Bundesverwaltungsgericht
Personalvertretungsrecht
Kosten der Wahlanfechtung; Kosten der Wahl; materieller Kostenerstattungsanspruch; sächliche Kosten; Wahlbehinderung bzw. -beeinflussung; zur Rechtsverfolgung erforderlich; Verjährung; Verwirkung
HePersVG § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 22 Abs. 1, § 111 Abs. 1 Nr. 2; BPersVG § 24 Abs. 2 Satz 1, § 44 Abs. 1, § 99 Abs. 1, § 100 Abs. 2, § 100 Abs. 3; BGB § 196 Nr. 15, § 201
Die außergerichtlichen Kosten eines erfolgreich durchgeführten personalvertretungsrechtlichen Wahlanfechtungsverfahrens sind "Kosten der Wahl", die von der Dienststelle zu tragen sind (Änderung der Rechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 25. Februar 1983 – BVerwG 6P 41. 79 – ZBR 1983, 311 und vom 27. Juli 1983 – BVerwG 6P 7. 81 – Buchholz 238. 3A § 24 Nr. 2 – dort nur Leitsatz).
BVerwG, Beschluss vom 29. 8. 2000 – 6 P 7.99 (lexetius.com/2000,2139)
[1] In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Niehues, die Richterin Eckertz – Höfer sowie die Richter Dr. Gerhardt, Büge und Dr. Graulich beschlossen:
[2] Die Sprungrechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 22. März 1999 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert wird auf 7 398 DM festgesetzt.
[3] Gründe: I. Die Beteiligten streiten darüber, wer die außergerichtlichen Kosten einer Wahlanfechtung zu tragen hat.
[4] Die zwischen dem 2. und 7. Mai 1996 im Amt für Wissenschaft und Kunst bei der Stadt Frankfurt am Main durchgeführte Personalratswahl wurde von 31 dort Beschäftigten gerichtlich erfolgreich angefochten (vgl. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 1996 – 23 L 4/96 (V) – und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. September 1997 – 22 TL 1/97). Mit Schreiben vom 27. November 1996 begehrten diese Beschäftigten von der beteiligten Stadt Frankfurt am Main Erstattung der Kosten ihres sie in erster Instanz vertretenden Anwalts, indem sie seine Rechnung vom 25. November 1996 über 4 417,15 DM einreichten. Die Beteiligte verweigerte mit Schreiben vom 6. Dezember 1996 die Kostenerstattung. In seinem Beschluss vom 4. September 1997 lehnte der Hessische Verwaltungsgerichtshof den Erlass der entsprechend beantragten Kostenentscheidung zu Lasten der Beteiligten mit der Begründung ab, einer solchen Kostenentscheidung bedürfe es nicht, weil die Beteiligte materiell-rechtlich gemäß § 21 HePersVG zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der die Wahlanfechtung betreibenden Beschäftigten verpflichtet sei. Im Anschluss daran reichte die antragstellende Gewerkschaft durch ihre Bezirksverwaltung Hessen mit Schreiben vom 14. November 1997 ergänzend die Kostenrechnung der für die Wahlanfechtenden in zweiter Instanz tätigen Anwältin vom 14. Oktober 1997 über 2 980,87 DM zwecks Erstattung bei der Beteiligten ein. Sie setzte eine Zahlungsfrist bis zum 28. November 1997. Mit Schreiben vom 25. November 1997 lehnte die Beteiligte die Kostenübernahme ab. Die außergerichtlichen Kosten des an dem Wahlanfechtungsverfahren ebenfalls beteiligten Personalrats wurden dagegen für beide Instanzen übernommen. In der Folgezeit ließ sich die antragstellende Gewerkschaft die Ansprüche gegenüber der beteiligten Stadt auf Freistellung von den anwaltlichen Kosten aus dem erfolgreich durchgeführten Wahlanfechtungsverfahren für beide Instanzen abtreten.
