Bundesarbeitsgericht
Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung und Abfindungsvergleich
1. Eine Verurteilung zum Abschluß eines in der Vergangenheit liegenden Arbeitsvertrags ist nicht möglich (Bestätigung von BAG 14. Oktober 1997 – 7 AZR 298/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr 154 = EzA BGB § 611 Einstellungsanspruch Nr 10 und – 7 AZR 811/96 – BAGE 87, 1 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr 155).
2. Dem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer kann ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt. Entsteht diese erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, besteht grundsätzlich kein Wiedereinstellungsanspruch (Bestätigung von BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 ff).
3. Dem Wiedereinstellungsanspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Diese können auch darin bestehen, daß der Arbeitgeber den in Betracht kommenden Arbeitsplatz bereits wieder besetzt hat.
4. Der Arbeitgeber kann sich auf die Neubesetzung des Arbeitsplatzes nicht berufen, wenn hierdurch der Wiedereinstellungsanspruch treuwidrig vereitelt wird.
5. Bei der Auswahl des wiedereinzustellenden Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber gem. § 242 BGB die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, von sich aus einen Arbeitnehmer über eine sich unvorhergesehen ergebende Beschäftigungsmöglichkeit zu unterrichten, hängt ebenfalls gem. § 242 BGB von den Umständen des Einzelfalls ab.
6. Ein Abfindungsvergleich kann dem Wiedereinstellungsanspruch entgegenstehen. Der Arbeitgeber kann ihn auch bei der Auswahl des wiedereinzustellenden Arbeitnehmers berücksichtigen.
7. Nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage entfällt ein Abfindungsvergleich nur dann, wenn das Festhalten an ihm für eine Partei unzumutbar ist.
BAG, Urteil vom 28. 6. 2000 – 7 AZR 904/98 (lexetius.com/2000,4360)
[1] Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Oktober 1998 – 7 Sa 396/98 – wird zurückgewiesen.
[2] Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger wieder einzustellen.
[4] Die Beklagte betreibt ein Personenschiffahrtsunternehmen und beschäftigte zu Beginn des Jahres 1995 noch 300 Arbeitnehmer. Ihre Tätigkeit umfaßte damals die sog. Kabinenschiffahrt, in der vorwiegend Flußkreuzfahrten angeboten wurden, und den Tagesausflugsdienst. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten beschloß sie im Jahr 1995 mehrere Sanierungsmaßnahmen, darunter auch die Ausgliederung des Vertriebs Kabinenschiffahrt in eine neu zu gründende Vertriebsgesellschaft. Die Maßnahmen waren Gegenstand des zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleichs vom 20. Februar 1996. Der zugleich abgeschlossene Sozialplan sah für aus diesem Anlaß betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer Abfindungszahlungen vor.
[5] Der 1952 geborene Kläger war seit 1969 bei der Beklagten tätig. Nach Abschluß einer kaufmännischen Lehre arbeitete er vom 1. Juli 1971 bis 1994 in der Abteilung Finanzen/Controlling für die Bereiche Kabinendienst und Tagesdienst. Danach war er als Debitorenbuchhalter dem Kabinendienst zugeordnet. Er bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von 5. 634, – DM. Mit Schreiben vom 8. März 1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sämtliche Vertriebsaktivitäten für den Kabinendienst zum 1. April 1996 im Wege des Betriebsteilübergangs von der D mbH übernommen würden und sein Anstellungsverhältnis künftig von dieser fortgeführt werde, wenn er nicht bis zum 30. März 1996 widerspreche. Sie sei bereit, den Mitarbeitern, für die bei der Kabinendienstgesellschaft kein gesicherter Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, Abfindungen nach dem Sozialplan zu zahlen. Wie ihm die Beklagte mit Schreiben vom 20. März 1996 mitteilte, gehörte zu diesen auch der Kläger. Nachdem dieser mit Anwaltsschreiben vom 26. März 1996 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses hatte widersprechen lassen, kündigte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 21. Mai 1996 zum 31. Dezember 1996 und teilte zugleich mit, sie zahle ihm aufgrund des Sozialplans eine Abfindung von 66. 347, – DM. Zur Erledigung der daraufhin vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage einigten sich die Parteien am 11. Oktober 1996 auf gerichtlichen Vorschlag vergleichsweise dahin, daß das Arbeitsverhältnis durch die fristgerechte, betriebsbedingte Kündigung der Beklagten zum 31. Dezember 1996 sein Ende finden sowie bis dahin ordnungsgemäß abgewickelt wird und die Beklagte an den Kläger bei seinem Ausscheiden als Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG insgesamt 74. 000, – DM unter Anrechnung der Sozialplanabfindung zahlt.
