Bundesverwaltungsgericht
Luftrechtliche Planfeststellung; Flughafenausbau; Planfeststellungsbeschluss; Erledigung; Rechtsschutzinteresse; Bestimmtheit; Verzicht auf weiteren Erörterungstermin; erneute Planänderung; Betriebskonzept; Anhörung; Planungshindernisse; Zusicherung oder Zusage; Rechtsbindungswille; behauptete Illegalität bestehender Flughafenanlagen; Rechtskraft; Planrechtfertigung; Nachfrageprognose; Quelle-Ziel-Matrizes; Fluggastbefragungen; fehlende Offenlegung; Raumordnung; LEP-Änderung 2007; Standortsicherung; raumordnerische Beachtenspflicht; Zentrenfunktion; öffentliches Interesse; Verkehrsbedarf; Prognoseunsicherheiten; Alternativenprüfung; Planungsziele; Koordinierungseckwert; Luftverkehrsstandort; regionale Wirtschaftskraft; Qualitätskriterien; MCT-Kriterium; Verspätungskriterium; Realisierbarkeit; Kosten; Lärmauswirkungen; Grobanalyse; Null-Varianten; Fluglärmschutz; Fluglärmschutzgesetz; Anwendbarkeit; Verfassungsmäßigkeit; Schutzpflichten; Auslösewerte; Typisierung; Gleichbehandlung; rechtzeitiger Schutz; Rechtsschutz; passiver Schallschutz; Entschädigung Außenwohnbereich; Lärmmedizin; Lärmwirkungsforschung; atypische Konstellationen; Abwägung des Fluglärms; fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle; Ermittlung des Fluglärms; Berechnungsmethode; fehlende Berechnungsvorschriften; Orientierung an den Entwürfen; Sigma-Regelung; meteorologisch bedingte Betriebsrichtungsverteilung; vergleichbare Flugplätze; Abweichung von Flugrouten; Verteilung auf Flugzeuggruppen ("Flottenmix"); parallele Anflüge; Nachtflugregelung; Mediationsnacht; Zulassung von Flügen; Antragsbindung; Abwägungsfehler; Gewichtungsvorgabe; standortspezifischer Nachtflugbedarf; Kernnacht; Überwiegen von Expressfracht; Zulassung von Passagierflügen; Lärmschutzkonzept; landesplanerische Gewichtungsvorgabe; grundsätzliches Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht; Grundsatz der Raumordnung; Kompetenz; "innere Konsistenz"; lärmmedizinische Erwägungen; Gesamtlärmbelastung; ergänzendes Verfahren; Nachtrandstunden; Gesamtnacht; Bewegungskontingent; Spezifizierung der Verteilung; zuordenbare Belastungsgröße; Größe des Kontingents; Bezugszeitraum; Regelungsziel; Widersprüchlichkeit; effektiv-konkrete Begrenzung des Nachtflugs; Lärmschutzkonzept; Ist-Belastung; Prognosenullfall; tatsächliche und plangegebene Vorbelastung; Bauverbote; Ausnahmen; verfassungskonforme Auslegung; Lärmkontingent; Flugverfahren; Nebenbestimmungen; Übernahmeanspruch; Stichtagsregelung; "Mitziehen" gewerblicher Grundstücke; Schallschutz für gewerbliche Anlagen; Arbeitsstättenrecht; Schutzanordnungen der Planfeststellungsbehörde; Schallschutzkonzept; Gewerberäume; Außenflächen; Ausbleiben von Kunden; Luftschadstoffe; Verweis auf Luftreinhalteplanung; Problembewältigung; Rechenfehler; Restitutionsgründe; Ozonbelastung; "Modelltag"; Schutz der Vegetation; Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Fluglärm; Ermittlungspflichten; Sicherheitszuschläge; kommunale Belange; kommunale Wohnungen und Einrichtungen; Baugebiete; Abwägungserheblichkeit; nachhaltige Störung; Funktionsverlust; Siedlungsbeschränkungen; Kaufkraftabfluss; öffentliche Belange; Rügebefugnisse; Übernahmebetroffene; Vortrag fremder Sachbeistände; Bezugnahme; Ablehnung von Beweisanträgen; Begründung
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und 3, Art. 76 Abs. 1 Nr. 6, Art. 100 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; VwGO § 86 Abs. 1, 2 und 3, § 92 Abs. 3 Satz 1, §§ 93, 98, 99, 108 Abs. 1, §§ 121, 137 Abs. 2, § 138 Nr. 6, § 139 Abs. 3 Satz 4, § 155 Abs. 1, §§ 159, 161 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 173; VwVfG § 37 Abs. 1, §§ 38, 73 Abs. 6, Abs. 8 Satz 1, § 75 Abs. 2 Satz 3; LuftVG §§ 6, 8 Abs. 1 und 4, § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und 6, Abs. 8, § 27a Abs. 2 Satz 2, §§ 27c, 29 Abs. 1 Satz 3, § 29a Abs. 1 Satz 2, § 29b Abs. 1 Satz 2; FluglärmG § 2 Abs. 2 und 3, § 3 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5, 6, 7, 8, 9 Abs. 1, 2, 5 und 6, §§ 10, 13 Abs. 1 Satz 1, § 14; 1. FlugLSV § 2 Abs. 3; BImSchG § 3 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 1, §§ 41 ff., 47; 16. BImSchV § 2 Abs. 1 Satz 2; TA Lärm Nr. 6. 1; 22. BImSchV § 3 Abs. 4 und 6; ROG § 1 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3; ZPO §§ 412, 560, 580; BGB §§ 133, 157, 242; UVPG § 9 Abs. 1 Satz 2; AtomG § 7 Abs. 2 Nr. 3; HLPG § 4 Abs. 1; LEP Hessen 2000; LEP-Änderung 2007
1. Wesentliche Änderungen von Betriebsregelungen unterfallen dem Regelungsbereich des § 73 Abs. 8 HVwVfG mit der Folge, dass Dritten, deren Belange erstmalig oder stärker als bisher berührt werden, die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Einwendungen zu geben ist.
2. Eine allgemeine Beweisregel, die besagt, dass die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Ausgangsdaten einer Nachfrageprognose (Quelle-Ziel-Matrizes; Fluggastbefragungen) die Kenntnis dieser Ausgangsdaten erfordert, gibt es nicht.
3. Das Fluglärmschutzgesetz ist, soweit es die Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz und die Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs regelt, ein Spezialgesetz zu § 9 Abs. 2 LuftVG. Die Planfeststellungsbehörde ist deshalb weder generell berechtigt noch gar verpflichtet, auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG weiterreichenden baulichen Schallschutz unterhalb der Auslösewerte des Fluglärmschutzgesetzes anzuordnen. Das hindert sie nicht, Schutzanforderungen für atypische, vom Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes nicht erfasste Situationen in ihr Lärmschutzkonzept einzubauen.
4. Allein aus einer Überschreitung des durch den Antrag auf Planfeststellung gezogenen Rahmens folgt noch keine Rechtsverletzung Dritter.
5. Grundsätze der Raumordnung können auch konkretisierende Gewichtungsvorgaben enthalten. Eine landesplanerische Gewichtungsvorgabe, die ein "grundsätzliches Verbot" planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht zum Gegenstand hat, fällt jedenfalls dann in den Aufgabenbereich und die Regelungskompetenz der Raumordnungsbehörden, wenn sie – wie hier durch Festlegung eines Vorranggebiets – auf eine konkrete landesplanerische Standortsicherung bezogen ist.
6. Ein Lärmschutzkonzept, das eine weitgehende Lärmpause in der Nachtkernzeit vorsieht, kann es rechtfertigen, die Lärmschutzbelange der Anwohner in den Randstunden der Nacht weitgehend hinter den Verkehrsinteressen zurücktreten zu lassen. Selbst in diesem Fall ist es aber nicht gerechtfertigt, "die Nacht zum Tage zu machen". Auch dann bleibt die Verhältnismäßigkeit nur gewahrt, wenn das Konzept eines zum Kern der Nacht hin abschwellenden und danach wieder ansteigenden Flugverkehrs auch in diesem Zeitsegment durchgehalten und der Flugverkehr in den Nachtrandstunden zur Vermeidung tagähnlicher Belastungsspitzen durch geeignete Vorkehrungen effektiv und konkret begrenzt wird.
7. Gewerbebetriebe sind von den Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes zum passiven Schallschutz nicht erfasst. Insoweit bleibt es bei der nach § 9 Abs. 2 LuftVG bestehenden Pflicht der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss diejenigen Schutzanordnungen zu treffen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind.
BVerwG, Urteil vom 4. 4. 2012 – 4 C 8.09; Hessischer VGH (lexetius.com/2012,3456)
In den Verwaltungsstreitsachen hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. und 14. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Jannasch, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz am 4. April 2012 für Recht erkannt:
Im Umfang der Erledigung wird das Verfahren BVerwG 4 C 1.10 eingestellt.
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. August 2009 geändert.
Der Beklagte wird verpflichtet, über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr in Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 18. Dezember 2007 sowie über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen zwischen 22. 00 und 6. 00 Uhr in Teil A II 4. 1 Satz 1 des Planfeststellungsbeschlusses, soweit diese durchschnittlich 133 je Nacht, bezogen auf das Kalenderjahr, übersteigen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Auf die Klage der Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10"] BVerwG 4 C 6.10 wird der Beklagte verpflichtet, über die Regelung des Schallschutzes in Teil A XI 5. 1. 3 des Planfeststellungsbeschlusses für die gewerblich genutzten Grundstücke der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Soweit der Planfeststellungsbeschluss diesen Verpflichtungen entgegensteht, wird er aufgehoben.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die weitergehenden Revisionen der Kläger werden zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen haben die Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09, 4 C 9.09, 4 C 1.10, 4 C 2.10, 4 C 3.10, 4 C 4.10 und 4 C 5.10 – die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 als Gesamtschuldner – je 3/32 und die Kläger zu 1 und 2 sowie die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 – jeweils als Gesamtschuldner – je 3/64 zu tragen. Der Beklagte und die Beigeladene haben von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Kläger je 1/8 zu tragen.
[1] Gründe: I. Gegenstand der Verwaltungsstreitverfahren ist der Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 18. Dezember 2007 für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main.
[2] Der Planfeststellungsbeschluss regelt die Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main durch den Bau einer – mittlerweile errichteten und in Betrieb genommenen – neuen Landebahn nordwestlich des bestehenden Flughafengeländes, die mittels Rollbrücken über die Bundesautobahn A 3 und die ICE-Strecke Köln-Frankfurt an die bestehenden Flugbetriebsflächen angebunden ist, den Bau eines neuen – dritten – Terminals auf dem südöstlichen Flughafengelände sowie ein neu strukturiertes Fracht- und Wartungszentrum im Süden des Flughafens. Der Planfeststellungsbeschluss sieht aus Anlass der Flughafenerweiterung auch den Ausbau von Teilen der umliegenden Autobahnen und Anschlussstellen sowie sonstiger öffentlicher Straßen vor.
[3] Das Vorhaben ist für den Prognosehorizont 2020 mit einer Erwartung von 88, 6 Mio. Passagieren und 4, 6 Mio. t Luftfracht bei 701 000 Flugbewegungen im Jahr ausgelegt. Die Betriebsregelungen sehen unter anderem eine Kontingentierung von – auf das Kalenderjahr bezogen – durchschnittlich 150 planmäßigen Flugbewegungen pro Nacht (22. 00 bis 6. 00 Uhr) vor, wobei die zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr (sog. Mediationsnacht) zulässigen Starts und Landungen auf die Zahl von durchschnittlich 17 planmäßigen Flügen begrenzt ist.
[4] Das Planfeststellungsverfahren wurde im September 2003 förmlich eingeleitet. Vorausgegangen waren Ende der neunziger Jahre ein Mediationsverfahren sowie ein mit Landesplanerischer Beurteilung vom 10. Juni 2002 abgeschlossenes Raumordnungsverfahren. Anfang des Jahres 2005 lagen die Planunterlagen erstmals öffentlich aus. Gegen den Plan wurden ca. 127 000 Einwendungen erhoben. Nach der Erörterung der erhobenen Einwendungen und der Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan in der Zeit von September 2005 bis März 2006 legte die Beigeladene am 12. Februar 2007 geänderte Unterlagen vor, in denen der Prognosehorizont von 2015 auf das Jahr 2020 erstreckt und die Ausbaumaßnahmen im Süden des Flughafens reduziert wurden. Nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im März/April 2007 wurden erneut zahlreiche Einwendungen erhoben; diese hat die Planfeststellungsbehörde in Einzelfällen mit den Betroffenen erörtert, aber von der Durchführung eines zweiten Erörterungstermins abgesehen. Nach der zweiten Auslegung stellte die Planfeststellungsbehörde unter Beteiligung der Beigeladenen weitere Ermittlungen zur Vorbereitung der beabsichtigten Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht an. Angehört wurden die Kläger hierzu nicht.
[5] Gegen den Planfeststellungsbeschluss haben insgesamt 31 Kommunen, ein Naturschutzverein, 14 Unternehmen, die Luftverkehrsdienstleistungen anbieten, einige sonstige Gewerbetreibende und mehr als 200 Privatpersonen Klage erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klageverfahren der Kläger als Musterverfahren ausgewählt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss der Musterverfahren hat er die übrigen Klageverfahren ausgesetzt.
[6] Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Kläger die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise weitergehende Maßnahmen des aktiven und/oder passiven Schallschutzes wie insbesondere ein ausnahmsloses Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht, eine Flug- oder Lärmkontingentierung sowie weitergehende Entschädigungsleistungen beantragt. Die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 wenden sich auch gegen die Stichtagsregelung für die Verkehrswertbestimmung zur Bemessung der Übernahme-Entschädigung sowie gegen das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen.
[7] Mit Urteil vom 21. August 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten verpflichtet, über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr und über den Bezugszeitraum für die Zulassung von durchschnittlich 150 planmäßigen Flugbewegungen je Nacht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und den Planfeststellungsbeschluss aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Im Übrigen hat er die Klagen abgewiesen. Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr sei – so die Begründung des erstinstanzlichen Urteils – wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot fehlerhaft. Insbesondere genüge sie nicht den besonderen Anforderungen des § 29a Abs. 1 Satz 2 LuftVG an den Nachtlärmschutz. Dessen schützende Wirkung werde durch den Plansatz in Nr. III. 1 der Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) Hessen 2000 im Jahr 2007 (im Folgenden: LEP-Änderung 2007), der als grundsätzliches Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht zu verstehen sei, verstärkt. Das auf das Kalenderjahr bezogene Nachtflugkontingent von durchschnittlich 150 Flügen je Nacht sei in sich widersprüchlich und deshalb ebenfalls abwägungsfehlerhaft. Die Betriebsregelungen und Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ebenso unbeanstandet gelassen wie den planfestgestellten Bau einer neuen Landebahn und eines weiteren Terminals.
[8] Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Von dieser Möglichkeit haben sämtliche Kläger sowie der Beklagte Gebrauch gemacht. Die Kläger verfolgen im Revisionsverfahren im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Klageziele weiter. Die Revision des Beklagten zielt auf eine vollständige Klageabweisung. Die Beigeladene unterstützt die Revision des Beklagten nach Antrag und Inhalt.
[9] II. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit der Beklagte die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung durch Erklärung zu Protokoll verpflichtet hat, an den im Eigentum der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 1.10 stehenden und im Bereich der Anfluggrundlinien (gemäß dem Protokoll beigefügter Anlage) liegenden Anwesen durch Verklammerung der Dachziegel Schutzvorkehrungen gegen wirbelschleppenbedingte Schäden durchzuführen. Das Verhalten der Klägerin und des Beklagten ist so aufzufassen, als ob sie übereinstimmend beantragt hätten, den Rechtsstreit insoweit für erledigt zu erklären (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1956 – III ZR 29/55 – BGHZ 21, 298 [298 f.]).
[10] Die Revisionen der Kläger in den durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren (§ 93 Abs. 1 VwGO) sind zulässig. In allen Verfahren zulässig ist auch die Revision des Beklagten. Entgegen der Behauptung der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 hat der Beklagte die von ihm vorgetragene Revisionsbegründung nicht "in vollem Umfang revoziert". Formal hat der Beklagte Revisionsantrag und -begründung uneingeschränkt aufrechterhalten. Dem Beklagten mangelt es auch nicht an dem für die Durchführung des Revisionsverfahrens erforderlichen Rechtsschutzinteresse, etwa deshalb, weil er – wie die Klägerin meint – sein ursprüngliches Rechtsschutzziel zwischenzeitlich aufgegeben hätte. Die Klägerin räumt selbst ein, der Ministerpräsident des beklagten Landes habe sich dahin geäußert, dass man die erforderlichen juristischen Schritte eingeleitet habe, um möglichst schnell die höchstrichterliche Antwort und damit Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für alle Seiten hinsichtlich der Frage zu erhalten, ob ein absolutes Nachtflugverbot auch rechtlich möglich sei. Die Klärung der Rechtslage ist ein legitimes, rechtlich nicht zu missbilligendes Rechtsschutzziel, zumal in der Revision, die der Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung zugelassen hat, das Verfahren gebe dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit, sich grundsätzlich zu den – auch in der Revisionsbegründung des Beklagten aufgeworfenen – Fragen im Zusammenhang mit dem neuen Fluglärmschutzgesetz sowie zum Verhältnis von Fachplanung und Landesentwicklungsplanung zu äußern.
[11] Die Revisionen der Kläger sind teilweise begründet, die Revision des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulassung von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Zeit zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr (Mediationsnacht) als abwägungsfehlerhaft beanstandet und den Beklagten insoweit zur Neubescheidung verpflichtet; anders als vom Verwaltungsgerichtshof angenommen ist diese Regelung auch wegen eines Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufzuheben. Verkannt hat der Verwaltungsgerichtshof, dass sich die rechtsfehlerhafte Zulassung des Kontingents für die Mediationsnacht zwingend auf das zugelassene Kontingent von durchschnittlich 150 Flugbewegungen für die Gesamtnacht auswirkt. Der Verwaltungsgerichtshof hätte deshalb das Bewegungskontingent für die Nachtrandstunden zwischen 22. 00 und 23. 00 Uhr sowie zwischen 5. 00 und 6. 00 Uhr insoweit als unabgewogen beanstanden müssen. Das nach Abzug der 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht verbleibende Kontingent von durchschnittlich 133 planmäßigen Flugbewegungen für die Nachtrandstunden hält der Senat für abgewogen. Der Beklagte war danach zu verpflichten, auch über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Gesamtnacht neu zu entscheiden, soweit diese 133 je Nacht, bezogen auf das Kalenderjahr, übersteigen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Stichtagsregelung des Planfeststellungsbeschlusses für die Bestimmung des Verkehrswertes von Grundstücken im Falle eines Übernahmeanspruchs hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine Protokollerklärung ausgeräumt. Im Übrigen begegnet die Regelung der Übernahmeansprüche im Planfeststellungsbeschluss keinen durchgreifenden bundesrechtlichen Bedenken. Die Revision der Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof das Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen als ausreichend angesehen hat. Im Übrigen steht die erstinstanzliche Entscheidung mit Bundesrecht im Einklang. Revisionsgerichtlich bestätigt ist damit auch der planfestgestellte Bau einer neuen Landebahn und eines weiteren Terminals.
A. Formelle Rechtmäßigkeit
[12] Der Planfeststellungsbeschluss ist verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt.
1. Bestimmtheit
[13] Ohne Erfolg wenden sich die Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09, 4 C 2.10 und 4 C 5.10 allerdings gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Inkrafttreten der Nachtbetriebsregelung des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend bestimmt geregelt sei.
[14] Nach Teil A II 4 des Planfeststellungsbeschlusses dürfen "nach der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest ab dem ersten Tag der Flugplanperiode, für die unter Nutzung der Kapazität der Landebahn Nordwest eine Erhöhung des Koordinierungseckwertes festgelegt wurde", auf dem gesamten Start- und Landebahnsystem des Flughafens Frankfurt Main an allen Wochentagen in der Zeit von 22. 00 bis 6. 00 Uhr keine Luftfahrzeuge starten oder landen, soweit nicht in den nachfolgenden Regelungen Ausnahmen insbesondere in Form bestimmter Nachtflugkontingente (durchschnittlich 150 planmäßige Flugbewegungen für die Gesamtnacht in Teil A II 4. 1 und durchschnittlich 17 planmäßige Flugbewegungen in der Mediationsnacht in Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses) zugelassen sind; bis zu diesem Zeitpunkt gilt gemäß Teil A II 4. 5 die bisherige nächtliche Betriebsregelung fort.
[15] Diese Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses für das Inkrafttreten der Neuregelung genügen den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 HVwVfG. Dass bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht feststand, wann die neue Nordwest-Landebahn in Betrieb gehen und der Flughafenkoordinator den Eckwert erhöhen wird, führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit. Entscheidend ist, dass für den Planbetroffenen anhand der Vorgaben klar erkennbar ist, welche Ereignisse gemeint sind und deren Eintritt feststellbar ist. Das hat der Verwaltungsgerichtshof für die Erhöhung des Koordinierungseckwertes (§ 27a Abs. 2 Satz 2 LuftVG) zu Recht angenommen. Offenbleiben kann, ob – wie der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 278) meint – über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen Landebahn möglicherweise gestritten werden kann. Denn die Erhöhung des Koordinierungseckwertes muss "unter Nutzung der Kapazität der Landebahn Nordwest" vorgenommen worden sein, was voraussetzt, dass die neue Landebahn in der betreffenden Flugplanperiode bereits in Betrieb ist. Weitere Anforderungen ergeben sich aus dem Kriterium "unter Nutzung der Kapazität der Landebahn Nordwest" nicht. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 1198 und 1204) ist zwar ausgeführt, die neuen Betriebsregeln seien an den Zeitpunkt gekoppelt, an dem sich die Kapazität des Flughafens "vorhabenbedingt" planbar erhöhe. Kausalitätserwägungen sollten aber ersichtlich keine Rolle spielen. Erst recht spricht nichts dafür, dass – wie die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 vortragen – erst eine Erhöhung zähle, die über den möglichen Koordinierungseckwert des Planungsnullfalls (86 Flugbewegungen) hinausgeht.
[16] Ohne Erfolg bleibt auch die Gehörsrüge der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Problematik der Bestimmtheit der Inkrafttretensregelung befasst. Dass er dabei nicht auf alle Details des klägerischen Vortrags näher eingegangen ist, ergibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er den Vortrag unter Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht zur Kenntnis genommen hätte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Juni 1975 – 2 BvR 1086/74 – BVerfGE 40, 101 [104 f.] und vom 18. Januar 2011 – 1 BvR 2441/10 – juris Rn. 10).
2. Weiterer Erörterungstermin
[17] Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat die Planfeststellungsbehörde, nachdem der geänderte Plan ausgelegt worden war und erneut zahlreiche Einwendungen erhoben wurden, diese in Einzelfällen mit betrieblich Betroffenen erörtert, aber im Übrigen von der Durchführung eines zweiten Erörterungstermins abgesehen. Diese Vorgehensweise hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
[18] Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG kann bei der Änderung eines Flughafens von einer förmlichen Erörterung im Sinne des § 73 Abs. 6 VwVfG und des § 9 Abs. 1 Satz 2 UVPG abgesehen werden. In der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 52) ist geklärt, dass die Vorschrift auf den – hier vorliegenden – Fall einer auf bestimmte Themen beschränkten nachträglichen Änderung im laufenden Verfahren analog anzuwenden ist. Eine erneute Erörterung ist hiernach nur dann geboten, wenn sich als Ertrag der zusätzlich ins Verfahren eingeführten Unterlagen Erkenntnisgewinne abzeichnen, die dem Vorhabenträger hätten Anlass geben müssen, die Plankonzeption zu überdenken. Demgegenüber kann die Anhörungsbehörde von einer weiteren förmlichen Erörterung absehen, wenn sich aus den Einwendungen kein nennenswerter Informationsmehrwert ergibt. Von diesen Grundsätzen hat sich der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 289) leiten lassen und sich hierbei der Ansicht der Planfeststellungsbehörde angeschlossen, dass die Einwendungen nach der zweiten Auslegung, soweit sie nicht mit den betrieblich Betroffenen individuell erörtert worden seien, im Wesentlichen den bereits erörterten Einwendungen entsprächen. Diese Feststellung ist für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Allein der Umstand, dass eine Planänderung zu stärkeren Betroffenheiten führt, löst einen über die erhobenen Einwendungen hinausgehenden Erörterungsbedarf nicht aus.
[19] Der Vorwurf der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, der Verwaltungsgerichtshof habe einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab angewandt, indem er angenommen habe, die Durchführung eines weiteren Erörterungstermins sei nur bei "unabweisbarem Erörterungsbedarf" erforderlich, wird den Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht gerecht. Dieses Kriterium hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 291) seinen Erwägungen zur Unbeachtlichkeit oder Heilung des angenommenen Fehlers zugrunde gelegt, die Einwender entgegen § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 LuftVG nicht zu dem Verzicht auf eine erneute Erörterung angehört zu haben. Es ist deshalb ohne Aussagekraft für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Verwaltungsgerichtshof einen erneuten Erörterungstermin für erforderlich gehalten hat.
[20] Schließlich hat es der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt, dass die Planfeststellungsbehörde die Betroffenen zu dem beabsichtigten Verzicht auf eine (erneute) Erörterung nicht angehört hat. Das ergibt sich bereits daraus, dass diese Anhörung – anders als der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat – gar nicht geboten war. Sofern die Anhörungsbehörde gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 LuftVG von einer förmlichen Erörterung absieht, ist den Einwendern gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 LuftVG vor dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens Gelegenheit zur – schriftlichen – Äußerung zu geben (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O.). Diese Verfahrensanforderung hat der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich dahin verstanden, dass eine Anhörung der Betroffenen zu dem beabsichtigten Verzicht auf die (erneute) Erörterung erforderlich sei. Diese Auslegung geht fehl. Bereits der Wortlaut der Vorschrift stellt unmissverständlich klar, dass "vor dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens" und nicht etwa vor der Entscheidung der Anhörungsbehörde über die Durchführung eines (weiteren) Erörterungstermins Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. In die gleiche Richtung deuten Sinn und Zweck der Vorschrift, die an die Stelle einer – mündlichen – Erörterung gemäß § 73 Abs. 6 HVwVfG die Gelegenheit zur – schriftlichen – Stellungnahme treten lässt, um die Beteiligungsrechte der Betroffenen sicherzustellen. Auf die von den Klägern angegriffenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Unbeachtlichkeit oder Heilung des vermeintlichen Anhörungsfehlers kommt es deshalb nicht an.
3. Anhörung zur erneuten Planänderung
[21] Der Planfeststellungsbeschluss verletzt die Kläger allerdings in ihrem Verfahrensrecht aus § 73 Abs. 8 Satz 1 HVwVfG, weil die Planfeststellungsbehörde den Klägern nicht mitgeteilt hatte, dass der geänderte, im Frühjahr 2007 erneut ausgelegte Plan abermals geändert werden sollte, und die Kläger deshalb zur beabsichtigten Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht keine Einwendungen erheben konnten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt. Der Verfahrensfehler führt bereits für sich genommen zur Aufhebung der Regelung planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht gemäß Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses.
[22] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 292 ff.) hat die Planfeststellungsbehörde als nicht verpflichtet angesehen, die Kläger zu den Ergebnissen ihrer nach der zweiten Auslegung im Zusammenwirken mit der Beigeladenen vorgenommenen Ermittlungen, insbesondere im Zusammenhang mit der geplanten Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht, anzuhören. Zu der nach § 73 Abs. 8 Satz 1 HVwVfG aufgeworfenen Frage, inwieweit die Planfeststellungsbehörde verpflichtet war, die Kläger zu der beabsichtigten Zulassung planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht anzuhören, hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich verhalten. Einen Verfahrensfehler hat er insoweit nicht angenommen. Das ist mit § 73 Abs. 8 Satz 1 HVwVfG nicht vereinbar.
[23] Nach dieser Vorschrift ist, wenn ein ausgelegter Plan geändert werden soll und dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt werden, diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben. Das gilt gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 LuftVG mit bestimmten Ergänzungen auch im luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Die tatbestandlichen Voraussetzungen lagen hier vor.
[24] Das im Antrag der Beigeladenen (Band A 1, Antragsteil A 1, Stand Februar 2007, Blatt 39) enthaltene Betriebskonzept, das keine planmäßigen Flüge in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr vorsah, gehörte – wie der Senat als Rechtsfrage in eigener Zuständigkeit beurteilen kann (vgl. Urteil vom 5. November 2009 – BVerwG 4 C 3.09 – BVerwGE 135, 209 Rn. 18) – zu dem von der Beigeladenen beantragten und von der Planfeststellungsbehörde ausgelegten Plan. Etwas anderes hat letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof nicht angenommen. Soweit er in anderem Zusammenhang (juris Rn. 752 ff.) – bei der Erörterung der Frage, ob die Planfeststellungsbehörde an alle Einzelheiten des Antrags gebunden ist – ausgeführt hat, die Beigeladene habe zu Recht vorgetragen, dass das dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende Betriebskonzept lediglich als ein Vorschlag an die Planfeststellungsbehörde aufzufassen sei, dem sich diese anschließe, von dem sie aber auch im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsbefugnis abweichen könne, sind diese Ausführungen nicht so zu verstehen, dass die Beigeladene sich nicht auf ein bestimmtes Betriebskonzept festlegen, sondern nur ein aus ihrer Sicht abwägungsfehlerfreies und damit von der Planfeststellungsbehörde festsetzbares Betriebskonzept vorschlagen wollte.
[25] Das beantragte Betriebskonzept sollte nach dem Willen der Planfeststellungsbehörde nach Durchführung der zweiten Auslegung erneut geändert werden. Die Änderung ist von § 73 Abs. 8 HVwVfG erfasst. Zumindest wesentliche Änderungen von Betriebsregelungen unterfallen dem Regelungsbereich dieser Norm. Das ergibt sich aus deren Sinn und Zweck. Sie dient der Verwirklichung rechtlichen Gehörs. Die Betroffenen müssen in die Lage versetzt werden, zu entscheiden, ob und gegebenenfalls mit welchen Argumenten sie sich gegen ein Vorhaben verteidigen wollen. Beantragt der Vorhabenträger das Vorhaben ohne Betriebsregelungen, dann wissen die Betroffenen, woran sie sind. Würde der Plan unverändert festgestellt, wäre der Betrieb nicht beschränkt. Hiergegen können sich die Betroffenen konkret verteidigen. Beantragt der Vorhabenträger hingegen ein "betroffenenfreundliches" Betriebskonzept mit Beschränkungen des Flugverkehrs, so kann von den Betroffenen nicht ernsthaft erwartet werden, dass sie sich vorsorglich auch gegen jedes andere denkbare Betriebskonzept, das sie stärker belasten würde, verteidigen, und zwar allein mit Blick auf die theoretische Möglichkeit, dass die Planfeststellungsbehörde über den Antrag hinausgehen und das Betriebskonzept zu ihren Lasten verändern könnte.
[26] Die Änderung des Plans durch Zulassung von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht ist hiernach als wesentliche Änderung anzusehen. Der Verzicht auf planmäßige Flüge in der Mediationsnacht war nicht nur das Ergebnis des – rechtlich unverbindlichen – Mediationsverfahrens, das der Planfeststellung vorausging. Ein umfassender Lärmschutz in den Kernstunden der Nacht war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auch für die LEP-Änderung 2007 "von herausragender Bedeutung". Schließlich hatte auch die Beigeladene ein komplettes Verbot planmäßiger Flugbewegungen in der Mediationsnacht als politisches "Junktim" des Flughafenausbaus akzeptiert. Auf dieser Grundlage hatten die Kläger auch ihre Stellungnahmen und Einwendungen im Zuge der ersten und zweiten Auslegung formuliert. Zu einer rein vorsorglichen Verteidigung gegen eine – sich aus ihrer Sicht nicht abzeichnende – Zulassung von Flügen in der Mediationsnacht, etwa im Interesse der Luftverkehrsgesellschaften, hatten die Kläger keine Veranlassung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Zulassung einzelner planmäßiger Flugbewegungen in der Kernzeit der Nacht nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 293) von Luftverkehrsunternehmen in Einwendungen gefordert worden und diese Problematik Gegenstand der Erörterungen gewesen sei. Zweck des § 73 Abs. 8 HVwVfG ist es gerade, in verfahrensökonomischer Weise auf die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens zu reagieren (Beschluss vom 12. Juni 1989 – BVerwG 4 B 101.89 – Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 3).
[27] Durch die Zulassung planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht wurden die Kläger stärker als bisher betroffen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass Flüge in der Mediationsnacht für bestimmte Kläger keine zusätzliche Lärmbelastung mit sich bringen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs durfte die Planfeststellungsbehörde auch nicht davon ausgehen, dass eine erneute Anhörung keine grundlegend neuen Erkenntnisse vermitteln würde. Insoweit unterscheiden sich die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommenen wesentlichen Änderungen am Betriebskonzept – anders als vom Verwaltungsgerichtshof an anderer Stelle (juris Rn. 753) angedeutet – grundsätzlich nicht von Änderungen an den baulichen Anlagen.
B. Planungshindernisse
[28] Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass der Planfeststellung für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main keine unüberwindlichen Planungshindernisse entgegenstanden.
1. Planfeststellungsbeschluss 1971
[29] Planungshindernisse ergaben sich insbesondere nicht aus dem Planfeststellungsbeschluss des Jahres 1971.
[30] In dessen Begründung ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 298 ff.) die Aussage enthalten, die Befürchtungen, dass später eine weitere Start- oder Landebahn – etwa parallel zur Startbahn 18 West – errichtet werden könnte, entbehrten jeder Grundlage; die Genehmigung für eine solche Maßnahme werde auf keinen Fall erteilt. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass diese Aussage der nunmehrigen Ausbauplanung nicht als unüberwindliches Planungshindernis entgegenstand. Dagegen gibt es bundesrechtlich nichts zu erinnern.
[31] Mit dem Planfeststellungsbeschluss von 2007 hat die Planfeststellungsbehörde eine neue, umfassende Rechtsgrundlage für den Flughafenausbau geschaffen. Damit wurden all diejenigen Rechtsbeziehungen aufgehoben, geändert oder angepasst, die durch die frühere Planfeststellung begründet worden sind und dem jetzigen Plan entgegenstehen. Aufgrund dieser Gestaltungswirkung der späteren Planfassung wird die frühere in ihrer Gestalt verändert (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 285). Die Gestaltungswirkung erfasst die gesamte frühere Regelung einschließlich der festgestellten Planunterlagen, der verfügten Auflagen und der Begründung des Beschlusses mit der Folge, dass ein neuer einheitlicher Gesamtplan entsteht. Sich widersprechende Inhalte sind damit ausgeschlossen.
[32] Dem Planfeststellungsbeschluss von 1971 ist auch keine rechtswirksame Zusicherung oder Zusage der Planfeststellungsbehörde zu entnehmen, einen weiteren Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zukünftig zu unterlassen. Offenbleiben kann, ob eine derartige Zusicherung oder eine nach den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts in ihren Wirkungen vergleichbare Zusage in einem Planfeststellungsbeschluss rechtlich überhaupt zulässig wäre. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat jedenfalls einen Rechtsbindungswillen der Planfeststellungsbehörde ohne Bundesrechtsverstoß verneint. Deshalb kann dahingestellt bleiben, inwieweit die weiteren Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof gegen die Annahme einer Zusicherung angeführt hat, mit Bundesrecht vereinbar sind.
[33] Ob eine behördliche Erklärung die Kriterien einer Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG erfüllt, ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Maßstäben nach ihrem objektiven Erklärungswert zu beurteilen. Maßgebend ist, wie der Empfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss (vgl. Urteil vom 5. November 2009 – BVerwG 4 C 3.09 – BVerwGE 135, 209 Rn. 21 m. w. N.). Zusicherungen im Sinne des § 38 VwVfG sind durch ein spezifisches Abgrenzungsbedürfnis gegenüber nicht rechtsverbindlich gemeinten Erklärungen gekennzeichnet. Der Adressat der Erklärung muss – letztlich aus Gründen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots – Klarheit darüber haben, ob sich die Behörde durch eine Zusicherung rechtswirksam binden will. Das gilt umso mehr, wenn die betreffende Erklärung – wie hier – auch als Begründung einer komplexen und politisch hoch umstrittenen Planfeststellungsentscheidung verstanden werden kann. Unter diesen Umständen ist eine behördliche Erklärung regelmäßig nur dann als rechtsverbindliche Zusicherung zu qualifizieren, wenn der Rechtsbindungswille entweder im Bescheidtenor dokumentiert ist oder für den Empfänger in anderer Weise deutlich hervortritt (vgl. Urteil vom 5. November 2009 a. a. O. Rn. 20 ff.). Von diesen Erwägungen hat sich der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 301) der Sache nach ersichtlich leiten lassen und hierbei festgestellt, die Planfeststellungsbehörde habe keine über die Wirkungen der Planfeststellung hinausgehende und davon unabhängige Verpflichtungserklärung abgegeben, sondern ihre Entscheidung über die Zulassung der Errichtung der Startbahn 18 West unter Berücksichtigung der dagegen erhobenen Einwendungen lediglich begründen wollen. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat gebunden.
[34] Die Verfahrensrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09, die geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe die Planunterlagen zum Planfeststellungsbeschluss 1971 nicht gesichtet und ausgewertet und deshalb die Feststellung unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz getroffen, ist unsubstantiiert. Insbesondere legt die Klägerin nicht dar, warum sich dem Verwaltungsgerichtshof deren Beiziehung hätte aufdrängen müssen. Es liegt auch nicht auf der Hand, dass sich aus den Verwaltungsvorgängen für die Auslegung der fraglichen Passage in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses 1971 etwas Neues ergeben hätte.
[35] Aufgrund des fehlenden Rechtsbindungswillens des Beklagten hat die Aussage in dem Planfeststellungsbeschluss 1971 auch weder die Qualität einer verbindlichen Abwägungsdirektive, die ihr die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 beimisst, noch konnte sie ein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen begründen. Die im Zusammenhang mit der Auslegung der LEP-Änderung 2007 getroffene Feststellung (juris Rn. 771), es sei "schon das Vertrauen auf die Aussage in dem Planfeststellungsbeschluss 1971, keine weitere Start- oder Landebahn zu bauen, enttäuscht worden", dient dem Verwaltungsgerichtshof nicht zur Begründung eines rechtlich schutzwürdigen Vertrauens, sondern als Bestätigung der Sichtweise der Landesplanung, "dass das Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz des Projekts" liefere. Dass das Interesse der Bevölkerung und der Gemeinden in der Nachbarschaft des Flughafens Frankfurt Main, von einem weiteren Ausbau des Flughafens verschont zu bleiben, ein Belang ist, der in der Abwägung zu berücksichtigen ist, haben weder die Planfeststellungsbehörde noch der Verwaltungsgerichtshof verkannt.
2. Behauptete Illegalität bestehender Flughafenanlagen
[36] Im Ergebnis ohne Bundesrechtsverstoß hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 306 ff.) auch den Einwand der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 zurückgewiesen, die bestehenden Flughafenanlagen seien zu einem erheblichen Teil weder durch eine Genehmigung nach § 6 LuftVG noch durch den Planfeststellungsbeschluss 1971 gedeckt, weshalb auf der Grundlage dieses illegalen Zustandes auch keine Erweiterung des Flughafens zugelassen werden dürfe.
[37] Offenbleiben kann, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die behauptete Illegalität bestehender Flughafenanlagen der Ausbauplanung durch den Planfeststellungsbeschluss 2007 überhaupt als Planungshindernis entgegenstehen könnte. Auf diesen Einwand kann sich die Klägerin hier schon deshalb nicht berufen, weil ihr die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2003 – 2 A 2796/01 – entgegensteht.
[38] Mit Urteil vom 14. Oktober 2003 – 2 A 2796/01 – hat der Verwaltungsgerichtshof die auf nachträgliche Einschränkungen des Flugbetriebs am Flughafen Frankfurt Main gerichtete Verpflichtungsklage der Klägerin abgewiesen. Der Auffassung der Klägerin, dass der Planfeststellungsbeschluss von 1971 den gegenwärtigen Umfang des Verkehrs und die damit für sie verbundene Lärmbelastung nicht zum Gegenstand gehabt habe (a. a. O. juris Rn. 72), hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen vermocht. Beseitigungs- oder Änderungsansprüche der Klägerin hat er unter Bezugnahme auf die Gründe seines vorausgehenden Urteils vom 2. April 2003 – 2 A 2646/01 – mit der Begründung verneint, dass der derzeitige Betrieb des Flughafens Frankfurt Main "in vollem Umfang luftverkehrsrechtlich genehmigt und durch die der (Ausbau-) Genehmigung nachfolgende Planfeststellung von 1971 gedeckt" sei und "eine im Rechtssinne wesentliche Erweiterung oder Änderung bislang … nicht stattgefunden" habe (a. a. O. juris Rn. 69 ff., 74 f.). Diese Begründung nimmt an der Rechtskraftbindung des Urteils teil.
[39] Gemäß § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Vom subjektiven Anwendungsbereich der Vorschrift ist die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 erfasst, weil sie Klägerin des mit Urteil vom 14. Oktober 2003 entschiedenen Verwaltungsrechtsstreits und damit gemäß § 63 Nr. 1 VwGO daran beteiligt war. Die Behauptung der Klägerin unterfällt auch dem objektiven Anwendungsbereich des § 121 VwGO. Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck gebrachte Rechtsfolge sowie durch den Klagegrund, namentlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist. Die gerichtliche Entscheidung ist die im Entscheidungssatz des Urteils sich verkörpernde Rechtsfolge als Ergebnis der Subsumtion des vorgetragenen Sachverhalts unter das Gesetz, mithin der konkrete Rechtsschluss vom Klagegrund auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der begehrten Rechtsfolge anhand des die Entscheidung unmittelbar tragenden Rechtssatzes (Urteil vom 31. August 2011 – BVerwG 8 C 15.10 – BVerwGE 140, 290 Rn. 20 m. w. N.). Demgemäß bezieht sich die Entscheidung über eine Verpflichtungsklage nicht bloß auf die begehrte Rechtsfolge, sondern stets auch auf die gesetzliche Anspruchsgrundlage (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 121 Rn. 28) und die ihr zugrunde liegende tragende Rechtsbehauptung (vgl. Beschluss vom 16. Februar 1990 – BVerwG 9 B 325.89 – Buchholz 412. 3 § 18 BVFG Nr. 13 m. w. N.). Hierauf ist die Wirkung der Rechtskraft beschränkt. Auf einzelne Urteilselemente, also auf die tatsächlichen Feststellungen, die Feststellung einzelner Tatbestandselemente und sonstige Vorfragen oder Schlussfolgerungen, auch wenn diese für die Entscheidung tragend gewesen sind, erstreckt sich die Rechtskraft nicht (Urteil vom 31. August 2011 a. a. O. m. w. N.).
[40] Streitgegenstand des mit Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2003 entschiedenen Verfahrens war der geltend gemachte Anspruch auf nachträgliche Einschränkung des Flugbetriebs am Flughafen Frankfurt Main. Diesen Anspruch hat der Verwaltungsgerichtshof verneint. Damit steht rechtsverbindlich fest, dass die Klägerin den bisherigen Flugbetrieb am Flughafen Frankfurt Main nicht (mehr) abwehren kann. Die Rechtskraftbindung des Urteils geht aber noch darüber hinaus. Die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Betrieb des Flughafens "in vollem Umfang luftverkehrsrechtlich genehmigt und durch die der (Ausbau-) Genehmigung nachfolgende Planfeststellung von 1971 gedeckt" sei und "eine im Rechtssinne wesentliche Erweiterung oder Änderung bislang … nicht stattgefunden" habe (a. a. O. juris Rn. 74 f.), ist auf die zentrale Rechtsbehauptung der Klägerin bezogen, der Planfeststellungsbeschluss von 1971 habe den gegenwärtigen Umfang des Verkehrs und die damit für sie verbundene Lärmbelastung nicht zum Gegenstand gehabt, weshalb der bisherige Betrieb des Flughafens teilweise illegal sei. Sie geht damit über die bloße Feststellung einzelner Tatbestandselemente der einschlägigen Anspruchsgrundlage oder die Klärung sonstiger Vorfragen hinaus und nimmt als "tragende Begründung" (vgl. Beschluss vom 16. Februar 1990 a. a. O.) bzw. als "sachlicher Inhalt" der Entscheidung (Urteil vom 30. August 1962 – BVerwG 1 C 161.58 – BVerwGE 14, 359 [361 f.]; vgl. auch Urteil vom 21. September 1984 – BVerwG 8 C 4.82 – BVerwGE 70, 159 [161]) an der Rechtskraftbindung des Urteils teil. Sie verhindert, dass der geltend gemachte Anspruch auf Betriebseinschränkung einschließlich der ihn tragenden zentralen Rechtsbehauptung einer teilweisen Illegalität des bisherigen Flugbetriebs in einem weiteren Verfahren zwischen denselben Beteiligten einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann.
C. Planrechtfertigung/Nachfrageprognose 2020
[41] Die Planrechtfertigung für das planfestgestellte Ausbauvorhaben hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß bejaht. Die Würdigung der Verkehrsprognose der Planfeststellungsbehörde für das Prognosejahr 2020, die der Planrechtfertigung zugrunde liegt, ist nach den Maßstäben, die der Senat in seinen Urteilen vom 13. Oktober 2011 zum Planergänzungsbeschluss für den Flughafen Berlin (z. B. BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 62 ff.) dargelegt hat, nicht zu beanstanden.
1. Gerichtliche Tatsachenfeststellung
[42] Mangels durchgreifender Verfahrensrügen ist der Senat an die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Verkehrsprognose der Planfeststellungsbehörde gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
[43] Die Aufklärungsrüge, mit der die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe die Beigeladene zu Unrecht nicht zur Vorlage der von der I … GmbH (im Folgenden: I …) zur Erstellung der Verkehrsprognose 2020 verwendeten Quelle-Ziel-Matrizes und der Passagierbefragungen aufgefordert, genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Eine schlüssige Aufklärungsrüge setzt unter anderem substantiierten Vortrag voraus, hinsichtlich welcher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Letzteres legt die Klägerin nicht dar. Sie hält die Kenntnis des Inhalts der Quelle-Ziel-Matrizes und der Passagierbefragungen offensichtlich für erforderlich zur Beurteilung der Frage, ob das I …-Gutachten G 8 von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Dass eine Kenntnis der Matrizes oder Befragungen dies in Frage gestellt hätte, behauptet sie aber selbst nicht.
[44] Abgesehen davon gelingt es ihr auch nicht, den Einwand des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 335) zu entkräften, es habe keine Rechtsgrundlage bestanden, Geschäftsgeheimnisse von I … herauszuverlangen. Der Amtsermittlungsgrundsatz ermächtigt hierzu nicht; er ist Aufgabenzuweisung, nicht Ermächtigungsgrundlage. § 99 VwGO gilt nur gegenüber Behörden. Auch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO gibt dem Gericht keine Eingriffsbefugnisse gegenüber Hilfspersonen eines Beteiligten. Infolgedessen hatte der Verwaltungsgerichtshof auch keine Veranlassung, auf eine Vorlage der Quelle-Ziel-Matrizes weiter hinzuwirken, weil eine von vornherein aussichtslose Aufklärungsmaßnahme – I … lehnte eine Herausgabe der Quelle-Ziel-Matrizes und der Ergebnisse der Passagierbefragungen ab – auch nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten ist.
[45] Soweit die Klägerin rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe ihre Beweisanträge I. 1 bis I. 4, I. 6 und I. 7. 1 bis I. 7. 3 in verfahrensfehlerhafter Weise mit der Begründung abgelehnt, dass bereits Gutachten vorliegen würden, trifft bereits die der Rüge unterlegte Tatsachenbehauptung nur teilweise zu. Nur die Beweisanträge I. 1, I. 2, I. 7. 2 und I. 7. 3 hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf vorhandene Gutachten abgelehnt. Dabei hat er die Anträge I. 7. 2 und I. 7. 3 zusätzlich sinngemäß als unerheblich abgelehnt. Dies hat die Klägerin mit ihrer Verfahrensrüge ebenso wenig angegriffen wie die Ablehnungsgründe für die Beweisanträge I. 3 bis I. 6. Den Beweisantrag I. 1 hat er zusätzlich mit dem Argument abgelehnt, die Frage, ob die Belastbarkeit von Ergebnissen geprüft werden könne, sei eine Rechtsfrage. Auch gegen diese Begründung hat sich die Klägerin nicht gewandt. Hinsichtlich des verbleibenden Beweisantrags I. 2 genügt die Verfahrensrüge nicht den Darlegungsanforderungen. Die Klägerin legt nicht dar, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Nach der Begründung des Beweisantrags I. 2, die die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung wiedergegeben hat, hätte eine Beweiserhebung ergeben, dass das Prognoseergebnis von I … nicht plausibel sei, weil die Prognose für den Zeitraum von 2004 bis 2007, also noch vor der Wirtschaftskrise, Wachstumsraten von 2, 2 bzw. 2, 9 % unterstellt habe, während das durchschnittliche jährliche Passagierwachstum nur knapp 2 % betragen habe, und im Jahr 2008 ein Wachstumsrückgang von 1, 3 % festzustellen sei. Die Plausibilität eines Gutachtens indes ist eine Frage der gerichtlichen Beweiswürdigung und der Beweiserhebung nicht zugänglich. Im Übrigen legt die Klägerin auch nicht dar, inwieweit die gerichtliche Beweiswürdigung durch die behaupteten Diskrepanzen in Frage gestellt worden wäre.
