kampfhandlungen deutscher Streitkräfte im Ausland. Einer darüber hinausgehenden richterlichen Rechtsfortbildung würde entgegenstehen, dass derart grundlegende Entscheidungen allein vom Gesetzgeber zu treffen sind.
[35] (1) Der Wortlaut der Amtshaftungsbestimmungen (§ 839 BGB, Art. 34 GG) schließt zwar – wie bereits erwähnt – die Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts nicht explizit aus. Dies führt jedoch nicht automatisch zur Bejahung der Staatshaftung in Fällen wie dem vorliegenden. Denn zu berücksichtigen ist stets auch der historische Kontext, in dem eine Norm formuliert worden ist (Jutzi, FS Schlick, S. 31, 39).
[36] (a) Bei Schaffung des zusammen mit dem gesamten Bürgerlichen Gesetzbuch am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen § 839 BGB dachte der Gesetzgeber ersichtlich nicht daran, dass hierdurch auch Schäden durch militärische Kampfhandlungen im Ausland ersatzfähig sein sollten. Derartige Erwägungen sind in den Gesetzesmaterialien nicht dokumentiert (Raap, NVwZ 2013, 552, 554; BWV 2016, 125, 128; jeweils mwN; s. auch Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 1 ff zur Entstehungsgeschichte des § 839 BGB). Nach dem traditionellen Verständnis des Amtshaftungs- und Völkerrechts stand bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs rechtlich außer Frage, dass militärische (Kriegs-) Handlungen im Ausland vom damaligen Amtshaftungstatbestand (§ 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV) ausgenommen waren und die Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen im "Verhältnis von Staat zu Staat" zu kompensieren waren (Senat, Urteil vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 295 ff).
[37] (b) Bei Erarbeitung der Vorschrift des Art. 34 GG und bei Inkrafttreten des Grundgesetzes hatte der historische Gesetzgeber weder die Aufstellung deutscher Streitkräfte noch deren Beteiligung an Kampfhandlungen im Ausland im Blick. Insbesondere war das gegenwärtige Ausmaß der internationalen Einbindung Deutschlands, zu der seit den 1990er Jahren auch Auslandseinsätze der Bundeswehr zur internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung hinzukommen, im Jahr 1949 für den mit der Ausarbeitung des Grundgesetzes betrauten Parlamentarischen Rat nicht vorhersehbar. Es kann deshalb ausgeschlossen werden, dass bei Inkrafttreten des Grundgesetzes eine Ausdehnung des Amtshaftungsrechts auf Schadensfälle im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte intendiert war (von Woedtke aaO S. 321). Da Schäden durch militärische Kampfhandlungen im Ausland nach dem traditionellen Verständnis ohnehin nicht in den Anwendungsbereich des Amtshaftungsrechts fielen, bestand nach allem aus Sicht des damaligen Gesetzgebers keine Veranlassung, solche Militäreinsätze expressis verbis von der klassischen Amtshaftung auszunehmen.
[38] (c) Auch in der Folgezeit ist keine gesetzgeberische Entscheidung dahingehend erfolgt, den Anwendungsbereich der Amtshaftung auf militärische Kampfeinsätze im Ausland auszudehnen. Der Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen des Amtshaftungsrechts ist bis heute unverändert geblieben.
[39] Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Amtshaftungsrechts kann insbesondere nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass § 7 RBHG durch Art. 6 des Auslandsverwendungsgesetzes vom 28. Juli 1993 – AuslVG (BGBl. I S. 1394) mit Wirkung zum 1. Juli 1992 erheblich geändert worden ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 RBHG nF, der wörtlich § 35 Abs. 1 Satz 1 des für nichtig erklärten Staatshaftungsgesetzes vom 26. Juni 1981 entspricht, kann die Bundesregierung zur Herstellung der Gegenseitigkeit durch Rechtsverordnung bestimmen, dass einem ausländischen Staat und seinen Angehörigen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, Ansprüche aus diesem Gesetz nicht zustehen, wenn der Bundesrepublik Deutschland oder Deutschen nach dem ausländischen Recht bei vergleichbaren Schädigungen kein gleichwertiger Schadensausgleich von dem ausländischen Staat geleistet wird. Während es nach früherem Recht einer Bekanntmachung über das Vorliegen von Gegenseitigkeit bedurfte, um die Haftung des Staates zu ermöglichen, gilt die Übernahme der Haftung durch den Staat jetzt als Regel, die nur dann aufgehoben ist, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung – was bislang nicht erfolgt ist – erlassen wird (BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 720 f [Stand: 1. Juli 2016]). Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, sollte das Auslandsverwendungsgesetz der Notwendigkeit Rechnung tragen, dass sich Deutschland vermehrt an humanitären und unterstützenden Maßnahmen im Ausland beteiligt (Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F. D. P. eines Gesetzes über dienstrechtliche Regelungen für besondere Verwendungen im Ausland, BT-Drucks. 12/4749 S. 1, 8). Durch die Neufassung des § 7 RBHG sollte verhindert werden, die im Ausland verwendeten Amtswalter einer persönlichen Haftung auszusetzen, wie sie sich nach dem bisherigen Regelungssystem aus § 839 BGB ergeben konnte (Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drucks. 12/5142 S. 15). Einen spezifisch militärischen Bezug hatte die Neuregelung nicht. Auslandskampfeinsätze der Bundeswehr waren zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar. Demzufolge bestand auch keine Veranlassung, diese bei der Änderung des § 7 RBHG zu berücksichtigen.