[5] Am 27. Januar 1999 leitete die Antragstellerin daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren ein, um die Zahlung der außergerichtlichen Kosten der die Wahlanfechtung betreibenden Beschäftigten beim Amt für Wissenschaft und Kunst in Höhe von insgesamt 7 398,02 DM nebst 4 % Verzugszinsen seit dem 29. November 1997 durchzusetzen. Die Beteiligte hat erstinstanzlich eine Zahlungspflicht verneint und sich ergänzend auf Verjährung nach § 196 Nr. 15 BGB berufen. Ferner hat sie Verwirkung eingewandt.
[6] Das Verwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch aus abgetretenem Recht mit Beschluss vom 22. März 1999 zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Den 31 wahlberechtigten Beschäftigten beim Amt für Wissenschaft und Kunst der Stadt Frankfurt am Main habe hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der von ihnen betriebenen Wahlanfechtung ein Freistellungsanspruch aus § 21 Abs. 1 HePersVG gegenüber der Beteiligten zugestanden. Kein Wahlberechtigter dürfe nach dieser Regelung in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts behindert werden. Müssten die 31 Beschäftigten, die das Wahlanfechtungsverfahren in zwei Instanzen erfolgreich betrieben hätten, die angefallenen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe tragen, wären sie jedoch in der Ausübung ihres Wahlrechtes in unzulässiger Weise gegenüber anderen Personen der Dienststelle benachteiligt. Dies wiederum führe im Hinblick auf die Vorschrift des § 100 Abs. 2 BPersVG dazu, dass die Beteiligte die entsprechenden außergerichtlichen Kosten der eine Wahlanfechtung betreibenden Beschäftigten jedenfalls dann zu übernehmen habe, wenn die Wahlanfechtung erfolgreich durchgeführt worden sei. § 100 Abs. 2 BPersVG verbiete nämlich ausdrücklich, dass den Beschäftigten durch die Wahl und die Tätigkeit der Personalvertretungen wirtschaftliche Nachteile entstehen. § 21 Abs. 1 HePersVG sei so auszulegen, dass der Zweck des § 100 Abs. 2 BPersVG in vollem Umfang erreicht werde, einschließlich der in § 100 Abs. 3 BPersVG getroffenen Aussage, wonach die durch die Wahl und die Tätigkeit der Personalvertretung entstehenden Kosten von der Verwaltung zu tragen seien. Die wirtschaftlich fühlbare Behinderung in der Ausübung des Rechts, eine Wahlanfechtung einzuleiten und auch über zwei Instanzen hinweg durchzuführen, stelle eine Behinderung des Wahlrechts selbst dar, werde also unmittelbar von § 21 Abs. 1 HePersVG erfasst. Dementsprechend habe auch das Bundesarbeitsgericht aus dem Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG einen Freistellungsanspruch entnommen. Dieser Auslegung des § 21 Abs. 1 HePersVG stehe die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG nicht entgegen.
[7] Die entgegenstehende ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führe zu einer nach dem Maßstab von Art. 1 Hessische Landesverfassung und Art. 3 Abs. 1 GG nicht vertretbaren sachwidrigen Ungleichbehandlung der am Wahlanfechtungsverfahren beteiligten Dienststellenleitung und des Personalrats auf der einen Seite und der die Wahlanfechtung erfolgreich betreibenden Beschäftigten auf der anderen Seite. Auch die eine Wahlanfechtung erfolgreich betreibenden Beschäftigten einer Dienststelle müssten – ebenso wie der Personalrat und die Dienststellenleitung – die Möglichkeit erhalten, sich zur Wahrnehmung ihrer Interessen anwaltlicher Hilfe zu bedienen und dafür auch Freistellung von den entsprechenden Kosten beanspruchen zu dürfen. Hinzu komme, dass das den Beschäftigen zustehende aktive und passive Wahlrecht für Personalvertretungen sich nicht nur aus den einschlägigen Vorschriften des Hessischen Personalvertretungsrechts in Konkretisierung der entsprechenden Vorgaben des Bundespersonalvertretungsrechts ergebe, sondern es unmittelbar auf Art. 37 Abs. 1 Hessische Landesverfassung beruhe. Zum Wahlrecht als einem subjektiven Recht gehöre nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch sein Schutz durch ein anschließendes Wahlprüfungsverfahren. Denn ohne ein derartiges Kontrollverfahren sei keine ausreichende Vorsorge dagegen getroffen, dass eine Wahl ordnungsgemäß und frei von Wahlfälschungen oder ungewollten Fehlern durchgeführt werde.