[46] Die weitere Rüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe unter Verletzung seiner Prozessförderungspflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO nicht darauf hingewirkt, dass sie ihren auf Vernehmung des mit der Gutachtenerstellung befassten Mitarbeiters von I …, Dr. Sch …, als Zeugen gerichteten Beweisantrag in einen Antrag auf dessen Vernehmung als Sachverständigen umstellte, bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil der Verwaltungsgerichtshof die Ablehnung des Antrags in der mündlichen Verhandlung begründet hat (Sitzungsniederschrift S. 51); die anwaltlich vertretene Klägerin hat auf die Begründung, obwohl zumutbar, nicht von sich aus reagiert.
[47] Unsubstantiiert ist auch die Verfahrensrüge der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag I. 1. c zu Unrecht abgelehnt. Die Kläger haben Einholung eines Sachverständigengutachtens unter anderem zu der Behauptung beantragt, dass sich das Wirtschaftswachstum in den Jahren 2009 und 2010 reduziere, während die Flugpreise gleichzeitig stiegen, weshalb von einem Verkehrsrückgang um bis zu 10 % und einem Passagierrückgang von bis zu 15 % und von einer Überschätzung des zu erwartenden Aufkommens um mindestens 180 000 Flugbewegungen und 28 Mio. Passagiere auszugehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, durch den klägerischen Vortrag werde die anderslautende prognostische Einschätzung von I … nicht in Frage gestellt (juris Rn. 348). Inwiefern die erhofften Beweisergebnisse zu der – durch die Wirtschaftskrise geprägten und daher im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses so nicht vorhersehbaren – Wirtschaftsentwicklung in den Jahren 2009 und 2010 die Verwertbarkeit des Gutachtens G 8 in Frage stellen könnten, begründen die Kläger nicht.
2. Gerichtliche Überprüfung der Nachfrageprognose
[48] Die gerichtliche Überprüfung der Nachfrageprognose der Planfeststellungsbehörde lässt einen Bundesrechtsverstoß ebenfalls nicht erkennen.
[49] Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterliegt eine behördliche Verkehrsprognose auch im Bereich der ansonsten voll überprüfbaren Planrechtfertigung nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle (z. B. Urteile vom 6. Dezember 1985 – BVerwG 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 [286] und vom 24. November 1989 – BVerwG 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123 [131]). Die Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (Urteil vom 20. April 2005 – BVerwG 4 C 18.03 – BVerwGE 123, 261 [275]; soweit der 9. Senat in seinem Urteil vom 18. März 2009 – BVerwG 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 Rn. 105 ausgeführt hat, es sei zu prüfen, ob die Prognose "methodisch einwandfrei" erarbeitet worden sei, vertritt er keinen strengeren Maßstab; siehe dazu die in Bezug genommenen Urteile vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 11 A 1.97 – BVerwGE 107, 313 [326] und vom 24. November 2004 – BVerwG 9 A 42.03 – juris Rn. 41). Von diesen bundesrechtlichen Maßstäben hat sich der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 332) ersichtlich leiten lassen.
a) Methode
[50] Die Prognosemethode von I … hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
[51] Die fehlende Offenlegung der Quelle-Ziel-Matrizes offenbart keinen Methodenmangel. Sie erschwert lediglich die Überprüfung der angewandten Methode und macht es gegebenenfalls erforderlich, dass das Gericht seine Überzeugung von der Eignung der Methode und ihrer tatsächlichen Anwendung aus anderen Erkenntnisquellen schöpft. Das hat der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage des Gutachtens der Technischen Universität Hamburg-Harburg (im Folgenden: TUHH-Gutachten) getan. Die TUHH habe im Wesentlichen bestätigt, dass die Bedarfsprognose methodisch einwandfrei und auf der Grundlage ordnungsgemäß erhobener Daten erarbeitet worden sei (juris Rn. 327). Soweit die TUHH kritisiert, statt einer linearen Verbindung zwischen Wirtschaftsentwicklung und Passagierzahl im Modell von I … hätten mehrere unabhängig voneinander stehende Variablen verwendet und im Rahmen einer multiplen Regressionsanalyse überprüft werden müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 341) dieses methodische Defizit als durch die auch von der TUHH als Ersatz empfohlenen Sensitivitätsrechnungen kompensiert angesehen. Hiergegen gibt es bundesrechtlich nichts einzuwenden. Im Übrigen haben die Kläger die Methodengerechtigkeit des I …-Gutachtens G 8 nicht substantiiert in Frage gestellt.
b) Sachverhaltsermittlung
[52] Bundesrechtlich tragfähig ist ferner die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die I …-Prognose beruhe auf einem zutreffend ermittelten Sachverhalt.
[53] Das gilt zunächst für die Passagierbefragungen, die der Prognose zugrunde liegen. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 330) hat ausgeführt, das Gutachten der TUHH bestätige im Zusammenwirken mit dem Ergebnis der Sensitivitätsberechnungen von I …, dass das I …-Gutachten G 8 auf der Grundlage ordnungsgemäß erhobener Daten erarbeitet worden sei.
[54] Soweit sich die Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 2.10 und 4 C 4.10 dagegen wenden, dass der Verwaltungsgerichtshof die fehlende Offenlegung der Quelle-Ziel-Matrizes und der Daten der Fluggastbefragungen aufgrund des Umstandes, dass die TUHH die Prognoseprämissen und -ergebnisse als plausibel bestätigt habe, für ausgeglichen hält, bleibt ihre Sachrüge ohne Erfolg. Die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichtshofs betrifft die richterliche Beweiswürdigung. Eine allgemeine Beweisregel, die besagt, dass die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Ausgangsdaten die Kenntnis dieser Ausgangsdaten erfordert, gibt es nicht (vgl. Beschlüsse vom 1. April 2009 – BVerwG 4 B 61.08 – Buchholz 442. 40 § 8 LuftVG Nr. 34 und vom 14. April 2011 – BVerwG 4 B 77.09 – juris Rn. 43). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 angeführten Beschluss vom 15. Januar 2008 – BVerwG 9 B 7.07 – (NVwZ 2008, 675 Rn. 4). In dieser Entscheidung hat es der 9. Senat für die Feststellung der Richtigkeit des Sachverhalts – einer gängigen Praxis folgend – grundsätzlich als ausreichend erachtet, sich in der mündlichen Verhandlung die Datenbasis und das prognostische Vorgehen erläutern zu lassen und die Prognoseergebnisse einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen; eine Anforderung des elektronisch gespeicherten Zahlenwerks der Berechnung in seiner Gesamtheit hat er gerade für verzichtbar gehalten.
[55] Unberechtigt ist auch der Einwand der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, der Verwaltungsgerichtshof ziehe mit der Annahme, eine mangelnde Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Gutachtens könne durch den Vorteil der Berücksichtigung auch anderer Verkehrsträger in Verbindung mit der bestätigten Plausibilität der Prognoseprämissen und Prognoseergebnisse ausgeglichen werden, einen nach den Gesetzen der Logik schlicht unmöglichen Schluss. Ein Verstoß gegen Denkgesetze, der ein Unterfall eines Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO sein kann, wenn er sich auf die tatsächliche Würdigung beschränkt und die rechtliche Subsumtion nicht berührt (Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271), wird damit nicht dargetan. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 334) bezieht sich insoweit auf das von der Planfeststellungsbehörde zur Qualitätskontrolle des I …-Gutachtens eingeholte Gutachten der TUHH (S. 74), das die von I … ermittelten Prognosewerte "insgesamt als plausibel" einschätzt, wie eine Einordnung der bisherigen und prognostizierten Entwicklung am Flughafen Frankfurt Main in den Gesamtzusammenhang des bisherigen und von anderen Institutionen prognostizierten Entwicklung des Luftverkehrsaufkommens in Deutschland und der Welt verdeutliche. Der Verwaltungsgerichtshof wertet also ersichtlich den Umstand, dass sich die Ergebnisse der I …-Prognose in die bisherige und von anderen Institutionen prognostizierte Entwicklung des Luftverkehrsaufkommens einordnen lassen, als Indiz dafür, dass Prämissen ungeachtet ihrer fehlenden Dokumentation sachgerecht ausgewählt und Zwischenschritte korrekt vorgenommen wurden. Diese Überlegung ist naheliegend und verstößt nicht gegen Denkgesetze.
[56] Ein Bundesrechtsverstoß ist auch nicht dargetan, soweit der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 343 ff.) die Einwände der Kläger gegen die Annahmen von I … zur Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Preisentwicklung sowie zum künftigen Ausbaustand der Verkehrsinfrastruktur zurückgewiesen hat. Diese Annahmen sind zwar Eingangsdaten für die Verkehrsprognose 2020 des Gutachtens G 8, beruhen aber ihrerseits auf Prognosen, für die eine gerichtliche Kontrolle nach den dargestellten Maßstäben erforderlich, aber auch ausreichend ist. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt. Er hat es daher zu Recht abgelehnt, die von I … zugrunde gelegten Ausgangsprognosen durch von den Klägern benannte Alternativprognosen zu ersetzen oder sie an der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eingetretenen tatsächlichen Entwicklung zu messen. Auf dieser Grundlage hat sich der Verwaltungsgerichtshof die Überzeugung verschafft, dass die meisten von I … verwendeten Ausgangsprognosen sich im Rahmen der vertretbaren Bandbreite von Prognosen bewegen. Das gilt auch für die Annahmen zum Wirtschaftswachstum in Deutschland. Wenn diese, wie von der TUHH angenommen, "leicht optimistisch" waren, so lagen sie damit immer noch im Rahmen des Vertretbaren.
[57] Entgegen der Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Belastbarkeit der Verkehrsprognose und zum Ausmaß der verbleibenden Unsicherheiten auch nicht durch Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet. Die Sensitivitätsberechnung von I … hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 345) lediglich als Beleg dafür herangezogen, dass I … den Zusammenhang zwischen Wirtschafts- und Luftverkehrswachstum nicht unvertretbar gewichtet habe. Zur Vertretbarkeit der von I … angenommenen Entwicklung des Ölpreises hat er festgestellt, dass auch ein erheblich ansteigender Ölpreis und ein damit verbundener Anstieg der Flugpreise auf das Prognoseaufkommen im Jahr 2020 keine entscheidungsrelevanten Auswirkungen hätten (juris Rn. 348). Soweit die Klägerin schließlich rügt, die Sensitivitätsbetrachtung gehe nach den eigenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs von völlig unzureichenden Prämissen aus, setzt sie der I …-Prognose ihre eigene Trendprognose entgegen. Dass der Verwaltungsgerichtshof sich hiervon nicht hat überzeugen lassen, hält sich im Rahmen seiner Beweiswürdigungsfreiheit.
[58] Die fehlende Offenlegung der Quelle-Ziel-Matrix 2004 führt – entgegen der Auffassung der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 – auch nicht zwangsläufig zu Defiziten bei der gerichtlichen Überprüfung der gutachterlichen Sachverhaltsermittlung. Die von I … verwendete Quelle-Ziel-Matrix bildet zwar einen tatsächlichen Zustand ab und fällt insoweit unter den Begriff der Sachverhaltsermittlung. Andererseits lässt sie sich selbst bei Offenlegung nicht ohne Weiteres in die Kategorien "zutreffend" – "unzutreffend" einordnen. Die Matrix ist eine Hochrechnung der Ergebnisse der Passagierbefragungen. Überprüfbar ist deshalb nur die Ordnungsmäßigkeit der Passagierbefragungen und der zugrunde gelegten Methode. Beides hat der Verwaltungsgerichtshof – wie dargelegt – ohne Bundesrechtsverstoß bestätigt.
c) Begründung des Ergebnisses
[59] Ohne Bundesrechtsverstoß hat der Verwaltungsgerichtshof schließlich zu erkennen gegeben, dass er auch das Ergebnis der Nachfrageprognose für nachvollziehbar und einleuchtend begründet hält.
[60] Jedenfalls bei komplexen Rechenwerken setzt das Begründungserfordernis nicht die exakte "Nachrechenbarkeit" im Detail voraus (Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – juris Rn. 143 und Beschluss vom 15. Januar 2008 a. a. O.). In der Regel müssen lediglich die für die prognostische Einschätzung wesentlichen Erwägungen offengelegt werden. Etwas anderes mag dann gelten, wenn ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte für Rechenfehler vorliegen. Soweit der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 334) vorliegend festgestellt hat, dass einzelne Prognoseschritte von I … nicht nachvollzogen werden könnten, weil die Quelle-Ziel-Matrizes nicht zugänglich seien, zielt diese Formulierung ersichtlich auf die fehlende exakte Nachrechenbarkeit, ohne die inhaltliche Nachvollziehbarkeit in Frage zu stellen. Gegenteilige Feststellungen lassen sich dem Urteil entgegen der Auffassung der Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09 und 4 C 2.10 nicht entnehmen.
D. Raumordnung
[61] Einen Verstoß gegen Vorgaben der Raumordnung hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß verneint.
1. LEP-Änderung 2007
[62] Der Landesentwicklungsplan Hessen 2000 – LEP 2000 – in der Fassung der Änderung von 2007 – LEP-Änderung 2007 – bestimmt u. a. als Ziel, dass zur Sicherung der langfristigen räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Flughafens Frankfurt Main die in der Plankarte dargestellten Flächen für die Erweiterung der Flughafenanlagen einschließlich einer neuen Landebahn als Vorranggebiete ausgewiesen werden, die von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten sind.
[63] Ohne Erfolg kritisiert die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 441 ff.), dass die LEP-Änderung 2007 nicht wegen eines formellen oder materiellen Rechtsmangels nichtig sei.
[64] Die gemeindlichen Klägerinnen hatten die LEP-Änderung 2007 auch mit Normenkontrollanträgen gemäß § 47 VwGO angegriffen. Diese Anträge hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Februar 2010 – 11 C 2715/07. N – (juris) abgelehnt. Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschlüssen vom 31. März 2011 (BVerwG 4 BN 18.10 und 4 BN 19.10) zurückgewiesen. Damit steht für die Klägerin als Beteiligte des Normenkontrollverfahrens mit der Bindungswirkung des § 121 VwGO fest, dass die LEP-Änderung 2007 rechtswirksam ist.
[65] Zu Unrecht rügen die Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09, 4 C 3.10 und 4 C 5.10, der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 413 ff.) sei unter Verkennung von Bundesrecht davon ausgegangen, dass in der LEP-Änderung 2007 eine abschließende landesplanerische Standortentscheidung für die neue Nordwest-Landebahn nicht vorgenommen worden sei.
[66] Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass die LEP-Änderung 2007 als zielförmige Festlegung lediglich die Ausweisung von Vorrangflächen für die Erweiterung des Flughafens enthalte. Die strikte Bindungswirkung beschränke sich somit auf das Verbot, die als Vorrangflächen festgelegten Gebiete anderweitig zu nutzen (juris Rn. 433). Gleichwohl komme in der Ausweisung insgesamt deutlich der landesplanerische Wille zum Ausdruck, den Flughafen räumlich zu erweitern, und zwar durch den Bau einer Landebahn auf der Vorrangfläche im Nordwesten des Flughafens. Diese Vorgabe sei als Grundsatz der Raumordnung zu verstehen. Aus bundesrechtlicher Sicht gibt es hiergegen nichts zu erinnern.
[67] Die LEP-Änderung 2007 ist Teil des nicht revisiblen Landesrechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). An das Ergebnis der Auslegung von Landesrecht durch den Verwaltungsgerichtshof ist der Senat grundsätzlich gebunden (§ 560 ZPO i. V. m. § 173 VwGO). Dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung der LEP-Änderung 2007 Bundesrecht verletzt hätte, hat der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 31. März 2011 (a. a. O.) verneint. Er hat insbesondere angenommen, eine bundesrechtliche Vorschrift, die den Träger der Landesplanung verpflichte, den Standort der Erweiterung des internationalen Verkehrsflughafens Frankfurt Main selbst mit bindender Wirkung für die Fachplanung zielförmig festzulegen, existiere nicht (Beschluss vom 31. März 2011 – BVerwG 4 BN 19.10 – juris Rn. 10 ff.). Auch dem Raumordnungsgesetz des Bundes lasse sich eine entsprechende Verpflichtung nicht entnehmen. An dieser Rechtsauffassung ist festzuhalten. Im Revisionsverfahren zeigen die Klägerinnen keine Gesichtspunkte auf, die über die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorgebrachten Argumente hinausgehen.
2. Beeinträchtigung der Zentrenfunktion
[68] Der Kritik der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen die raumordnungsrechtliche Beachtenspflicht, weil er in den Kernbereich der ihr im LEP 2000 zugewiesenen Oberzentrumsfunktion eingreife, ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht gefolgt.
[69] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 494 f.) hat angenommen, dass die Eigenschaft eines Oberzentrums nicht entzogen und § 4 Abs. 1 HLPG nicht dadurch verletzt werde, dass einzelne Einrichtungen und Planungen mit Bezug zur Oberzentrumsfunktion durch Lärm und sonstige Immissionen sowie mittelbar durch Bauverbote und finanzielle Lasten beeinträchtigt werden. Entsprechendes gelte auch für die Zentrumsfunktion der anderen Gemeinden. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt, aufgrund der Bauverbote des § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmschutzgesetz – FluglärmG) i. d. F. der Bek. vom 31. Oktober 2007 (BGBl I S. 2259) werde ein "Austrocknen" dieser Funktion im Laufe der nächsten Jahre bewirkt. Darüber hinaus unterstelle das angefochtene Urteil, dass es nur um "einzelne Einrichtungen und Planungen mit Bezug zur Oberzentrumsfunktion" gehe, obwohl sie bereits im Einwendungsverfahren dargelegt habe, dass sämtliche Einrichtungen mit Oberzentrumsfunktion im Planungsfall vom Lärmschutzbereich 2 überlagert würden und damit Bauverboten unterlägen. Im Übrigen setze sich das Urteil auch in Widerspruch zu seiner eigenen tatsächlichen Feststellung. Mit diesem Vortrag legt die Klägerin einen Bundesrechtsverstoß nicht dar. Soweit sie in tatsächlicher Hinsicht einwendet, sie habe im Einwendungsverfahren und in der Klagebegründung substantiiert dargelegt, dass sämtliche Einrichtungen mit Oberzentrumsfunktion im Planfall vom "Lärmschutzbereich 2" überlagert würden und damit Bauverboten unterlägen, ist dieser Vortrag bereits unschlüssig. Denn in der Tag-Schutzzone 2 dürfen nur Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen sowie Schulen und Kindergärten und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen nicht errichtet werden. Davon, dass – wie die Klägerin behauptet – sämtliche Einrichtungen mit Oberzentrumsfunktion in ihrem Stadtgebiet, also etwa auch überregionale Sportstätten, Kongresszentren oder Museen im Planungsfall Bauverboten unterlägen, weil diese vom "Lärmschutzbereich 2" überlagert würden, kann deshalb keine Rede sein. Abgesehen davon können auch schutzbedürftige Einrichtungen in der Tag-Schutzzone 2 im Wege der Ausnahme gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG zugelassen werden; vorhandene Einrichtungen dürfen weiterbetrieben werden. Von einer Beeinträchtigung der Oberzentrumsfunktion ist der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu Recht nicht ausgegangen.
[70] Ohne Erfolg bleibt die Verfahrensrüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag Nr. 7 unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 und 2 VwGO abgelehnt. Dem Beweisantrag lag die Behauptung zugrunde, dass die Klägerin die ihr landesplanerisch zugewiesene Aufgabe als Oberzentrum aufgrund der jahrzehntelangen Zunahme der Lärmimmissionen durch den gegenwärtigen Flugbetrieb des Flughafens Frankfurt Main immer weniger erfüllen könne und im Planungsfall in absehbarer Zeit gar nicht mehr werde erfüllen können. Der Verwaltungsgerichtshof ist dem Beweisantrag zu Recht nicht gefolgt, weil die Klägerin keine Tatsachen, sondern Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat. Die Beweisbehauptungen lassen sich nur auf der Grundlage eines Subsumtionsvorgangs beantworten, der unter anderem die rechtliche Klärung, was oberzentrale Aufgaben sind, voraussetzt. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 496), soweit (auch) Tatsachen unter Beweis gestellt werden sollten, diese zu Recht für unerheblich gehalten.
[71] Soweit die Klägerin schließlich meint, ihre Oberzentrumsfunktion sei abwägungserheblich gewesen, räumt sie selbst ein, dass sich diese Einschätzung mit derjenigen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 496) deckt, der der Planfeststellungsbehörde insoweit allerdings attestiert hat, mögliche Einschränkungen dieser Funktion fehlerfrei abgewogen zu haben.
E. Öffentliches Interesse in der Abwägung
[72] Im Einklang mit Bundesrecht stehen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Gewichtung und Bewertung der für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main sprechenden öffentlichen Belange.
[73] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 511 ff.) ist davon ausgegangen, dass seine Ausführungen zur Planrechtfertigung auch für die Ermittlung und Bewertung der für den Ausbau streitenden öffentlichen Interessen im Rahmen der planerischen Abwägung von Bedeutung seien. Aus diesen sowie aus seinen Ausführungen zur Raumordnung und zu den wirtschaftlichen Effekten hat er gefolgert, dass überragende Gründe des öffentlichen Interesses für den Ausbau sprächen. Der seit längerem am Flughafen bestehende Kapazitätsengpass werde beseitigt. Die Erweiterung setze den Flughafen in die Lage, den wachsenden künftigen Verkehrsbedarf von 88, 6 Mio. Passagieren bei 701 000 Flugbewegungen zum Prognosehorizont 2020 am bestehenden Standort zu decken. Mit dem kapazitiven Ausbau werde der Luftverkehrsstandort Hessen gesichert und strukturell aufgewertet. Das diene der Erhaltung und Verbesserung der im Interesse der Allgemeinheit bestehenden Infrastruktureinrichtung des Luftverkehrs. Die Erweiterung stärke die Funktion des Flughafens Frankfurt Main als Drehscheibe des nationalen und internationalen Flugverkehrs im Wettbewerb mit anderen Hub-Flughäfen. Zu Recht habe die Planfeststellungsbehörde deshalb den für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belangen im Rahmen der planerischen Abwägung ein außerordentlich hohes Gewicht eingeräumt.
[74] Hier setzt die Kritik mehrerer Kläger an. Soweit sie Rechtsfehler bei der Erstellung einer sachgerechten Prognose und deren gerichtliche Kontrolle geltend machen, kann auf die Ausführungen im Rahmen der Planrechtfertigung (oben C.) verwiesen werden. Die Rügen bleiben aber auch ohne Erfolg, soweit sie auf spezifische Abwägungsgesichtspunkte zielen.
1. Prognoseunsicherheiten
[75] Zu Unrecht rügen die Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09 und 4 C 3.10, der Verwaltungsgerichtshof habe die mit der Nachfrageprognose 2020 verbundenen Prognoseunsicherheiten in der Abwägung unberücksichtigt gelassen.
[76] Zutreffend weisen die Klägerinnen allerdings darauf hin, dass es für die Gewichtung prognostizierter Verkehrsbedürfnisse im Rahmen der Abwägung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG auch auf die Verlässlichkeit einer Prognose ankommen kann. Als Faustregel lässt sich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und verbindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll (Urteil vom 9. Juli 2009 – BVerwG 4 C 12.07 – BVerwGE 134, 166 Rn. 17). Das Gewicht der für ein Ausbauvorhaben sprechenden öffentlichen Belange nimmt deshalb in dem Maße ab, in dem die Bedarfsprognose weiter in die Zukunft greift und damit mit größeren Unsicherheiten verbunden ist. Vorkehrungen zur Deckung eines ungesicherten Bedarfs sind nicht dringlich (Urteil vom 20. April 2005 – BVerwG 4 C 18.03 – BVerwGE 123, 261 [273]). Maßgeblich ist, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen (Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 [234]). Andererseits ist es nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer sachgerecht erarbeiteten Prognose darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird (Urteil vom 8. Juli 1998 – BVerwG 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142 [146]). Zutreffend ist ferner die Annahme der Klägerinnen, dass an die Ermittlung des Verkehrsinteresses im Rahmen der Abwägung strengere Anforderungen zu stellen sein können als im Rahmen der Planrechtfertigung.
[77] Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass der Verwaltungsgerichtshof diese rechtlichen Maßstäbe verkannt und einen Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde in diesem Zusammenhang unbeanstandet gelassen hätte. Der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Abwägungskontrolle den im I …-Gutachten prognostizierten Verkehrsbedarf von 88, 6 Mio. Passagieren bei 701 000 Flugbewegungen zum Prognosehorizont 2020 referiert, ohne auf die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse einzugehen, ist hierfür kein hinreichendes Indiz, weil der Verwaltungsgerichtshof insoweit auf seine detaillierteren Ausführungen im Rahmen der Planrechtfertigung verwiesen hat. Zwar war im Rahmen der Planrechtfertigung eine ins Einzelne gehende Auseinandersetzung mit etwaigen Prognoseunsicherheiten der von der Planfeststellungsbehörde zugrunde gelegten I …-Prognose gar nicht erforderlich, weil auch ein wesentlich niedrigeres Luftverkehrswachstum und wohl schon der aktuelle Nachfrageüberhang die Planung gerechtfertigt hätte. Das bedeutet indes nicht, dass die im Rahmen der Planrechtfertigung getroffenen Feststellungen zur Validität der Behördenprognose nicht ausreichten, die Verkehrsbelange auch für die Abwägung hinreichend valide zu bestimmen. Denn die Planfeststellungsbehörde ist nicht dabei stehen geblieben, die Planrechtfertigung auf den aktuellen Nachfrageüberhang zu stützen. Vielmehr hat sie sich – ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 328 f.) – bereits im Rahmen der Planrechtfertigung mit den Einwänden der Kläger zu den Unsicherheiten der I …-Prognose auf der Grundlage der Qualitätssicherung durch die TUHH und der Sensitivitätsrechnungen von I … ausführlich auseinandergesetzt. Es ist deshalb nicht zweifelhaft, dass der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 345 und 330) seine Bewertung, die Abweichung der Sensitivitätsrechnung von der I …-Prognose sei unwesentlich, weshalb die prognostizierten Zahlen auch unter Berücksichtigung eines deutlich steigenden Ölpreises als plausibel angesehen werden könnten, und ferner, die Gutachten von I … und der TUHH stellten insgesamt eine tragfähige Grundlage für die gerichtliche Entscheidung dar, nicht allein auf die Planrechtfertigung, sondern auch bereits (im Vorgriff) auf die Abwägungskontrolle bezogen hat.
[78] Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 rügt, aufgrund der Unverwertbarkeit des I …-Gutachtens verstießen auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Effekte des Flughafenausbaus und zur raumordnerischen Bedarfsbewertung gegen das Abwägungsgebot, sind diese Rügen angesichts der dargelegten Verwertbarkeit des Gutachtens gegenstandslos.
2. Differenzierung des Verkehrsbedarfs anhand der Planungsziele
[79] Entgegen der Auffassung der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 hatte der Verwaltungsgerichtshof auch keine Veranlassung, bei der Bedarfsermittlung in stärkerem Umfang nach "drehkreuzrelevanten" und "nicht drehkreuzrelevanten" Verkehren zu differenzieren.
[80] Die Klägerin meint, es hätte nachgewiesen werden müssen, dass der ermittelte Bedarf für die vorrangig als Planungsziel angenommene Sicherung und Stärkung der Drehkreuzfunktion des Flughafens Frankfurt Main erforderlich sei. Demgegenüber messe der Verwaltungsgerichtshof denjenigen Flügen am Flughafen Frankfurt Main, die keinen Bezug zur Drehkreuzfunktion aufwiesen, insbesondere Low-Cost-Carrier (LCC)-Verkehren, in der Abwägung kein deutlich geringeres Gewicht zu. Damit löse er die mit dem Ausbau verfolgten öffentlichen Interessen von dem vorrangigen Planungsziel. Mit dieser Rüge zeigt die Klägerin einen Bundesrechtsverstoß nicht auf. Sie geht von einer unzutreffenden Prämisse aus.
[81] Zu den Planungszielen hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 528 f.) neben einer Sicherung und Stärkung der Drehkreuzfunktion ausdrücklich auch die Beseitigung des bestehenden Kapazitätsengpasses sowie die wettbewerbsfähige Bedarfsdeckung, mithin also die Erbringung von Luftverkehrsdienstleistungen im Allgemeinen einschließlich der LCC-Flüge gezählt. Warum diese Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses, die durch dessen Begründung (S. 480 Abs. 4) bestätigt wird, unzutreffend sein soll, legt die Klägerin nicht dar.
F. Alternativenprüfung
[82] Die Alternativenprüfung der Planfeststellungsbehörde hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
1. Planungsziele
[83] Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den hierfür maßgeblichen Planungszielen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.
a) Koordinierungseckwert
[84] Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass es bei der Alternativenprüfung wesentlich auf die Ziele ankomme, die der Planungsträger mit dem Projekt verfolge. Vorrangiges Planungsziel sei, mit der Erweiterung des Flughafens den bestehenden Kapazitätsengpass zu beseitigen und die Abwicklung von 701 000 Flugbewegungen pro Jahr zu ermöglichen. Der im Gutachten G 8 unter Kapazitätsgesichtspunkten nachvollziehbar ermittelte und durch das qualitätssichernde Gutachten der TUHH bestätigte Koordinierungseckwert von 126 Flugbewegungen pro gleitender Stunde sei von Klägerseite nicht erschüttert worden.
[85] Die Kritik der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, für den Variantenvergleich unter Kapazitätsgesichtspunkten hätte ein geringerer Wert als der zugrunde gelegte Koordinierungseckwert von 126 planbaren Flugbewegungen pro gleitender Stunde genügen können, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 535) ohne Bundesrechtsverstoß zurückgewiesen.
[86] Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs geht die Behauptung des Sachbeistandes der Kläger, ein Wert von 104 Flugbewegungen pro Stunde hätte ausreichen können, von falschen Voraussetzungen aus. Der Sachbeistand nehme an, dass in der LEP-Änderung 2007 eine Kapazitätsbereitstellung "bis 120 Flugbewegungen pro Stunde angestrebt" werde. Diese Argumentation sei nicht nur falsch, sondern auch unseriös. Die von ihm zitierten Stellen der Begründung zur LEP-Änderung 2007 stellten den Gang des Planungsverfahrens dar und referierten hierbei den ursprünglich für den Planungshorizont 2015 aufgrund der Passagierprognose von 660 000 Flugbewegungen pro Jahr für notwendig gehaltenen Wert. Jedoch werde in der beschlossenen LEP-Änderung 2007 ebenso wie durchgängig im Planfeststellungsbeschluss richtigerweise zugrunde gelegt, dass der aktualisierte Prognosehorizont des Jahres 2020 mit 701 000 prognostizierten Flugbewegungen einen Koordinierungseckwert von 126 Flugbewegungen pro Stunde notwendig mache. Für Abschläge hiervon fände sich keine plausible Erklärung.
[87] Die Kläger wenden ein, der Verwaltungsgerichtshof habe die Kritik ihres Sachbeistandes missverstanden. Dieser habe seine Behauptung, zur Bewältigung des Prognoseverkehrs genüge eine Kapazität von 104 planbaren Flugbewegungen, nicht auf eine Passagierprognose von 660 000 statt 701 000 Flugbewegungen bezogen. Vielmehr habe er kritisiert, dass I … den Koordinierungseckwert bei 92 % des Verkehrs der typischen Spitzenstunde von 137 Flugbewegungen angesetzt habe. Nach Vorgaben der International Air Transport Association (IATA) gelte dies nur in einem Engpassszenario. In einem engpassfreien Szenario wie dem Prognoseszenario 2020 für den Flughafen Frankfurt Main liege der Koordinierungseckwert nach den Vorgaben der IATA bei 70 % der Maximalkapazität. Der Verwaltungsgerichtshof habe diesen Vortrag offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen und damit das rechtliche Gehör verletzt. Zugleich habe er gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen, weil er den klägerischen Vortrag ohne hinreichende eigene Sachkunde ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen gewürdigt habe.
[88] Die Kläger übergehen mit diesen Rügen, dass sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 535) nicht auf den Vortrag ihres Sachbeistandes in der mündlichen Verhandlung, sondern auf das Themenpapier vom 21. März 2009 (z. B. VGH 11 C 227/08. T, GA Bd. VI Bl. 1025 ff.) beziehen, zu dem der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, der vom Sachbeistand der Kläger als ausreichend erachtete Koordinierungseckwert von 104 Flugbewegungen beziehe sich auf ein Planungsziel von 120 Bewegungen in der Spitzenstunde, während I … den Koordinierungseckwert von 125 Flugbewegungen aus einem Ziel von 137 Bewegungen pro Spitzenstunde abgeleitet habe. Sollte der Sachbeistand der Kläger – wie behauptet – in der mündlichen Verhandlung für denselben angeblich ausreichenden Koordinierungseckwert von 104 Flugbewegungen tatsächlich eine völlig neue Begründung gegeben haben, bedeutet das Schweigen der Urteilsgründe noch nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder in verfahrensfehlerhafter Weise die Hinzuziehung eines Sachverständigen unterlassen hätte. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet nicht, zu sämtlichen Ausführungen der Beteiligten in den Urteilsgründen Stellung zu nehmen.
b) Regionale Wirtschaftskraft und Wettbewerbsposition
[89] Zu Unrecht kritisiert die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, der Verwaltungsgerichtshof habe die Nullvariante mit der Begründung abgelehnt, mit dieser würden die Ziele der Stärkung des Luftverkehrsstandortes und der regionalen Wirtschaftskraft von vornherein verfehlt.
[90] Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Planfeststellungsbehörde habe zu Recht weitere öffentliche Belange wie insbesondere die Stärkung des Luftverkehrsstandortes und der regionalen Wirtschaftskraft, die für das Projekt sprechen, ihrer Alternativenprüfung zugrunde gelegt. Die Klägerin wendet ein, das Ziel der Förderung der regionalen Wirtschaftskraft werde vom Luftverkehrsgesetz nicht gedeckt. Insoweit fehle es schon an der für eine Planrechtfertigung erforderlichen Konformität der Planungsziele mit dem Luftverkehrsgesetz. Dasselbe gelte für das Ziel des Ausbaus eines bestehenden Flughafens "am Standort" und für die Zielvorgabe, am Flughafen Frankfurt Main 701 000 jährliche Flugbewegungen bei akzeptabler Qualität abzuwickeln. Das Luftverkehrsgesetz diene nur der Förderung des Luftverkehrs im Allgemeinen und nicht der juristischen Absicherung von Ausbauwünschen eines bestimmten Flughafenbetreibers. Erst recht vermittle das Luftverkehrsgesetz der Beigeladenen keinen Anspruch auf Stärkung ihrer Wettbewerbsposition gegenüber konkurrierenden Hub-Flughäfen, wie sie die Beigeladene ausdrücklich mit dem von ihr vorgegebenen Kapazitätswert und den sog. Qualitätskriterien, insbesondere der garantierten Minimum-Connection-Time (MCT), anstrebe.
[91] Diese Einwände sind unbegründet. Richtig ist zwar, dass für die Planrechtfertigung grundsätzlich allein die Ziele des jeweiligen Fachplanungsgesetzes, vorliegend also des Luftverkehrsgesetzes, maßgebend sind. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur gehören nicht zu den Zielen des Luftverkehrsgesetzes. Für die Planrechtfertigung ist es deshalb grundsätzlich ohne Bedeutung, ob das Vorhaben im Hinblick auf seine Folgewirkungen für den Arbeitsmarkt und die regionale Wirtschaftsstruktur im öffentlichen Interesse liegt (Urteil vom 26. April 2007 – BVerwG 4 C 12.05 – BVerwGE 128, 358 Rn. 51 f.). Eine Heranziehung der Maßstäbe der Planrechtfertigung ist im Rahmen der Alternativenprüfung allerdings verfehlt. Ernsthaft in Betracht kommende (Standort-) Alternativen sind vielmehr grundsätzlich nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Maßstäben zu ermitteln, zu bewerten und untereinander abzuwägen (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 98). Offenbleiben kann, ob dabei sämtliche abwägungsrelevanten Belange und Planungsziele Berücksichtigung finden können. Berücksichtigungsfähig sind jedenfalls solche Planungsziele, die durch landesplanerische Festlegungen mit normativer Verbindlichkeit ausgestattet werden (vgl. Urteil vom 9. Juli 2009 – BVerwG 4 C 12.07 – BVerwGE 134, 166 Rn. 17). Dass öffentliche Belange wie die Förderung der Wirtschaftsstruktur im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist in der Senatsrechtsprechung anerkannt (Urteil vom 26. April 2007 a. a. O. Rn. 52). Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen, wenn er – in anderem Zusammenhang (juris Rn. 516) – ausführt, die Planfeststellungsbehörde habe zu Recht weitere Planungsziele zugrunde gelegt, die über die Planrechtfertigung hinausgehen und als öffentliche Interessen bei der Alternativenprüfung auch als Maßstab für die Zielerreichung dienen, und hierbei die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer vom Flughafen abhängiger Arbeitsplätze sowie die Stärkung der Wirtschaftskraft der Rhein-Main-Region insgesamt nennt. Diese Belange haben nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auch in den Zielen der LEP-Änderung 2007 ihren Niederschlag gefunden.
[92] Soweit die Klägerin im Übrigen auf die strengeren Maßstäbe der nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) durchzuführenden Alternativenprüfung abstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 568) dem zu Recht entgegengehalten, dass sie sich hierauf nicht berufen kann, weil das (europäische) Naturschutzrecht allein öffentlichen Interessen dient. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. August 2009 – 11 C 318/08. T – (LKRZ 2009, 434) die Alternativenprüfung nach nationalem und europäischem Naturschutzrecht unbeanstandet gelassen hat, und dass diese Entscheidung mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Senats vom 14. April 2011 – BVerwG 4 B 77.09 – rechtskräftig geworden ist.
c) Qualitätskriterien (MCT- und Verspätungskriterium)
[93] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die von der Beigeladenen vorgegebenen, das Planungsziel näher konkretisierenden Qualitätsmerkmale wie insbesondere das Verspätungskriterium und die MCT als sachgerecht gebilligt. Die hiergegen gerichtete Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 geht fehl.
[94] Die Klägerin rügt, zu Unrecht habe der Verwaltungsgerichtshof den Ausschluss aller anderen Varianten aufgrund des MCT-Kriteriums unbeanstandet gelassen. Sie habe vorgetragen, dass das MCT-Kriterium für die Realisierung der Planungsziele und der vorzunehmenden Gesamtabwägung bei der Standortentscheidung und Alternativenprüfung gar nicht ins Gewicht falle. Das angefochtene Urteil akzeptiere ihr wesentliches tatsächliches und gutachterliches Vorbringen. Der grundlegende rechtliche Fehler des Urteils liege indes in der Verabsolutierung des MCT-Kriteriums von 45 Minuten. Der gleiche Rechtsfehler liege der Würdigung der "Verspätungskriterien" zugrunde.
[95] Der Vorwurf der Klägerin ist schon deshalb unberechtigt, weil der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 529) ebenso wie die Planfeststellungsbehörde in erster Linie auf die aus den Planungszielen abgeleitete Beseitigung des Kapazitätsengpasses am Flughafen Frankfurt Main abgestellt hat. Im Übrigen zeigt die Klägerin nicht auf, warum die von der Planfeststellungsbehörde geprüften und vom Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 537 ff., 531 ff.) gewürdigten Kriterien als Qualitätsziele und Maßstäbe für die Alternativenprüfung ungeeignet sein sollen. Sie wiederholt insoweit im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und stellt ihre Einschätzung derjenigen des Verwaltungsgerichtshofs gegenüber. So trägt sie etwa unter Hinweis auf das von ihr vorgelegte Gutachten vor, dass das MCT-Kriterium für die Realisierung der Planungsziele nicht entscheidend ins Gewicht falle. Dieser Einschätzung ist der Verwaltungsgerichtshof unter ausführlicher Würdigung der vorliegenden Sachverständigen-Gutachten nicht gefolgt. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung oder sonstige Rechtsanwendungsfehler zeigt die Klägerin insoweit nicht auf. Verfahrensrügen erhebt sie nicht. Gleiches gilt hinsichtlich des Verspätungskriteriums.
d) Realisierbarkeit/Kosten
[96] Ein Bundesrechtsverstoß ist auch nicht dargetan, soweit sich die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 dagegen wendet, der Verwaltungsgerichtshof habe den Ausschluss bestimmter Varianten bereits in der Grobprüfung anhand des Kriteriums der besseren Realisierbarkeit (insbesondere der Kosten) unbeanstandet gelassen.
[97] Die Klägerin moniert, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr tatsächliches Vorbringen weder im Tatbestand noch in den Urteilsgründen berücksichtigt. Sie knüpft daran zwar "ausdrücklich die Aufklärungsrüge". Der Sache nach rügt sie aber einen Gehörsverstoß. Sie macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren erstinstanzlichen Vortrag ignoriert. Dort habe sie Folgendes vorgetragen: Das angefochtene Vorhaben erfordere eine Verlagerung des Chemiebetriebs der Firma T … mit einem Aufwand von 670 Mio. Euro. Um den Ausschluss anderer Varianten aus Kostengründen bereits bei der Grobprüfung zu rechtfertigen, hätten diese Kosten im Planfeststellungsbeschluss dergestalt verrechnet werden müssen, "dass ein wesentlicher Teil dieser Kosten anderen Varianten zugerechnet wurde." Das sei im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30. März 2009 sowie im Gutachten ihres Sachbeistandes im Einzelnen substantiiert dargelegt worden.
[98] Die Gehörsrüge der Klägerin geht ins Leere. Das Revisionsvorbringen stimmt nicht mit dem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren überein. Im Schriftsatz vom 30. März 2009 heißt es: "Während bei anderen Varianten unzumutbare kostenintensive Verdrängungsmaßnahmen zum Ausschluss dieser Variante führten, wurden kostenintensive Verdrängungsmaßnahmen bei der (planfestgestellten) Variante 9b … dieser Variante nicht zugerechnet." Dieser Vorhalt ist nicht identisch mit dem Vorwurf, im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten der Verlegung der Firma T … auf verschiedene Planungsvarianten verteilt worden. Im Übrigen hat sich der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 561) mit den Kosten der Verlegung des T …-Werkes auseinandergesetzt, nur hat er die von der Klägerin für richtig gehaltene Schlussfolgerung, dass der Beigeladenen angesichts dieser Kosten auch größere Belastungen im Zusammenhang mit Verlagerungen auf dem Flughafengelände zuzumuten seien, als neben der Sache liegend zurückgewiesen. Er hat dies damit begründet, dass eine rein finanzielle Belastung nicht mit den Konsequenzen verglichen werden könne, die sich aus der Verlagerung großflächiger und zahlreicher Einrichtungen auf dem Flughafengelände sowie aus den Bedingungen eines Ausbaus unter "laufendem Betrieb" ergeben würden. Warum diese Begründung abwägungsfehlerhaft sein soll, legt die Klägerin nicht dar.
e) Lärmauswirkungen
[99] Zu Unrecht rügt die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 schließlich, das angefochtene Urteil habe die unterschiedlichen Lärmauswirkungen anderer Varianten – insbesondere hinsichtlich der von ihr immer wieder ins Spiel gebrachten Planungsalternative Umwidmung der "Startbahn West" in eine "Start- und Landebahn West" – völlig übergangen.
[100] Die von der Klägerin favorisierte Umwidmung der Startbahn West ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 547 ff.) bereits im Rahmen der Grobanalyse ausgeschieden worden, weil mit einer bloßen Optimierung des bestehenden Bahnsystems die geforderte Kapazität von 701 000 Flugbewegungen im Jahr nicht erreicht werden könne. Diese Vorgehensweise ist – wie sogleich zu zeigen sein wird – bundesrechtlich unbedenklich. Rückschlüsse auf eine abwägungsfehlerhaft unterbliebene Berücksichtigung von Lärmauswirkungen verschiedener Varianten lassen sich hieraus nicht ziehen. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 Rn. 148 ff.), auf das sich die Klägerin beruft. Die dortigen Ausführungen betrafen die Abwägung von Alternativen, von denen keine im Rahmen einer Grobanalyse als zur Erreichung der Planungsziele von vornherein ungeeignet ausgeschieden war.
2. Grobanalyse
[101] Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. Urteil vom 3. März 2011 – BVerwG 9 A 8.10 – Buchholz 407. 4 § 17 FStrG Nr. 215 Rn. 65) hat es der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 546 ff.) gebilligt, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Alternativenprüfung in einer ersten Stufe diejenigen Varianten ausgeschieden hat, die nicht näher zu untersuchen gewesen seien, weil sie bereits nach einer Grobanalyse die Kapazitätsanforderungen eindeutig verfehlten oder sonst nicht geeignet seien, die Planungsziele in zumutbarer Weise zu erfüllen.
a) Nullvariante – Start- und Landebahn West
[102] Gemessen hieran konnte die Planfeststellungsbehörde die von der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 favorisierte Umwandlung der Startbahn West zu einer Start- und Landebahn bereits im Rahmen der Grobplanung ausscheiden.
[103] Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass zur Erreichung der Planungsziele 126 Flugbewegungen pro gleitender Stunde an einem typischen Spitzentag bewältigt werden müssten (juris Rn. 529). Auf dieser Grundlage hat er sich auf den Standpunkt gestellt, die von der Klägerin als "bauliche Nullvariante" vorgeschlagene Umwidmung der Startbahn West falle unter die von der Planfeststellungsbehörde zu Recht ausgeschiedenen Varianten, weil eine bloße Optimierung des bestehenden Bahnsystems die geforderte Kapazität von 701 000 Flugbewegungen im Jahr bzw. 126 planbaren Flugbewegungen pro gleitender Stunde nicht erreichen könne (juris Rn. 549). Dass diese Annahmen unzutreffend wären, zeigt die Klägerin nicht auf. Der von der Beigeladenen hierfür angegebene Grund – die Abhängigkeiten des Flugverkehrs auf der Startbahn West und dem parallelen Nord- und Südbahnsystem – wird von der Klägerin, die insoweit lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, durch die Umwidmung könnten bis zu 660 000 Flugbewegungen pro Jahr bewirkt werden, nicht substantiiert entkräftet.
[104] Mit der Begründung, dass die geforderte Kapazität von 701 000 Flugbewegungen pro Jahr deutlich verfehlt werde, konnte der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 551) auch den Beweisantrag zu 7 der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 ohne Bundesrechtsverstoß als unerheblich ablehnen. Sollte der Vortrag der Klägerin so zu verstehen sein, dass sie sich hiergegen mit der Verfahrensrüge wendet, ist diese unbegründet.
b) Nullvariante – Verlagerung auf andere Flughäfen oder die Bahn
[105] Unbegründet ist auch die Kritik der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, die einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot geltend macht, weil die von ihr vorgeschlagene Möglichkeit eines Verzichts auf einen kapazitiven Ausbau (Nullvariante) unter Verlagerung eines Teils des Umsteigeverkehrs auf andere bestehende Hub-Flughäfen nicht schon auf der Ebene der Grobprüfung hätte ausgeschieden werden dürfen.
[106] Diese Kritik beruht auf einer unzutreffenden Vorstellung von den zugrunde zu legenden Planungszielen. Der Verwaltungsgerichtshof hat Abwägungsfehler verneint, soweit die Planfeststellungsbehörde die klägerseits vorgeschlagene Möglichkeit eines Verzichts auf einen kapazitiven Ausbau (Nullvariante) unter Verlagerung eines Teils der Luftverkehrsströme auf andere Flughäfen oder den Hochgeschwindigkeitsverkehr der Bahn abgelehnt hat. Er hat dies u. a. damit begründet, dass auf diese Weise zwar möglicherweise der dann reduzierte Bedarf gedeckt werden könnte. Es würden aber die darüber hinaus mit dem Projekt verfolgten Ziele der Stärkung des Luftverkehrsstandortes und der regionalen Wirtschaftskraft von vornherein verfehlt (juris Rn. 552). Das sind – wie dargelegt – jedenfalls dann öffentliche Belange, die in der Abwägung von Planungsalternativen berücksichtigt werden können, wenn sie in den Festlegungen der Landesplanung ihren Niederschlag gefunden haben.