[40] Die Neuregelung der Vorschrift gibt daher für die Frage der Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts auf bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr nichts her.
[41] Gleiches gilt für § 8 Abs. 1 BEG und § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft". Aus dem Umstand, dass darin etwaige konkurrierende Schadensersatzansprüche ausgeschlossen werden, folgt nicht, dass seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes das nationale Amtshaftungsrecht auf bewaffnete Auslandseinsätze deutscher Streitkräfte anzuwenden ist, zumal sich beide Gesetze auf zuvor erfolgte Schädigungen beziehen.
[42] (2) Für den allgemeinen Aufopferungsanspruch, der einen hoheitlichen, der betroffenen Person ein Sonderopfer abverlangenden Eingriff in nicht vermögenswerte Rechte (nicht jedoch ein Verschulden) voraussetzt, ist, wie ausgeführt, höchstrichterlich anerkannt, dass diese Anspruchsgrundlage für Sachverhalte des alltäglichen Verwaltungshandelns entwickelt wurde und auf Kriegsschäden nicht angewendet werden kann. Diese sind nicht Ausdruck "echter" verwaltungsrechtlicher Tätigkeit, sondern die Folge eines nach dem Völkerrecht zu beurteilenden Ausnahmezustands (BVerfG, NJW 2006, 2542, 2544; s. auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 127; Raap, BWV 2016, 126, 129). Für den allgemeinen (verschuldensabhängigen) Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG kann nichts anderes gelten (vgl. Raap, NVwZ 2013, 552, 554). Die Vorschrift des § 839 BGB ist, wie insbesondere deren Entstehungsgeschichte zeigt (dazu Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 1 ff), auf den "normalen Amtsbetrieb" zugeschnitten, das heißt auf den Ausgleich von Schäden, die auf Grund von Amtspflichtverletzungen im Rahmen des allgemeinen und alltäglichen Verwaltungshandelns entstehen. Im Rahmen der "General-Amtspflicht" zu rechtmäßiger Amtsausübung muss ein (Verwaltungs-) Beamter den entscheidungserheblichen Sachverhalt zum Beispiel durch Anhörung der Beteiligten erforschen sowie seine Entscheidung nach Maßgabe der jeweils anwendbaren Zuständigkeits-, Form- und sonstigen Verfahrensvorschriften treffen. Über Anträge und sonstige Begehren des Bürgers ist in angemessener Zeit zu befinden (s. nur Schlick, Ad Legendum 2015, 250, 254). Fällt dem fehlerhaft handelnden Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so scheidet nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB die Haftung aus, wenn der Verletzte auf andere Weise von einem "privaten" Schädiger Ersatz zu erlangen vermag (sog. Subsidiaritätsklausel). Nach § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Vorrang des Primärrechtsschutzes). Dies alles zeigt, dass der allgemeine Amtshaftungstatbestand für die Beurteilung militärischer Kampfhandlungen im Ausland nicht passt.
[43] Die Subsidiarität der Amtshaftung bei fahrlässigen Pflichtverletzungen und der Vorrang des Primärrechtsschutzes kommen in Fällen militärischer Auseinandersetzungen regelmäßig von vornherein nicht zum Tragen und laufen strukturell leer. Darüber hinaus kann die Entscheidungssituation eines verwaltungsmäßig handelnden Beamten nicht mit der Gefechtssituation eines im Kampfeinsatz befindlichen Soldaten gleichgesetzt werden.
[44] (3) Gegen die Anwendbarkeit des deutschen (nationalen) Amtshaftungsrechts bei Kampfhandlungen deutscher Streitkräfte im Ausland sprechen auch systematische Erwägungen in Bezug auf das völkerrechtliche Haftungsregime.