[8] Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrechtsbeschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass es für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch an einer Rechtsgrundlage fehle. § 100 Abs. 2 und Abs. 3 BPersVG seien als Rechtsgrundlage nicht geeignet. Es gehe hier weder um wirtschaftliche Nachteile von Beschäftigten im Sinne von § 100 Abs. 2 BPersVG noch um Kosten, die der Personalvertretung durch die Wahl entstanden seien. Vielmehr gehe es darum, dass Beschäftigte, welche nicht der Personalvertretung angehörten oder für diese bei der Wahl tätig seien, die Personalratswahl angefochten hätten. Die außergerichtlichen Kosten der Wahlanfechtung seien keine Kosten der Wahl. Denn es handele sich nicht um Ausgaben und Aufwendungen, die durch die Tätigkeit der Wahlvorbereitungsorgane, insbesondere durch den Wahlvorstand verursacht worden seien. Auch aus dem Verbot der Wahlbehinderung folge kein entsprechender Kostenerstattungsanspruch. Die antragstellende Gewerkschaft habe ihren Mitgliedern die Anwaltskosten erstattet. Die Beschäftigten seien also kein persönliches Kostenrisiko bei der Durchführung des Anfechtungsverfahrens eingegangen. Selbst aber, wenn die Erstattungspflicht dem Grunde nach bestehen würde, fehle es hier an der Angemessenheit der geltend gemachten Verfahrenskosten. Den wahlanfechtenden und gewerkschaftsgebundenen Beschäftigten sei es zuzumuten gewesen, sich durch die erfahrenen Mitarbeiter/-innen der Rechtsstelle der antragstellenden Gewerkschaft vertreten zu lassen.
[9] Jedenfalls sei der Freistellungsanspruch verjährt; dies ergebe sich aus den § 196 Nr. 15, § 198, 201 BGB. Zumindest aber sei der Anspruch verwirkt. Die Beteiligte habe bereits mit Schreiben vom 25. November 1997 unmissverständlich die Kostenerstattung abgelehnt. Es sei mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass seitens der Antragstellerin eine Reaktion auf die Ablehnung erfolgt sei. Erst im September oder Oktober 1998 sei es zu der Abtretung an die Antragstellerin gekommen. Bis zur Einreichung des Antrags beim Verwaltungsgericht habe es dann noch mehrere Monate gedauert. Da die Antragstellerin das Schreiben vom 25. November 1997 widerspruchslos hingenommen habe, sei ihr Schweigen nach § 242 BGB als Akzeptanz zu werten.
[10] Die Beteiligte beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 22. März 1999 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vom 25. Januar 1999 abzuweisen.
[11] Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Sprungrechtsbeschwerde.
[12] Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor: Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG trage die Dienststelle die Kosten der Personalratswahl. Dies gelte ebenso gemäß § 21 Abs. 2 HePersVG. Zu den Kosten der Wahl zählten auch die außergerichtlichen Kosten einer Wahlanfechtung durch Wahlberechtigte. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei inzwischen überholt. Nach zutreffender Ansicht des Bundesarbeitsgerichts beträfen die mit der Bildung eines Betriebsrates verbundenen Kosten und finanziellen Risiken grundsätzlich den Arbeitgeber und nicht die Arbeitnehmer. Für die Wahl eines Personalrats könne nichts anderes gelten. Das Gesetz nehme die Kosten eines erfolgreich abgeschlossenen Wahlanfechtungsverfahrens nicht von den Kosten der Wahl aus. Es liege im wohlverstandenen Interesse des öffentlichen Arbeitgebers, eine ordnungsgemäß zustande gekommene Personalvertretung als Gesprächspartner zu haben. Der Anspruch sei weder verjährt noch verwirkt.