[107] Der weitere Einwand, es sei auf die nach der FFH-Richtlinie durchzuführende Alternativenprüfung abzustellen, verkennt die einschlägigen Maßstäbe.
c) Einbeziehung des Flugplatzes Wiesbaden-Erbenheim
[108] Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 es schließlich planungsrechtlich nicht für gerechtfertigt hält, die Einbeziehung des benachbarten Flugplatzes Wiesbaden-Erbenheim bereits zu Beginn der Planungen aus der Variantenprüfung auszuschließen, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 555) hierzu in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass diese Einbeziehung nicht realisierbar sei, insbesondere auch deshalb, weil die Erlaubnis zur zivilen Mitbenutzung des militärischen Flugplatzes auf absehbare Zeit nicht zu erlangen sei. Diese tatsächliche Feststellung ist mit Verfahrensrügen nicht erschüttert worden und damit im Revisionsverfahren bindend.
G. Fluglärmschutz
1. Fluglärmschutzgesetz als Grundlage
[109] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes verfassungsmäßig und auf den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main anwendbar ist mit der Folge, dass weitergehende Ansprüche auf passiven Schallschutz für die nach dem Fluglärmschutzgesetz geschützten Nutzungen nicht geltend gemacht werden können.
a) Anwendbarkeit des Fluglärmschutzgesetzes
[110] Der Anwendbarkeit des Fluglärmschutzgesetzes steht nicht entgegen, dass im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses zu einigen Vorschriften des Gesetzes noch Ausführungsverordnungen erlassen werden mussten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof richtig gesehen.
[111] Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 591 ff.) darauf hingewiesen, dass der Kern der gesetzlichen Neuregelung wie insbesondere die Normierung der Grenzwerte für die Zumutbarkeit von Fluglärm und deren Geltung für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren ohnehin keiner weiteren Ausführungsvorschriften bedarf. Demgegenüber setzen Schutzansprüche gemäß § 9 FluglärmG zwar voraus, dass die in § 2 FluglärmG vorgesehenen Lärmschutzbereiche durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgesetzt worden sind. Die Festsetzung soll allerdings gemäß § 4 Abs. 3 FluglärmG (erst) vorgenommen werden, sobald der Plan für die Anlegung oder Erweiterung des Flugplatzes festgestellt worden ist. Erst im Anschluss hieran ist gemäß § 10 FluglärmG durch Bescheid der zuständigen Behörde über die Schutzansprüche auch mit Wirkung für das Planfeststellungsverfahren (§ 13 Abs. 1 Satz 1 FluglärmG) zu entscheiden. Daraus erhellt, dass die Anwendung des neuen Fluglärmschutzgesetzes nach dem Willen des Gesetzgebers nicht daran scheitert, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung noch keine Lärmschutzbereiche durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgesetzt worden sind. Auch das Fehlen der Verordnung der Bundesregierung über die Einzelheiten der Berechnung der Fluglärmkonturen rechtfertigt es nicht, von der Anwendung des Fluglärmschutzgesetzes insgesamt abzusehen.
b) Verfassungsmäßigkeit des Fluglärmschutzgesetzes
[112] Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes Verfassungsrecht verletzt hätte, bestehen nicht. Zu einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG besteht deshalb kein Anlass.
aa) Schutzpflichten
[113] Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten kann nicht festgestellt werden.
[114] Bei der Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Eine Verletzung von Schutzpflichten kann nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 2011 – 1 BvR 1502/08 – NVwZ 2011, 991 und vom 15. Oktober 2009 – 1 BvR 3474/08 – NVwZ 2009, 1489).
(1) Auslösewerte
[115] Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit den in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a FluglärmG festgelegten Auslösewerten den ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hätte.
[116] In seinen Urteilen vom 13. Oktober 2011 – vgl. z. B. BVerwG 4 A 4001.10 – (BVerwGE 141, 1 Rn. 168 f.) hat der Senat auf der Grundlage des Vortrags der dortigen Kläger keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a FluglärmG verfassungswidrig sein könnte, weil die bis zum 31. Dezember 2010 maßgeblichen Werte (LAeq Nacht = 53 dB [A] und LAmax = 6 mal 57 dB [A] für die Nacht-Schutzzone für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile Flugplätze) der Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht genügen (a. a. O.). Hieran ist festzuhalten.
[117] Anhaltspunkte für eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten bieten auch die – vorliegend einschlägigen – Werte gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 FluglärmG für die Tag-Schutzzone 1 (LAeq Tag = 60 dB [A]) und die Tag-Schutzzone 2 (LAeq Tag = 55 dB [A]) nicht. Diese Auslösewerte bewegen sich in etwa auf dem Niveau, das auch der Planfeststellung für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zugrunde lag. Dass diese Werte zum Schutz der menschlichen Gesundheit ausreichend waren, hat der Senat in seinem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 Rn. 297 ff.) dargelegt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 – NVwZ 2008, 780) hat diese Einschätzung nicht beanstandet.
[118] Unberechtigt sind die Rügen der Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09, 4 C 2.10 und 4 C 3.10, die bemängeln, dass auf der Grundlage der Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes, sollten diese mit dem Verwaltungsgerichtshof tatsächlich so zu interpretieren sein, dass der Planfeststellungsbehörde die Anordnung von Schutzvorkehrungen unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG verwehrt wäre, nach dem aktuellsten Stand der Lärmwirkungsforschung eine verfassungskonforme Risikovorsorge nicht gewährleistet sei. Soweit sich diese Rügen auf passiven Lärmschutz für Einrichtungen beziehen, die vom Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes nicht erfasst sind, gehen sie bereits deshalb fehl, weil der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 604) ebenso wie die Planfeststellungsbehörde insoweit die Möglichkeit einer Anordnung baulichen Schallschutzes oder von Entschädigungsleistungen unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG nicht in Abrede gestellt hat.
[119] Aber auch im Übrigen ist eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten nicht zu erkennen. "Aktuellste" oder "neueste" Studien der Lärmwirkungsforschung, die erst nach der Beschlussfassung über die Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes veröffentlicht wurden, konnte der Gesetzgeber noch nicht berücksichtigen. Eine Verletzung gesetzlicher Nachbesserungspflichten kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 a. a. O. Rn. 38). So liegen die Dinge hier ersichtlich nicht. Um dies festzustellen, ist eine Gesamtschau der lärmmedizinischen Erkenntnisse erforderlich. Die von den Klägern zitierten neuesten Studien mögen Anlass geben, die gesetzlich normierten Werte im Rahmen ihrer spätestens 2017 anstehenden Überprüfung, die der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 FluglärmG selbst angeordnet hat, kritisch zu hinterfragen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Ergebnisse dieser Studien in der Fachwissenschaft ihrerseits kontrovers diskutiert werden. Auch nach aktuellem Stand der lärmmedizinischen Forschung ist deshalb nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit den in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a FluglärmG festgelegten Auslösewerten derzeit den ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hätte (Urteil vom 13. Oktober 2011 a. a. O. Rn. 169).
[120] Die Aufklärungsrüge der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 bleibt ohne Erfolg. Ihren Beweisantrag, der darauf zielte, ob die Grenzwerte des Fluglärmschutzgesetzes dem (aktuellen?) Stand der lärmmedizinischen Forschung gerecht werden, konnte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis darauf, dass diese Frage nicht entscheidungserheblich ist, ohne Bundesrechtsverstoß ablehnen, was er sinngemäß auch getan hat.
[121] Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, mit der sie die Ablehnung ihrer Beweisanträge III-32, III-49, III-3, III-4, III-7 und III-28 auch insoweit als verfahrensfehlerhaft rügt, als die Anträge zum Thema Gesundheitsgefährdung für die Nachtzeit gestellt worden sind. Die Rüge ist als Aufklärungsrüge zu verstehen. Mit ihr beanstandet die Klägerin, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Erörterung der Verfassungsmäßigkeit des Fluglärmschutzgesetzes die Gesundheitsgefährdungsgrenze bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 60 dB (A) in der Nacht gezogen hat, ohne, wie von ihr beantragt, im Wege der Beweisaufnahme zu klären, dass die Grenze bei 55 dB (A) liege. Rechtliche Relevanz misst ihr die Klägerin auch für den Umgriff des für den Übernahmeanspruch maßgeblichen Entschädigungsgebiets zu. Die Rüge ist unzulässig, weil die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, dass sie bei einer Konturierung des Entschädigungsgebiets nach ihren Vorstellungen in eigenen Rechten verletzt sei.
(2) Typisierung
[122] Entgegen der Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 4.10 enthält das Fluglärmschutzgesetz auch keine verfassungswidrige, das Gebot der Verhältnismäßigkeit verletzende Typisierung. Die Klägerin verkennt insoweit bereits den einschlägigen verfassungsrechtlichen Prüfmaßstab. Eine Schutzpflichtverletzung kann – wie ausgeführt – nur festgestellt werden, wenn der Gesetzgeber Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat, oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Auf individuelle Härtefallbetrachtungen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten kommt es hierbei grundsätzlich nicht an. Das gilt jedenfalls im Rahmen der planerischen Abwägungsentscheidung über Betriebsregelungen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 LuftVG, für die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG zu beachten sind.
(3) Gleichbehandlung von Wohnungen und schutzbedürftigen Einrichtungen
[123] Das Fluglärmschutzgesetz ist nicht deshalb verfassungswidrig, weil es Wohnungen und besonders schutzbedürftige Einrichtungen hinsichtlich der Schutzanforderungen in – wie die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 geltend macht – verfassungswidriger Weise gleichbehandelt. Richtig ist zwar, dass Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime sowie Schulen, Kindergärten und ähnlich schutzbedürftige Einrichtungen gemäß § 5 Abs. 1 FluglärmG im Gegensatz zu Wohnungen in der Tag-Schutzzone 2 grundsätzlich einem Bauverbot unterliegen. Es ist dem Gesetzgeber indes unbenommen, Bauverbote unter dem Gesichtspunkt des vorsorgenden Gesundheitsschutzes in einem weiteren Umfang anzuordnen als die dem Gesundheits- und Eigentumsschutz dienende Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz und die Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs.
[124] Eine andere Frage ist es, ob es unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) gerechtfertigt ist, die Auslösewerte für Schutzansprüche im Fall von Fluglärm für Wohnungen einerseits und schutzbedürftige Einrichtungen andererseits auf gleichem Niveau zu regeln. Die Frage stellt sich vor allen Dingen deshalb, weil die für andere Lärmquellen einschlägigen Regelungen insoweit zum Teil differenzierte Schallschutzanforderungen vorsehen. So ist etwa in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime ein Schutzniveau von 57 dB (A) am Tag und 47 dB (A) in der Nacht vorgegeben, während in Wohngebieten lediglich ein Schutzniveau von 59 dB (A) am Tag und 49 dB (A) in der Nacht zu gewährleisten ist. Ähnliche Differenzierungen gelten nach Nr. 6. 1 der TA Lärm für anlagenbezogenen Lärm. Entsprechende Differenzierungen sehen übrigens auch Planfeststellungsbeschlüsse vor, die vor Inkrafttreten des Fluglärmschutzgesetzes erlassen wurden, wie etwa der Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. In Anbetracht des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bei der Erfüllung von Schutzpflichten war der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Fluglärmschutzgesetzes aber nicht gehindert, hinsichtlich des Fluglärms eine hiervon abweichende Wertung zugrunde zu legen, ohne dass die Regelung dadurch in verfassungswidriger Weise inkonsistent oder gleichheitswidrig wäre.
(4) Rechtzeitiger Schutz
[125] Unbegründet ist auch die Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 4.10, weder das Fluglärmschutzgesetz noch der Planfeststellungsbeschluss ließen absehen, wann die gesetzlichen Voraussetzungen der Erstattungs- und Entschädigungsansprüche erfüllt sein werden.
[126] Zu Recht hält es die Klägerin zwar für erforderlich, dass passiver Schallschutz "rechtzeitig" wirksam wird. Durch die Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes ist dem Erfordernis eines rechtzeitigen Schutzes vor Fluglärm jedoch in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Rechnung getragen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 FluglärmG werden dem Eigentümer eines in der Tag-Schutzzone 1 gelegenen Grundstücks, auf dem besonders schutzbedürftige Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 oder 2 FluglärmG oder Wohnungen errichtet sind, auf Antrag Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen erstattet. Der Erstattungsanspruch entsteht im Falle eines neuen oder baulich wesentlich erweiterten zivilen Flughafens gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Satz 2 FluglärmG, wenn der durch Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauerschallpegel bei einem Grundstück den Wert von 65 dB (A) überschreitet; ansonsten entsteht der Anspruch mit Beginn des sechsten Jahres nach Festsetzung des Lärmschutzbereichs. Entsprechendes gilt gemäß § 9 Abs. 2 FluglärmG für den Eigentümer eines in der Nacht-Schutzzone gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a FluglärmG gelegenen Grundstücks mit der Maßgabe, dass auf einen Wert von 58 dB (A) abzustellen ist. Gemäß § 4 Abs. 2 FluglärmG erfolgt die Festsetzung des Lärmschutzbereichs durch Rechtsverordnung der Landesregierung. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 FluglärmG "soll" er für einen neuen Flughafen oder baulich wesentlich erweiterten Flugplatz festgesetzt werden, sobald die Planfeststellung für die Anlegung oder die Erweiterung des Flugplatzes erteilt ist. Das Wort "soll" ist im üblichen juristischen Sprachsinn als eingeschränktes Ermessen zu interpretieren. Das gibt der zuständigen Behörde einerseits den Spielraum, die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses abzuwarten und flexible Lösungen herbeizuführen. Im Regelfall, der keine atypischen Besonderheiten aufweist, ist die Behörde andererseits grundsätzlich verpflichtet, die Lärmschutzbereiche alsbald nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses – unabhängig von dessen Bestandskraft – festzusetzen (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Bd. 1. 1, Stand August 2010, § 6 Rn. 146 und Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand April 2008, § 4 FluglärmG Rn. 51). Für den Fall, dass die rechtzeitige Festsetzung der Lärmschutzbereiche – wie hier – unterbleibt oder das ausgewiesene Gebiet zu klein ist, können die potentiell Begünstigten auf Erlass der Schutzbereichsverordnung klagen (Reidt/Fellenberg, a. a. O. Rn. 75 f.; ebenso Rathgeb, a. a. O. Rn. 149). Damit hat der Gesetzgeber ausreichend dafür Sorge getragen, dass Grundeigentümer, die durch Fluglärm in unzumutbarer Weise betroffen werden, im Regelfall spätestens mit der Inbetriebnahme des planfestgestellten Vorhabens Erstattung ihrer Aufwendungen für baulichen Schallschutz beanspruchen können.
[127] Die Diskrepanz zwischen den Grenzwerten nach § 2 Abs. 2 FluglärmG (hier: LAeq Tag = 60 dB [A] und LAeq Nacht = 53 dB [A]) und den Auslösewerten für die Entstehung des Anspruchs im Zeitpunkt der Festsetzung der Lärmschutzbereiche (hier: LAeq Tag = 65 dB [A] und LAeq Nacht = 58 dB [A]) in Höhe von 5 dB (A) erscheint hinnehmbar, weil die Berechnung der betreffenden Pegel auf das Prognosejahr – hier 2020 – ausgerichtet ist, weshalb die Pegel im Zeitpunkt der Inbetriebnahme regelmäßig noch nicht erreicht sein werden.
[128] Entsprechendes gilt für die Ansprüche auf Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs gemäß § 9 Abs. 5 FluglärmG.
[129] Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 dem Verwaltungsgerichtshof vorwirft, er habe ihren Beweisantrag III-11, mit dem sie verlangt habe, die "Überschusseffekte" zu quantifizieren, die durch die Veränderung der Verlärmung ausgelöst würden, zu Unrecht abgelehnt, ist diese Rüge unbegründet. Der Beweisantrag wurde im Zusammenhang mit der Behauptung der Klägerin gestellt, die Schwelle der Gesundheitsgefährdung sei falsch, weil zu hoch angesiedelt worden mit der Folge, dass die Übergangsregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 FluglärmG den Betroffenen Unzumutbares zumute, soweit sie bei Dauerschallpegeln von 60 dB (A) einen Anspruch auf Schallschutz erst mit Beginn des sechsten Jahres nach Festsetzung des Lärmschutzbereichs vermittelt. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 2 Satz 2 FluglärmG stellt sich hier jedoch nicht. Die Vorschrift ist auf bestehende Flugplätze anwendbar, während es vorliegend um einen baulich wesentlich erweiterten Flugplatz geht, für den Grenzwerte gelten, die auch den verfassungsrechtlichen Vorstellungen der Klägerin genügen.
bb) Rechtsschutz
[130] Unberechtigt ist auch der Vorwurf einer "Verunmöglichung des Rechtsschutzes".
[131] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 4.10 kritisiert, dass potentiell Betroffene auf der Suche nach Rechtsschutz (gegen unzureichenden baulichen Schallschutz) auf ein nachgelagertes Verfahren verwiesen würden, in dem sie nicht mehr im vollen Umfang gegen einen dann bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vorgehen könnten. Der Betroffene müsse deshalb den kostspieligen Weg einer Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses gehen, um seinen Primäranspruch vorzutragen. Die Klägerin spricht damit Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes an, wie sie auch in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 – (BVerfGE 100, 226 [246]) maßgeblich waren. Danach ist für den Fall ausgleichspflichtiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums zu fordern, dass die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheiden muss, ebenso wie der Gesetzgeber auf normativer Ebene mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch Voraussetzungen, Art und Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen zu regeln hat. Damit soll vermieden werden, dass der Betroffene einen Verwaltungsakt, den er für unvereinbar mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes hält, in der unsicheren Erwartung eines nachträglich in einem anderen Verfahren zu bewilligenden Ausgleichs bestandskräftig werden lässt.
[132] Diese verfassungsrechtlichen Erwägungen sind auf die hier aufgeworfenen Fragen baulichen Schallschutzes nicht übertragbar. Der durch Fluglärm betroffene Grundeigentümer kann sich auf der Grundlage der durch § 9 FluglärmG gesetzlich eingeräumten Schutzansprüche, die an die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG anknüpfen, darauf verlassen, dass er zu keinem Zeitpunkt vorhabenbedingten Fluglärmeinwirkungen ausgesetzt sein wird, die die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle überschreiten. Zu einer verfassungswidrigen Rechtsschutzverkürzung führt die Entscheidung über baulichen Schallschutz in einem der Planfeststellung nachgelagerten Verfahren deshalb nicht. Entsprechendes gilt für Ansprüche auf Entschädigung von Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs.
c) Schlussfolgerungen aus der Anwendbarkeit des Fluglärmschutzgesetzes
[133] Die Schlussfolgerungen, die die Planfeststellungsbehörde aus der Anwendbarkeit des Fluglärmschutzgesetzes gezogen hat, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
aa) Passiver Schallschutz und Entschädigung
(1) Grundsätzliche Maßgeblichkeit des Fluglärmschutzgesetzes
[134] Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass Ansprüche auf Erstattung der Aufwendungen für baulichen Schallschutz und auf Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs – soweit im Fluglärmschutzgesetz geregelt – nunmehr grundsätzlich nach den verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Vorgaben des Fluglärmschutzgesetzes zu gewähren sind.
[135] Das Fluglärmschutzgesetz regelt in § 9 Abs. 1 bis 4 die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden Auslösewerte und in § 9 Abs. 5 und 6 die Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs, und zwar gemäß § 13 Abs. 1 auch mit Wirkung für das Planfeststellungsverfahren. Geregelt werden nicht nur die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen, sondern auch das Verfahren zur Feststellung des Anspruchs.
[136] In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestimmt § 10 FluglärmG, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde nach Anhörung der Beteiligten durch schriftlichen Bescheid festsetzt, in welcher Höhe die Aufwendungen für passiven Schallschutz erstattungsfähig sind. Seit Inkrafttreten der Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes ist deshalb über Ansprüche auf passiven Schallschutz, soweit sie im Fluglärmschutzgesetz geregelt sind, grundsätzlich nicht mehr im Planfeststellungsverfahren, sondern in einem gesonderten Festsetzungsverfahren nach dem Fluglärmschutzgesetz zu entscheiden. Entsprechendes gilt gemäß § 9 Abs. 6 FluglärmG hinsichtlich der Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs. Damit sind die Rügen der Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09 und 4 C 4.10, soweit sie sich gegen eine Verlagerung der Entscheidung über passiven Lärmschutz und Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs in ein nachfolgendes Verfahren wenden, als unberechtigt zurückzuweisen.
[137] Materiellrechtlich sind die Erstattungs- und Entschädigungsansprüche gemäß § 9 Abs. 1, 2 und 5 FluglärmG an die Belegenheit der Grundstücke in der Tag- oder Nacht-Schutzzone und damit an das Überschreiten der in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 FluglärmG jeweils für die Tag- und Nachtschutzzone gesondert geregelten Auslösewerte geknüpft. Das Fluglärmschutzgesetz ist insoweit ein Spezialgesetz zu § 9 Abs. 2 LuftVG. Die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG bestimmen die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle (Beschluss vom 1. April 2009 – BVerwG 4 B 61.08 – Buchholz 442. 40 § 8 LuftVG Nr. 34 Rn. 33) und damit die Auslösewerte, bei deren Überschreiten der Vorhabenträger die Benutzung der benachbarten Grundstücke durch Erstattung der Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Schallschutzes sicherzustellen sowie Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs zu leisten hat. Die Planfeststellungsbehörde ist deshalb weder generell berechtigt noch gar verpflichtet, auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG weiterreichenden baulichen Schallschutz unterhalb der Auslösewerte des Fluglärmschutzgesetzes anzuordnen. § 9 Abs. 2 LuftVG steht hierfür als Rechtsgrundlage nicht zur Verfügung.
[138] Hierfür spricht auch die Zielsetzung des Gesetzgebers, durch die Neufassung des § 13 FluglärmG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG im Interesse der Verbesserung der Rechtssicherheit und der Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, dass "lärmmedizinische Gutachten, die sehr oft einen hohen Grad von Allgemeingültigkeit aufweisen, in Zukunft bei luftrechtlichen Zulassungsverfahren nicht mehr erforderlich seien, da die Pegelwerte des Gesetzes als geltende Grenzwerte eingeführt würden" (BTDrucks 16/3813, S. 11 f. und S. 19). Diese Zielsetzung würde konterkariert, hielte man die Planfeststellungsbehörde für berechtigt und unter weiteren Voraussetzungen sogar für verpflichtet, unabhängig von den Auslösewerten des § 2 Abs. 2 FluglärmG wie bisher auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG über die Anordnung von Schallschutzmaßnahmen und die hierfür maßgeblichen Zumutbarkeitsschwellen unter Heranziehung lärmmedizinischer Erkenntnisse weiterhin zu entscheiden.
[139] Soweit die Lärmschutzbelange vom Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes erfasst sind, decken dessen Lärmgrenzwerte alle Schutzziele ab, die in der lärmmedizinischen Literatur diskutiert werden und die von den im Planfeststellungsverfahren vorgelegten lärmmedizinischen Gutachten aufgegriffen worden sind. Damit ist die Planfeststellungsbehörde im Interesse einer Verbesserung der Rechtssicherheit und der Verfahrensbeschleunigung in Zukunft grundsätzlich der Verpflichtung enthoben, jedenfalls bei der Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze Erkenntnissen der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung nachzugehen (Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 167). Das entspricht dem erklärten Ziel des Gesetzgebers bei der Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes (BTDrucks 16/3813 S. 11 f.). Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09 und 4 C 4.10 ist zurückzuweisen.
(2) Schallschutz für atypische Konstellationen
[140] Der spezialgesetzliche Charakter des Fluglärmschutzgesetzes hindert die Planfeststellungsbehörde zwar nicht, auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG für atypische, vom Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes nicht erfasste Situationen Schutzanforderungen in ihr Lärmschutzkonzept einzubauen; für das Vorliegen atypischer Umstände bestehen nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hier jedoch keine Anhaltspunkte.
[141] Eine über atypische Situationen hinausreichende generelle Befugnis oder gar Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde, zum Schutz bestimmter Gruppen schutzbedürftiger Lärmbetroffener oder Einrichtungen passiven Lärmschutz auch unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG anzuordnen, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht verneint. Dem Beschluss des Senats vom 13. September 2007 – BVerwG 4 A 1007.07 – (juris Rn. 29) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Das gilt bereits deshalb, weil der Senat dort allein den Schutz bestimmter Gruppen "besonders schutzbedürftiger Lärmbetroffener oder Einrichtungen" betrachtet hat, die sich von den "schutzbedürftigen Einrichtungen" im Sinne des § 5 Abs. 1 FluglärmG abheben und deshalb gerade eine atypische Konstellation betreffen.
[142] Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien, auf die der Beschluss verweist und aus denen die Klägerinnen ihre Argumente herzuleiten versuchen (BTDrucks 16/3813 S. 12, 19). Die Aussage (S. 12 Spalte 1 oben), "allenfalls lärmmedizinische Gutachten, die sich speziellen Problemen im Rahmen von luftrechtlichen Zulassungsverfahren widmeten, würden jedoch auch weiterhin gesondert in diese Verfahren eingeführt werden können", bezieht sich auf die – bereits zitierte – generelle Aussage, dass "lärmmedizinische Gutachten … in Zukunft bei luftrechtlichen Zulassungsverfahren nicht mehr erforderlich seien, da die Pegelwerte des Gesetzes als geltende Grenzwerte eingeführt würden" und thematisiert wiederum eine atypische Situation. Soweit in den Materialien (S. 12 Spalte 2 unten) ferner hervorgehoben wird, es bleibe einer "Genehmigungsbehörde auch nach der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes z. B. in einem Planfeststellungsverfahren unbenommen, in der Genehmigung begründet höhere Anforderungen an den aktiven Schallschutz festzuschreiben", bezieht sich diese Aussage gerade nicht auf den hier interessierenden passiven, namentlich den baulichen Schallschutz. Zweideutig ist allenfalls die Begründung (S. 19 Spalte 2 unten), die Neufassung des § 8 Abs. 1 LuftVG diene "der Klarstellung, dass die Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes zum passiven Schallschutz allein nicht ausreichen, um den vom Luftverkehrsgesetz geforderten Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm Rechnung zu tragen"; auch insoweit müsse "geprüft werden, ob Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes notwendig sind oder besonders sensible Bevölkerungsteile besonders geschützt werden müssen". Auch diese Aussage zwingt jedoch nicht zu einer anderen Sichtweise. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedenfalls nicht – wie die Klägerinnen meinen – der erklärte Wille des Gesetzgebers, dass es der Planfeststellungsbehörde unbenommen bleibe, auch nach der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes in der Planfeststellung im typischen, vom Regelungsanspruch des Gesetzes erfassten Fall höhere Anforderungen an den Schallschutz festzuschreiben.
[143] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 604 ff.) hat diese bundesrechtlichen Maßstäbe zutreffend herausgearbeitet und sich hiervon leiten lassen. Für das Vorliegen atypischer Umstände hat er keine Anhaltspunkte gesehen. Den Einwand, die gesamte Situation in der Umgebung des Flughafens Frankfurt Main müsse wegen der hohen Lärmbelastung sehr vieler Menschen als atypisch betrachtet werden mit der Folge, dass das Fluglärmschutzgesetz insgesamt nicht auf das streitige Planfeststellungsverfahren angewendet werden dürfe, hat der Verwaltungsgerichtshof mit der einleuchtenden Erwägung zurückgewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Fluglärmschutzgesetzes ausgerechnet den größten deutschen Flughafen aus dem Geltungsbereich des Gesetzes habe ausklammern wollen.
bb) Abwägung
[144] Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG auch die für die Abwägung der Lärmschutzbelange der Bevölkerung mit den für den Flughafenausbau streitenden öffentlichen Belangen maßgebliche abstrakt-generelle Frage nach der fachplanerischen Zumutbarkeit von Fluglärm grundsätzlich abschließend entschieden hat.
[145] Diesen rechtlichen Ansatz hat der Senat in seinen Urteilen vom 13. Oktober 2011 (BVerwG 4 A 4000.09, 4 A 4000.10 und 4 A 4001.10) bestätigt. Die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG, in denen – wie dargelegt – die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zum Ausdruck kommt, sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG auch im Rahmen der Abwägung der Lärmschutzbelange zu beachten. § 2 Abs. 2 FluglärmG legt die fachplanerische Zumutbarkeitsgrenze über § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG damit auch mit Wirkung für die fachplanerische Abwägung normativ fest (Beschluss vom 1. April 2009 – BVerwG 4 B 61.08 – Buchholz 442. 40 § 8 LuftVG Nr. 34 Rn. 33; Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 167 m. w. N.). Die Vorschrift soll sicherstellen, dass bei der Bewältigung der durch Fluglärm hervorgerufenen Probleme im Rahmen der Abwägung keine anderen als die nach dem Fluglärmschutzgesetz maßgeblichen Werte für die Lärmschutzbereiche zugrunde gelegt werden (BTDrucks 16/508 S. 24). Die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG sind der maßgebende Bezugspunkt auch für die Gewichtung der Lärmschutzbelange in der Abwägung. Auch Lärmbeeinträchtigungen unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle sind abwägungsrelevant (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 268). Hat die Planfeststellungsbehörde die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle fehlerfrei bestimmt, genügt es für die Abwägung grundsätzlich, die Lärmschutzbelange ausgehend von dieser Schwelle zu gewichten: Sie sind umso gewichtiger, je näher die Lärmbelastungen an die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle heranreichen, ihr Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleiben. Eine Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung ist für diese Gewichtung nicht erforderlich (Urteil vom 13. Oktober 2011 a. a. O. Rn. 166).
[146] Mit ihren Rügen, bei der Gewichtung der Fluglärmbelastung biete die Beachtenspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG eine zwar wichtige, aber keine abschließende Grundlage, weshalb zur Bewertung der Fluglärmauswirkungen eines Vorhabens auch auf die Erkenntnisse der Lärmmedizin zurückzugreifen sei, können die Kläger daher nicht gehört werden. Ins Leere geht auch die Kritik der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, der Verwaltungsgerichtshof verkenne, dass mit dem Recht auf gerechte Abwägung auch der Anspruch eines Fluglärmbetroffenen verbunden sei, auf der Grundlage ordnungsgemäß zusammengestellten Abwägungsmaterials die Anordnung solcher Vorkehrungen zu erwägen, die nicht schon aus Gründen der Zumutbarkeit zwingend geboten seien. Denn dazu hat sich der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 625) ausdrücklich bekannt: "Die eigentliche planerische Abwägung betrifft die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Auflagen das Projekt trotz der 'an sich', das heißt ohne Schutzansprüche, unzumutbaren Lärmbelastung, trotz der Erkenntnis, dass die Schutzansprüche die Belastung nicht vollständig kompensieren können, und trotz der Lärmbelastungen unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle zugelassen werden kann." Nur gehören nach der – zutreffenden – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs hierzu im Regelfall nicht die Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung.
[147] Soweit die Klägerin bei den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs einen "stringenten Maßstab" vermisst, weil er ausführe, mit der Festlegung der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG habe der Gesetzgeber die Planfeststellungsbehörden und die Gerichte "weitgehend" von der bisher gebotenen intensiven Auseinandersetzung mit der Lärmwirkungsforschung entbunden, wobei lärmmedizinische Erkenntnisse allerdings "unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall" Bedeutung bei der abwägenden Entscheidung über einzelne Betriebsregelungen oder der Ermittlung atypischer Situationen erlangen könnten (juris Rn. 609), bei der Auseinandersetzung mit konkreten Sach- und Beweisanträgen der Kläger dann allerdings von der potentiellen Abwägungserheblichkeit lärmmedizinischer Erkenntnisse nicht mehr die Rede sei, stellt dies die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs ebenfalls nicht in Frage. Denn der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 605) hat das Vorliegen einer atypischen Situation – wie ausgeführt – ausdrücklich verneint. Dass sich ihre auf lärmmedizinische Fragestellungen abzielenden Beweisanträge 18 bis 26 auf "besondere Voraussetzungen des Einzelfalls" bezogen hätten, legt die Klägerin nicht dar.
[148] Eine Pflicht, in der Abwägung den in der Studie des Regionalen Dialogforums (RDF – nachfolgend: RDF-Studie) für eine erhebliche Belästigung ermittelten Wert von 52, 5 dB (A) tags als Zumutbarkeitsgrenze zu berücksichtigen, lässt sich auch nicht aus der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates herleiten. Diese in den §§ 47a ff. BImSchG mittlerweile in nationales Recht umgesetzte Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten zu Lärmkartierungen sowie zu einer Lärmaktionsplanung. Die Festlegung von Grenzwerten, die mit der Lärmaktionsplanung durchgesetzt werden sollen, überlässt sie den Mitgliedsstaaten (Erwägungsgrund 8, Art. 5 Abs. 4). § 14 FluglärmG sieht insoweit die Beachtung der Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG vor. Dafür, diese durch in der RDF-Studie vorgeschlagene Werte zu ersetzen, gibt es keine Grundlage, auch nicht, wie die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 meint, in Art. 3 Buchst. c der Richtlinie, der lediglich eine Definition des Begriffs "Belästigung" enthält. Damit entfällt auch jeder Ansatzpunkt, diese Werte – etwa über eine Abwägungsdirektive mit dem Inhalt, eine künftige Lärmaktionsplanung nicht zu vereiteln – in die Planfeststellung einzuführen (vgl. hierzu schon Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4000.09 – juris Rn. 180). Ebenso wenig lässt sich der Zielbeschreibung in Art. 1 der Richtlinie ein allgemeines Lärmerhöhungsverbot entnehmen.
[149] Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof für die Nacht die bis 31. Dezember 2010 geltenden Grenzwerte des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a FluglärmG in der Abwägung zugrunde gelegt. Als Stichtag ist weder der Zeitpunkt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses noch derjenige der Inbetriebnahme des planfestgestellten Vorhabens maßgeblich, sondern allein der Zeitpunkt des Bescheiderlasses. Das belegt auch ein Blick auf die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 FluglärmG, die hinsichtlich des Begriffsmerkmals "neue oder wesentlich baulich erweiterte Flugplätze" ebenfalls auf diesen Zeitpunkt abstellt.
[150] Die Aufklärungsrüge, mit der die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 die Ablehnung ihrer auf Einholung eines lärmmedizinischen Gutachtens gerichteten Beweisanträge III-32, III-49, III-3, III-4, III-7 und III-28 angreift, ist unbegründet. Auf der Basis seiner zutreffenden Rechtsauffassung musste der Verwaltungsgerichtshof auch im Zusammenhang mit der Prüfung der Abwägung aktiver Schallschutzmaßnahmen lärmmedizinische Erkenntnisse der beantragten Art nicht ermitteln. Soweit sich die Klägerin auf die Aussage des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 609) beruft, lärmmedizinische Erkenntnisse könnten unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall Bedeutung bei der abwägenden Entscheidung über einzelne Betriebsregelungen oder der Ermittlung atypischer Situationen erlangen, legt sie nicht dar, inwieweit die von ihr angeregte Beweisaufnahme derartige Sonderfälle betreffen soll; die Begründung der Beweisanträge zielt auf die Ermittlung einer allgemeinen Zumutbarkeitsschwelle.
[151] Auch die – vorsorglich – erhobenen Verfahrensrügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 4.10, die die Ablehnung ihrer auf lärmmedizinische Fragen bezogenen Beweisanträge 9, 10, 12, 13, 16 und 17 betreffen, sind unsubstantiiert. Insbesondere erklärt die Klägerin nicht schlüssig, inwieweit die seitenlang wiedergegebenen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. G … ausgehend von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zum Fluglärmschutzgesetz entscheidungserheblich sein könnten.
2. Ermittlung des Fluglärms
[152] Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht bestätigt, dass die Planfeststellungsbehörde die Fluglärmbelastung in dem gebotenen Umfang ordnungsgemäß ermittelt hat. Dass die Landesregierung bei der Festsetzung der Lärmschutzbereiche zu Ergebnissen gekommen ist, die nach dem Vortrag der Kläger von der im Planfeststellungsverfahren vorgenommenen Lärmermittlung in erheblichem Maße abweichen, stellt die Tragfähigkeit der Prognose der Planfeststellungsbehörde nicht in Frage.
a) Methodik der Lärmermittlung
[153] In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde unbeanstandet gelassen, die Lärmbelastung, soweit die Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG maßgeblich sind, auf der Grundlage des Entwurfs der Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen von 2007 (AzB-Entwurf 2007) und des Entwurfs der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (1. FlugLSV) vom 27. Dezember 2008 (BGBl I S. 2980) zu ermitteln.
[154] Wie ausgeführt, ist die Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes auf die Planfeststellung zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main anwendbar mit der Folge, dass die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG auch für die Abwägung verbindlich waren. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 803) ist zu Recht davon ausgegangen, dass daher grundsätzlich auch die im Fluglärmschutzgesetz für die Lärmberechnung vorgesehene Methodik zugrunde zu legen ist. Lärmgrenzwerte erlangen ihre Aussagekraft erst im Zusammenspiel mit einem Mess- oder Berechnungsverfahren, in dem sie zu ermitteln sind. Ohne Bezugnahme auf ein derartiges Verfahren wären sie unbestimmt; ihnen fehlte die maßgebliche Bezugsebene (Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 9.95 – BVerwGE 101, 1 [4] m. w. N.).
[155] Das Fluglärmschutzgesetz regelt die Lärmermittlung in § 3 Abs. 1 und der hierzu ergangenen Anlage nur teilweise. Im Übrigen ermächtigt es in § 3 Abs. 2 die Bundesregierung, nach Anhörung der beteiligten Kreise die Berechnungsmethode für die Ermittlung der Lärmbelastung durch Rechtsverordnung zu regeln (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 30. November 1988 – 1 BvR 1301/84 – BVerfGE 79, 174 [193]). Im Zeitpunkt der Planfeststellung waren die 1. Fluglärmschutzverordnung und die Anleitung zur Datenerfassung über den Flugbetrieb (AzD – BAnz Nr. 195a vom 23. Dezember 2008) sowie die Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen von 2008 (AzB 2008 – BAnz Nr. 195a vom 23. Dezember 2008) jedoch noch nicht erlassen. In dieser Situation, in der der Gesetzgeber einerseits von der Planfeststellungsbehörde Beachtung der Grenzwerte des Fluglärmschutzgesetzes verlangt, andererseits aber Regelungen zur Berechnung der Grenzwerte noch fehlen, ist es Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die Lücken einzelfallbezogen und unter möglichst weitgehender Beachtung der gesetzgeberischen Intention angemessen auszufüllen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 1988 a. a. O. S. 195).
[156] Die Planfeststellungsbehörde durfte sich hierbei an den seinerzeit bereits vorliegenden Entwürfen der 1. Fluglärmschutzverordnung und der AzB orientieren. Eine strikte Bindung bestand indes nicht. Methodisch geboten, aber auch ausreichend war die Prognose, dass die eigene Lärmabschätzung der Planfeststellungsbehörde den Ergebnissen einer Berechnung nach den zu erwartenden Berechnungsvorschriften möglichst nahe kommen würde. In dieser Weise ist die Planfeststellungsbehörde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vorgegangen. Sie hat die zu erwartende Lärmbelastung auf der Grundlage der Entwürfe der 1. Fluglärmschutzverordnung und der AzB ermittelt. Die Tragfähigkeit ihrer Prognose, dass diese Lärmabschätzung den künftig maßgeblichen Berechnungsvorschriften möglichst nahe kommt, hat die Planfeststellungsbehörde zusätzlich durch eine Rückversicherung bei der zuständigen Fachbehörde – dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) – abgesichert. Das Landesamt bestätigte nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 623), dass "auf der Basis der derzeit bekannten Kriterien eine fachlich geeignete Abschätzung der voraussichtlichen Abmessungen der Lärmschutzbereiche durchgeführt worden" sei und dass "entscheidende Abweichungen" nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zu erwarten seien. Zu einer vorsichtigeren Risikoabschätzung oder gar einer Worst-Case-Betrachtung bestand in dieser Situation kein Anlass. Die Kläger haben nicht dargelegt, welches im Zeitpunkt der Planfeststellung bekannte und praktisch anwendbare Verfahren erkennbar besser geeignet gewesen wäre, mit der künftigen AzB 2008 übereinstimmende Ergebnisse zu erzielen.
[157] Die weitere Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, einzelne Ungenauigkeiten ließen sich zwar nicht ausschließen, die damit verbundenen Unsicherheiten schlössen eine Heranziehung der nach dem AzB-Entwurf 2007 ermittelten Werte jedoch nicht aus, weil eine parzellenscharfe Ermittlung der Lärmschutzbereiche im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht erreicht werden müsse, ist nicht entscheidungserheblich. Die Eignung der Berechnungsmethode wird bei Prognosen generell und so auch hier nicht dadurch in Frage gestellt, dass die gewonnenen Ergebnisse mit den später festgesetzten Lärmschutzbereichen nicht übereinstimmen. Die hierauf bezogene Kritik der Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09, 4 C 2.10 und 4 C 3.10 geht ins Leere.
[158] Die Rüge der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, der Verwaltungsgerichtshof habe zwei Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt, mit denen die Behauptung untermauert worden sei, dass die Kläger einer höheren Lärmbelastung ausgesetzt seien, wenn man diese anders ermittle, als es die Planfeststellungsbehörde getan habe, bleibt ohne Erfolg. Vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 706) aus, der der Planfeststellungsbehörde eine ordnungsgemäße Ermittlung der Lärmschutzbelange attestiert hat, kam es auf die Ergebnisse der Vergleichsberechnungen der Kläger nicht an.
[159] Der Vorwurf der Kläger, der Verwaltungsgerichtshof habe es unter Verstoß gegen § 86 Abs. 3 VwGO unterlassen, auf die nach seiner Ansicht gegebene Irrelevanz der Vergleichsberechnungen hinzuweisen, ist unberechtigt. Gerichte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, vorab auf ihre Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen (Beschluss vom 26. Juni 1998 – BVerwG 4 B 19.98 – juris Rn. 5).
b) Einzelheiten der Lärmermittlung
[160] Die Einwände, die die Kläger gegen die für die Lärmermittlung verwendeten Daten und Berechnungsverfahren erhoben haben, hat der Verwaltungsgerichtshof insgesamt nicht als begründet angesehen. Auch das steht mit Bundesrecht im Einklang.
aa) Sigma-Regelung
[161] Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, im Rahmen der sog. Sigma-Regelung die Daten über die meteorologisch bedingte Betriebsrichtungsverteilung abzuschätzen, hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
[162] Der Sigma-Zuschlag soll sicherstellen, dass bei der abschätzenden Ermittlung der voraussichtlichen Lärmbelastung die – je nach Windverhältnissen – zeitlich variierende Nutzung der einzelnen Betriebsrichtungen auf den Start- und Landebahnen eines Flughafens berücksichtigt wird. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 666) wurde der Sigma-Zuschlag anhand der meteorologisch bedingten Betriebsrichtungsverteilung in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt. Dabei wurde nicht nur die reine Windrichtungsverteilung berücksichtigt, sondern auch die Betriebsrichtungsverteilung in den Fällen, in denen der Wind so schwach ist, dass flugtechnisch sowohl West- als auch Ostbetrieb möglich ist (sog. Rückenwindkomponente). Diese Vorgehensweise steht mit § 3 FluglärmG und dem Entwurf der 1. Fluglärmschutzverordnung im Einklang. Sie widerspricht auch nicht deren Grundgedanken, nach Möglichkeit vorhandene Daten zu den realen Betriebsbedingungen der letzten zehn Jahre zu verwerten.
[163] Gemäß § 3 Abs. 1 FluglärmG werden die Schallpegel für die Tag- und Nachtschutzzonen unter Berücksichtigung von Art und Umfang des voraussehbaren Flugbetriebs nach der Anlage zu diesem Gesetz ermittelt. Die zeitlich variierenden Nutzungen der einzelnen Betriebsrichtungen werden nach Spiegelstrich 5 der Anlage zu § 3 FluglärmG dadurch berücksichtigt, dass die prognostizierten Flugbewegungszahlen für die einzelnen Betriebsrichtungen jeweils um einen Zuschlag erhöht werden, der für die Tag- und Nacht-Schutzzonen dreimal die Streuung der Nutzungsanteile der jeweiligen Betriebsrichtung in den zurückliegenden zehn Jahren (3 Sigma) beträgt. Anstelle der im Zeitpunkt der Planfeststellung noch fehlenden Berechnungsvorschriften der 1. Fluglärmschutzverordnung orientierte sich die Beigeladene bzw. die Planfeststellungsbehörde, die sich das Gutachten G 10. 1 der Beigeladenen zu eigen gemacht hat, an den in diesem Zeitpunkt schon vorliegenden Entwürfen der 1. Fluglärmschutzverordnung und der AzB. Das ist – wie dargelegt – bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich für die Berechnung des Sigma-Zuschlags war deshalb § 2 Abs. 4 des Entwurfs der 1. FlugLSV; dass der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 674) nicht auf den Entwurf, sondern auf § 2 Abs. 3 der später in Kraft getretenen 1. FlugLSV abgestellt hat, ist unschädlich, weil sich diese Vorschrift im Wesentlichen mit § 2 Abs. 4 des Entwurfs deckt.
[164] Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs der 1. FlugLSV war die Streuung der Nutzungsanteile der einzelnen Betriebsrichtungen zu erfassen, indem für jede Start- und Landebahn die Nutzungsanteile in den zurückliegenden zehn Kalenderjahren getrennt für die Zeiträume Tag und Nacht sowie getrennt für Start und Landung angegeben werden. Abweichend hiervon bestimmte § 2 Abs. 4 Satz 3 des Entwurfs der 1. FlugLSV für den Fall, dass keine ausreichenden statistischen Daten zu den konkreten Nutzungsanteilen vorliegen, dass die Nutzungsanteile aufgrund von Daten über die örtliche Windrichtungsverteilung oder aufgrund der Nutzungsanteile vergleichbarer Flugplätze abgeschätzt werden "sollen". Nach § 2 Abs. 4 Satz 4 des Entwurfs galt diese Regelung entsprechend für die Anlegung eines Flugplatzes oder den Bau einer neuen Start- und Landebahn.
[165] Teil des Ausbauvorhabens war unter anderem der Bau der neuen Landebahn Nordwest. Anwendbar war deshalb § 2 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. Satz 3 des Entwurfs der 1. FlugLSV. Der auf den Wortlaut gestützte Einwand der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, im Falle des Baus einer neuen Start- und Landebahn beziehe sich der Rechtsanwendungsbefehl dieser Vorschrift – im Gegensatz zur Neuanlegung eines Flugplatzes – nur auf diese, während die Nutzungsanteile für die bereits bestehenden Start- und Landebahnen nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs der 1. FlugLSV zu ermitteln seien, verfängt nicht. Die vorhandenen Daten über die Nutzungsanteile der drei bestehenden Bahnen auf dem Flughafen Frankfurt Main sind durch den Übergang von einem Dreibahn- zu einem Vierbahnsystem für den künftigen Betrieb des Flughafens nicht hinreichend aussagekräftig. Sie mussten deshalb auch nicht gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs der 1. FlugLSV zugrunde gelegt werden. Die Nutzungsanteile waren daher entweder aufgrund von Daten über die örtliche Windrichtungsverteilung oder aufgrund der Nutzungsanteile vergleichbarer Flugplätze abzuschätzen. Dass die Planfeststellungsbehörde hier keine Abschätzung anhand der Nutzungsanteile vergleichbarer Flugplätze gewählt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Behörde durfte sich auf den Standpunkt stellen, dass es einen Flugplatz, dessen vorliegende Daten über die Nutzungsanteile der Bahnen für den (ausgebauten) Flughafen Frankfurt Main aussagekräftig wären und der deshalb im Sinne des Entwurfs der 1. Fluglärmschutzverordnung mit dem Flughafen Frankfurt Main "vergleichbar" wäre, nicht gibt.