[45] Insbesondere mit den beiden Zusatzprotokollen vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler (ZP I) beziehungsweise nicht internationaler (ZP II) bewaffneter Konflikte existiert ein detailliertes Regelwerk, das auf der Ebene der Primärnormen den Schutz der Zivilbevölkerung umfassend gewährleistet (insbesondere Art. 48 ff ZP I, Art. 13 ff ZP II) und sekundärrechtlich die Haftungsfolgen dahingehend regelt, dass eine Konfliktpartei für alle Handlungen verantwortlich ist, die von den zu ihren Streitkräften gehörenden Personen begangen werden, und bei Völkerrechtsverstößen gegenüber dem Heimatstaat der geschädigten Personen zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. Art. 91 ZP I und Art. 3 des IV. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907), wobei der Heimatstaat seinen geschädigten Staatsangehörigen diplomatischen Schutz gewährt. Von dieser Haftung ist auch die Bundesrepublik Deutschland bei ihrer Zustimmung zu den Zusatzprotokollen zu den Genfer Abkommen ausgegangen (vgl. Denkschrift zu den Zusatzprotokollen zu den Genfer Abkommen, BT-Drucks. 11/6770 S. 117). Berücksichtigt man ferner, dass sich die spezifische Situationslage im Rahmen von bewaffneten Auslandseinsätzen deutlich von den rein nationalen Konstellationen, für die das Institut der Amtshaftung ursprünglich geschaffen wurde, unterscheidet, sprechen die besseren Argumente dafür, das völkerrechtliche Haftungsregime als eine gegenüber dem allgemeinen Amtshaftungsrecht speziellere Regelung anzusehen (MüKoBGB/Papier, 6. Aufl., § 839 Rn. 187a; Jutzi aaO S. 40; Raap, NVwZ 2013 aaO S. 554; BWV 2016 aaO S. 128).
[46] (4) Die Werteordnung des Grundgesetzes, insbesondere die Verpflichtung aller staatlichen Einrichtungen zur Achtung der Menschenwürde und der Grundrechte sowie die Verfassungsentscheidung für die internationale Zusammenarbeit, zwingt nicht zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Amtshaftungsnormen auf bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr.
[47] (a) Wie bereits dargelegt, lässt sich keine völkergewohnheitsrechtliche Regel feststellen, nach der Einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung zusteht.
[48] Wenn sich aus dem Völkerrecht keine individuellen Schadensersatzansprüche ableiten lassen, besteht auch keine Verpflichtung, einzelnen Personen durch Auslegung des innerstaatlichen Rechts im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. Art. 25 Satz 1 GG) einen Schadensersatzanspruch nach nationalem Recht einzuräumen (vgl. Jutzi aaO S. 36 f). Aus dem Umstand, dass das Völkerrecht nationale Bestimmungen im Hinblick auf die Haftung bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht nicht ausschließt (siehe oben aa), lässt sich zudem keine Regel oder Vermutung dahingehend ableiten, dass ein das Völkerrecht verletzender Staat den verletzten Personen auf Grund eigenen nationalen Rechts Ansprüche zu gewähren hat (BVerfG, NJW 2004, 3257, 3258).
[49] Angesichts der Fortentwicklung und Kodifizierung des internationalen Menschenrechtsschutzes nach dem Zweiten Weltkrieg besteht derzeit keine zwingende Notwendigkeit, die Einhaltung der Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts durch Gewährung eines nationalen Staatshaftungsanspruchs des Einzelnen "parallel abzusichern". Das Völkerrecht enthält inzwischen zahlreiche Primärnormen zum Schutz der Zivilbevölkerung und "flankierende" Vorgaben zur Ahndung von Verstößen durch strafrechtliche Verfolgung und Schadensersatzleistungen auf zwischenstaatlicher Ebene (insbesondere Art. 48 ff, Art. 85 bis 91 ZP I, Art. 13 ff ZP II). Auf nationaler Ebene gewähren die Straftatbestände des Völkerstrafgesetzbuchs zusätzlichen Schutz. Dem Grundgesetz kann auch kein Gebot entnommen werden, bei jeder Grundrechtsverletzung einen individuellen Schadensersatzanspruch zu schaffen.