[6] Ende Januar 1997 erfuhr der Kläger, daß die 1962 geborene und 1993 eingestellte Mitarbeiterin B bei der Beklagten weiterhin als Kreditorenbuchhalterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von 3. 700, – DM beschäftigt wurde. Deren ebenfalls zum 31. Dezember 1996 ausgesprochene Kündigung hatte die Beklagte im Dezember 1996 "zurückgenommen". Vom Kläger zur Stellungnahme aufgefordert teilte die Beklagte mit, die Beschäftigungsmöglichkeit für Frau B habe sich aufgrund neuer Entwicklungen im Dezember 1996 ergeben.
[7] Mit der am 13. März 1997 erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht wirksam beendet worden. Zumindest habe er einen Wiedereinstellungsanspruch, da der Arbeitsplatz der Kreditorenbuchhalterin B erhalten geblieben sei und sich damit nach Ausspruch der Kündigung der maßgebliche Sachverhalt geändert habe. Zwischen Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung bestünden keine ins Gewicht fallenden Unterschiede. Die Gehaltsdifferenzen zwischen dem Kläger und Frau B hätten auf deren geringerem Lebensalter und der kürzeren Betriebszugehörigkeit beruht. Da Frau B wesentlich weniger schutzbedürftig sei, hätte ihm deren Arbeitsplatz angeboten werden müssen. Die Geschäftsgrundlage für den Vergleich sei entfallen.
[8] Der Kläger hat zuletzt nur noch beantragt, die Beklagte zu
[9] verurteilen, Zug um Zug gegen Rückzahlung der Abfindungszahlung in Höhe von 74. 000, – DM den Kläger mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 zu den Konditionen und mit den Sozialbesitzständen wieder einzustellen, die der Kläger bis zum 31. Dezember 1996 erworben hatte.
[10] Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
[11] Der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiedereinstellung. Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei die tatsächliche Einstellung der Kabinenschiffahrt und der dadurch bedingte Wegfall des Arbeitsplatzes gewesen. Diese Geschäftsgrundlage sei nicht entfallen.
[12] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landearbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Wiedereinstellungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
[13] Entscheidungsgründe: Die Revision des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Wiedereinstellungsanspruch zu.
[14] I. A. Die Klage ist zulässig.
[15] 1. Der auf die Verurteilung der Beklagten zur Wiedereinstellung des Klägers gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
[16] a) Aufgrund der gebotenen Auslegung ist der Antrag dahin zu verstehen, daß die Beklagte zur Annahme eines in der Klage enthaltenen Angebots des Klägers auf Abschluß eines Arbeitsvertrags verurteilt werden soll (vgl. hierzu etwa BAG 15. Juli 1982 – 2 AZR 887/79 – BAGE 39, 180 = AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 20, zu A der Gründe; BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2, zu I der Gründe; BAG 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zur Veröffentlichung vorgesehen (zVv)., zu A der Gründe).
[17] b) Der Zeitpunkt, zu welchem der Vertrag geschlossen werden soll, ist mit dem 1. Januar 1997 konkret bezeichnet. Auch der Inhalt des abzuschließenden Vertrags ist in dem Antrag hinreichend bestimmt. Der Vertrag soll zu den Bedingungen und mit den Besitzständen zustande kommen, die in dem bisherigen, am 31. Dezember 1996 beendeten Arbeitsverhältnis bestanden.
[18] c) Der Umstand, daß die Verurteilung der Beklagten Zug um Zug gegen Rückgabe der Abfindungszahlung von 74. 000, – DM erfolgen soll, steht der Vollstreckbarkeit eines der Klage entsprechenden Urteils nicht entgegen. Es handelt sich um die in § 894 Abs. 1 Satz 2 ZPO iVm. § 726 ZPO vorgesehene Fallgestaltung. Die Annahmeerklärung der Beklagten würde danach zu dem Zeitpunkt fingiert, zu dem eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist. Zuvor müßte der Kläger nach § 726 Abs. 1 und 2 ZPO den Beweis der Rückzahlung der Abfindung geführt haben (vgl. hierzu auch Boewer NZA 1999, 1121, 1127).
[19] 2. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht etwa der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegen. Zwar streiten die Parteien auch darüber, ob der Prozeßvergleich vom 11. Oktober 1996, durch den der vorangegangene Kündigungsrechtsstreit erledigt wurde, mit seinem bisherigen Inhalt aufrechterhalten bleiben kann. Der Streitgegenstand dieses früheren Rechtsstreits war jedoch ein anderer. Dort ging es um die Wirksamkeit der Kündigung, hier um den Abschluß eines neuen Arbeitsvertrags. Im übrigen ist der Streit darüber, ob nach Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs dessen Geschäftsgrundlage weggefallen ist, nicht in dem alten, sondern in einem neuen Prozeß auszutragen (vgl. BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, zu B I der Gründe mwN; BGH NJW 1986, 1348, 1349; Thomas-Putzo ZPO 22. Aufl. § 794 Rn. 36 a mwN).