[166] Die Vorgehensweise der Planfeststellungsbehörde widerspricht auch nicht dem Grundanliegen des Entwurfs der 1. Fluglärmschutzverordnung, bei der Berechnung des Sigma-Zuschlags vorhandenes Datenmaterial zu den realen Betriebsbedingungen bei der Prognose über die zukünftigen Nutzungsanteile soweit wie möglich zu verwerten. Sowohl für den Fall, dass keine ausreichenden statistischen Daten vorliegen, als auch für den Fall der (Neu-) Anlegung eines Flugplatzes oder des Baus einer neuen Start- und Landebahn gab der Entwurf, falls auch Daten anderer Flughäfen mangels Vergleichbarkeit nicht weiterhelfen, der zuständigen Behörde mit der Windrichtungsverteilung ein einfaches und handhabbares Kriterium zur Ermittlung der Streuung der Nutzungsanteile an die Hand. Da dem Verordnungsgeber bei Entwurfsfassung bekannt war, dass auf Neuflughäfen und im Falle einer Erweiterung des Bahnensystems Schwankungen der Bahnbelegung und der Start-/Landungsverteilung auftreten können, ist nicht davon auszugehen, dass die Regelung an der eigentlichen Intention des Verordnungsgebers vorbeigeht. Die Planfeststellungsbehörde war deshalb auch nicht verpflichtet, über den Wortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. Satz 3 des Entwurfs der 1. FlugLSV hinaus etwa zusätzlich zur Windrichtungsverteilung die hypothetische Streuung der Start-/Landungsverteilung und der Bahnbelegung in den vergangenen zehn Jahren zu modellieren. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die Windrichtungsbetrachtung um die Berücksichtigung der Rückenwindkomponente am Flughafen Frankfurt Main ergänzt hat; denn auch diese ist – wie die Windrichtung – unabhängig von der Anzahl der Start- und Landebahnen.
[167] Der Verwaltungsgerichtshof hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Sigma-Zuschlag lediglich die zeitlich variierende Nutzung der einzelnen Betriebsrichtung, nicht aber auch die variierende Nutzung der Bahnen im Verhältnis zueinander oder die variierende Nutzung der jeweiligen Bahnen für Starts/Landungen ausgleichen wollte. Dafür gibt es auch einen sachlichen Grund: Schlägt die Prognose zur voraussichtlichen Nutzung der jeweiligen Bahnen für Starts/Landungen oder zur voraussichtlichen Verteilung des Gesamtverkehrs auf die vorhandenen Bahnen fehl, kann die Planfeststellungsbehörde hierauf mit nachträglichen Betriebsregeln reagieren, falls dies zum angemessenen Schutz der Anwohner vor Fluglärm erforderlich werden sollte. Entsprechende Reaktionsmöglichkeiten bestehen im Falle eines Fehlschlagens der Prognose über die Windrichtungsverteilung nicht.
[168] Erst recht war der Beklagte nicht gehalten, die durch die Bahnsanierung in den Jahren 2003 bis 2007 besonders stark vom langjährigen Mittelwert abweichenden Nutzungsanteile in den Sigma-Zuschlag einzurechnen. Ob dies im Falle einer Berechnung anhand realer Vergleichsjahre erforderlich gewesen wäre, kann offenbleiben, weil es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Bestandsflughafen im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Entwurfs der 1. FlugLSV handelt. Für die Berechnung anhand der meteorologisch bedingten Betriebsrichtung spielt diese Frage von vornherein keine Rolle. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof, ausgehend von seinen Tatsachenfeststellungen zum Sanierungszyklus von 20 Jahren pro Bahn nachvollziehbar dargelegt, dass es sich hierbei um ein Ereignis handelte, das in dieser Form bis 2020 nicht wieder auftreten wird; dass die Startbahn West schon früher saniert werden wird, ändert daran nichts, weil sie andere Auswirkungen auf die Nutzungsanteile der übrigen Bahnen haben wird.
[169] Die Verfahrensrügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, mit denen sie geltend macht, dass ihre Beweisanträge III-13, III-46 und III-48 fehlerhaft abgelehnt worden seien, sind unzulässig. Die Klägerin legt nicht substantiiert dar, welches Ergebnis die beantragte Beweiserhebung gehabt hätte und wie sich dies nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs auf die Entscheidung ausgewirkt hätte, sondern versucht, die Relevanz ihrer Beweisanträge damit zu begründen, dass die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs fehlerhaft gewesen sei, was im Übrigen – wie dargelegt – auch nicht zutrifft.
[170] Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 669), die Beigeladene habe der Möglichkeit, dass einzelne Starts und Landungen aus unterschiedlichsten Gründen auf eine andere als die im Betriebskonzept vorgesehene Bahn verlegt werden, durch einen pauschalen Zuschlag von 4 % Rechnung getragen, sei aktenwidrig. Zu Recht führt die Klägerin allerdings aus, dass die Beigeladene die prognostizierten Flugbewegungszahlen nicht – wie im Urteil festgestellt – mit einem "pauschalen Zuschlag" versehen hat, der zu einer Erhöhung der Flugbewegungszahlen geführt hätte, sondern die prognostizierten Flugbewegungen lediglich von der einen auf die andere Bahn "verlagert" habe, woraus weder eine Erhöhung der Flugbewegungszahlen noch eine Veränderung der Varianz, sondern lediglich eine Veränderung des im Datenerfassungssystem (DES) Planungsfall 2020 enthaltenen Betriebsszenarios resultiere. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde bzw. die Beigeladene sei nicht verpflichtet gewesen, eine Streuung der Bahnnutzung bei der Berechnung des Sigma-Zuschlags zu berücksichtigen, wird hierdurch aber nicht in Frage gestellt, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, dass der Verwaltungsgerichtshof bei zutreffendem Verständnis der Regelung zu einem abweichenden Ergebnis hätte kommen können und seine Entscheidung deshalb auf dem Verfahrensmangel beruht.
[171] Die Rüge der Klägerin, die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 680), die schalltechnischen Untersuchungen von W … zu den von Dr. M … ermittelten Sigma-Daten beschränkten sich auf die Nachtzeit, sei aktenwidrig, geht ins Leere, weil die Alternativberechnungen auf der Grundlage des – unzutreffenden – klägerischen Verständnisses des Sigma-Zuschlags erstellt wurden und damit unerheblich sind. Das Gleiche gilt, soweit die Klägerin die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 678) zur Unverwertbarkeit der Alternativberechnung des Sigma-Zuschlags durch Dr. M … wegen eines angeblich falschen Bezugszeitraums bei gleichzeitiger Verwertung der Vergleichsberechnungen der Beigeladenen aus dem Gerichtsverfahren als aktenwidrig und Verstoß gegen Denkgesetze rügt. Auch diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs sind unerheblich, weil der Sigma-Zuschlag von der Beigeladenen fehlerfrei berechnet wurde; auf die Vergleichsberechnungen von Dr. M … kommt es ebenso wenig an wie auf die Vergleichsberechnungen der Beigeladenen.
[172] Unschlüssig ist die Verfahrensrüge der Klägerin, mit der sie einen Widerspruch geltend macht zwischen der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 670 ff.), dass eine Bahnsanierung alle 20 Jahre, bei einem Vierbahnensystem also im Durchschnitt alle 5 Jahre, stattfinde, und der Aussage in einer Planunterlage, dass es im Verlauf von sechs Monaten wegen Wartungsarbeiten oder aus anderen betrieblichen Gründen zu vorübergehenden Sperrungen einzelner Bahnen kommen könne. Der Bezugszeitraum in der Planunterlage betrifft Wartungs-, nicht Sanierungsarbeiten. Die Planunterlage sagt nicht, dass eine Bahnsanierung nicht – wie vom Verwaltungsgerichtshof angenommen – alle 20 Jahre, sondern alle sechs Monate durchgeführt werde.
[173] Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, sie habe das Ausmaß des behaupteten Fehlers bei der Fluglärmberechnung durch die Stellungnahmen ihrer Sachbeistände dargelegt, die entgegenstehende Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (die Klägerin bezieht sich auf S. 177 des UA; gemeint sind vermutlich die Ausführungen unter juris Rn. 680) entspreche nicht dem Inhalt der Akten, fehlt es bereits an der Benennung einer konkreten Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich der Vorwurf der Aktenwidrigkeit bezieht.
[174] Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, die insbesondere die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs verletzt sehen, weil der Verwaltungsgerichtshof ihre Ausführungen zur Sigma-Regelung insbesondere im Rahmen ihrer Beweisanträge III. 1 und III. 2 sowie im nachgelassenen Schriftsatz vom 13. August 2009 nicht zur Kenntnis genommen habe, sind unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 716 ff.) hat die Beweisanträge abgelehnt; insoweit ist von einer Kenntnisnahme ihres Inhalts auszugehen. Hinsichtlich des Schriftsatzes vom 13. August 2009 liegt ein Gehörsverstoß ebenfalls nicht vor. Der Schriftsatz kritisiert nicht die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Lärmberechnung, sondern die Vergleichsberechnung der Beigeladenen auf der Grundlage der 1. Fluglärmschutzverordnung und der AzB 2008 (VGH 11 C 359/08. T, Bd. XIV Bl. 2353 ff.). Nur hierauf bezog sich im Übrigen auch der Schriftsatznachlass des Verwaltungsgerichtshofs (Sitzungsniederschrift S. 51 f.; juris Rn. 648). Mit der Vergleichsberechnung hat sich der Verwaltungsgerichtshof indes erst ab juris Rn. 705 ff. beschäftigt. Dafür, dass er den Vortrag der Kläger auch im vorliegenden Zusammenhang unberücksichtigt gelassen haben könnte, finden sich im Urteil keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass er nicht auf alle Aspekte des klägerischen Vortrags eingegangen ist, ist hierfür kein ausreichendes Indiz, zumal die Vergleichsberechnung für den Verwaltungsgerichtshof kein zentraler Gesichtspunkt war.
[175] Die Kläger rügen ferner, der Verwaltungsgerichtshof habe einerseits festgestellt, die Beigeladene habe sich bei ihrer (ursprünglichen) Berechnung der Streuung der Bahnnutzung an der Windrichtung orientiert, andererseits, sie habe auf die meteorologisch bedingte Betriebsrichtungsverteilung abgestellt. Beides sei aber nicht identisch. Eine schlüssige Rüge der Aktenwidrigkeit ist damit nicht erhoben, zumal keine konkrete Textstelle angegeben wird, mit der eine der Annahmen des Verwaltungsgerichtshofs im Widerspruch stünde. Tatsächlich sind die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs eindeutig so zu lesen, dass die Beigeladene der Sigma-Berechnung die meteorologisch bedingte Betriebsrichtungsverteilung zugrunde gelegt hat. Was der Verwaltungsgerichtshof darunter versteht, hat er unter juris Rn. 666 dargelegt: Windrichtung und bei Windstille reale Betriebsrichtung. Wenn der Verwaltungsgerichtshof an anderer Stelle meint, die Beigeladene habe sich entschieden, im Rahmen des § 2 Abs. 4 Satz 3 des Entwurfs zur 1. FlugLSV bzw. § 2 Abs. 3 Satz 4 der 1. FlugLSV auf die Windrichtung abzustellen, ist das ersichtlich lediglich eine Vereinfachung. Dass die Beigeladene bei Windstille auf die reale – festgelegte – Betriebsrichtung der jeweiligen Referenztage abgestellt hat, begründet auch materiellrechtlich keinen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses und des angegriffenen Urteils. Eine solch geringfügige Ergänzung des Windrichtungsmaßstabs lag im Rahmen ihrer Abschätzungskompetenz nach § 2 Abs. 4 Satz 3 des Entwurfs der 1. FlugLSV bzw. § 2 Abs. 4 Satz 4 1. FlugLSV, ohne dass die Beigeladene deshalb verpflichtet gewesen wäre, insgesamt auf eine Berechnung anhand eines Vergleichsflughafens umzuschwenken.
[176] Die Kläger rügen außerdem, der Verwaltungsgerichtshof habe aktenwidrig unterstellt, die Beigeladene habe anders als Dr. M … ihrer Vergleichsberechnung reale Belegungszahlen zugrunde gelegt, Dr. M … habe in seiner Berechnung kein Betriebskonzept berücksichtigt und die Kläger hätten nur Berechnungen für den Erfassungszeitraum 1999 bis 2008 vorgelegt. Auch insoweit fehlt die konkrete Bezeichnung einer Textstelle aus dem Akteninhalt und einer Textstelle aus dem Urteil, die in Widerspruch stehen sollen. Die Suche dieser Stellen überlassen die Kläger dem Gericht. Das genügt den Anforderungen an eine plausible Verfahrensrüge nicht (vgl. Beschluss vom 2. November 1999 – BVerwG 4 BN 41.99 – juris Rn. 25). Im Übrigen beziehen sich diese Rügen durchweg auf die Vergleichsberechnungen der Beigeladenen und von Dr. M …, deren Richtigkeit und Aussagekraft auf Basis der AzB 2008 – wie dargelegt – für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses unerheblich ist.
[177] Die Kläger rügen schließlich, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag von Dr. M … ohne eigene Sachkunde zurückgewiesen. Eine Verfahrensnorm, gegen die hierdurch verstoßen sein könnte, benennen sie nicht; es bleibt entgegen der Darlegungspflicht des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO unklar, ob hier eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung oder eine fehlerhafte Beweiswürdigung gerügt wird.
bb) Abweichung von Flugrouten
[178] Einen abwägungsrelevanten Fehler hat der Verwaltungsgerichtshof auch insoweit ohne Bundesrechtsverstoß verneint, als ein Teil der tatsächlichen Flugbewegungen von der "Ideallinie" der von der Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung der Fluglärmbelastung zugrunde gelegten Flugrouten abweicht.
[179] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 697) hat angenommen, dass der pauschalierende Ansatz der alten und neuen Berechnungsvorschriften auch bei der Würdigung der Abweichungen von Flugrouten zum Tragen komme. Das Verfahren ziele nicht darauf, die einzelnen tatsächlichen Flugbewegungen genau zu erfassen, sondern knüpfe, um Lärmwerte zu ermitteln, an den Verlauf der Flugrouten und Art und Zahl der Belegungen an. Eine Unterschätzung der tatsächlichen Lärmbelastung werde durch entsprechende Bewertungsparameter vermieden. Gegenüber einem Berechnungsverfahren bestünden nur dann rechtliche Bedenken, wenn es die Wirklichkeit völlig unzulänglich abbilde, was hier nicht festgestellt werden könne. Diese Auffassung knüpft an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 3. März 1999 – BVerwG 11 A 9.97 – Buchholz 406. 25 § 41 Nr. 26 und vom 20. Dezember 2000 – BVerwG 11 A 7.00 – Buchholz 406. 25 § 41 Nr. 36) an und begegnet auch im Übrigen keinen durchgreifenden bundesrechtlichen Bedenken.
[180] Nach dem AzB-Entwurf 2007 wird dem Umstand, dass Flugrouten nicht strikt eingehalten werden, dadurch Rechnung getragen, dass Flugkorridore gebildet werden. Die Berechnung unterstellt, dass sich die Flugzeuge symmetrisch abnehmend um die Mittellinie des Flugkorridors verteilen. Die Kläger machen geltend, als Mittellinie des Flugkorridors dürften nicht immer die Flugrouten gewählt werden; wenn aus den Flugspuraufzeichnungen hervorgehe, dass der Schwerpunkt des tatsächlichen Flugbetriebs nicht dem Verlauf der Flugroute entspreche, müsse nicht nur – wie die Beigeladene meine – die Korridorbreite angepasst, sondern der Korridor verschoben werden. Einen Abwägungsfehler zeigen sie damit nicht auf. Der Wortlaut sämtlicher Berechnungsvorschriften der AzB/AzD belegt, dass als Mittellinie der Korridorbildung im Grundsatz die von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (im Folgenden: DFS) prognostizierten Flugrouten als "Soll-Flugstrecke" gewählt werden sollen. Das stellen auch die Kläger nicht in Frage. Sie sind allerdings der Auffassung, dass Ausnahmen hiervon zulässig und unter weiteren Voraussetzungen sogar geboten seien. Als Argument hierfür führen sie an, die Berechnungsvorschriften sprächen in Abgrenzung von den "Flugwegen" des § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO bewusst von "Flugstrecken". Dieses Argument überzeugt schon deshalb nicht, weil Ziffer 2. 1. 1 der AzD nicht nur Flugrouten als Flugstrecken zulässt, sondern beispielsweise auch die aus häufigen Einzelanweisungen und bei Sichtflügen sogar aus tatsächlich häufig geflogenen Kursen gewonnenen Linien. Bei Instrumentenflügen wird der Schwerpunkt des Verkehrs aber nicht als Ermittlungsgrundlage der Flugwege zugelassen. Es mag zwar sein, dass die von den Klägern favorisierte Bestimmungsart dem Interesse an einer möglichst realitätsnahen Prognose näherkommt. Gleichwohl hat sich der Normgeber in den Berechnungsvorschriften im Grundsatz für eine pauschalierende und damit leichter handhabbare Berechnungsmethode entschieden. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die vorgegebene Berechnungsmethode auch dem Gesetzgeber bei der Neufassung des Fluglärmschutzgesetzes bekannt war und deshalb davon auszugehen ist, dass sie auch vom gesetzgeberischen Willen getragen ist.
[181] Dass die von der DFS prognostizierten Flugrouten unrealistisch wären, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Aus den klägerseits vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen hat er im Gegenteil die Überzeugung gewonnen, dass insgesamt betrachtet eine recht gute Übereinstimmung zwischen den vorgegebenen Routen und den tatsächlich geflogenen Strecken bestehe (juris Rn. 699). Auch hinsichtlich des vom Sachbeistand der Kläger herausgegriffenen Beispielsfalls (juris Rn. 700) ist er davon ausgegangen, dass die Schwerpunktsverschiebung nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Betroffenenzahl geführt habe (juris Rn. 700). Gegenteiliges zeigen auch die Kläger nicht auf.
[182] Erfolglos bleibt die Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, die Beigeladene hätte ihrer Berechnung der Korridorbreiten gemäß Ziffer 3. 2. 2 der AzD Flugspuraufzeichnungen auch für den Nachtzeitraum zugrunde legen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat es ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt, dass sich die Beigeladene auf eine Auswahl von Flugspuraufzeichnungen gestützt hat, die nicht nach Tages- und Nachtzeitraum untergliedern. Ziffer 3. 2. 2 der AzD ist als Muss-Vorschrift formuliert, regelt unmittelbar allerdings nur, welche Informationen die DFS der für die Fluglärmermittlung zuständigen Behörde zur Verfügung stellen muss. Das ist zwar ein starkes Indiz dafür, dass die Behörde diese Daten regelmäßig auch zu verwenden hat. Wenn allerdings – wie hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs – dargelegt wird, dass sich typischer Nachtflugverkehr hinsichtlich der Abweichungen von den Soll-Flugstrecken vom Tagverkehr nicht wesentlich unterscheidet, ist eine gegenüber dem Tageszeitraum differenzierende Betrachtung auch nicht geboten.
[183] Die Rüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Anforderungen an die Flugstreckenermittlung im Rahmen der Abwägung geringer seien als für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen, greift nicht durch. Denn hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen. Er hat lediglich festgestellt, die Flugspuraufzeichnungen seien für die Bestimmung der Korridorbreiten im Rahmen der Abwägung hinreichend aussagekräftig. Ob das auch im Rahmen der Festsetzung von Lärmschutzbereichen gelte, hat er ausdrücklich offengelassen (juris Rn. 698). Unsubstantiiert ist folglich auch die nicht weiter begründete Verfahrensrüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe "deshalb auch" ihre Beweisanträge Nr. 10 und 11 fehlerhaft abgelehnt.
[184] Unzulässig ist auch die Aufklärungsrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 4.10. Die Klägerin setzt sich mit den Gründen, mit denen der Verwaltungsgerichtshof ihre Beweisanträge Nr. 6 und 8 abgelehnt hat, nicht auseinander. Sie macht insbesondere nicht deutlich, warum ihre Beweisbehauptung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Der Umstand, dass die Klägerin in Beweisantrag Nr. 6 geklärt wissen will, ob die Flugroutenabweichungen die Aussagekraft des DES in Frage stellten, legt nahe, dass sie nicht vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, sondern von ihrem eigenen Rechtsstandpunkt ausgeht, wonach Maßstab für eine ordnungsgemäße Flugroutenprognose nicht die in den Berechnungsvorschriften vorgegebene Vorgehensweise, sondern unmittelbar die Realitätsnähe sei. Gleiches gilt hinsichtlich Beweisantrag Nr. 8.
[185] Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 schließlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, legt sie schon nicht dar, was sie noch vorgetragen hätte, wenn das rechtliche Gehör ordnungsgemäß gewährt worden wäre. Die Rüge ist deshalb ebenfalls unzulässig.
cc) "Flottenmix"
[186] Dass der Verwaltungsgerichtshof einen rechtserheblichen Ermittlungsfehler auch im Zusammenhang mit der Verteilung der Flugbewegungen auf die einzelnen Flugzeuggruppen (Flottenmix) verneint hat, ist im Ergebnis bundesrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
[187] Die Verfahrensrügen der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 greifen nicht durch. Soweit sie die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 661), "die Prognosen zu den Verkehrsbeziehungen und die Belegung der einzelnen Verbindungen (ließen) Schlussfolgerungen zu, welche Flugzeuge auf den einzelnen Destinationen sinnvoll eingesetzt werden können," als aktenwidrig rügen, benennen sie keinen konkreten Aktenbestandteil, zu dem diese Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs im Widerspruch stehen könnte, sondern beziehen sich auf – angeblichen – Vortrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung. Das genügt den Darlegungsanforderungen nicht.
[188] Die des Weiteren erhobene Aufklärungsrüge der Kläger ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beweisantrag der Kläger zu der Behauptung, in den vergangenen 15 Jahren habe am Flughafen Frankfurt Main ein Flottenmix von 25 % heavy, 74 % medium und 1 % light verkehrt, zu Recht abgelehnt; er war unsubstantiiert. Die Behauptungen der Kläger stellen nicht einmal einen Anhaltspunkt dafür dar, dass die Prognose der Beigeladenen (36 % heavy, 63 % medium und 1 % light) fehlerhaft sein könnte. Es liegt auf der Hand, dass der Flottenmix nicht schlicht aus dem Flottenmix der vergangenen Jahre hochgerechnet werden kann, sondern auch Verschiebungen bei den Verkehrssegmenten und gegebenenfalls Einzeldestinationen berücksichtigen muss. So steigen etwa nach der I …-Prognose der Kontinental- und Interkontinentalverkehr weit stärker als der Regionalverkehr (vgl. Gutachten G 8 S. 122, Ordner 247). Im Übrigen ist es nicht unplausibel, dass im Interkontinentalverkehr größere und schwerere Flugzeuge eingesetzt werden als auf Kurzstrecken. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.
[189] Eine Verwertung der gutachterlichen Stellungnahme der Firma R … vom Juli 2009, die die Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09, 4 C 3.10 und 4 C 4.10 dem Verwaltungsgerichtshof nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt haben, hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
[190] Die Klägerinnen haben die Stellungnahme als Beleg für ihre Behauptung vorgelegt, dass die Beigeladene den Flugzeugtyp Embraer zu Unrecht der AzB-Klasse S 5. 1 zugeordnet habe; tatsächlich sei der Typ der Klasse S 5. 2 zuzuordnen gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Vortrag je selbständig tragend – erstens – als verspätet und daher unverwertbar eingestuft. Die Behauptung von R …, die Flugzeuge des Typs Embraer 190 und 195 wiesen eine Startmasse von über 50 t auf, sei – zweitens – nicht hinreichend substantiiert, weil die zur Begründung angeführte E-Mail der Deutschen Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) dem Gutachten nicht beigefügt gewesen sei. Die Behauptung sei – drittens – zudem unzutreffend; die angegebenen Gewichte gälten nur für die Long Range-Version; die Standardversion beider Flugzeuge wiege unter 50 t; das ergebe sich aus den Herstellerangaben im Internet; dass zum Prognosehorizont 2020 ein bestimmter Anteil der Long Range-Version verkehren werde, habe R … nicht dargelegt. Ein etwaiger Fehler bei der Eingruppierung wirke sich – viertens – nicht auf das Abwägungsergebnis aus; es sei abwegig, dass der Anteil der AzB-Klasse S 5. 1, wie von R … prognostiziert, bis 2020 auf 3, 02 % fallen werde; in den letzten Jahren sei er von 7, 62 % in 2000 auf 16, 63 % in 2008 gestiegen.
[191] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 greift die ersten drei Begründungen des Verwaltungsgerichtshofs mit Verfahrensrügen und die vierte Begründung mit der Sachrüge an. Ist eine Entscheidung – wie hier – auf mehrere, jeweils für sich selbständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision nur Erfolg haben, wenn hinsichtlich jedes Grundes eine zulässige und begründete Revisionsrüge erhoben worden ist. Daran fehlt es hier. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Vortrag der Klägerin zu Recht als nicht substantiiert eingestuft, dies allerdings nur im Ergebnis. Zwar überspannt er (juris Rn. 650) die Anforderungen an substantiierten Klagevortrag, wenn er den klägerischen Vortrag mit der Begründung als unsubstantiiert zurückweist, die gutachterliche Stellungnahme beziehe sich auf eine E-Mail der Lufthansa, die dem Gutachten nicht beigefügt sei. Auch im Fall eines nachgelassenen Schriftsatzes ist von der Klagepartei nicht mehr zu verlangen als die ihren Klageantrag stützenden tatsächlichen Behauptungen aufzustellen. Werden die Behauptungen von der Gegenseite bestritten, ist es Sache des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und gegebenenfalls auch Beweis zu erheben (§ 86 Abs. 1 VwGO). Gleichwohl war der Klagevortrag als unsubstantiiert zurückzuweisen. Er lässt nicht erkennen, inwieweit die der gutachterlichen Stellungnahme von R … zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen bereits im Zeitpunkt der Entscheidung der Planfeststellungsbehörde hätten berücksichtigt werden können.
[192] Die Stellungnahme von R … (S. 8) begründet ihre Behauptung, in der Lärmberechnung sei ein zu geringer Anteil der AzB-Klasse S 5. 2 berücksichtigt worden, im Wesentlichen damit, dass die Lufthansa im Jahr 2009 insgesamt 30 Regionalflugzeuge der Embraer 190/195-Familie bestellt habe, deren maximales Startgewicht von der Lufthansa mit über 50 000 kg angegeben werde, und die damit der AzB-Klasse S 5. 2 zuzuordnen seien. Diese neuen Flugzeuge hätten bisherige Flugzeugtypen ersetzt, die alle der Klasse S 5. 1 angehörten. Vor diesem Hintergrund sei es wesentlich wahrscheinlicher, dass die Zahl der Flugbewegungen in der Klasse S 5. 2 deutlich zunehme anstatt etwa gleich zu bleiben und jene der Klasse S 5. 1 abnehme anstatt weiter zuzunehmen. Die ordnungsgemäße Lärmermittlung der Planfeststellungsbehörde wird dadurch nicht substantiiert in Frage gestellt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Fluglärms ist der Zeitpunkt der Abwägung, mithin der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 18. Dezember 2007. Dass die Absicht der Lufthansa, ihren Flottenbestand durch Ersatzbeschaffungen in einer für die AzB-Berechnung – unterstellt – relevanten Weise zu ändern, in diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, hat weder die Klägerin behauptet noch ist dies aus der Stellungnahme von R … oder sonstigen Unterlagen ersichtlich. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsrüge keinen Anhaltspunkt dafür geliefert, dass die beschriebene Ersatzbeschaffung der Lufthansa für die Lärmermittlung der Planfeststellungsbehörde relevant gewesen sein könnte.
dd) Parallele Anflüge
[193] Unsubstantiiert ist die Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09, hinsichtlich des Phänomens "paralleler Anflüge" liege ein Abwägungsausfall vor, den der Verwaltungsgerichtshof unter Verletzung von Bundesrecht gebilligt habe.
[194] Die Klägerin hat den Einwand erhoben, gleichzeitige parallele Anflüge, wie sie nunmehr auf der Nordwestbahn einerseits und dem Parallelbahnsystem andererseits möglich seien, würden aufgrund von Überlagerungen zu höheren Maximalpegeln führen, als sie sich aus der Berechnung nach dem AzB-Entwurf 2007 mit der isolierten Betrachtung einzelner Bahnen ergäben. Diesen Einwand hat der Verwaltungsgerichtshof für unbeachtlich gehalten, weil die einzelnen Flugbewegungen von den Ermittlungen erfasst seien, das Berechnungsverfahren einen pauschalierenden Charakter habe und nicht dargelegt sei, dass sich die Verstärkungen abwägungsrelevant auf das Ergebnis der Lärmermittlungen ausgewirkt haben könnten (juris Rn. 693). Das als Sachrüge auszulegende Revisionsvorbringen der Klägerin greift nicht durch.
[195] Sie macht geltend, dass die 1. Fluglärmschutzverordnung die Sondersituation zweier unabhängig zu betreibender Parallelbahnen weder regele noch erfasse. Insofern könne auch nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der pauschalierende Charakter des Berechnungsverfahrens einen derartigen Sonderfall ausschließe. Einen Bundesrechtsverstoß zeigt die Klägerin damit nicht auf. Sie liefert nicht ansatzweise Anhaltspunkte dafür, dass sich gleichzeitige parallele Anflüge lärmerhöhend auswirken können. Es erscheint zwar denkbar, dass gleichzeitige parallele Anflüge aufgrund der Überlagerung von Schallwellen zu höheren Maximalpegeln führen können, wobei auch dies stark von der Lage des fraglichen Immissionsortes abhängen dürfte. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist aber nicht erkennbar, dass diese Ereignisse tatsächlich so häufig sein könnten, dass ihre Außerachtlassung im Rahmen eines pauschalierenden Berechnungsansatzes den NAT-Wert (number of events above threshold) nennenswert verzerren würde. Allein mit der Behauptung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Berücksichtigung des Phänomens auswirke, ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs nicht erschüttert. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass im Falle gleichzeitiger paralleler Anflüge die Zahl der Schallereignisse aufgrund der Gleichzeitigkeit sinkt, was einen lärmmindernden Effekt haben dürfte. Davon geht jedenfalls die Beigeladene aus, die im erstinstanzlichen Verfahren darauf hingewiesen hat, dass die Überlagerung zwar einige Einzelschallereignisse über die maßgeblichen Maximalpegel heben werde, andererseits aber auch dazu führen könne, dass zwei Überflüge, die je für sich schon den Maximalpegelwert überschreiten würden, zu einem Einzelschallereignis zusammengerechnet werden. Auch damit hat sich die Klägerin nicht substantiiert auseinandergesetzt.
[196] Abgesehen davon spricht nichts dafür, dass der Normgeber das Phänomen paralleler An- und Abflüge schlicht übersehen hätte. Das Fluglärmschutzgesetz, der Entwurf der 1. Fluglärmschutzverordnung oder des AzB-Entwurfs 2007 enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit Raum für ergänzende Berechnungen außerhalb der AzB gegeben werden sollte. Dies gilt umso mehr, als solche Berechnungen das Verfahren erheblich verkomplizieren würden.
ee) Erheblichkeit
[197] Da die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Lärmberechnung der Planfeststellungsbehörde leide nicht an durchgreifenden Rechtsfehlern, somit insgesamt nicht zu beanstanden ist, kommt es auf dessen Hilfserwägungen nicht an. Die gegen die Hilfserwägungen gerichtete Aufklärungsrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 ist nicht entscheidungserheblich, desgleichen nicht die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10.
3. Zulassung von Flugbewegungen in der "Mediationsnacht"
[198] Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr – Mediationsnacht – hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis zu Recht beanstandet.
[199] Der Planfeststellungsbeschluss regelt in Teil A II 4. 1. 2, dass zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr Luftfahrzeuge nur starten und landen dürfen, wenn sie bestimmte Lärmzertifizierungswerte erfüllen, der Beförderung von Fracht, Personen und/oder Post im Linienverkehr oder im linienähnlichen (Charter-) Verkehr dienen und ihre Halter Luftfahrtunternehmen sind, die am Flughafen Frankfurt Main einen von der Genehmigungsbehörde anerkannten Geschäfts- und Wartungsschwerpunkt unterhalten. Die hiernach zulässigen Starts und Landungen sind auf die Zahl von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr begrenzt. Der Durchschnittswert darf jeweils bezogen auf das Kalenderjahr nicht überschritten werden. Eine Übertragung nicht zugewiesener bzw. nicht genutzter Zeitnischen in das folgende Kalenderjahr ist nicht gestattet. Die Flugbewegungen sind auf das in Ziffer 4. 1 angeordnete Kontingent (150 planmäßige Flüge in der Gesamtnacht) anzurechnen. Bei der Koordinierung der Flugbewegungen zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr haben im Rahmen der festgesetzten Bewegungshöchstgrenze Flugbewegungen von Luftfahrzeugen im ausschließlichen Luftfrachtverkehr (Nurfrachter) bzw. Luftpostverkehr Vorrang vor sonstigen Flügen. Starts und Landungen von Luftfahrzeugen sind zwischen 1. 00 und 4. 00 Uhr auf dem Flughafen Frankfurt Main nicht zulässig. Ausgenommen sind hiervon lediglich Starts von Luftfahrzeugen, die im ausschließlichen Luftfrachtverkehr (Nurfrachter) bzw. Luftpostverkehr eingesetzt werden. Für die Flugregelung in der Mediationsnacht gelten weitere Einschränkungen. Unter anderem sieht der Planfeststellungsbeschluss in Teil A II 4. 2 vor, dass die Benutzung der Landebahn Nordwest durch Luftfahrzeuge in dieser Zeit untersagt ist und die Flugbewegungen, soweit dies bei der Flugverkehrskontrolle vertretbar erscheint, zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur so auf die Start- und Landebahnen Nord und Süd sowie die Startbahn West verteilt werden, dass Überflüge besiedelter Gebiete auf das unumgängliche Maß beschränkt bleiben und auf eine möglichst ausgeglichene Verteilung der Flugbewegungen hingewirkt wird.
[200] Diese Regelung ist – wie ausgeführt (oben A. 3.) – bereits wegen eines Verstoßes gegen die Verfahrensvorschrift des § 73 Abs. 8 HVwVfG i. V. m. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 LuftVG rechtswidrig und aufzuheben, weil die Planfeststellungsbehörde die Kläger zur beabsichtigten Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Mediationsnacht nicht angehört hat; das hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt. Zu Recht hat er die Regelung jedoch als abwägungsfehlerhaft beanstandet.
a) Antragsbindung
[201] Dem Verwaltungsgerichtshof ist darin zuzustimmen, dass die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Mediationsnacht durch die Planfeststellungsbehörde allerdings nicht bereits daran scheitert, dass die Beigeladene ihrem Antrag auf Feststellung des Ausbauplans ein Betriebskonzept zugrunde gelegt hat, das keine planmäßigen Flüge in der Mediationsnacht vorsah.
[202] Offenbleiben kann, ob der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 753) mit der Begründung, die Beigeladene habe zu Recht vorgetragen, dass das von ihr dem Planfeststellungsantrag zugrunde gelegte Betriebskonzept lediglich als ein Vorschlag an die Planfeststellungsbehörde aufzufassen sei, in tatsächlicher Hinsicht einen Antrag der Beigeladenen insoweit in Abrede stellen wollte. Offenbleiben kann ferner, ob – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat – die Planfeststellungsbehörde die im Planfeststellungsverfahren vorgetragenen Einwendungen zum Anlass nehmen könne, Betriebsregelungen zu verfügen, die von dem mit dem Plan vorgelegten Betriebskonzept der Beigeladenen abweichen. Denn es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Beigeladene mit der Zulassung von Flügen in der Mediationsnacht einverstanden war und ihren ursprünglichen Antrag im Hinblick auf das Betriebskonzept insoweit jedenfalls konkludent in zulässiger Weise erweitert hat.
[203] Aber auch dann, wenn von einer Bindung der Planfeststellungsbehörde an das ursprünglich beantragte Betriebskonzept der Beigeladenen auszugehen wäre, wären subjektive Rechte der Kläger nicht verletzt. Das Antragserfordernis schützt den Adressaten einer Genehmigung davor, dass ihm ein ungewolltes Vorhaben "aufgedrängt" wird und er – z. B. in Gestalt der Betriebspflicht nach § 45 LuftVZO – Pflichten übernehmen muss, die er nicht tragen will. Allein aus einer Überschreitung des durch den Antrag gezogenen Rahmens folgt indes noch keine Rechtsverletzung Dritter. Dies ist erst der Fall, wenn zu ihren Lasten – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat – das Abwägungsgebot missachtet wurde. Eine subjektive Rechtsposition der Kläger, aufgrund derer sie über § 73 Abs. 8 Satz 1 HVwVfG hinaus unmittelbar das Fehlen eines Antrags rügen könnten, ist deshalb nicht zu erkennen.
b) Abwägung
[204] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulassung von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht jedoch als abwägungsfehlerhaft beanstandet.
aa) Inkrafttreten
[205] Zu Unrecht rügen die Kläger eine Verletzung des Abwägungsgebots durch die Inkrafttretensregelung im einführenden Text der Nebenbestimmung in Teil A II 4 des Planfeststellungsbeschlusses.
[206] Soweit die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 rügen, die Planfeststellungsbehörde habe das durch die Inkrafttretensregelung ermöglichte Szenario eines Prognosenullfalls mit Nordwest-Landebahn nicht berücksichtigt, ist diese Rüge durch Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht gestützt.
[207] Einen Abwägungsfehler zeigt auch die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 nicht auf mit dem Einwand, bis zur Erhöhung des Koordinierungseckwertes gelte kein nächtliches Landeverbot, obwohl die Anwohner den Fluglärmbelastungen der neuen Landebahn bereits mit deren Inbetriebnahme ausgesetzt seien. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 278) hat angenommen, dass eine lärmerhebliche Zunahme von Flugbewegungen ohne Erhöhung des Koordinierungseckwertes nicht zu befürchten sei; dass diese Annahme unzutreffend wäre, etwa weil sich allein durch eine Inbetriebnahme der Nordwest-Landebahn die Gesamtzahl der Lärmbetroffenen oder die Intensität der Betroffenheiten erhöhte, behauptet die Klägerin selbst nicht. Auf geänderte individuelle Betroffenheiten, auf die die Klägerin abhebt, kommt es im Rahmen der Abwägung der Flugbetriebsregelungen grundsätzlich nicht an.
[208] Im Übrigen ist auch die Behauptung der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, das Szenario, dass die Inbetriebnahme der Nordwestbahn sich längere Zeit nicht im Koordinationseckwert niederschlagen werde, sei aufgrund von Bauverzögerungen bei der Erweiterung der landseitigen Abfertigungskapazität realistisch, nicht von entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs gedeckt und auch nicht unstrittig. Aufklärungsrügen haben die Kläger insoweit nicht erhoben. Die Behauptung ist auch durch die tatsächliche Entwicklung am Flughafen Frankfurt Main nicht bestätigt worden.
bb) Standortspezifischer Nachtflugbedarf (§ 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG)
[209] Zu beanstanden ist die Zulassung von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht indes, weil die Regelung nicht den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz genügt, die sich aus § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ergeben.
(1) "Kernnacht" und "Mediationsnacht"
[210] Für die Zulassung planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht gelten die Anforderungen, die sich aus der Rechtsprechung des Senats für die Zulassung von Flügen in der sog. Kernnacht, also dem Zeitraum von 0. 00 bis 5. 00 Uhr, ergeben. Die Kernnacht ist von der Mediationsnacht umfasst. Die Zulassung eines Kontingents von Nachtflugbewegungen in der Mediationsnacht ohne den Nachweis eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs wäre deshalb rechtswidrig, weil sie jedenfalls in der Nachtkernzeit den in der Senatsrechtsprechung benannten strengeren Rechtfertigungsanforderungen genügen muss. Dass die Planfeststellungsbehörde diese besonderen Rechtfertigungsanforderungen auf die Stunde vor der Nachtkernzeit (23. 00 bis 24. 00 Uhr) erstreckt hat, kann nicht in der Weise "gegengerechnet" werden, dass die Rechtfertigungsanforderungen für die Zulassung von Flügen in den Kernstunden der Nacht relativiert werden.
(2) "Konkret-zahlenmäßiger Nachweis" (Überwiegen von Expressfracht)
[211] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof beanstandet, die Planfeststellungsbehörde habe nicht "konkret-zahlenmäßig" dargelegt, dass der nächtliche Frachtverkehr insgesamt – d. h. in der Bilanz aller nächtlichen Frachtflüge – überwiegend dem Transport von Expressfracht diene (juris Rn. 757).
[212] Die vom Senat in seinem Urteil vom 24. Juli 2008 – BVerwG 4 A 3001.07 – (BVerwGE 131, 316 Rn. 57 ff.) zum Flughafen Leipzig/Halle benannten bundesrechtlichen Voraussetzungen, unter denen der standortspezifische Bedarf für Flüge zum Transport von Expressfracht konventionelle Fracht "mitziehen" kann, hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend wiedergegeben. Das Angewiesensein der Fracht auf den nächtlichen Umschlag war der maßgebende Grund für die Anerkennung eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs am Flughafen Leipzig/Halle. Verkehre, die nicht dem Transport von Expressfracht dienen, können für sich betrachtet die Durchführung von Flugverkehr in der Nachtkernzeit nicht rechtfertigen. Wenn aber Expressfracht und nicht auf den sog. Nachtsprung angewiesene Fracht aus vernünftigen Gründen gemeinsam transportiert werden und die Beschränkung der Nachtflugerlaubnis auf Verkehre zum Transport von Expressfracht die Funktionsfähigkeit des Drehkreuzes, auch soweit es dem nächtlichen Umschlag von Expressfracht dient, gefährden würde, kann der standortspezifische Bedarf an Flügen zum Transport von Expressfracht Flüge, die auch oder im Einzelfall sogar ausschließlich nicht auf den Nachtsprung angewiesene Fracht transportieren, "mitziehen". Das gilt jedoch nur, solange der nächtliche Frachtverkehr weit überwiegend in einer das Frachtdrehkreuz prägenden Weise dem Transport von Expressfracht dient. Hierfür kommt es nicht darauf an, wie hoch der Anteil der Expressfracht im jeweiligen Flugzeug ist. Dies zu fordern und im Vollzug überwachen zu lassen, ist nicht Aufgabe der Luftverkehrsbehörde und ginge an der Realität vorbei. Maßgeblich ist vielmehr die Bilanz aller nächtlichen Flugbewegungen (Urteil vom 24. Juli 2008 a. a. O. Rn. 61).
[213] Nach der Senatsrechtsprechung müssen hiernach drei kumulative Voraussetzungen für die Zulassung des "Mitziehens" konventioneller Fracht erfüllt sein: Erstens muss ein standortspezifischer Nachtflugbedarf für Expressfracht bestehen. Zweitens muss der nächtliche Frachtverkehr in der Bilanz aller nächtlichen Flugbewegungen weit überwiegend in einer das Frachtdrehkreuz prägenden Weise dem Transport von Expressfracht dienen. Drittens muss der jeweilige Flug logistisch in das Luftfrachtzentrum eingebunden sein.
[214] Allein auf die erste Voraussetzung – den Nachtflugbedarf für Expressfracht – bezieht sich die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, der Planfeststellungsbeschluss beruhe zu Recht auf der "Annahme, dass für die 17 planmäßigen Flüge je Nacht in der Zeit zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr grundsätzlich ein standortspezifischer Nachtflugbedarf besteht" (juris Rn. 756). Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof insoweit den festgestellten standortspezifischen Nachtflugbedarf nicht ausdrücklich auf Expressfracht bezogen hat, liegt dieser Bezug doch auf der Hand. Das ergibt sich zum einen daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung explizit an die Entscheidung des Senats zum Flughafen Leipzig/Halle angelehnt hat, und zum anderen auch daraus, dass die Planfeststellungsbehörde in der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Passage in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses nur den standortspezifischen Nachtflugbedarf für Expressfracht – nach der Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs "überzeugend" – dargelegt hat. Nur hierauf erstreckt sich deshalb die Bindungswirkung dieser Feststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO, die der Beklagte und die Beigeladene in den Vordergrund rücken.
[215] Demgegenüber zielt die Beanstandung des Verwaltungsgerichtshofs ersichtlich auf die zweite Voraussetzung, also darauf, dass der nächtliche Frachtverkehr in der Bilanz aller nächtlichen Flugbewegungen weit überwiegend in einer das Frachtdrehkreuz prägenden Weise dem Transport von Expressfracht dienen muss. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs "konkret-zahlenmäßig" weder im Planfeststellungsbeschluss noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt worden.
[216] Anders als der Beklagte und die Beigeladene meinen ist diese weitere Voraussetzung nicht bereits dadurch erledigt, dass der Verwaltungsgerichtshof "grundsätzlich" das Bestehen eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs bestätigt hat. Angesichts des kumulativen Verhältnisses beider Voraussetzungen genügt es nicht, einen "grundsätzlichen" standortspezifischen Bedarf für Expressfrachtflüge darzulegen. Erforderlich ist darüber hinaus, dass der das Frachtdrehkreuz prägende Expressfrachtanteil in der Bilanz aller nächtlichen Flugbewegungen weit überwiegt.
[217] Die Beigeladene kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, der Senat habe es in seiner Rechtsprechung über diese generellen Maßgaben hinaus ausdrücklich anerkannt, dass im konkreten Einzelfall – abhängig von der Funktion des einzelnen Flughafens – auch eine Gleichstellung von allgemeinem Frachtverkehr und Expressfrachtverkehr rechtmäßig sein könne, und dass von dem engeren Erfordernis des "Mitziehens" in diesem Zusammenhang keine Rede mehr sei. Mit diesem Einwand bezieht sich die Beigeladene ausdrücklich auf Rn. 95 des Urteils des Senats vom 24. Juli 2008 (a. a. O.) zum Flughafen Leipzig/Halle. Der Senat hatte dort die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, "hinsichtlich der Gestattung von Nachtflugbetrieb den allgemeinen Frachtverkehr mit dem Expressfrachtverkehr gleichzusetzen", zwar in der Tat als abwägungsfehlerfrei angesehen. Das bezog sich jedoch ausdrücklich nur auf den dritten Schritt der Abwägung, in dem die Planfeststellungsbehörde "des Weiteren" die Auswirkungen des gesamten nächtlichen Frachtverkehrs den gegenläufigen Interessen der Flughafenanwohner am Schutz der Nachtruhe gegenübergestellt hatte. Von einer Aufweichung der Anforderungen an die Ermittlung und den Nachweis eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs als dem ersten Schritt in der Abwägung (Urteil vom 24. Juli 2008 a. a. O. Rn. 57 ff.) kann deshalb keine Rede sein. Von diesem Erfordernis als Einstiegsvoraussetzung für eine abwägungsfehlerfreie Zulassung von Flugbetrieb in der Kernzeit der Nacht ist der Senat ebenso wenig abgerückt wie von dem Erfordernis eines weit überwiegenden Expressfrachtanteils als Voraussetzung für das "Mitziehen" konventioneller Fracht.
[218] Dass für den Flughafen Frankfurt Main wegen seiner Verkehrsbedeutung weniger strenge Anforderungen an die Zulassung nächtlicher Frachtflüge gelten könnten, zeichnet sich für den Senat vor dem Hintergrund der Regelung des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG und im Hinblick auf das in Frankfurt deutlich dichter besiedelte und stärker betroffene Flughafenumfeld nicht ab.
[219] In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die fehlende Darlegung eines in der Bilanz aller nächtlichen Flugbewegungen weit überwiegenden Expressfrachtanteils beanstandet. Die Zulassung von Nachtflugbetrieb in den Kernstunden der Nacht bedarf vor dem Hintergrund des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG eines besonderen Nachweises des Vorliegens der Rechtfertigungsvoraussetzungen. Die Planfeststellungsbehörde darf derartigen Nachtflugbetrieb nur zulassen, wenn sie sich vom Vorliegen der hierfür erforderlichen strengen Voraussetzungen überzeugt hat. Dieses Erfordernis impliziert, dass das hierfür maßgebliche Abwägungsmaterial im Abwägungsvorgang in geeigneter Weise ermittelt und aufbereitet wurde. Verzichtet sie hierauf, ist die Nachtflugregelung bereits deswegen fehlerhaft. Die Last der Planfeststellungsbehörde, die abwägungserheblichen Belange vollständig zu ermitteln und zu bewerten, berechtigt das Tatsachengericht, bereits dann einen Fehler im Abwägungsvorgang anzunehmen, wenn rechtfertigende Gründe in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses nicht dokumentiert sind und auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeliefert werden. Insoweit eine Amtsermittlungspflicht des Tatsachengerichts annehmen zu wollen, wie dies der Beklagte und die Beigeladene tun, verkennt die rechtlichen Anforderungen des Abwägungsgebots. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, der Planfeststellungsbehörde bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials behilflich zu sein.
(3) Zulassung von Passagierflügen in der Mediationsnacht
[220] Die übergangsweise und nachrangige Zulassung von Passagier- und Touristikflügen in der Mediationsnacht hat der Verwaltungsgerichtshof wegen Verstoßes gegen § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ebenfalls zu Recht als abwägungsfehlerhaft beanstandet.