[50] (b) Die Entscheidung des Grundgesetzes für die internationale Zusammenarbeit (Art. 23—25 GG) lässt sich nicht für die Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts auf bewaffnete Konflikte beziehungsweise militärische Verhaltensweisen im Ausland ins Feld führen. Sie weist vielmehr in die gegenteilige Richtung. Die Einordnung Deutschlands in friedenswahrende Systeme ist verfassungsrechtlich in Art. 24 Abs. 2 GG geschützt. Nach Art. 32 Abs. 1 GG steht die Pflege der internationalen Beziehungen dem Bund zu, wobei Trägerin der äußeren Gewalt innerhalb des Bundes grundsätzlich die Exekutive ist (Dutta aaO S. 214; von Woedtke aaO S. 312 f). Bei Anwendung des Amtshaftungsrechts auf bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr könnte es in mehrfacher Hinsicht zu Beeinträchtigungen der von Verfassungs wegen geforderten Bündnisfähigkeit Deutschlands und des außenpolitischen Gestaltungsspielraums kommen. Da bei realitätsnaher Betrachtung für die Bundesrepublik Deutschland nur Auslandseinsätze gemeinsam mit Partnerländern, insbesondere im Rahmen der NATO, in Betracht kommen, bestünde im Rahmen der Amtshaftung die Möglichkeit der Zurechnung völkerrechtswidriger unerlaubter Handlungen eines anderen Bündnispartners nach Maßgabe des § 830 BGB. Das würde nicht nur die Gefahr einer kaum eingrenzbaren (gesamtschuldnerischen) Haftung heraufbeschwören (in diesem Sinn Jutzi aaO S. 44), sondern hätte auch zur Folge, dass vor den deutschen Zivilgerichten die inzidente Überprüfung des hoheitlichen Handelns eines anderen Bündnispartners zu erfolgen hätte (von Woedtke aaO S. 313 f). Gerade Letzteres könnte das außenpolitische Verhältnis Deutschlands zu seinen Bündnispartnern nachhaltig belasten, zumal sich im Amtshaftungsprozess im Hinblick auf die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast beziehungsweise zur Beweislastumkehr (dazu BVerfG, BeckRS 2013, 55213 Rn. 62 ff) die prozessuale Notwendigkeit ergeben könnte, taktische oder strategische Überlegungen – allerdings unter dem Korrektiv des Zumutbaren – offenzulegen und Sachverhalte vorzutragen, welche jedenfalls andere Bündnispartner als geheimhaltungsbedürftig ansehen. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass das Risiko einer kaum abschätzbaren Haftung dazu führen könnte, dass humanitär motivierte bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr reduziert oder gar gänzlich eingestellt würden (Jutzi aaO S. 44). Aus Sicht zum Beispiel der NATO-Partner, deren nationale Rechtsordnungen individuelle Schadensersatzansprüche wegen Verstößen ihrer Streitkräfte gegen das humanitäre Völkerrecht nicht vorsehen (Raap, NVwZ 2013 aaO S. 554; BWV 2016 aaO S. 130), wären die deutschen Streitkräfte auf Grund des Damokles-Schwertes der – auch gesamtschuldnerischen – Amtshaftung nur noch bedingt bündnis- und kampfeinsatzfähig (vgl. von Woedtke aaO S. 324).
[51] (5) Würde man mit Blick auf die Werteordnung des Grundgesetzes und den nach dem Zweiten Weltkrieg vermehrten Schutz des Individuums auf völkerrechtlicher Ebene die Notwendigkeit bejahen, das Amtshaftungsrecht unter Aufgabe seines traditionellen Verständnisses nunmehr auch auf bewaffnete Auslandseinsätze der Streitkräfte zu erstrecken, stünden einer diesbezüglichen richterlichen Rechtsfortbildung durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Denn der Gesetzgeber hat in grundlegenden normativen Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (z. B. BVerfGE 98, 218, 251; Jutzi aaO S. 41). Insbesondere die Begründung von Geldleistungsansprüchen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte bleiben nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung dem parlamentarischen Gesetzgeber zur Entscheidung vorbehalten (sog. Haushaltsprärogative des Parlaments; z. B. BVerfGE 125, 175, 224; s. auch Senat, Urteile vom 12. März 1987 – III ZR 216/85, BGHZ 100, 136, 145 f und vom 16. April 2015 – III ZR 333/13, BGHZ 205, 63 Rn. 34 zur Haftung für legislatives Unrecht und vom 10. Dezember 1987 – III ZR 220/86, BGHZ 102, 350, 362 zur Staatshaftung für Waldschäden; Jutzi aaO S. 42; von Woedtke aaO S. 314 f; jeweils mwN). Da die Haftungsrisiken für Schäden infolge von auch mit anderen Streitkräften zusammen geführten Kampfhandlungen vor allem bei längeren und umfangreicheren militärischen Auseinandersetzungen nicht abschätzbar wären, zumal militärische Operationen (z. B. Luft-, Raketen- oder Artillerieangriffe) massenhaft Schadensfälle hervorrufen können, bestünde die Gefahr erheblicher finanzieller Belastungen für den öffentlichen Haushalt des Bundes. Dies macht es erforderlich, die Entscheidung über die Zubilligung von Entschädigungs- und Ausgleichsansprüchen im Zusammenhang mit bewaffneten Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte dem Parlament zu überantworten (Jutzi aaO S. 41 f).