[20] B. Die Klage ist mit diesem Antrag schon deshalb unbegründet, weil die Beklagte nicht zum Abschluß eines Vertrags verurteilt werden kann, der in der Vergangenheit liegt. Ein solcher Vertrag wäre auf eine für den Kläger unmögliche Leistung gerichtet. Der Kläger kann für die Vergangenheit keine arbeitsvertraglichen Dienste mehr erbringen. Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nach § 306 BGB nichtig. Eine Verurteilung zu einer auf einen nichtigen Vertrag gerichteten Willenserklärung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht möglich (vgl. BAG 14. Oktober 1997 – 7 AZR 298/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 154 = EzA BGB § 611 Einstellungsanspruch Nr. 10 und – 7 AZR 811/96 – BAGE 87, 1 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 155, jeweils zu I 5 der Gründe; BAG 13. Mai 1998 – 7 AZR 297/97 – nv., zu I der Gründe; BAG 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zVv., zu A der Gründe). An dieser auch im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Boewer NZA 1999, 1121, 1177, 1182 mwN; Meinel/Bauer NZA 1999, 575, 581) hält der Senat fest. Oetker (ZIP 2000, 643, 653) bezeichnet zwar die Sichtweise als "zu formal auf den Vertragsabschluß ausgerichtet", setzt sich aber mit § 306 BGB und der Unmöglichkeit der Erbringung von in der Vergangenheit liegenden Dienstleistungen nicht auseinander. Auch in anderen Fällen eines Einstellungsanspruchs – etwa nach Art. 33 Abs. 2 GG – ist das Bundesarbeitsgericht bisher selbstverständlich davon ausgegangen, daß unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs ein Vertrag nicht rückwirkend, sondern erst für die Zukunft geschlossen wird (vgl. etwa BAG 9. November 1994 – 7 AZR 19/94 – BAGE 78, 244 = AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 33, zu I 1 der Gründe). Hierdurch wird der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf Wiedereinstellung der Arbeitgeber nicht rechtzeitig erfüllt hat, wirtschaftlich auch nicht schlechter gestellt als bei einer Begründung des Arbeitsverhältnisses für die Vergangenheit. Vielmehr hat er für die Vergangenheit Schadenersatzansprüche nach §§ 284, 286, § 280 Abs. 1, § 249, § 251 Abs. 1 BGB, die auf Entschädigung in Geld gerichtet sind (vgl. BAG 14. Oktober 1997 – 2 AZR 298/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 154 = EzA BGB § 611 Einstellungsanspruch Nr. 10, zu III 1 der Gründe; BAG 14. Oktober 1997 – 7 AZR 811/96 – BAGE 87, 1 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 155, zu III 3 der Gründe; BAG 29. April 1998 – 7 AZR 125/97 – nv., zu I 2 der Gründe; Boewer NZA 1999, 1121, 1177, 1181; Meinel/Bauer NZA 1999, 575, 581).
[21] II. A. Der Klageantrag ist, wie der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, hilfsweise dahin zu verstehen, daß die Beklagte zumindest zum Abschluß eines Arbeitsvertrags für die Zukunft verurteilt werden soll. Damit ist die Klage nicht auf einen anderen, sondern auf einen weniger weitreichenden Gegenstand gerichtet. Auch im übrigen begegnet die Zulässigkeit dieses Antrags keinen Bedenken.
[22] B. Auch der auf die Zukunft beschränkte Wiedereinstellungsantrag ist unbegründet.