[13] II. Die Sprungrechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluss beruht zwar auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 111 Abs. 3 Satz 1 HePersVG i. V. m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Es erweist sich indessen aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
[14] 1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der an die antragstellende Gewerkschaft abgetretene Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten für das erfolgreich durchgeführte Wahlprüfungsverfahren zulässig als Zahlungsanspruch im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren geltend gemacht werden kann.
[15] Nach § 111 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 HePersVG (entsprechend § 83 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BPersVG) entscheiden die Verwaltungsgerichte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren über Fragen der Wahl der Personalvertretungen. Hierzu gehört auch, wer die Kosten einer entsprechenden Wahlanfechtung zu tragen hat. Durch die Abtretung des auf Freistellung von den außergerichtlichen Kosten der Wahlanfechtung gerichteten Anspruchs der 31 wahlanfechtenden Beschäftigten an die antragstellende Gewerkschaft hat der Anspruch seinen personalvertretungsrechtlichen Charakter nicht verloren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. März 1984 – BVerwG 6P 5. 82 – BVerwGE 69, 100, 103 = Buchholz 238. 3 A § 44 BPersVG Nr 10). Der entsprechende Freistellungsanspruch wandelt sich durch die Abtretung in einen Zahlungsanspruch um, der weiterhin im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren geltend zu machen ist (vgl. BAG, Beschluss vom 13. Mai 1998 – 7 ABR 65/96 – AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG = NZA 1998, 900).
[16] 2. Der angefochtene Beschluss hat zu Unrecht § 21 Abs. 1 HePersVG als Grundlage des Anspruchs auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten einer erfolgreichen Wahlanfechtung durch den öffentlichen Arbeitgeber herangezogen; diese Rechtsnorm regelt eine solche Kostentragungspflicht nicht.
[17] Das rahmenrechtlich (§ 99 Abs. 1 BPersVG) vorgegebene Behinderungs- und Beeinflussungsverbot des § 21 Abs. 1 HePersVG will die ungehinderte personalvertretungsrechtliche Wahl ermöglichen, indem es vor unverhältnismäßigen Einschränkungen des Wahlfreiheit schützt. Es verbietet jedes Handeln oder Unterlassen, welches die Wahl objektiv verhindert oder erschwert. So zielt das Behinderungsverbot (§ 21 Abs. 1 Satz 1 HePersVG 1. Alternative) darauf ab, die Handlungsfreiheit durch die Gewähr eines reibungslosen und ungestörten äußeren Ablaufs der Wahl zu sichern, während das gleichrangig daneben stehende Verbot, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise die Wahl zu beeinflussen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 HePersVG 2. Alternative), die innere Willensbildung und Entscheidungsfreiheit der Wählerinnen und Wähler schützen will. Behinderungs- und Beeinflussungsverbote gelten zwar im Grundsatz auch für die Wahlanfechtung im Sinne von § 22 Abs. 1 HePersVG. Der Entschluss und die Durchführung einer Anfechtung soll bei entsprechenden Verstößen gegen wesentliche Vorschriften der Wahl ebenfalls ungestört und ohne unangemessene Beeinflussung möglich sein. Dieses ergibt sich aber bereits aus der Gewährleistung der Wahlanfechtung in § 22 Abs. 1 HePersVG selbst, ohne dass es dazu eines Rückgriffs auf § 21 Abs. 1 HePersVG bedürfte. Dem Behinderungsverbot als solchem lässt sich eine Aussage dazu nicht entnehmen, wer die außergerichtlichen Kosten einer Wahlanfechtung zu tragen hat.
[18] 3. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich dennoch im Ergebnis als richtig, weil der Anspruch der Beschäftigten auf Freistellung von den außergerichtlichen Kosten der erfolgreich betriebenen Wahlanfechtung aus § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG folgt. Der antragstellenden Gewerkschaft steht deshalb der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 7. 398,02 DM nebst Zinsen aus abgetretenem Recht zu. Die geltend gemachten Kosten waren auch der Höhe nach zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich.