[52] b) Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des deutschen Amtshaftungsrechts scheitert ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch der Kläger im Streitfall jedenfalls daran, dass im Zusammenhang mit dem Luftangriff auf die beiden von Taliban-Kämpfern entführten Tanklastwagen keine Amtspflichtverletzungen deutscher Soldaten oder Dienststellen im Sinne konkreter schuldhafter Verstöße gegen Regeln des humanitären (Kriegs-) Völkerrecht zum Schutz der Zivilbevölkerung festgestellt sind. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt, dass für den PRT- Kommandeur nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten die Anwesenheit von Zivilpersonen im Zielbereich des Luftangriffs objektiv nicht erkennbar war. Das Vorgehen von Oberst K. war daher völkerrechtlich zulässig.
[53] aa) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO verstoßen, indem es seiner Prüfung nicht den gesamten aus den Akten ersichtlichen Prozessstoff zugrunde gelegt habe, die Darstellung der "bloßen Möglichkeit" einer anderen Bewertung der Beweisergebnisse und des Tatsachenstoffs zur Begründung von Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen nicht habe ausreichen lassen und seine Prüfung auf Verfahrensfehler beschränkt habe.
[54] (1) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die die Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich zunächst aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 12. März 2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 272 f; vom 19. März 2004 – V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 300 f und vom 21. Juni 2016 – VI ZR 403/14, VersR 2016, 1194 Rn. 10 mwN).
[55] Für die Bindung des Berufungsgerichts an die Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts genügt es – im Gegensatz zur revisionsrechtlichen Prüfung (§ 559 Abs. 2 ZPO) – allerdings nicht, dass die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung keine Verfahrensfehler aufweist. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich nämlich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben. Damit sind in erster Linie diejenigen Fälle gemeint, in denen das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme, zum Beispiel die Aussagen von Zeugen, anders würdigt als die Vorinstanz (BGH, Urteile vom 9. März 2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 316 f; vom 21. Juni 2016 aaO Rn. 11 und vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, BeckRS 2016, 14159 Rn. 26; s. auch BVerfG, NJW 2003, 2524 und NJW 2004, 1487). Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte verpflichten nicht zu einer erneuten Tatsachenfeststellung. Nur objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen begründen konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO (BGH, Urteil 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254, 258).
[56] Das Berufungsgericht muss von Amts wegen den gesamten – aus den Akten ersichtlichen – Prozessstoff der ersten Instanz – unter Einbeziehung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme – auf Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung überprüfen. Dies hat unabhängig davon zu erfolgen, ob eine entsprechende Berufungsrüge erhoben worden ist. Denn mit dem zulässigen Rechtsmittel gelangt grundsätzlich der gesamte Prozessstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (BGH, Urteile vom 12. März 2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 278 und vom 9. März 2005 aaO S. 318).
[57] (2) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei die vom Landgericht festgestellten Tatsachen zugrunde gelegt. Das Berufungsurteil beruht insbesondere nicht auf einem rechtsfehlerhaft "verengten Maßstab" bei der Überprüfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das Berufungsgericht nicht auf eine bloße Rechtsfehlerkontrolle beschränkt. Es hat vielmehr, wie zahlreiche Passagen des Berufungsurteils belegen, die Beweiswürdigung des Landgerichts auf der Grundlage des gesamten Prozessstoffs und der von den Klägern erhobenen Berufungsrügen nachvollzogen und als rechtsfehlerfrei sowie vollständig und überzeugend erachtet. Die Revision legt auch nicht dar, welchen Prozessstoff das Berufungsgericht übergangen haben soll. Soweit sie rügt, bereits die Darstellung der "bloßen Möglichkeit" einer anderen Bewertung der Beweisergebnisse und des Tatsachenstoffs müsse ausreichen, um Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO zu begründen, versucht sie lediglich in unbeachtlicher Weise, die tatrichterliche Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen, ohne Rechtsfehler aufzuzeigen.
[58] bb) Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen fehlt es bereits an einer Amtspflichtverletzung des PRT-Kommandeurs im Sinne eines konkreten (schuldhaften) Verstoßes gegen Regeln des humanitären (Kriegs-) Völkerrechts zum Schutz der Zivilbevölkerung. Bei den durch den befohlenen Luftangriff zerstörten Tanklastwagen und den dabei getöteten Taliban-Kämpfern handelte es um legitime militärische Ziele (vgl. Art. 50 Abs. 1 Satz 1 ZP I i. V. m Art. 4 Buchst. A Abs. 1, 2, 3 und 6 des III. Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 [BGBl. II 1954 S. 838], Art. 52 Abs. 2 Satz 2 ZP I). Der PRT-Kommandeur Oberst K. hat alle in der konkreten Planungs- und Entscheidungssituation praktisch möglichen Aufklärungsmaßnahmen getroffen. Danach hatte er keinen (objektiven) Grund zu der Annahme, im unmittelbaren Bereich der von den Taliban entführten Tanklastwagen könnten sich neben (bewaffneten) Kämpfern auch nach dem humanitären Völkerrecht geschützte Zivilpersonen aufhalten.