[23] 1. In Rechtsprechung und Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit, daß bei betriebsbedingten Kündigungen grundsätzlich ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers jedenfalls dann entstehen kann, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergibt (vgl. insbesondere BAG 27. Februar 1997 – 2 AZR 160/96 – BAGE 85, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1; BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2; BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4; BAG 12. November 1998 – 8 AZR 265/97 – BAGE 90, 153 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 5; BAG 2. Dezember 1999 – 2 AZR 757/98 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42; Bader/Bram/Dörner/Wenzel KSchG Stand März 2000 § 1 Rn. 73; ErfK/Ascheid § 1 KSchG Rn. 473; Hueck/v. Hoyningen-Huene KSchG 12. Aufl. § 1 Rn. 156a ff.; Kiel/Koch Die betriebsbedingte Kündigung Rn. 855 ff.; Kittner/Däubler/Zwanziger-Kittner § 1 KSchG Rn. 56a ff.; KR-Etzel 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 569; Löwisch KSchG 8. Aufl. § 1 Rn. 80 ff., 263; Beckschulze DB 1998, 417 ff.; Berscheid MDR 1998, 1129 ff.; Boewer NZA 1999, 1121, 1177 ff.; Manske FA 1998, 143 ff.; Meinel/Bauer NZA 1999, 575 ff.; Nicolai/Noack ZfA 2000, 87 ff.; Oetker ZIP 2000, 643 ff.; Raab RdA 2000, 147 ff.; Zwanziger BB 1997, 42 ff.; aA Kaiser ZfA 2000, 205 ff.; Ricken NZA 1998, 460 ff. mwN zu der den Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich ablehnenden Auffassung, ebenda Fn. 6). Methodisch wird der Anspruch aus der Fürsorgepflicht (vgl. etwa KR-Etzel 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 569; Löwisch KSchG 8. Aufl. § 1 Rn. 80), dem Verbot des venire contra factum proprium (vgl. etwa Boewer NZA 1999, 1121, 1128), dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. etwa Hueck/v. Hoyningen-Huene KSchG 12. Aufl. § 1 Rn. 156 b), einer systemimmanenten Rechtsfortbildung (Raab RdA 2000, 147, 151, 152) oder auch aus der erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 3 KSchG (Zwanziger BB 1997, 42, 43) hergeleitet. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 27. Februar 1997 (- 2 AZR 160/96 – BAGE 85, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1) ohne ausdrückliche methodische Rangfolge nebeneinander die Gesichtspunkte angeführt, die für den Wiedereinstellungsanspruch sprechen (Korrektiv zu der sich als unzutreffend herausstellenden Prognose, Schutzzweck des § 1 KSchG, rechtsmißbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers, anspruchsbegründende Wirkung des § 242 BGB; Vertrauen des Arbeitnehmers; Beeinträchtigung des letztlich durch Art. 12 GG geschützten Rechts des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz nicht grundlos zu verlieren).
[24] 2. Für den erkennenden Senat ergibt sich der die negative Vertragsfreiheit des Arbeitgebers einschränkende Kontrahierungszwang als vertragliche Nebenpflicht aus dem noch fortbestehenden Arbeitsverhältnis (ebenso Oetker ZIP 2000, 643, 646, 647). Zu den letztlich auf § 242 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehört auch die Pflicht, auf die berechtigten Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen (vgl. BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2, zu II 1 b der Gründe). Der Arbeitnehmer hat auch nach Ausspruch einer rechtlich begründeten Kündigung regelmäßig noch ein Interesse daran, seinen Arbeitsplatz nicht mit Ablauf der Kündigungsfrist zu verlieren. Dieses Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes ist durch Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur bis zum Ausspruch einer Kündigung, sondern auch noch danach bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt. Allerdings wird der dem Staat obliegenden grundrechtlichen Schutzpflicht grundsätzlich durch das staatliche Kündigungsschutzrecht hinreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfG 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169 = AP KSchG 1969 § 23 Nr. 17, zu B I 1 der Gründe). Der Verlust des Arbeitsplatzes wird daher dem Arbeitnehmer regelmäßig auch von Verfassungs wegen zugemutet, wenn eine Kündigung den Erfordernissen des Kündigungsschutzrechts standhält.