[19] 3. 1 Die Kosten einer erfolgreich durchgeführten Wahlanfechtung sind als Kosten der Wahl nach § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG von der Dienststelle zu tragen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift hat die Dienststelle die (sächlichen) Kosten der Wahl zu tragen. Die Vorschrift ist in Übereinstimmung mit § 100 Abs. 3 BPersVG und unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 100 Abs. 2 BPersVG dahingehend auszulegen, dass die "Kosten der Wahl" im Grundsatz auch diejenigen einer Wahlanfechtung umfassen, dies zumindest dann, wenn sie erfolgreich war. Die Hervorhebung der "sächlichen" Kosten in § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG bedeutet hierbei keine Einschränkung dergestalt, dass die Kosten einer Wahlanfechtung von den erstattungspflichtigen Kosten nach hessischem Personalvertretungsrecht auszunehmen wären.
[20] Nach Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG – ebenso des § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG – treffen die mit der Bildung eines Personalrats verbundenen Kosten und finanziellen Risiken grundsätzlich allein die Dienststelle. Entsprechend bestimmt die Rahmenvorschrift des § 100 Abs. 2 BPersVG, dass den Beschäftigten durch die Wahl der Personalvertretungen keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen dürfen. Der Wortlaut erlaubt hier eine Interpretation, nach der die Beschäftigten auch nicht mit den Kosten einer erfolgreich und im objektiven Interesse der gesamten Dienststelle durchgeführten Wahlanfechtung belastet sein sollen. § 100 Abs. 3 BPersVG sieht darüber hinaus ausdrücklich vor, dass die durch die Wahl der Personalvertretungen entstehenden Kosten von der Verwaltung getragen werden. Dem Wortlaut dieser Rahmenvorschrift ist keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, dass nur die Kosten der engeren Wahlhandlung gemeint sein sollen. Dieses ist für die Kosten der Vorbereitung der Wahl auch allgemein anerkannt. Zu den Kosten der Wahl zählen aber nicht nur diejenigen, die bei der Vorbereitung und Durchführung anfallen, sondern grundsätzlich auch solche, die durch eine ggf. erforderliche "Nachbereitung" der Wahl in Gestalt der gesetzlich vorgesehenen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses verursacht sind. Hierbei handelt sich um Kosten, die ebenfalls durch eine, wenn auch fehlerhafte Wahl ausgelöst sind. Die Wahlanfechtung bedarf zwar der Initiative dreier Wahlberechtigter (vgl. § 22 Abs. 1 HePersVG = § 25 BPersVG). Sie ist jedoch nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht von der Verletzung eigener Rechte oder auch nur rechtlich geschützter Interessen abhängig. Damit wird deutlich, dass die Anfechtenden nicht oder jedenfalls nicht ausschließlich in eigenem Interesse handeln. Es liegt vielmehr ebenso im Interesse des Dienstherrn wie in dem der Beschäftigten, dass der Personalrat entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zusammengesetzt ist. Demgemäß ist es eine wichtige Funktion des Wahlprüfungsverfahrens, für einen korrekt zusammengesetzten Personalrat als Vertretung der Interessen der Beschäftigten und als mit erheblichen Befugnissen ausgestatteten Ansprechpartner der Dienststellenleitung zu sorgen. Dass Personalratswahlen ohne Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren stattfinden, liegt dabei letztlich auch im allgemeinen Interesse. Die rahmenrechtliche Gesamtregelung des § 100 Abs. 2 und 3 BPersVG in Verbindung mit den Zielen der Wahlanfechtung verbietet dementsprechend der Sache nach, jedenfalls die für eine erfolgreiche Wahlanfechtung erforderlichen Kosten von den Beschäftigten tragen zu lassen, welche den Verstoß gegen die wesentlichen Wahlvorschriften erkannt und die gesetzlich vorgesehene Eigeninitiative ergriffen haben.