[59] Es liegt somit bereits keine Amtspflichtverletzung vor. Wenn ein Soldat aus tatsächlichen Gründen einen Völkerrechtsverstoß nicht voraussehen oder vermeiden konnte, begeht er keine Amtspflichtverletzung (vgl. Dutta aaO S. 227 Fn. 182). Insoweit gilt im Prinzip derselbe Maßstab, den der erkennende Senat in Bezug auf das Gefahrenpotential bei mit verborgenen Altlasten behafteten Baugrundstücken angelegt hat. Was ein Amtsträger trotz sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung im Zeitpunkt seiner Entscheidung "nicht sieht" und nach den ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auch "nicht zu sehen braucht", kann von ihm nicht berücksichtigt werden und braucht von ihm auch nicht berücksichtigt zu werden (Senat, Urteil vom 13. Juli 1993 – III ZR 22/92, BGHZ 123, 191, 195).
[60] (1) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe einen falschen Maßstab bei der Überprüfung der eingesetzten Mittel anhand des humanitären Völkerrechts (insbesondere Art. 13 Abs. 2 ZP II) zugrunde gelegt, indem es verkannt habe, dass bereits nach der Darstellung der Beklagten die Zerstörung der Tanklastzüge das alleinige Ziel des Bombenabwurfs gewesen sei, nicht aber die Bekämpfung der Taliban, greift nicht durch.
[61] Dass es bei den bewaffneten Taliban, die sich in unmittelbarer Nähe der von ihnen entführten Lastkraftwagen aufhielten, um Angehörige einer organisierten bewaffneten Gruppe handelte, die Partei des bewaffneten Konflikts war, ist offenkundig und wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Aus der von der Beklagten zum Inhalt ihrer Klageerwiderung gemachten Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts vom 16. April 2010 – offene Version (Ermittlungsverfahren 3 BJs 6/10—4 gegen Oberst K. u. a.) – ergibt sich, dass die beiden Tanklastwagen nach der Vorstellung des PRT-Kommandeurs durch den Bombenabwurf vernichtet werden sollten und er damit rechnete, dass durch den Luftangriff auch die umstehenden Taliban getroffen würden. Er rechnete insbesondere damit, dass die anwesenden Taliban-Führer getroffen würden. Durch deren Ausschaltung erwartete er eine fühlbare Schwächung der Organisation der Aufständischen in der Provinz Kunduz. Der von den Klägern umfangreich wiedergegebene Funkverkehr zwischen der Fliegerleitzentrale und den Piloten der Kampfflugzeuge besagt nichts anderes. Unter Timecode 20: 48: 01 wurde von Seiten des Fliegerleitoffiziers vielmehr bestätigt, dass auch die bei den Tanklastwagen befindlichen Personen zum Angriffsziel gehörten ("vehicles and the several individuals around are our target"). Darüber hinaus weist die Beklagte in der Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass die Kläger bereits erstinstanzlich selbst vorgetragen haben, der Waffeneinsatz habe den aufständischen Taliban und den von ihnen entführten Tanklastwagen gegolten. Das Berufungsgericht ist nach alledem zutreffend davon ausgegangen, dass der PRT-Kommandeur sowohl die beiden entführten Tanklastwagen als auch die im Bereich dieser Fahrzeuge anwesenden Taliban als zulässiges militärisches Ziel angesehen und ausgewählt hat.
[62] Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der dem PRT-Kommandeur vorliegende nachrichtendienstliche Warnhinweis vom 15. Juli 2009 auf einen geplanten fahrzeuggestützten Sprengstoffanschlag gegen das PRT Kunduz am 4. September 2009 noch aktuell war. Denn die in den Händen der aufständischen Taliban befindlichen, mit einer großen Menge Benzin beziehungsweise Dieselkraftstoff befüllten Tanklastwagen sowie die vor Ort in großer Zahl versammelten Taliban-Kämpfer durften mit militärischen Mitteln angegriffen werden.