[221] Der Verwaltungsgerichtshof hat den Planfeststellungsbeschluss dahin ausgelegt, dass in der Mediationsnacht bis zur Ausschöpfung des Flugbewegungskontingents durch den bevorrechtigten Fracht- und Postverkehr auch Touristik- und Passagierflüge übergangsweise zugelassen sind. Dem verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses lässt sich diese Regelung zwar nur andeutungsweise entnehmen. Aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, dass Touristik- und Passagierflüge übergangsweise bis zur Ausschöpfung des Kontingents von 17 Flügen durch den bevorrechtigten Fracht- und Postverkehr zulässig sein sollen. Diese Regelungsabsicht hat auch der Beklagte ausdrücklich bestätigt. Soweit die Beigeladene vorträgt, anders als der Verwaltungsgerichtshof es darstelle, habe die Planfeststellungsbehörde keine Passagier- bzw. Touristikflüge bis zur Ausschöpfung des Kontingents durch Post- und Frachtflüge zugelassen, sondern einen Vorrang von Luftfahrzeugen im ausschließlichen Luftfracht- bzw. Luftpostverkehr im Rahmen der verfügten Bemessungshöchstgrenze verfügt, ist unverständlich, worauf dieser Vortrag zielt.
[222] Die Rüge des Beklagten, die Behauptung des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde habe sich mit der grundsätzlichen Zulassung von Passagierflügen in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr in einen nicht auflösbaren Widerspruch zu ihrer grundsätzlichen und zutreffenden Bewertung gesetzt, dass insoweit den Lärmschutzbelangen der Vorrang einzuräumen sei, sei aktenwidrig, geht mangels Entscheidungserheblichkeit ins Leere. Denn der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 759) hat die Zulassung von Passagierflügen in der Mediationsnacht selbständig tragend auch deshalb für abwägungsfehlerhaft gehalten, weil sich die als Übergangsregelung gedachte Zulassung von Passagierflügen mit den Lärmschutzbedürfnissen nicht vereinbaren lasse. Diese selbständig tragende Begründung steht mit Bundesrecht im Einklang.
[223] Nach ständiger Senatsrechtsprechung bedarf die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses in den Kernstunden der Nacht gesteigerter Rechtfertigung (Urteil vom 9. November 2006 – BVerwG 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95 Rn. 53 m. w. N.). Erforderlich ist ein standortspezifischer Nachtflugbedarf, der im Unterschied zur Mehrzahl der anderen deutschen Flughäfen einen unbeschränkten Nachtflugbetrieb zu rechtfertigen geeignet ist. Ein allgemeines Verkehrsbedürfnis reicht demgegenüber nicht aus, um diesen Verkehren die Möglichkeit zum Nachtflugbetrieb zu bieten (Urteil vom 9. November 2006 a. a. O. Rn. 71 unter Bezugnahme auf Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 271).
[224] Gemessen hieran ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Planfeststellungsbehörde getroffene Regelung, in der Mediationsnacht bis zur Ausschöpfung des Flugbewegungskontingents durch den bevorrechtigten Fracht- und Postverkehr übergangsweise auch Touristik- und Passagierflüge zuzulassen, gegen die Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG verstößt und abwägungsfehlerhaft ist. Einen standortspezifischen Nachtflugbedarf hat der Senat bisher – abgesehen von besonderen Bedarfslagen wie Regierungs- oder Katastrophenschutzflügen – ausschließlich für Frachtflüge zum Transport von Expressfracht anerkannt (Urteile vom 9. November 2006 a. a. O. Rn. 53 und vom 24. Juli 2008 – BVerwG 4 A 3001.07 – BVerwGE 131, 316 Rn. 59). Hinsichtlich des Linien-, Charter- und Touristikverkehrs hat er demgegenüber die Verhältnisse auf den meisten deutschen Flughäfen mit nächtlichen Flugbeschränkungen als Beleg dafür gewertet, dass sich dieser durchweg ohne existenzgefährdende Einbußen außerhalb der Kernzeit der Nacht abwickeln lässt (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 281). Jedenfalls was den Flughafen Leipzig/Halle anbetraf, konnten nach Auffassung des Senats Verkehre, die nicht dem Transport von Expressfracht dienen, die Durchführung von Flugverkehr in der Nachtkernzeit grundsätzlich nicht rechtfertigen (Urteile vom 9. November 2006 a. a. O. Rn. 68 und vom 24. Juli 2008 a. a. O. Rn. 61).
[225] Etwaige Besonderheiten des Flughafens Frankfurt Main, die es rechtfertigen könnten, die Interessen seiner Betreiber und Nutzer in den Kernstunden der Nacht auf Kosten der gewichtigen Lärmschutzbelange der Anlieger in ungleich stärkerem Umfang zu fördern (zu diesen Maßstäben vgl. Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 281), hat die Planfeststellungsbehörde nicht aufgezeigt. Zwar hat sie angeführt, der Touristikflugbetrieb stelle auf dem Flughafen Frankfurt Main "ein weiteres Verkehrssegment mit wesentlichen Verkehrsanteilen in der Mediationsnacht" dar, das, wenngleich die Nachtbeförderung hier – anders als im Fracht- und Postflugbereich – nicht das besondere Leistungsmerkmal der Flüge sei, besondere standortspezifische Gründe für zumindest einen Teil der Flugoperationen in Anspruch nehmen könne. Als Beleg hierfür nennt sie die besondere Größe des Touristikmarkts auf dem Flughafen Frankfurt Main und das besondere Maß der Veranstalterbindung, die Abhängigkeiten der touristischen Luftverkehrsdienste von der touristischen Logistikkette sowie strukturelle Gründe für Nachtflüge im Touristikbereich wie Preissensitivität und Geschäfts- und Wartungsschwerpunkte am Flughafen Frankfurt Main (S. 1161 ff.), die sie selbst aber zumindest hinsichtlich des Passagierlinienverkehrs ohnehin stark relativiert (Planfeststellungsbeschluss S. 1161 ff.). Dargelegt wird damit lediglich ein allgemeines Verkehrsbedürfnis. Die genannten Gründe mögen überdies teilweise auch den Anforderungen für Flugbewegungen in den Nachtrandstunden genügen. Darüber hinausgehende, im Unterschied zur Mehrzahl der anderen großen deutschen Flughäfen bestehende Besonderheiten am Flughafen Frankfurt Main lassen sich dieser Begründung indes nicht entnehmen.
[226] Es ist auch weder vom Verwaltungsgerichtshof festgestellt noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss Passagierflüge in den Kernstunden der Nacht zulässt, damit die Passagierflugzeuge auch Expressfracht transportieren können, um damit die Funktionsfähigkeit des Expressfrachtstandortes zu gewährleisten. Im Gegenteil kommt im Planfeststellungsbeschluss zum Ausdruck, dass Touristik- und Passagierflüge in den Kernstunden der Nacht auch unabhängig vom Fracht- und Postverkehr zulässig sein sollen, nämlich allein zur Ausschöpfung des von den bevorrechtigten Fracht- und Postflügen nicht in Anspruch genommenen Teils des zugelassenen Flugbewegungskontingents von 17 Flügen pro Nacht.
[227] Daraus folgt, dass prognostizierte Passagier- und Touristikverkehre weder für sich genommen noch als ein vom Expressfrachtverkehr "mitgezogener" Bedarf in der Lage sind, die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses in den Kernstunden der Nacht im Sinne eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs zu rechtfertigen. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Planfeststellungsbehörde habe nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs den für das Prognosejahr 2020 angenommenen Nachtflugbedarf von 17 planmäßigen Flügen "grundsätzlich" durch eine entsprechende Zahl prognostizierter Fracht- und Postflüge dargelegt, weshalb innerhalb des durch Fracht- und Postflüge gerechtfertigten Bewegungskontingents übergangsweise und nachrangig der Touristik- und Passagierlinienverkehr zulässig sei, sofern er die Homebase-Klausel erfülle. Der ermittelte standortspezifische Bedarf – darauf weist der Beklagte selbst hin – ist nicht nur Grundlage und Rechtfertigung der beschränkten Zulassung von Nachtflugverkehr, sondern auch Maßvorgabe für seine Begrenzung. Ein durch Fracht- und Postflüge segmentspezifisch gerechtfertigter Nachtflugbedarf darf nur segmentspezifisch bedient werden. Deshalb verbietet es sich, ein durch Fracht- und Postflüge mit Blick auf ein bestimmtes Prognosejahr gerechtfertigtes Kontingent bis zur Realisierung der Prognose übergangsweise mit segmentfremden Flügen aufzufüllen. Denn jede, also auch eine übergangsweise Zulassung von Touristik- und Passagierflügen in den Kernstunden der Nacht bedarf einer an § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu messenden besonderen Rechtfertigung. Wenn sich also für die übergangsweise zugelassenen Passagier- und Touristikflüge – wie hier – nicht ein standortspezifischer Nachtflugbedarf nachweisen lässt, ist eine entsprechende Übergangsregelung abwägungsfehlerhaft.
[228] Soweit der Beklagte geltend macht, die Planfeststellungsbehörde habe auch für Passagierflüge einen standortspezifischen Bedarf angenommen, beachtet er nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof keine dahingehenden Feststellungen getroffen, sondern im Gegenteil eine den Anforderungen des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG entsprechende Rechtfertigung gerade verneint hat. Soweit der Beklagte und die Beigeladene die Übergangsregelung ferner damit zu rechtfertigen versuchen, dass ein Übergangszeitraum erforderlich sei, in dem sich die Fluggesellschaften auf die verschärften Nachtflugbedingungen einstellen könnten, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angemerkt (juris Rn. 759), dass die Fluggesellschaften bereits bis zur Inbetriebnahme der neuen Landebahn hinreichend Gelegenheit hatten, ihre Betriebsabläufe an die neue Regelung anzupassen.
[229] Der Beklagte und die Beigeladene können für sich auch nichts aus dem Umstand herleiten, dass am Flughafen Frankfurt Main schon bisher Nachtflug zulässig war, und zwar in einem deutlich größeren Umfang als nach der Nachtflugregelung des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses. Durch den Planfeststellungsbeschluss werden die Voraussetzungen für einen insgesamt weit umfangreicheren Flugbetrieb geschaffen. Für etwaige Bestandsschutzerwägungen ist insoweit kein Raum (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 285). Rechtlich handelt es sich also gerade nicht um eine Einschränkung des bisher zulässigen Nachtflugbetriebs, die Übergangs- und Vorrangregelungen einschließt, sondern um die Zulassung eines neuen Gesamtvorhabens, das in seiner veränderten Gestalt den rechtlichen Anforderung vollumfänglich entsprechen muss.
[230] Der Beanstandung der übergangsweisen Zulassung von Touristik- und Passagierflügen bis zur Ausschöpfung des Flugbewegungskontingents kann schließlich auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass es sich insoweit nur um eine geringe Zahl von Flugbewegungen handele, oder dass die Nachtruhe bereits durch den Expressfrachtverkehr gestört werde. Jeder zusätzliche Flug bedeutet eine zusätzliche Belastung, jeder Flug, der unterbleibt, eine Entlastung (vgl. Urteil vom 9. November 2006 – BVerwG 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95 Rn. 76). Das gilt erst recht, wenn – wie hier und im Unterschied zu dem nächtlichen Expressfrachtdrehkreuz Leipzig/Halle – nur einige wenige Expressfrachtflüge zur Begründung eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs herangezogen werden können.
(4) Gesamtbetrachtung des Lärmschutzkonzepts
[231] Die Zulassung von 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht ist mithin bereits deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Regelung den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz nicht gerecht wird. Diese ergeben sich unmittelbar aus § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG und gelten unabhängig von der Ausgestaltung des Lärmschutzkonzepts im Übrigen. Unberechtigt ist deshalb die Rüge des Beklagten und der Beigeladenen, der Verwaltungsgerichtshof habe die gebotene Gesamtbetrachtung des Lärmschutzkonzepts des Planfeststellungsbeschlusses unterlassen und verletze dadurch § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG, weil die Entscheidung darüber, ob ein Lärmschutzkonzept oder ein Bestandteil davon gegen das Abwägungsgebot verstößt, nur getroffen werden könne, wenn das gesamte Schutzkonzept in den Blick genommen werde.
cc) Verstärkung der Gewichtungsvorgabe durch die Landesplanung
[232] Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde habe verkannt, dass die schützende Wirkung des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG durch Festlegungen der Landesplanung verstärkt werde, ist bundesrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
(1) Verhältnis Ziele – Grundsätze der Raumordnung
[233] Es verstößt nicht gegen das raumordnungsrechtliche Typensystem, dass der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 767) den Plansatz in Nr. III. 1 der LEP-Änderung 2007 als Grundsatz der Raumordnung mit dem Inhalt eines "grundsätzlichen Verbots planmäßiger Flüge in der Zeit zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr" ausgelegt hat.
[234] "Grundsätze der Raumordnung" sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG "Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen". Bei raumbedeutsamen Planungen und Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen sind sie gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ROG zu "berücksichtigen". Im Unterschied zu den "Zielen der Raumordnung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG stellen Grundsätze keine landesplanerische Letztentscheidung dar. Die verbindliche Rechtsgeltung einer bestimmten Planaussage ist dem Rechtscharakter eines Grundsatzes der Raumordnung fremd. Vielmehr haben sie den Rang eines Abwägungsbelangs. Grundsätze und Ziele der Raumordnung liegen deshalb nicht auf einem Kontinuum des mehr oder weniger Verbindlichen. Sie sind nach dem Typensystem der Raumordnung vielmehr kategorial unterschiedlich (Steinberg, NVwZ 2010, 273 [276]).
[235] "Grundsätze der Raumordnung" können allerdings auch konkretisierende Gewichtungsvorgaben enthalten und dadurch – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat – den im Rahmen der Abwägung eröffneten Gestaltungsspielraum der nachgeordneten Planungsebene sehr weit – gegebenenfalls sogar auf annähernd Null – einschränken (vgl. Urteile vom 18. September 2003 – BVerwG 4 CN 20.02 – BVerwGE 119, 54 [58] und vom 20. November 2003 – BVerwG 4 CN 6.03 – BVerwGE 119, 217 [222 f.]). Der Typus eines Grundsatzes der Raumordnung wird erst verlassen, wenn der Plangeber – etwa im Sinne eines Ziels mit Regel-Ausnahme-Struktur – den Verbindlichkeitsanspruch des Plansatzes tatbestandlich selbst abschließend geregelt hat. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof vorliegend nicht ausgegangen. Er hat Ausnahmen von der Gewichtungsvorgabe als gerechtfertigt angesehen, wenn außergewöhnliche Betriebsbedingungen vorliegen, die im Zeitpunkt der Landesplanung wegen fehlender Detailschärfe nicht vorhersehbar waren und damit von der Regelungsabsicht der Landesplanung auch nicht umfasst sein konnten. Das ist mit dem Instrument eines Grundsatzes der Raumordnung vereinbar (a. A. Steinberg, a. a. O.).
[236] Soweit der Beklagte Aktenwidrigkeit des Auslegungsergebnisses rügt, bleibt diese Rüge bereits deshalb erfolglos, weil die Auslegung eines Rechtssatzes des Landesrechts ein Vorgang rechtlicher Bewertung und nicht schlichte Tatsachenfeststellung ist.
(2) Verhältnis Landesplanung – Fachplanung
[237] Eine landesplanerische Gewichtungsvorgabe im Sinne eines "grundsätzlichen Verbots" planmäßiger Flüge in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr widerspricht auch nicht dem Verhältnis von Landesplanung und luftverkehrsrechtlicher Fachplanung.
[238] Neben der Sache liegt der Einwand der Beigeladenen, das Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs laufe der ausschließlichen luftverkehrsrechtlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes zuwider. Die in Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG geregelte Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr nimmt der Träger der Landesplanung für sich weder der Form noch der Sache nach in Anspruch.
[239] Eine Verkennung des generellen Verhältnisses von Fachplanung und Landesplanung, die der Beklagte und die Beigeladene rügen, ist ebenfalls nicht festzustellen. Eine landesplanerische Gewichtungsvorgabe, die ein "grundsätzliches Verbot" planmäßiger Flüge in der Zeit zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr zum Gegenstand hat, fällt jedenfalls dann, wenn sie – wie hier durch Festlegung eines Vorranggebiets – auf eine konkrete landesplanerische Standortsicherung bezogen ist, in den Aufgabenbereich und die Regelungskompetenz der Raumordnungsbehörden. Der Entscheidungsspielraum der Fachplanungsbehörde wird durch die Wahrnehmung dieser Kompetenz nicht in bundesrechtswidriger Weise eingeengt.
[240] Eine Gewichtungsvorgabe im Sinne eines grundsätzlichen Verbots planmäßiger Flüge für einen landesplanerisch gesicherten Standort ist ein landesplanerisch zulässiges Mittel zur Bewältigung voraussehbarer Lärmkonflikte an diesem Standort. In seinem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 Rn. 155) hat der Senat dargelegt, dass die Landesentwicklungsplanung nur die Mittel einsetzen kann, die ihr das Raumordnungsrecht zur Verfügung stellt. Raumordnung ist auf die Ordnung und Entwicklung des Raums angelegt. Der Gesetzgeber hat der Raumordnung daher die Kompetenz zur überfachlichen und überörtlichen, zusammenfassenden Gesamtplanung verliehen und dies mit einem Koordinierungs-, Ordnungs- und Entwicklungsauftrag verbunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ROG). Dieser Auftrag zielt auf den Ausgleich konkurrierender Ansprüche an die Raumnutzung. Der Standort für den Ausbau eines internationalen Verkehrsflughafens schafft Nutzungskonflikte, die in der Regel bereits auf der übergeordneten Ebene der Landesplanung ein öffentliches Planungsbedürfnis auslösen. Sie stellt deshalb vorrangig eine raumordnerische Entscheidung dar (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 71).
[241] Sofern der Träger der Landesplanung den Standort für den Ausbau eines internationalen Verkehrsflughafens durch Ausweisung eines Vorranggebiets sichert, den Standort aber wegen der drohenden Nutzungskonflikte nur unter der Voraussetzung landesplanerisch für vertretbar hält, dass diese durch geeignete Betriebsregelungen in einer raumverträglichen Weise bewältigt werden, erstreckt sich der Aufgaben- und Kompetenzbereich der Landesplanung auch hierauf. Auch insoweit geht es um den Ausgleich der im Raum konkurrierenden Nutzungsansprüche, konkret um den Ausgleich der Nutzungsansprüche der Flughafennutzer einerseits und der Nutzungsansprüche der vom Fluglärm betroffenen Grundeigentümer und Träger kommunaler Selbstverwaltung in der Umgebung des Flughafens andererseits. Auch die Bewältigung eines standortbezogenen Fluglärmkonflikts unterfällt dem Koordinierungs-, Ordnungs- und Entwicklungsauftrag der Raumordnung.
[242] Dem Träger der Landesplanung wäre es allerdings verwehrt, selbst eine Betriebsregelung für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zu erlassen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof im Grundsatz ebenso gesehen; zumindest hat er es für zweifelhaft gehalten, ob in einem Raumordnungsplan unmittelbar Betriebsregelungen für einen Flughafen festgelegt werden dürften (juris Rn. 765). Er hat indes angenommen, dass es dem Träger der Landesplanung nicht um eine Betriebsregelung gegangen sei, sondern vielmehr darum, den Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde beim Erlass der Betriebsregelung für die Mediationsnacht einzuschränken. Der Rahmen der durch das Raumordnungsrecht zur Verfügung gestellten Instrumente ist damit nicht verlassen. Der – für sich genommen – berechtigte Einwand des Beklagten, es genüge, wenn die Landesplanung auf ihrer Ebene vorausschauend prüfe, ob die Lärmschutzprobleme, die durch den gesicherten Standort hervorgerufen werden können, auf der Fachplanungsebene beherrschbar sein werden, stellt dies nicht in Frage.
[243] Eine bundesrechtswidrige Einschränkung der Kompetenz der Fachplanungsbehörde ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs in Nr. III. 1 der LEP-Änderung 2007 enthaltene Gewichtungsvorgabe den Abwägungsspielraum der Planfeststellungsbehörde sehr weit – gegebenenfalls auf annähernd Null – einschränke. Für den Fall einer zielförmigen Festlegung des Standortes eines Flughafens hat der Senat (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 77) den erforderlichen fachplanerischen Entscheidungsspielraum als gewährleistet angesehen, weil im Rahmen der fachplanerischen Abwägung auch "raumordnungsexterne" Belange zu berücksichtigen sind, die auf der Ebene der Landesplanung in dieser Ausprägung und Detailschärfe (noch) nicht erkennbar oder nicht von Bedeutung waren. Nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs hält der Plansatz in Nr. III. 1 der LEP-Änderung 2007 eine Öffnung für "raumordnungsexterne" Belange vor, namentlich für "außergewöhnliche Betriebsbedingungen …, die im Zeitpunkt der Landesplanung wegen fehlender Detailschärfe nicht vorhersehbar waren". Sie können auch im vorliegenden Fall für sich betrachtet oder in ihrer Gesamtheit so gewichtig sein, dass sich die landesplanerische Gewichtungsvorgabe in der fachplanerischen Abwägung nicht durchsetzt. Aus diesem Grunde war der Planfeststellungsbehörde trotz der vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen landesplanerischen Gewichtungsvorgabe ein für die Erfüllung der ihr eingeräumten Planungsbefugnisse ausreichender Planungsspielraum gewährleistet.
(3) Verhältnis zu § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG
[244] Ein "grundsätzliches Verbot" planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht, wie es die LEP-Änderung 2007 in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs vorsieht, ist auch mit § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG vereinbar. Dieser Bestimmung misst der Senat – wie dargestellt – in ständiger Rechtsprechung die Qualität einer Gewichtungsvorgabe für die Abwägung bei, die ein Zurückdrängen der Lärmschutzinteressen der Nachbarschaft an gesteigerte Rechtfertigungsanforderungen knüpft. Sind diese Anforderungen erfüllt, weil der Nachweis eines standortspezifischen Nachtflugbedarfs für eine bestimmte Anzahl von Flügen in den Kernstunden der Nacht erbracht ist, ist die Zulassung dieser Flüge noch keineswegs zwingende Rechtsfolge, sondern das Ergebnis einer abschließenden Abwägung dieses Bedarfs mit den widerstreitenden Lärmschutzinteressen der Nachbarschaft, bei der auch landesplanerische Gewichtungsvorgaben zu berücksichtigen sind.
dd) Weitere Abwägungsgesichtspunkte
[245] Auch soweit der Verwaltungsgerichtshof weitere Abwägungsgesichtspunkte, die die Planfeststellungsbehörde zur Rechtfertigung der Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Mediationsnacht anführt, als abwägungsfehlerhaft beanstandet hat (juris Rn. 760 ff.), ist ein Bundesrechtsverstoß nicht auszumachen.
(1) "Innere Konsistenz" des Planfeststellungsbeschlusses
[246] Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 760), der Planfeststellungsbeschluss sei auch abwägungsfehlerhaft, weil die Planfeststellungsbehörde gemeint habe, der Planfeststellungsbeschluss verliere seine innere Konsistenz, wenn einerseits eine neue Landebahn zur Stärkung der Drehkreuzfunktion des Flughafens Frankfurt Main errichtet werden solle, aber andererseits das für die Aufrechterhaltung dieser Funktion unerlässliche Kontingent an nächtlichen Frachtflügen wegfallen würde.
[247] Der Verwaltungsgerichtshof hält dieser Erwägung der Planfeststellungsbehörde entgegen, dass die Beigeladene ihren Antrag auf ein Betriebskonzept gestützt habe, das ausdrücklich auf planmäßige Flüge – auch Frachtflüge – in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr verzichte. Wenn die Beigeladene auf der Basis dieses Antrags für die Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main bereits ganz erhebliche Investitionen getätigt habe und weitere tätigen wolle, sei das als ein sicherer Beleg dafür zu werten, dass die mit dem Ausbau verfolgten Planungsziele, insbesondere die Sicherung und Stärkung der Drehkreuzfunktion, auch im internationalen Wettbewerb ohne planmäßige Flüge zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr erreicht werden könnten. Entgegen der Kritik des Beklagten und der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof damit nicht etwa das Betriebskonzept der Beigeladenen zum alleinigen Anknüpfungspunkt der Abwägung und zum alleinigen Maßstab für das Erreichen der Planungsziele gemacht. Vielmehr geht es genau umgekehrt darum, dass die Planfeststellungsbehörde ein Flugkontingent in den Kernstunden der Nacht mit Blick auf die innere Konsistenz des Planfeststellungsbeschlusses für unverzichtbar hielt, ohne zu berücksichtigen, dass die Beigeladene als Vorhabenträgerin meinte, gänzlich ohne Flüge in der Kernzeit der Nacht auskommen zu können.
[248] Soweit in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 1207 f. und Überschrift Kapitel 6. 1. 7. 6. 2. 2 "Unangemessenheit eines vollständigen Nachtflugverbots") die Auffassung anklingt, die der Senat in seiner Entscheidung zum Flughafen München II (Urteil vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 [368]) vertreten hatte, nämlich dass ein völliges Nachtflugverbot mit der Widmung eines internationalen Großflughafens nicht zu vereinbaren wäre, und eine Planungsentscheidung, die trotz eines solchen vorgegebenen Widmungszwecks aus Lärmschutzgründen ein – hier ohnehin nicht vorgesehenes – absolutes Nachtflugverbot verhängen würde, in sich widersprüchlich und demzufolge rechtswidrig wäre, hat er an dieser Auffassung bereits in seinem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 Rn. 271) nicht mehr festgehalten.
(2) Lärmmedizinische Erwägungen
[249] Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof die lärmmedizinischen Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses im Zusammenhang mit der Zulassung der 17 planmäßigen Flüge in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr für abwägungsfehlerhaft gehalten hat.
[250] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 761) hat festgestellt, nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses solle die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Zeit von 23. 00 bis 5. 00 Uhr auch dazu beitragen, die Nachtrandstunden zu entlasten, sowie auf eine allmähliche Abnahme der Lärmereignisse in der ersten Nachtzeitscheibe und ein zurückhaltendes Wiederaufleben am frühen Morgen hinwirken, was lärmmedizinisch wünschenswert sei. Diese Argumentation sei abwägungsfehlerhaft, weil sie sachlich nicht zutreffe. Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen zwischen 23. 00 und 5. 00 Uhr werde sich langfristig auch unter diesem Aspekt erheblich nachteilig auswirken. Da das Kontingent nach der Intention der Planfeststellungsbehörde langfristig ausschließlich dem Frachtsegment zugutekommen solle und die Notwendigkeit dieser Flugbewegungen dem sog. Nachtsprung geschuldet sei, müsse damit gerechnet werden, dass sich die zugelassenen Flüge in der Mitte der Nacht bündelten und lärmmedizinisch besonders nachteilig auswirkten.
[251] Die hiergegen erhobene Rüge der Aktenwidrigkeit ist nicht begründet. Der Beklagte räumt selbst ein, dass nach dem Gutachten der TUHH die interkontinentalen Frachtflüge eine Spitze zwischen 2. 00 und 3. 00 Uhr aufweisen. Dass dies wegen der Regelung in Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses nur Starts sein dürfen, ändert nichts daran, dass der Gutachter in diesem Zeitraum eine Frachtflugspitze bestätigt. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten als wahr unterstellt, dass kontinentale Frachtflüge, die von dieser Einschätzung des Gutachters nicht erfasst sind, etwa 1/4 des Frachtflugbedarfs in der Mediationsnacht ausmachen, stellt dies die gutachterlich bestätigte Frachtflugspitze in der Zeit von 2. 00 bis 3. 00 Uhr nicht grundlegend in Frage.
[252] Als Beleg für die angebliche Aktenwidrigkeit von vornherein ungeeignet sind die vom Beklagten und der Beigeladenen angeführten flankierenden Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses an die Lärmzertifizierung der in der Nacht zugelassenen Flugzeuge sowie die Regelungen zum Schutz besiedelter Gebiete und zur Verteilung der Flugbewegungen (Teil A II 4. 1. 1 und 4. 1. 2), weil sich diese auf die gesamte Mediationsnacht (und zum Teil darüber hinaus) erstrecken.
[253] Nur ergänzend sei angemerkt, dass die Skepsis des Verwaltungsgerichtshofs gegenüber den lärmmedizinischen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde auch aus anderen Gründen berechtigt erscheint. Eine Regelung, die die (erweiterte) Kernzeit der Nacht mit Flugbewegungen belastet, um die Nachtrandstunden zu entlasten, kommt nicht nur mit der in seiner Entscheidung zum Flughafen Berlin-Schönefeld (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 288) formulierten rechtlichen Wertung des Senats in Konflikt, der zufolge der Lärmschutz in den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit zwischen 22. 00 und 23. 00 Uhr nicht dasselbe hohe Gewicht wie für den Zeitraum zwischen 0. 00 und 5. 00 Uhr besitzt. Es erscheint auch fachlich nicht gerade naheliegend, dass eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Durchbrechung einer absoluten Fluglärmpause in der Mediationsnacht lärmmedizinisch günstiger sein soll als eine zwar um die gleiche Zahl an Flugbewegungen zusätzlich belastete Nachtrandstunde, die dort prozentual aber kaum ins Gewicht fallen. Warum man besser einschlafen können soll, wenn es länger laut ist und ein zuvor erhofftes allmähliches Abklingen der Lärmemissionen kaum wahrnehmbar ist, vermag nicht recht einzuleuchten. Bei der Nachtflugregelung am Flughafen Berlin-Schönefeld jedenfalls ist die Planfeststellungsbehörde nach den Vorgaben des Senats den umgekehrten Weg gegangen und hat das weitgehende Flugverbot in der Kernnacht als Rechtfertigung für die Zulassung von Flügen in den Nachtrandstunden angesehen (Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 200).
(3) Gesamtlärmbelästigung
[254] Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, es sei abwägungsfehlerhaft, dass die Planfeststellungsbehörde zur Begründung ihrer Nachtflugregelung hervorhebe, flugbetriebliche Regelungen für die Nachtzeit dürften allein aus den verfolgten Nachtschutzzielen hergeleitet werden.
[255] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 762) hat zunächst die Auffassung der Planfeststellungsbehörde (S. 1079 f.) bestätigt, dass keine Möglichkeit einer "Verrechnung" zwischen unterschiedlichen Intensitäten der Lärmbelastung bestehe. Um diese Problematik gehe es hier – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – aber nicht. Jedenfalls bei ihrer abschließenden Entscheidung über die Nachtflugregelung insgesamt habe die Planfeststellungsbehörde nach den Anforderungen des Abwägungsgebots alle für und gegen die Regelung streitenden Belange gegen- und untereinander abzuwägen. Danach sei sie auch bei der Regelung des Flugbetriebs in der Kernzeit der Nacht gehalten, gravierende Lärmbelastungen am Tag in die planerische Abwägung einzustellen. Jede einzelne Betriebsregelung müsse vor dem Hintergrund der gewaltigen Gesamtlärmbelastung gesehen und bewertet werden. Das gelte erst recht für die besonders schutzwürdige Nachtruhe von 23. 00 bis 5. 00 Uhr. Der Verwaltungsgerichtshof unterstellt damit der Planfeststellungsbehörde in tatsächlicher Hinsicht, dass sie bei der Regelung des Flugbetriebs in der Kernzeit der Nacht die "gravierende Lärmbelästigung am Tag" nicht berücksichtigt habe. Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.
[256] Die Bindungswirkung dieser Feststellung scheitert hier nicht daran, dass der Verwaltungsgerichtshof die Nichtberücksichtigung der Taglärmbelastung bei der Abwägung der Planfeststellungsbehörde über die Nachtflugregelung nicht ausdrücklich festgestellt, sondern lediglich unterstellt hat. Eine gerichtliche Tatsachenfeststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO liegt vor, wenn das Tatsachengericht zum Ausdruck bringt, dass es eine bestimmte Tatsache für zutreffend erachtet (Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 55). Das hat der Verwaltungsgerichtshof hier mit hinreichender Deutlichkeit getan.
[257] Die Bindungswirkung gemäß § 137 Abs. 2 VwGO wird auch durch den Revisionsvortrag des Beklagten und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt. In der Sache wenden sie sich lediglich gegen eine – aus ihrer Sicht – unzutreffende Würdigung tatsächlicher Umstände. Aktenwidrigkeit wird damit nicht substantiiert geltend gemacht; sie liegt auch in der Sache nicht vor. Soweit sie die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Möglichkeit einer "Verrechnung" zwischen unterschiedlichen Intensitäten der Lärmbelastung unter Bezugnahme auf S. 1079 der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses thematisieren, ist dies nicht entscheidungserheblich, weil es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs um diese Frage hier gar nicht ging. Die Behauptung des Beklagten, die Gesamtauswirkungen der von der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main ausgehenden Lärmimmissionen seien, anders als der Verwaltungsgerichtshof ausführe, von der Planfeststellungsbehörde gerade auch im Hinblick auf die verfügten Nachtflugbeschränkungen in den Blick genommen worden, findet in S. 2509 der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses keine Stütze. Erst recht ist dort nicht die Rede davon, dass – wie der Verwaltungsgerichtshof es verlangt – "bei der abschließenden Entscheidung über die Nachtflugregelung insgesamt" die gravierenden Lärmbelastungen am Tag in die planerische Abwägung eingestellt worden wären. Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten nicht weiter, der Planfeststellungsbeschluss sei "genau" dem von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorgegebenen Entscheidungsmuster gefolgt.
[258] Wogegen sich die Kritik des Verwaltungsgerichtshofs der Sache nach offensichtlich richtet, ist, dass sich die Planfeststellungsbehörde mit dem Hinweis, sie sei nicht zur "Verrechnung" der unterschiedlichen Intensitäten der Lärmbelastung (am Tag und in der Nacht) berechtigt, auf eine formale Position zurückzieht, ohne die Gesamtlärmbelastung noch einmal substantiell in den Blick zu nehmen. Diese Kritik ist nach den Maßstäben des Abwägungsgebots nicht zu beanstanden, weil die vom Verwaltungsgerichtshof als "gravierend" qualifizierte und auch in der Landesplanung zum zentralen Thema gemachte Gesamtlärmbelastung ein ganz wesentlicher Aspekt der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main ist, der insgesamt, aber auch in die Abwägung jeder einzelnen Betriebsregelung einzubeziehen und entsprechend zu gewichten ist. Um eine Einmischung in die (politische) Entscheidungskompetenz der Planfeststellungsbehörde geht es dabei nicht. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt nur, dass dieser Aspekt in die Abwägung einbezogen wird, gibt aber nicht vor, mit welchem Gewicht er zu bewerten ist.
ee) Abwägungsresistente Belange
[259] Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, einem Verbot planmäßiger Flüge in der Kernnacht stünden keine abwägungsresistenten Belange der Nutzer des Flughafens Frankfurt Main entgegen, ist bundesrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
[260] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 774 f.) hat unter Bezugnahme u. a. auf das Urteil des Senats vom 24. Juli 2008 – BVerwG 4 A 3001.07 – (BVerwGE 131, 316 Rn. 94 f.) angenommen, dass sich der Flughafen Frankfurt Main zu einem wichtigen weltweiten Umschlagplatz für Luftfracht mit Frachteinrichtungen auf dem Flughafengelände und Frachtdienstleistern in der Umgebung des Flughafens entwickelt habe. Diese Umstände seien zwar von hohem Gewicht, aber nicht so gewichtig, dass sie einem Verbot planmäßiger Flüge entgegenstünden, weil eine ganze Region einer ganz beträchtlichen Lärmbelastung ausgesetzt sein werde.
[261] Die Beigeladene macht geltend, die Anforderungen hierfür ließen sich nicht aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts herleiten. Das Bundesverwaltungsgericht betone den Unterschied zwischen der Einschränkung eines bereits bestehenden Betriebs zur Nachtzeit gegenüber dem Fall der Begrenzung eines zukünftigen Nachtflugbetriebs. Die Zurückstellung der Belange der Nutzer bedeute im Falle eines vollentwickelten internationalen Frachtdrehkreuzes wie des Flughafens Frankfurt Main die Entwertung der verkehrlichen Funktion des Drehkreuzes und der insoweit entsprechend getätigten Investitionen. Diese Kritik liegt neben der Sache. Die von der Beigeladenen in Bezug genommene Passage im Urteil des Senats vom 24. Juli 2008 zum Flughafen Leipzig/Halle (a. a. O. Rn. 22) bezieht sich auf die Klagebefugnis. Für die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage lässt sich daraus nichts herleiten.
ff) Erheblichkeit der Abwägungsfehler
[262] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 776) ist zu Recht davon ausgegangen, dass nach alledem ein Abwägungsfehler vorliege, der sich auch als erheblich erweise. Mit Revisionsrügen ist diese Annahme nicht angegriffen.
c) Ergänzendes Verfahren
[263] Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten verpflichtet, über die Zulassung von Flügen in der Mediationsnacht neu zu entscheiden, und auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen verzichtet, weil der Abwägungsfehler nicht die Ausgewogenheit der Planung insgesamt berühre. Die hiergegen erhobenen Revisionsrügen greifen nicht durch.
[264] Nach § 10 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 1 LuftVG führen erhebliche Mängel bei der Abwägung nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 238 m. w. N.) kommt eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nur in Betracht, wenn das Lärmschutzkonzept Defizite aufweist, die so schwer wiegen, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt erscheint. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift kommt es darauf an, ob eine isolierte Fehlerbehebung ohne Auswirkungen auf die Abgewogenheit der Gesamtplanung möglich ist.
[265] Gemessen hieran ist es zwar – wie dargestellt – nicht so, dass – wie der Beklagte und die Beigeladene meinen – der Planfeststellungsbeschluss seine innere Konsistenz verlöre, wenn das Kontingent an Frachtflügen für die Mediationsnacht wegfallen würde; dass die Planfeststellungsbehörde das anders gesehen hat, ist entgegen der Auffassung der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09"] BVerwG 4 C 8.09 für die Rechtsfehlerfolge unerheblich. Es ist aber auch nicht so, dass – wie die Kläger in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09, 4 C 1.10 und 4 C 2.10 der Sache nach meinen – ein komplettes Flugverbot in der Mediationsnacht ein rechtliches Junktim des Flughafenausbaus wäre. Der Spielraum der Planfeststellungsbehörde, in einem ergänzenden Verfahren ein gewisses Kontingent an planmäßigen Frachtflügen in der Mediationsnacht zuzulassen, ist zwar vor dem Hintergrund der enormen Gesamtlärmbelastung im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main aufgrund der Gewichtungsvorgaben in § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG und zusätzlich durch den Plansatz in Nr. III. 1 der LEP-Änderung 2007 sehr weit – in den Worten des Verwaltungsgerichtshofs: auf "annähernd Null" – eingeschränkt, aber eben nicht ganz auf Null reduziert.
4. Zulassung von Flugbewegungen in den Nachtrandstunden
[266] Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen Bundesrecht verstoßen, indem er das für die Gesamtnacht zugelassene Kontingent auch insoweit unbeanstandet gelassen hat, als es – bezogen auf das Kalenderjahr – durchschnittlich 133 planmäßige Flugbewegungen übersteigt.
[267] Der Planfeststellungsbeschluss regelt in Teil A II 4. 1, dass in der Zeit zwischen 22. 00 und 6. 00 Uhr nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchschnittlich 150 planmäßige Flugbewegungen pro Nacht zulässig sind. Der Durchschnittswert darf jeweils bezogen auf das Kalenderjahr nicht überschritten werden. Eine Übertragung nicht zugewiesener bzw. nicht genutzter Zeitnischen in das folgende Kalenderjahr ist nicht gestattet. Darüber hinaus enthält der Planfeststellungsbeschluss in Teil A II 4. 1. 1 Regelungen dazu, welche Arten von Luftfahrzeugen unter welchen Voraussetzungen in den Nachtrandstunden starten und landen dürfen. In Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses ist geregelt, dass die in der Mediationsnacht zugelassenen Flugbewegungen auf das in Ziffer 4. 1 angeordnete Kontingent (150 planmäßige Flüge in der Gesamtnacht) anzurechnen sind.
[268] Die Regelung des Bewegungskontingents für die Gesamtnacht hält einer rechtlichen Überprüfung nicht im vollen Umfang stand. Die Verfahrens- und Abwägungsfehler, die der Planfeststellungsbehörde bei der Zulassung des Bewegungskontingents für die Mediationsnacht unterlaufen sind, wirken sich auf die Abgewogenheit des Kontingents für die Gesamtnacht aus und zwingen auch zu einer entsprechenden Beanstandung des für die sog. Nachtrandstunden (Zeiträume von 22. 00 bis 23. 00 und von 5. 00 bis 6. 00 Uhr) zur Verfügung stehenden Kontingents. Das hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt. Das für die Nachtrandstunden verbleibende Kontingent von 133 Flugbewegungen hält der Senat für abgewogen.
a) Regelung im Planfeststellungsbeschluss
[269] Unberechtigt ist die Rüge des Beklagten, der Verwaltungsgerichtshof sei in aktenwidriger Weise davon ausgegangen, dass der Planfeststellungsbeschluss ein Kontingent von 150 Flugbewegungen je Nacht für die Zeiträume von 22. 00 bis 23. 00 Uhr und von 5. 00 bis 6. 00 Uhr verfügt habe.
[270] In der vom Beklagten in Bezug genommenen Urteilspassage (juris Rn. 781) ist zwar tatsächlich die Aussage enthalten, der Planfeststellungsbeschluss lasse "für die Nachtrandstunden, also die Zeiträume von 22. 00 bis 23. 00 und von 5. 00 bis 6. 00 Uhr … ein Kontingent von 150 Flugbewegungen je Nacht" zu. An allen anderen einschlägigen Stellen des Urteils ist der Planfeststellungsbeschluss jedoch richtig wiedergegeben (Tenor: "Zulassung von durchschnittlich 150 planmäßigen Flügen je Nacht"; juris Rn. 4: "Kontingentierung von 150 Flugbewegungen je Nacht [22. 00 bis 6. 00 Uhr]"; juris Rn. 577: "Bezugszeitraum für die Ermittlung des Kontingents von 150 Flügen je Nacht"; juris Rn. 782: "Bewegungskontingent von durchschnittlich 150 Flugbewegungen je Nacht"; juris Rn. 784: "Durchschnittswert von 150 Flügen je Nacht"). Es ist deshalb offensichtlich und auch aus dem Kontext der betreffenden Passage (Überschrift: "9. 4. 1. 2 Die Nachtrandstunden") erklärlich, dass der Verwaltungsgerichtshof den für die Kontingentierung maßgeblichen Zeitraum nicht missverstanden, sondern an der betreffenden Stelle lediglich unpräzise wiedergegeben hat und der Sache nach zutreffend davon ausgegangen ist, dass sich das zugelassene Kontingent von durchschnittlich 150 planmäßigen Flugbewegungen auf die Gesamtnacht (Zeitraum von 22. 00 bis 6. 00 Uhr) bezieht.
b) Unabgewogenheit des für die Mediationsnacht zugelassenen Teils des Gesamtnachtkontingents
[271] Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch verkannt, dass der durchschnittlich 133 planmäßige Flugbewegungen übersteigende Teil dieses Kontingents auch als Teil des Verkehrs in den Nachtrandstunden nicht abgewogen und deshalb ebenfalls rechtsfehlerhaft ist.
[272] In der Mediationsnacht dürfen die zugelassenen 17 planmäßigen Flugbewegungen wegen der festgestellten Verfahrens- und Abwägungsfehler bei der Zulassungsentscheidung nicht stattfinden. Aber auch für die Nachtrandstunden sind diese 17 planmäßigen Flugbewegungen nicht abgewogen. Da in Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses geregelt ist, dass die in der Mediationsnacht zugelassenen Flugbewegungen auf das in Ziffer 4. 1 angeordnete Kontingent von durchschnittlich 150 planmäßigen Flugbewegungen in der Gesamtnacht anzurechnen sind, können planmäßige Flugbewegungen in der Mediationsnacht nicht zusätzlich, sondern nur unter Anrechnung auf die Zahl der zulässigen Flugbewegungen in der Gesamtnacht stattfinden (Planfeststellungsbeschluss S. 1153). Wird das in der Mediationsnacht zugelassene Bewegungskontingent ausgeschöpft, verbleibt für die Nachtrandstunden nur mehr ein Kontingent von durchschnittlich 133 planmäßigen Flugbewegungen. Wird von dem Bewegungskontingent für die Mediationsnacht kein Gebrauch gemacht, ist eine Verschiebung des nicht ausgeschöpften Kontingents für die Mediationsnacht in die Nachtrandstunden nach dem Wortlaut der Regelung nicht ausgeschlossen; insofern käme in Betracht, dass in den Nachtrandstunden grundsätzlich das gesamte Flugkontingent von durchschnittlich 150 planmäßigen Flugbewegungen uneingeschränkt zur Verfügung steht.
[273] Hiervon ist die Planfeststellungsbehörde indes nicht ausgegangen, wie der Senat in eigener Zuständigkeit beurteilen kann. Die Planfeststellungsbehörde war im Rahmen der Abwägung unter Würdigung der bisherigen Nachtflugnachfrage vielmehr von der Vorstellung geleitet, dass für den Regelfall von einer vollständigen Ausnutzung der Bewegungshöchstgrenze in der Mediationsnacht auszugehen ist. Diese Vorstellung erscheint insbesondere auch deshalb realistisch, weil die Planfeststellungsbehörde in der Mediationsnacht bis zur Ausschöpfung des Flugbewegungskontingents durch den bevorrechtigten Fracht- und Postverkehr übergangsweise auch Touristik- und Passagierflüge zugelassen hat. Ausgehend von dieser Vorstellung hat die Planfeststellungsbehörde ihrer Abwägung zugrunde gelegt, dass im Mittel – unter Berücksichtigung der von der konkreten Ausgestaltung des Flugverkehrs abhängigen Schwankungen – "auf die Randstunden rechnerisch jeweils knapp 67 (insgesamt 133) Flugbewegungen entfallen." Dadurch sei zugleich gewährleistet, dass das lärmmedizinisch geforderte allmähliche Abnehmen bzw. der Wiederanstieg der Flugaktivitäten in den Nachtrandstunden stattfinden könne und eine aus Wirkungssicht zu vermeidende volle Kapazitätsausnutzung unterbleibe (Planfeststellungsbeschluss S. 1174). Die Planfeststellungsbehörde hat die zugelassene Höchstgrenze für Flugbewegungen in der Mediationsnacht folgerichtig als "Spezifizierung, wie das Gesamtkontingent auf die Nachtzeit zu verteilen ist" (Planfeststellungsbeschluss S. 1153), bezeichnet, zwar nicht im Sinne fester Teilkontingente, wohl aber im Sinne zuzuordnender Belastungsgrößen in Höhe von einerseits durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen für die Mediationsnacht und andererseits von durchschnittlich 133 planmäßigen Flugbewegungen in den Nachtrandstunden. Durch Bezugnahme auf die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 782) zu erkennen gegeben, dass er, was die Größe des in den Nachtrandstunden zugelassenen Kontingents betrifft, den Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde folgt.
[274] Der Verwaltungsgerichtshof hat es allerdings versäumt, aus der Fehlerhaftigkeit des Bewegungskontingents für die Mediationsnacht die notwendigen rechtlichen Schlussfolgerungen für die Zulässigkeit planmäßiger Flugbewegungen in den Nachtrandstunden zu ziehen. Wie dargelegt, hat die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten und unter Berücksichtigung der vorgenommenen Spezifizierung des Gesamtkontingents in den Nachtrandstunden durchschnittlich 133 planmäßige Flugbewegungen als zuzuordnende Belastungsgröße abgewogen. Ausschließlich hierfür hat sie den prognostizierten Nachtflugbedarf anhand der für die Nachtrandstunden geltenden spezifischen Rechtfertigungsanforderungen bewertet und den Lärmschutzinteressen der Bevölkerung gegenübergestellt. Nur für diese Belastungsgröße hat sie das lärmmedizinisch geforderte Konzept eines allmählichen Abnehmens und Wiederansteigens der Flugaktivitäten in den Nachtrandstunden als gewährleistet angesehen. Vor diesem Hintergrund hatte sie keine Veranlassung, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die für die Mediationsnacht zugelassenen 17 Flugbewegungen planmäßig in die Nachtrandstunden verschoben werden können, und deshalb – hilfsweise – auch ein Kontingent von durchschnittlich 150 planmäßigen Flügen für die Nachtrandstunden abzuwägen. Angesichts unterschiedlicher Rechtfertigungsanforderungen an die Zulassung von Flugbewegungen in den Kernstunden der Nacht und in den Nachtrandstunden hätte eine solche Abwägung fehlerfrei wohl auch allenfalls in Teilen gelingen können.