[21] Die mögliche Wortlautinterpretation stimmt mit Sinn und Zweck dieser Kostentragungspflicht überein. Sie gebietet eine ausschließlich begriffliche Abgrenzung des "eigentlichen" Wahlvorgangs von der nachfolgenden Wahlanfechtung nicht. Der Begriff der Wahl kann dahin verstanden werden, dass er nicht nur auch Vorbereitungshandlungen, sondern auch die gesetzlich vorgesehene Wahlanfechtung nach einem Wahlvorgang erfasst. Der Begriff "Kosten der Wahl" ist in diesem Sinne umfassend gemeint (ebenso – zu § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG – BAG, Beschluss vom 7. Juli 1999 – 7 ABR 4/98 – AP Nr. 19 zu § 20 BetrVG 1972 = PersR 1999, 541 = PersV 2000, 87; Dietz Richardi BPersVG, 2. Aufl. 1978, § 24 Rz. 38; vgl. früher schon Windscheid ZBR 1962, 73). Soweit dieser Auslegung die frühere Rechtsprechung des Senats entgegensteht (vgl. Beschlüsse vom 25. Februar 1983 – BVerwG 6P 41. 79 – ZBR 1983, 311 und vom 27. Juli 1983 – 6P 7. 81 – Buchholz 238. 3A § 24 Nr. 2), wird hieran nicht festgehalten.
[22] Diesen rahmenrechtlich vorgegebenen Sinn verlässt § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG auch nicht wegen seines sich von § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG unterscheidenden Wortlauts. Soweit dieser auf die "sächlichen Kosten" abstellt, ist dem nicht zu entnehmen, dass damit eine § 100 Abs. 3 BPersVG widersprechende Begrenzung der Kostentragungspflicht der Dienststelle beabsichtigt wäre. Allerdings hat es der hessische Gesetzgeber unterlassen, den seit der ersten Fassung des hessischen Personalvertretungsgesetzes unveränderten Wortlaut (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG i. d. F. vom 23. Dezember 1959 – GVBl 83) – der noch dem früheren 21 Abs. 2 PersVG i. d. F. vom 5. August 1955 entspricht (BGBl I 477) – der Rahmenvorschrift des § 100 Abs. 3 BPersVG anzupassen. Dies ist indes unschädlich. Der Bundesgesetzgeber hatte die Änderung des Wortlautes mittels der Streichung des Wortes "sächlich" im § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG i. d. F. vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693) nicht weiter begründet (vgl. BTDrucks 7/176 S. 28 zu § 23, der dem später verabschiedeten § 24 entsprach). Der hessische Gesetzgeber ist ersichtlich niemals davon ausgegangen, dass § 21 Abs. 2 HePersVG nicht alle durch die Rahmenvorschrift des § 100 Abs. 3 BPersVG angesprochenen Kosten der Wahl abdeckt. Angesichts der mit diesem Beschluss abgeänderten früheren Rechtsprechung des Senats (vgl. die Beschlüsse vom 25. Februar 1983 und vom 27. Juli 1983 – a. a. O.) musste sich ihm dieses auch nicht aufdrängen. Jedenfalls ergibt die erforderliche rahmenrechtskonforme Auslegung des § 21 Abs. 2 HePersVG, dass er alle Kosten der Wahl im Sinne des § 100 Abs. 3 BPersVG, und damit auch die erforderlichen Kosten einer erfolgreichen Wahlanfechtung erfasst.
[23] 3. 2 Die geltend gemachten und von der Beteiligten nicht der Höhe, sondern nur dem Grunde nach beanstandeten Kosten waren hier auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich.
[24] Nach den zu § 44 Abs. 1 BPersVG entwickelten Grundsätzen, die im hessischen Personalvertretungsrecht wegen der im Wesentlichen sinngleichen Regelung in § 42 HePersVG ebenfalls anzuwenden sind, hat die Dienststelle die außergerichtlichen Kosten, die durch die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos war oder mutwillig betrieben wurde. Eine Rechtsverfolgung ist insbesondere dann mutwillig, wenn von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen der kostspieligere beschritten wird (vgl. Beschluss vom 9. März 1992 – BVerwG 6P 11. 90 – BVerwGE 90, 77 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr 26 m. w. N.). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG.