[25] Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber dann geboten, wenn sich die der betriebsbedingten Kündigung zugrunde liegende Vorstellung des Arbeitgebers über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nachträglich als unzutreffend herausstellt. Die zur betriebsbedingten Kündigung entwickelte Rechtsprechung unterwirft nämlich den arbeitsrechtlichen Bestandsschutz insofern einer zeitlichen Einschränkung, als sie bei der Prüfung des Kündigungsgrundes auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs abstellt, eine hinreichend begründete Prognose zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit genügen und die spätere tatsächliche Entwicklung grundsätzlich unberücksichtigt läßt (vgl. etwa BAG 27. Februar 1997 – 2 AZR 160/96 – BAGE 85, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1, zu II 2 c der Gründe mwN). Diese "Vorverlagerung" des Prüfungszeitpunkts vom Ende des Arbeitsverhältnisses auf den häufig viele Monate früher liegenden und nicht nur von der Dauer der Kündigungsfrist, sondern auch vom Willensentschluß des Arbeitgebers abhängigen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ist zwar sowohl aus methodischen Gründen – die Wirksamkeit einer rechtsgestaltenden Willenserklärung wie der Kündigung muß zum Zeitpunkt ihres Zugangs feststellbar sein – wie auch aus Gründen der Rechtssicherheit, Verläßlichkeit und Klarheit geboten. Zugleich verlangt sie aber nach einem Korrektiv in den Fällen, in denen sich die maßgeblichen Umstände entgegen der ursprünglichen Prognose nachträglich ändern (BAG 27. Februar 1997 – 2 AZR 160/96 – BAGE 85, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1, zu II 4 b der Gründe). Ein geeignetes Korrektiv bildet die vertragliche Nebenpflicht zum erneuten Abschluß eines Arbeitsvertrags (vgl. zu einem entsprechenden tariflichen Korrektiv bei einer den Kündigungsschutz einschränkenden auflösenden Bedingung BAG 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zVv., zu B II 1 b bb der Gründe). Allerdings ist dabei auch zu beachten, daß dem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes das jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Arbeitgebers gegenübersteht, nicht zu einem Vertrag mit einem Arbeitnehmer gezwungen zu werden, den er nicht weiterbeschäftigen will (vgl. BVerfG 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169 = AP KSchG 1969 § 23 Nr. 17, zu B I 3 a der Gründe). Das sich hiernach stellende Problem der praktischen Konkordanz zweier kollidierender Grundrechtspositionen kann durch eine die konkreten Umstände berücksichtigende Abwägung der beiderseitigen Interessen gelöst werden (ebenso Oetker ZIP 2000, 643, 646).
[26] 3. Diese Herleitung des Wiedereinstellungsanspruchs aus einer vertraglichen, den Vorgaben des KSchG und der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung tragenden Nebenpflicht bestimmt zugleich Inhalt und Grenzen des Anspruchs nach betriebsbedingter Kündigung.
[27] a) Die Verknüpfung des Wiedereinstellungsanspruchs mit dem durch § 1 KSchG intendierten Bestandsschutz rechtfertigt es zunächst, einen Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich nicht nur dann anzunehmen, wenn wider Erwarten der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers doch erhalten bleibt (etwa weil der Betrieb oder die Betriebsabteilung nicht wie zunächst vorgesehen stillgelegt wird), sondern ihn auch in den Fällen vorzusehen, in denen sich eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem unvorhergesehen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz ergibt, auf den der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Änderung des Arbeitsvertrags einseitig umsetzen könnte (aA wohl Raab RdA 2000, 147, 154). Eine derartige anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit hätte nämlich, sofern sie bei Ausspruch der Kündigung bereits vorhanden oder absehbar gewesen wäre, der Wirksamkeit der Kündigung entgegengestanden (vgl. etwa BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 50, zu B II 5 der Gründe mwN).
[28] b) Des weiteren folgt aus der methodischen Begründung des Wiedereinstellungsanspruchs als einer vertraglichen Nebenpflicht, daß der Arbeitnehmer jedenfalls für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung eine Wiedereinstellung grundsätzlich nicht verlangen kann, wenn die Änderung der maßgeblichen Umstände erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist (BAG 6. August 1997 – 7 AZR 557/96 – BAGE 86, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2, zu II 1 c der Gründe; ebenso ErfK/Ascheid § 1 KSchG Rn. 473; Annuß BB 1998, 1582, 1587; Boewer NZA 1999, 1177, 1178; Oetker ZIP 2000, 643, 647, 648; aA KR-Etzel 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 569; Raab RdA 2000, 147, 154; Zwanziger BB 1997, 42, 45; offengelassen in BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, zu B II 2 der Gründe und BAG 10. Dezember 1998 – 8 AZR 324/97 – BAGE 90, 260 = AP BGB § 613 a Nr. 185, zu B III 1 der Gründe; für den (Sonder-) Fall des erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses überraschend erfolgten Betriebsübergangs bejaht der Achte Senat aufgrund europarechtlicher Vorgaben den Wiedereinstellungsanspruch, BAG 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – BAGE 87, 115 = AP BGB § 613 a Nr. 169, zu II 3 c der Gründe und BAG 12. November 1998 – 2 AZR 265/97 – AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 5, zu C III 1 der Gründe). Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden auch die vertraglichen Interessenwahrungspflichten. Danach bestehen nur noch nachvertragliche Pflichten, die regelmäßig schwächer und allenfalls in besonderen Ausnahmefällen geeignet sind, einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen.