[275] Die fehlerhafte Zulassung von durchschnittlich 17 planmäßigen Flugbewegungen in der Mediationsnacht hat mithin nicht nur zur Folge, dass dieses Bewegungskontingent in der Mediationsnacht nicht zur Verfügung steht, sofern die beanstandete Regelung in Teil A II 4. 1. 2 des Planfeststellungsbeschlusses nicht in einem ergänzenden Verfahren durch eine rechtsfehlerfreie ersetzt worden ist, die eine bestimmte Anzahl von Flugbewegungen in diesem Zeitsegment zulässt. Mangels Abgewogenheit eines durchschnittlich 133 planmäßige Flugbewegungen übersteigenden Kontingents in den Nachtrandstunden können die rechtsfehlerhaft zugelassenen 17 planmäßigen Flugbewegungen auch nicht in die Nachtrandstunden verschoben werden. Sollte die Formulierung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 776), "dieser (die Mediationsnacht betreffende) Teil der Betriebsregelung (betreffe) nur eine Verschiebung von Flügen innerhalb des für die Ermittlung der Lärmbelastung maßgeblichen Zeitraums von 22. 00 bis 6. 00 Uhr" dahin zu verstehen sein, wäre sie als unzutreffend zurückzuweisen.
c) Abgewogenheit des verbleibenden Kontingents für die Nachtrandstunden
[276] Demgegenüber sieht der Senat keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der verbleibende Teil des Gesamtnachtkontingents von – bezogen auf das Kalenderjahr – durchschnittlich 133 planmäßigen Flügen hinsichtlich der Nachtrandstunden nicht ordnungsgemäß abgewogen wäre. Zu einer Korrektur des Kontingents besteht keine Veranlassung, und zwar weder hinsichtlich seiner Größe noch hinsichtlich des Bezugszeitraums für den Durchschnittswert.
aa) Größe des Kontingents
[277] Die Größe des verbleibenden Teils des Gesamtnachtkontingents von durchschnittlich 133 planmäßigen Flugbewegungen für die Nachtrandstunden lässt keine Abwägungsfehler erkennen.
[278] Die auf dieses Teilkontingent bezogene Bedarfsfeststellung der Planfeststellungsbehörde hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß unbeanstandet gelassen, die hiergegen gerichteten Rügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 1.10 sind unbegründet. Verfahrensrügen hat die Klägerin nicht erhoben. Deshalb ist von der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs auszugehen, dass in den in Bezug genommenen Textstellen des Planfeststellungsbeschlusses sowohl der erforderliche Nachtflugbedarf (Planfeststellungsbeschluss S. 1140 ff.) als auch das Vorliegen betrieblicher Gründe für die Zulassung aller in den Nachtfluggutachten betrachteten Verkehrssegmente (S. 1142 ff.) nachvollziehbar dargelegt sind. Soweit die Klägerin diese Feststellungen mit gegenteiligem Sachvortrag in Frage zu stellen sucht, ist dies revisionsrechtlich unbeachtlich.
[279] Unsubstantiiert ist der Vortrag der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe dem gutachterlichen Votum gegen eine verstärkte Inanspruchnahme der Nachtrandstunden nicht genügend Rechnung getragen. Es trifft auch nicht zu, dass die Planfeststellungsbehörde den Luftverkehrsunternehmen keinerlei Einschränkungen zugemutet habe. Das im Planfeststellungsbeschluss für die Gesamtnacht zugelassene Kontingent liegt unterhalb des Bedarfs, den I … prognostiziert hat (158 Flüge), spürbar unter dem Bedarf, den die Luftverkehrsunternehmen selbst angegeben haben (165 Flüge) und weit unter dem von der TUHH prognostizierten Bedarf (183/195 Flüge; vgl. jeweils Planfeststellungsbeschluss S. 1142). Lediglich gegenüber dem gegenwärtigen Bedarf stellt das Kontingent keine Einschränkung dar (Planfeststellungsbeschluss S. 1148). Die Planfeststellungsbehörde hat auch berücksichtigt, dass durch die Beendigung der Engpasssituation am Tage keine Flüge mehr in die Nachtzeit verlegt werden müssen und dass Nachtflüge umgekehrt leichter in die Tagstunden verlegt werden können (Planfeststellungsbeschluss S. 1148). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Zulassung von Nachtflügen nicht erst dann abwägungsfehlerfrei, wenn ohne sie eine Existenzgefährdung des Flughafens oder seiner Nutzer einträte; in den Nachtrandstunden bedarf es für die Zulassung von Nachtflugbetrieb keiner "Erforderlichkeit" im Sinne eines etwa unabweisbaren Flugbedarfs (Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 199).
[280] Unbegründet ist auch die Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10, der Planfeststellungsbeschluss sei verfahrensfehlerhaft, weil die Planfeststellungsbehörde lediglich die Bedarfsseite ermittelt, aber keine echte Abwägung mit den Lärmschutzinteressen der Betroffenen vorgenommen habe; der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 782) hat mit bindender Wirkung festgestellt, dass diese Abwägung stattgefunden hat, wenn auch nicht mit dem von den Klägern gewünschten Ergebnis. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen, mit denen sich die Klägerin gegen die Ablehnung ihrer auf Ermittlung der Nachtflugregelungen in London Heathrow und Paris Charles de Gaulle sowie auf die Verlagerungsfähigkeit von Flügen in den Tag zielenden Beweisanträge Nr. 5. 1 und 5. 2 wendet, sind teils unzulässig, teils unbegründet. Welche Relevanz die mit Beweisantrag Nr. 5. 1 unter Beweis gestellte Anzahl der Nachtflüge in London Heathrow und Paris Charles de Gaulle für die vorliegende Entscheidung haben könnte, zeigt die Klägerin nicht auf. Beweisantrag Nr. 5. 2 zur Verlagerungsfähigkeit von Flügen hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe das Verkehrsgutachten von I … nicht mit substantiiertem Vortrag erschüttert. Warum diese Begründung falsch sein soll, legt die Klägerin nicht dar. Abgesehen davon ist die Verlagerungsfähigkeit von Flügen keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsfrage (Urteil vom 13. Oktober 2011 a. a. O. Rn. 138).
bb) Bezugszeitraum
[281] Abwägungsfehler ergeben sich auch nicht daraus, dass die Planfeststellungsbehörde den zugelassenen Durchschnittswert auf das Kalenderjahr bezogen hat. Soweit der Verwaltungsgerichtshof unter dem Eindruck einer – abwägungsfehlerhaften – Kontingentgröße von 150 planmäßigen Flugbewegungen das Kalenderjahr als Bezugszeitraum für korrekturbedürftig gehalten hat, steht dies mit Bundesrecht ebenfalls nicht im Einklang.
(1) Regelungsziel/Abwägung
[282] Nicht verkannt hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings das von der Planfeststellungsbehörde mit der Wahl des Bezugszeitraums verfolgte Regelungsziel.
[283] Die Rüge des Beklagten, die entscheidungstragende Behauptung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 784), es sei Ziel des Planfeststellungsbeschlusses gewesen, "das Interesse der Verkehrsgesellschaften an einer möglichst flexiblen Ausnutzung der ihnen zugewiesenen Slots hinter das Interesse der Lärmbetroffenen an einer Vermeidung solcher Belastungsspitzen in einzelnen Nächten zurücktreten zu lassen", finde im Akteninhalt keine Grundlage, ist unsubstantiiert. Der Beklagte zeigt keine Textstelle des Planfeststellungsbeschlusses auf, die zur Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs im offensichtlichen Widerspruch steht. Abgesehen davon geht es nicht um Tatsachenfeststellung, sondern um Bewertung, wenn der Verwaltungsgerichtshof das von der Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 1152) bestätigte Bedürfnis nach einer gewissen Schwankungsbreite zwischen den Flugaktivitäten in einzelnen Nächten als "Interesse … an einer möglichst flexiblen Ausnutzung" interpretiert hat.
[284] Unberechtigt ist ferner die Rüge des Beklagten, der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass die Frage der Spitzenbelastung einzelner Nächte im Planfeststellungsbeschluss trotz Abwägungserheblichkeit nicht behandelt worden sei. Mit der Formulierung, "nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde werden derart beeinträchtigende Bündelungen von Flügen in einer Nacht künftig dadurch vermieden, dass das zu erwartende Engpassszenario eine gleichmäßige Ausschöpfung des Kontingents erzwingen werde" (juris Rn. 784), hat der Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er von einer abwägenden Auseinandersetzung mit dem Problem der Belastungsspitzen durch Bündelungen von Flügen in einer Nacht ausgegangen ist.
(2) Widersprüchlichkeit
[285] Zu Unrecht hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings angenommen, dass der Planfeststellungsbeschluss in sich widersprüchlich und deshalb rechtswidrig ist. Das wird dem Regelungsansatz der Planfeststellungsbehörde nicht gerecht. Im engeren Sinne in sich widersprüchlich ist der Planfeststellungsbeschluss nicht.
[286] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 784) sieht den angenommenen inneren Widerspruch im Kern darin, dass die Behörde einerseits mit der Entscheidung, den Durchschnittswert von 150 Flugbewegungen in der Gesamtnacht auf das Kalenderjahr zu beziehen, dem "Interesse der Verkehrsgesellschaften an einer möglichst flexiblen Ausnutzung der ihnen zugewiesenen Slots" Rechnung trage, andererseits aber die Auffassung vertrete, dass beeinträchtigende Bündelungen von Flügen, wie sie in der Vergangenheit mit über 200 Flügen in einzelnen Nächten in der Hauptreisezeit aufgetreten seien, künftig dadurch vermieden würden, "dass das zu erwartende Engpassszenario eine gleichmäßige Ausschöpfung des Kontingents erzwingen werde", wodurch das Interesse der Fluglärmbetroffenen an einer Vermeidung solcher Belastungsspitzen gewahrt werde (Planfeststellungsbeschluss S. 1151 f.). Der Verwaltungsgerichtshof folgert hieraus, dass "die mit der Betriebsregelung angestrebte Flexibilität an der Kapazitätsgrenze scheitern" werde.
[287] Davon, dass das Ziel einer flexiblen Ausnutzung der zugewiesenen Slots aufgrund des von der Planfeststellungsbehörde erwarteten Engpassszenarios nicht mehr erreicht werden könnte, ist die Planfeststellungsbehörde indes nicht ausgegangen. Sie hat lediglich die Erwartung formuliert, dass sich die Flugaktivitäten in einzelnen Nächten nicht so weit vom angeordneten Durchschnittswert entfernen werden, dass die Lärmauswirkungen in den nachfragestarken Perioden das von der Beigeladenen für die sechs verkehrsreichsten Monate prognostisch ermittelte und von der Planfeststellungsbehörde der planerischen Konfliktbewältigung zugrunde gelegte Maß "in unvertretbarer und unter Lärmschutzgesichtspunkten nicht mehr zu bewältigender Weise übersteigen werden". Für ausgeschlossen hält sie mithin nur Belastungsspitzen, die wegen ihres Maximalwertes und/oder ihrer Häufigkeit unvertretbar und unter Lärmschutzgesichtspunkten nicht mehr zu bewältigen seien. Gerade um die verbleibenden Spielräume "effektiv" zu sichern, hält sie "die Bildung eines Durchschnittswerts sowie die Zubilligung einer ausreichenden Zeitspanne, innerhalb derer dieser Wert nicht überschritten werden darf," für erforderlich (Planfeststellungsbeschluss S. 1149).
[288] Von einem vollständigen engpassbedingten Flexibilitätsverlust ist der Verwaltungsgerichtshof letztlich auch selbst nicht ausgegangen, weil er sich auf den Standpunkt gestellt hat, dass "die von (der Planfeststellungsbehörde) gewünschte Flexibilität (selbst dann) erreicht" würde, wenn eine Übertragung von Slots von der Winter- in die Sommerflugplanperiode unterbunden würde und mithin eine für die Nutzer des Flughafens Frankfurt Main ungünstigere Regelung getroffen würde.
(3) Effektive Begrenzung des Nachtflugs
[289] Der Senat sieht auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Abwägungsgebot unvereinbare Belastungsspitzen nur durch einen kürzeren Bezugszeitraum als das Kalenderjahr zu vermeiden wären.
[290] In seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – (BVerwGE 141, 1 Rn. 200) hat der Senat dargelegt, dass gemäß § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG auf die Nachtruhe der Bevölkerung nicht nur während der Nachtkernzeit besonders Rücksicht zu nehmen ist; die in der Vorschrift enthaltene Gewichtungsvorgabe gilt für die gesamte Nacht, also auch für die Nachtrandstunden. Auch die erste Nachtrandstunde von 22. 00 bis 23. 00 Uhr ist schutzwürdig; sie darf nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebs angesehen werden. Ein Lärmschutzkonzept, das eine weitgehende Lärmpause in der Nachtkernzeit vorsieht, kann es rechtfertigen, die Lärmschutzbelange der Anwohner in den Randstunden der Nacht weitgehend hinter den Verkehrsinteressen zurücktreten zu lassen. Selbst in diesem Fall eines nahezu vollständigen Flugverbots in den Kernstunden der Nacht ist es aber nicht gerechtfertigt, "die Nacht zum Tage zu machen". Auch dann bleibt die Verhältnismäßigkeit nur gewahrt, wenn das Konzept eines zum Kern der Nacht hin abschwellenden und danach wieder ansteigenden Flugverkehrs auch in diesem Zeitsegment durchgehalten und der Flugverkehr zur Vermeidung tagähnlicher Belastungsspitzen durch geeignete Vorkehrungen effektiv und konkret begrenzt wird.
[291] Gemessen hieran durfte die Planfeststellungsbehörde jedenfalls im Ergebnis davon ausgehen, dass das von ihr verfolgte Konzept eines Abschwellens und Wiederansteigens der Fluglärmbelastung in den Nachtrandstunden am Flughafen Frankfurt Main gewährleistet ist. Wie dargelegt, lag der Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde die Vorstellung zugrunde, dass im Mittel – unter Berücksichtigung der von der konkreten Ausgestaltung des Flugverkehrs abhängigen Schwankungen – auf die Randstunden rechnerisch jeweils knapp 67 und damit auf die Nachtrandstunden insgesamt 133 planmäßige Flugbewegungen entfallen werden. Dieser in den Nachtrandstunden zulässige Durchschnittswert ist von den von der Planfeststellungsbehörde beispielsweise für die Jahre 2005 und 2006 ermittelten Zahlen für die Winterflugplan-Periode von durchschnittlich knapp 106 Flugbewegungen (Planfeststellungsbeschluss S. 1141) nicht so weit entfernt, dass für die Zukunft davon auszugehen wäre, dass Slots in den Wintermonaten in größerem Umfang "angespart" und auf die Sommerflugplan-Periode übertragen werden könnten. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Luftverkehrsnachfrage in den beiden Nachtrandstunden unterschiedlich ausfällt, erscheint es deshalb auch unter Zugrundelegung des Kalenderjahrs als Bezugszeitraum gewährleistet, dass in den Nachtrandstunden nicht oder jedenfalls nicht über einen nach den Maßstäben der Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht hinnehmbaren längeren Zeitraum Spitzenbelastungen erreicht werden, die an die technische Kapazitätsgrenze heranreichen. Infolgedessen kann es der Senat offenlassen, ob die Annahme der Planfeststellungsbehörde realistisch erscheint, dass das für den Prognosehorizont zu erwartende Engpassszenario eine gleichmäßige Ausschöpfung des Kontingents erzwingen werde. Die dieser Annahme zugrunde liegende Prämisse, dass das Engpassszenario allein oder jedenfalls vorrangig zu einer Steigerung der Nachfrage in den nachfrageschwachen Nächten der Winterflugplan-Periode führen werde mit der Folge, dass der Druck auf die Nachtrandstunden in den nachfragestarken Flugperioden abnehmen werde, erscheint zumindest zweifelhaft.
[292] Im Übrigen hat sich die Planfeststellungsbehörde in Teil A XI 5. 1. 4 (S. 144 f.) des Planfeststellungsbeschlusses die nachträgliche Festsetzung, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten. Dieser Vorbehalt entfaltet drittschützende Wirkung und schließt auch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes ein (vgl. Urteile vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 356 und vom 13. Oktober 2011 a. a. O. Rn. 200). Auch vor diesem Hintergrund hält der Senat derzeit weitere Schutzvorkehrungen wie die vom Verwaltungsgerichtshof für erforderlich gehaltene Unterbindung einer Übertragung von Slots von der Winter- in die Sommerflugplanperiode nicht für geboten.
[293] Den Rügen des Beklagten und der Beigeladenen, die sich gegen die Beanstandung des Bezugszeitraums durch den Verwaltungsgerichtshof richten, ist damit Rechnung getragen.
d) Ergänzendes Verfahren, § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG
[294] Soweit das Kontingent für die Gesamtnacht durchschnittlich 133 planmäßige Flüge überschreitet und deshalb abwägungsfehlerhaft festgesetzt wurde, ist der Beklagte verpflichtet, über die Zulassung darüber hinausgehender Flüge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu und abwägungsfehlerfrei zu entscheiden.
[295] Sollte sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der ihr aufgegebenen Neubescheidung dazu entschließen, das Kontingent für planmäßige Flüge in der Gesamtnacht in der Weise zu erhöhen, dass in den Nachtrandstunden durchschnittlich mehr als 133 planmäßige Flugbewegungen zulässig sind, hätte sie sicherzustellen, dass das von ihr verfolgte Konzept eines zum Kern der Nacht hin abschwellenden und danach wieder ansteigenden Flugverkehrs gleichwohl durchgehalten und der Flugverkehr in den Nachtrandstunden trotz eines erhöhten Kontingents planmäßiger Flüge durch geeignete Vorkehrungen effektiv und konkret begrenzt wird. Absehbare tagähnliche Belastungsspitzen in den einzelnen Nachtrandstunden oder in längeren, insbesondere kernzeitnahen Teilabschnitten davon müssen in den jeweils betroffenen Überfluggebieten jedenfalls vermieden werden.
5. Lärmschutzkonzept im Übrigen
[296] Nach Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 793) unterliegt die Bewertung der Lärmschutzbelange im Planfeststellungsbeschluss auch "im Übrigen" keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Trotz der beträchtlichen Lärmbelastung, die auf eine sehr große Zahl betroffener Menschen und schutzbedürftiger Einrichtungen zukommen werde, habe die Planfeststellungsbehörde den für das Vorhaben streitenden Belangen ohne Abwägungsfehler den Vorrang vor den Lärmschutzbelangen eingeräumt. Auch diese Einschätzung lässt Verstöße gegen Bundesrecht nicht erkennen.
a) Anzahl der betroffenen Menschen und Einrichtungen
[297] Die Aufklärungsrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10, mit der sie beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof ihre auf Ermittlung der Größe der Tag-Schutzzone 2, auf die Anzahl der in den Tag-Schutzzonen 1 und 2 befindlichen schutzwürdigen Einrichtungen und den Anteil der von Siedlungsbeschränkungen betroffenen Gemeindeflächen abzielenden Beweisanträge 1 bis 3 abgelehnt habe, ist nicht schlüssig erhoben.
[298] § 86 Abs. 2 VwGO besagt, dass ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden kann. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof der sich aus der Vorschrift ergebenden Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Das könnte sie auch nicht mit Erfolg, denn aus den Akten ergibt sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die in der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2009 gestellten Beweisanträge zu den genannten Beweisthemen in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2009 abgelehnt und der Vorsitzende zu jedem Beweisantrag den jeweiligen Ablehnungsgrund mitgeteilt hat (BA XI zu BVerwG 4 C 5.10 Bl. 1849).
[299] Die Rüge einer Missachtung des § 86 Abs. 1 VwGO ist nicht in einer den Begründungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise erhoben. Die Klägerin legt nicht dar, dass die behaupteten Tatsachen, wären sie festgestellt worden, unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die auch im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit abzustellen ist, zu einer ihr günstigeren Entscheidung hätte führen können. In Wahrheit wendet sie sich gegen den Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Gewicht der Lärmschutzinteressen nicht in entscheidungsrelevanter Weise relativiert werde, wenn die Zahl der jeweils Betroffenen nicht ganz so groß oder aber auch noch größer oder sogar erheblich größer sei als von der Planfeststellungsbehörde als Anhaltswert angenommen (juris Rn. 809), sowie gegen die These, es sei nicht abwägungsfehlerhaft, wenn den klagenden Gemeinden die Möglichkeit der Ausweisung neuer Wohngebiete teils erheblich eingeschränkt, teils vollständig genommen werde (juris Rn. 1266). Die Verfahrensrüge ist hierfür nicht das richtige prozessuale Instrument.
b) Ist-Belastung und Prognosenullfall
[300] Der Verwaltungsgerichtshof hat es ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt, dass die Planfeststellungsbehörde neben den Lärmwerten, denen die Bevölkerung in der Umgebung des Flughafens Frankfurt Main bei Verwirklichung des Ausbaus voraussichtlich ausgesetzt sein wird, auch die Veränderungen gegenüber der derzeitigen Situation (sog. Ist-Belastung) sowie die Lärmwerte, die im Jahr 2020 bestehen würden, wenn der Ausbau nicht verwirklicht würde (sog. Prognosenullfall), berücksichtigt hat.
[301] Zu Unrecht rügt die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, nach der Rechtsprechung des Senats könne einer Kommune bei der planfestgestellten wesentlichen Erweiterung eines Flughafens eine Vorbelastung oder Situationsgebundenheit nicht entgegengehalten werden. Richtig ist allerdings, dass den abwägungserheblichen Lärmschutzbelangen kein um die Vorbelastung vermindertes Gewicht zukommen kann. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 21. September 2006 – BVerwG 4 C 4.05 – (BVerwGE 126, 340 Rn. 29) in Bezug auf lärmmindernde Schutzvorkehrungen entschieden. Im Grundsatz gilt das auch für die planerische Abwägung gemäß § 8 Abs. 1 LuftVG. Denn mit der Verwirklichung des planfeststellungsbedürftigen Vorhabens wird für die Umgebung des Flughafens auch im Hinblick auf die Lärmbelastung eine neue Situation geschaffen, die in ihrer Gesamtheit abwägungsfehlerfrei bewältigt werden muss. Daher muss der vorhabenbedingt zu erwartende Fluglärm, der mehr als geringfügig ist, nicht nur, soweit er die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG überschreitet, sondern auch unterhalb dieser Schwelle in seiner vollen Höhe in die Abwägung eingestellt werden. Etwaige Vorbelastungen dürfen insoweit nicht lärmmindernd berücksichtigt werden.
[302] Von diesen Maßstäben hat sich der Verwaltungsgerichtshof leiten lassen. Er hat im angegriffenen Urteil wiederholt ausgeführt (juris Rn. 308 und 814 f.), die Planfeststellungsbehörde habe eine Vorbelastung nicht in dem Sinne zu Lasten der kommunalen Klägerinnen berücksichtigt, dass sie etwa den bestehenden Flughafen und seine Erweiterung gedanklich getrennt und nur die Lärmauswirkungen der neuen Nordwest-Landebahn oder die Lärmdifferenz zwischen Planungsfall und Prognosenullfall an den Maßstäben des § 8 Abs. 1 LuftVG und § 2 Abs. 2 FluglärmG gemessen hätte. Sie sei vielmehr und zu Recht davon ausgegangen, dass infolge der Inbetriebnahme der neuen Landebahn der Flugbetrieb insgesamt neu geordnet werde und dass deshalb die von dem Flughafen insgesamt ausgehenden Lärmbelastungen und sonstigen Immissionen zu ermitteln und zu bewerten seien.
[303] Das stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Sie ist allerdings der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof hätte es nicht billigen dürfen, dass die Planfeststellungsbehörde die Vorbelastung bzw. Situationsgebundenheit zur Absenkung des Schutzanspruchs der Gemeinden gegenüber unzumutbaren Belastungen herangezogen habe. Allenfalls bei der Entscheidung über die Standortwahl könne die Situationsgebundenheit zu Lasten der Gemeinde eingestellt werden. Die Situationsgebundenheit müsse aber an unveränderliche tatsächliche Umstände anknüpfen, nicht an planerische Vorgaben oder Entscheidungen. Mit diesem Vortrag zeigt die Klägerin einen Bundesrechtsverstoß nicht auf.
[304] Vorhabenbedingte Veränderungen gegenüber der bestehenden Situation oder der ohne das Vorhaben zu erwartenden Entwicklung sind ohne Frage dann zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber an dieses Merkmal unmittelbar Rechtsfolgen knüpft. So ist etwa in § 2 Abs. 2 Satz 3 FluglärmG bestimmt, dass eine sonstige bauliche Erweiterung eines Flugplatzes wesentlich ist, wenn sie zu einer Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels an den Grenzen der Tag-Schutzzone 1 oder Nacht-Schutzzone um mindestens 2 dB (A) führt. Ohne Ermittlung der Ist-Belastung kommt der Normanwender hier nicht aus. Im Grundsatz nichts anderes gilt, wenn Veränderungen nicht als Tatbestandsmerkmal einer Rechtsnorm ausgestaltet, sondern im Rahmen der Abwägung von Bedeutung sind. Von einer Abwägungsrelevanz ist der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise hinsichtlich der Frage ausgegangen, inwieweit Gemeinden in der Nachbarschaft des Flughafens durch nachhaltige lärmbedingte Störungen ihrer bereits rechtswirksam gewordenen Bebauungspläne beeinträchtigt werden. Das setzt ebenfalls die Ermittlung und Bewertung der vorhabenbedingten Veränderungen und damit einen Vergleich zwischen Ist-Zustand und Prognosefall voraus. Beabsichtigte Planungen einer Gemeinde, die bereits aufgrund der Lärmbelastungen durch den bisherigen Flugbetrieb nicht realisiert werden konnten, sind insoweit als vorbelastet einzustufen. Der Einwand der Klägerin, es mache keinen Unterschied, ob sich eine Gemeinde gegen lärmbedingte Einschränkungen realisierter Planungen verteidigt, oder ob fluglärmbedingte Nutzungseinschränkungen eines Bürgers in Frage stehen, greift insoweit nicht durch. Er unterstellt als Prämisse, dass die Gemeinde ebenso wie ein Bürger, der durch die Existenz des Flughafens in der Nutzung seines Grundstücks bisher nicht beeinträchtigt war und nunmehr ausbaubedingte Lärmbeeinträchtigungen hinzunehmen hat, im Ist-Zustand in der Betätigung ihres gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts ebenfalls nicht beschränkt war. Diese Prämisse trifft für die klagenden Gemeinden in der Nachbarschaft des Flughafens aufgrund der flughafenbedingten Vorbelastungen indes ersichtlich nicht zu.
[305] Zu Recht weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass eine Differenzierung zwischen tatsächlichen und plangegebenen Vorbelastungen geboten sein kann. Planungsentscheidungen sind rechtsmittelfähig. Plangegebene Vorbelastungen können deshalb – anders als tatsächliche Gegebenheiten – im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden. Bei der Prüfung vorhabenbedingter Veränderungen ist deshalb in der Tat in Rechnung zu stellen, ob die den Status quo prägende Planungsentscheidung noch anfechtbar ist, oder ob noch Ansprüche auf nachträgliche Beschränkungen des zugelassenen Betriebs mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können. Darauf zielen auch die Einwände der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, die die bestehenden Flughafenanlagen teilweise für illegal hält und sich insoweit auf Planungshindernisse beruft. Sind diese Möglichkeiten indes ohne Erfolg ausgeschöpft, etwa weil – wie hier – rechtskräftig darüber entschieden ist, dass ein Anspruch auf Betriebseinschränkung nicht besteht, ist der Status quo als tatsächliche Vorbelastung hinzunehmen und auch bei der Prüfung vorhabenbedingter Veränderungen zugrunde zu legen.
c) Bauverbote
[306] Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den Bauverboten lassen einen Bundesrechtsverstoß ebenfalls nicht erkennen. Die Revisionsrügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 greifen nicht durch.
[307] Zu Recht hat es der Verwaltungsgerichtshof als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, dass schutzbedürftige Einrichtungen in näher bestimmten Lärmschutzbereichen nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 FluglärmG im Interesse eines vorsorgenden Lärmschutzes mit Bauverboten belegt werden. Eine von der Klägerin behauptete Gefährdung des Auftrags der öffentlichen Hand, für eine angemessene Notfallversorgung der Bevölkerung zu sorgen sowie ein ausreichendes Angebot an planbaren Krankenhausdienstleistungen sicherzustellen, ist nicht zu befürchten. Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG Ausnahmen von den Bauverboten zulassen, wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Einrichtungen oder sonst im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Im Falle privatrechtlich betriebener schutzbedürftiger Einrichtungen wie der von der Klägerin betriebenen Klinik ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG ausschließlich öffentliche Belange, namentlich die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Einrichtungen oder sonstige öffentliche Interessen, maßgeblich sind, während private Interessen jedenfalls nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Rolle spielen. Sofern hierdurch in besonders gelagerten Einzelfällen Verhältnismäßigkeitsdefizite drohen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226 [242 ff.]), weil ein unter das Bauverbot fallender Ausbauwunsch eines privaten Einrichtungsträgers weder (unmittelbar) der Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Einrichtungen dient noch aus sonstigen Gründen im öffentlichen Interesse dringend geboten ist und deshalb nicht ausnahmefähig ist, andererseits aber ohne die Verwirklichung des Bauvorhabens – wie die Klägerin geltend macht – "empfindliche" Einschränkungen oder gar eine Existenzgefährdung drohen, etwa weil der Ausbauwunsch eine "überobligatorische" Leistung betrifft, die für das wirtschaftliche Überleben der Einrichtung von Bedeutung ist, können Verhältnismäßigkeitsdefizite durch eine verfassungskonforme Auslegung des Tatbestandsmerkmals Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Einrichtungen in § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG vermieden werden. Sie werden überdies durch Entschädigungsansprüche nach § 8 FluglärmG abgefedert.
[308] Mit der an den Einzelfall gebundenen Möglichkeit einer Ausnahmeerteilung ist kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden. Da bauliche Änderungen im Regelfall einer präventiven bauaufsichtlichen Kontrolle unterliegen, ist nicht nachvollziehbar, warum – wie die Klägerin meint – die Anpassungsfähigkeit ihres Klinikbetriebs und die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern durch das hinzutretende Ausnahmeerfordernis nach § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG unverhältnismäßig erschwert sein sollen. Ein rechtmäßiger, verfassungskonformer Gesetzesvollzug ist durch entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten sichergestellt. Der Vorstellung einer von der Planfeststellungsbehörde zu erteilenden Generalausnahme hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die hierfür fehlende Kompetenz der Planfeststellungsbehörde zu Recht eine Absage erteilt.
[309] Einen Bundesrechtsverstoß zeigt die Klägerin auch hinsichtlich der mit baulichen Änderungen verbundenen Kostenlast für passiven Schallschutz nicht auf. Gemäß § 6 FluglärmG dürfen die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 FluglärmG zulässigen baulichen Anlagen nur errichtet werden, wenn sie den Schallschutzanforderungen des § 7 FluglärmG genügen; die Kosten für diese Maßnahmen hat der Bauherr zu tragen. Auch das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht weist der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 820) darauf hin, dass es nicht unverhältnismäßig ist, einem Bauherrn, der ein Grundstück trotz einer hohen Lärmbelastung und eines deshalb grundsätzlich geltenden Bauverbots baulich nutzen will, auch die Kosten für den erforderlichen Schallschutz aufzuerlegen. Einen abwägungsrelevanten Fehler bei der Ermittlung der Kostenlast hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß verneint. Zu Recht hat er darauf hingewiesen, dass die Planfeststellungsbehörde die Kosten für Schallschutzmaßnahmen noch nicht beurteilen kann, solange konkrete Bauvorhaben nicht absehbar sind. Darüber, ob die Planfeststellungsbehörde eine der Höhe nach abschätzbare Kostenlast in der Abwägung auch dann außer Acht lassen darf, wenn absehbar ist, dass diese voraussichtlich zu einer Existenzgefährdung des Einrichtungsträgers führen wird, ist nicht zu entscheiden, weil im Falle der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 weder ein konkretes Ausbauvorhaben im Raum steht noch nach den maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs eine Existenzgefährdung substantiiert behauptet worden ist.
d) Lärmkontingent
[310] Die von der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 1.10 geltend gemachten Ansprüche, die Lärmmenge so zu kontingentieren, dass der Belästigungsindex und in den Nachtstunden die Anzahl der Aufwachreaktionen nicht über das nach der Lärmprognose 2020 zu Erwartende hinausgehen, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 801 f.) ohne Bundesrechtsverstoß abgelehnt.
[311] Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass sich der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 2 FluglärmG nicht darin erschöpft, die Grenzwerte für die Zumutbarkeit von Fluglärm der Höhe nach festzulegen, sondern dass das Gesetz zugleich die für die Abgrenzung maßgeblichen Kriterien definiert. Für die Bewertung von Fluglärm am Tag ist der äquivalente Dauerschallpegel vorgegeben mit der gesetzlichen Folge, dass Anzahl und Höhe von Einzelschallereignissen für diesen Zeitraum rechtlich unerheblich sind. Für die Einschätzung der Fluglärmbelastung in der Nacht schreibt § 2 Abs. 2 FluglärmG eine Betrachtung sowohl des äquivalenten Dauerschallpegels als auch eines Pegel-Häufigkeits-Kriteriums vor. Es verstößt deshalb nicht gegen das Abwägungsgebot, wenn die Planfeststellungsbehörde – wie hier – die Zumutbarkeit von nächtlichem Fluglärm anhand dieser Kriterien bewertet und nicht anhand eines Belästigungsindex oder der Anzahl der Aufwachereignisse. Nur ergänzend sei angemerkt, dass es bereits vor dem Inkrafttreten des Fluglärmschutzgesetzes im weiten Abwägungsspielraum der Planfeststellungsbehörde lag zu entscheiden, unter Zugrundelegung welcher Kriterien sie den Lärmschutzinteressen der Anwohner und den Planungsinteressen der Gemeinden im Umfeld eines Flughafens Rechnung trug. Für eine Ermessensreduktion auf Null trägt die Klägerin Hinreichendes nicht vor. Auch die von ihr angeführte Bemerkung des Senats im Urteil vom 9. November 2006 – BVerwG 4 A 2001.06 – (BVerwGE 127, 95 Rn. 86), vorrangiges Nachtschutzziel müsse es sein, dafür Sorge zu tragen, dass fluglärmbedingte Aufwachreaktionen möglichst vermieden werden, ist nicht als Festlegung auf eine bestimmte Methode zu verstehen. Ebenso wenig lässt sich aus § 29b Abs. 1 Satz 1 LuftVG, der die Vermeidung erheblicher Belästigungen vorsieht, ableiten, dass ein Lärmschutzkonzept an einen Belästigungsindex anknüpfen müsste.
[312] Ein Abwägungsdefizit zeigt die Klägerin nicht auf. Dass die Planfeststellungsbehörde – wie die Klägerin behauptet – allein aufgrund einer noch ausstehenden abschließenden Meinungsbildung des RDF auf die Festlegung eines lärmindexbasierten Lärmschutzkonzepts verzichtet hätte, hat weder der Verwaltungsgerichtshof festgestellt noch ergibt sich dies aus den Akten. Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses waren hierfür ausschlaggebend zum einen fehlende Berechnungsmöglichkeiten, zum zweiten Zweifel, ob das auf einer Zusammenfassung von Tag- und Nachtlärm beruhende Indexkonzept mit der zwischen Tag und Nacht differenzierenden Wertung des Fluglärmschutzgesetzes vereinbar sei, und zum dritten die Tatsache, dass mit den gesetzlich vorgegebenen Lärmwerten des Fluglärmschutzgesetzes hinreichend umfangreiche und aussagekräftige Maßstäbe für die Bewertung und Abwägung der Auswirkungen flugbetriebsbedingten Lärms zur Verfügung stünden. Nur ergänzend hat die Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 1070 f.) darauf hingewiesen, dass auch innerhalb des RDF der Vorschlag noch auf massive Kritik und Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit stoße. Eine Pflicht der Planfeststellungsbehörde, von sich aus eigene lärmindexbasierte Alternativen zu den etablierten und im Fluglärmschutzgesetz vorgesehenen, auf Dauerschall- und Maximalpegel abstellenden Lärmschutzmodellen zu entwickeln, besteht nicht.
[313] Auch eine Fehlgewichtung klägerischer Belange ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Gemeindegebiet und vor allen Dingen ihre Kindertagesstätten seien bereits gegenwärtig von einer gerade noch zumutbaren Lärmbelastung betroffen, ist nicht erkennbar, dass die Planfeststellungsbehörde dies anders beurteilt hätte.
[314] Ein von der Klägerin behauptetes Optimierungsgebot zugunsten der Lärmminderung im Sinne einer erhöhten Begründungslast besteht nicht. § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG enthält einen Prüfauftrag, keine Gewichtungsvorgabe. § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG legt der Senat zwar in ständiger Rechtsprechung als Gewichtungsvorgabe aus, die allerdings nur zugunsten der Nachtruhe der Bevölkerung greift.
[315] Unberechtigt ist schließlich der Vorwurf einer Abwägungsdisproportionalität. Die Klägerin macht geltend, dass sie flächendeckend praktisch nicht mehr planen könne, insbesondere keine schutzbedürftigen öffentlichen Einrichtungen, und dass die vorhandenen oder ausnahmsweise zulässigen Einrichtungen nicht mehr zumutbar betrieben werden könnten; umgekehrt würden ihre Forderungen weitgehend nicht auf eine Beschränkung von Flugbewegungen, sondern lediglich auf ein optimiertes Lärmschutzkonzept abzielen, seien also nicht mit nennenswerten Abstrichen bei den Verkehrsbelangen verbunden. Die Forderungen der Klägerin würden die behaupteten Planungsbeschränkungen nicht beseitigen. Es trifft auch nicht zu, dass die Forderungen praktisch "kostenlos" zu haben seien; sie könnten durchaus eine Flugbewegungskontingentierung bewirken, falls andere Lärmminderungsmaßnahmen sich als nicht praktikabel erweisen sollten.
e) Flugverfahren; sonstige Maßnahmen des aktiven Schallschutzes
[316] In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 832 ff.) die Ablehnung von Anträgen auf Festlegung bestimmter Flugverfahren im Planfeststellungsbeschluss wie etwa Anordnungen über das Steig- und Sinkverhalten der Flugzeuge, über "gekurvte" Anflüge und sonstige Einzelheiten von Flugrouten als rechtmäßig angesehen, weil der Planfeststellungsbehörde die Kompetenz für den Erlass derartiger Anordnungen fehle. Mit dieser Auffassung befindet er sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 18. August 2005 – BVerwG 4 B 17.05 – juris Rn. 27; Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – BVerwGE 141, 1 Rn. 147). Den Beweisantrag Nr. 6 der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 zur lärmmindernden Wirkung bestimmter Flugverfahren durfte der Verwaltungsgerichtshof daher als nicht entscheidungserheblich ablehnen. Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet, ebenso die Sachrüge. Dasselbe gilt, soweit die Klägerin rügt, die Planfeststellungsbehörde habe mit Billigung des Verwaltungsgerichtshofs Maßnahmen wie die Anhebung des Gleitwinkels beim Landeanflug oder die Verringerung des Flugerwartungsgebiets der Abflugrouten Nord-Ost-Lang und Süd-Ost-Lang nicht geprüft. Auch diese Maßnahmen fallen in die ausschließliche Kompetenz der nach § 27a Abs. 2 LuftVO zuständigen Behörden.
[317] Soweit die Klägerin eine Versetzung der Landeschwelle 25 L und der Startschwelle 07 R und 07 L in Richtung Westen gefordert hat, bleibt – ungeachtet der Kompetenzfrage – unklar, worauf die Forderung gerichtet ist, denn die Klägerin hat offenbar keine Versetzung des gesamten Bahnsystems vor Augen. Wie sie ohne Beeinträchtigung des Betriebs des Gesamtflughafens für ihr Gemeindegebiet dennoch eine spürbare Lärmentlastung erreichen will, erschließt sich nicht.
[318] Dem Begehren der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 1.10, den Flugverkehr in der Kernnacht auf alle Bahnen zu verteilen, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 838) zu Recht entgegengehalten, der Planfeststellungsbehörde stehe bei der Abwägung zwischen dem Schutz wenig belasteter Gebiete und dem Prinzip der möglichst gleichmäßigen Verteilung des Lärms ein weiter Ermessensspielraum offen, der hier nicht überschritten sei.
[319] Dass Überflüge besiedelter Gebiete, soweit dies bei der Durchführung der Flugverkehrskontrolle im Sinne des § 27c Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LuftVG vertretbar erscheint, auf das unumgängliche Maß beschränkt werden, sieht der Planfeststellungsbeschluss in Teil A II 4. 2. 2 für die Mediationsnacht vor. Eine solche Regelung für die Nachtrandstunden musste er nicht vorsehen, weil dieser Zeitraum mit der die Nachtkernzeit umfassenden Mediationsnacht schon wegen der Anzahl der dort zugelassenen Flugbewegungen nicht vergleichbar ist.
f) Nebenbestimmungen
[320] Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 843) die Anträge mehrerer Kläger abgelehnt, der Beigeladenen umfangreichere Pflichten zur Information über die Entwicklung des Fluglärms aufzuerlegen.
[321] Die Begründung, die Planfeststellungsbehörde habe in Anlehnung an die Kriterien des § 2 Abs. 2 FluglärmG ausreichende Informationspflichten festgeschrieben, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Mit Bundesrecht im Einklang steht ferner die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde habe, soweit die Anträge an Lärmindizes und andere Kriterien knüpfen, diese nicht berücksichtigen müssen, weshalb es auch nicht abwägungsfehlerhaft sei, wenn die Behörde die Pflicht der Beigeladenen nicht auf diese Kriterien erstrecke.
6. Übernahmeanspruch
[322] Das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für Grundeigentümer, deren Grundstücke im "Entschädigungsgebiet" liegen und die deshalb einen Übernahmeanspruch geltend machen können, hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis ohne Bundesrechtsverstoß gebilligt.
a) Stichtagsregelung
[323] Die in Teil A XI 5. 1. 2. 3 Ziffer 3 Satz 3 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Stichtagsregelung sah vor, dass der Verkehrswert des Grundstücks im Falle einer Übernahme zum Stichtag der Geltendmachung des Anspruchs zu ermitteln ist. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Februar 2010 – 1 BvR 2736/08 – (NVwZ 2010, 512) hingewiesen, wonach die Interessen des Vorhabenträgers an der Nutzung des Flughafens zurücktreten müssen, wenn ein Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens bildet und die Grundlage der privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt und die Betroffenen aufgrund der Festlegung des Stichtags für die zu zahlende Entschädigung nicht mehr in der Lage sind, sich ein adäquates Wohngrundstück für sich und ihre Familie leisten zu können. Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung Rechnung getragen und zu Protokoll erklärt, die Regelung werde dahin geändert, dass der Verkehrswert des Grundstücks nunmehr in Anwendung der Grundsätze für Enteignungen zu bestimmen ist (Niederschrift vom 14. März 2012 S. 8). Damit sind die gegen die ursprüngliche Regelung gerichteten Revisionsrügen der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 gegenstandslos.
b) "Mitziehen" gewerblicher Grundstücke
[324] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob die Gewerbegrundstücke der Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10"] BVerwG 4 C 6.10 von dem Anspruch der Kläger zu 1 und 2 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 auf Übernahme ihrer mit Wohnungen bebauten Grundstücke "mitgezogen" werden, als eine Frage des Umfangs des Übernahmeanspruchs gewertet, die in einem dem Planfeststellungsverfahren nachfolgenden Entschädigungsverfahren zu klären ist.
[325] In der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27. Juni 2007 – BVerwG 4 A 2004.05 – BVerwGE 129, 83 Rn. 17 m. w. N.) ist geklärt, dass über einen Anspruch auf Ausdehnung der Übernahme auf ein mit einem Wohngrundstück zusammenhängendes Betriebsgrundstück erst im Entschädigungsverfahren zu entscheiden ist. Insoweit gilt im Rahmen der Übernahmeentschädigung nichts anderes als im Falle des Zugriffs auf ein Grundstück im Wege der Enteignung. Über die etwaige Ausdehnung der Enteignung auf ein Restgrundstück ist ausschließlich durch die Enteignungsbehörde im Enteignungsverfahren zu entscheiden, wenn der Planfeststellungsbeschluss den unmittelbaren Zugriff auf das Grundeigentum ermöglicht; eine verbindliche Entscheidung hierüber auch nur dem Grunde nach ist der Planfeststellungsbehörde verwehrt. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Sie deckt sich mit der bei der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes getroffenen – verfassungsrechtlich unbedenklichen – Entscheidung des Gesetzgebers, die Geltendmachung von Erstattungs- und Entschädigungsansprüchen generell einem der Planfeststellung nachfolgenden Verfahren zu überantworten.
[326] Die rechtlichen Voraussetzungen für ein "Mitziehen" gewerblicher Grundstücke im Rahmen eines Anspruchs auf Übernahme eines Wohngrundstücks hat der Beklagte durch verbindliche Protokollerklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof (Niederschrift S. 48) geschaffen. Damit hält der Planfeststellungsbeschluss – wie der Verwaltungsgerichtshof es ausgedrückt hat – jedenfalls das erforderliche Regularium vor. Ob das von den Klägern zu 3 und 4 geltend gemachte Mitziehen ihrer gewerblichen Grundstücke tatsächlich in Betracht kommt, ist in einem der Planfeststellung nachfolgenden Entschädigungsverfahren zu entscheiden. Soweit die Kläger zu 3 und 4 darüber hinaus beanstanden, der Planfeststellungsbeschluss greife zu kurz, weil er keine hinreichende Regelung für die Bestimmung des Grundstückswertes im Falle der Geltendmachung eines Übernahmeanspruchs festlege, findet dies in der Rechtsprechung des Senats, wonach auch über die Entschädigung für Folgewirkungen der Übernahme eines Wohngrundstücks auf einen mit dem übernommenen Grundstück zusammenhängenden Betrieb – nicht anders als im Falle der Enteignung – erst im Entschädigungsverfahren zu entscheiden ist (Urteil vom 27. Juni 2007 a. a. O. Rn. 18 ff.), keine Stütze.
[327] Damit war sämtlicher Klagevortrag der Kläger zu 3 und 4, der sich auf die Voraussetzungen eines "Mitziehens" ihrer gewerblich genutzten Grundstücke im Rahmen des Übernahme-Entschädigungsanspruchs der Kläger zu 1 und 2 bezieht, ebenso wenig entscheidungserheblich wie die hierauf bezogenen Ausführungen im angefochtenen Urteil, die der Verwaltungsgerichtshof selbst als letztlich nicht abschließend entscheidungsbedürftig qualifiziert hat. Infolgedessen sind auch sämtliche hierauf bezogenen Revisionsrügen nicht entscheidungserheblich. Gleiches gilt für die geltend gemachte Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO wegen Ablehnung des Beweisantrags Nr. 6.
[328] Im Übrigen hat sich die Planfeststellungsbehörde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 882) mit der Frage einer fluglärmbedingten Beeinträchtigung von Gewerbebetrieben auseinandergesetzt und hierbei auch die Möglichkeit eines Mitziehens gewerblicher Grundstücke im Rahmen eines Übernahme-Entschädigungsanspruchs in Betracht gezogen. Von einer von den Klägern zu 3 und 4 behaupteten "gänzlich unterbliebenen Abwägung der mit der Existenzvernichtung einer größeren Zahl von Betrieben betroffenen … Belange" kann deshalb keine Rede sein.
7. Schallschutz für gewerbliche Anlagen
[329] Gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof verstoßen, soweit er das Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen unbeanstandet gelassen hat. Das Konzept verfehlt die Anforderungen des § 9 Abs. 2 LuftVG und verletzt die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 in ihren subjektiven Rechten. Der Beklagte ist auch insoweit zur Neubescheidung verpflichtet.
a) Gesetzliche Vorgaben
[330] Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Gesetzgeber habe gewerbliche Anlagen bewusst aus dem Anwendungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes ausgeklammert mit der Folge, dass deren Schutz gegen Fluglärm entsprechend den Vorschriften für Arbeitsstätten grundsätzlich in die Verantwortung des Gewerbetreibenden falle, steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.
aa) Fehlende Regelung im Fluglärmschutzgesetz
[331] Richtig ist allerdings, dass baulicher Schallschutz für gewerbliche Anlagen im Fluglärmschutzgesetz nicht geregelt ist.