[63] (2) (a) Das humanitäre Völkerrecht verbietet Angriffe gegen die Zivilbevölkerung als solche oder einzelne Zivilpersonen (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 ZP I, Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZP II). Verboten sind ferner Angriffe gegen ein militärisches Ziel, wenn der zur Zeit des Angriffsbefehls zu erwartende zivile Schaden in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht (Art. 51 Abs. 5 Buchst. b, Art. 57 Abs. 2 Buchst. a [iii] ZP I). Bei dem Exzessverbot handelt es sich um eine spezifisch militärische Verhältnismäßigkeitsklausel, wonach Begleitschäden wie der Tod von Zivilisten nicht schon dann außer jedem Verhältnis stehen, wenn der militärische Vorteil (z. B. Schwächung der feindlichen Truppen oder ihrer Kampfmittel) nur ein kurzfristiger, nicht konfliktentscheidender ist (Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts aaO S. 64). Neben der Verpflichtung zur Wahrung der militärischen Verhältnismäßigkeit besteht das Gebot des mildesten Mittels, das heißt Kampfmittel, die auch Zivilisten treffen können, sind möglichst schonend – unter Beachtung aller praktisch möglichen Vorsichtsmaßnahmen – einzusetzen (Art. 57 Abs. 2 Buchst. a [ii] ZP I). Nach Art. 57 Abs. 2 Buchst. c ZP I muss Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden kann, eine wirksame Warnung vorausgehen. Diese Verpflichtung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die "gegebenen Umstände" nicht entgegenstehen. Damit trägt das humanitäre Völkerrecht insbesondere der Legitimität und militärischen Notwendigkeit von Überraschungsangriffen Rechnung (Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts aaO S. 67 mwN).
[64] Das allgemeine Gebot, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen (vgl. Art. 57 ZP I), besteht vor allem in einer sorgfältigen Aufklärung der (militärischen) Lage und des Gefechtsfeldes. Die den Einsatz planenden und befehlenden Stellen müssen sich um eine Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Nachrichtenmittel bemühen, um sich über den militärischen Charakter des Ziels Gewissheit zu verschaffen (vgl. Art. 57 Abs. 2 Buchst. a [i] ZP I; Raap BWV 2016 S. 129).
[65] Diese insbesondere in Art. 51 und Art. 57 ZP I niedergelegten Grundsätze gelten nicht nur bei internationalen bewaffneten Konflikten. Sie sind vielmehr auch Teil des humanitären Völkerrechts bei nicht-internationalen bewaffneten Konflikten (s. auch den Gemeinsamen Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a der Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II S. 783 f, 813 f, 838 f, 917 f; vgl. Frau, JZ 2014, 417, 420).
[66] (b) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein (schuldhafter) Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht vorliegt, ist Maßstab für die einzuhaltende Sorgfalt nicht die ex post getroffene Sichtweise. Vielmehr kommt es auf die – tatsachenbasierten – Erwartungen zum Zeitpunkt der militärischen Handlung an (Raap aaO; Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts aaO S. 65 mwN). Dass militärische Entscheidungen in einer Gefechtssituation aus der ex ante Perspektive des Befehlshabers zu beurteilen sind, folgt bereits aus dem Wortlaut der die Zivilbevölkerung schützenden Bestimmungen des ersten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen. Danach kommt es bei der Planung und Durchführung eines Angriffs darauf an, ob mit Verlusten unter der Zivilbevölkerung "zu rechnen" ist (vgl. Art. 51 Abs. 5 Buchst. b, Art., 57 Abs. 2 Buchst. a [iii], b ZP I). Die nach Art. 57 ZP I (Vorsichtsmaßnahmen beim Angriff) erforderliche Bewertung kann ein militärischer Befehlshaber nur auf Grund derjenigen Erkenntnisse treffen, die ihm bei der Planung und Durchführung des Angriffs zur Verfügung stehen. Dem Befehlshaber darf kein Vorwurf aus Umständen gemacht werden, die er weder kannte noch kennen musste, sondern die sich erst nachträglich herausstellen (Denkschrift zu den Zusatzprotokollen zu den Genfer Abkommen, BT-Drucks. 11/6770 S. 113). Eine entsprechende Interpretationserklärung hat die Bundesregierung (mit Zustimmung des Gesetzgebers) im Zuge der Ratifizierung der Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen abgegeben (Anlage 3 Nr. 4 zum Entwurf eines Gesetzes zu den Zusatzprotokollen I und II zu den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949, BT- Drucks. 11/6770 S. 132).