[29] c) Diese Herleitung des Wiedereinstellungsanspruchs gebietet ferner eine differenzierende Behandlung in den Fällen, in denen berechtigte Interessen des Arbeitgebers der Wiedereinstellung entgegenstehen (vgl. hierzu insbesondere BAG 27. Februar 1997 – 2 AZR 160/96 – BAGE 85, 194 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1, zu II 4 d dd der Gründe; Boewer NZA 1999, 1121, 1131; Oetker ZIP 2000, 643, 647). Solche entgegenstehenden Interessen des Arbeitgebers können insbesondere dann vorliegen, wenn er bereits anderweitige Dispositionen getroffen hat. Dies ist ua. dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den unvorhergesehen frei gewordenen Arbeitsplatz schon wieder mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt hat. Dadurch erlischt grundsätzlich ein etwa entstandener Wiedereinstellungsanspruch. Hiervon muß jedoch wiederum dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn der Arbeitgeber den – erneuten – Wegfall der in Betracht kommenden Beschäftigungsmöglichkeit treuwidrig herbeigeführt hat. Dies folgt auch aus dem in § 162 BGB normierten allgemeinen Rechtsgedanken, nach dem niemand aus einem von ihm selbst treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf (vgl. etwa BAG 4. Mai 1999 – 10 AZR 417/98 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214, zu II 1 d aa der Gründe mwN; BAG 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zVv., zu B II 5 der Gründe).
[30] aa) Die Berufung des Arbeitgebers auf den – erneuten – Wegfall des für den Arbeitnehmer geeigneten Arbeitsplatzes kann ihm insbesondere dann verwehrt sein, wenn er den Arbeitsplatz in Kenntnis des Wiedereinstellungsverlangens des Arbeitnehmers treuwidrig mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt hat. Wenn es für einen frei gewordenen Arbeitsplatz mehrere Bewerber gibt, darf der Arbeitgeber unter diesen nicht willkürlich auswählen, sondern hat anhand betrieblicher Belange und sozialer Gesichtspunkte eine den §§ 242, 315 BGB genügende Auswahlentscheidung zu treffen (ebenso BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, zu B II 5 b und c der Gründe; BAG 2. Dezember 1999 – 2 AZR 757/98 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42, zu V 2 der Gründe). Die Grundsätze des § 1 Abs. 3 KSchG lassen sich dabei nicht ohne weiteres übertragen (offen gelassen in BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, zu B II 5 b und c der Gründe). Zum einen geht es anders als bei § 1 Abs. 3 KSchG nicht darum, wem gegenüber die einseitige rechtsgestaltende Kündigungserklärung abzugeben bzw. zu unterlassen ist, sondern mit welchem Arbeitnehmer ein Vertrag zu schließen ist, der nicht nur eine Willenserklärung des Arbeitgebers, sondern auch die des Arbeitnehmers voraussetzt. Daher kommen für die Auswahlentscheidung grundsätzlich ohnehin nur die Arbeitnehmer in Betracht, die dem Arbeitgeber gegenüber ihren Willen zur Wiedereinstellung bekundet haben (ebenso zum Wiedereinstellungsanspruch bei unvorhergesehenem Betriebsübergang BAG 12. November 1998 – 8 AZR 265/97 – BAGE 90, 153 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 5, zu B III 1 der Gründe). Aber auch im übrigen läßt sich die Frage, ob aus der Interessenwahrungspflicht des Arbeitgebers die Verpflichtung zur Wiedereinstellung gerade eines bestimmten Arbeitnehmers folgt, nicht allein nach den Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG, sondern gemäß § 242 BGB nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten.
[31] aaa) Dabei ist insbesondere auch ein zur Beilegung des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung geschlossener Abfindungsvergleich zu berücksichtigen. Durch einen solchen Abfindungsvergleich kann ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch wirksam ausgeschlossen werden. Zwar wird es meist an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung im Vergleich fehlen (eine solche empfehlen daher zur Beseitigung jeglicher Zweifel Beckschulze DB 1998, 417, 418 und Nägele BB 1998, 1686, 1689). Dennoch wird bereits die Auslegung eines Abfindungsvergleichs, durch den die Parteien den Streit über die Wirksamkeit der Kündigung und deren das Arbeitsverhältnis beendigende Wirkung gerade beilegen wollen, häufig ergeben, daß ein Wiedereinstellungsanspruch nicht bestehen soll. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich für den Verlust des mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Besitzstandes, so bringen sie damit regelmäßig zugleich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis nicht im Anschluß an seine Beendigung zu unveränderten Bedingungen fortsetzen zu wollen. Jedenfalls gebietet in einem solchen Fall die Interessenwahrungspflicht des Arbeitgebers regelmäßig auch bei nachträglicher Änderung des bei Ausspruch der Kündigung zugrunde gelegten Sachverhalts nicht den Abschluß eines Fortsetzungsvertrags (ebenso im Ergebnis Beckschulze DB 1998, 417, 418; Nicolai/Noack ZfA 2000, 87, 109 ff.; Zwanziger BB 1997, 42, 45).