[332] Die Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FluglärmG knüpfen tatbestandlich an den Eigentümer eines "in der Tag-Schutzzone 1 oder in der Nacht-Schutzzone gelegenen Grundstücks" an, "auf dem bei Festsetzung des Lärmschutzbereichs Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 oder Wohnungen errichtet sind oder … zulässig sind". Auf dieser Grundlage durch Maßnahmen des baulichen Schallschutzes zu schützen sind folglich Wohnungen und die von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 FluglärmG erfassten schutzbedürftigen Einrichtungen, namentlich Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FluglärmG) sowie Schulen, Kindergärten und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 FluglärmG). Gewerbliche Anlagen erwähnt das Fluglärmschutzgesetz in diesem Zusammenhang nicht. Zwar können gewerbliche Anlagen den Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes zum baulichen Schallschutz unterfallen, wenn sie den Betrieb von "Krankenhäusern, Altenheimen und Erholungsheimen" oder "Schulen und Kindergärten" zum Gegenstand haben oder ihr Betriebsgegenstand diesen Einrichtungen ähnlich und in gleichem Maße wie diese schutzbedürftig ist. Insoweit hat es der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 889) zu Recht als unerheblich angesehen, von wem und aus welchen Gründen die in § 5 Abs. 1 Satz 1 FluglärmG genannten Einrichtungen betrieben werden; schutzbedürftige Einrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 FluglärmG können nicht etwa nur kommunale Einrichtungen, sondern auch von einem privaten Betreiber mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betriebene entsprechende Einrichtungen sein. Gewerbebetriebe, die – wie hier der Getränkehandel der Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 – weder einen besonderen Bezug zur Heilbehandlung oder zur Wiederherstellung der Gesundheit aufweisen noch einem für "Schulen und Kindergärten" typischen pädagogischen Zweck dienen (zu diesen Kriterien Reidt/Fellenberg, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand April 2008, § 5 FluglärmG Rn. 8 und 13), sind vom Fluglärmschutzgesetz nicht erfasst.
[333] Da dem Gesetzgeber bei der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes das Problem des Schutzes gewerblicher Nutzungen vor Fluglärmbeeinträchtigungen aufgrund der Regelungen bereits abgeschlossener Planfeststellungsverfahren (vgl. etwa den Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004, der in Teil A II 5. 1. 2 den Schutz von Büro- und Praxisräumen positiv regelt) bekannt war, liegt auch die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 888) nahe, der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, Schutzmaßnahmen für gewerblich genutzte Räume vorzusehen.
bb) Maßgeblichkeit des § 9 Abs. 2 LuftVG
[334] Unzutreffend ist aber die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 890), der Gesetzgeber habe damit gewerbliche Anlagen und Einrichtungen auch hinsichtlich von außen einwirkendem Fluglärm (generell) dem Schutzregime der Vorschriften über Arbeitsstätten mit der dort geregelten grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers und dem nach Arbeitsstättenrecht maßgeblichen Schutzniveau überantwortet. Insoweit bleibt es vielmehr bei der nach § 9 Abs. 2 LuftVG bestehenden Pflicht der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss diejenigen Schallschutzanordnungen zu treffen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Gewerbegrundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind.
[335] Das Fluglärmschutzgesetz hatte auch in seiner ursprünglichen Fassung (der Bek. vom 30. März 1971 BGBl I S. 282, zuletzt geändert durch Art. 46 der Siebenten Zuständigkeitsanpassungs-Verordnung vom 29. Oktober 2001 BGBl I S. 2785) nur den Schutz schutzbedürftiger Einrichtungen ("Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime, Schulen und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen") und von Wohnungen zum Gegenstand. An diesem gegenständlichen Rahmen hat der Gesetzgeber bei der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Jahre 2007 festgehalten, allerdings mit dem Unterschied, dass die Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz einschließlich der zugrunde liegenden Schallschutzanforderungen und die Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs für die vom Fluglärmschutzgesetz erfassten Regelungsgegenstände nunmehr gemäß § 13 Abs. 1 FluglärmG mit Wirkung auch für das Planfeststellungsverfahren spezialgesetzlich und abschließend geregelt sind. Das Fluglärmschutzgesetz ist insoweit – wie dargestellt – ein Spezialgesetz zu § 9 Abs. 2 LuftVG; soweit der Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes reicht, ist die Planfeststellungsbehörde weder generell berechtigt noch gar unter weiteren Voraussetzungen verpflichtet, die Gewährung baulichen Schallschutzes oder Entschädigungsleistungen für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs anzuordnen. Hinsichtlich der vom Fluglärmschutzgesetz nicht erfassten Regelungsgegenstände bleibt es demgegenüber bei der nach § 9 Abs. 2 LuftVG bestehenden Pflicht der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss diejenigen Schallschutzanordnungen zu treffen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind.
[336] Zu Unrecht hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 890) angenommen, mit der Ausklammerung gewerblicher Anlagen und Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes überlasse der Gesetzgeber deren Schutz dem Schutzregime der Vorschriften für Arbeitsstätten. Mit dieser Annahme unterstellt der Verwaltungsgerichtshof, der Gesetzgeber habe gewerbliche Anlagen bei der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes zugleich aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 LuftVG herausgenommen. Diese Unterstellung lässt sich mit den bundesrechtlich verankerten Methoden der Gesetzesauslegung nicht begründen.
[337] Anhaltspunkte dafür, dass § 9 Abs. 2 LuftVG über die spezialgesetzliche Wirkung des § 13 FluglärmG hinaus generell eingeschränkt werden sollte, finden sich nicht. Ein dahingehender Regelungswille kommt weder im Wortlaut des § 9 Abs. 2 LuftVG noch in § 13 FluglärmG zum Ausdruck. Er findet auch in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Mit der Novelle des Fluglärmschutzgesetzes sollte der Schutz der Menschen vor Fluglärm in der Umgebung größerer Flugplätze deutlich verbessert und ein auf Dauer tragfähiger Ausgleich der Belange der Luftfahrt einerseits sowie der berechtigten Lärmschutzinteressen der betroffenen Flugplatzanwohner andererseits erreicht werden. Zu diesem Zweck sollte "im Schwerpunkt" das Fluglärmschutzgesetz grundlegend modernisiert werden. Im Übrigen war es der erklärte Wille des Gesetzgebers, einige hiermit inhaltlich eng zusammenhängende Regelungen des Luftverkehrsgesetzes anzupassen und inhaltlich fortzuentwickeln (BTDrucks 16/508 S. 2), wobei die Anpassung insbesondere auch Regelungen zur Berücksichtigung von Lärmschutzbelangen bei fluglärmrelevanten Entscheidungen betreffen sollte (BTDrucks 16/508 S. 1). Eine von den spezialgesetzlichen Wirkungen des § 13 Abs. 1 FluglärmG unabhängige generelle Ablösung der in § 9 Abs. 2 LuftVG geregelten Verantwortlichkeiten des Vorhabenträgers wäre vom Ziel der Anpassung nicht umfasst.
[338] Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber speziell gewerbliche Anlagen aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 LuftVG hätte herausnehmen wollen. Wortlaut und Gesetzesmaterialien schweigen auch insoweit. Eine nähere Begründung hätte aber nahe gelegen, falls der Gesetzgeber – wie vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt – tatsächlich die Absicht gehabt hätte, den Schutz gewerblicher Anlagen aus § 9 Abs. 2 LuftVG herauszulösen. Denn die damit verbundenen Änderungen – Wechsel der Verantwortlichkeiten und Wechsel des Schutzkonzepts – sind auch in (verfassungs-) rechtlicher Hinsicht nicht unproblematisch, wie die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 mit ihrer Revisionsrüge dargelegt haben. Das vollständige Schweigen der Gesetzesmaterialien kann deshalb als sicherer Beleg dafür gewertet werden, dass ein dahingehender Regelungswille des Gesetzgebers nicht bestand. Gegenteilige Anhaltspunkte liefert auch der Verwaltungsgerichtshof nicht. Der Schallschutz gewerblicher Anlagen ist deshalb, nicht anders als derjenige anderer schutzbedürftiger Anlagen und Einrichtungen, für die das Fluglärmschutzgesetz spezialgesetzliche Regelungen nicht vorhält, auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG zu gewährleisten.
b) Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses
[339] Dieser Verpflichtung ist die Planfeststellungsbehörde nur unzureichend nachgekommen.
[340] Trotz der unzutreffenden Annahme, dass das Fluglärmschutzgesetz Schallschutz für gewerbliche Anlagen grundsätzlich ausschließe, sieht der Planfeststellungsbeschluss in Teil A XI 5. 1. 3 (S. 143) für die Eigentümer gewerblich genutzter Grundstücke im Entschädigungsgebiet unter näher geregelten Voraussetzungen Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für bauliche oder betriebliche Schallschutzmaßnahmen, oder, wenn dies untunlich ist, auf angemessene Entschädigung in Geld vor. Diese Schutzanordnungen genügen den Anforderungen des § 9 Abs. 2 LuftVG nicht.
aa) Rechtliche Maßstäbe
[341] Die Beantwortung der Frage, ob dem Vorhabenträger zugunsten des öffentlichen Wohls oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen gemäß § 9 Abs. 2 LuftVG im Planfeststellungsbeschluss aufzuerlegen sind, ist eine gebundene Entscheidung; lediglich hinsichtlich der Ausgestaltung der Schutzvorkehrungen steht ihm ein Auswahlermessen zu (Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand Juli 2011, § 9 Rn. 47 ff. m. w. N.). Im Rahmen des § 9 Abs. 2 LuftVG ist folglich allein maßgeblich, ob das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses den rechtlichen Anforderungen entspricht. Diese Frage unterliegt unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Tatsachenfeststellung durch die Vorinstanz der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung.
[342] Gemäß § 9 Abs. 2 LuftVG sind dem Vorhabenträger im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Das Nebeneinander von Gefahren und Nachteilen als je eigenständige Tatbestandsmerkmale macht deutlich, dass Schutzvorkehrungen nicht bloß zur Abwehr etwaiger Beeinträchtigungen verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter wie etwa des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit oder auf Schutz des Eigentums geboten sind. Handlungsbedarf sieht der Gesetzgeber bereits auf einer der Gefahrenabwehr vorgelagerten Stufe. Das Luftverkehrsgesetz knüpft an die Begriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG an (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 251). Für den Fall, dass Fluglärmbelästigungen also in "Nachteile" im Sinne von "erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft" (§ 3 Abs. 1 BImSchG und § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG) umschlagen, sind dem Vorhabenträger auch zum Schutz von gewerblichen Nutzungen die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Gewerbegrundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind.
[343] Wo die Schädlichkeitsgrenze bei Fluglärm verläuft, an der Lärmbelästigungen in "Nachteile" im Sinne von "erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft" umschlagen, lässt sich § 9 Abs. 2 LuftVG selbst nicht unmittelbar entnehmen (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. Rn. 253). Die Schädlichkeits- oder Zumutbarkeitsgrenze bedarf deshalb der fachlich-technischen Konkretisierung. Entsprechende Konkretisierungen enthält das neu gefasste Fluglärmschutzgesetz. Für gewerbliche Anlagen ist es aber – wie ausgeführt – gerade nicht einschlägig. Erst recht scheiden die für andere Lärmquellen erlassenen fachlich-technischen Normen und Regelwerke wie etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) oder die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) als Orientierungshilfe bei der Bestimmung der Schwelle für die Zumutbarkeit von Fluglärm für gewerbliche Anlagen aus. Mangels normativer Anhaltspunkte oder fachlich-technischer Orientierungshilfen für die Bestimmung des nach § 9 Abs. 2 LuftVG zu gewährleistenden baulichen Schallschutzes ist es deshalb Aufgabe der Planfeststellungsbehörde und im Streitfall der Gerichte, zu prüfen und zu entscheiden, welche Lärmschutzvorkehrungen bei gewerblichen Anlagen zur Einhaltung der mit einer gerechten Abwägung nicht überwindbaren Zumutbarkeitsschwelle notwendig sind.
bb) Defizite bei der Umsetzung
[344] Das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen wird den Schutzanforderungen des § 9 Abs. 2 LuftVG nicht in jeder Hinsicht gerecht.
(1) Aktiver Schallschutz
[345] Unberechtigt ist allerdings der Einwand der Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10, der Planfeststellungsbeschluss und das ihn bestätigende Urteil missachteten das verfassungsrechtliche Gebot vorrangig aktiver Maßnahmen des Schallschutzes auch gegen Luftverkehr.
[346] Abgesehen davon, dass sich dem § 9 Abs. 2 LuftVG nach der Senatsrechtsprechung (vgl. z. B. Urteile vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1001.04 – BRS 70 Nr. 28 Rn. 246 und vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 [346 f.]) im Gegensatz etwa zu den §§ 41 ff. BImSchG nicht entnehmen lässt, in welchem Rangverhältnis Maßnahmen des aktiven und des passiven Fluglärmschutzes zueinander stehen, ist die Kritik der Kläger, der Gesetzgeber des Fluglärmschutzgesetzes sei seiner vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 1981 – 1 BvR 612/72 – BVerfGE 56, 54 [84]) auferlegten Pflicht, stärker als bisher "Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes im Sinne einer wirksamen Lärmbekämpfung an der Quelle" zu ergreifen, nicht nachgekommen, in der Sache unberechtigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung bestätigt, dass sich das Fluglärmschutzgesetz bereits in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1971 nicht in den von den dortigen Beschwerdeführern als unzureichend angesehenen passiven Lärmschutzmaßnahmen erschöpfte. Das gilt erst recht für die Neufassung. Gegenstand der Planfeststellung können gemäß § 8 Abs. 4 LuftVG auch betriebliche Regelungen als Maßnahmen des aktiven Schallschutzes sein. Die Lärmbetroffenheiten gewerblicher Grundstücke hat der Planfeststellungsbeschluss fehlerfrei in die Abwägung eingestellt. Damit ist dem aktiven Schallschutz gewerblicher Anlagen hinreichend Rechnung getragen.
(2) Passiver Schallschutz und Entschädigung
(a) Gewerberäume
[348] Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, der Planfeststellungsbeschluss räume den Gewerbetreibenden einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für (bauliche) Schallschutzmaßnahmen nur unter der Voraussetzung ein, dass die Kriterien der Arbeitsstättenverordnung erfüllt sind. Das darin zum Ausdruck kommende Schutzziel, Gewerbetreibende nicht mit fluglärmbedingten Kosten für zusätzlichen baulichen Schallschutz zur Einhaltung der Schutzanforderungen des Arbeitsstättenrechts zu belasten, und die hierfür maßgeblichen Auslösewerte von 80 bzw. 85 dB (A) (Planfeststellungsbeschluss S. 1006 und 1017) bleiben hinter dem nach § 9 Abs. 2 LuftVG Gebotenen deutlich zurück. Als Schutzziel vollständig unberücksichtigt bleibt das Interesse der Gewerbetreibenden, bei Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit selbst nicht in unzumutbarer Weise durch Fluglärm belästigt oder gestört zu werden. Unklar bleibt überdies, welches Schutzniveau oder welche Auslösewerte nach dem Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen letztlich maßgeblich sein sollen.
[349] Im angefochtenen Urteil (juris Rn. 896) klingt zwar an, dass sich die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage der von ihr eingeholten Gutachten auch an der VDI-Richtlinie 2058 orientiert hat. Sie führe – so der Verwaltungsgerichtshof – in Anknüpfung an die lärmmedizinischen Gutachten ergänzend und überzeugend aus, dass es bei der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit zumutbar sei, die Fenster grundsätzlich geschlossen zu halten und nur zum Zweck des Stoßlüftens zu öffnen. Danach würden bei einem Außenpegel von 75 bis 80 dB (A) am Tag schon bei einem Dämmwert von 20 bis 25 dB (A) in den Räumen weitgehend ein äquivalenter Dauerschallpegel von 55 dB (A) eingehalten, den die VDI-Richtlinie 2058 für überwiegend geistige Erwerbstätigkeit empfehle. Feststellungen dazu, ob damit ein Schutzziel für "überwiegend geistige Erwerbstätigkeit" mit einem entsprechenden Schutzniveau festgeschrieben werden sollte oder ob es sich insoweit lediglich um Kontrollüberlegungen der Planfeststellungsbehörde handelte, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Klarheit verschafft auch die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 1017 f.) nicht, wo lediglich davon die Rede ist, dass die VDI-Richtlinie, in der Beurteilungspegel von 70 dB (A) für "einfache oder überwiegend mechanisierte Bürotätigkeiten" und 55 dB (A) für überwiegend geistige Tätigkeiten angegeben würden, als "zusätzlicher Anhaltspunkt" herangezogen werden könne.
[350] Die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 rügen deshalb zu Recht, dass sie auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses nicht mit hinreichender Bestimmtheit absehen können, ob und unter welchen Voraussetzungen sie auf der Grundlage des Schallschutzkonzepts des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen zumindest dem Grunde nach Aufwendungsersatz für passiven Schallschutz beanspruchen können. Die Frage, ob den Anforderungen des § 9 Abs. 2 LuftVG auf der Grundlage der VDI-Richtlinie entsprochen wäre, oder ob die von der Richtlinie empfohlenen Werte – wie die Kläger meinen – zu unzumutbaren Belästigungen führen, bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung.
[351] Mangels hinreichend klar formulierter Schutzziele und -anforderungen hilft auch die auf die fehlende subjektive Betroffenheit der Kläger zielende Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 897) nicht weiter, die Büros und sonstigen Aufenthaltsräume des Anwesens der Kläger "dürften" angesichts eines in der Baugenehmigung vorgegebenen Schalldämmmaßes von 45 dB (A) über ausreichenden baulichen Schallschutz verfügen.
[352] Im Planfeststellungsbeschluss unzureichend geregelt ist schließlich die Übernahmeentschädigung. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 887 und 901) geht davon aus, dass sich der Anspruch nach der Nebenbestimmung in Teil A XI 5. 1. 3 Nr. 3 (S. 1434) des Planfeststellungsbeschlusses auf eine angemessene Entschädigung in Geld richtet, falls bauliche Schallschutzmaßnahmen untunlich sind. Dieser Entschädigungsanspruch kann sich auch zu einem Übernahmeanspruch verdichten, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich klargestellt hat. Ungeklärt bleibt indes, in welchen Fällen bauliche oder betriebliche Schallschutzmaßnahmen untunlich sind, und vollends, ab welchen Schallwerten der Übernahmeanspruch greifen soll. Damit verfehlt der Entschädigungsanspruch die ihm nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs von der Planfeststellungsbehörde zugedachte Funktion, all jene Fälle gewerblicher Nutzungseinschränkungen durch Fluglärm abzufedern, in denen die Weiternutzung eines Gewerbegrundstücks trotz Maßnahmen des baulichen Schallschutzes und gegebenenfalls auch trotz flankierender Maßnahmen des organisatorischen und des individuellen Schallschutzes nicht mehr zumutbar oder gar gesundheitsschädlich ist.
(b) Außenflächen
[353] Darüber hinaus bleibt ungeregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Kläger Entschädigungsleistungen für Beeinträchtigungen der Nutzung ihrer gewerblichen Außenflächen beanspruchen können. Ob den Klägern im nachfolgenden Entschädigungsverfahren insoweit Erstattungs- oder Entschädigungsansprüche zustehen und welche Auslösewerte hierfür gegebenenfalls maßgeblich sein sollen, klärt der Planfeststellungsbeschluss nicht.
[354] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 898) hat nicht verkannt, dass die Außenanlagen der Grundstücke der Kläger infolge der Erweiterung des Flughafens einer ganz beträchtlichen Lärmbelastung ausgesetzt sein werden. Er hat allerdings den Hinweis der Planfeststellungsbehörde für überzeugend gehalten, dass diese Flächen nicht zu einem dauernden, sondern nur zu einem vorübergehenden Aufenthalt bestimmt seien, und hat im Übrigen organisatorische und individuelle Schallschutzmaßnahmen für zumutbar gehalten. Selbst wenn die Zumutbarkeitsschwelle im Einzelfall überschritten werde, sehe der Planfeststellungsbeschluss – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – einen Entschädigungsanspruch vor. Dem entsprechend hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Protokollerklärung klargestellt, dass die Regelung in Teil A XI 5. 1. 3 Nr. 3 des Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich auch Entschädigungsleistungen für eine Beeinträchtigung der Nutzung gewerblicher Außenflächen sowie deren Übernahme umfasst.
[355] Den Anforderungen des § 9 Abs. 2 LuftVG genügt das Schallschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Außenanlagen gleichwohl nicht. Auch insoweit lassen Verwaltungsgerichtshof und Planfeststellungsbeschluss völlig offen, welches Schutzniveau auf gewerblichen Außenflächen hinsichtlich welcher Tätigkeiten zu gewährleisten ist und ab welchen Auslösewerten oder nach welchen sonstigen Kriterien Entschädigung oder Übernahmeentschädigung in Betracht kommt.
(c) Ausbleiben von Kunden
[356] Bundesrechtswidrig ist auch, dass der Verwaltungsgerichtshof einen unmittelbar fluglärmbedingten Kundenverlust als rechtlich unerheblichen bloßen Verlust einer Lagegunst qualifiziert hat.
[357] Im Grundsatz ist zwar an dem – vom Verwaltungsgerichtshof zitierten – Urteil des Senats vom 27. Juni 2007 – BVerwG 4 A 2004.05 – (BVerwGE 129, 83 Rn. 14) festzuhalten, wonach Art. 14 Abs. 1 GG nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten schützt, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, und dass es ein Grundeigentümer deshalb grundsätzlich hinnehmen muss, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Allerdings ging es in dem dort zu entscheidenden Fall um die Teil-Absiedlung einer Ortschaft und den hierdurch befürchteten Verlust des Kundenstamms einer Gärtnerei. Im Übrigen hatte der Senat dort fallbezogen festgestellt, es sei nicht zu erwarten, dass die klägerische Gärtnerei tagsüber einem flughafenbedingten Verkehrslärm ausgesetzt sein werde, der die Grenze des einer Verkaufsstätte Zumutbaren überschreite, und die Kunden deshalb ausblieben. Eben dies machen die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 aber geltend. Ein unmittelbar fluglärmbedingter Rückgang der Kundenzahlen ist mit "Verlust einer Lagegunst" nicht zutreffend umschrieben. Jedenfalls für unzumutbare Einwirkungen ist in diesen Fällen an ähnliche Grenzziehungen zu denken, wie sie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 23. Februar 2010 – 1 BvR 2736/08 – NVwZ 2012, 512) unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zur Stichtagsregelung herausgearbeitet hat. Entsprechende Regelungen lässt der Planfeststellungsbeschluss vermissen.
[358] Unbehelflich ist schließlich der Hinweis der Beigeladenen, auch insoweit greife die Entschädigungsregelung in Teil A XI 5. 1. 3 Nr. 3 des Planfeststellungsbeschlusses mit der Folge, dass im Falle des Nachweises einer unzumutbaren fluglärmbedingten Beeinträchtigung des Kundenstamms Übernahme-Entschädigung beansprucht werden könne. Auch insoweit ist die Regelung unbestimmt.
H. Luftschadstoffe
[359] Ohne Erfolg bleibt das Revisionsvorbringen der Kläger, soweit es sich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Luftschadstoffbelastung richtet.
1. Bewertung der Luftschadstoffbelastung
[360] Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Luftschadstoffbelastung greifen die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 ausdrücklich erstmals mit ihrem Schriftsatz vom 16. Februar 2012 an. Diesen Vortrag haben die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 übernommen (Schriftsatz vom 4. März 2012). Das Vorbringen ist, soweit nicht bereits gemäß § 139 Abs. 3 VwGO verfristet (vgl. hierzu Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 139 Rn. 31 und Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 139 Rn. 11), unbegründet.
a) Verweis auf Luftreinhalteplanung
[361] Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Planungssenate des Bundesverwaltungsgerichts hat es der Verwaltungsgerichtshof gebilligt, dass die Planfeststellungsbehörde wegen der NO2-Belastung auf das Verfahren der Luftreinhalteplanung verwiesen hat.
[362] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1008 ff.) ist davon ausgegangen, dass die NO2-Belastung im Flughafenumfeld den Grenzwert gemäß dem – hier noch einschlägigen – § 3 Abs. 4 der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) teilweise übersteige und dass im Gewerbegebiet "I … T …" der Stadt K … flächendeckend Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien, von denen ein nicht unwesentlicher Anteil flughafeninduziert sei. Trotz dieser auch ausbaubedingten Grenzwertüberschreitungen habe die Planfeststellungsbehörde zu Recht auf die Bewältigung der Problematik im Wege der Luftreinhalteplanung verwiesen. Ein Verstoß gegen den planerischen Grundsatz der Konfliktbewältigung liege nicht vor.
[363] Zu Unrecht meinen die Kläger, eine Verlagerung der Problematik auf die Luftreinhalteplanung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil Anlagen, die dem Bundesimmissionsschutzgesetz unterfielen, die Grenzwerte strikt einhalten müssten, während Flughäfen hiervon gemäß § 2 Abs. 2 BImSchG ausgenommen seien. Ein Gleichheitsverstoß liegt bereits deshalb nicht vor, weil für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG ein gebundener Anspruch auf Zulassung besteht, während die Zulassung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 LuftVG der Planfeststellung unterliegt und deshalb wertende Einschätzungen und Abwägungen voraussetzt (Urteil vom 17. Januar 1986 – BVerwG 4 C 6.84 und 4 C 7.84 – BVerwGE 72, 365 [367]). Dies rechtfertigt es, dass der Gesetzgeber immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen einerseits und planfeststellungsbedürftige Anlagen andererseits unterschiedlich behandelt. Im Übrigen bezieht sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung von Luftschadstoffen in der Abwägung nicht nur auf die Zulassung von Flugplätzen, sondern etwa auch auf die Straßenplanung (vgl. z. B. Urteile vom 26. Mai 2004 – BVerwG 9 A 6.03 – BVerwGE 121, 57 und vom 23. Februar 2005 – BVerwG 4 A 5.04 – BVerwGE 123, 23) und ist damit nicht von § 2 Abs. 2 BImSchG abhängig.
[364] Unberechtigt ist die Kritik der Kläger an der vom Verwaltungsgerichtshof verwendeten Formulierung, der Verweis auf die Luftreinhalteplanung sei nur dann unzulässig, wenn sich deren Scheitern gewissermaßen aufdränge. Der betreffenden Passage in den Urteilsgründen (juris Rn. 1012) ist die Aussage vorangestellt, das Bundesverwaltungsgericht, dem sich der Verwaltungsgerichtshof anschließe, gehe davon aus, dass der Verweis auf die Luftreinhalteplanung nur dann unzulässig sei, wenn sich bereits im Planungsverfahren abzeichne, dass sich die Problematik dort nicht werde lösen lassen. Es folgt die auf der Grundlage dieses Rechtssatzes getroffene tatsächliche Feststellung, vorliegend gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Luftreinhalteplanung scheitern werde. Damit gibt der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend wieder und lässt auch in der Subsumtion keine Rechtsfehler erkennen. Hiernach ist das Gebot der Konfliktbewältigung erst verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern (Urteile vom 26. Mai 2004 a. a. O. [64] und vom 23. Februar 2005 a. a. O.), wenn also absehbar ist, dass sich die Konflikte dort nicht werden lösen lassen, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn das Planungsvorhaben bereits für sich genommen Grenzwertüberschreitungen erwarten lässt (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 426). Letzteres war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Falle des Flughafens Frankfurt Main selbst in dem exponierten Gewerbegebiet "I … T …" der Stadt K … nicht der Fall.
[365] Soweit die Kläger geltend machen, die Verlagerung der Durchsetzung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) auf das Verfahren der Luftreinhalteplanung in den Fällen, in denen deren Erfolg nicht hinreichend sicher sei, sei unionsrechtswidrig, argumentieren sie an den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei, der – wie ausgeführt – festgestellt hat, dass keine Anhaltspunkte für ein Scheitern der Luftreinhalteplanung bestehen. Soweit sie darüber hinaus rügen, eine Steuerung der flughafenbedingten Schadstoffimmissionen durch das Verfahren der Luftreinhalteplanung sei praktisch unmöglich, weil deren Ergebnisse bei der Entscheidung über etwaige nachträgliche Betriebsbeschränkungen eines planfestgestellten Vorhabens nur "zu berücksichtigen" seien, und überdies realitätsfremd, weil nachträgliche Betriebsbeschränkungen nicht verhängt würden und eine Luftreinhaltung auf anderem Wege ausgeschlossen sei, bleibt diese Rüge ebenfalls ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 16. März 2006 a. a. O. m. w. N.) hat die Zulässigkeit einer Verlagerung der Konfliktbewältigung auch unter diesem Aspekt wiederholt bejaht; die Ausführungen der Kläger geben keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. § 47 Abs. 4 BImSchG bestimmt, dass die in einem Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen entsprechend dem Verursacheranteil unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Die festgelegten Maßnahmen sind gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung auf der Grundlage entsprechender Befugnisnormen – siehe etwa § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG – durchzusetzen. Die rechtliche Durchsetzbarkeit der Ergebnisse einer Luftreinhalteplanung gegenüber dem Betreiber des Flughafens ist deshalb sichergestellt.
[366] Die seitens der Kläger vorgebrachten verfassungs- oder unionsrechtlichen Bedenken teilt der Senat somit insgesamt nicht; die Anträge auf Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs waren deswegen zurückzuweisen.
b) Grenzwertüberschreitungen bis zum Prognosejahr 2020
[367] Ins Leere geht auch die Rüge der Kläger, zu Unrecht habe der Verwaltungsgerichtshof Grenzüberschreitungen bis zum Prognosejahr 2020 hingenommen.
[368] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1059) hat eine Darstellung und Bewertung der Entwicklung der Schadstoffbelastung in den einzelnen Jahren zwischen 2005 und 2020 nicht für erforderlich gehalten. Maßgeblich für die Bewertung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens sei das Prognosejahr 2020. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass bis dahin flughafenbedingt Spitzenbelastungen auftreten würden, die über den für das Jahr 2020 prognostizierten Grenzwerten liegen. Ausweislich der Gutachten stehe der steigenden Anzahl an Flugbewegungen eine Abnahme der sonstigen Belastungen im Untersuchungsgebiet gegenüber.
[369] Diese Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Der Einwand der Kläger, sie träfen in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, ist unerheblich. Der weitere Einwand, es widerspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wenn zwar für das Prognosejahr Grenzwertüberschreitungen nicht prognostiziert seien, aber der vorangegangene Zeitraum ab Inbetriebnahme der geänderten luftverkehrsrechtlichen Infrastruktur nicht betrachtet worden sei, geht an der tatsächlichen Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, es existierten keine Anhaltspunkte für zwischenzeitliche flughafenbedingte Spitzenbelastungen, die über den für das Jahr 2020 prognostizierten Grenzwerten liegen, vorbei.
c) Rechenfehler
[370] Unberechtigt ist die Kritik der Kläger, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Bewertung des Gutachtens 13. 4 "Luftschadstoffe – Gesamtimmissionen" erhebliche und offenkundige Rechenfehler übersehen.
[371] Offenbleiben kann, ob ein Verstoß gegen Denkgesetze dann, wenn er im Zusammenhang mit der Sachverhaltsermittlung geltend gemacht wird, Gegenstand einer Verfahrensrüge sein muss (Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 [272 f.]). Denn ein Verstoß gegen Denkgesetze ist bereits der Sache nach nicht dargetan. Zwar kann ein Rechenfehler ein Verstoß gegen Denkgesetze sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber an keiner Stelle des Urteils die von den Klägern als Verstoß gegen Denkgesetze gerügten Rechenschritte vollzogen. Ein Rechenfehler in einem Gutachten, dem das Gericht nicht nachgeht, obwohl der Fehler Zweifel an der Plausibilität des Gutachtens weckt, kann einen Aufklärungsmangel begründen, ist aber nicht mit einem Verstoß des Gerichts gegen die Denkgesetze gleichzusetzen.
[372] Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Qualitätssicherung als nicht notwendig erachtet hat, weil sich die Gutachten ohne weitere Prüfung als zutreffend erwiesen hätten. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Plausibilität der Gutachten im Hinblick auf Untersuchungsraum, Ausbreitungsmodell, Eignung der sog. Romberg-Formel, Spektrum der erfassten Schadstoffe, Erfassung sonstiger Emissionsquellen und Ermittlung der Gesamtbelastung geprüft (juris Rn. 946 ff.). Hinsichtlich des Zahlenwerks weist der Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf hin, dass die Kläger keine konkreten Ungereimtheiten aufgezeigt hätten, die durchgreifende Zweifel an den Prognosen begründen könnten.
d) Restitutionsgründe
[373] Ohne Erfolg bleibt die von den Klägern in den Verfahren BVerwG 4 C 2.10 und 4 C 6.10 am Gutachten G 14 "Humantoxikologie" geäußerte Kritik.
[374] Die Kläger unterziehen das Gutachten G 14 einer fachlichen Kritik unter Vorlage zweier Gutachten der Universitätsklinik Kiel vom Juli und Dezember 1999, die ihren Angaben zufolge von der hessischen Staatskanzlei finanziert worden, ihnen aber erst vor Kurzem "zugespielt worden" seien, und machen insoweit einen Restitutionsgrund geltend. Der auf diese Gutachten gestützte neue Tatsachenvortrag der Kläger kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden.
[375] Neuer Tatsachenvortrag ist dann berücksichtigungsfähig, wenn die in Frage stehenden Umstände ohne Weiteres eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 173 VwGO i. V. m. § 580 ZPO begründen würden und die Berücksichtigung der neuen Umstände dem Bundesverwaltungsgericht eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst ermöglicht (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 137 Rn. 28; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 64 m. w. N. aus der Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts). Vorliegend kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmeverfahrens vorliegen. Denn der Senat könnte auf der Grundlage der vorgelegten Gutachten in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Kläger machen geltend, dass unter Zugrundelegung der Vorsorgewerte der vorgelegten Gutachten strengere Anforderungen an den Betrieb des Flughafens Frankfurt Main gerichtet worden wären, die die Erweiterung des Flughafens in Frage gestellt hätten. Zur Klärung der Frage, ob die Planfeststellungsbehörde verpflichtet gewesen wäre, diese Gutachten anstelle des Gutachtens G 14 ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, müsste der Senat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverweisen.
e) Ozonbelastung
[376] Einen Bundesrechtsverstoß zeigen die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 auch hinsichtlich der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Ozonbelastung nicht auf.
[377] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1051) hat sich auf den Standpunkt gestellt, eine detailliertere Betrachtung der vom Vorhaben ausgehenden Beeinflussung der Ozonkonzentration im Umfeld des Flughafens sei nicht vorzunehmen gewesen; es gebe keinen Hinweis darauf, dass der Flughafen Frankfurt Main einen hohen Beitrag zur lokalen Ozonbildung liefere. Soweit die Kläger rügen, diese Auffassung sei aufgrund der eindeutigen Gutachtenlage nicht haltbar, wäre dies mit einer – rechtzeitig – erhobenen Verfahrensrüge geltend zu machen gewesen. Soweit sie weiter vortragen, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs widerspreche der Rechtslage nach der 22. BImSchV und den Richtlinien 96/62/EG und 1999/30/EG, bleibt unklar, was sie damit meinen.
f) "Modelltag"
[378] Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, materiellrechtlich sei es mit dem System des Immissionsschutzes der 22. BImSchV nicht zu vereinbaren gewesen, dass als "Modelltag" der hinsichtlich der Belastung dreißigstärkste Tag eines Jahres ausgewählt worden sei.
[379] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 970) hat es nicht beanstandet, dass das Gutachten G 13. 1 auf dem Modelltag als Datengrundlage beruht und als Modelltag der hinsichtlich der Belastung dreißigstärkste Tag ausgewählt worden ist. Es sei nicht erkennbar, dass dadurch eine Unterschätzung der Luftschadstoffbelastung im Umland des Flughafens eintrete. Die Auswahl des Modelltages habe allenfalls Auswirkungen auf eventuelle Überschreitungen von Kurzzeitgrenzwerten. Angesichts der Tatsache, dass nach dem Gutachten G 13. 1 vom Flughafen selbst überhaupt keine Emissionen zu erwarten seien, die im Umland auch nur annähernd zum Erreichen von Grenzwerten führen werden, gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Wahl eines anderen Modelltages zu gravierenden Veränderungen der Ergebnisse des Gutachtens führen würde. Der Einwand, die Beigeladene nehme hierdurch für den Luftschadstoff NO2 ungerechtfertigt ein 92-Perzentil anstelle des in der 22. BImSchV geforderten 98-Perzentils in Anspruch, gehe schon deshalb ins Leere, weil nicht ersichtlich sei, dass es an den 29 Tagen mit stärkerem Flugverkehr überhaupt zu ausbaubedingten Kurzzeitgrenzwertüberschreitungen komme. Im Übrigen habe der Fachgutachter der Beigeladenen nachvollziehbar dargelegt, dass für Flughäfen die Verwendung solcher mittleren Zeitgänge eine gute Näherung und die Auswahl des Modelltages eher konservativ sei.
[380] Die Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 rügen, die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs gehe am Problem vorbei, weil die NO2-Grenzwerte unstrittig überschritten würden und das 98-Perzentil vorgeschrieben sei. Soweit sie sich auf eine "unbestrittene Überschreitung der NO2-Grenzwerte" berufen, beziehen sie sich auf die Jahresmittelwerte. Die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Wahl des 98-Perzentils eine Überschreitung der Kurzzeitwerte zu befürchten sei, ist damit nicht in Frage gestellt. Im Übrigen verweisen sie auf Fehler im Gutachten G 13. 1, hinsichtlich derer sie Verfahrensrügen nicht erhoben haben.
g) Vegetation
[381] Zu Recht hat es der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1003) schließlich unbeanstandet gelassen, dass die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben an den Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Gesundheit und nicht auch an denjenigen zum Schutz der Vegetation gemäß § 3 Abs. 6 der 22. BImSchV gemessen hat. Die Auffassung der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10, die Vegetation ihres Grundstücks als Schutzgut dürfe nicht völlig außer Acht gelassen werden, geht fehl. Die Richtlinie 1999/30/EG spricht vom Schutz von "Ökosystemen" (Erwägungsgrund 5). Hätten die Richtlinie oder in deren Umsetzung die 22. BImSchV mit den Grenzwerten zum Schutz der Vegetation auch die ballungsraumnahe, besonders hohen Belastungen ausgesetzte Vegetation schützen wollen, wäre kaum erklärlich, warum nach den normativen Vorgaben Immissionen in einer Entfernung von mindestens 20 km zu messen sind.
2. Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Fluglärm
[382] Ohne Erfolg bleiben auch die gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 1071 bis 1082) zum Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Fluglärm gerichteten Revisionsrügen der Kläger.
[383] Der Planfeststellungsbeschluss sieht nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 1072) für das Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Fluglärm weder Zuschläge zu den Grenzwerten noch anderweitige Schutzanordnungen vor. Dieser Entscheidung liege – so der Verwaltungsgerichtshof – das humantoxikologische Gutachten G 14 – Dr. T … – (S. 38) zugrunde, wonach es zwar Anhaltspunkte dafür gebe, dass sowohl die Luftschadstoff- als auch die Lärmbelastung Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben könnten; allerdings lasse sich nicht zuverlässig feststellen, inwieweit sich beide Einflussfaktoren tatsächlich gegenseitig verstärkten.
[384] Im erstinstanzlichen Verfahren hatten die Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 4.10, 4 C 9.09 und 4 C 3.10 eine Stellungnahme ihres Sachbeistandes Prof. Dr. L … vorgelegt, dem die Gutachterin Dr. T … und der Mitautor des Gutachters Prof. Dr. S … mit einer weiteren Stellungnahme entgegengetreten sind. Nach einer Gesamtwürdigung der fachlichen Stellungnahmen gelangt der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1074) zu der Überzeugung, dass die Aussage des Gutachtens G 14 zu den Wechselwirkungen zwischen Fluglärm und Luftschadstoffen nicht in Frage gestellt werde. Die Beweisanträge der Klägerinnen, die auf weitere Aufklärung der kumulativen Effekte zielten, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass sie wegen des gesetzlich vorgegebenen Systems der getrennten Ermittlung und Bewertung von Immissionen letztlich unerheblich seien (juris Rn. 1079).
a) Keine weitergehenden Schutzvorkehrungen
[385] Die hiergegen erhobene Rüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, auch zur Vermeidung von Nachteilen, die durch das schädigende Zusammenwirken von Luft- und Lärmbelastungen verursacht werden, seien weitere Schutzvorkehrungen zugunsten besonders schutzbedürftiger Personen geboten, bleibt ohne Erfolg.
[386] Der Verwaltungsgerichtshof hat sein Ergebnis auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt. Zum einen sei das Wissen über kumulative Effekte von Fluglärm und Luftschadstoffen so dürftig, dass die Planfeststellungsbehörde diesem Phänomen nicht näher habe nachgehen müssen und auch keine Sicherheitszuschläge bei den Grenzwerten für Fluglärm oder Luftschadstoffe geboten gewesen seien. Zum anderen ergebe sich auch aus den grundlegenden Entscheidungen des Gesetz- und Verordnungsgebers im Fluglärmschutzgesetz und bei der Normierung der Grenz- und Zielwerte für Luftschadstoffe, dass verbleibende Zweifel nicht durch Sicherheitszuschläge auszugleichen seien oder gar zu einem Verzicht auf das Projekt führen müssten. Beide Begründungselemente sind rechtlich selbständig tragend und bundesrechtlich tragfähig.
aa) Normative Gründe
[387] Bereits aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof angeführten normativen Erwägungen ist das Ergebnis, es sei nicht abwägungsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss unter dem Aspekt des Zusammenwirkens von Fluglärm und Luftschadstoffen weder Zuschläge zu den Grenzwerten für die Lärm- oder Schadstoffberechnung noch anderweitige Schutzanordnungen vorsehe, sachlich nicht zu beanstanden.
(1) Grenzwerte des Fluglärmschutzgesetzes
[388] Wie ausgeführt, ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass das Fluglärmschutzgesetz für Wohnnutzung und schutzbedürftige Einrichtungen die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für den Regelfall sowohl für die – für diese Nutzungen ohnehin nicht mehr im Planfeststellungsbeschluss zu regelnden – Ansprüche auf passiven Schallschutz und auf Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs (§ 13 Abs. 1 FluglärmG) als auch als Maßstab für die Gewichtung der Lärmschutzbelange in der Abwägung (§ 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG) abschließend festgeschrieben hat. Die Frage, inwieweit diese Grenzwerte auch für atypische Fallkonstellationen gelten, kann hier offenbleiben, weil es als Regelfall anzusehen ist und keine Atypik begründet, dass von einem Flughafen neben Lärm- auch Schadstoffimmissionen ausgehen und diese mit zunehmender Verkehrsdichte und damit zunehmendem Lärmpegel steigen. Hätte der Gesetzgeber hierfür einen außerhalb des Fluglärmschutzgesetzes zu ermittelnden Sicherheitszuschlag zulassen wollen, hätte er auf die Festlegung von Grenzwerten ganz verzichten können. Überzeugend ist auch der Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 1078) auf die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten für Fluglärmschutz einerseits und Schutz vor Luftverunreinigungen andererseits. Sicherheitszuschläge bei den Grenzwerten für Fluglärm würden das Prinzip des § 47 BImSchG konterkarieren, wonach die Last der Beseitigung der durch Luftschadstoffe verursachten Belastungen über die Luftreinhalteplanung zwischen verschiedenen Verursachern verteilt werden soll.
(2) Grenzwerte für Luftschadstoffe
[389] Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde sei aufgrund etwaiger kumulativer Effekte nicht verpflichtet gewesen, Maßnahmen gegen die Luftschadstoffbelastung in ihre Abwägung einzubeziehen, steht ebenfalls mit Bundesrecht im Einklang.
[390] Wie dargestellt, hat die Planfeststellungsbehörde die Bewältigung der Luftschadstoffproblematik hier abwägungsfehlerfrei der Luftreinhalteplanung nach § 47 BImSchG i. V. m. der 22. BImSchV überlassen. Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage einer Luftreinhalteplanung hat zur Folge, dass die Lasten entsprechend den Verursacheranteilen gleichmäßig auf alle Emittenten zu verteilen sind (§ 47 Abs. 4 BImSchG), während Auflagen im Planfeststellungsbeschluss zur Sicherstellung der Einhaltung der Grenzwerte einseitig den Flughafenbetreiber treffen. Eine defizitäre Konfliktbewältigung im Verfahren der Luftreinhalteplanung kann nicht damit begründet werden, dass die Grenz- und Zielwerte der 22. BImSchV zu niedrig seien. Denn die in der Verordnung zum Ausdruck kommende normative Wertung ist auch in der Planfeststellung zu berücksichtigen. Eine unzureichende Konfliktbewältigung wäre allerdings dann anzunehmen, wenn das System der Luftreinhalteplanung seinem Anspruch nach gar nicht darauf abzielte, etwaige kumulative Effekte mit abzudecken. Das hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch zu Recht verneint. Er legt im Einzelnen dar, dass die Normgeber bei Erlass der 22. BImSchV und der Richtlinien 96/62/EG bzw. 1999/30/EG die Möglichkeit eines kombinierten Auftretens verschiedener Schadstoffimmissionen gesehen und bewusst eine getrennte Betrachtungsweise vorgesehen hatten (juris Rn. 1056) und dies auch für die Kombination von Lärm und Schadstoffen gelte (juris Rn. 1077), weil hohe Schadstoffbelastungen typischerweise gerade in Ballungsgebieten auftreten und dort mit Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm unterschiedlicher Herkunft zusammentreffen.
bb) Stand der Forschung
[391] Bundesrechtlich tragfähig ist auch das weitere Begründungselement des Verwaltungsgerichtshofs, das Wissen über kumulative Effekte von Fluglärm und Luftschadstoffen sei so dürftig, dass die Planfeststellungsbehörde diesem Phänomen nicht näher habe nachgehen müssen und auch keine Sicherheitszuschläge bei den Grenzwerten für Fluglärm oder Luftschadstoffe geboten gewesen seien.
(1) Ermittlungspflichten der Planfeststellungsbehörde
[392] Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht nicht beanstandet, dass der Beklagte keine weitere Sachverhaltsermittlung betrieben hat.
[393] Ausgehend von seinen Tatsachenfeststellungen stellen die von den Beteiligten vorgelegten Stellungnahmen die aktuelle Erkenntnislage zum Zusammenwirken von Fluglärm und Luftschadstoffen vollständig und insoweit übereinstimmend dar. Neue Erkenntnisse könnten vor diesem Hintergrund nur durch völlig neue Studien, d. h. durch eine Fortentwicklung des Standes der Wissenschaft gewonnen werden. Entsprechende Anstrengungen könnten von einer Planfeststellungsbehörde selbst dann nicht verlangt werden, wenn eine dahingehende Fortentwicklung des Wissensstandes von Wissenschaftlern als dringend wünschenswert bezeichnet würde. Selbst im Atomrecht, das strenge Anforderungen an behördliche Ermittlungspflichten stellt, ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG der erreichte Stand der Wissenschaft und Technik Maßstab für die gebotene Vorsorge; eine im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bestehende Erwartung der zuständigen Behörden, durch weitere Untersuchungen Fortschritte des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes erzielen zu können, begründet keine entsprechenden Ermittlungspflichten (Beschluss vom 16. Februar 1998 – BVerwG 11 B 5.98 – Buchholz 451. 171 § 7 ATG Nr. 6). Für die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung gelten keine weitergehenden Ermittlungspflichten.
(2) "Sicherheitszuschläge"
[394] Auch Sicherheitszuschläge bei den Grenzwerten für Fluglärm oder Luftschadstoffe hat der Verwaltungsgerichtshof angesichts der dürftigen wissenschaftlichen Erkenntnislage zu Recht nicht gefordert.
[395] In seinen Urteilen zum Planfeststellungsbeschluss über den Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld (vgl. z. B. Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 308) hat es der Senat ohne konkrete Anhaltspunkte oder wenigstens Verdachtsmomente als rechtlich nicht geboten angesehen, jeglichem Risiko vorzubeugen. § 9 Abs. 2 LuftVG verlangt keine Vorsorge gegen rein hypothetische Gefährdungen. Der Planungsträger braucht keine Schutzziele festzulegen, deren Erforderlichkeit noch nicht abschätzbar ist. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind einer Planungs- oder Zulassungsentscheidung in der Regel erst dann zugrunde zu legen, wenn sie sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt und allgemeine Anerkennung – nicht notwendig einhellige Zustimmung – gefunden haben. Die bei jeder wissenschaftlichen Erkenntnis generell gegebene Möglichkeit ihrer Fortentwicklung oder Änderung ist unbeachtlich (Urteil vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 [375]). Auf rein theoretischer Basis angestellte Erwägungen erfordern es nicht, im Rahmen der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze etwa einen allgemeinen Risikozuschlag zugunsten der Lärmbetroffenen für den nie völlig auszuschließenden Fall neuerer Erkenntnisse vorzusehen. Entsprechendes wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn schon heute wissenschaftlich begründete Zweifel an der Richtigkeit der derzeitigen Erkenntnislage bestünden. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen.