[25] Dass die Rechtsverfolgung hier nicht von vornherein aussichtslos gewesen war, ergibt sich schon daraus, dass sie in zwei Instanzen erfolgreich war. Angesichts dieser Sachlage bedarf es im vorliegenden Fall auch keiner Entscheidung, welche Anforderungen an die aus der Sicht von vernünftigen, eine Wahlanfechtung nicht leichtfertig in Betracht ziehenden Wahlberechtigten im Vorhinein abzugebende Prognose zu stellen sind.
[26] Eine im dargelegten Sinne rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung ist vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Das erfolgreiche Wahlanfechtungsverfahren betraf unter anderem Fragen der Abfassung des Wahlausschreibens, des Grundsatzes der geheimen Wahl, der zulässigen Dauer des Wahlverfahrens und Unregelmäßigkeiten der Auszählung. Angesichts der rechtlich und tatsächlich schwierigen Materie, die dazu führte, dass beide Instanzen jeweils unterschiedliche Fehler feststellten, war es offenkundig nicht rechtsmissbräuchlich, sich der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten können die 31 wahlanfechtenden Beschäftigten nicht darauf verwiesen werden, sich durch Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen der Rechtsstelle der antragstellenden Gewerkschaft und nicht durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Auch für gewerkschaftsangehörige Beteiligte mit satzungsmäßigem Anspruch auf kostenlose Rechtsvertretung durch sachkundige Mitarbeiter der Organisation gibt es mannigfache Gründe, sich im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Dass dies hier mit Schädigungsabsicht gegenüber der Dienststelle oder sonst aus sachwidrigen Gründen geschehen ist, ist nicht ersichtlich.
[27] 3. 3 Der Einwand der Verjährung durch die Beteiligte geht fehl. Auf die Verjährung einer anwaltlichen Honorarforderung nach § 196 Nr. 15 BGB kann sich allein der Schuldner, nicht aber ein Dritter berufen, der auf Grund einer eigenständigen gesetzlichen Kostentragungspflicht – hier des § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG – zur Freistellung des Schuldners von dieser Forderung verpflichtet ist. Dementsprechend hatte das erstinstanzliche Gericht auch keine Veranlassung zu überprüfen, ob die Einrede der Verjährung nicht aus anderen Gründen ins Leere geht, etwa weil die Antragstellerin als Zessionarin der vertraglichen Honorarleistungspflicht diese bereits in zeitlichem Zusammenhang mit den 31 Abtretungen im Herbst 1998 beglichen hatte. Hierzu wäre sie den die Kostenrechnung stellenden Rechtsanwälten gegenüber verpflichtet gewesen, da die Forderungen frühestens zum Jahresende 1998 hätten verjähren können (§ 196 Nr. 15, § 201 BGB).
[28] Die Forderung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 HePersVG ist auch entgegen der Auffassung der Beteiligten nicht verwirkt. Die Verwirkung setzt nicht nur voraus, dass der Anspruch für längere Zeit nicht geltend gemacht wurde und dass der Berechtigte durch sein Verhalten bei dem Pflichtigen die Vorstellung begründet hat, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht, sondern verlangt auch, dass der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat (stRspr, vgl. BVerwGE 44, 339, 343; 69, 227, 236 f.; Urteil vom 20. 12. 1999 – BVerwG 7C 42. 98 – NJW 2000, 1512). Hier ist bereits zu bezweifeln, ob die 14 Monate, die zwischen der Ablehnung der Kostenerstattung mit Schreiben vom 25. November 1997 und der Antragstellung im Beschlussverfahren vom 27. Januar 1999 lagen, als eine in diesem Sinne hinreichend lange Zeit zu werten ist. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass bei der Beteiligten ein die Kostenerstattungspflicht beendendes schutzwürdiges Vertrauen entstanden wäre und sie sich hierauf auch mit einer Vertrauensdisposition eingerichtet hätte. Die Beteiligte trägt nichts vor, was einen derartigen Schluss erlauben würde.
[29] 4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 Abs. 1 BRAGO i. V. m. § 7 Abs. 1 BRAGO; Verfahrensgegenstand ist ein bezifferbarer vermögensrechtlicher Anspruch.