[32] bbb) Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Abfindungsvergleich nach § 779 BGB unwirksam ist oder nach den zum Wegfall der Geschäftsgrundlage entwickelten Grundsätzen beseitigt wird.
[33] (1) Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich) unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Dabei muß der gemeinsame Irrtum das gegenwärtige Bestehen des Sachverhalts betreffen, nicht dagegen die zukünftige Entwicklung (vgl. Palandt BGB 59. Aufl. § 779 Rn. 15; Staudinger/Marburger BGB 12. Aufl. § 779 Rn. 65; Staudinger/Schmidt BGB 13. Aufl. § 242 Rn. 1445). Eine Unwirksamkeit des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB kommt daher nicht in Betracht, wenn sich erst nach Abschluß des Abfindungsvergleichs unvorhergesehen neue Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben.
[34] (2) In einem solchen Fall kommen vielmehr die allgemeinen, zum Wegfall der Geschäftsgrundlage entwickelten Grundsätze zur Anwendung (vgl. Palandt BGB 59. Aufl. § 779 Rn. 13; Staudinger/Schmidt BGB 13. Aufl. § 242 Rn. 1124, 1442, 1445). Allerdings ist zu beachten, daß der Vergleich gerade zu den Geschäften gehört, die ihrem Typus nach die vertragliche Übernahme gewisser Risiken beinhalten sollen (Staudinger/Schmidt BGB 13. Aufl. § 242 Rn. 1124). Geschäftsgrundlage sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs die bei Abschluß des Vertrags zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (BAG 10. Dezember 1992 – 2 AZR 269/92 – AP BGB § 611 Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 27 = EzA BGB § 315 Nr. 40, zu B III 3 a der Gründe; BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 140/97 – BAGE 87, 221 ff. = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, zu B II 3 a der Gründe; BGHZ 25, 390, 392). Rechte wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben sich allerdings nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei das unveränderte Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 10. Dezember 1992 – 2 AZR 269/92 – AP BGB § 611 Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 27 = EzA BGB § 315 Nr. 40, zu B III 3 a der Gründe; BGHZ 128, 230, 238; Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 242 Rn. 129). Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wird rechtlich nur dann erheblich, wenn und soweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem "untragbaren mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde" (BGHZ 121, 379, 393; BGHZ 128, 230, 238 mwN). Rechtsfolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist im übrigen grundsätzlich nur die Anpassung des Vertrags an die geänderten Verhältnisse, nicht dagegen dessen Auflösung (BGHZ 128, 230, 238; BGHZ 89, 226, 238; Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 242 Rn. 130 mwN).
[35] Bei Abfindungsvergleichen in Kündigungsschutzprozessen kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, Geschäftsgrundlage in diesem Sinn sei die gemeinsame Vorstellung der Parteien, bis zu dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses werde sich keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit ergeben. Vielmehr kann gerade auch diese Ungewißheit der künftigen Entwicklung bei dem Vergleich bereits Berücksichtigung gefunden haben. Außerdem führt bei einer sich nachträglich unvorhergesehen ergebenden Beschäftigungsmöglichkeit das Festhalten am Vergleich für den Arbeitnehmer keineswegs regelmäßig zu untragbaren Ergebnissen. Vielmehr hängt auch dies von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls dann, wenn durch eine Abfindung ein als angemessen erscheinender Ausgleich geschaffen wird – dabei kann für die Beurteilung der Angemessenheit die in § 10 KSchG, § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung herangezogen werden –, wird häufig das Festhalten an dem Vergleich auch für den Arbeitnehmer nicht unzumutbar sein. Dies gilt umso mehr, als regelmäßig ohnehin keine Anpassung (welche?), sondern lediglich die grundsätzlich nicht vorgesehene ersatzlose Aufhebung des Abfindungsvergleichs in Betracht kommt. Die Wiedereinstellung ist keine Anpassung des Abfindungsvergleichs, sondern das Gegenteil dessen, was die Parteien in diesem vereinbart haben (so zutreffend Nicolai/Noack ZfA 2000, 87, 110).