[396] Auch die Subsumtion des Verwaltungsgerichtshofs steht mit der Senatsrechtsprechung in Einklang. Selbst wenn man konkrete Anhaltspunkte oder wenigstens Verdachtsmomente für Gesundheitsschäden für einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen ausreichen ließe, wäre zu fordern, dass die (mögliche) Schädlichkeitsschwelle kumulativer Effekte in irgendeiner Weise quantifiziert ist, weil nur so die geforderten Sicherheitszuschläge begrenzt werden können. Dass eine Quantifizierung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft nicht möglich ist, hat der Verwaltungsgerichtshof vorliegend aber ausdrücklich festgestellt.
[397] Erst recht wird das fachplanerische Abwägungsgebot des § 8 Abs. 1 LuftVG nicht verletzt, wenn die Planfeststellung nicht quantifizierbare kumulative Effekte nicht in ihre Abwägung einbezogen hat. Denn Abwägung erfordert eine Gewichtung, die im Falle eines bloßen Verdachts nicht möglich ist.
[398] Da sich der Verwaltungsgerichtshof in bundesrechtlich unbedenklicher Weise auch auf normative Gründe gestützt hat, konnte er die auf das tatsächliche Begründungselement zielenden Beweisanträge wegen Unerheblichkeit ablehnen. Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 greifen nicht durch.
I. Kommunale Belange
[399] Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde gebilligt, dass die kommunalen Klägerinnen die mit der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main verbundenen oder dadurch ausgelösten Eingriffe in ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung im Interesse der für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange hinnehmen müssten. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Kommunale Wohnungen und Einrichtungen
[400] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Planfeststellungsbehörde die Belange kommunaler Einrichtungen und Wohnungen in nicht zu beanstandender Weise ermittelt und bewertet habe.
[401] Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1238) auf seine Ausführungen zur Ermittlung und Bewertung der Lärmbelastung von Wohnungen und schutzbedürftigen Einrichtungen Bezug genommen, weil sich die Rechtsposition der Gemeinden insoweit nicht von derjenigen privater Eigentümer von Grundstücken mit Wohnungen oder schutzbedürftigen Einrichtungen unterscheide. Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 geltend mache, die Planfeststellungsbehörde habe die in ihrem Stadtgebiet betroffenen Einrichtungen nicht ermittelt, sei dies unzutreffend. Die von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Pläne seien allenfalls eingeschränkt verwertbar, da sie einerseits nicht den letzten Stand der Lärmermittlungen der Planfeststellungsbehörde vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erfassten und andererseits auf den unzutreffenden Lärmberechnungsgrundlagen ihres Sachbeistandes Dr. M … beruhten. Im Übrigen gelte auch hier, dass es auf die genaue Zahl der schutzbedürftigen Einrichtungen und ihrer Nutzer nicht ankomme. Der auf Ermittlung der Zahl der Einrichtungen abzielende Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin sei, soweit über ihn nicht schon im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Lärmermittlung entschieden worden sei, wegen fehlender Substantiierung der behaupteten Zahlen und letztlich wegen Unerheblichkeit des Beweisthemas abzulehnen.
[402] Ohne Erfolg rügt die Klägerin eine Verletzung von § 86 Abs. 2 VwGO. Die Beweisbehauptung, in ihrem Stadtgebiet befänden sich in der Isophone der Tagschutzzonen 1 und 2 und der Nachtschutzzone insgesamt 131 schutzbedürftige Einrichtungen gemäß § 5 Abs. 1 FluglärmG mit mehr als 25 000 Nutzern und mehr als 4 500 Beschäftigten, sei erheblich gewesen, weil ihre Belange im Wege der Einzelabwägung genau zu ermitteln gewesen seien. Die Beliebigkeit des Verwaltungsgerichtshofs im Umgang mit dem Abwägungsmaterial – der Planfeststellungsbeschluss gehe für ihr Stadtgebiet nur von ca. zehn schutzbedürftigen Einrichtungen aus – sei auf keinen Fall hinzunehmen. Die genannte Einrichtungszahl habe sie seit dem Anhörungsverfahren vorgetragen.
[403] Ob die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die Zahl der Lärmbetroffenen und der schutzwürdigen Einrichtungen komme es selbst dann nicht an, wenn diese deutlich über oder unter den prognostizierten Werten liege, zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Denn die selbständig tragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde seien vorbehaltlich der stets vorhandenen Restunsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der Flugrouten, zutreffend, ist nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden. Die Aufklärungsrüge der Klägerin ist unzulässig. Aus der Revisionsbegründung geht nicht schlüssig hervor, wie viele schutzbedürftige Einrichtungen durch eine Beweiserhebung ausgehend von der im Rahmen der Aufklärungsrüge allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zur Lärmermittlung (Sigma-Regelung) im Stadtgebiet der Klägerin hätten gefunden werden sollen; die ursprüngliche Beweisbehauptung beruhte, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, auf der Rechtsauffassung der Klägerin bzw. ihres Sachbeistandes Dr. M … zur Sigma-Regelung und nicht auf derjenigen des Verwaltungsgerichtshofs. Ebenso wenig lässt sich der Revisionsbegründung schlüssig entnehmen, wie weit die so ermittelte Einrichtungszahl von den in der Begründung des Beweisantrags nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht berücksichtigten ergänzenden Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde noch entfernt gewesen wäre. Die Zahl von zehn Einrichtungen, die in der Begründung des Beweisantrags genannt wird, wird nicht belegt und taucht auch weder im Urteil noch im Planfeststellungsbeschluss auf. Ohne nachvollziehbare Angaben hierzu ist das Revisionsgericht nicht in der Lage, die Begründetheit der Aufklärungsrüge zu prüfen.
2. Baugebiete
[404] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1238 ff.) hat festgestellt, die Planfeststellungsbehörde habe auch bestehende Baugebiete, die auf der Grundlage von Bebauungsplänen entstanden seien, in den Blick genommen; insoweit habe sie mit erheblichem Aufwand nahezu die gesamte Bauleitplanung in der Umgebung des Flughafens Frankfurt Main ermittelt und bewertet. Sie sei zu dem Ergebnis gelangt, dass es infolge der Lärmbelastung zu einer Beeinträchtigung, aber nicht zu einer nachhaltigen Störung der Bebauungsplangebiete komme. Dem von den klagenden Gemeinden reklamierten weitergehenden Schutz ihrer Baugebiete hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Bundesrechtsverstoß eine Absage erteilt.
a) Abwägungserheblichkeit vollzogener Baugebietsausweisungen
[405] Entgegen der Kritik der Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 9.09 und 4 C 3.10 hat der Verwaltungsgerichtshof nicht verkannt, dass die Lärmbeeinträchtigung ausgewiesener Wohngebiete auch dann ein eigenständig bedeutsamer abwägungserheblicher Belang ist, wenn die Gebiete bereits bebaut sind.
[406] Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Frage, welche Grenzwerte für bestehende (und als solche geplante) allgemeine Wohngebiete gelten, stelle sich so für ihn nicht. Der gesetzliche Schutz gegen Fluglärm knüpfe nach dem Fluglärmschutzgesetz an einzelne Grundstücke an, die mit Wohnungen oder schutzbedürftigen Einrichtungen bebaut (oder unter weiteren Voraussetzungen bebaubar) seien. Nach alledem würden "für die Abwägung der kommunalen Belange in Ansehung der bestehenden Baugebiete keine anderen Maßstäbe als für den Fluglärm im Allgemeinen" gelten (juris Rn. 1244). In Relation zu diesem Abwägungsmaterial sei es von untergeordneter Bedeutung, welche Baugebiete in welchem Ausmaß durch Fluglärm betroffen seien. Auch in der planerischen Gesamtabwägung komme es auf die tatsächliche Bebauung und nicht auf die der Bebauung zugrunde liegende Bauleitplanung an. Einem auf einem Bebauungsplan beruhenden Wohngebiet komme in der planerischen Abwägung kein größeres Gewicht zu als einem Baugebiet, das sich ohne Bauleitplanung tatsächlich entwickelt habe (juris Rn. 1243).
[407] Diese Annahmen sind bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Sie betreffen ersichtlich die Frage, anhand welcher Grenzwerte und sonstigen materiellen Kriterien das Interesse der Gemeinden in der Nachbarschaft des Flughafens Frankfurt Main, dass ihre Baugebiete keinen zusätzlichen ausbaubedingten Lärmbelastungen ausgesetzt werden, in der Abwägung zu bewerten sind. Die Abwägungsrelevanz von Baugebietsausweisungen als konkretisierte örtliche Planungshoheit (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1001.04 – BRS 70 Nr. 28 Rn. 241) hat der Verwaltungsgerichtshof damit nicht in Frage gestellt. Das ergibt sich etwa aus der Formulierung, "nach alledem" würden für die Abwägung der kommunalen Belange in Ansehung der bestehenden Baugebiete keine anderen Maßstäbe gelten als für den Fluglärm im Allgemeinen (juris Rn. 1244).
[408] Von vornherein jeglicher Anhaltspunkt fehlt für die Behauptung der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09, der Verwaltungsgerichtshof habe angenommen, dass die Planungshoheit durch einen vollzogenen Bebauungsplan verbraucht sei. Dass die Planfeststellungsbehörde oder der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Ermittlung oder Gewichtung der Lärmbelastungen der Baugebiete danach differenziert hätten, ob die Planungen bereits realisiert sind, lässt sich weder dem Planfeststellungsbeschluss noch dem angefochtenen Urteil entnehmen. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (z. B. S. 2283) wird allein auf die Rechtswirksamkeit von Bebauungsplänen abgehoben. Auch der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1242) hat bestehende und als solche geplante allgemeine Wohngebiete ausdrücklich gleichgestellt, etwa indem er hervorgehoben hat, dass der gesetzliche Schutz gegen Fluglärm nach dem Fluglärmschutzgesetz an Grundstücke anknüpfe, die mit Wohnungen oder schutzbedürftigen Einrichtungen bebaut "oder unter weiteren Voraussetzungen bebaubar" sind.
b) "Nachhaltige Störung" kommunaler Planungen/Funktionsverlust
[409] Die Prüfung der Planfeststellungsbehörde, ob Bebauungspläne aufgrund der erhöhten Lärmbelastung ihre Funktion nicht mehr erfüllen können, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls im Einklang mit Bundesrecht als abwägungsfehlerfrei gebilligt.
[410] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 hatte ihrem Beweisantrag zur Lärmbelastung bestimmter Baugebiete die Prämisse unterlegt, die Planfeststellungsbehörde habe einen Eingriff in die kommunale Planungshoheit erst ab einer Belastung von 70 dB (A) am Tag oder 60 dB (A) in der Nacht angenommen. Dieser Annahme ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als "so nicht richtig" entgegengetreten (Rn. 1241). Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
[411] Ausweislich der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 2283 ff.) hat die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob durch die Lärmzunahme eine nachhaltige Störung bereits rechtswirksamer Bebauungspläne ausgelöst werden könne; eine solche sei anzunehmen, wenn die Bebauungspläne aufgrund des vorhabenbedingten erheblichen Lärmzuwachses nicht mehr die Funktion erfüllen können, die ihnen ursprünglich im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zukommen sollte. Zur Bestimmung der Erheblichkeit des Lärmzuwachses habe sie sich an den Wertungen in § 2 Abs. 2 FluglärmG orientiert. Eine erhebliche Lärmzunahme habe sie bei einer Zunahme des äquivalenten Dauerschallpegels der flugbetriebsbedingten Geräusche am Tag oder in der Nacht von 2 dB (A) angenommen. Einen Anhaltspunkt, ob ein Bebauungsplan aufgrund der erhöhten Lärmbelastung nicht mehr die ihm zugedachte Funktion erfüllen kann, böten die in § 5 FluglärmG enthaltenen Bauverbote. Diesen liege die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass innerhalb dieser Bereiche keine Wohnungen bzw. schutzbedürftigen Einrichtungen errichtet werden sollen. Das Gesetz toleriere aber den Bestand bereits errichteter Wohnungen bzw. schutzbedürftiger Einrichtungen und lasse sogar Ausnahmen von den Bauverboten unter der Voraussetzung zu, dass den Schallschutzanforderungen nach § 7 FluglärmG Genüge getan worden sei. Nach den Wertungen des Gesetzgebers seien demnach das Wohnen und andere immissionsempfindliche Nutzungen in der Umgebung eines Flugplatzes in gesunder Weise möglich, wenn die durch bestimmte Lärmwerte ausgelösten gesetzlichen Vorgaben beachtet werden. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde die Bebauungspläne mit den Festsetzungen für Wohnnutzung und für schutzbedürftige Einrichtungen in den jeweils relevanten Lärmschutzbereichen einer Detailbetrachtung unterzogen. Sie habe geprüft, ob Dauerschallpegel von 70 dB (A) am Tag und 60 dB (A) in der Nacht erreicht werden, die von den Lärmgutachtern unter dem Blickwinkel der Vermeidung von Gesundheitsschäden als kritischer Toleranzwert bezeichnet würden und Übernahmeansprüche zur Folge hätten, durch deren Ausübung sich die städtebauliche Situation eines rechtswirksamen Bebauungsplans mit Wohnbebauung gegebenenfalls verändern könne.
[412] Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof deshalb davon ausgegangen, dass die Planfeststellungsbehörde auch Lärmbelastungen unterhalb der Schwelle von 70 dB (A) am Tag oder 60 dB (A) in der Nacht in der Abwägung berücksichtigt hat. Die Planfeststellungsbehörde war aber nicht gehalten, bereits im Falle einer Überschreitung der nach § 2 Abs. 2 FluglärmG maßgeblichen Grenzwerte von einem Funktionsverlust einer Baugebietsausweisung auszugehen. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass eine Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit nicht erst dann abwägungsrelevant ist, wenn die nachteiligen Wirkungen auf ausgewiesene Baugebiete – bleiben sie ohne Schutzmaßnahmen unbewältigt – die Gemeinde zur Umplanung zwingen; schon das Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen ist ein schutzwürdiger kommunaler Belang (Urteil vom 17. März 2005 – BVerwG 4 A 18.04 – BVerwGE 123, 152 [157 f.] m. w. N.). Andererseits durfte die Planfeststellungsbehörde angesichts der in § 5 FluglärmG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung davon ausgehen, dass das Wohnen und andere immissionsempfindliche Nutzungen in der Umgebung eines Flugplatzes auch im Falle eines Überschreitens der für Bauverbote maßgeblichen Grenzwerte noch in gesunder Weise möglich sind, wenn die durch die Werte ausgelösten gesetzlichen Vorgaben (Maßnahmen des passiven Schallschutzes) beachtet werden, und dass von einer nachhaltigen Funktionsstörung eines Bebauungsplans erst bei Erreichen der für Übernahmeansprüche maßgeblichen Dauerschallpegel von 70 dB (A) am Tag und 60 dB (A) in der Nacht auszugehen ist. Eine Differenzierung nach Baugebietstypen, wie dies etwa in der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) für Straßenverkehrslärm angelegt ist, nimmt das Fluglärmschutzgesetz nicht vor und war deshalb bundesrechtlich auch nicht geboten.
[413] Soweit die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 sinngemäß rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr in Verkennung des Prioritätsprinzips ihre Situationsgebundenheit als Nachbarin des Flughafens Frankfurt Main entgegengehalten, bleibt auch diese Rüge ohne Erfolg. Wie dargestellt, hat die Planfeststellungsbehörde eine Vorbelastung nicht in dem Sinne zulasten der klagenden Gemeinden berücksichtigt, dass sie nur die Lärmauswirkungen der neuen Nordwest-Landebahn oder die Lärmdifferenz zwischen Planungsfall und Prognosenullfall an den Maßstäben des § 8 Abs. 1 LuftVG und § 2 Abs. 2 FluglärmG gemessen hätte. Andererseits musste die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen davor verschließen, dass der bisherige Betrieb des Flughafens Frankfurt Main von der Klägerin nicht mehr abgewehrt werden kann, weil Ansprüche auf Betriebseinschränkungen ihr gegenüber rechtskräftig abgelehnt worden sind. Der Flughafen mit dem bisherigen Flugbetrieb ist deshalb für die Klägerin Realität geworden. Das durfte die Planfeststellung bei der Abwägung in Rechnung stellen und musste dies sogar, soweit es etwa um die Frage ging, welchen zusätzlichen ausbaubedingten Einschränkungen die Klägerinnen bei der Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit ausgesetzt sein werden. Entgegen der Kritik der Klägerin stellt der Verwaltungsgerichtshof auch nicht in Abrede, dass im Verhältnis zwischen bestehenden Bebauungsplänen und dem Planfeststellungsbeschluss dem Prioritätsprinzip im Rahmen der Abwägung Bedeutung zukommen kann; er vertritt allerdings die Auffassung, dass ein bestehender Bebauungsplan kein striktes Planungshindernis darstelle. Das ist mit Blick auf § 38 BauGB nicht zu beanstanden.
[414] Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich bestätigt, dass die Planfeststellungsbehörde die für die planerische Gesamtabwägung maßgeblichen Kriterien wie insbesondere Lage und Größe der Lärmschutzbereiche und damit auch die ungefähre Zahl der Menschen und Einrichtungen, bei denen die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG überschritten werden, ordnungsgemäß abschätzend ermittelt und in die Abwägung eingestellt hat.
[415] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 rügt ohne Erfolg, die Ausführungen des angegriffenen Urteils seien aktenwidrig und verstießen gegen §§ 133, 242 BGB, soweit sie dahingehend verstanden werden könnten, dass die Planfeststellungsbehörde den mit einer nachhaltigen Störung konkretisierter Planungen verbundenen kommunalen Belang ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe, weil sich dem Planfeststellungsbeschluss klar entnehmen lasse, dass die Planfeststellungsbehörde eine nachhaltige Störung ihrer konkretisierten Planungen verneint habe. Die Rüge der Aktenwidrigkeit genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen. Die Klägerin ist sich selbst nicht sicher, wie die Ausführungen des angegriffenen Urteils eigentlich zu verstehen sind ("… soweit diese Ausführungen … dahin verstanden werden können …"). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1238) mit der Formulierung, die Planfeststellungsbehörde gelange zu dem Ergebnis, dass es infolge der Lärmbelastung zu einer Beeinträchtigung, aber nicht zu einer nachhaltigen Störung der Bebauungsplangebiete komme, das Gegenteil von dem festgestellt, was ihm die Klägerin unterstellt, und überdies die von der Klägerin bezeichnete Textstelle des Planfeststellungsbeschlusses (S. 2282) nahezu wortidentisch wiedergegeben. Allerdings unterscheidet der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1241) zwischen "Funktionsstörung", hinsichtlich derer die Bauverbote des § 5 FluglärmG und damit die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle maßgeblich seien, und "Funktionsverlust", die die Planfeststellungsbehörde an den Werten von 70 dB (A) am Tag und 60 dB (A) in der Nacht messe. Aktenwidrig ist das nicht.
[416] Die gegen die Ablehnung ihrer Beweisanträge gerichtete Verfahrensrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 ist unzulässig. Die Klägerin legt nicht nachvollziehbar dar, welche Relevanz die den Beweisanträgen zugrunde liegenden Beweisbehauptungen nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs konkret für den Verfahrensausgang gehabt hätten. Hinsichtlich der Kapazität der Südbahn bleibt ein Zusammenhang mit kommunalen Belangen völlig im Unklaren. Aber auch hinsichtlich der Lärmbelastung wird nicht klar, inwieweit die Beweisbehauptung von den Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde abweicht und ob die Abweichung auf der Basis der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs abwägungsrelevant gewesen wäre.
3. Bauverbote und Baubeschränkungen
[417] Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Einschränkung kommunaler Entwicklungsmöglichkeiten durch Bauverbote nach § 5 FluglärmG lassen einen Bundesrechtsverstoß ebenfalls nicht erkennen.
[418] Dass der Verwaltungsgerichtshof die Abwägungsrelevanz der Folgen ausbaubedingt erweiterter Bauverbote verneint hätte, wie die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 geltend macht, ist unzutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof hat lediglich – zutreffend – darauf hingewiesen, es handele sich dabei nicht um unmittelbare, sondern um mittelbare Ausbaufolgen. Als solche habe die Planfeststellungsbehörde sie berücksichtigt (juris Rn. 818). Auf die Frage, welche Kosten der Klägerin und anderen Trägern schutzbedürftiger Einrichtungen entstehen würden, wenn sie bei etwaigen Ausbauplänen für ihre Einrichtungen gemäß § 6 FluglärmG passiven Schallschutz finanzieren müssten, ist die Planfeststellungsbehörde nach den implizierten Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 821) nicht eingegangen. Wie dargelegt, ist dem Verwaltungsgerichtshof jedoch darin zuzustimmen, dass sie hierzu auch nicht verpflichtet war, weil sie die Kosten für Schallschutzmaßnahmen nicht beurteilen kann, solange konkrete Bauvorhaben nicht absehbar sind.
[419] Soweit sich die Klägerin mit der Aufklärungsrüge gegen die Ablehnung ihres Beweisantrags 4 zu den zu ihren Lasten anfallenden Kosten für baulichen Schallschutz an schutzbedürftigen Einrichtungen wendet, hat sie der Verwaltungsgerichtshof wohl in der Tat missverstanden. Er hat die von der Klägerin in den Raum gestellten Kosten auf Schallschutzmaßnahmen bezogen, die wegen Ausbauten/Erweiterungen von Einrichtungen in den Bauverbotszonen notwendig werden. Die Klägerin rügt nun nicht ohne Berechtigung, sie habe Kosten beziffert und unter Beweis gestellt, die für Schallschutzmaßnahmen am Immobilienbestand anfielen. Ihre Rüge scheitert aber an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen. Wenn die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG überschritten sind, muss der Vorhabenträger die Kosten tragen. Wenn die Grenzwerte unterschritten sind, muss passiver Schallschutz nicht gewährt werden. Will die Klägerin ihn trotzdem haben, ist das ihre Sache. Dass Kosten, die durch ihre überobligatorische Fürsorge für schutzbedürftige Einrichtungen bedingt sind, als gegen das Vorhaben sprechende Abwägungsposten in die Bilanz eingehen, kann sie nicht verlangen.
[420] Einen Bundesrechtsverstoß lässt auch der Vorwurf der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 nicht erkennen, der Verwaltungsgerichtshof verkenne, dass sie durch Bauverbote daran gehindert werde, ihre Planung an die durch das Vorhaben veränderte Situation anzupassen. Die Klägerin macht geltend, ihr sei es beispielsweise unmöglich, eine Kindertagesstätte, die in der Tag-Schutzzone 1 liege und dem vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Dauerschallpegel von bis zu 64 dB (A) ausgesetzt sein werde, mit einer Wohnsiedlungsfläche zu überplanen und die Einrichtung in leiseres Gebiet zu verlegen, weil hier die Ausnahme des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FluglärmG nicht greife. Zu dieser speziellen Frage hat der Verwaltungsgerichtshof in der Tat nicht Stellung bezogen. Es ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich dieses Problem im Flughafenumfeld in abwägungsrelevantem Umfang stellen würde.
4. Raumordnerische Siedlungsbeschränkungen
[421] Bundesrechtskonform sind auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Ermittlung und Bewertung der Betroffenheit der Gemeinden durch vorhabenbedingte raumordnungsrechtliche Siedlungsbeschränkungen.
[422] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 rügt, die Planfeststellungsbehörde habe nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Beeinträchtigung der in Aufstellung befindlichen Bebauungspläne auf die Bauverbote des § 5 FluglärmG, nicht jedoch auf die Siedlungsbeschränkungslinie nach dem künftigen Regionalplan abgestellt. Wie sie zu dieser Auffassung kommt, ist nicht nachvollziehbar. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1250 ff.) hat angenommen, die Planfeststellungsbehörde habe die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Siedlungsstruktur zu Recht im Wege einer prognostischen Einschätzung ermittelt. Der Beklagte habe einerseits die Siedlungsbeschränkungen nach dem Regionalplan Südhessen aus dem Jahr 2000 (RPS 2000), andererseits die Beschränkungen nach dem Entwurf der Regionalplan-Änderung aus dem Jahr 2007 (RPS-Entwurf 2007) betrachtet. Mit dieser nicht zu beanstandenden Methode habe er die Betroffenheiten der kommunalen Klägerinnen ermittelt. Diese Feststellungen decken sich mit den Ausführungen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 2380 ff.).
[423] Die Klägerin rügt weiter, der Verwaltungsgerichtshof habe nicht beanstandet, dass der Beklagte ohne Ansehung der tatsächlichen Verhältnisse Kompensationsmöglichkeiten durch Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnflächen angenommen habe. Diese Möglichkeit habe sie aufgrund der Siedlungsbeschränkungen nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klägerin in der Tat unter anderem auf die Möglichkeit verwiesen, Gewerbeflächen in Wohngebiete umzuwandeln. Durch raumordnerische Siedlungsbeschränkungen ist sie daran nur gehindert, wenn sämtliche Gewerbeflächen in der Siedlungsbeschränkungszone liegen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Die fehlenden Feststellungen hat die Klägerin mit Verfahrensrügen angegriffen, die aber unsubstantiiert sind. Das gilt sowohl für die allgemeine Aufklärungsrüge als auch für die Rüge, ihr Sachvortrag zum Bebauungsplan Nr. … "A …" sei unter Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG unberücksichtigt geblieben. Soweit es die Klägerin in diesem Zusammenhang als denklogisch ausgeschlossen beanstandet, dass die Planfeststellungsbehörde einerseits angenommen habe, aufgrund der Siedlungsbeschränkungslinie und der Tatsache, dass das Stadtgebiet der Klägerin im Übrigen von Wald umgeben sei, sei eine weitere Entwicklungsmöglichkeit ausgeschlossen, andererseits davon ausgegangen sei, dass lediglich ca. 50 % ihrer Wohnsiedlungsfläche ausbaubedingt verloren gehe, ist nicht ganz klar, ob sie eine Verfahrensrüge erheben oder die Abwägung in der Sache angreifen möchte. Der Widerspruch ist indes unschwer dahingehend aufzulösen, dass sich die erste Annahme auf die Siedlungsbeschränkungen nach dem RPS-Entwurf 2007, die letztere auf den RPS 2000 bezieht; das hat der Verwaltungsgerichtshof auch deutlich gemacht (juris Rn. 1259, 1263 einerseits, 1258 andererseits).
[424] Die Aufklärungsrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 5.10 ist unzulässig. Sie rügt, der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1260) habe die voraussichtlichen Siedlungsbeschränkungen in ihrem Gemeindegebiet nach den Angaben im Planfeststellungsbeschluss festgestellt, ohne auf ihren Vortrag und ihre Beweisanträge Nr. 2 und 3 mit weiterer Tatsachenaufklärung zu reagieren. Die Klägerin legt nicht dar, inwieweit die angeblichen Ermittlungsdefizite auf der Basis der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zur Lärmermittlung (insbes. Sigma-Regelung) zu abweichenden Ergebnissen geführt hätten, sondern argumentiert auf Grundlage der Rechtsauffassung, die der Berechnung von Dr. M … zugrunde liegt (vgl. oben G. 2. b aa). Zumindest Beweisantrag Nr. 2 zielt im Übrigen nicht auf die Ermittlung raumordnerischer Siedlungsbeschränkungen, sondern auf die Ermittlung der Reichweite der Bauverbote nach § 5 FluglärmG.
5. Kaufkraftabzug
[425] Jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist das angegriffene Urteil, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Planfeststellungsbehörde, von den vorgesehenen Einzelhandelsflächen im neuen Terminal 3 gingen keine negativen wirtschaftlichen Effekte auf die umliegenden Städte aus, unbeanstandet gelassen hat.
[426] Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (juris Rn. 1275 ff.) sei für die Bewertung der Frage, ob ein Kaufkraftabfluss zu befürchten sei, nur die allgemein zugängliche "landseitige" Verkaufsfläche im neuen Terminal 3 relevant, die nach der Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 2411) auf 4 050 m² begrenzt sei. In die Betrachtung nicht einzubeziehen seien die "luftseitigen" Verkaufsflächen im neuen Terminal, die nur für Passagiere erreichbar seien, auch wenn im Umland des Flughafens Frankfurt Main wohnende Originärpassagiere ihren Reisebedarf im Flughafen statt in den angrenzenden Gemeinden decken könnten. In eine quantitative Prüfung könnten lediglich die zusammen mit dem Flughafenausbau planfestgestellten Einzelhandelsflächen einbezogen werden. Der aus bereits vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten in den Terminals 1 und 2 sowie aus konkret geplanten neuen Projekten mit Einkaufsflächen im Flughafenbereich herrührende Kaufkraftabfluss sei dem Flughafenausbau nicht zuzurechnen. Gleichwohl gehöre zur Zusammenstellung des Abwägungsmaterials auch die wertende Berücksichtigung des Umstandes, dass neben den im neuen Terminal 3 entstehenden Verkaufsflächen auch andere vorhandene oder konkret geplante Projekte im Flughafenbereich zu negativen Auswirkungen auf die Funktionen der benachbarten Gemeinden führen könnten. Obwohl dem Planfeststellungsbeschluss eine Beschränkung der Betrachtung auf die Einzelhandelsflächen im Terminal 3 zu entnehmen sei, könne ein nach § 10 Abs. 8 LuftVG relevanter Abwägungsfehler ausgeschlossen werden.
a) Landseitige Verkaufsfläche im neuen Terminal 3
[427] Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass nur die Verkaufsfläche auf der allgemein zugänglichen "Landseite" des neuen Terminals 3 relevant und dass diese nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses auf 4 050 m² begrenzt sei.
aa) Aktenwidrigkeit
[428] Die von der Klägerin gerügte Aktenwidrigkeit der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs liegt nicht vor.
[429] Die Klägerin rügt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, von der Gesamtfläche im Terminal 3 stünden nur 4 050 m² als Verkaufsfläche zur Verfügung, als aktenwidrig; sie übergeht dabei, dass der Verwaltungsgerichtshof die angegebene Verkaufsflächengröße im Urteil ausdrücklich als "Auffassung der Planfeststellungsbehörde" gekennzeichnet hat (juris Rn. 1277); die betreffende Textstelle in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 2411) hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend wiedergegeben. Soweit die Klägerin weiterhin als aktenwidrig rügt, der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine Begrenzung oder irgendwie geartete Festschreibung der (Größe der) Einzelhandelsverkaufsflächen, lässt sie im Dunkeln, wo dies in den Akten belegt sein soll. Die Klägerin hält das Urteil weiter für unrichtig, weil auf der "Luftseite" weitere 16 475 m² für den Einzelhandel hinzu kämen. Auch diese Rüge geht fehl. Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1277) hat die luftseitigen Verkaufsflächen durchaus erwähnt, sie allerdings bei der Abwägung der Kaufkraftabflüsse nicht für berücksichtigungsfähig gehalten und ihnen damit nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene rechtliche Bedeutung beigemessen. Soweit die Klägerin noch geltend macht, die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die luftseitigen Verkaufsflächen nur dem unmittelbaren Reisebedarf der Passagiere dienten, finde in den Akten keinerlei Stütze, ist damit die Rüge der Aktenwidrigkeit ebenfalls nicht substantiiert erhoben; das gilt umso mehr, als der Verwaltungsgerichtshof diese Feststellung ersichtlich nicht auf den Akteninhalt, sondern auf eigene Sachkunde über das Einkaufsverhalten an Flughäfen gestützt hat ("lässt sich ohne Weiteres erkennen"), was die Klägerin mit Verfahrensrügen nicht angegriffen hat.
bb) Verstoß gegen § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG
[430] Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG ist nicht schlüssig dargetan.
[431] Der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1280) hat seine Annahme, dass die luftseitigen Verkaufsflächen im neuen Terminal 3 nicht in die Betrachtung einzubeziehen seien, auch wenn im Umland des Flughafens wohnende Originärpassagiere ihren Reisebedarf im Flughafen statt in den angrenzenden Gemeinden deckten, mit der Erwägung begründet, aus dem Umstand, dass eine funktional nachrangige Einzelhandelsnutzung auf dem Flughafen planfeststellungsfähig sei, ergebe sich zwangsläufig, dass ein Teil des Reisebedarfs von Flugpassagieren auf dem Flughafen gedeckt werde und nicht in den umliegenden Gemeinden. Diese Begründung greift die Klägerin im Ergebnis ohne Erfolg mit der Sachrüge an. Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Begründung mit § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG im Einklang steht. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat seine Annahme auch auf die weitere Erwägung gestützt, es lasse sich ohne Weiteres erkennen, dass die Deckung des Reisebedarfs durch Originärpassagiere im Flughafen nur zu einer ganz unwesentlichen Kaufkraftumverteilung führen könne. Dieses zweite, selbständig tragende ("im Übrigen") Begründungselement ist mit Revisionsrügen nicht angegriffen. Das angegriffene Begründungselement könnte deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich an dem Befund, die luftseitigen Verkaufsflächen im neuen Terminal 3 seien nicht in die Betrachtung einzubeziehen, etwas ändern würde.
[432] Die von der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 erhobene Rüge einer mangelnden Aufklärung von Kaufkraftverlagerungen durch luftseitige Einzelhandelsflächen ist unbegründet, weil die Klägerin geltend macht, eine weitere Aufklärung sei "bei richtiger Anwendung des Bundesrechts", nicht nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erforderlich gewesen.
b) Relevante Kaufkraftumverteilung/Verstoß gegen § 10 Abs. 8 LuftVG
[433] Dass der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1281 ff.) durch die landseitigen Einkaufsmöglichkeiten auf dem Flughafen einen relevanten Kaufkraftabfluss in den umliegenden Gemeinden verneint und deshalb einen relevanten Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde ausgeschlossen hat, ist im Ergebnis bundesrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
[434] Offenbleiben kann, ob der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1282) mit der von der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 24. November 2005 (richtig: – BVerwG 4 C 14.04 – BVerwGE 124, 376) angegriffenen Annahme, in eine quantitative Prüfung des Kaufkraftabzugs könnten lediglich die zusammen mit dem Flughafenausbau planfestgestellten Einzelhandelsflächen einbezogen werden, die bundesrechtlichen Maßstäbe verfehlt hat. Denn einen relevanten Abwägungsfehler hat er im Einklang mit Bundesrecht jedenfalls im Ergebnis verneint.
[435] Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass zur vollständigen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials zum Kaufkraftabfluss auch die wertende Berücksichtigung des Umstandes gehört, dass neben den im neuen Terminal 3 entstehenden Verkaufsflächen auch weitere Verkaufsflächen, die im Bereich des Flughafens bereits vorhanden oder im Zuge anderer Projekte schon konkret geplant sind, zu negativen Auswirkungen für die Funktion der benachbarten Gemeinden führen können. Obwohl dem Planfeststellungsbeschluss – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – eine Beschränkung der Betrachtung auf die Einzelhandelsflächen im Terminal 3 zu entnehmen sei, könne ein relevanter Abwägungsfehler nach § 10 Abs. 8 LuftVG ausgeschlossen werden. Durch das auf Anregung des Gerichts eingeholte Gutachten der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) vom 20. März 2009 sei die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde bestätigt worden, dass durch die vorgesehenen Verkaufsflächen im Terminal 3 in einem Radius von 20 km eine Kaufkraftabschöpfung von maximal 1 % zu erwarten sei. Synergieeffekte mit anderen Angeboten am Flughafen oder seinem Umfeld könnten ausgeschlossen werden, weil der Einzelhandelsstandort im Terminal 3 als isolierter Standort zu bewerten sei, der keine Verbundeffekte mit den sonstigen Angeboten aufweisen werde.
[436] Auf der Grundlage dieser Erwägungen durfte der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehen, dass eine quantitativ relevante Kaufkraftumverteilung nicht eintreten werde. Die hiergegen gerichtete Kritik der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 greift nicht durch. Sie fußt zum einen auf dem Vorwurf, auch das GMA-Gutachten habe die "luftseitigen" Verkaufsflächen zu Unrecht nicht einbezogen. Dieser Einwand wurde bereits (oben 5. a aa) als unberechtigt zurückgewiesen. Außerdem wiederholt die Klägerin ihre Kritik, das GMA-Gutachten sei ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht von einer Obergrenze bzw. Begrenzung der Verkaufsflächen auf der "Landseite" des Terminal 3 ausgegangen, obwohl der Planfeststellungsbeschluss eine Begrenzung oder irgendwie geartete Festschreibung von Einzelhandelsverkaufsflächen im Terminal 3 gerade nicht enthalte. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Es ist nämlich keineswegs so, dass drohende Kaufkraftabflüsse nur auf der Grundlage festgeschriebener Verkaufsflächenobergrenzen beurteilt werden könnten. Das gilt umso mehr, wenn der zu erwartende Kaufkraftabfluss – wie hier nach den gutachtengestützten tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs – eine zu vernachlässigende Größenordnung aufweist. Eine "greifbare Konfliktsituation", die nach der Rechtsprechung des Senats zu genaueren Ermittlungen Anlass gibt (vgl. hierzu Urteil vom 10. November 2011 – BVerwG 4 CN 9.10 – NVwZ 2012, 315 Rn. 16), konnte hier bereits auf der Grundlage des GMA-Gutachtens ausgeschlossen werden. Es ist deshalb bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1283 f.) die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, eine quantitativ relevante Kaufkraftumverteilung werde nicht eintreten, im Ergebnis bestätigt gesehen und deshalb einen nach § 10 Abs. 8 LuftVG erheblichen Abwägungsfehler verneint hat.
[437] Die Verfahrensrügen der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 9.09 greifen nicht durch. Die erhobene Aufklärungsrüge ist bereits deshalb unzulässig, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, wie sie auf eine weitere gerichtliche Sachaufklärung hingewirkt haben will oder warum sich diese auch ohne ihre Initiative dem Verwaltungsgerichtshof hätte aufdrängen müssen. Die Rüge, das Urteil verletze § 138 Nr. 6 VwGO, weil der Verwaltungsgerichtshof sich nicht mit dem BBE-Gutachten auseinandergesetzt habe, ist jedenfalls unbegründet. Der grobe Verfahrensmangel fehlender Entscheidungsgründe im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO liegt nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt den Urteilstenor tragen (Beschluss vom 22. Juli 1999 – BVerwG 9 B 429.99 – Buchholz 402. 25 § 1 AsylVfG Nr. 214). Davon kann hier keine Rede sein, zumal angesichts des Umfangs des Verfahrensstoffes Straffungen bei der Urteilsbegründung unentbehrlich waren.
[438] Die Verfahrensrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag Nr. 8. 3 zum räumlich-funktionalen Zusammenhang zwischen den Einzelhandelsflächen im Terminal 3 und den vorhandenen bzw. geplanten Einzelhandelsflächen in den anderen Terminals nicht unter Berufung auf das Vorhandensein hinreichender Gutachten ablehnen dürfen, ist unbegründet. Offenbleiben kann, ob der Ablehnungsgrund des § 98 VwGO i. V. m. § 412 ZPO – wie die Klägerin meint – hier nicht greift, weil das GMA-Gutachten ein Parteigutachten der Beigeladenen sei. Denn auch ein Parteigutachten kann als Sachvortrag eines Beteiligten die Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantrags erhöhen. Vorliegend hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1284) dem GMA-Gutachten bzw. dessen Ergänzung entnommen, dass Synergieeffekte mit den anderen Angeboten am Flughafen oder seinem Umfeld ausgeschlossen werden könnten, weil der Einzelhandelsstandort im Terminal 3 als isolierter Standort zu bewerten sei, der keine Verbundeffekte mit den sonstigen Angeboten aufweisen werde, und darüber hinaus zwischen den Standorten kein geschlossener Geschäftsbesatz bestehe, der Voraussetzung für die Wahrnehmung als einheitlicher Einkaufsort wäre. Vor diesem Hintergrund war der Beweisantrag als bloßer Beweisermittlungsantrag anzusehen, solange er die Argumentation der GMA nicht schlüssig in Frage stellte. Dass der Klägerin dies nicht gelungen sei, hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1286) festgestellt.
J. Öffentliche Belange
[439] Im Einklang mit Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof (juris Rn. 1298) angenommen, dass die Kläger etwaige Verstöße des Planfeststellungsbeschlusses gegen Vorschriften des nationalen und europäischen Naturschutzrechts nicht geltend machen können.
[440] Ohne Erfolg machen die Kläger zu 1 und 2 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 geltend, sie könnten den Planfeststellungsbeschluss umfassend angreifen, weil ihre zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke im Entschädigungsgebiet liegen und mit enteignender Wirkung in Anspruch genommen würden. Einem lärmbetroffenen Anwohner in Abkehr von der ständigen Rechtsprechung des Senats dieselben Rügemöglichkeiten wie einem Enteignungsbetroffenen zu eröffnen, ist nicht geboten. Die weitergehende Rügebefugnis Enteignungsbetroffener hat ihren Grund in dem nur für die förmliche Enteignung geltenden Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG (Urteil vom 26. April 2007 – BVerwG 4 C 12.05 – BVerwGE 128, 358 Rn. 29 m. w. N.). Die Prüfung des Wohls der Allgemeinheit erfordert eine spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte; nur ein im Verhältnis zu entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen überwiegendes öffentliches Interesse ist geeignet, den Zugriff auf privates Eigentum zu rechtfertigen. Eine solche spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung ist zur Rechtfertigung einer nur mittelbaren Eigentumsbeeinträchtigung nicht erforderlich (Urteil vom 26. April 2007 a. a. O.). Betriebsregelungen, die dem Eigentümer eines lärmbetroffenen Grundstücks vorhabenbedingte Nutzungseinschränkungen zumuten und damit mittelbare Eigentumsbeeinträchtigungen hervorrufen, regeln Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese Einordnung ist von der Intensität der den Rechtsinhaber treffenden Belastung unabhängig. Sie behält selbst dann ihre Gültigkeit, wenn die Beeinträchtigung in ihren Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung nahe- oder gleichkommt (BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226 [240]; BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 [383]). Die für Enteignungen maßgeblichen Rechtfertigungsanforderungen finden deshalb auch dann keine Anwendung, wenn dem Grundeigentümer wegen Unzumutbarkeit der Lärmbelastung ein Übernahmeanspruch zusteht.
[441] Auch das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vermittelt entgegen der Auffassung der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 keine umfassende Rügebefugnis (Urteile vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 [391] und vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 12.99 – Buchholz 407. 4 § 17 FStrG Nr. 161; Beschlüsse vom 5. November 2002 – BVerwG 9 VR 14.02 – Buchholz 407. 4 § 17 FStrG Nr. 171 und vom 18. März 2008 – BVerwG 9 VR 5.07 – Buchholz 407. 4 § 17 FStrG Nr. 197). Soweit der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 20. November 2008 – BVerwG 7 C 10.08 – (BVerwGE 132, 261 Rn. 24) angenommen hat, dass § 35 Nr. 3 BBergG eine umfassende Rügebefugnis in einfaches Gesetzesrecht überführt habe, kann die Klägerin hieraus für sich ebenfalls nichts herleiten, weil das Luftverkehrsgesetz eine entsprechende Regelung nicht enthält.
[442] Eine Rügebefugnis der Klägerin ergibt sich auch nicht aus Unionsrecht. Die Berufung auf – wie hier die FFH-Richtlinie und die Richtlinie 2009/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erhaltung wildlebender Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie) – unmittelbar anwendbare, aber nicht selbst drittschützende Richtlinien des Unionsrechts ist nur in dem Umfang möglich, in dem nationales Prozessrecht dies vorsieht. Soweit sich die Klägerin mit ihrer gegenteiligen Auffassung auf den Schlussantrag der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-127/02 (Slg. 2004, I-7409 Rn. 138 – 144) beruft, lag diesem eine Klage von Naturschutzverbänden zugrunde; es ist nicht anzunehmen, dass die Generalanwältin mit ihren Ausführungen über diesen Verfahrensgegenstand hinausgehen wollte. Auch der Europäische Gerichtshof hat sich auf Ausführungen zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie beschränkt (Urteil vom 7. September 2004 – Rs. C-127/02, Waddenvereniging u. a. – Slg. 2004 I-7405 Rn. 62 ff.). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-435/77 (World Wildlife Fund u. a. – Slg. 1999, I-5613). Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof war danach nicht veranlasst.
K. Übergreifende Verfahrensrügen
1. Bezugnahme auf den Vortrag fremder Sachbeistände
[443] Das angegriffene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von § 86 Abs. 1 und 3, § 93 VwGO, soweit der Verwaltungsgerichtshof die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Protokoll erklärten Bezugnahmen der Kläger im Verfahren BVerwG 4 C 2.10 auf Vortrag der Sachbeistände anderer Kläger in der mündlichen Verhandlung als unsubstantiiert behandelt hat.
[444] Die hiergegen erhobenen Rügen der Kläger greifen nicht durch. Die Kläger verkennen, dass der Verwaltungsgerichtshof ihre Bezugnahmen auf fremden Sachvortrag an keiner der von ihnen bezeichneten Stellen ausschließlich unter Hinweis auf fehlende Substantiierung zurückgewiesen hat. An allen Stellen argumentiert der Verwaltungsgerichtshof selbständig tragend auch in der Sache. Insofern fehlt es bereits an einem Gehörsverstoß. Ferner ist ausgeschlossen, dass sich ein unterstellter Verfahrensfehler auf das Urteil ausgewirkt haben könnte.
2. Begründung der Ablehnung von Beweisanträgen
[445] Zu Unrecht rügen die Klägerinnen in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09 und 4 C 3.10, der Verwaltungsgerichtshof habe § 86 Abs. 2 VwGO bzw. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem er die Ablehnung ihrer Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung nur mit Stichworten begründet habe.
[446] Die Klägerinnen machen geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe es ihnen dadurch unmöglich gemacht, auf die Ablehnungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung sachgerecht zu reagieren, etwa mit weiteren Beweisanträgen. Dies gelte insbesondere, soweit Beweisanträge wegen Unerheblichkeit oder vorliegender Gutachten abgelehnt worden seien. Auch durch die genauere Darlegung der Ablehnungsgründe im Urteil sei keine Heilung eingetreten.
[447] Die Verfahrensrüge der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 8.09 ist unsubstantiiert. Die Klägerin legt weder dar, welche Beweisanträge sie im Einzelnen gestellt hat, noch auf welche Ablehnungsgründe sich der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung berufen hat. Erst recht fehlt jeder Vortrag, an welchem weitergehenden Vortrag sie durch die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichtshofs konkret gehindert worden sei.
[448] Die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 3.10 hat immerhin beispielhaft die Gegenstände der abgelehnten Beweisanträge, die Ablehnungsgründe des Verwaltungsgerichtshofs und die grobe Richtung, in die sie weiter vorgetragen hätte, benannt. Ob dies den Anforderungen an eine substantiierte Gehörsrüge genügt, kann offenbleiben, denn die Verfahrensrügen sind in jedem Fall unbegründet. Soweit das Gericht die Erhebung eines beantragten Beweises mangels Entscheidungserheblichkeit ablehnt, muss es seine Rechtsauffassung in der mündlichen Verhandlung nicht im Einzelnen darlegen; dies kann es vielmehr den schriftlichen Entscheidungsgründen vorbehalten (Beschlüsse vom 14. April 2011 – BVerwG 4 B 77.09 – juris Rn. 90 und vom 10. Juni 2003 – BVerwG 8 B 32.03 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 57). Gleiches gilt, soweit es die Einholung eines Sachverständigenbeweises ablehnt, weil es aufgrund der bereits vorliegenden Gutachten und fachkundigen Stellungnahmen hinreichend sachkundig ist (Beschlüsse vom 14. April 2011 a. a. O. und vom 4. November 2010 – BVerwG 9 B 85.09 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 376 Rn. 6); auch insoweit kann es die Würdigung der Gutachten und Stellungnahmen den schriftlichen Urteilsgründen vorbehalten. Etwas anderes gilt nur, soweit die Beteiligten mit der Rechtsauffassung und der Würdigung der Gutachten nicht zu rechnen brauchen (Beschlüsse vom 14. April 2011 a. a. O. und vom 25. August 2004 – BVerwG 9 BN 2.04 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 167). Dafür sind hier keine Anhaltspunkte vorgetragen.
L. Kosten
[449] Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 ZPO.
Beschluss
[450] Der Wert des Streitgegenstandes für die Revisionsverfahren wird in den Verfahren BVerwG 4 C 8.09, 4 C 9.09, 4 C 1.10, 4 C 2.10, 4 C 3.10, 4 C 4.10 und 4 C 5.10 auf je 60 000 € und für die Kläger zu 1 und 2 sowie die Kläger zu 3 und 4 im Verfahren BVerwG 4 C 6.10 auf je 30 000 € – insgesamt auf 480 000 € – festgesetzt.