[67] (c) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der PRT-Kommandeur Oberst K. alle in der konkreten Planungs- und Entscheidungssituation praktisch möglichen Aufklärungsmaßnahmen getroffen hat. Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen der Vorinstanzen ist die Situation auf der Sandbank ohne Unterbrechung mindestens 20 Minuten lang durch die beiden eingesetzten Kampfflugzeuge beobachtet worden, wobei die von den Bordkameras gefertigten Infrarotaufnahmen in Echtzeit in die Fliegerleitzentrale übertragen und dort ausgewertet wurden. Darüber hinaus hat sich der PRT-Kommandeur sieben Mal durch telefonische Rückfrage bei einem Informanten des Militärs, der über die Lage vor Ort berichtete, rückversichert, dass es sich bei den auf den Infrarotaufnahmen sichtbaren Personen um Aufständische und nicht um Zivilisten handelte. Als weiteres Aufklärungsmittel stand dem PRT-Kommandeur die Einschätzung der Kampfflugzeugpiloten zur Verfügung. Nach allem ergaben sich keine Anhaltspunkte für die Anwesenheit von Zivilpersonen im Zielbereich des Luftangriffs. Es lagen auch keine Erkenntnisse darüber vor, dass sich die zivilen Fahrer der entführten Lastkraftwagen noch in der Nähe befinden könnten. Weitere Vorsichtsmaßnahmen zur Schonung der Zivilbevölkerung im Sinne von Art. 51, 57 ZP I waren daher nicht in Betracht zu ziehen.
[68] (aa) Mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Piloten der Kampfflugzeuge wegen ernsthafter Zweifel am Kombattantenstatus der bei den Tanklastwagen befindlichen Personen eine (fünffache) eindringliche Empfehlung einer "show of force" (Tiefflug als Warnung) ausgesprochen hätten, dringt die Revision nicht durch. Aus dem von den Klägern in Bezug genommenen Transskript des Funkverkehrs zwischen der Fliegerleitzentrale und den Piloten ist bereits nicht ersichtlich, dass die Piloten die auf den Angaben des nachrichtendienstlichen Informanten beruhende Mitteilung der Leitzentrale, bei den Personen in der Nähe der Tanklastwagen handele es sich um Taliban, in Zweifel gezogen haben. Da nach allen zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen mit der Anwesenheit von Zivilisten nicht zu rechnen war, brauchte Oberst K. auch nicht auf den Vorschlag einzugehen, die bei den Tanklastwagen anwesenden Personen durch eine "show of force" zu warnen.
[69] Außerdem sprachen die konkreten Umstände gegen eine solche Warnung, weil damit zugleich das legitime militärische Ziel der Bekämpfung der anwesenden Taliban vereitelt worden wäre (vgl. Art. 57 Abs. 2 Buchst. c Halbsatz 2 ZP I).
[70] (bb) Soweit die Revision geltend macht, der PRT-Kommandeur habe sich nicht auf die Angaben des angeblichen Informanten vor Ort verlassen dürfen, ist dies revisionsrechtlich unerheblich, weil die Kläger der nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung lediglich ihre eigene Einschätzung entgegenstellen. Die Revision trägt auch nicht vor, warum Oberst K. aus der maßgeblichen ex ante Perspektive Zweifel an der Wahrnehmungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Informanten hätte haben müssen. Der zuständige Nachrichtenoffizier hatte den Informanten als "gewöhnlich glaubwürdig" eingestuft. Seine Berichte über die Entführung und das Liegenbleiben der Tanklastwagen sowie das Auftreten größerer Taliban-Gruppen hatten sich als zutreffend erwiesen.
[71] Zudem zeigt die Revision nicht auf, dass Oberst K. in der konkreten Entscheidungssituation (nachts und in einem umkämpften Gebiet) die Möglichkeit gehabt hätte, den exakten Standort des Informanten und dessen Blick auf das Geschehen zu verifizieren.
[72] Der ferner gerügte Verstoß gegen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast liegt nicht vor. Die Beklagte hat die von dem Informanten erhaltenen Mitteilungen im Prozess offengelegt. Dass er sich "vor Ort" befunden hat, war sowohl erstinstanzlich als auch in der Berufungsinstanz unstreitig und ist von den Klägern erstmals nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung in Zweifel gezogen worden, was das Berufungsgericht zu Recht als nach §§ 525, 296a ZPO unbeachtlich behandelt hat.
[73] (cc) Die von der Revision ferner angeführten Einsatzregeln der NATO für den Einsatz der ISAF-Streitkräfte ("Rules of Engagement") führen zu keiner anderen Bewertung. Die Revision legt nicht dar und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Einsatzregeln, die vor allem die Zweckmäßigkeit militärischer Handlungen im Blick hatten und Entscheidungskompetenzen regelten, über die Vorgaben des humanitären Völkerrechts hinausgingen und dem Luftangriff entgegenstanden. Einsatzregeln dienen – ebenso wie die Zentrale Dienstvorschrift 15/2 des BMVg – nur dazu, die Einhaltung der Regeln des humanitären Völkerrechts bei bewaffneten militärischen Operationen sicherzustellen.
[74] III. Die Revision der Kläger ist nach allem zurückzuweisen, wobei dahinstehen kann, ob die Bundesrepublik Deutschland bei bewaffneten Auslandseinsätzen der Bundeswehr unter der operativen Führung der NATO nach Art. 34 Satz 1 GG überhaupt passivlegitimiert ist.