[36] bb) Die Berufung des Arbeitgebers auf die Neubesetzung des für den Arbeitnehmer in Betracht kommenden Arbeitsplatzes kann dem Arbeitgeber ausnahmsweise auch dann verwehrt sein, wenn er die Neubesetzung bereits vor dem Wiedereinstellungsverlangen des Arbeitnehmers vorgenommen hat, dies aber darauf beruht, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer treuwidrig nicht über die sich ergebende Beschäftigungsmöglichkeit informiert hat. Dabei läßt sich die Frage, ob der Arbeitgeber überhaupt, sowie ggf. wann und wie verpflichtet ist, gekündigte Arbeitnehmer über eine sich unvorhergesehen ergebende Beschäftigungsmöglichkeit zu informieren (vgl. hierzu auch Boewer NZA 1999, 1177, 1180, 1181; grundsätzlich ablehnend Löwisch KSchG 8. Aufl. § 1 Rn. 263), ebenfalls nicht generell beantworten. Vielmehr richtet sich auch der Inhalt und Umfang einer derartigen Informationspflicht gemäß § 242 BGB nach den Umständen des Einzelfalls. Auch hier kann ein mit dem Arbeitnehmer geschlossener Abfindungsvergleich von wesentlicher Bedeutung sein. Erhält nämlich der Arbeitnehmer für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine hohe Abfindung, so wird es meist nicht als treuwidrig erscheinen, wenn der Arbeitgeber im Hinblick hierauf die Information über eine sich unvorhergesehen ergebende Beschäftigungsmöglichkeit unterläßt.
[37] 4. Hiernach ist die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger wieder einzustellen. Allerdings war der von der Beklagten im Dezember 1996 gefaßte Entschluß, den Arbeitsplatz der Kreditorenbuchhalterin B nicht, wie zunächst vorgesehen, zum 31. Dezember 1996 entfallen zu lassen, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu besetzen, grundsätzlich geeignet, einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers zu begründen. Der Kläger hätte nämlich auf diesem Arbeitsplatz aufgrund seiner fachlichen Qualifikation weiterbeschäftigt werden können. Der Umstand, daß es sich nicht um den bisherigen Arbeitsplatz des Klägers handelte, stand dem Anspruch nicht entgegen.
[38] Der Wiedereinstellungsanspruch des Klägers scheitert aber daran, daß die Beklagte schon vor dem Wiedereinstellungsverlangen des Klägers über den Arbeitsplatz anderweitig disponiert und mit der schon bisher auf dem Arbeitsplatz beschäftigten Frau B die Fortsetzung des zunächst ebenfalls zum 31. Dezember 1996 gekündigten Arbeitsverhältnisses vereinbart hatte. Die Beklagte handelt nicht treuwidrig, wenn sie sich hierauf beruft. Sie hat die Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit der Buchhalterin B nicht in Kenntnis eines vom Kläger geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruchs geschlossen. Die Beklagte war auch nicht nach § 242 BGB verpflichtet, den Kläger von sich aus über ihre Entscheidung zu unterrichten, den Arbeitsplatz eines Kreditorenbuchhalters beizubehalten. Es ist nicht treuwidrig, wenn die Beklagte bei ihrer Entscheidung, den Arbeitsplatz weiterhin mit Frau B zu besetzen und den Kläger nicht von sich aus zu informieren, den mit dem Kläger geschlossenen Abfindungsvergleich berücksichtigte. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gebieten keine Beseitigung dieses Prozeßvergleichs. Dabei kann dahinstehen, ob bei Abschluß des Vergleichs die den Geschäftswillen tragende gemeinsame Vorstellung beider Parteien dahin ging, es werde nicht nur beim Wegfall der Betriebsabteilung bleiben, welcher der Kläger zugeordnet war, sondern es werde sich auch darüber hinaus keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger mehr ergeben. Denn selbst wenn dies zugunsten des Klägers unterstellt wird, so ist das Festhalten an dem Vergleich für ihn nicht unzumutbar. Der Kläger hat nämlich nicht einmal behauptet, daß sowie ggf. warum für ihn ein Festhalten an dem Vergleich unzumutbar sein soll. Die Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus den vorgetragenen Gesamtumständen. Dabei galt es insbesondere die Höhe der in dem Vergleich vereinbarten Abfindung zu berücksichtigen. Immerhin machte diese mehr als 13 Bruttomonatsverdienste des Klägers aus und lag damit oberhalb der Höchstgrenze von zwölf Monatsverdiensten, die der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 KSchG für Arbeitnehmer vorgesehen hat, die – wie der Kläger – das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Auch beinhaltete der Vergleich nochmals eine beträchtliche Erhöhung der sich nach dem Sozialplan ergebenden Abfindung. Es ist daher nicht erkennbar, warum das Festhalten an diesem Vergleich für den Kläger zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen soll. Deshalb kam es im Streitfall auch nicht darauf an, ob etwa der Kläger für den Arbeitsplatz des Kreditorenbuchhalters überqualifiziert und zu hoch bezahlt war.